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Grundlagen der Stromversorgung für spartenfremde Fachkräfte

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Strom ist nicht alles, aber ohne Strom ist nichts!<br />

Fachbibliothek von HAAG<br />

Die Firma HAAG Elektronische Messgeräte GmbH ist Hersteller<br />

hochpräziser Messgeräte zur Erfassung und Analyse aller<br />

qualitätsbeschreibenden Eigenschaften <strong>der</strong> Elektroenergie.<br />

Zu den HAAG-Kompetenzfel<strong>der</strong>n gehören u. a.<br />

Netzqualitätsmessgeräte und -schreiber<br />

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HAAG veröffentlicht regelmäßig eigene Fachbeiträge und stellt<br />

Seminarunterlagen namhafter Fachspezialisten ins Netz.<br />

Zur Auswahl: www.haag-messgeraete.de > Bibliothek<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> elektrischen Energieversorgung<br />

HAAG stellt anschaulich gestaltete Seminarunterlagen über die <strong>Grundlagen</strong><br />

<strong>der</strong> elektrischen Energieversorgung zum Download bereit.<br />

Die Seminare werden regelmäßig von Dipl.-Ing. Walter Castor, Stadtwerke<br />

Erlangen AG, veranstaltet und unterliegen seinem Copyright.<br />

Die Vervielfältigung und <strong>der</strong> Druck dieser Unterlagen ist nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung des Autors zulässig.<br />

Dem Leser wird umfassendes Wissen über <strong>Grundlagen</strong>, Basistechnologien,<br />

Fachausdrücke und Wirkungsprinzipien aus dem Fachgebiet <strong>der</strong> Energieversor-<br />

gung vermittelt.<br />

Die Seminare richten sich hauptsächlich an Einsteiger in das Fachgebiet, aber<br />

auch Profis finden viele neue Informationen. Diese Unterlagen eignen sich<br />

hervorragend zur Auffrischung des <strong>Grundlagen</strong>wissens.<br />

Viele interessante Beispiele beleben den Blick in die Praxis.<br />

Textband – <strong>Grundlagen</strong> und Theorie (ca. 120 Seiten – 1,2MB)<br />

Seminar 1 - <strong>Grundlagen</strong> (ca. 2.2 MB)<br />

Seminar 1a - Kraftwerke (ca. 1,5 MB)<br />

Seminar 2 - Netze (ca. 1,3 MB)<br />

Seminar 3 - Kabel (ca. 3,4 MB)<br />

Seminar 4 - Schaltgeräte (ca. 1,7 MB)<br />

Seminar 5 - Trafo (ca. 2,2 MB)<br />

Seminar 6 - Schaltanlagen (ca. 7,6 MB)<br />

Seminar 7 - Fehler (ca. 1,3 MB)<br />

Seminar 8 - Netzschutz (ca. 1 MB)<br />

Seminar 9 - Arbeitssicherheit (ca. 1,8 MB)<br />

Seminar 10 - Störungen, Schaltungen, Kundenanschluss (ca. 2 MB)<br />

Seminar 11 - Zusammenfassungen (ca. 0,2 MB)


Der Strom,<br />

als Ursache betrachtet,<br />

übt sehr auffallende und verschiedenartige<br />

Kräfte aus.<br />

MICHAEL FARADAY<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Stromversorgung</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>spartenfremde</strong> <strong>Fachkräfte</strong><br />

Dipl.-Ing. Walter Castor, Erlangen


Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbeson<strong>der</strong>e die <strong>der</strong> Übersetzung, des<br />

Nachdrucks, <strong>der</strong> Entnahme von Abbildungen, <strong>der</strong> Funksendung, <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe auf photomechanischem o<strong>der</strong> ähnlichem Weg<br />

und <strong>der</strong> Verarbeitung in Datenverarbeitungsanlagen o<strong>der</strong> in elektronischen Systemen bleiben, auch bei auszugsweiser<br />

Verwertung, vorbehalten.<br />

Die Wie<strong>der</strong>gabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne<br />

beson<strong>der</strong>e Kennzeichnung nicht zu <strong>der</strong> Annahme, dass solche Namen im Sinne <strong>der</strong> Warenzeichen- und<br />

Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von je<strong>der</strong>mann benutzt werden dürfen.<br />

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernimmt <strong>der</strong> Autor <strong>für</strong> die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen<br />

und Ratschlägen sowie <strong>für</strong> eventuelle Druckfehler keine Haftung.<br />

Erlangen, im Januar 2005


Inhalt<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik...................................................................................1<br />

Physikalische <strong>Grundlagen</strong>.......................................................................................1<br />

Die elektrische Spannung....................................................................................4<br />

Der Wi<strong>der</strong>stand....................................................................................................5<br />

Die elektrische Leistung.......................................................................................6<br />

Die elektrische Arbeit...........................................................................................8<br />

Das Generatorprinzip...........................................................................................9<br />

Dreiphasenwechselspannung............................................................................10<br />

Schaltungen.......................................................................................................10<br />

Nicht regenerative Stromerzeugung......................................................................11<br />

Brennstoffe........................................................................................................11<br />

Turbinen............................................................................................................11<br />

Wärmeauskopplung...........................................................................................13<br />

Kühlung.............................................................................................................14<br />

Rauchgasentschwefelung..................................................................................15<br />

Kleine Einführung in die Kerntechnik.................................................................17<br />

Regenerative Stromerzeugung.............................................................................19<br />

Wasserkraftwerke..............................................................................................19<br />

Laufwasserkraftwerke........................................................................................20<br />

Speicherkraftwerke............................................................................................20<br />

Pumpspeicherkraftwerke...................................................................................20<br />

Netze........................................................................................................................21<br />

Spannungsebenen................................................................................................21<br />

Netzformen............................................................................................................23<br />

Sternpunktbehandlung..........................................................................................24<br />

Betriebsmittel............................................................................................................25<br />

Isoliermittel............................................................................................................25<br />

Kabel.....................................................................................................................28<br />

Hochspannungskabel........................................................................................31<br />

Mittelspannungskabel........................................................................................32<br />

Kabelgarnituren.................................................................................................33<br />

Kabellegung.......................................................................................................35<br />

Kabelmess- und Prüftechnik..............................................................................36<br />

Freileitungen......................................................................................................37


Schaltgeräte..........................................................................................................38<br />

Physik <strong>der</strong> Kontakttrennung...............................................................................39<br />

Trennschalter.....................................................................................................39<br />

Erdungsschalter.................................................................................................42<br />

Lasttrennschalter................................................................................................42<br />

Leistungsschalter...............................................................................................43<br />

Transformatoren....................................................................................................47<br />

Kernaufbau........................................................................................................49<br />

Wicklungsaufbau................................................................................................51<br />

Kessel................................................................................................................51<br />

Einschalten des Transformators ........................................................................52<br />

Verluste..............................................................................................................53<br />

Geräusche.........................................................................................................53<br />

Wicklungsverschaltung......................................................................................54<br />

Kühlung..............................................................................................................55<br />

Netztransformatoren..........................................................................................55<br />

Verteiltransformatoren........................................................................................57<br />

Prüfungen an Transformatoren..........................................................................58<br />

Überlastung........................................................................................................59<br />

Wandler.................................................................................................................60<br />

Schaltung von Wandlern....................................................................................62<br />

Beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an Stromwandler.....................................................62<br />

Beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an Spannungswandler............................................63<br />

Schaltanlagen...........................................................................................................65<br />

Umspannwerke......................................................................................................65<br />

Sammelschienen................................................................................................65<br />

Schaltanlagen im UW.........................................................................................66<br />

Ortsnetz- / Kundenstationen..............................................................................68<br />

Nebenanlagen.......................................................................................................70<br />

Batterieanlagen..................................................................................................70<br />

Rundsteueranlage..............................................................................................70<br />

Erdungsanlagen / Blitzschutz.............................................................................71<br />

Klemmen............................................................................................................72<br />

Emissionsschutz....................................................................................................72<br />

Störlichtbogenschutz..........................................................................................72<br />

Elektro-magnetische Fel<strong>der</strong>...............................................................................74


Netzschutz................................................................................................................79<br />

Fehlerformen.........................................................................................................79<br />

Kurzschluss.......................................................................................................79<br />

Erdschluss / Erdschlusslöschung......................................................................79<br />

Aufbau <strong>der</strong> Erdschlusslöschspule......................................................................80<br />

Einstellung <strong>der</strong> E-Spule.....................................................................................81<br />

Netzschutz............................................................................................................81<br />

Zeitstaffelschutz.................................................................................................82<br />

Sicherungen......................................................................................................82<br />

UMZ-Schutz.......................................................................................................83<br />

AMZ...................................................................................................................84<br />

Distanzschutz....................................................................................................84<br />

Differentialschutz...............................................................................................86<br />

Erdschlussschutz...............................................................................................87<br />

Transformatorschutz..........................................................................................88<br />

Netzschutzprüfungen.........................................................................................89<br />

Leittechnik.................................................................................................................91<br />

Netzleittechnik.......................................................................................................91<br />

Stationsleittechnik.................................................................................................91<br />

Dokumentation......................................................................................................93<br />

Arbeitssicherheit.......................................................................................................95<br />

Begrifflichkeiten.....................................................................................................97<br />

Schaltungen in Netzen..............................................................................................98<br />

Schaltreihenfolgen................................................................................................98<br />

Freischalten einer Ortsnetzstation.......................................................................100<br />

Parallelschalten von Transformatoren.................................................................100<br />

Fehlerbehebung......................................................................................................102<br />

Entstörungsdienstorganisation............................................................................102<br />

Strategien zu Fehlerbehebung............................................................................102<br />

Kundenanlagen.......................................................................................................105<br />

Systemformen.....................................................................................................105<br />

Elektrizitätszähler:...............................................................................................106


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 1<br />

Je<strong>der</strong> von uns bedient sich heute in irgendeiner Form <strong>der</strong> Elektrotechnik. Der Griff<br />

zum Lichtschalter, <strong>der</strong> Druck auf die Einschalttaste des Fernsehgerätes gehört heute<br />

ebenso dazu wie die Bedienung von Staubsauger, Mixer, Kassettenrecor<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />

Stereoanlage. Eines jedoch wird immer vorausgesetzt: Elektrizität muss vorhanden<br />

sein!<br />

Was aber ist „Elektrizität“ eigentlich? Man kann die Frage durch einen Blick in das<br />

Lexikon z.B. so beantworten: „Elektrizität ist ruhende o<strong>der</strong> bewegte Ladung o<strong>der</strong> die<br />

mit Ladung o<strong>der</strong> Strömen verbundene elektrische Energie“. Damit ist man aber<br />

zunächst kaum klüger als vorher. Wir wollen daher versuchen, diese und weitere<br />

Fragen mit vielen Abbildungen und allgemein verständlichen Erläuterungen zu<br />

beantworten. Natürlich ist dabei manches bewusst vereinfacht dargestellt worden,<br />

um das Begreifen <strong>der</strong> elektrotechnischen <strong>Grundlagen</strong> und das Einarbeiten in diese<br />

Technik zu erleichtern.<br />

Physikalische <strong>Grundlagen</strong><br />

Schon die alten Griechen bemerkten, dass ein an einem Fell geriebenes<br />

Bernsteinstück eine geheimnisvolle Kraft ausübt, nämlich leichte Gegenstände<br />

anzieht. Das Wort „elektrisch“ wird daher von <strong>der</strong> griechischen Bezeichnung <strong>für</strong><br />

Bernstein abgeleitet: elektron. Zur Erklärung dieser Erscheinung muss kurz auf den<br />

Aufbau <strong>der</strong> Materie eingegangen werden. Auch hier haben die alten Griechen<br />

Pionierarbeit geleistet. Schon 400 v. Chr. postulierte Demokrit, dass alle Stoffe aus<br />

kleinsten, unteilbaren Bausteinen bestehen müssten (atom = unteilbares<br />

(griechisch)). Heute weiß man, das auch Atome aus noch kleineren Bauteilen<br />

bestehen. Der dänische Physiker Niels Bohr hat im Jahr 1913 ein Modell <strong>für</strong> den<br />

Aufbau von Atomen angegeben, das ausreicht, den Leitungsmechanismus zu<br />

erklären. Alle Stoffe bestehen aus Molekülen, die wie<strong>der</strong>um aus Atomen<br />

zusammengesetzt sind. Atome kann man sich wie ein Sonnensystem vorstellen: um<br />

einen elektrisch positiv geladenen Kern kreisen negativ geladene Teilchen, die<br />

Elektronen. Die Atome <strong>der</strong> verschiedenen Elemente unterscheiden sich durch die<br />

Größe des Atomkerns und die Zahl <strong>der</strong> Elektronen. Der Atomkern selber besteht aus<br />

Neutronen, das sind Elementarteilchen, die elektrisch neutral sind, und Protonen mit<br />

einer positiven Elementarladung (+e = +1,602 x 10 -19 As). Das Elektron besitzt die<br />

elektrische Elementarladung –e. Die Massen dieser Elementarteilchen Proton und<br />

Neutron sind nahezu gleich groß: me = 9,109 x 10 -28 g. Die Masse eines Elektrons<br />

dagegen beträgt 16726 x 10 -28 g. Ein Atom besitzt immer genau so viele Elektronen<br />

in <strong>der</strong> Atomhülle wie Protonen im Kern. Es ist somit nach außen elektrisch<br />

ungeladen, d. h. neutral. Die Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen um den<br />

Kern, es entsteht eine Fliehkraft. Da sich jedoch ungleichnamige Ladungen anziehen<br />

(positiver Kern ⇔ negatives Elektron) entsteht eine <strong>der</strong> Fliehkraft entgegengesetzte<br />

Kraft, die da<strong>für</strong> sorgt, dass die Elektronen in bestimmten Bahnen bleiben. Diese<br />

Bahnen kann man mit Schalen vergleichen, die mit den Elektronen besetzt ist. Dabei<br />

kann jede Schale nur eine bestimmte Anzahl von Elektronen aufnehmen. Man<br />

unterscheidet von innen nach außen:<br />

Elektronenschale K L M N O<br />

max. Elektronenzahl 2 8 18 32 50


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 2<br />

In einem Atom müssen jedoch nicht alle Schalen besetzt sein. Bei einem<br />

Aluminiumatom z. B. besteht <strong>der</strong> Kern aus 13 Protonen und 14 Neutronen. Um den<br />

Kern kreisen auf drei verschiedenen Schalen (K, L und M) 13 Elektronen. Dabei ist<br />

die K- und L-Schale vollständig besetzt, die M-Schale jedoch nicht. Das Atom hat<br />

jedoch das Bestreben, einen stabilen Zustand zu erreichen. Dieser ist erreicht, wenn<br />

sich auf <strong>der</strong> äußeren Schale acht Elektronen befinden. Wenn dies nicht <strong>der</strong> Fall ist,<br />

werden Elektronen in diese äußere Schale aufgenommen o<strong>der</strong> abgegeben.<br />

Wäre es möglich, aus den Atomen den leeren Raum herauszunehmen und die<br />

Elektronen eng an den Kern zu legen, hätte ein Hochhaus die Größe eines<br />

Kaffeebohne und diese würde 30 000 t wiegen.<br />

Metalle bilden nun im festen Zustand Kristalle, in denen sich die Atome an festen<br />

Plätzen in einer räumlichen Anordnung befinden (Vergleich: in einem Flugzeug hat<br />

je<strong>der</strong> Passagier seinen vorgeschriebenen Sitzplatz, es existiert eine Sitzordnung). Ist<br />

ein <strong>der</strong>art kristalliner Aufbau nicht vorhanden, nennt man einen Stoff amorph. Hier<br />

unterliegen die Atome keinem Ordnungsschema (Vergleich: in einem Bus kann sich<br />

je<strong>der</strong> Fahrgast hinsetzen, wo er möchte). Amorph sind alle Flüssigkeiten, Glas und<br />

zum Teil auch Kunststoffe. Bei einem kristallinen Aufbau können nun Metallatome<br />

leicht Elektronen abgeben, bilden also Ionen (das sind positiv o<strong>der</strong> negativ<br />

aufgeladene Atome o<strong>der</strong> Moleküle). Durch die freien Elektronen entsteht ein<br />

sogenanntes Elektronengas, in dem die Elektronen frei beweglich sind. Durch<br />

Anlegen eines elektrischen Feldes (=Kräfte) werden die Elektronen<br />

(Valenzelektronen) bewegt, es kommt zum Ladungstransport im Leiter und damit<br />

zum elektrischen Strom. Nach außen hin bleibt <strong>der</strong> Stoff elektrisch neutral, weil die<br />

Elektronen aufgrund <strong>der</strong> elektrostatischen Anziehung (ungleichnamige Ladungen<br />

ziehen sich an) nicht aus dem Metall entweichen können, son<strong>der</strong>n nur zwischen den<br />

Atomen frei verschiebbar sind. Charakteristisch <strong>für</strong> den Ladungstransport in Metallen<br />

ist, dass die Leitfähigkeit mit zunehmen<strong>der</strong> Temperatur abnimmt. Dies kann man<br />

damit erklären, dass die Atome die Bewegung <strong>der</strong> Elektronen um so mehr behin<strong>der</strong>n,<br />

je heftiger ihre Wärmeschwingungen sind.<br />

In guten Leitern, wie Kupfer, ist <strong>der</strong> Platz <strong>für</strong> die freien Elektronen ausreichend groß,<br />

bei schlechteren Leitern (Eisen) ist bereits weniger Platz vorhanden und Nichtleiter<br />

(Isolatoren ) besitzen überhaupt keine freien Elektronen.<br />

Neben dem Ladungstransport durch freie Elektronen (Metallbindung) gibt es noch<br />

an<strong>der</strong>e Arten. Die Halbleiter (Germanium, Silizium, Galliumarsenid) leiten zwar auch<br />

durch Elektronen, aber hier nimmt die Leitfähigkeit bei wachsen<strong>der</strong> Temperatur zu<br />

und verschwindet bei genügend tiefen Temperaturen ganz. Durch Zugabe von<br />

Fremdstoffspuren („dotieren“) kann man die Leitfähigkeit jedoch beträchtlich<br />

erhöhen. Schließlich gibt es Stoffe, welche durch die Bewegung <strong>der</strong> elektrisch<br />

geladenen Atome (Ionen) leiten. Ihre Leitfähigkeit ist bedeutend geringer als die von<br />

Metallen und steigt mit wachsen<strong>der</strong> Temperatur (Beweglichkeit <strong>der</strong> Moleküle).<br />

Der elektrische Strom wird nun definiert als die Ladungsmenge Q, die durch eine<br />

Querschnittsfläche während einer bestimmten Zeit t fließt. Als Formel ausgedrückt:<br />

Q<br />

I =<br />

t<br />

Das Verhältnis Stromstärke zur Fläche, durch die <strong>der</strong> Strom hindurchtritt, nennt man<br />

Stromdichte S. Seine technische Bedeutung liegt in <strong>der</strong> Belastbarkeit des Leiters. Je<br />

höher die Stromdichte wird, desto größer ist die Erwärmung des Leiters. Die<br />

zulässige Stromdichte eines Leiters (die nicht nur vom Querschnitt abhängt son<strong>der</strong>n


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 3<br />

auch von <strong>der</strong> Umgebungstemperatur und <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Leiterverlegung) sinkt mit<br />

wachsendem Querschnitt, da die wärmeabführende Oberfläche nicht im gleichen<br />

Maß anwächst wie <strong>der</strong> Leiterquerschnitt.<br />

Es taucht jetzt die Frage auf, wie schnell sich die Elektronen in einer Leitung<br />

fortbewegen, wenn man eine Spannungsquelle anschließt. Die Geschwindigkeit, mit<br />

<strong>der</strong> sich die Elektronen durch den Leiter bewegen (Driftgeschwindigkeit), wird meist<br />

überschätzt. Sie beträgt nur einen Bruchteil eines Millimeters in <strong>der</strong> Sekunde.<br />

Trotzdem leuchtet eine Lampe sofort auf, wenn wir den Schalter betätigen. Das<br />

hängt natürlich damit zusammen, dass <strong>der</strong> „Stromtransport" nicht etwa durch<br />

Elektronen erfolgt, die aus <strong>der</strong> Spannungsquelle in eine leere Leitung fließen und<br />

nach dem Eintreffen bei <strong>der</strong> Lampe, die sie dann aufleuchten lassen, son<strong>der</strong>n weil<br />

die Elektronen aus <strong>der</strong> Spannungsquelle ihre Bewegung sofort an die<br />

Leitungselektronen weitergeben und dadurch unmittelbar den Stromfluss auslösen.<br />

Dieses Beeinflussen von Elektron zu Elektron geschieht in unvorstellbar kurzer Zeit.<br />

Es können dabei Geschwindigkeiten von fast 300.000 km/s auftreten. Allerdings ist<br />

das z. B. <strong>für</strong> mo<strong>der</strong>ne Computer gar nicht so furchtbar schnell, wenn sie im Mikro-<br />

o<strong>der</strong> Nanosekundenbereich arbeiten sollen. Da <strong>für</strong> einen Rechenvorgang zahlreiche<br />

Elektronenbewegungen in den Schaltkreisen des Computers notwendig sind,<br />

müssen die Elektronenwege extrem kurz sein. Sonst dauert die Übermittlung von<br />

Informationen auf den Wegen innerhalb <strong>der</strong> Anlage länger als <strong>der</strong> eigentliche<br />

Rechenvorgang, weil <strong>der</strong> Strom beispielsweise in einer Nanosekunde (eine<br />

milliardsten Sekunde) „nur" eine Strecke von 30 cm zurücklegt. Deshalb konnten<br />

superschnelle Computer erst mit Hilfe von integrierten Schaltkreisen gebaut werden,<br />

bei denen die Elektronenwege nur Bruchteile eines Millimeters betragen und sich in<br />

großer Anzahl auf engem Raum anordnen lassen.<br />

Wie gesagt, <strong>der</strong> Strom beginnt in allen Teilen des Stromkreises praktisch gleichzeitig<br />

zu fließen. Bei Gleichstrom kann es Stunden, ja Jahre dauern, bis ein bestimmtes<br />

Elektron den ganzen Stromkreis durchwan<strong>der</strong>t hat, während es bei Wechselstrom<br />

entsprechend <strong>der</strong> Frequenz immer wie<strong>der</strong> umkehren muss und sich deshalb nur auf<br />

ganz winzigen Strecken hin- und herbewegt. Nun könnte man annehmen, dass dann<br />

die Elektronen (weil sie sich ja immer um einen Punkt in <strong>der</strong> Leitung hin- und<br />

herbewegen), gar nicht als richtiger Strom durch die Leitung fließen. Natürlich ist<br />

diese Meinung falsch, ein Vergleich soll es verständlich machen. Wie im Bild<br />

dargestellt, liegen einige Kugeln eng hintereinan<strong>der</strong> in einer geraden Reihe. Wenn<br />

die rechte Kugel in Bewegung gesetzt wird, gegen die an<strong>der</strong>e prallt, kommt sie sofort<br />

zum Stillstand. Die linke Kugel aber löst sich im gleichen Augenblick von <strong>der</strong> Reihe<br />

und bewegt sich allein weiter. Wenn sie umgekehrt und nun ihrerseits auf die<br />

Kugelreihe prallt, spielt sich <strong>der</strong> gleiche Vorgang in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung ab und die<br />

rechte Kugel entfernt sich allein von <strong>der</strong> Reihe. Damit ist eine Information von rechts<br />

nach links und von links nach rechts übertragen worden, obwohl die Kugeln in <strong>der</strong><br />

Reihe sich praktisch nicht bewegt haben. Trotzdem haben sie die Energie <strong>der</strong> beiden<br />

aufprallenden Kugeln weitergegeben. In ähnlicher<br />

Form können wir uns das Hin- und Herpendeln <strong>der</strong><br />

(angestoßenen) Elektronen in einer Leitung<br />

vorstellen, die an eine Wechselspannungsquelle<br />

angeschlossen ist. Mechanisch verdeutlicht durch<br />

eine „pendelnde" Stoßfortpflanzung.<br />

Nach dieser doch theoretischen Einführung soll nun<br />

ein Vergleich mit einem Wassermodell das<br />

Verständnis <strong>für</strong> die Größen und Einheiten in <strong>der</strong> Elektrotechnik etwas erleichtern.


