11.10.2023 Aufrufe

TAK Minimag_1_screen

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

hat man es dann auf der Bühne nie gemerkt. Die<br />

Künstler haben ihre mentalen Reserven.<br />

Haben Sie denn grössere Pannen überhaupt<br />

schon erlebt?<br />

Während Shakespeares Sommernachtstraum mit<br />

Klaus Maria Brandauer und dem Kammerorchester<br />

Basel gab es im fensterlosen Vaduzer-Saal<br />

einen Stromausfall. Die mentalen Reserven waren<br />

offenbar gut gefüllt: Das Orchester hat im völligen<br />

Dunkeln einfach weitergespielt.<br />

Wie erreichen Musiker den «Flow»?<br />

Man muss sich in die Gegenwart versetzen und<br />

auf den Augenblick fokussieren, das Denken ausschalten,<br />

im Kopf völlig ruhig und klar sein. Eine<br />

Metaebene erreichen, um wie von selbst spielen<br />

zu können. Erst wenn man völlig mit sich im Reinen<br />

ist, kann man alles in den musikalischen Ausdruck<br />

legen und auf der Bühne intensiv spielen<br />

und ausstrahlen.<br />

Lässt sich das Denken unter Kontrolle bringen?<br />

Man kann sich das wie bei einem Piloten vorstellen,<br />

der so gut trainiert ist, dass er selbst bei<br />

einem Triebwerksausfall automatisch weiss, was<br />

zu tun ist. Oder wenn wir schreiben, da denken<br />

wir nicht über die einzelnen Buchstaben nach.<br />

Welche Strategien vermitteln Sie angehenden<br />

Musikern?<br />

Es ist wie im Spitzensport, auch Musiker müssen<br />

sich die Reserven hart erarbeiten. Regelmässige<br />

technische Übungen am Instrument.<br />

Selbst die arrivierte Violinistin Julia Fischer übt<br />

täglich Tonleitern. Dazu kommt die Routine des<br />

Auftretens vor Publikum. Bereits Kinder spielen<br />

in Orchestern mit und nehmen an Wettbewerben<br />

teil. Es braucht auch Erfolgserlebnisse. Die<br />

heutige Jugend ist sich bewusster, dass sie ihre<br />

Gedanken managen müssen. Bereits 12-Jährige<br />

Musiker meditieren und praktizieren Atemübungen.<br />

Mentaltechniken sind in allen Kulturen<br />

bekannt, von den griechischen Stoikern bis<br />

zum Buddhismus. Heute helfen auch Apps wie<br />

zum Beispiel «Headspace».<br />

Braucht es überhaupt Lampenfieber?<br />

Es gibt zwei Arten von Nervosität: Angst wirkt sich<br />

negativ auf das Spiel aus, ebenso wenn jemand<br />

zu cool ist und sich zu sicher fühlt. Die «gute Nervosität»<br />

dagegen aktiviert wie auf einer Jagd und<br />

setzt unter Umständen gerade die Energie frei,<br />

die ein Live-Konzert so einmalig macht.<br />

Das Gespräch führte Monika Kühne.<br />

Darüber sollten wir häufiger sprechen<br />

und öffnen den Picknickkorb.<br />

So würde ich nach all den Jahren meinen Umgang<br />

mit Lampenfieber beschreiben. Wir kommen<br />

da lebend raus. Wenn während der Premiere das<br />

Lampenfieber verschwindet und die Freude an der<br />

Show grösser wird, dann hat man es geschafft.<br />

Dan Glazer<br />

Auftrittsangst hab ich Gott sei Dank keine.<br />

Bei Nervosität überfällt mich oft Müdigkeit<br />

und Schwere, dann leg ich mich hin und<br />

atme ruhig. Auf Adrenalinanstieg reagiere<br />

ich mit Stimmübungen oder Lippenflattern.<br />

17<br />

Über Lampenfieber freu ich mich! Das bedeutet<br />

nämlich, dass es dann um was geht, dass mir die<br />

Arbeit wichtig ist.<br />

Nicole Spiekermann<br />

In diesen bangen Augenblicken versuche ich mich<br />

immer selbst zurechtzuweisen mit dem reichlich<br />

verspäteten Vorwurf: «Hätte ich doch nur etwas<br />

Anständiges gelernt!»<br />

Und bin mir einen Wimpernschlag später wieder<br />

gewiss, dass ich keinen anderen Beruf der Welt<br />

lieber machen würde ...

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!