Wein-Boulevard 2009 - Pro Stuttgart eV
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waren es auch die Flurbereinigungen<br />
in den 60er- und 70er-<br />
Jahren des letzten Jahrhunderts,<br />
bei denen auf ökologische Aspekte<br />
zu wenig Wert gelegt wurde.<br />
Doch das Rad der Geschichte<br />
kann man nicht zurückdrehen,<br />
sondern nur verantwortungsvoll<br />
nach vorne. Und heute sind wir<br />
wieder ein Stück weiter. Als die<br />
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt<br />
für <strong>Wein</strong>- und Obstbau<br />
<strong>Wein</strong>sberg vor rund 15 Jahren<br />
gemeinsam mit der Umweltakademie<br />
Baden-Württemberg nach<br />
Brackenheim zu den ersten Kongressen<br />
zum Thema <strong>Wein</strong>bau und<br />
Umwelt einlud, hätten die Initiatoren<br />
selbst nicht geglaubt, dass<br />
die damals vorgestellten <strong>Wein</strong>bergbegrünungen<br />
schon nach<br />
wenigen Jahren zu nahezu<br />
80 <strong>Pro</strong>zent in die Rebflächen<br />
Württembergs einkehren. Auch<br />
hier hat es einige Zeit gedauert,<br />
bis Vielfalt das zunächst wegen<br />
des Boden- und Grundwasserschutzes<br />
eingebrachte Einheitsgrün<br />
verdrängen konnte.<br />
Kriechender Günsel<br />
„Am Anfang wussten wir nicht,<br />
was wir einsäen sollen, und sind<br />
halt in die einschlägigen landwirtschaftlichenErzeugergenossenschaften<br />
gegangen. Dort gab’s<br />
auch nicht viel anderes als Klee-<br />
Gras-Gemische oder Gerste“, erzählen<br />
Gert Aldinger und Hans-<br />
Peter Wöhrwag vom Vorstand des<br />
ne Eier ablegt, eine wichtige Lebensgrundlage.<br />
Feldsalat/Ackersalat<br />
Mit der hellgrünen Farbe und den<br />
schmalen Blättchen unterscheidet<br />
sich der heimische Ackersalat<br />
von den viel größer werdenden<br />
Zuchtsorten. Mit etwas Aufmerksamkeit<br />
kann man im Vorfrühling<br />
noch in manchem<strong>Wein</strong>berg<br />
die<br />
vitaminreichen<br />
Pflanzen<br />
entdecken.<br />
Berauschend: Leuchtend roter Klatschmohn im <strong>Wein</strong>berg Claus-Peter Hutter<br />
Verbandes der Prädikatsweingüter<br />
in Württemberg (VDP). Doch<br />
jetzt gibt es unterschiedliche<br />
Saatgutmischungen, die einer<br />
möglichst vielfältigen Bodendeckung<br />
nahekommen, und auch<br />
entsprechende Anbieter. So manche<br />
Wiesenpflanze, wie Schafgarbe,<br />
Hopfen, Klee, Wiesensalbei<br />
und kriechender Günsel, haben<br />
jetzt wieder eine Chance. Aber<br />
nur dann, wenn die Wengerter<br />
Mut zu mehr Natur in den <strong>Wein</strong>baugebieten<br />
aufbringen und<br />
nicht alles kurz und klein mähen.<br />
Dass im Wengert hervorragendes<br />
Lesegut heranreifen kann, auch<br />
wenn Blumen, Kräuter und Gräser<br />
bis zu einem halben Meter<br />
hoch stehen, zeigen die <strong>Wein</strong>berge<br />
von Hartmann Dippon, Inhaber<br />
des Schlossgutes Hohenbeilstein,<br />
unterhalb der markanten<br />
Wilder<br />
Majoran<br />
Die auch<br />
Dost genannte<br />
Pflanze ist<br />
eher als PizzagewürzOregano<br />
bekannt. Die<br />
rosa-weißlichen Blüten verströmen<br />
einen herrlichen Duft und locken<br />
zahlreiche Insekten an. Und<br />
wer denkt schon beim Verzehr einer<br />
leckeren Weißwurst daran,<br />
dass diese beträchtliche Mengen<br />
Majoran – allerdings die Kulturform<br />
– enthält.<br />
Burg Langhans in Beilstein. Damit<br />
neben den Wildpflanzen<br />
auch vergessene Nutzpflanzen<br />
und Küchenkräuter ihre einst<br />
angestammten Plätze wieder einnehmen<br />
können, gilt es, in den<br />
historischen, mit Naturstein-Trockenmauern<br />
terrassierten Lagen,<br />
etwa am Mauerkopf oder Mauerfuß<br />
oder entlang der Staffeln, Initialpflanzungen<br />
vorzunehmen.<br />
Auch muss mit der immer noch<br />
verbreiteten Unsitte Schluss gemacht<br />
werden, die <strong>Wein</strong>bergmauern<br />
mit Herbiziden abzuspritzen.<br />
Dies kostet nicht nur<br />
Geld, sondern ist auch gesetzlich<br />
verboten. Verschiedene <strong>Wein</strong>baugenossenschaften<br />
und Privatvermarkter<br />
haben jetzt im Verbund<br />
mit der Umweltakademie Baden-<br />
Württemberg begonnen, wieder<br />
Kermesbeere, <strong>Wein</strong>raute, Küchen-<br />
Frühlingszwiebel/<br />
Röhrenlauch<br />
An so mancher Mauerkrone<br />
gedeihen kräftige Büsche<br />
des Röhrenlauchs,<br />
auch Winter- oder Frühlingszwiebel<br />
genannt. In manchen<br />
Gegenden Württembergs<br />
sind die Röhren als erstes Frühjahrsgrün<br />
Zutat für leckere Maultaschen,<br />
und sie geben, zu kleinen<br />
Ringen geschnitten, eine herrliche<br />
Würze für Rahmkuchen, die man<br />
in manchen Gegenden auch Salzkuchen<br />
oder Blooz nennt. Eine<br />
solche schwäbische Pizza mit einem<br />
Trollinger lässt fröhliche<br />
Runden im Zweifel noch geselliger<br />
werden. Überall in den württembergischen<strong>Wein</strong>gegenden<br />
findet sich<br />
auch der wilde<strong>Wein</strong>berglauch<br />
sowie verschiedene<br />
andere<br />
Wildlaucharten.<br />
Informationen<br />
www.lebendiger-weinberg.de,<br />
www.umweltakademie.<br />
baden-wuerttemberg.de