Die elektrische Spannung<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 4<br />

Wasser kann nur dann durch eine Leitung fließen, wenn es mit einer Pumpe o<strong>der</strong><br />

aufgrund eines natürlichen Gefälles hineingedrückt wird. Es muss also ein Druck<br />

vorhanden sein, <strong>der</strong> das Wasser durch die Leitungen presst. Trotz des Druckes, den<br />

die Pumpe ausübt, können sich die Wasserteilchen nicht bewegen. Erst wenn wir<br />

Anfang und Ende einer solchen Leitung miteinan<strong>der</strong> verbinden, so erhält man einen<br />

geschlossenen Wasserkreislauf. Wir sehen, dass das Wasser von <strong>der</strong> Pumpe stets<br />

in die gleiche Richtung gedrückt wird. Je größer diese Kraft ist, um so höher ist <strong>der</strong><br />

Wasserdruck.<br />

A Druck<br />

Sog B<br />

Pumpe<br />

A B<br />

Elektronenüberschuß<br />

-<br />

Batterie<br />

Elektronenmangel<br />

+<br />

Überträgt man diese Verhältnisse auf den<br />

elektrischen Bereich, so ergeben sich große<br />

Ähnlichkeiten. Die Bewegung <strong>der</strong> Elektronen<br />

wird durch eine Elektronenpumpe, die man<br />

Stromquelle nennt (z. B. Batterie),<br />

hervorgerufen. Die Spannung <strong>der</strong> Batterie<br />

muss also eine Art Kraft sein und einen<br />

elektrischen Druck ausüben.<br />

Zwischen den Polen einer Batterie besteht<br />

ein Spannungsunterschied, <strong>der</strong> durch die<br />

Zeichen Plus und Minus ausgedrückt wird. Eine herrschende Spannungsdifferenz<br />

heißt aber, dass <strong>der</strong> eine Punkt stärker mit Elektronen besetzt sein muss als <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e. In <strong>der</strong> Elektrotechnik ist das stets beim Minuspol <strong>der</strong> Fall. Dort herrscht also<br />

ein Elektronenüberschuss, während am Pluspol ein Elektronenmangel besteht. Um<br />

einen Ausgleich zwischen beiden Punkten zu erreichen, um ein Gleichgewicht in <strong>der</strong><br />

Elektronenverteilung herzustellen, fließen die Elektronen in einen geschlossenen<br />

Leitungskreis immer vom Minuspol zum Pluspol.<br />

Lei<strong>der</strong> hat man in den Anfängen <strong>der</strong> Elektrotechnik,<br />

als die Elektronen noch nicht bekannt waren, die<br />

Stromrichtung aufgrund galvanischer<br />

Beobachtungen (Abscheiden von Metall und<br />

Wasserstoff am Minuspol) gerade umgekehrt<br />

festgelegt und die grundlegenden Gesetze darauf<br />

aufgebaut. Bei dieser konventionellen, jedoch<br />

physikalisch falschen Stromrichtung, ist <strong>der</strong><br />

Stromweg außerhalb <strong>der</strong> Stromquelle von Plus nach<br />

Minus angenommen. Diese konventionelle<br />

Stromrichtung, die genormt ist, wird heute in <strong>der</strong><br />

Starkstromtechnik allgemein verwandt und als<br />

technische Stromrichtung benannt.<br />

Wasserkreis<br />

Pumpe<br />

Will man eine Spannung messen, so ist das Messinstrument (Spannungsmesser) an<br />

den zwei Polen <strong>der</strong> Schaltung anzuschließen, zwischen denen die<br />

Spannungsdifferenz auftritt. Die Maßeinheit <strong>für</strong> die elektrische Spannung ist das Volt<br />

(nach dem italienischen Physiker Volta, 1745-1827), Kurzzeichen: V.<br />

Während das Kurzzeichen <strong>für</strong> Gleichspannung und Gleichstrom aus zwei parallelen<br />

Strichen besteht (=), sieht das Zeichen <strong>für</strong> Wechselstrom und Wechselspannung<br />

sinngemäß wie eine Welle aus (≈).<br />

Schalten wir in unsere Wasserleitung eine an<strong>der</strong>sartige Pumpe, eine Kolbenpumpe<br />

ein, so sehen wir, dass das Wasser ständig hin und herfließt. An den Anschlüssen


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 5<br />

<strong>der</strong> Pumpe wechseln also ständig Druck und Sog. Entsprechend wechseln im<br />

elektrischen Stromkreis die Elektronen dauernd ihre Richtung und pendeln in <strong>der</strong><br />

Stromquelle und dem Leiter dauernd hin und her. Damit wächst auch an den<br />

Anschlüssen <strong>der</strong> Stromquelle ständig Elektronenmangel (plus) mit<br />

Elektronenüberschuss (minus). Wir haben es in diesem Fall mit einem<br />

Wechselspannungserzeuger zu tun. Da <strong>der</strong> Vorgang periodisch verläuft, d.h. er sich<br />

laufend wie<strong>der</strong>holt, nennen wir die Zeit, bis er wie<strong>der</strong> neu beginnt, eine Periode.<br />

Der elektrische Strom<br />

Dieser steht mit <strong>der</strong> Spannung in einem festen Zusammenhang, denn wie wir eben<br />

gesehen haben, gibt es zwar eine Spannung, ohne dass ein Strom fließen muss,<br />

aber es kann niemals ein Strom ohne Spannung fließen. Entscheidend <strong>für</strong> die Größe<br />

des auftretenden Stroms ist die Höhe <strong>der</strong> Spannung. Eine hohe Spannung setzt<br />

mehr Elektronen in Bewegung als eine kleine Spannung. Der durch einen Leiter<br />

fließende Elektronenstrom ist also abhängig von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> angeschlossenen<br />

Spannung.<br />

Vergleiche mit Wasserströmen, die durch Rohre fließen, geben weiteren Aufschluss<br />

über das Wesen elektrischer Ströme. Sollen große Wassermengen schnell durch<br />

Rohre geleitet werden, so ist dazu ein großer Leitungsquerschnitt erfor<strong>der</strong>lich. Dünne<br />

Rohre reichen nur <strong>für</strong> den Transport kleiner Wassermengen aus.<br />

Ähnlich ist es in <strong>der</strong> Elektrotechnik. Starke elektrische Ströme verlangen große<br />

Leitungsquerschnitte, d. h. das Kabel muss dick genug sein. Schwache elektrische<br />

Ströme kommen dagegen mit entsprechend dünnen Leitungen aus, ohne das <strong>der</strong><br />

Elektronenfluss behin<strong>der</strong>t wird.<br />

Will man einen Strom messen, so muss das Messinstrument (Strommesser) in die<br />

stromführende Leitung eingeschaltet werden, in <strong>der</strong> sich Elektronen bewegen. Die<br />

Bezeichnung „Ampere" (A) ist abgeleitet vom Namen des französischen Physikers<br />

Andre Marie Ampère, 1775-1836.<br />

Um die Größe des elektrischen Stromes zu ermitteln, muss man zählen, wie viele<br />

Elektronen an einer beliebigen Stelle des Leiters vorbeitreiben (driften). Fließen 6,3 x<br />

10 18 Elektronen (6.300 Billiarden) in einer Sekunde durch die Leitung, so nennt man<br />

diese Stromstärke 1 A. Ähnlich wie <strong>der</strong> Wasserzähler nicht die Menge <strong>der</strong><br />

Wassertropfen/s anzeigt, son<strong>der</strong>n viele Wassertropfen zu einer größeren Menge<br />

zusammenfasst z. B. l/s o<strong>der</strong> m 3 /Monat, so zeigt <strong>der</strong> Strommesser nicht die Anzahl<br />

<strong>der</strong> durch das Instrument hindurchtreibenden Elektronen an, son<strong>der</strong>n fasst viele<br />

dieser Elektronen zu einer fassbaren Einheit zusammen.<br />

Der Wi<strong>der</strong>stand<br />

Wir haben bisher festgestellt, dass die Stromstärke von <strong>der</strong> wirksamen Spannung<br />

abhängt. Außerdem haben wir festgestellt, dass bei gleicher Spannung dann ein<br />

großer Strom fließt, wenn das Leitermaterial viele freie Elektronen und, dass ein<br />

kleiner Strom fließt, wenn das Leitermaterial wenig freie Elektronen besitzt. Die<br />

Begriffe Spannung, Strom und Wi<strong>der</strong>stand stehen also in einem geschlossenen<br />

Stromkreis in einem wichtigen Zusammenhang. Das wird ausgedrückt durch das<br />

Ohmsche Gesetz (Georg Simon Ohm, veröffentlicht 1826). Das Gesetz sagt aus,<br />

dass <strong>der</strong> Strom ansteigt, wenn die Spannung größer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand kleiner<br />

wird und <strong>der</strong> Strom abnimmt, wenn die Spannung kleiner o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand größer<br />

wird.


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

In eine Formel gebracht, heißt die Beziehung<br />

Spannung U<br />

Strom I =<br />

Wi<strong>der</strong>stand R<br />

Seite 6<br />

O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s ausgedrückt: Wird die Spannung an dem gleichbleibenden Wi<strong>der</strong>stand<br />

verdoppelt, so steigt die Stromstärke auf den doppelten Wert. Mathematisch<br />

ausgedrückt: Strom und Spannung sind proportional, <strong>der</strong> Proportionalitätsfaktor ist<br />

<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand R. Wird bei gleicher Spannung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand verdoppelt, so sinkt<br />

die Stromstärke auf den halben Wert. Soll die Spannung errechnet werden, lautet die<br />

Formel : U = R × I<br />

Eine elektrische Spannung von 1 V treibt eine Stromstärke von 1 A durch einen<br />

Wi<strong>der</strong>stand von 1 Ohm. Und wenn wir den Wi<strong>der</strong>standswert ermitteln wollen, erfolgt<br />

das mit <strong>der</strong> Formel:<br />

U<br />

R =<br />

I<br />

Wenn diese Formeln verwendet werden, so ist darauf zu achten, dass die Werte <strong>für</strong><br />

U in Volt, l in Ampère und R in Ohm (deutscher Physiker Georg Simon Ohm 1787-<br />

1854) eingesetzt werden. Man darf nicht wahllos unterschiedliche Größen<br />

verwenden, z. B. Wi<strong>der</strong>stände in Ohm, Spannungen in Millivolt und Strom in<br />

Mikroampère. Eine kleine Rechnung macht das deutlich: Bei einem Bügeleisen fließt<br />

z. B. ein Strom von 5 A durch die Wi<strong>der</strong>standsspirale in seiner Sohle, wenn das<br />

Gerät an die 230 V Steckdose angeschlossen ist. Wie hoch ist <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert<br />

<strong>der</strong> Heizspirale? Wir rechnen nach <strong>der</strong> Formel: R = U : l und setzen 230 V : 5 A ein.<br />

Das ergibt 46 Ohm. Hätte man die Spannung aber in Millivolt eingesetzt, müssten<br />

220.000 : 5 gerechnet werden und das falsche Ergebnis würde rund 46.000 Ohm<br />

heißen !<br />

Die elektrische Leistung<br />

Wird durch eine Pumpe das Wasser in dem Wasserkreis bewegt, so soll das Wasser<br />

nicht nur fließen, son<strong>der</strong>n es soll auch eine Wirkung haben. Wir können<br />

beispielsweise eine Turbine in den Wasserkreis einschalten und die im bewegten<br />

Wasser steckende Energie in eine mechanische Bewegung umwandeln. Die<br />

Leistung <strong>der</strong> Turbine ist vom Wasserdruck und <strong>der</strong> Wassermenge, die pro Sekunde<br />

durchfließt, abhängig. Auf den elektrischen Vorgang übertragen bedeutet dies, dass<br />

in einem Ohmschen Wi<strong>der</strong>stand Wärme erzeugt wird und die entstehende<br />

Wärmeleistung bzw. die hierzu erfor<strong>der</strong>liche elektrische Leistung (P) um so größer<br />

ist,<br />

• je größer die Spannung U (Druck) und<br />

• je größer die Stromstärke I (Menge/Sekunde) ist.<br />

Da also P proportional U und l ist, ergibt sich die Formel:<br />

P = U×<br />

I<br />

P in Watt (W). Watt ist abgeleitet vom Namen des englischen Ingenieurs James<br />

Watt, 1736 -1819.<br />

Die Leistung bei Gleichstrom entspricht exakt <strong>der</strong> oben angegebenen Formel. Bei<br />

Wechsel- o<strong>der</strong> Drehstrom zeigen sich Verhältnisse etwas komplizierter. Liegt in<br />

einem Wechselstromkreis ein rein „ohmscher“- Verbraucher (z. B. eine Glühlampe


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 7<br />

o<strong>der</strong> ein Herd), dann sind die Nulldurchgänge und die Scheitelwerte von Strom und<br />

Spannung zeitlich gleich, es tritt keine Phasenverschiebung auf. Bei Verbrauchern,<br />

<strong>der</strong>en Funktion auf Elektromagnetismus beruht ( Motoren, Transformatoren u. ä.) eilt<br />

<strong>der</strong> Strom (Blindstrom) <strong>der</strong> Spannung um den Phasenverschiebungswinkel ϕ nach,<br />

da nach dem Nulldurchgang <strong>der</strong> Spannung erst das magnetische Feld aufgebaut<br />

werden muss. Als Merksatz: Induktion, Induktion, erst die Spannung dann <strong>der</strong> Strom<br />

(o<strong>der</strong>: Induktivitäten, Ströme sich verspäten). Bei Leitungen, Kabeln, Kondensatoren<br />

eilt dagegen <strong>der</strong> Strom (Blindstrom) <strong>der</strong> Spannung um den Phasenwinkel ϕ voraus,<br />

da vor dem Nulldurchgang <strong>der</strong> Spannung erst das elektrische Feld aufgebaut werden<br />

muß. Bei idealisierten Bauteilen beträgt <strong>der</strong> Phasenwinkel 90° (bei Induktivitäten<br />

+90°, bei Kapazitäten –90°). In <strong>der</strong> Realität liegt jedoch immer eine<br />

Zusammensetzung aus den drei idealen Bauteilen vor. Bei einer Spule kann man<br />

sich dies gut vorstellen: neben den magnetischen Erscheinungen besitzt <strong>der</strong> Draht<br />

<strong>der</strong> Spule auch einen ohmschen Wi<strong>der</strong>stand. Derart zusammengesetzte<br />

Wi<strong>der</strong>stände bezeichnet man als komplexe Wi<strong>der</strong>stände mit einer<br />

Phasenverschiebung ≠ 90°. Sie setzen Wechselstrom einen weit höheren<br />

Wi<strong>der</strong>stand entgegen als Gleichstrom, wobei <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert nicht konstant ist,<br />

son<strong>der</strong>n sich mit <strong>der</strong> Frequenz än<strong>der</strong>t (xL = ωL, xC= 1/(ωC)). Die in einem solchen<br />

Wi<strong>der</strong>stand umgesetzte Leistung wird als Scheinleistung bezeichnet. Ihre Einheit ist<br />

das VA, zur besseren Unterscheidung von <strong>der</strong> Wirkleistung (Watt). Die Bestandteile<br />

<strong>der</strong> Scheinleistung sind die Wirkleistung (die Leistung, welche die Arbeit leistet) und<br />

die Blindleistung, die durch den Blindstrom hervorgerufen wird. Die Blindleistung wird<br />

also durch die Spule o<strong>der</strong> den Kondensator erzeugt und an die Stromquelle<br />

zurückgegeben. Sie lässt sich nicht praktisch nutzen. Sie wird deshalb auch nicht<br />

"verbraucht", son<strong>der</strong>n pendelt nutzlos zwischen Erzeuger und Stromquelle hin und<br />

her. Sie ist gewissermaßen Ballast, <strong>der</strong> bloß die Leitungswege in Anspruch nimmt.<br />

Da sie <strong>für</strong> die Nutzung des Stroms gewissermaßen blind ist, wird sie - im Unterschied<br />

zur nutzbaren "Wirkleistung" - als "Blindleistung" bezeichnet.<br />

Die durch Phasenverschiebung bewirkte Blindleistung macht sich im Netz <strong>der</strong><br />

<strong>Stromversorgung</strong> überall bemerkbar, wo Induktivitäten (wie bei Trafos und<br />

Generatoren) o<strong>der</strong> Kapazitäten (wie bei längeren Kabeln) eine Rolle spielen. Sie<br />

bedeutet, dass Geräte und Leitungen eine geringere Wirkleistung aufweisen, als<br />

ihrer konstruktiven Auslegung bzw. <strong>der</strong> Scheinleistung entspricht. Im Extremfall kann<br />

das soweit gehen, dass überhaupt keine Wirkleistung mehr zur Verfügung steht.<br />

Man muss deshalb die auftretenden Blindleistungen "kompensieren", d.h. auf<br />

dieselbe Weise beseitigen, in <strong>der</strong> sie entstehen, nämlich mit Hilfe von entsprechend<br />

angepassten Induktivitäten und Kapazitäten. Und zwar möglichst nahe an <strong>der</strong> Quelle,<br />

damit das Netz so weit wie möglich <strong>für</strong> die Übertragung von Wirkleistung zur<br />

Verfügung steht.<br />

Zum Beispiel kann ein Kraftwerksgenerator eine Scheinleistung von 15 Millionen VA<br />

(o<strong>der</strong> 15.000 MVA) bei einer Wirkleistung von 12 Millionen W haben. Die Differenz<br />

zwischen beiden Werten entfällt auf die Blindleistung. Das Maß <strong>für</strong> die Blindleistung<br />

wird in "Voltampère réactif" (VAR) ausgedrückt.<br />

Energie kann man we<strong>der</strong> erzeugen, noch verbrauchen, noch geht sie verloren. Sie<br />

kann nur von einem Zustand in einen an<strong>der</strong>en überführt werden. Diese Umformung<br />

versucht man natürlich mit größtmöglichem Erfolg durchzuführen und die<br />

unweigerlichen Verluste kleinzuhalten.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: <strong>der</strong> Wirkungsgrad eines Umformungsprozesses soll hoch sein,<br />

damit die Ausbeute groß ist. Der Wirkungsgrad errechnet sich also aus dem


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

9<br />

8<br />

7<br />

5<br />

6<br />

Indirekte Arbeitsmessung<br />

4<br />

3<br />

Seite 8<br />

Verhältnis von abgegebener zu zugeführter bzw. aufgenommener Leistung. Die<br />

Größe des Wirkungsgrades kann als Dezimalzahl o<strong>der</strong> in Prozent bestimmt werden.<br />

P<br />

η =<br />

P<br />

ab<br />

zu<br />

P<br />

η =<br />

P<br />

ab ×<br />

zu<br />

100%<br />

Er gibt an, wie viel Prozent <strong>der</strong> aufgenommenen Leistung an einen Verbraucher<br />

abgegeben werden. Weil die aufgenommene Leistung einer Maschine immer größer<br />

als ihre abgegebene Leistung ist, muss <strong>der</strong> Wirkungsgrad immer kleiner als 1 sein,<br />

bzw. unter 100 % liegen.<br />

Größenordnungen von Leistungen:<br />

Fahrraddynamo ca. 1W Farbfernseher ca. 150 W<br />

GIühlampen 25-150 W Bohrmaschine 500 W<br />

Bügeleisen 1 –1,5 kW Waschmaschine 3 kW<br />

Kranmotor 40 kW Stromkraftwerk 1300 kW<br />

Die elektrische Arbeit<br />

In <strong>der</strong> Betrachtung über die elektrische Leistung wurde ein wichtiger Punkt bislang<br />

nicht erwähnt. Es ist <strong>der</strong> Faktor Zeit. Wenn eine Glühlampe o<strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>es Gerät<br />

während einer gewissen Zeit mit einer bestimmten<br />

Leistung betrieben wird, so bezieht man dadurch vom<br />

A<br />

Elektrizitätswerk elektrische Arbeit. Diese ist abhängig<br />

von <strong>der</strong> aufgenommenen Leistung und von <strong>der</strong> Zeit, in<br />

I<br />

<strong>der</strong> die Leistung aus dem Netz entnommen wurde. U<br />

V<br />

Somit ergibt sich die Aussage:<br />

12<br />

11 1<br />

10<br />

2<br />

Arbeit = Leistung x Zeit.<br />

Die elektrische Arbeit steigt mit <strong>der</strong> Leistung und mit<br />

<strong>der</strong> Zeit, sie ist also diesen beiden Größen direkt<br />

proportional. Hieraus ergibt sich die Formel :<br />

A = P×<br />

t bzw. A = U × I×<br />

t<br />

Das Ergebnis wird normalerweise in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Werden von<br />

einem Heizkörper 1 Stunde lang 1000 Watt entnommen, so ist 1 Kilowattstunde<br />

(kWh) elektrische Arbeit verbraucht. Soll eine an<strong>der</strong>e Einheit gebraucht werden, so<br />

kann man Wattstunde (Wh) o<strong>der</strong> Wattsekunde (Ws)<br />

kWh verwenden. Nach dem Gesetz über Einheiten im<br />

Messwesen entspricht die Wattsekunde <strong>der</strong> Einheit Joule,<br />

<strong>der</strong>en Zeichen das J ist. Die Kilowattstunde ist demnach 3,6<br />

MJ.<br />

Messung <strong>der</strong> elektrischen Arbeit:<br />

Zur Messung <strong>der</strong> elektrischen Arbeit benötigt man einen<br />

Spannungsmesser, einen Strommesser und einen<br />

Direkte Arbeitsmessung Zeitmesser. Einfacher ist <strong>der</strong> Einsatz eines<br />

Elektrizitätszählers. Er besteht im Prinzip aus einem<br />

Spannungspfad (Spannungsmesser) und einem Strompfad<br />

(Strommesser). Beide wirken zusammen auf ein Zählwerk, das die entsprechende<br />

Einschaltdauer (Zeit) die Arbeit registriert.


Das Generatorprinzip<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 9<br />

In <strong>der</strong> Energietechnik dienen vorwiegend magnetische Kräfte <strong>der</strong> Erzeugung von<br />

Spannungen, weil mit ihrer Hilfe sehr große elektrische Energien umgesetzt werden<br />

können. Praktisch alle Kraftwerksgeneratoren nutzen magnetische Kraftwirkungen<br />

aus. Kraftwerksgeneratoren arbeiten nach folgendem Prinzip:<br />

Auf einem drehbaren Läufer aus Weicheisen sind Kupferdrähte gewickelt<br />

(Kupferwicklung). Der Läufer wird durch eine Turbine angetrieben. Er befindet sich in<br />

einem magnetfel<strong>der</strong>füllten Gebiet (z. B. zwischen den Polen eines Dauer- o<strong>der</strong><br />

Elektromagneten). Schneiden nun die Wicklungsdrähte die magnetischen Feldlinien<br />

(diese kann man bei einem Permanentmagneten durch Eisenspäne sichtbar<br />

machen), so wirken auf die freien Elektronen im Leiter Kräfte. Dadurch werden die<br />

freien Elektronen von den positiv geladenen Metallteilchen so getrennt, dass an<br />

einem Leiterende ein Elektronenüberschuss (minus), am an<strong>der</strong>en ein<br />

Elektronenmangel (plus) herrscht und zwischen den Leiterenden eine elektrische<br />

Spannung auftritt. Diese nennt man induzierte Spannung, den Generator<br />

Induktionsgenerator. Faraday (Michael Faraday, 1791-1867) erkannte nach<br />

zahlreichen Versuchen, dass die erzeugt Spannung proportional ist zur Anzahl <strong>der</strong><br />

Windungen und zur Än<strong>der</strong>ungsgeschwindigkeit des magnetischen Flusses. Der<br />

Generator muss also ständig <strong>für</strong> weitere Ladungstrennung sorgen, um die<br />

Klemmenspannung aufrechtzuerhalten.<br />

Sollten in den Verbrauchern große elektrische Energien umgesetzt werden, so<br />

entstehen Probleme: Zwischen den Kohlebürsten und den Schleifringen treten<br />

nämlich Funken auf, die die Schleifringe beschädigen können. Dieser Nachteil wird<br />

beim folgenden, heute meist verwendeten Generatortyp vermieden: Die Spannungen<br />

werden hier nicht im Läufer, son<strong>der</strong>n in den Stän<strong>der</strong>wicklungen induziert. Dies wird<br />

durch Magnete erreicht, die auf dem Läufer angeordnet sind und sich mit diesem<br />

drehen. Da <strong>der</strong> Stän<strong>der</strong> feststeht, können die Verbraucher direkt ohne Verwendung<br />

von Schleifringen und Bürsten angeschlossen werden.<br />

Steht die Leiterschleife senkrecht zum Magneten, än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> durch die Schleife<br />

gehende Fluss <strong>der</strong> Kraftlinien beim Drehen zunächst nur wenig. Die erzeugte<br />

Spannung ist daher entsprechend klein. Mit zunehmenden Drehwinkel wird die<br />

Spannung höher und erreicht ihr Maximum, wenn die Schleife parallel zu den<br />

Feldlinien steht. Jetzt ist die Flussän<strong>der</strong>ung beim Drehen am größten. Bei weiterem<br />

Drehen nimmt die erzeugte Spannung wie<strong>der</strong> ab, bis zu Null und geht dann mit<br />

vertauschtem Vorzeichen weiter. Nach einer Vollen Umdrehung (360°) ist wie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Ausgangszustand erreicht und <strong>der</strong> ganze Vorgang wie<strong>der</strong>holt sich. Der zeitliche<br />

Verlauf <strong>der</strong> Spannung an den Klemmen des Generators ist sinusförmig. Die Zeit <strong>für</strong><br />

eine volle Umdrehung <strong>der</strong> Spule und somit <strong>für</strong> ein Durchlaufen aller Spannungswerte<br />

heißt Periode T. Ihr Kehrwert ist die Frequenz ν (sprich: nü), die in Hertz (Hz,<br />

Heinrich Rudolf Hertz, 1857-1894) gemessen wird. Sie gibt an, wie viele Male in<br />

einer Sekunde die Spannung den maximalen positiven Wert erreicht. Im<br />

europäischen Verbundnetz beträgt die Frequenz 50 Hz.<br />

Bei <strong>der</strong> Beschreibung eines Wechselstromes spielt <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Phase eine<br />

wichtige Rolle. Jedem Punkt im Diagramm, das die Spannung als Funktion <strong>der</strong> Zeit<br />

darstellt, entspricht ein bestimmter Winkel, um den die Spule aus <strong>der</strong> Ausgangslage<br />

senkrecht zu den Feldlinien gedreht wird. Man bezeichnet den jeweiligen Winkel als<br />

Phase <strong>der</strong> Spannung ϕ (sprich: phi). Dem Maximum <strong>der</strong> positiven Spannung<br />

entspricht somit die Phase ϕ = 90°, dem Nulldurchgang die Phase ϕ = 180° usw.<br />

Üblicherweise wird <strong>der</strong> Winkel jedoch nicht in Grad angegeben, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong>


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

U L1-L3<br />

U L3<br />

L1<br />

U L1<br />

U L3-L2<br />

120°<br />

U L2<br />

U L2-L1<br />

Seite 10<br />

Länge des Bogens eines Einheitskreises (Kreis mit dem Radius 1), d.h. ein Winkel<br />

von 360° entspricht 2π, ein Winkel von 180° entspricht π usw.<br />

Dreiphasenwechselspannung<br />

Bei <strong>der</strong> Erzeugung und Verteilung <strong>der</strong> elektrischen Energie ist das dreiphasige<br />

Wechselspannungsnetz üblich. Es wird auch als Drehstromnetz bezeichnet.<br />

Bei einem Drehstromgenerator sind 3<br />

Spulen räumlich um je 120 Grad versetzt.<br />

In <strong>der</strong> Mitte kreist ein Magnet. In allen drei<br />

Spulen entstehen Induktionsspannungen<br />

gleicher Größe. Da die Spulen um 120<br />

Grad versetzt sind, haben auch die<br />

induzierten Spannungen eine<br />

Phasenverschiebung von 120 Grad<br />

Für die Fortleitung dieser drei<br />

Wechselspannungen müssen eigentlich<br />

sechs Leiter (je ein Hin- und Rückleiter)<br />

zur Verfügung stehen. Man kommt aber mit<br />

drei Leitern aus, weil diese durch zeitliche<br />

Verschiebung <strong>der</strong> drei Ströme abwechselnd<br />

"Hinleiter" und "Rückleiter" sind.<br />

L3<br />

N<br />

Sternpunkt<br />

Überlandleitungen benötigen daher nur drei Leiter zur Übertragung von Drehstrom.<br />

Bei <strong>der</strong> Versorgung im Nie<strong>der</strong>spannungsortsnetz wird noch ein zusätzlicher Leiter,<br />

<strong>der</strong> Mittelleiter N, mitgeführt, so dass sich Vier-Leiternetze ergeben. Durch die<br />

Mitführung des Mittelleiters wird es möglich, aus einem solchen Netz<br />

unterschiedliche Spannungen zu entnehmen. Zwischen dem Mittelleiter, <strong>der</strong> mit N<br />

bezeichnet wird, und jeweils einem <strong>der</strong> drei Außenleiter (Phasen), die mit L1, L2, L3<br />

bezeichnet werden, besteht eine Spannung von 230 V (UL1, UL2, UL3), zwischen<br />

jeweils zwei Außenleitern eine Spannung von 400 V (UL1-L2, UL2-L3, UL3-L1). Die<br />

unterschiedlichen Spannungen ergeben sich durch die Verkettung <strong>der</strong> drei<br />

Wechselspannungen: 230 V x √3= 400 V (√3 ist <strong>der</strong> Verkettungsfaktor). Die meisten<br />

Hausanschlüsse sind heute Vierleiteranschlüsse, bei denen also beide Spannungen,<br />

nämlich 230 V <strong>für</strong> Licht und kleinere Geräte sowie 400 V <strong>für</strong> größere Geräte und<br />

Motoren zur Verfügung stehen.<br />

Schaltungen<br />

Im folgenden sollen zwei grundlegenden Schaltungsarten anhand von ohmschen<br />

Wi<strong>der</strong>ständen kurz erläutert werden.<br />

Werden zwei Wi<strong>der</strong>stän<strong>der</strong> hintereinan<strong>der</strong>, o<strong>der</strong> wie man sagt, in Serie geschaltet,<br />

ergibt eine Messung von Spannung und Strom, dass sich die Wi<strong>der</strong>stände addieren.<br />

Die ist nicht verwun<strong>der</strong>lich, da man sich die Hintereinan<strong>der</strong>schaltung wie eine<br />

Verlängerung des Wi<strong>der</strong>standsdrahtes vorstellen kann. Misst man die Spannung, die<br />

über einen Wi<strong>der</strong>stand abfällt, so stellt man fest, dass die Teilspannung um so<br />

größer ausfällt, je höher <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standswert ist. Der Strom durch beide Wi<strong>der</strong>stände<br />

ist gleich groß. Wenn beide Teilwi<strong>der</strong>stände gleich groß sind, fällt an jedem die halbe<br />

Gesamtspannung ab. Dies kann man nutzen, indem man durch einen verän<strong>der</strong>lichen<br />

Wi<strong>der</strong>stand (Potentiometer) eine sich verän<strong>der</strong>nde Spannungsquelle schafft.<br />

L2


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 11<br />

Schaltet man die zwei Wi<strong>der</strong>stände nebeneinan<strong>der</strong> (parallel), liegt an jedem<br />

Wi<strong>der</strong>stand die gleiche Spannung; durch die Wi<strong>der</strong>stände fließen jedoch<br />

unterschiedliche Ströme.<br />

Den Zusammenhang von Reihen- und Parallelschaltung beschreiben die beiden<br />

Kirchhoffschen Regeln (Gustav R. Kirchhoff, 1824-1887). Die erste besagt, dass an<br />

jedem Verzweigungspunkt mehrerer Leitungen die Summe <strong>der</strong> auf ihn zufließenden<br />

Ströme genau so groß ist wie die Summe <strong>der</strong> von ihm abfließenden. Die Summe<br />

aller Ströme ist also Null. Der zweite Kirchhoffsche Satz besagt: In jedem beliebig<br />

aus einem Leiternetz herausgegriffenen geschlossenen Stromkreis ist die Summe<br />

<strong>der</strong> angelegten Spannungen gleich <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> Produkte aus den Stromstärken<br />

und den Wi<strong>der</strong>ständen.<br />

Nicht regenerative Stromerzeugung<br />

Brennstoffe<br />

Zu den fossilen Brennstoffen zählen Braun- und Steinkohle, Erdöl und Erdgas. Sie<br />

haben ihren Ursprung in organischen Substanzen, die sich vor Millionen von Jahren<br />

abgelagert haben.<br />

Steinkohle entstand durch die Anhäufung großer Massen abgestorbener Pflanzen -<br />

meist durch Farne auf dem Grund von Seen und Sümpfen. Bakterien zersetzten dort<br />

die organischen Substanzen. Sauerstoff und Stickstoff entwichen während des<br />

Verrottungsprozesses. In den Pflanzenresten reicherte sich währenddessen<br />

zunehmend Kohlenstoff an. So entstand zunächst Torf, <strong>der</strong> durch den Druck sich<br />

darauf ablagern<strong>der</strong> Sedimente (z. B. Sand und Kies) in Braunkohle überging. Infolge<br />

von Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> geologischen Formationen und unter Einwirkung von großer<br />

Hitze und Druck (Metamorphose) wandelten sich die Braunkohleschichten schließlich<br />

zu Kohleflözen. Die Steinkohlelager entstanden beson<strong>der</strong>s in den Zeitabschnitten<br />

Karbon und Perm, aber auch in <strong>der</strong> Trias und im Jura: also vor mehr als hun<strong>der</strong>t<br />

Millionen Jahren. Anthrazit ist die älteste Kohle. Sein Kohlenstoffgehalt beträgt bis zu<br />

98 Prozent. Und reiner Kohlenstoff kommt als Graphit in alten Kohlelagerstätten vor<br />

Die Braunkohle o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lignit - eine holzige Art <strong>der</strong> Braunkohle - sind die jüngsten<br />

Kohleformationen. Deren Kohlenstoffgehalt liegt zwischen dem von Torf und<br />

Steinkohle. Erdöl und Erdgas entstanden vor allem aus den organischen Massen<br />

abgestorbenen Planktons, die sich auf dem Meeresgrund ablagerten. Dabei gelangte<br />

ein Teil des Planktons unverwest und ohne Verlust darin gespeicherter<br />

Sonnenenergie in sauerstofffreie Meerestiefen. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit setzten sich - etwa<br />

in Meeresbuchten und Flussmündungen - riesige Mengen Faulschlamm ab und<br />

wurden dort von Schlick bedeckt. In einem Jahrtausende währenden Prozess<br />

för<strong>der</strong>ten auch hier Bakterien die Zersetzung. Mit Kohlenstoff und Wasserstoff<br />

angereichertes Primärbitumen blieb zurück. Ebenfalls durch Hitze und Druck bildeten<br />

sich daraus die im Erdölen enthaltenen Kohlenwasserstoffe. Destillationsprozesse<br />

infolge <strong>der</strong> Hitzeeinwirkungen setzten dabei die flüchtigen Bestandteile, das Erdgas,<br />

frei.<br />

Turbinen<br />

Die Wirkungsgrade <strong>der</strong> Maschinen und Prozesse wurden über die vielen Jahre<br />

hinweg kontinuierlich gesteigert: Von einigen wenigen Prozent zu Anfang <strong>der</strong><br />

Entwicklung bis auf annähernd 60 % heute. Wirkungsgrade von nahezu 100 %


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 12<br />

werden jedoch aus physikalischen Gründen bei <strong>der</strong> Umwandlung in mechanische<br />

Energie auch in ferner Zukunft nicht erreichbar sein.<br />

Mo<strong>der</strong>nste Kraftwerke mit Dampfturbinen o<strong>der</strong> Gasturbinen haben Wirkungsgrade<br />

bis 45 %, Kraftwerke mit einer Kombination bei<strong>der</strong> Maschinen bis zu 60 % und<br />

Automotoren etwa 25%. Das bedeutet, dass selbst in diesen, in langen<br />

Entwicklungsprozessen ausgereiften Maschinen die Hälfte bis drei Viertel <strong>der</strong><br />

Energie verloren gehen. Um das verstehen zu können, ist ein kurzer Ausflug in die<br />

Theorie <strong>der</strong> Thermodynamik notwendig. Dampfmaschine, Dampfturbine, Gasturbine<br />

und Automotor nutzen die Energie aus, die in heißen Gasen bzw. im Wasserdampf<br />

steckt. Die <strong>Grundlagen</strong> <strong>für</strong> die technische Nutzung <strong>der</strong> Dampfmaschine legte James<br />

Watt bereits 1765. Das physikalische Prinzip bei Wärmekraftmaschinen ist dabei<br />

immer gleich: Durch Erhitzen wird Energie in das Arbeitsmedium (meist Dampf o<strong>der</strong><br />

Luft) eingebracht. Dadurch erhöht sich bei gleichbleibendem Volumen -<br />

beispielsweise in einem geschlossenen Gefäß sein Druck o<strong>der</strong> bei gleichbleibendem<br />

Druck seine Geschwindigkeit. Das unter Druck stehende Medium hat das Bestreben,<br />

sich auszudehnen, bis es sich auf Umgebungsdruck entspannt und sich auf<br />

Umgebungstemperatur abgekühlt hat. In <strong>der</strong> Ausdehnungsphase kann es einen<br />

Kolben o<strong>der</strong> eine Turbine antreiben. Die Wärmeenergie wird also in mechanische<br />

Energie umgewandelt. Lei<strong>der</strong> geht bei dieser Umwandlung - wie <strong>der</strong> französische<br />

Physiker Sadi Carnot bereits 1824 ableitete- ein beträchtlicher Teil <strong>der</strong> Energie durch<br />

Wärmeabgabe an die Umgebung verloren. Dieser Verlust ist naturgesetzlich bedingt<br />

und unvermeidbar. Wie Carnot zeigte, hängt <strong>der</strong> Wirkungsgrad einer idealen<br />

Wärmekraftmaschine von <strong>der</strong> Temperaturdifferenz des Gases vor und nach <strong>der</strong><br />

Ausdehnungsphase ab. Teilt man diese Differenz durch die Temperatur vor <strong>der</strong><br />

Abkühlung, so erhält man unmittelbar den theoretisch möglichen Wirkungsgrad. Alle<br />

Temperaturen sind dabei in Kelvin (K) anzugeben, wobei 0 K <strong>der</strong> Temperatur von<br />

minus 273 °C entspricht. Eine Dampfturbine, <strong>der</strong>en obere Dampftemperatur bei 280<br />

°C (= 553 K) und <strong>der</strong>en untere Dampftemperatur bei 30 °C (= 303 K) liegt. kann also<br />

einen theoretischen Wirkungsgrad von bestenfalls 45 % erreichen. Dieser<br />

Wirkungsgrad wird nur <strong>für</strong> den idealen Carnotprozeß erreicht. In <strong>der</strong> Praxis<br />

verschlechtert sich <strong>der</strong> <strong>für</strong> dieses Beispiel errechnete Wert auf Grund von<br />

unvermeidbaren Verlusten in <strong>der</strong> Turbine und im Generator sowie durch den<br />

Energieverbrauch von Hilfsaggregaten wie Pumpen und Lüftern noch deutlich. Hier<br />

ist <strong>der</strong> Ansatzpunkt, um mit fortschrittlichen Konzepten und Komponenten dem<br />

Wirkungsgradrückgang entgegenzuwirken. Daneben wird aber ebenso daran<br />

gearbeitet, durch Erhöhung <strong>der</strong> Mediumtemperatur vor <strong>der</strong> Ausdehnungsphase den<br />

Carnotschen Wirkungsgrad zu erhöhen.<br />

Die Anfor<strong>der</strong>ungen an Dampf- und Gasturbinen sind so extrem, dass bei ihnen schon<br />

immer die Entwicklung höchstpräziser Fertigungsverfahren und<br />

hochbeanspruchbarer Werkstoffe das Tempo des technischen Fortschritts bestimmt<br />

haben. Beispielsweise erreichen die Schaufelenden des Nie<strong>der</strong>druckläufers<br />

(Durchmesser weit über 2 m) einer großen Dampfturbine bei 3 000 Umdrehungen<br />

pro Minute eine Umfangsgeschwindigkeit von über 2000 km/h -mehr als die<br />

Concorde. Die Schaufelenden legen dabei während <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />

Lebensdauer von 200000 Stunden einen Weg von etwa 500 Millionen Kilometern<br />

zurück. An den Schaufelfüßen zerren Fliehkräfte von 300 bis 400 Tonnen, das<br />

Gewicht von einem halben Dutzend ICE-Lokomotiven. Zusätzlich sind die Schaufeln<br />

hohen Temperaturen ausgesetzt - im Hochdruckbereich über 500 °C. Noch sehr viel<br />

höher liegen die Temperaturen bei Gasturbinen. Die ersten Kraftwerk-Gasturbinen<br />

aus den sechziger Jahren hatten Gaseintrittstemperaturen von 750 °C. Diese


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 13<br />

Temperaturen reichen aus, Stahl rot glühen zu lassen. Die Gastemperaturen<br />

mo<strong>der</strong>ner Gasturbinen von 1200°C und höher würden ihn sogar zur Weißglut bringen<br />

und weich werden lassen. Für sie mussten deshalb spezielle Kühlverfahren<br />

entwickelt werden, um die Schaufeln vor solch extremen Temperaturen zu schützen.<br />

Ganz neue Werkstoffe und beson<strong>der</strong>e Fertigungsverfahren mussten entwickelt<br />

werden.<br />

Sowohl im Dampfprozess als auch in <strong>der</strong> Gasturbine wird das Arbeitsmedium Dampf<br />

bzw. Gas erhitzt und auf hohen Druck gebracht. Der Dampf <strong>für</strong> die Dampfturbine wird<br />

im Kessel erzeugt. Bei einem großen Kohlekraftwerk sind diese Kessel bis zu 200<br />

Meter hoch. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, muss die obere<br />

Dampftemperatur möglichst hoch sein. Hierzu gehört auch ein hoher Druck. Der<br />

maximale Druck des Dampfs wird dabei durch die Materialbelastbarkeit begrenzt.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Kraftwerke machen bei Temperaturen von 500 bis 580 °C Drücke von 200<br />

bis 290 bar erfor<strong>der</strong>lich. Die untere Dampftemperatur wird auf etwa 30 °C gesenkt,<br />

indem man ein Vakuum im Kondensator erzeugt. Eine weitere Erhöhung <strong>der</strong><br />

Dampfzustände erlauben die gängigen, kostengünstigen Werkstoffe kaum noch.<br />

Da<strong>für</strong> sind höherwertige, aber auch wesentlich teurere Werkstoffe notwendig.<br />

Parallel zur Erhöhung <strong>der</strong> Dampfzustände wurde kontinuierlich an <strong>der</strong> Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Turbinenschaufeln gearbeitet, die die Bewegungsenergie des ausströmenden<br />

Dampfs in Drehbewegung umsetzen. Der in die Turbine eintretende Dampf wird<br />

durch die wie Düsen geformten Leitschaufeln ein wenig entspannt, dabei<br />

beschleunigt und auf die Laufschaufeln umgelenkt. Durch den Antrieb <strong>der</strong><br />

Laufschaufel verliert <strong>der</strong> Dampf weitgehend seine Geschwindigkeit. Da er aber noch<br />

unter hohem Druck steht, kann er ein weiteres Mal entspannt und beschleunigt<br />

werden. Deshalb werden Dampfturbinen in mehreren Stufen meist einer Hochdruck-,<br />

einer Mitteldruck- und zwei bis drei Nie<strong>der</strong>druckturbinen gebaut. Da die Dampfmasse<br />

in allen Stufen die gleiche ist, das Volumen aber auf Grund <strong>der</strong> Entspannung immer<br />

mehr zunimmt, muss <strong>der</strong> Querschnitt <strong>der</strong> Turbinenstufen immer weiter zunehmen.<br />

Die letzte Schaufelreihe einer 1000-MW-Dampfturbine hat deshalb eine<br />

Querschnittsfläche von etwa 10 Quadratmetern. Auch durch die Formgebung <strong>der</strong><br />

Schaufeln kann die Strömungsführung in <strong>der</strong> Turbine verbessert werden. Für jede<br />

Duckstufe <strong>der</strong> Turbine an<strong>der</strong>s geformte Profile sorgen schon heute da<strong>für</strong>, dass etwa<br />

90 % <strong>der</strong> Bewegungsenergie des Dampfs in <strong>der</strong> Turbine in Drehbewegung<br />

umgesetzt werden. Weitere Steigerungen sind deshalb nur noch in kleinen Schritten<br />

zu erreichen.<br />

Über eine gemeinsame Welle wird <strong>der</strong> Generator angetrieben, <strong>der</strong> die mechanische<br />

Drehenergie <strong>der</strong> Turbine in elektrische Energie umwandelt (Energie kann nicht<br />

erzeugt werden, son<strong>der</strong>n wird nur umgewandelt !)<br />

Wärmeauskopplung<br />

In einem Kraftwerk mit Kondensationsbetrieb gibt <strong>der</strong> kondensierende Dampf im<br />

Hauptkondensator Wärme an das Kühlwasser ab. Diese Wärme lässt sich -von<br />

Ausnahmen abgesehen - nicht nutzen, weil sie auf zu niedrigem Temperaturniveau<br />

anfällt.<br />

Fernwärme und elektrische Energie können entwe<strong>der</strong> getrennt produziert werden<br />

(Fernwärme in Heizwerken, elektrische Energie in Kondensationskraftwerken) o<strong>der</strong><br />

auch zusammen nach dem Prinzip <strong>der</strong> Kraft - Wärme - Kopplung in Heizkraftwerken.<br />

Für die Kraft - Wärme - Kopplung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, den<br />

Anzapfbetrieb und den Gegendruckbetrieb.


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 14<br />

Im Anzapfbetrieb wird <strong>der</strong> Turbine an geeigneter Stelle ein Teil des Dampfes<br />

entnommen und zum Heizkondensator geleitet. Er ist so konstruiert, dass bei <strong>der</strong><br />

Kondensation des Dampfes das Heizwasser im Vorlauf Temperaturen zwischen 100<br />

°C und 150°C annimmt. Der entnommene Dampfanteil steht zur Erzeugung<br />

elektrischer Energie nicht mehr zur Verfügung. Die elektrische Leistung des<br />

Kraftwerkes wird dadurch verringert. Der an<strong>der</strong>e Teil des Dampfes wird durch den<br />

Nie<strong>der</strong>druckteil <strong>der</strong> Turbine geleitet und im Hauptkondensator wie<strong>der</strong> verflüssigt. Die<br />

Temperatur dieses Kondensators liegt zwischen 20 und 40°C. Wasser mit so<br />

niedriger Temperatur ist <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung nicht geeignet. Bei einer Kraft<br />

- Wärme - Kopplung im Anzapfbetrieb lässt sich das Mengenverhältnis zwischen<br />

elektrischer Energie und Fernwärme in bestimmten Grenzen variieren.<br />

Bei einer Gegendruckanlage wird <strong>der</strong> gesamte Dampf nach Durchströmen <strong>der</strong><br />

Turbine in einen Heizkondensator geleitet. Damit das Heizwasser Temperaturen von<br />

100-150°C erreicht, muss <strong>der</strong> Dampf die Turbine mit entsprechend hoher<br />

Temperatur verlassen. Er darf sich also nicht - wie in einer normalen Turbine - bis auf<br />

niedrige Temperaturen entspannen. Im Heizkondensator wird <strong>der</strong> Dampf bei höheren<br />

Temperaturen und entsprechend höherem Druck vollständig verflüssigt. Auch bei<br />

dieser Anlage wird also ein Teil <strong>der</strong> Wärmeenergie nicht zur Erzeugung elektrischer<br />

Energie, son<strong>der</strong>n zur Fernwärmeerzeugung verwendet. Die Anteile können jedoch<br />

nicht variiert werden. Eine Beson<strong>der</strong>heit ist außerdem, dass elektrische Energie nur<br />

dann erzeugt werden kann, wenn gleichzeitig auch Fernwärmebedarf besteht.<br />

Kühlung<br />

Das wirksamste und einfachste Kühlverfahren ist die Durchlaufkühlung.<br />

Ein Teil des Flusswassers wird als künstlicher Seitenarm durch den Kondensator<br />

geleitet. Das Wasser erwärmt sich dabei um ca. 10°C.<br />

In den Fluss zurückgegeben, vermischt es sich schnell mit dem übrigen Wasser. Je<br />

nach Wasserführung erhöht sich dabei die Flusstemperatur geringfügig. Auf dem<br />

Weg zum Meer verliert <strong>der</strong> Fluss die Wärme an die Atmosphäre. Diesem Verfahren<br />

sind heute enge Grenzen gesetzt. Industrieanlagen häufen sich und Frischwasser<br />

wird knapp. Die Gefahr wächst, dass sich die Flüsse zu stark erwärmen und die<br />

Selbstreinigungskraft beeinflusst wird.<br />

Für Kraftwerke bedeutet das: Die natürlichen Gewässer scheiden zur<br />

Wärmeabführung weitgehend aus. Es bleibt nur die direkte Abgabe <strong>der</strong> Wärme an<br />

die Atmosphäre. Das geschieht durch Kühltürme.<br />

Kühltürme haben die Aufgabe, aufgeheiztem Kühlwasser Wärme zu entziehen. Das<br />

geschieht durch Übertragung <strong>der</strong> Wärme an die Luft.<br />

Hierzu wird das erwärmte Kühlwasser über einen zwischengeschalteten Kühlturm<br />

geleitet, bevor es abgekühlt und stark mit Sauerstoff angereichert in den Fluss<br />

zurückgeht.<br />

Im wesentlichen gibt es zwei Funktionsweisen bei Kühltürmen: Nass- und<br />

Trockenkühlung.<br />

Nasskühlung: Wasser und Luft treten in unmittelbaren Kontakt. Die Wärmeabfuhr<br />

vollzieht sich hauptsächlich durch Verdunstung von Wasser. Das Kühlwasser wird im<br />

Turm auf eine Höhe von etwa 10 m gepumpt. Dann rieselt es, gleichmäßig verteilt,<br />

durch ein Plattensystem in ein Auffangbecken. Von unten wird es dabei von einem


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 15<br />

starken Luftzug durchströmt, <strong>der</strong> je nach Bauart künstlich erzeugt wird: im Ventilator-<br />

Kühlturm durch Gebläse o<strong>der</strong> im Naturzug- Kühlturm durch natürliche Kaminwirkung.<br />

Ein kleiner Teil dieses rieselnden Wassers verdunstet und entweicht als Dampf in die<br />

Atmosphäre. Bei Rückkühlung muss dieser Verlust ständig ersetzt werden.<br />

Gleichzeitig wird immer etwas Wasser aus dem Kreislauf abgeleitet und erneuert. So<br />

vermeidet man eine zu große Eindickung <strong>der</strong> natürlichen Salze im Kühlwasser. Diese<br />

Aufkonzentrierung (Eindickung) wäre sonst durch die ständige Verdunstung im<br />

Kreislauf unvermeidlich.<br />

Aus beiden Verlustquellen ergibt sich ein ständiger Bedarf an Zusatzwasser: bei<br />

einem Kernkraftwerk von 1300 MW sind das zum Beispiel rund 1,5 Kubikmeter pro<br />

Sekunde o<strong>der</strong> 5000 Kubikmeter in <strong>der</strong> Stunde. Etwa die Hälfte des Zusatzwassers<br />

geht in den Fluss zurück, frei von Verunreinigungen und fast hun<strong>der</strong>tprozentig mit<br />

Sauerstoff angereichert. Die an<strong>der</strong>e Hälfte verdunstet.<br />

Trockenkühlung : Wasser und Luft bleiben voneinan<strong>der</strong> getrennt. Das Wasser kreist<br />

in Rohren, an denen die Luft vorbeistreicht. Das Wasser kühlt ab und die Luft<br />

erwärmt sich. Die Verdunstung wird beim Trockenkühlturm vermieden. Denn hier gibt<br />

es einen völlig geschlossenen Kühlkreislauf, in dem nichts verdampfen kann und <strong>der</strong><br />

also auch kein Zusatzwasser braucht.<br />

Da jedoch auf den starken Kühleffekt <strong>der</strong> Verdunstung verzichtet wird, ist die<br />

trockene Kühlung weniger wirkungsvoll. Dieser Nachteil muss durch größere<br />

Kühlflächen ausgeglichen werden. Ein Trockenkühlturm muss daher zweieinhalb-<br />

bis dreimal größer sein als ein Nasskühlturm gleicher Leistung.<br />

Hybridkühltürme sind eine Kombination aus Nass- und Trockenkühltürmen.<br />

Nass-, Trocken- und Hybridkühltürme können entwe<strong>der</strong> als Naturzugkühltürme o<strong>der</strong><br />

als Ventilatorkühltürme ausgeführt werden. Naturzugkühltürme brauchen eine<br />

entsprechende Bauhöhe, damit <strong>der</strong> Zug <strong>für</strong> die aufsteigende Luft zustande kommen<br />

kann. Für Ventilatorkühltürme reicht eine wesentlich geringere Bauhöhe aus. Sie<br />

brauchen aber <strong>für</strong> den Antrieb <strong>der</strong> Ventilatoren, die den Luftstrom durch den<br />

Kühlturm för<strong>der</strong>n, zusätzlich elektrische Energie.<br />

Die verschiedenen Kraftwerks-Kühlverfahren haben spezifische Vor- und Nachteile:<br />

Die Frischwasserkühlung verursacht die geringsten Investitionskosten und führt<br />

wegen <strong>der</strong> erreichbaren niedrigen Kühltemperatur zum günstigsten<br />

Kraftwerkswirkungsgrad. Sie benötigt aber große Kühlwassermengen.<br />

Nasskühltürme sind teurer und führen wegen <strong>der</strong> etwas höheren Kühltemperaturen<br />

zu einer Verringerung des Wirkungsgrades von etwa einem Prozentpunkt gegenüber<br />

Frischwasserkühlung. Sie brauchen wenig Kühlwasser. Bei bestimmten Wetterlagen<br />

können die Kühlturmschwaden optisch stören. Trockenkühltürme sind noch teurer als<br />

Nasskühltürme und führen zu einer nochmaligen Wirkungsgradeinbuße: gegenüber<br />

<strong>der</strong> Frischwasserkühlung immerhin um etwa zwei Prozentpunkte. Dass sich keine<br />

Schwaden bilden und kein Kühlwasser benötigt wird, sind die Pluspunkte dieses<br />

Verfahrens.<br />

Rauchgasentschwefelung<br />

Primärmaßnahmen sind feuerungstechnischer Art, die sich aus den Vorgängen <strong>der</strong><br />

Stickoxidbildung erklären. Die Oxidation des Luftstickstoffs in <strong>der</strong> Verbrennungsluft<br />

beginnt oberhalb einer Temperatur von 1300 Grad Celsius. Der im Brennstoff<br />

gebundene Stickstoff dagegen oxidiert schon bei niedrigen Temperaturen


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 16<br />

Durch Herabsetzung <strong>der</strong> Feuerraumtemperaturen sowie Verkleinerung <strong>der</strong><br />

Oxidationszonen (Wirbelschichtfeuerung) kann die Entstehung von Stickoxiden<br />

schon bei <strong>der</strong> Verbrennung vermin<strong>der</strong>t werden Das geschieht hauptsächlich mit<br />

Stufen-Mischbrennern und durch Trockenentaschung.<br />

Sekundärmaßnahmen: Die weitere Reduzierung <strong>der</strong> Stickoxide erfolgt gleich nach<br />

dem Kessel in einem Katalysator. In ihm wandeln sich die Stickoxide unter Zugabe<br />

von Ammoniak chemisch zu Stickstoff und Wasserdampf um (SCR-Verfahren =<br />

Selective Catalytic Reduction). Dieses Verfahren hinterlässt keine<br />

umweltbelastenden Rückstände, da Stickstoff und Wasser zu den natürlichen<br />

Bestandteilen <strong>der</strong> Luft gehören. Die Reaktionsflächen <strong>der</strong> Katalysatoren bestehen<br />

aus einer Speziallegierung, <strong>der</strong>en Mikrostruktur die Reaktion des Stickoxids mit<br />

Ammoniak wirksam unterstützt (häufig Titandioxid TiO2 mit Vanadium- und<br />

Wolframverbindungen). Mit diesem Verfahren lassen sich nach den<br />

Primärmaßnahmen die Stickoxide effektiv aus den Rauchgasen entfernen.<br />

Reaktionsgleichungen:<br />

4NO + 4NH3 + O2 4N2 + 6H2O<br />

Stickstoffmonoxid Ammoniak Sauerstoff Stickstoff Wasser<br />

6NO2 + 8NH3 7N2 + 12 H2O<br />

Stickstoffdioxid Ammoniak Stickstoff Wasser<br />

Die Entschwefelung <strong>der</strong> Rauchgase geschieht in Wäschertürmen, in denen sie mit<br />

einer wässrigen Kalklösung besprüht werden. Schwefel und Kalk verbinden sich;<br />

gleichzeitig werden Chlor- und Fluorverbindungen ausgewaschen. Als Endprodukt<br />

bleibt Gips, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bauindustrie verwendet wird. Der Entschwefelungsgrad beträgt<br />

rund 90 Prozent.<br />

Reaktionsgleichungen:<br />

2SO2 + 2CaCO3 2CaSO3 + 2CO2<br />

Schwefeldioxid Calciumcarbonat Calciumsulfit Kohlendioxid<br />

2CaSO3 + 4H20 + O2 2(CaSO4 + 2H2O)<br />

Calciumsulfit Wasser Sauerstoff Calciumsulft-Dihydrat (Gips)<br />

Komplettiert wird die Rauchgasreinigung durch hochwirksame Elektrostaubfilter. Sie<br />

haIten die in den Rauchgasen enthaltene Flugasche fast vollständig zurück.<br />

Flugasche und Verbrennungsasche aus dem Kessel werden als Baustoffe<br />

eingesetzt. Elektrofilter bestehen aus einem System paralleler Metallplatten<br />

(„Nie<strong>der</strong>schlagselektroden“), die gassenförmig angeordnet sind. Dazwischen<br />

befinden sich profilierte Metalldrähte („Sprühelektroden“), an denen eine negative<br />

Gleichspannung in Größenordnungen zwischen 30 000 und 80 000 Volt liegt. Infolge<br />

<strong>der</strong> hohen Spannung entsteht zwischen den Drähten und den Platten ein starkes<br />

elektrisches Feld, das sich an den negativen Elektroden konzentriert und dort ein<br />

sprühartiges Austreten von Elektronen bewirkt. Die Staubteilchen werden hierdurch<br />

negativ aufgeladen und strömen nun zu den positiven Metallplatten, an denen sie<br />

sich nie<strong>der</strong>schlagen. Der Staubbelag, <strong>der</strong> allmählich entsteht, wird durch ein ständig<br />

arbeitendes Klopfwerk entfernt und über den Ascheabzug in Speichersilos geführt.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Elektrofilter bestehen aus mehreren hintereinan<strong>der</strong> geschalteten<br />

Reinigungskammern, in denen von Stufe zu Stufe immer feinere Partikel<br />

abgeschieden werden. Die äußeren Abmessungen sind je nach Größe des


U235<br />

+<br />

<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 17<br />

Kraftwerkblocks unterschiedlich : <strong>für</strong> einen 550-MW-Block beansprucht <strong>der</strong><br />

Elektrofilter eine Grundfläche von etwa 40 x 60 m bei einer Höhe von ca. 40 Metern.<br />

Die Menge des abgeschiedenen Staubes ist beträchtlich: etwa 30.000 – 40.000<br />

Tonnen pro Jahr. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung kann die Flugasche<br />

unter bestimmten Bedingungen als Betonzuschlag o<strong>der</strong> als Rohstoff <strong>für</strong> die<br />

Zementherstellung verwendet werden.<br />

Kleine Einführung in die Kerntechnik<br />

Wie kann man sich den Vorgang <strong>der</strong> Kernspaltung durch ein Gedankenmodell<br />

veranschaulichen?<br />

Das Uran in <strong>der</strong> Tablette besteht zu 3% aus spaltbarem Uran 235 und zu 97% aus<br />

nicht spaltbarem U 238.<br />

Betrachten wir ein einzelnes Uran 235-Atom.<br />

Es besteht aus einem positiv geladenen Atomkern und 92<br />

darum herumfliegenden (negativen) Elektronen. In <strong>der</strong> Regel<br />

sind in einem Atomkern neben den Protonen genauso viel<br />

Neutronen vorhanden (eine Ausnahme bildet das<br />

Wasserstoffatom, welches kein Neutron aufweist). Auf die<br />

Neutronen wirken keine elektrischen Kräfte; sie werden nur<br />

durch Atomkerne gebremst o<strong>der</strong> aufgehalten.<br />

Neutron<br />

Soll ein solcher Uran 235-Atomkern gespalten werden, muss<br />

man ihn beschießen. Verwendet man dazu negative Geschosse, können diese nicht<br />

durch die Hülle in den Atomkern eindringen, da die Hüllelektronen auch negativ sind.<br />

Aus dem gleichen Grund können positive Geschosse nicht in den positiven Kern<br />

eindringen. Darum werden die Neutronen als neutrale Teilchen <strong>für</strong> die Geschosse<br />

verwendet.<br />

Sind die Neutronen zu schnell, durchfliegen sie den Kern ohne ihn zu spalten.<br />

Sind sie zu langsam, können sie gar nicht eindringen. Nur wenn sie eine relativ<br />

langsame Geschwindigkeit von etwa 2 km/s haben, können sie eindringen und im<br />

Kern stecken bleiben (Vergleich: Schießt ein Pistolenschütze aus <strong>der</strong> Nähe auf einen<br />

Fußball, dann fliegt die Kugel glatt durch den Ball. Schießt er dagegen aus großer<br />

Entfernung, trifft er den Fußball zwar noch, aber die Kugel hat zu wenig Energie um<br />

einzudringen. Nur aus einer bestimmten Entfernung hat die Kugel eine solche<br />

Geschwindigkeit, dass sie die vor<strong>der</strong>e Wand des Fußballes durchschlägt, die hintere<br />

aber nicht. Die Kugel steckt im Ball.).<br />

Wenn nun ein Uran 235-Kern ein Neutron eingefangen hat, wird er instabil und es<br />

entsteht ein kurzlebiges Zwischenprodukt U-236. Dieses spaltet sich in zwei<br />

Bruchstücke (z. B. Krypton-89 o<strong>der</strong> Barium-144), die nun aufgrund <strong>der</strong><br />

Gleichnamigkeit ihrer Ladungen mit großer Geschwindigkeit und Energie<br />

auseinan<strong>der</strong>fliegen. Es entstehen also erstens 2 Bruchstücke (neue Atome) und<br />

zweitens Energie ! Dieser Energiegewinn geht mit einem winzigen Masseverlust<br />

einher, sie wird in Wärme umgesetzt.<br />

Mit <strong>der</strong> Bewegungsenergie werden im Kristallgitter des Uran die umliegenden Atome<br />

angestoßen, die dadurch in Schwingungen versetzt und abgebremst werden. Diese<br />

Schwingungen sind aber nichts weiter als Wärmeenergie. Bei <strong>der</strong> Spaltung von<br />

einem Kilo Uran wird die ungeheuer große Menge von 2,8 Mio kWh o<strong>der</strong> 10 Billionen<br />

Joule an Energie frei.


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Ein Neutron dringt in<br />

den Kern ein<br />

U235<br />

+<br />

U236<br />

+<br />

kurzlebiges<br />

Zwischenprodukt<br />

Energie<br />

Energie<br />

z. B. Krypton 89<br />

A<br />

B<br />

z. B. Barium 144<br />

U235<br />

+<br />

Steuerstab<br />

Seite 18<br />

Die Wärme erwärmt das von unten nach oben vorbeiströmende Wasser bis zum<br />

Verdampfen. Dieser Dampf treibt die Turbine an. Im Druckwasserreaktor wird<br />

Natrium als Kühlmittel zum Wärmetransport verwendet.<br />

Nun entstehen bei je<strong>der</strong> Uran-Atomspaltung auch noch neue Neutronen, die wie<strong>der</strong><br />

zur Spaltung neuer Uran-Atomkerne benutzt werden können. Sie sind aber so<br />

schnell (ca. 10.000 km/s), dass sie keine Spaltung bewirken können. So fliegen sie<br />

ziellos im Reaktorkern herum und stoßen immer wie<strong>der</strong> an an<strong>der</strong>e Atome. Dabei<br />

werden sie gebremst, an meisten, wenn sie gegen Atomkerne stoßen, die ungefähr<br />

gleich groß sind wie sie selbst: auf die Atomkerne des Wasserstoffes (H), <strong>der</strong> ein<br />

Bestandteil des umgebenden Wassers ist. Erst wenn die Neutronen die langsame<br />

Geschwindigkeit von<br />

etwa 2 km/s haben,<br />

können sie wie<strong>der</strong> in<br />

spaltbare Uran 235-<br />

Atome eindringen und<br />

diese spalten (z.B.<br />

Neutron A). Die<br />

Regulierung <strong>der</strong><br />

„Trefferquote erfolgt<br />

durch den Mo<strong>der</strong>ator<br />

als aus Graphit o<strong>der</strong><br />

D2O.<br />

Wenn beide bei <strong>der</strong> Spaltung entstehenden Neutronen je eine weitere herbeiführten,<br />

würde sich die Zahl <strong>der</strong> Spaltungen, die Zahl <strong>der</strong> Neutronen und die freiwerdende<br />

Energie immer mehr erhöhen.<br />

Um dies zu vermeiden, enthält je<strong>der</strong> Reaktor eine gewisse Menge<br />

neutronenabsorbieren<strong>der</strong> Stoffe, wie z.B. Bor o<strong>der</strong><br />

Kadmium, die gerade so viele Neutronen verschlucken,<br />

dass die Zahl <strong>der</strong> Neutronen und damit die Leistung<br />

konstant bleiben.<br />

Jeweils 4 Brennelemente werden durch einen Steuerstab<br />

„beschattet", so dass ein Reaktor mit 800 Brennelementen<br />

durch etwa 200 Steuerstäbe in seiner Leistung gesteuert<br />

werden kann.<br />

Brennelement Das Neutron B zum Beispiel könnte durch einen Steuerstab<br />

eingefangen werden. Alle Steuerstäbe können von unten in<br />

den Reaktor ein- o<strong>der</strong> aus ihm herausgefahren werden. Herausfahren bedeutet:<br />

Weniger Neutronen werden absorbiert, es gibt mehr Spaltungen, <strong>der</strong> Reaktor<br />

produziert mehr Leistung. Soll <strong>der</strong> Reaktor plötzlich abgeschaltet werden, können<br />

alle Steuerstäbe automatisch eingeschossen werden, so dass keine Neutronen mehr<br />

Spaltungen verursachen können.<br />

Man könnte be<strong>für</strong>chten, dass die Neutronen sich durch Spaltungen vermehren ohne<br />

einen Steuerstab zu treffen, weil die Steuerstäbe im Reaktorkern ja relativ große<br />

Abstände voneinan<strong>der</strong> haben. Diese Furcht ist unbegründet, weil <strong>der</strong> Abbremsweg<br />

<strong>der</strong> Neutronen im Mittel länger ist als <strong>der</strong> Abstand zweier Steuerstäbe voneinan<strong>der</strong><br />

Außerdem würde eine unbeabsichtigte Leistungserhöhung sofort eine erhöhte<br />

Verdampfung des Wassers bewirken. In Dampf werden Neutronen aber viel<br />

schlechter abgebremst als im Wasser, weil Dampf wesentlich weniger<br />

Wasserstoffatome (H) enthält. Schlechtere Abbremsung von Neutronen ist aber


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 19<br />

gleichbedeutend mit weniger Spaltungen und geringerer Leistung!<br />

(Selbstregulierung!)<br />

Regenerative Stromerzeugung<br />

Wasserkraftwerke<br />

Die Nutzung <strong>der</strong> Wasserkraft ist die älteste Form <strong>der</strong> Energieanwendung durch den<br />

Menschen. Schon in grauer Vorzeit wurde die Kraft des Wassers in drehende<br />

Bewegung umgewandelt (Schöpfrä<strong>der</strong> 3000 v. Chr., Mühlen mit unterschlächtigen<br />

und oberschlächtigen Wasserrä<strong>der</strong>n) In <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde daran<br />

gearbeitet, den geringen Wirkungsgrad zu verbessern und James Francis, Lester<br />

Pelton und Viktor Kaplan entwickelten die nach ihnen benannten Turbinen. Da zur<br />

gleichen Zeit Werner von Siemens die Dynamomaschine erfand und kurze Zeit<br />

später auch das Problem <strong>der</strong> Stromübertragung über weite Strecken gelöst wurde,<br />

bot sich die Wasserkraft zur Erzeugung des elektrischen Stromes fernab <strong>der</strong><br />

Verbraucher an.<br />

Die Turbine entzieht dem Wasser potentielle und kinetische Energie. Sie besteht<br />

grundsätzlich aus einer Leitvorrichtung und einem rotierendem Laufrad auf einer<br />

Welle, das vom Wasser angetrieben wird.<br />

In <strong>der</strong> Bauweise zur Ausnutzung des Druckgefälles unterscheidet man Aktions- und<br />

Reaktionsturbinen. Bei <strong>der</strong> Aktionsturbine wird die gesamte Energie des Wassers vor<br />

dem Eintritt in das Laufrad in einer Düse in Bewegungsenergie umgewandelt. Das<br />

Wasser gibt dann seine Energie unter gleichbleibendem Druck, aber unter Än<strong>der</strong>ung<br />

seiner Geschwindigkeit und seiner Richtung an die Laufradschaufeln ab. Der Druck<br />

im Wasserstrahl än<strong>der</strong>t sich beim Durchgang durch das Laufrad nicht. Diese Bauart<br />

wird daher auch als Gleichdruckturbine o<strong>der</strong> Freistrahlturbine bezeichnet.<br />

Bei <strong>der</strong> Reaktionsturbine nimmt <strong>der</strong> Druck des Wassers von seinem Eintritt in <strong>der</strong><br />

Leitvorrichtung bis zum Austritt nach dem Laufrad ständig ab. Durch die Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Druckenergie des Wassers wird eine zusätzliche Kraft auf das Laufrad ausgeübt.<br />

Das Wasser tritt mit Überdruck in das Laufrad ein und kommt in den sich allmählich<br />

verengenden Raum zwischen den gekrümmten Schaufeln. Da pro Zeiteinheit nicht<br />

weniger Wasser aus <strong>der</strong> Turbine herauskommen kann als oben hineingedrückt<br />

wurde, bleibt das Durchflussvolumen konstant. Daher muss bei sich verengendem<br />

Raum die Geschwindigkeit größer werden (Bernoulli-Gesetz). Vereinfacht errechnet<br />

sich das Arbeitsvermögen des Wassers aus Druck mal Geschwindigkeit, und das<br />

bleibt gleich. Erhöht sich die Geschwindigkeit, dann verringert sich <strong>der</strong> Druck, und<br />

diese Druckdifferenz wirkt zusätzlich zu den Ablenkungskräften auf die<br />

Laufradschaufeln.<br />

Ein weiteres Kriterium bei <strong>der</strong> Konstruktion von Turbinen ist <strong>der</strong> Winkel gegen die<br />

Umfangsrichtung des Laufrades, unter dem das Wasser in das Laufrad eintritt. Man<br />

spricht von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Beaufschlagung <strong>der</strong> Turbine und unterscheidet<br />

Zentrifugalturbinen (mit einem Wasserdurchfluss von innen nach außen, Axial- und<br />

Tangentialturbinen (mit einem Durchfluss von außen nach innen o<strong>der</strong> Radialturbinen,<br />

bei denen das Wasser in Richtung <strong>der</strong> Radien des Laufrades strömt. Bei einer<br />

vollbeaufschlagten Turbine strömt das Wasser von allen Seiten aus <strong>der</strong><br />

feststehenden Leitvorrichtung gegen die Laufradschaufeln. Die teilbeaufschlagte<br />

Turbine erhält ihr Wasser aus nur wenigen Leitkanälen o<strong>der</strong> einer Düse.


<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

Seite 20<br />

Die Kaplanturbine ist eine Flügelradturbine, <strong>der</strong>en Laufrad sich ähnlich einer<br />

Schiffsschraube im Wasserstrom dreht. Die Laufradflügel sind drehbar angelegt, und<br />

das Wasser strömt über verstellbare Leitschaufeln in die Turbine ein. Die<br />

Kaplanturbine ist als Überdruckturbine ausgelegt. Der Wirkungsgrad liegt zwischen<br />

90 und 95 % im Nennlastbetrieb.<br />

Die Francisturbine wird als eine <strong>der</strong> ältesten Turbinenarten im<br />

Kleinwasserkraftwerksbereich verwendet. Sie wird bei geringen Fallhöhen und<br />

großen Wassermengen (Volumenströmen) eingesetzt. Bei <strong>der</strong> Francisturbine lassen<br />

sich nur die Leitschaufeln verstellen. Die Francisturbine arbeitet als Überdruckturbine<br />

und kann als Pumpturbine im Pumpspeicherkraftwerk eingesetzt werden. Der<br />

Wirkungsgrad bei Nennlast beträgt 90 %.<br />

Die Peltonturbine ist <strong>für</strong> große Fallhöhen und kleine Wassermengen geeignet. Über<br />

Düsen spritzt das Wasser mit hoher Geschwindigkeit auf halbrunde löffelartige<br />

Becher, die auf dem Laufrad sitzen. Die Peltonturbine ist eine Freistrahlturbine. Der<br />

Wirkungsgrad bei Nennlast beträgt 90 %.<br />

Laufwasserkraftwerke<br />

In Laufwasserkraftwerken wird von <strong>der</strong> Natur "laufend" dargebotenes Wasser<br />

verwertet.<br />

Meist werden diese Kraftwerke an einem Flusslauf als Nie<strong>der</strong>druckkraftwerke<br />

ausgelegt und arbeiten mit wenigen Metern Fallhöhe.<br />

Speicherkraftwerke<br />

Beim Speicherkraftwerk wird das zufließende Wasser nicht unmittelbar genutzt. Es<br />

kann im Speicherbecken angesammelt werden. Speicherkraftwerke dienen zur<br />

Deckung des Spitzenbedarfs.<br />

Speicherkraftwerke nutzen die potentielle Energie des im Speicherbecken<br />

gesammelten Wassers bei meist größeren Fallhöhen zur elektrischen<br />

Energieerzeugung. Die Kraftwerke arbeiten i. d. R. als Mittel- und Hochdruckanlagen.<br />

Im Gebirge bieten sich hochgelegene natürliche und künstliche Seen an, um das<br />

Wasser zu speichern.<br />

Pumpspeicherkraftwerke<br />

Eine beson<strong>der</strong>e Variante des Speicherkraftwerkes ist das Pumpspeicherkraftwerk. In<br />

lastschwachen Zeiten wird Wasser mit Hilfe elektrischer Energie in ein<br />

höhergelegenes Speicherbecken gepumpt. Bei Spitzenbedarf kann elektrische<br />

Energie ins Netz abgegeben werden. Das Pumpspeicherkraftwerk dient zur<br />

Energiespeicherung und zur Deckung des Stromspitzenbedarfes.


Netze<br />

Netze<br />

Seite 21<br />

Die elektrische Energie weist als maßgebendes Charakteristikum auf, dass sie an ein<br />

Leitungsnetz gebunden ist und nicht in nennenswertem Maß gespeichert werden<br />

kann wie Gas o<strong>der</strong> Öl. Strom muss im selben Augenblick erzeugt werden, in dem er<br />

gebraucht wird.<br />

Spannungsebenen<br />

Ein Netz ist die Gesamtheit <strong>der</strong> elektrisch miteinan<strong>der</strong> verbundenen Leitungen und<br />

Anlagenteile gleicher Nennspannung. Es kann nach Aufgaben, Betriebsarten, Spannungen,<br />

nach Besitzverhältnissen o<strong>der</strong> nach den technischen Netzformen (Ringnetz,<br />

Strahlennetz) benannt sein. Beson<strong>der</strong>e Netze sind:<br />

• Verbundnetz:<br />

Es dient dem überregionalen, grenzüberschreitenden Austausch von<br />

Elektroenergie auf Höchstspannungsebene im elektrischen<br />

Verbundbetrieb. Die Nennspannung beträgt > (220) 380 kV, die<br />

Kurzschlussleistung ca. 50 GVA.<br />

• Transportnetz:<br />

Dieses Übertragungsnetz dient <strong>der</strong> Übertragung zu nachgeordneten<br />

Verteilnetzen. Die Nennspannung beträgt 110 kV - 220 kV<br />

(Hochspannung), die Kurzschlussleistung zwischen 8 und 20 GVA.<br />

• Verteilnetz:<br />

Verteilt die Energie innerhalb einer begrenzten Region zur Speisung<br />

von Transformatorstation. Die Nennspannung beträgt 10 kV - 30 kV<br />

(Mittelspannung), in Ballungsgebieten bis 110 kV, die<br />

Kurzschlussleistung 250 - 500 MVA.<br />

Zur Erhöhung <strong>der</strong> Betriebssicherheit, zum ökologisch<br />

und ökonomischen optimierten Einsatz <strong>der</strong><br />

Primärenergien wurde 1951 die UCPTE (Union <strong>für</strong> die<br />

Koordination <strong>der</strong> Erzeugung und des Transports<br />

elektrischer Energie) gegründet, <strong>der</strong> mittlerweile<br />

nahezu alle westeuropäischen Staaten (Großbritannien,<br />

Skandinavien und einige Län<strong>der</strong> Osteuropas über<br />

Gleichstromkupplungen (HGÜ) angehören. Durch sie<br />

ist <strong>der</strong> Austausch <strong>der</strong> Energie über Län<strong>der</strong>grenzen<br />

hinweg ohne komplizierte Formalitäten möglich.<br />

Beson<strong>der</strong>s wichtig ist dies bei <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong><br />

Kraftwerksblöcke im Verbundnetz. Bei Ausfall eines<br />

großen Kraftwerkblocks, z.B. 2500 MW, soll die<br />

stationäre Netzfrequenzabweichung durch Deckung <strong>der</strong><br />

Mehrbelastung durch die Bewegungsenergie <strong>der</strong><br />

rotierenden Massen <strong>der</strong> verbleibenden Generatoren auf<br />

rund 0,150 Hz begrenzt bleiben. Die automatische<br />

Primärregelung sorgt nun <strong>für</strong> den sofortigen Anstieg<br />

des Dampfdurchsatzes in den Turbinen, so dass im<br />

deutschen Verbundnetz innerhalb 30 sec die<br />

vereinbarte Reserveleistung von 2,5% <strong>der</strong><br />

augenblicklichen Erzeugung zur Verfügung steht (50%<br />

<strong>der</strong> Reserveleistung innerhalb 5 sec !). Unterstützend<br />

Freq.schwankungen im europ. Verbundnetz<br />


49,94<br />

Frequenz (Hz)<br />

Netze<br />

Tagesbelastung eines Überlandwerkes um 1910<br />

Seite 22<br />

wirkt hierbei auch <strong>der</strong> frequenzabhängige Rückgang <strong>der</strong> Verbraucherlast im<br />

gesamten Verbundnetz. Da diese Sekundenreserve jedoch zeitlich begrenzt ist, wird<br />

gleichzeitig mit <strong>der</strong> Primärregelung die Sekundärregelung veranlasst, die nach<br />

spätestens 15 Minuten die Primärregelung ablöst. Sie regelt die durch die<br />

Primärregelung aufgetretenen Abweichungen als proportional-integral wirken<strong>der</strong><br />

Regler wie<strong>der</strong> zurück und stellt das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und<br />

Verbrauch wie<strong>der</strong> her. Ein Leistungs-Frequenz-Regler kontrolliert den Leistungsfluss<br />

an den Kuppelstellen und vergleicht ihn mit den vereinbarten Übergabewerten. Bei<br />

einem Leistungsdefizit steuert <strong>der</strong> Regler die Kraftwerke und führt die Netzfrequenz<br />

wie<strong>der</strong> an den Normwert von 50 ± 0,05 Hz heran. Für die deutschen Verbundpartner<br />

übernimmt die RWE Energie in Brauweiler bei Köln die Sekundärregelung an allen<br />

Kuppelstellen zum UCPTE-Netz.<br />

(Ein Wort zur Nie<strong>der</strong>spannung: Mit <strong>der</strong> Übernahme <strong>der</strong> internationalen Norm DIN IEC<br />

38 im Mai 1987 wurde die Nennspannung von 220/380 V durch den neuen Wert<br />

230/400 V ersetzt. Für die Umstellung ist eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2003<br />

50,00<br />

Störungsanfang<br />

vorgesehen. Während dieser Zeit soll die<br />

Betriebsspannung des Netzes die Werte<br />

49,98<br />

230/400 V +6% -10% (244 V und 207 V)<br />

am Hausanschluss nicht überschreiten.<br />

49,96<br />

Δf<br />

Nach 2003 gilt ein Toleranzbereich von ±<br />

10 %, d.h. 207 / 253 V).<br />

49,92<br />

Primärregelung<br />

Sekundärregelung<br />

Im allgemeinen werden Netze redundant<br />

nach dem sogenannten n-1-Prinzip<br />

-2 0 2 4 6<br />

Frequenzverlauf nach einer Störung<br />

8 10 12 14<br />

Zeit (min) ausgebaut. Hiernach gelten<br />

Übertragungs- und Verbundnetze<br />

die<br />

als<br />

hinreichend zuverlässig, wenn sie den<br />

Ausfall eines beliebigen Betriebsmittels ohne Überlastung <strong>der</strong> verbleibenden und<br />

ohne Inselnetzbildung verkraften. Das gleichzeitige o<strong>der</strong> unmittelbar aufeinan<strong>der</strong>folgende<br />

Auftreten mehrere Ausfälle gemeinsamer Ursache bleibt wegen <strong>der</strong><br />

äußerst geringen Wahrscheinlichkeit unberücksichtigt. Vorübergehende<br />

Spannungsgrenzwertverletzungen und Überlastungen werden dabei zugelassen,<br />

wobei die Überstromanregung <strong>der</strong><br />

Schutzorgane die Grenzen vorgibt.<br />

Für die Netzplanung gilt es, neben <strong>der</strong><br />

Zuverlässigkeit, <strong>der</strong> Kostenoptimierung bei<br />

Investitionen und Betriebskosten und <strong>der</strong><br />

Umweltverträglichkeit eine Vielzahl von<br />

Randbedingungen zu vereinen:<br />

Spannungshaltung und Blindleistungsbilanz,<br />

Lastfluss und Netzverluste sowie die flexible<br />

Reaktion auf kurzfristige Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Planungsvoraussetzungen seien hier<br />

stellvertretend genannt.<br />

Der Belastungsverlauf wird von den<br />

menschlichen Lebensgewohnheiten, abhängig<br />

vom Rhythmus von Tag und Nacht und von<br />

den Jahreszeiten, aber auch vom Verlauf <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt. Unter


Netze<br />

Seite 23<br />

Belastung versteht man die von den Abnehmern in Anspruch genommene Leistung,<br />

die über einen Zeitraum ( z. B. eine Viertelstunde) gemittelt wird.<br />

Netzformen<br />

Mittelspannungsverteilnetze übertragen die elektrische Energie von den Einspeisepunkten<br />

bis zu den Mittelspannungs-Kundenstationen (Abnehmerstationen, ASt.)<br />

und den Ortsnetzstationen (NSt.).<br />

Typische Formen dieser Netze sind:<br />

• Geschlossen betriebene Netze<br />

• Offen betriebene Netze<br />

Geschlossen betriebene Netze können sowohl in Vermaschungen als auch in<br />

Ringstrukturen gefahren werden. Die Vorteile <strong>der</strong> Maschennetze liegen in <strong>der</strong> großen<br />

Verfügbarkeit und Spannungsqualität sowie in den geringen Netzverlusten und in<br />

den einfachen Erweiterungsmöglichkeiten. Als Nachteile sind <strong>der</strong> hohe Investitions-<br />

und Netzschutzaufwand zu verzeichnen. Dazu kommt die Tatsache, dass ein<br />

Maschennetz in <strong>der</strong> Regel aus nur einem Hochspannungsnetz gespeist wird, so dass<br />

bei Ausfall dieses Netzes eine Wie<strong>der</strong>inbetriebnahme schwierig wird. Wegen <strong>der</strong><br />

großen Kurzschlussleistung ist diese Netzform meist auf Nie<strong>der</strong>spannungsnetze<br />

beschränkt.<br />

Geschlossen betriebene Ringnetze werden aus mehreren Einspeisestellen versorgt,<br />

so dass bei Ausfall einer Anschlussleitung alle Kunden ohne Versorgungsunterbrechung<br />

weiterversorgt werden können. Auch hier wirkt sich <strong>der</strong> hohe Netzschutzaufwand<br />

nachteilig aus; gestörte Kabelabschnitte lassen sich nicht durch<br />

Kurzschlussanzeiger feststellen.<br />

Der einfachste Fall eines offen betrieben Netzes ist das Strahlennetz. Es zeichnet<br />

sich durch seinen übersichtlichen Aufbau, den minimalen Schutzaufwand und seine<br />

geringen Investitionskosten aus. Als Nachteile stehen dagegen die geringe Versorgungssicherheit,<br />

die großen Leitungsverluste und die hohen Spannungsfälle an<br />

den Leitungsenden.<br />

Vielfach durchgesetzt haben sich offen betriebene Ringnetze, die die Vorteile <strong>der</strong><br />

zuvor beschrieben Netzformen vereinen. Bei <strong>der</strong> Belastung <strong>der</strong> Halbringe muss beachtet<br />

werden, dass sie nur bis maximal 60% <strong>der</strong> Kabelnennlast ausgelastet werden<br />

dürfen, um als Störungsreserve die an<strong>der</strong>e Ringhälfte weiterversorgen zu können.<br />

Die Wahl einer optimalen Normal-Trennstelle ist nicht nur vom Lastverlauf innerhalb<br />

eines Ringes abhängig (Minimierung <strong>der</strong> Netzverluste), betriebliche Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

wie einfache Zugänglichkeit und Erreichbarkeit, die Qualität <strong>der</strong> Schaltanlage und die<br />

Netzstruktur (Überschaubarkeit des Netzes) spielen hier eine große Rolle. Ebenfalls<br />

ist an eine Optimierung bei <strong>der</strong> Fehlereingrenzung zu denken.<br />

Neben <strong>der</strong> „reinen“ Netzform gibt es zur weiteren Erhöhung <strong>der</strong> Versorgungssicherheit<br />

auch die Möglichkeit, wichtige Stationen (z. B. Gegenstationen) mit Reservekabeln<br />

auszustatten o<strong>der</strong> Querverbindungen im Netz zu schaffen.<br />

Die Spannungshaltung <strong>der</strong> Netze erfolgt in den speisenden Umspannwerken durch<br />

regelbare Transformatoren. Die Ströme <strong>der</strong> aus diesen Anlagen führenden Mittelspannungsleitungen<br />

werden gemessen und ihre Höchstwerte registriert. In den<br />

Netzstationen wird <strong>der</strong> Höchstwert <strong>der</strong> Belastung durch Bimetallmesswerke mit


Netze<br />

Seite 24<br />

Schleppzeiger gemessen. Daneben werden zum „Qualitätsnachweis“ regelmäßige<br />

und über das Netz verteilte Messungen von Spannung und Leistung mit beweglichen<br />

Messeinrichtungen durchgeführt.<br />

Die Übertragung und Verteilung elektrischer Energie ist wie je<strong>der</strong> physikalische Vorgang<br />

mit Verlusten verbunden. Die Gesamtverluste eines Netzes setzen sich aus<br />

den Stromwärmeverlusten, den Verlusten infolge <strong>der</strong> Magnetisierung, den Ableitverlusten<br />

und dem Eigenverbrauch <strong>der</strong> Zähler und Messwandler zusammen. Die<br />

Stromwärmeverluste stellen den Hauptanteil dar. Sie sind von <strong>der</strong> Stromhöhe abhängig<br />

und lassen sich durch die Erhöhung <strong>der</strong> Spannung, durch größere Querschnitte<br />

und durch Blindstromkompensation verringern. Im Gegensatz dazu sind die<br />

Magnetisierungsverluste in den Umspannern vom Energiedurchfluss praktisch unabhängig.<br />

Ableitverluste aus den Dielektrika und den Isolationen sowie Koronaverluste<br />

an Höchstspannungsfreileitungen stellen den kleinsten Anteil dar.<br />

Sternpunktbehandlung<br />

Die optimale Versorgung <strong>der</strong> Kunden stellt viele Anfor<strong>der</strong>ungen an die Netze:<br />

• Betriebs- und kundenabhängige For<strong>der</strong>ungen:<br />

- praktisch unterbrechungsfreie Versorgung aller Kunden<br />

– Verträglichkeit mit industriellen Prozessen <strong>der</strong> Kunden<br />

– Fehlererfassung ohne betriebliche Schalthandlungen<br />

– Wirtschaftlichkeit bei späterem Netzausbau<br />

• Stromabhängige For<strong>der</strong>ungen:<br />

- kleine Fehlerstromstärken<br />

– geringe Auswirkung des Störlichtbogens, selbständiges Erlöschen<br />

– geringe Beeinflussung an<strong>der</strong>er Leitungsnetze<br />

– kleine Schritt- und Berührungsspannungen<br />

• Spannungsabhängige For<strong>der</strong>ungen:<br />

- geringe Anhebung <strong>der</strong> betriebsfrequenten Spannungen in fehlerfreien Leitern<br />

– Vermeidung von Erdschlussfolgefehlern, z. B. Doppelerdschlüssen<br />

– Vermeiden von Überspannungen als Folge von Zünden des<br />

Lichtbogens o<strong>der</strong> von Schalthandlungen<br />

– Vermeidung von Kippschwingungen<br />

Dabei zeigt sich, dass zur Erfüllung dieser For<strong>der</strong>ungen die Behandlung des<br />

Sternpunktes eine wesentliche Rolle spielt. Bei symmetrischem Bau und Betrieb <strong>der</strong><br />

Netze weisen die Sternpunkte des Generators und des Verbrauchers gleiches<br />

Potential auf. Sie dürfen folglich beliebig miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden o<strong>der</strong> getrennt werden.<br />

Weit verbreitet in Deutschland ist die<br />

Erdschlusskompensation. Hierbei wird <strong>der</strong> Sternpunkt des<br />

Transformators über eine Spule mit Erde verbunden. Im<br />

Erdschlussfall nehmen die beiden gesunden Leiter die<br />

Außenleiterspannung an, <strong>der</strong> Erdschlussstrom wird jedoch<br />

bis auf seine Wirkanteile kompensiert und sein Lichtbogen<br />

erlöscht im Strom-Nulldurchgang. Ein solchermaßen<br />

betriebenes Netz wird „gelöschtes Netz“ genannt.


Betriebsmittel<br />

Isoliermittel<br />

Schlagweiten<br />

Betriebsmittel<br />

Prüfspannung min. Schlagweite<br />

Max. Betriebsspg. Bei 50 Hz Stoßspannung Innenraum Freiluft<br />

12 kV 35 kV 75 kV 110 mm 150 mm<br />

24 kV 55 kV 125 kV 180 mm 225 mm<br />

36 kV 75 kV 170 kV 260 mm 330 mm<br />

123 kV 230 kV 550 kV 800 mm 1000 mm<br />

420 kV 630 kV 1550 kV<br />

Seite 25<br />

Bei den Bauelementen und Geräten <strong>der</strong> Hochspannungstechnik kommt den Isolierstoffen<br />

eine zentrale Bedeutung zu, da sie oft Konstruktion und Form bestimmen.<br />

Eine Größe zur Beschreibung <strong>der</strong> elektrischen Festigkeit ist die Durchschlagspannung<br />

Ud. Sie ist die Spannung, bei einem bestimmten zeitlichen Verlauf, bei dem das<br />

isolierende Dielektrikum durch einen Entladungsvorgang vorübergehend o<strong>der</strong><br />

bleibend seine Isolierfähigkeit verliert. Wird es durch den Entladungskanal vollständig<br />

überbrückt (niedriger elektrischer Wi<strong>der</strong>stand) spricht man von einem vollkommenen<br />

Durchschlag. Bei einer örtlich begrenzten Überbeanspruchung des Dielektrikums<br />

spricht man von einem unvollkommenen Durchschlag. Die Spannung, bei <strong>der</strong> ein<br />

unvollkommener Durchschlag eintritt, wird Einsetzspannung Ue genannt. Bei Erreichen<br />

dieser Spannung treten Teilentladungen auf, die durch die zunehmende<br />

Ausbreitung zum vollkommenen Durchschlag führen können. Ein Beispiel <strong>für</strong> einen<br />

unvollkommenen Durchschlag ist die Koronaentladung auf Hochspannungsfreileitungen.<br />

Einfluss auf den Durchschlag haben Luftdichte, Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Bei<br />

festen Isolierstoffen können Werte <strong>für</strong> die Durchschlagsfestigkeit von 100 kV/cm erreicht<br />

werden; in Luft unter normalen atmosphärischen Bedingungen kann ein Wert<br />

von 1 kV/cm angenommen werden.<br />

Für die Dimensionierung von Mindest- und Schutzabständen ist die Kenntnis <strong>der</strong><br />

größten Schlagweite von großer Wichtigkeit.<br />

Die in <strong>der</strong> Hochspannung wichtigsten Isolierstoffe sind Luft, SF6, Porzellan, Mineralöle<br />

und Kunststoffe.<br />

Unter den Naturgasen besitzen Luft und Stickstoff die höchsten Durchschlagsfeldstärken.<br />

Zur Erhöhung <strong>der</strong> Festigkeit wird Druckgas eingesetzt, häufig mit trockenem<br />

Stickstoff gemischt zur Verhin<strong>der</strong>ung von Oxidationen (Gasinnen- und -außendruckkabeln).<br />

Die elektrische Festigkeit steigt bis ca. 10 bar proportional zum Druck, danach<br />

werden Unregelmäßigkeiten <strong>der</strong> Elektrodenoberfläche zunehmend wirksam.<br />

Als Isoliergas wird in metallgekapselten Hochspannungsschaltanlagen nur noch<br />

Schwefelhexafluorid (SF6) verwendet. Dieses Gas hat eine hohe dielektrische


Betriebsmittel<br />

Seite 26<br />

Festigkeit. Sie ist bei Normaldruck etwa 3 mal so hoch wie die von Luft. Daher sind<br />

nur geringe Drücke nötig, um das entsprechende Isolierniveau zu erhalten, wobei<br />

quasihomogene Fel<strong>der</strong> vorausgesetzt werden. Als Nennisolierdrücke in den Anlagen<br />

werden Werte zwischen 2,5 und 5 bar gewählt. Die dielektrische Festigkeit von SF6<br />

ist bei gleichbleiben<strong>der</strong> Dichte unabhängig von <strong>der</strong> Temperatur konstant. Daher bestimmt<br />

die Dichte und nicht <strong>der</strong> Druck die elektrische Dimensionierung. Die Eigenschaften<br />

des SF6 können von seiner Molekülstruktur abgeleitet werden. Das Gas hat<br />

durch den hexagonalen Aufbau seines Moleküls einen edelgasartigen Charakter. Es<br />

ist farblos, geruchlos, geschmacklos, nicht brennbar, ungiftig und physiologisch ungefährlich.<br />

SF6 ist elektronegativ und etwa 5mal schwerer als Luft. Unter Atmosphärendruck.<br />

ist es bis -63°C gasförmig, seine Verflüssigungstemperatur ist druckabhängig.<br />

Das Gas ist chemisch inaktiv bis 500°C, oberhalb 2000°C tritt völlige<br />

Dissoziation ein. Durch die große Dissoziationsenergie bei verhältnismäßig geringen<br />

Dissoziationstemperaturen ist SF6 auch ein geeignetes Löschmittel <strong>für</strong><br />

Hochspannungsleistungsschalter.<br />

Im Lichtbogen des Löschvorgangs bilden sich schwefel- und fluorhaltige, gasförmige<br />

Verbindungen wie SOF2, SO2, F2SOF4, HF und staubförmige Verbindungen wie WF6,<br />

CuF2. Diese Spaltprodukte sind chemisch aktiv und wirken zusammen mit Wasser<br />

zum Teil aggressiv. Feuchtigkeit muss daher aus den Schalträumen ferngehalten<br />

o<strong>der</strong> im Innern gebunden werden. Falls nach einem Lichtbogenkurzschluss<br />

zersetztes SF6 austritt, müssen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.<br />

Porzellan ist ein Aluminiumsilikat, bestehend aus 50% Kaolin, 25% Feldspat und<br />

25% Quarz. Die typische Durchschlagfeldstärke beträgt 20 - 40 kV/mm. Es ist<br />

gasdicht, licht- und korrosionsbeständig gegen Säuren und Laugen (Ausnahme:<br />

Flusssäure HF), temperaturbeständig und lichtbogenfest. Seine Unempfindlichkeit<br />

gegen Fremdschichten lassen einen Freilufteinsatz zu. Wegen <strong>der</strong> Materialspröde<br />

besteht eine Empfindlichkeit gegen lokale mechanische Überbeanspruchungen; ein<br />

Bruch erfolgt spontan ohne vorheriges Fließen.<br />

PVC ist ein harter, weißer Stoff, <strong>der</strong> zum Einsatz als Kabelisolierung mit Füllstoffen<br />

(Kreide, Kaolin), Stabilisatoren (basische Bleiverbindungen), Weichmachern und<br />

Gleitmitteln vermischt wird. Bedingt durch die hohen dielektrischen Verluste ist die<br />

Anwendung von PVC-Kabeln auf den Spannungsbereich bis 5,8/10 kV begrenzt.<br />

Aufgrund ihrer Teilentladungsbeständigkeit (Störstellen werden durch die leitfähigen<br />

Zersetzungsprodukte bei Teilentladungen elektrisch abgekapselt) kann bis zu einer<br />

Nennspannung von 6 kV auf Leitschichten verzichtet werden. Bei sehr hohen<br />

Temperaturen wirkt die Entstehung von Chlorwasserstoff brandhemmend, er ist<br />

jedoch giftig und korrosionsför<strong>der</strong>nd. Da PVC chemisch sehr beständig und<br />

wasserunempfindlich ist, können die Kabel ohne metallischen Mantel in Erde gelegt<br />

werden. Die zulässige Betriebstemperatur liegt je nach Nennspannung zwischen 65<br />

bis 70°C, die Kurzschlusstemperatur bei 150°C. Bei <strong>der</strong> Herstellung wird das<br />

granulatförmige Material geschmolzen und nahtlos auf den im Extru<strong>der</strong><br />

durchlaufenden Leiter aufgebracht.<br />

Polyethylen (PE) wird als teilkristallines Material (d. h. räumlich geordnete<br />

[=kristalline] Bereiche, unterbrochen durch ungeordnete [=amorphe] Bereiche) in<br />

reiner Form, versehen mit Alterungsschutzmitteln, verarbeitet. Es weist gute<br />

elektrische Eigenschaften wie niedrige dielektrische Verluste auf, ist jedoch<br />

empfindlich gegen Teilentladungen. Weitere Nachteile sind seine Brennbarkeit, die<br />

Wasserempfindlichkeit und die Unbeständigkeit gegen UV-Strahlung. Bei <strong>der</strong><br />

Herstellung mit Schneckenpressen bei 200°C muss es langsam zur Raumtemperatur<br />

abgekühlt werden, um Schrumpflunker zu vermeiden.


Betriebsmittel<br />

Seite 27<br />

Zur Verbesserung des Temperaturverhaltens kann PE durch energiereiche<br />

Bestrahlung mit γ-Strahlen o<strong>der</strong> durch chemische Reaktionen (Peroxyd) vernetzt<br />

werden. Oberhalb <strong>der</strong> Schmelztemperatur <strong>der</strong> Kristalle verhält sich VPE mechanisch<br />

wie weicher Gummi, daher die Bezeichnung „Thermoelast“. Da durch die Vernetzung<br />

ein Riesenmolekül entsteht, wird die Beständigkeit gegenüber oberflächenaktiven<br />

Flüssigkeiten verbessert. Im Vergleich zu PE ist die Fertigung komplizierter: Es wird<br />

mit Extru<strong>der</strong>n bei ca. 130°C in ein Dampfrohr unter 16 - 20 bar Druck gepresst. Der<br />

Werkstoff lässt Leitertemperaturen bis 90°C und Kurzschlusstemperaturen bis 250°C<br />

zu. Bei <strong>der</strong> heute üblichen dreifachen Extrudierung werden innere Leitschicht,<br />

Isolierung und äußere Leitschicht in einem Arbeitsgang zur Vermin<strong>der</strong>ung von<br />

Störstellen fest miteinan<strong>der</strong> verschweißt.<br />

An<strong>der</strong>s als bei den papierisolierten Kabel, bei den das geschichtete Dielektrikum<br />

Fehlerstellen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt und die Isolierflüssigkeit in<br />

entstehende Hohlräume nachwan<strong>der</strong>t, fehlt bei den extrudierten Kabeln dieser<br />

Selbstheileffekt; <strong>der</strong> Nachteil kann nur durch äußerste Sauberkeit und hohe Präzision<br />

bei <strong>der</strong> Fertigung ausgeglichen werden. Inhomogenitäten im mikroskopischen und<br />

makroskopischen Bereich bleiben ortsfest und können sich zu Fehlerstellen<br />

entwickeln. Da dieses Kabel ohne schützenden Metallmantel in Erde gelegt werden,<br />

ist ihre Isolierung ständig <strong>der</strong> Bodenfeuchte ausgesetzt. Dabei spielt das noch nicht<br />

hinreichend geklärte Phänomen <strong>der</strong> Bildung von Wasserbäumchen eine beson<strong>der</strong>e<br />

Rolle.<br />

Eine Einteilung dieser „Bäumchen“ erfolgt in die Klassen<br />

• elektrische Entladungsbäumchen (electrical tree, ET)<br />

• Wasserbäumchen (vented tree (an den Isolieroberflächen) und bowtie-tree<br />

(im Inneren <strong>der</strong> Isolierung), VT)<br />

• elektrochemische Bäumchen (electrochemical tree, ECT)<br />

Ihnen ist gemeinsam, dass sie an Störstellen mit einer hohen Feldkonzentration bei<br />

gleichzeitigem Wassereinfluss entstehen und mit <strong>der</strong> Zeit bis zum vollkommenen<br />

elektrischen Durchschlag führen können.<br />

Isolierpapiere: Ein wichtiges Hochspannungsisoliermittel bis 60 kV ist Ölpapier. Es<br />

wird aus ölimprägnierter Zellulose hergestellt und kommt in Transformatoren,<br />

Wandlern, Durchführungen und Kabeln zum Einsatz. Die Zellulose wird aus<br />

Holzzellstoff (nicht aus Lumpen) gekocht und als Rohstoff in Wasser gelöst und<br />

zermahlen. In <strong>der</strong> Papiermaschine entsteht durch Druck das Trafopapier in Stärken<br />

von 0,05 bis 0,08 mm und das Kabelpapier von 0,08 bis 0,2 mm. Durch seine<br />

hygroskopischen Eigenschaften nimmt Papier in normaler feuchter Atmosphäre<br />

Wasser auf, wodurch sich <strong>der</strong> Durchgangswi<strong>der</strong>stand und die Alterungsbeständigkeit<br />

rapide verschlechtert. Betriebsmittel mit Ölpapierimprägnierung werden bei <strong>der</strong><br />

Herstellung im Vakuum zum Erreichen einer geringen Restfeuchte bei Temperaturen<br />

über 100°C je nach Dicke <strong>der</strong> Isolierung über Tage und Wochen getrocknet.<br />

Ebenfalls unter Vakuum wird anschließend das aufbereitete und erwärmte Mineralöl<br />

zugesetzt. Das Öl löst im Papier verbliebene Restgase, während das nun stark<br />

hygroskope Papier dem Öl noch vorhandene Restfeuchtigkeit entzieht. Die Viskosität<br />

des Öles ist <strong>für</strong> Ölkabel niedrig, bei Massekabeln wird ein eingedicktes, mit<br />

Harzzusatz versehenes Mineralöl verwendet.<br />

Mineralöle: Die heute als Isolier und Kühlflüssigkeiten verwendeten Öle, die man als<br />

Isolieröle bezeichnet, werden aus dem Destillat geeigneter Erdöle mit einem<br />

Siedebereich von 250 bis 400°C gewonnen. Sie besitzen einen tiefen Stockpunkt<br />

sowie die von einer Isolier- und Kühlflüssigkeit gefor<strong>der</strong>te Fließfähigkeit bei tiefen


Betriebsmittel<br />

Temperaturen. Die wichtigsten Kriterien <strong>für</strong> die Verwendbarkeit eines Isolieröls sind:<br />

• Niedrige Viskosität in Verbindung mit ausreichend hohem<br />

Flammpunkt.<br />

• Hohe chemische und dielektrische Reinheit (niedrige Säurezahl,<br />

niedriger Verlustfaktor, hohe Durchschlagspannung) .<br />

• Hohe Alterungsbeständigkeit, um eine lange Lebensdauer des<br />

Isolieröls zu erreichen. Die ohnehin gute natürliche<br />

Oxidationsbeständigkeit kann durch synthetische Zusätze, wie<br />

Inhibitoren o<strong>der</strong> Passivatoren, über das natürliche Maß hinaus noch<br />

erhöht werden.<br />

Seite 28<br />

Gas-in-Öl-Analyse: Viele Fehler in ölgefüllten Betriebsmitteln gehen mit einer<br />

Freisetzung von Gasen einher, z. B. Teilentladungen, Funkenentladungen,<br />

Lichtbögen o<strong>der</strong> lokale Überhitzungen. Diese Gase, die aus dem Abbau <strong>der</strong><br />

Isolierstoffe – Isolieröl, Papier, Pressspan - herrühren, lösen sich ganz o<strong>der</strong> teilweise<br />

im Öl. Dabei ist zu beobachten, dass die Zusammensetzung <strong>der</strong> Gase <strong>für</strong> die<br />

Fehlerart charakteristisch ist (Schlüsselgas SG und Begleitgas BG), die Menge <strong>für</strong><br />

die Intensität des Fehlers und die zeitliche Zunahme <strong>für</strong> die Dauer. Sie Gas-in-Öl-<br />

Analyse führt zu einem frühzeitigen Erkennung von Schwachstellen und erleichtert<br />

die Störaufklärung. Zum Erkennen von Alterungserscheinungen sollten regelmäßige<br />

Untersuchungsintervalle eingehalten werden, <strong>für</strong> <strong>der</strong>en Zeitfolge aufgrund von stark<br />

unterschiedlichen Betriebs- und Umgebungsbedingungen nur annähernde Angaben<br />

gemacht werden können. Bei Netztransformatoren ist ein Intervall zwischen drei und<br />

fünf Jahren sinnvoll, bei Erdschlusslöschspulen und bei Stichprobenprüfungen von<br />

Ortsnetztransformatoren von zehn Jahren.<br />

Kabel<br />

Das Wort „Kabel“ stammt aus dem Arabischen und<br />

bedeutet Seil o<strong>der</strong> Tau. Im frühen Mittelalter<br />

übernahmen Seeleute den Begriff (vgl. Kabellänge =<br />

185,2 m) und die ersten elektrischen Kabel wurden<br />

von Seilmachern (Reepschlägern) hergestellt. Im<br />

deutschen Sprachgebrauch wird (historisch bedingt)<br />

zwischen „Kabeln“ und „Leitungen“ unterschieden.<br />

Während Leitungen im allgemeinen <strong>für</strong><br />

Verdrahtungen, Installationszwecke und zum Anschluss ortsverän<strong>der</strong>licher Geräte<br />

benutzt werden, dienen Kabel zur Übertragung <strong>der</strong> elektrischen Energie in Netzen<br />

<strong>der</strong> Energieversorgungsunternehmen und <strong>der</strong> Industrie mit erhöhten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Zuverlässigkeit. Als Faustregel gilt: Kabel werden in Erde verlegt, Leitungen<br />

ausschließlich in Luft. Flexible Bauarten, z. B. Baggertrommelleitungen auch mit<br />

Nennspannungen über 1 kV, gehören stets zu den Leitungen.<br />

Das erste Starkstromkabel wurde 1880 von Werner von Siemens <strong>für</strong> den Betrieb von<br />

elektrischen Bogenlampen hergestellt. Es hatte sieben mit Guttapercha isolierte<br />

Kupferleiter von je 4 mm 2 , eine Umhüllung <strong>der</strong> A<strong>der</strong>n aus asphaltierter Jute sowie<br />

galvanisierte Drähte zur Bewehrung. Die Betriebsspannung betrug 220 V, die<br />

Stromstärke 7 A.<br />

Die Aufbauelemente eines Kabels sollen nun näher erläutert werden.<br />

Für die Leiter werden Kupfer (E-Cu) o<strong>der</strong> Leitaluminium (E-Al) verwendet. Kupfer<br />

besitzt einen außerordentlich hohen Leitwert, <strong>der</strong> nur noch von Silber übertroffen<br />

wird, sowie ein ausgezeichnetes Kontaktverhalten. Aluminium wurde erstmals im


Betriebsmittel<br />

Seite 29<br />

Ersten Weltkrieg wegen <strong>der</strong> Kupferknappheit verwendet und hat sich seitdem<br />

aufgrund kostenmäßiger Überlegungen behauptet.<br />

Bei gleicher elektrischer Leitfähigkeit<br />

• wiegt ein Aluminiumleiter nur etwa die Hälfte eines Kupferleiters,<br />

• beträgt <strong>der</strong> Querschnitt eines Aluminiumleiters etwa das 1,6-fache des<br />

Kupferquerschnittes,<br />

• ist <strong>der</strong> Leiterdurchmesser bei Aluminium etwa 1,27 mal größer als bei<br />

Kupfer.<br />

Bei beiden Werkstoffen kann <strong>der</strong> Leiter kreis- o<strong>der</strong> sektorförmig sowie ein- o<strong>der</strong><br />

mehrdrähtig sein. Damit ein Leiter größeren Querschnittes über ausreichende<br />

Biegsamkeit verfügt, wird ein weicheres Aluminium als <strong>für</strong> mehrdrähtige Leiter<br />

verwendet. Öl- und Gasdruckkabel haben beson<strong>der</strong>e Leiter, wie Hohlleiter und ovale<br />

Leiter. Die angegebene Querschnittsfläche bezieht sich nicht auf den geometrischen<br />

Querschnitt, son<strong>der</strong>n auf den elektrisch wirksamen Querschnitt. Er ist neben dem<br />

spezifischen Leiterwi<strong>der</strong>stand abhängig von <strong>der</strong> Schlaglänge und von <strong>der</strong><br />

Leiterverdichtung.<br />

Der Nennquerschnitt bestimmt die maximale Strombelastbarkeit und damit die<br />

Erwärmung eines Kabels. Zur verlustarmen Energieübertragung wählt man jedoch<br />

den sog. wirtschaftlichen Querschnitt, <strong>der</strong> ein Optimum von Kabelkosten und<br />

jährlicher Verlustleistung darstellt. Obwohl dieser größere Querschnitt einen erhöhten<br />

Materialaufwand erfor<strong>der</strong>t ist die damit verbundene Einsparung an Verlusten<br />

bezogen auf eine 30jährige Betriebsdauer erheblich größer.<br />

Auf den Leitern <strong>der</strong> Mittel- und Hochspannungskabel wird eine innere leitende<br />

Schicht (auch Leiterglättung genannt) aufgebracht, die bei einem mehrdrähtigen<br />

Leiter das elektrische Feld an <strong>der</strong> Oberfläche zur Vermeidung von Teilentladungen<br />

homogenisiert. Die hier<strong>für</strong> verwendeten Gewebebän<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Kunststoffschichten<br />

(aus Polymer-Compound, das durch Rußzusatz leitfähig gemacht wird) min<strong>der</strong>n bei<br />

Kurzschlüssen die mechanische und thermische Beanspruchung des Kabels. Bei<br />

papierisolierten Kabeln besteht sie aus mehreren Lagen von leitfähigem Papier<br />

(Carbonpapier o<strong>der</strong> Rußpapier genannt).<br />

Für die Isolierung werden Ölpapiere o<strong>der</strong> Kunststoffe eingesetzt. Die seit Jahrzehnten<br />

in allen Spannungsebene bewährten ölgetränkten Papiere bestehen aus<br />

getrocknetem Isolierpapier (Restwassergehalt 0,1 %) und dem mit Alterungsschutzmitteln<br />

versehenen Isolieröl, das die Hohlräume ausfüllt und damit zu einer gleichmäßigen<br />

elektrischen Belastung <strong>der</strong> Isolierung beiträgt. Das Öl hat schwierigen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

zu genügen:<br />

• dünnflüssig bei Imprägniertemperatur (130°C)<br />

• dickflüssig bei Betriebstemperatur (50 - 60°C)<br />

• kein Kristallisieren bei tiefen Temperaturen (kein brüchig werden)<br />

Bei <strong>der</strong> Umwicklung des Leiters wird mit einem 3-5 mm breiten Spalt gewickelt, <strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> nächsten Papierlage abgedeckt wird. Damit kann das Kabel ohne Faltenbildung<br />

des Papiers gebogen werden und die Bildung von Durchschlagkanälen wird<br />

erschwert. Die maximal zulässige Kurzschlusstemperatur beträgt 140 - 180°C.<br />

Bei Kunststoffisolierungen werden vornehmlich Polyvinylchlorid (PVC) und Polyethylen<br />

(PE) als Thermoplaste o<strong>der</strong> als Thermoelaste vernetzte Polyethylene (VPE)<br />

eingesetzt. Bedingt durch die hohen dielektrischen Verluste ist die Anwendung von<br />

PVC-Kabeln auf den Spannungsbereich bis 5,8/10 kV begrenzt. Bei sehr hohen<br />

Temperaturen wirkt die Entstehung von Chlorwasserstoff brandhemmend, er ist


Betriebsmittel<br />

Seite 30<br />

jedoch giftig und korrosionsför<strong>der</strong>nd. Da PVC chemisch sehr beständig und<br />

wasserunempfindlich ist, können die Kabel ohne metallischen Mantel in Erde gelegt<br />

werden. Die zulässige Betriebstemperatur liegt je nach Nennspannung zwischen 65<br />

bis 70°C, die Kurzschlusstemperatur bei 150°C.<br />

Polyethylen wird als teilkristallines Material in reiner Form, versehen mit<br />

Alterungsschutzmitteln, verarbeitet. Es weist gute elektrische Eigenschaften wie<br />

niedrige dielektrische Verluste auf, ist jedoch empfindlich gegen Teilentladungen.<br />

Weitere Nachteile sind seine Brennbarkeit, die Wasserempfindlichkeit und die<br />

Unbeständigkeit gegen UV-Strahlung.<br />

Zur Verbesserung des Temperaturverhaltens kann PE durch energiereiche<br />

Bestrahlung mit γ-Strahlen o<strong>der</strong> durch chemische Reaktionen (Peroxyd) vernetzt<br />

werden. Der Werkstoff lässt Leitertemperaturen bis 90°C und<br />

Kurzschlusstemperaturen bis 250°C zu.<br />

Die äußere Leitschicht bewirkt eine gleichmäßige Belastung des Isolierstoffes, so<br />

dass lokale Feldstärkeüberhöhungen nicht auftreten. Bei papierisolierten Kabeln<br />

besteht sie aus metallisiertem Papier (Höchstädter Folie) o<strong>der</strong> aus einer Kombination<br />

von Aluminiumbän<strong>der</strong>n und leitfähigem Papier. Bei kunststoffisolierten Kabeln wird<br />

sie vorzugsweise zusammen mit <strong>der</strong> Isolierung als eine leitfähige Polymer-<br />

Compound-Schicht aufgebracht und vernetzt. Bei <strong>der</strong> Montage muss sie mit einem<br />

Werkzeug abgeschält werden.<br />

Für die Kabelmäntel stehen neben Blei und Aluminium auch die Werkstoffe PVC<br />

und PE zur Verfügung. Kabelblei (schwachgekupfertes Blei) ist das älteste<br />

Mantelmaterial und besitzt mit seiner chemischen Stabilität und seiner guten Biegefähigkeit<br />

viele Vorteile. Aluminiummäntel erfor<strong>der</strong>n einen beständigen Korrosionsschutz,<br />

besitzen jedoch eine hohe Elastizität und eine gute elektrische Leitfähigkeit.<br />

Kunstoffmäntel aus PVC werden vornehmlich bei Nie<strong>der</strong>spannungskabeln eingesetzt.<br />

Im Mittelspannungsbereich sollen Mäntel ausschließlich aus PE bestehen, da<br />

neben den guten mechanischen Eigenschaften auch die geringe Wasserdampfdiffusion<br />

zum tragen kommt. Zur Verbesserung <strong>der</strong> UV-Beständigkeit werden PE-<br />

Mäntel schwarz ausgeführt.<br />

Die Druckschutzbandage dient dazu, bei Öl-Papier-isolierten Kabeln das Aufweiten<br />

des Bleimantels zu verhin<strong>der</strong>n. Das in <strong>der</strong> Regel wendelförmig aufgebrachte<br />

Druckschutzband besteht bei dreiadrigen Kabeln aus unmagnetischem Werkstoff.<br />

Der Kabelschirm, bestehend aus Kupferdrähten mit Querleitwendeln dient als<br />

Berührungsschutz und zum Leiten <strong>der</strong> Ableit- und Fehlerströme. Wenn unter<br />

erschwerten Bedingungen damit zu rechnen ist, dass Wasser durch<br />

Mantelbeschädigungen in das Kabel eindringen und sich auf größere Länge<br />

ausbreiten kann, ist <strong>der</strong> Einsatz eines längswasserdichten Schirms zweckmäßig.<br />

Hierbei werden im Schirmbereich saugfähige Pulver o<strong>der</strong> Bän<strong>der</strong> angeordnet, die bei<br />

Feuchtigkeitseinbrüchen aufquellen, so dass sie alle Hohlräume und Spalten<br />

ausfüllen und eindringendes Wasser sich nur begrenzt ausdehnen kann.<br />

Die Bewehrung schützt das Kabel gegen mechanische Schäden. Bei Papierbleikabeln<br />

besteht sie in <strong>der</strong> Regel aus einer Stahlbandbewehrung. Kunststoffkabel<br />

werden ohne Bewehrung verwendet.<br />

Als Schutz gegen chemische und elektrolytische Schäden erhalten Metallmantelkabel<br />

eine Schutzhülle aus getränkten Faserstoffen. Um ein Verkleben auf <strong>der</strong><br />

Kabeltrommel zu vermeiden wird sie mit Schlämmkreide getränkt.


Kurz-<br />

zeichen<br />

Bedeutung Beispiel<br />

Betriebsmittel<br />

Kurz-<br />

zeichen<br />

Seite 31<br />

Als Nennspannung eines Kabels werden die Spannungen U / U0 angegeben, wobei<br />

U die Spannung zwischen den Außenleitern eines Drehstromsystems ist und U0 die<br />

Spannung zwischen Leiter und metallener Umhüllung bzw. Erde.<br />

Die Kabel nach VDE-Bestimmungen werden durch bestimmte Angaben gekennzeichnet:<br />

• Buchstabenkurzzeichen entsprechend dem Aufbau<br />

Nach dem Anfangsbuchstaben „N“ (Norm) folgt die Reihenfolge des<br />

Aufbaus, beginnend am Leiter, wobei ein Leiter aus Kupfer keinen<br />

beson<strong>der</strong>en Kennbuchstaben erhält.<br />

• A<strong>der</strong>zahl mal Nennquerschnitt <strong>der</strong> Leiter in mm 2<br />

• Leiterform R (rund) bzw. S (sektorförmig)<br />

• Leiteraufbau E (eindrähtig) bzw. M (mehrdrähtig)<br />

• Nennspannung U / U0<br />

Die wichtigsten Kurzzeichen <strong>für</strong> Kabel:<br />

A<br />

Äußere Schutzhülle aus<br />

Faserstoffen<br />

NAKBA KLD<br />

Gepreßter, gewellter<br />

Aluminiummantel<br />

Bedeutung Beispiel<br />

NÖKLDEY<br />

A Leiter aus Auluminium NAKBA M Mehrdrähtiger Leiter 1x95 RM<br />

B<br />

Bewehrung aus<br />

Stahlband<br />

C konzentrischer Leiter aus Kupfer NYCY -O<br />

CW<br />

wellenförmig aufge-brachter Leiter<br />

(Cean<strong>der</strong>)<br />

D Druckschutzbandage NÖKUDEY P<br />

E<br />

E<br />

E<br />

eindrähtiger Leiter<br />

Mehrmantelkabel<br />

Schutzhülle je A<strong>der</strong> mit<br />

Kunststoffolien<br />

F Bewehrung aus Stahlflachdraht NIVFStA S<br />

Gl<br />

Gleitdrähte aus unmagnetischen<br />

Stoffen<br />

NAKBA N Normenkabel nach VDE NA2YSY<br />

Kabel ohne grün-gelben<br />

Schutzleiter<br />

NAYY-O<br />

NYCWY Ö Ölkabel NÖKUDEY<br />

Gasaußendruck-Kabel<br />

NAPKDvFSt2Y<br />

4 x 16 RE R Leiter mit kreisförmigen Querschnitt 1x95 RM<br />

NEKEBA R Bewehrung aus Stahlrunddrähten NHKRA<br />

NEKEBA S Schirm aus Kupfer NA2YSY<br />

Leiter mit sektorförmigen<br />

Querschnitt<br />

3x50 SM<br />

ÖIGLUSt2Y St Stahlrohr NPKDvFSt2Y<br />

H Schirmung bei Höchstädter-Kabel NHKRA U unmagnetisch NÖKUDEY<br />

I Gasinnendruckkabel NIVFStA V verdichteter Leiter 3x150 RM/V<br />

-J Kabel mit grün-gelben Schutzleiter NAYY-J 2X Isolierung aus VPE NA2XSY<br />

K<br />

Kl<br />

Bleimantel<br />

gepreßter, glatter<br />

Aluminiummantel<br />

Kabelbezeichnungen<br />

Hochspannungskabel<br />

NAKBA Y<br />

Isolierung aus PVC,<br />

Mantel aus PVC<br />

NAYY<br />

NAKLEY 2Y Isolierung aus PE NA2YSY<br />

Im Folgenden sollen ein in städtischen Netzen vielfach gelegtes und bewährtes 110kV-Kabel<br />

kurz beschrieben werden:<br />

Gasaußendruckkabel


Betriebsmittel<br />

Feldlinien VPE<br />

Seite 32<br />

Die Leiter eines Gasaußendruckkabels aus Kupfer o<strong>der</strong> Aluminium sind mehrdrähtig<br />

aufgebaut. Sie sind verdichtet und besitzen eine ovale Form.<br />

Zur Glättung des elektrischen Feldes ist <strong>der</strong> Leiter mit schwach leitfähigem Papier<br />

(Rußpapier) umwickelt. Die darüber liegende Isolierung von etwa 10 mm Dicke bei<br />

110-kV-Kabeln besteht aus von innen nach außen in ihrer Dicke zunehmenden<br />

Hochspannungspapieren. Hierdurch wird eine gute Anpassung <strong>der</strong> elektrischen<br />

Festigkeit an die am Leiter vorliegenden hohen Feldstärken erreicht. Als äußere Abschirmung<br />

wird eine leitfähige Bewicklung aufgebracht. Die Kabela<strong>der</strong> wird mit<br />

hochviskosem Kabelöl, heute vornehmlich synthetischem Öl, getränkt und erhält im<br />

Anschluss einen nahtlosen Bleimantel. Danach wird eine Druckschutzbandage von<br />

zwei unmagnetischen Stahlbän<strong>der</strong>n Über die zuvor aufgebrachten Polster aus<br />

bituminiertem Papier mit zähflüssiger Masse gewickelt. Weitere Lagen bituminierten<br />

Papiers bilden einen schützenden äußeren Abschluss.<br />

Jeweils drei A<strong>der</strong>n werden mit Zwickeltrensen verseilt und mit einem Jutepolster<br />

umgeben.<br />

Zur Aufnahme <strong>der</strong> Zugkräfte beim Einziehen in die zuvor verlegten Stahlrohre erhält<br />

die Kabelseele noch eine Bewehrung aus Stahlflachdrähten, die mit einer offenen<br />

Gegenwendel zusammengehalten werden . Die Gegenwendel wird vor dem Einziehen<br />

entfernt. Die hohe Festigkeit <strong>der</strong> Flachdrahtbewehrung erlaubt je nach<br />

Durchmesser <strong>der</strong> Kabelseele und Trassenführung das Einziehen von Kabellängen<br />

bis zu 1000 m. Mittlere Längen liegen jedoch unter 500 m.<br />

Als Rohrleitungen werden heute nahtlose Stahlrohre nach DIN 2448 o<strong>der</strong> längsgeschweißte<br />

Stahlrohre nach DIN 2458 eingesetzt. Gegenüber früheren<br />

Konstruktionen werden die Stahlrohre heute grundsätzlich mit Polyethylen ( PE ) -<br />

Ummantelung verwendet. Die Dicke <strong>der</strong> PE-Ummantelung beträgt in <strong>der</strong> Regel 2 -<br />

2,5 mm. Der gute Isolationswi<strong>der</strong>stand des PE-Mantels ist <strong>für</strong> die Anwendung eines<br />

kathodischen Schutzes beson<strong>der</strong>s vorteilhaft, da hierbei schon sehr kleine Schutzströme<br />

ausreichend sind.<br />

Nach vollständiger Installation des Kabels im Stahlrohrsystem wird das Stahlrohr mit<br />

Stickstoff geflutet und mit einem Druck von etwa 1,6 MPa beaufschlagt. Der hohe<br />

Druck und die ovale Form <strong>der</strong> A<strong>der</strong> führen bei thermischen Wechseln über die<br />

Membranwirkung des Bleimantels zu einer starken Kompression des Dielektrikums<br />

und verhin<strong>der</strong>n damit sicher das Auftreten von Hohlräumen.<br />

Gasaußendruckkabel sind die am weitesten verbreiteten Rohrdruckkabel in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n. Aufgrund ihrer außerordentlichen mechanischen Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit<br />

gegenüber äußerer Beeinflussung und <strong>der</strong> Möglichkeit, in kurzen<br />

Abschnitten Teile o<strong>der</strong> das gesamte System vor dem Einziehen <strong>der</strong> Kabel zu<br />

verrohren, haben sich Gasaußendruckkabel vor allem in Großstädten durchgesetzt.<br />

Gasaußendruckkabel können auch bei totalem Druckabfall<br />

zumindest einen Teil <strong>der</strong> maximal zulässigen Last über<br />

mehrere Stunden übertragen. Ein weiterer Vorteil ist auch<br />

die niedrige induktive Beeinflussung z. B. auf parallel<br />

liegende Fernmeldekabel (Reduktionsfaktor).<br />

Mittelspannungskabel<br />

Den Hauptanteil in den bestehenden EVU-Netzen bildeten<br />

bisher papierisolierte Kabel, wobei sich im 10-kV-Bereich<br />

die kostengünstigen Gürtelkabel (z. B. NKBA, NAKBA)


Betriebsmittel<br />

Seite 33<br />

bewährt haben. Die Isolierung <strong>der</strong> Leiter besteht aus<br />

gewickelten Lagen von dünnem Isolierpapier. Die verseilten<br />

A<strong>der</strong>n erhalten eine weiter Bewicklung mit Isolierpapier, die<br />

sogenannte Gürtelisolierung. Diese Kabelseele wird unter<br />

Vakuum getrocknet und mit einer zähflüssigen Masse auf<br />

Ölbasis (Kabelmasse) getränkt. Als Schutz gegen<br />

Feldlinien NAKBA<br />

Feuchtigkeit und Austreten <strong>der</strong> Tränkmasse befindet sich<br />

darüber ein Bleimantel mit Korrosionsschutz aus Krepp-<br />

Papier in Bitumenmasse. Als mechanischer Schutz dient<br />

eine Bewehrung aus zwei Lagen Stahlband mit bituminierter<br />

Jutehülle. Massekabel können Höhenunterschiede nur<br />

bedingt überwinden; wenn die Gefahr <strong>der</strong> Masseabwan<strong>der</strong>ung gegeben ist, sind<br />

Spezialisolierungen (Haftmasse) erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bei Neuanlagen und dem Ausbau <strong>der</strong> Netze werden überwiegend einadrige<br />

Kunststoffkabel mit VPE-Isolierung eingesetzt. Bei <strong>der</strong> Spannungsreihe 6/10 kV<br />

beträgt ihr Anteil mehr als 80%, bei 12/20 kV und 18/30 kV nahezu 100% aller<br />

Neuverlegungen. Der Aufbau besteht aus Leiter in Kupfer o<strong>der</strong> Aluminium,<br />

Leitschicht aus Rußpapier, Isolierung aus VPE, Schirm aus Kupferdrähten mit<br />

Kupfer-Querleitwendel, ggf. längswasserdichter Ausfüllung des Schirmbereiches mit<br />

Quellband und dem PE-Außenmantel (z. B. NA2XS(F)2Y).<br />

Einige Kabeldaten (Verlegung in Erde):<br />

UM<br />

kV<br />

Type ∅<br />

mm 2<br />

IN<br />

A<br />

SN<br />

MVA<br />

R´<br />

Ω/km<br />

X´<br />

Ω/km<br />

IE´<br />

A/km<br />

G´<br />

kg/km<br />

125 NAPKDVFSt2Y 3 x 500 om/v 524 99,8 0,061 0,1221 22,68 983000<br />

12 NAKBA 3 x 120 SM 229 3,97 0,253 0,0968 1,36 6050<br />

3 x 185 SM 296 5,13 0,164 0,0920 1,52 7900<br />

3 x 240 SM 343 5,94 0,125 0,0892 1,69 9100<br />

12 NA2XS(F)2Y 3x1x185/25 RM 358 6,20 0,164 0,1062 2,22 1350<br />

3x1x240/25 RM 415 7,19 0,125 0,1062 2,49 1550<br />

3x1x500/35 RM 603 10,40 0,061 0,0961 3,33 2550<br />

Kabelgarnituren<br />

Unter dem Begriff Kabelgarnituren werden Muffen und Endverschlüsse verstanden,<br />

die an die Starkstromkabel montiert werden; sie müssen so betriebssicher wie das<br />

Kabel selbst sein.<br />

Muffen verbinden als sogenannte Verbindungsmuffen Kabel gleicher Bauart, als<br />

Übergangsmuffen Kabel ungleicher Bauart (z. B. NAKBA mit NA2XS(F)2Y).<br />

Endmuffen dienen dem Abdichten von Kabelenden in <strong>der</strong> Trasse (zeitlich begrenzter<br />

Einsatz).<br />

Die Leiterverbindungen in den Muffen werden <strong>für</strong> die Stromübertragung und die<br />

thermische und dynamische Kurzschlussbeanspruchung ausgelegt. An ihre Güte<br />

werden hohe Ansprüche gestellt, da sie we<strong>der</strong> kontrolliert noch gewartet werden<br />

können. Die Verbindungen werden meist als mechanische Verbindungen mit<br />

Schrauben (lösbar; ggf. Abrissschrauben zum Erzielen eines definierten<br />

Drehmomentes) o<strong>der</strong> als Pressverbindungen (hexagonal) ausgeführt. Thermische<br />

Verbindungen durch Löten o<strong>der</strong> Schweißen sind selten geworden, da ihre sichere


Betriebsmittel<br />

Seite 34<br />

Verbindung von <strong>der</strong> Geschicklichkeit des Monteurs abhängt. Beson<strong>der</strong>s bei<br />

Aluminiumleitern sind die physikalischen und chemischen Eigenschaften zu<br />

beachten:<br />

• Nachgeben unter Kontaktdruck (Kaltfließen)<br />

• Oxydschichtbildung<br />

• Wärmeausdehnung<br />

Die Isolation und Abdichtung erfolgt durch Vergussmasse (klassische<br />

Heißvergusstechnik), durch Schrumpfmaterialien (Heiß- und Kaltschrumpftechnik mit<br />

Feldsteuerelementen) und durch Gießharze (Zwei-Komponenten-Verfahren). Bei<br />

Gürtelkabel ist zusätzlich zum gusseisernen Muffengehäuse eine mit Ölmasse<br />

gefüllte Innenmuffe als Feuchteschutz üblich. Die Verbindung <strong>der</strong> Kabelmäntel bzw.<br />

Schirme über die Muffe hinweg muss zur Berührungssicherheit durch geeignete<br />

Maßnahmen (Verlöten des Bleimantels, Aufbringen eines Geflechtschirmes mit<br />

Rollfe<strong>der</strong> o.ä.) sichergestellt sein.<br />

Die Wickeltechnik wird vorwiegend <strong>für</strong> Muffen an papierisolierten Kabeln und an<br />

Kunststoffkabeln mit höherer Nennspannung eingesetzt. Dabei werden Wickel aus<br />

Bän<strong>der</strong>n zu Isolation (getränkte Wickelpapiere bzw. Hochspannungsisolierbän<strong>der</strong>)<br />

und zur Feldsteuerung (metallisierte und leitfähige Wickelbän<strong>der</strong>) hergestellt. Die<br />

Isolierbän<strong>der</strong> <strong>für</strong> Kunststoffkabel werden mit etwa 8-facher Dehnung aufgebracht und<br />

verschweißen nach dem Wickeln zu einer hohlraumfreien Isolierung, <strong>der</strong>en Elastizität<br />

auch bei Betriebstemperaturen erhalten bleibt.<br />

Bei <strong>der</strong> Aufschiebetechnik werden Fertigteile verwendet, die über das vorbereitete<br />

Kabel aufgeschoben werden und dort durch ihre Elastizität dichten. Die Fertigteile<br />

erfüllen die Funktionen Isolierung, Feldsteuerung und mechanischer Schutz.<br />

Endverschlüsse (EV) schließen das Ende eines Kabels ab und verbinden es mit<br />

einem an<strong>der</strong>en Anlagenteil, z.B. <strong>der</strong> Schaltanlage. Die druckfesten Endverschlüsse<br />

<strong>für</strong> Massekabel sind mit Kabelimprägniermasse („Kabelblut“) gefüllt und müssen<br />

durch Schläuche abgedichtet werden. Bei Kunststoffkabel finden die gleichen<br />

Techniken - Warm- und Kaltschrumpfen sowie Aufschiebetechnik - wie bei den<br />

Muffen Verwendung.<br />

Die kleinste Bauweise (z.B. an SF6-Anlagen) bietet die Steckertechnik, bei <strong>der</strong> eine<br />

Aufschiebegarnitur mit einer lösbaren Steck- o<strong>der</strong> Schraubvorrichtung kombiniert ist.<br />

Verwendet werden Winkel-, T- und gerade Stecker mit Innen- o<strong>der</strong> Außenkonus; je<br />

nach Anwendungsfall können sie berührungssicher (Metallumhüllung) sein.<br />

Gasaußendruckkabel sind <strong>für</strong> einen Betriebsdruck von 16 bar ausgelegt, d. h. das<br />

Endverschlußdielektrikum muss gasdicht vom Stickstoff <strong>der</strong> Stahlrohrleitung getrennt<br />

sein. Als Füllmasse des Isolators, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Montage evakuiert wird, wird<br />

hochviskoses Kabelöl verwendet. Der Volumenausgleich bei Lastwechseln zwischen<br />

Stickstoff und Kabelöl erfolgt in einem Stahlbehälter mit einer Trennmembran.<br />

Bei <strong>der</strong> Montage von Kabelgarnituren ist auf eine saubere, schädliche<br />

Umwelteinflüsse ausschließende (ggf. Zelt mit Heizung) und ausreichend große<br />

Arbeitsstelle (Muffenloch) zu achten. Bei Muffen ist eine genügende Überlappung <strong>der</strong><br />

Kabelenden vorzusehen. Geschnittene Kabel sind baldmöglichst zu verschließen,<br />

um ein Eindringen von Feuchtigkeit in die Isolierung zu vermeiden. Sowohl<br />

papierisolierte als auch kunststoffisolierte Kabel sind auf ihren Feuchtigkeitsgehalt<br />

hin zu untersuchen (Spratzprobe). Eine mechanische (Biegeradien !) und thermische<br />

(Löt- und Schrumpftemperatur !) Überbeanspruchung ist ebenso zu vermeiden wie<br />

die Verletzung von untereinan<strong>der</strong>liegenden Schichten beim Absetzen <strong>der</strong>


Betriebsmittel<br />

Seite 35<br />

Kabelenden. Selbstverständlich müssen neben den elektrischen Sicherheitsregeln<br />

auch die Vorschriften <strong>für</strong> Propangasgeräte (Flasche immer außerhalb des<br />

Muffenlochs etc.) und den Verbau eingehalten werden. Da Kabelmonteur kein<br />

Lehrberuf ist, müssen die notwendigen Fähigkeiten in Lehrgängen und<br />

Wie<strong>der</strong>holungskursen vermittelt werden.<br />

Kabellegung<br />

Kabel sind so zu legen, dass ihre<br />

Betriebseigenschaften nicht gefährdet<br />

sind. Dazu ist zu beachten, dass die<br />

Wärmeabfuhr auch in Bodenschichten<br />

verschiedener Wärmeleitfähigkeit<br />

gewährleistet bleibt, dass eine<br />

mechanische Beschädigung, auch durch<br />

Bodenbewegungen und Erschütterungen,<br />

ausgeschlossen bleibt und dass die<br />

Kabelgraben<br />

zulässigen Biegeradien nicht<br />

unterschritten werden. In <strong>der</strong> Regel besitzen im Erdreich liegende Kabel eine<br />

Legungstiefe von 0,8 m. Bei <strong>der</strong> Grabenbreite ist die Mindestbreite nach DIN 4124<br />

und ein eventueller Verbau zu berücksichtigen. Der Behandlung des Kabels ist eine<br />

beson<strong>der</strong>e Sorgfalt beizumessen, um später nicht aufwendige<br />

Instandsetzungsarbeiten durch nicht erkannte Beschädigungen bei Transport und<br />

Legen durchführen zu müssen.<br />

Zum Transport sind Kabeltransportwagen zu verwenden, von dem die Kabel in<br />

richtiger Lage (d.h. von oben) abgespult werden können. Der auf <strong>der</strong> Trommel<br />

aufgemalte Pfeil muss gegen die Abrollrichtung zeigen.<br />

Kabel dürfen nicht über harte und scharfe Kanten gezogen werden und die<br />

Mindestbiegeradien sind einzuhalten. Gegebenenfalls sind Eck- und Führungsrollen<br />

zu verwenden, die gegen die auftretenden Kräfte<br />

verankert werden müssen. Für das Ausziehen mit<br />

Maschinen ist ein Ziehstrumpf (zieht sich bei Zug fest<br />

um den Kabelmantel) o<strong>der</strong> ein Ziehkopf (wird an allen<br />

Leitern befestigt, wenn <strong>der</strong> Kabelmantel die Zugkräfte<br />

nicht aufnehmen kann) zu verwenden, um die Kräfte<br />

<strong>der</strong> Seilzüge auf das Kabel zu übertragen. Dabei sind<br />

zulässigen Zugkräfte durch eine stufenlos einstellbare<br />

und auslösende Zugkraftbegrenzung strikt<br />

Material zul. Zugspannung<br />

Kupfer 50 N/mm 2<br />

Alu 30 N/mm 2<br />

Stahl 160 N/mm 2<br />

zul. Zugspannungen<br />

einzuhalten; die Messeinrichtung <strong>für</strong> die Zugkraft sollte mit einem Schreibwerk<br />

ausgerüstet sein. Um zu vermeiden, dass beim Biegen Isolierung o<strong>der</strong> Mantel<br />

beschädigt werden, dürfen Mindesttemperaturen nicht unterschritten werden. Sie<br />

betragen <strong>für</strong> kunststoffisolierte Kabel -5°C, <strong>für</strong> papierisolierte Kabel +5°C. Müssen<br />

Kabel bei niedrigen Außentemperaturen gelegt werden, so sind sie mindestens 36h<br />

in einem Aufwärmraum bei +20°C vorzuwärmen.<br />

Ältere Massekabel sind im Kabelgraben so wenig wie möglich zu bewegen, da die<br />

Gefahr besteht, dass die Tränkmasse verharzt ist und die Papierlagen verklebt sind.<br />

Beson<strong>der</strong>s empfindlich sind Muffen; sie sind zugentlastet in Schalen o<strong>der</strong> auf<br />

Brettern hochzubinden.<br />

Zur besseren Ableitung <strong>der</strong> Verlustwärme und zum Schutz gegen mechanische<br />

Beschädigungen (Steine !) sind Starkstromkabel in Sand zu betten. Über die


Betriebsmittel<br />

Seite 36<br />

eingesandeten Kabel können zusätzlich Kunststoffplatten und/o<strong>der</strong><br />

Trassenwarnband (als Folie o<strong>der</strong> als Netz) gelegt werden. Maschinelle<br />

Verdichtungsgeräte dürfen erst bei einer Mindestüberdeckung von 30 cm zum<br />

Einsatz kommen. Selbstverständlich müssen Kabelgräben und Muffenlöcher vor dem<br />

Verfüllen von Abfällen und Reststoffen gesäubert werden.<br />

Damit die Kabel <strong>der</strong> einzelnen Hersteller voneinan<strong>der</strong> unterschieden werden können,<br />

ist bei Kunststoffkabeln nach VDE auf dem Mantel in Abständen von höchstens 50<br />

cm das Firmenzeichen das VDE-Zeichen und das Herstellungsjahr angegeben. Bei<br />

Kabeln mit einem Durchmesser ≥ 10 mm ist zusätzlich eine Längenmarkierung<br />

vorgeschrieben. Bei papierisolierten Kabeln ist in Abständen von ca. 30 cm unter <strong>der</strong><br />

obersten Decklage <strong>der</strong> Isolierung <strong>der</strong> VDE-Kennstreifen aufgesponnen, <strong>der</strong> den<br />

Ursprung erkennen lässt.<br />

Kabelmess- und Prüftechnik<br />

Bei <strong>der</strong> Trassenortung mit Tonfrequenz (Drallmethode) werden am fernen Ende zwei<br />

A<strong>der</strong>n kurzgeschlossen und am Kabelanfang mit einer Tonfrequenz im 1-kHz-<br />

Bereich beaufschlagt. Der Stromfluss des Tonfrequenzgenerators erzeugt ein<br />

elektromagnetisches Feld, das mit Hilfe von Auslesespulen und dem dazugehörigem<br />

Empfänger gemessen werden kann. Dabei werden die einzelnen Kabel mit <strong>der</strong><br />

Kabelauslesespule umfahren, wobei sich jeweils nach 90° ein Wechsel von Minima<br />

zu Maxima ergibt. Sollte es unmöglich sein, die Spule um das Kabel herum zu<br />

führen, so kann sie auch dem Kabel entlang geführt werden, in Abhängigkeit <strong>der</strong><br />

Schlaglänge <strong>der</strong> Kabelverseilung tritt ebenfalls ein Maximum-Minimum-Verlauf ein.<br />

Diese Erscheinung erfolgt nur am eingespeisten Kabel, an Nachbarkabeln ist nur ein<br />

leiser Dauerton zu hören.<br />

Vor Beginn von Kabelarbeiten ist die sichere Auslese eines Kabels eine<br />

unverzichtbare For<strong>der</strong>ung. Zur zweifelsfreien Identifizierung eines Kabels muss es<br />

freigeschaltet und spannungsfrei sein. Von einem Sen<strong>der</strong> werden dann<br />

Gleichspannungsimpulse auf das am Ende geerdete Kabel gegeben. Bei den<br />

auszulesenden Kabelabschnitten muss dann die mit einem Richtungspfeil versehene<br />

Stromzange so angelegt werden, dass <strong>der</strong> Pfeil zum geerdeten Kabelende hin zeigt.<br />

Beim gesuchten Kabel ist dann am Empfänger ein deutlicher Ausschlag nach rechts,<br />

an parallel liegenden Kabeln ein kleinerer Ausschlag nach links zu erkennen.<br />

Zur Fehlerortsbestimmung wird insbeson<strong>der</strong>s das Impulsechoverfahren (Vorortung)<br />

eingesetzt. In periodischer Folge werden hierbei elektrische Impulse geeigneter Form<br />

und Größe zur Fehlerstelle gesendet. Der Sendeimpuls wird bei je<strong>der</strong><br />

Wellenwi<strong>der</strong>standsän<strong>der</strong>ung reflektiert und kehrt als Echoimpuls zum Kabelanfang<br />

zurück. Auf <strong>der</strong> Zeitachse einer Braun´schen Röhre sind <strong>der</strong> Sendeimpuls und -<br />

zeitlich verschoben- auch <strong>der</strong> Echoimpuls sichtbar. Die zeitliche Verschiebung gibt<br />

die Laufzeit vom Kabelanfang bis zur Fehlerstelle und zurück an. Mit <strong>der</strong> Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Ausbreitungsgeschwindigkeit im jeweiligen Kabeltyp lässt sich dann die<br />

Fehlerentfernung berechnen. Die punktgenaue Nachortung erfolgt dann über ein<br />

akustisches Stoßspannungsverfahren, bei dem sich ein mit Gleichspannung<br />

aufgeladener Kondensator über die defekte A<strong>der</strong> zur Fehlerstelle entlädt. Die steile<br />

Impulsstirn löst an <strong>der</strong> Fehlerstelle ein starkes Entladungsgeräusch aus, das<br />

oberirdisch mit Hilfe eines Körperschallmikrophons gehört werden kann. Wird die<br />

Stoßspannungsmethode im Nie<strong>der</strong>spannungsnetz angewendet, sind alle<br />

Hausanschlusssicherungen zu entfernen, um Schäden in den Hausinstallationen<br />

vorzubeugen.


Betriebsmittel<br />

UN<br />

Systemzahl Querschnitt<br />

therm. Grenzstrom<br />

110 kV 1 2 x 435/55 1800 A (343 MVA)<br />

380 kV 1 4 x 275/35 1790 A (1178 MVA)<br />

380 kV 1 4 x 805/102 3812 A (2509 MVA)<br />

zum Vergleich:<br />

Ölkabel 380 kV<br />

3 x 1000 536 MVA<br />

Übertragungsleistung von Freileitungen<br />

Seite 37<br />

Zur Prüfung von Kabeln und Garnituren nach Montagen wird bei Massekabeln die<br />

Gleichspannungsprüfung (Vermeidung von Blindleistung ⇒ kleine, transportable<br />

Prüfeinrichtung) mit 6 x U0 durchgeführt. Dazu werden die Phasen gegeneinan<strong>der</strong><br />

und gegen Erde <strong>für</strong> 30 Minuten mit dieser Spannung beaufschlagt und <strong>der</strong><br />

Ableitstrom im mA-Bereich gemessen. Nicht an die Gleichspannungsquelle<br />

angeschlossene A<strong>der</strong>n werden geerdet.<br />

Bei Kunststoffkabel ist diese Prüfmethode wegen <strong>der</strong> Bildung von Raumladungen im<br />

Isolationsbereich und <strong>der</strong> Gefahr von Schädigungen nicht durchführbar. Neben <strong>der</strong><br />

Mantelprüfung, bei <strong>der</strong> eine mechanische Beschädigung des Kabelaußenmantels<br />

festgestellt werden kann, werden zur Zeit zwei Messverfahren angewendet: die VLF-<br />

Methode mit 0,1 Hz (Very Low Frequenzy) und die Messung des Verlustfaktors tan δ.<br />

Daneben findet auch die Teilentladungsmessung Verwendung.<br />

Freileitungen<br />

Insbeson<strong>der</strong>s im Hoch- und Höchstspannungsbereich dominieren Freileitungen<br />

gegenüber den Kabeln, da die Kosten pro MW zu übertragen<strong>der</strong> Leistung nur ca. 15<br />

– 20% <strong>der</strong>jenigen Kosten einer Kabelanlage betragen. Die Auslegung einer<br />

Freileitung ist nach Festlegung <strong>der</strong> zu übertragenden Leistung und <strong>der</strong> zur Verfügung<br />

stehenden Trasse vornehmlich eine mechanische Aufgabe. In Deutschland werden<br />

bevorzugt mehrere Systeme auf einen Mast gelegt (begrenzter Trassenraum); auf<br />

<strong>der</strong> Spitze des Mastes wird zum Schutz gegen direkten Blitzeinschlag das Erdseil<br />

geführt.<br />

Freileitungsseile sind grundsätzlich aus mindestens sieben Einzeldrähten aufgebaut,<br />

wobei einzelne Massivleiter nicht zulässig sind. Als Werkstoffe kommen Kupfer,<br />

Aluminium und Aluminiumlegierungen (Aldrey) zum Einsatz. Grundsätzlich sind zu<br />

unterscheiden:<br />

• Einwerkstoffseile, bei denen alle Einzeldrähte aus demselben<br />

homogenen Werkstoff bestehen.<br />

• Bimetallseile, bei denen Metalldrähte mit einem an<strong>der</strong>en Metall<br />

umhüllt sind, z.B. aluminium-ummantelter Stahl.<br />

• Verbundseile, bei denen homogene Drähte aus unterschiedlichen<br />

Metallen verwendet werden, z.B. innere Lage aus Stahl, äußere Lage<br />

aus Alu.<br />

Die Zahlenangaben bei den Verbundseilen geben das Querschnittsverhältnis <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Materialien an. Eine Angabe Al/St 305/40 bedeutet, dass das<br />

Leiterseil einen Alu-Querschnitt von 305 mm 2 und einen Stahlkern von 40 mm 2<br />

besitzt.<br />

Bei <strong>der</strong> Bestimmung des Seilquerschnittes ist nicht allein die Stromtragfähigkeit zu<br />

beachten, son<strong>der</strong>n bei Betriebsspannungen über 110 kV die elektrische<br />

Randfeldstärke am Leiterseil. Überschreitet sie einen bestimmten Betrag (16 kV/m),<br />

so kommt es zu Glimmentladungen an <strong>der</strong> Oberfläche des Leiterseils (Korona-


Betriebsmittel<br />

Seite 38<br />

Entladung) welche hörbare Geräusche und Störfel<strong>der</strong> im Bereich bis 1,6 MHz<br />

(Mittelwelle) verursacht. Zusätzlich erhöhen sich die Übertragungsverluste. Um nicht<br />

zu unwirtschaftlich großen Querschnitten greifen zu müssen, verwendet man<br />

sogenannte Bündelleiter mit zwei, vier o<strong>der</strong> mehr Teilleitern, die durch Abstandhalter<br />

auf einen konstanten Abstand (Zweierbündel <strong>für</strong> 220 kV, Dreier- und Viererbündel <strong>für</strong><br />

380 kV mit einem Teilleiterabstand von 400 mm) gehalten werden. Die Überlagerung<br />

<strong>der</strong> elektrischen Fel<strong>der</strong> kann als scheinbare Vergrößerung des Radius des<br />

Gesamtleiters interpretiert werden, so dass die Randfeldstärke vermin<strong>der</strong>t wird. Das<br />

Erdseil wird ausschließlich nach den zu erwartenden Kurzschlussströmen ausgelegt;<br />

da hier Randfeldstärken ohne Bedeutung bleiben ist <strong>der</strong> Seildurchmesser geringer<br />

als jener <strong>der</strong> Leiterseile (z. B. <strong>für</strong> 110 kV Al/St 50/30, 44/32 o<strong>der</strong> 95/55). Durch<br />

Auskreuzen <strong>der</strong> Leiter wird erreicht, dass die Induktivitäten und Betriebskapazitäten<br />

auch bei unsymmetrischer Leiteranordnung im Mittel gleich bleiben.<br />

Die Abstände <strong>der</strong> Leiter gegeneinan<strong>der</strong> und gegenüber geerdeten Teilen wie Mast<br />

und Traverse müssen so gewählt werden, dass ein Zusammenschlagen o<strong>der</strong> eine<br />

Annäherung bis zum Überschlag auch bei Wind nicht zu be<strong>für</strong>chten ist. Allgemein<br />

üblich sind ff. Leiterabstände:<br />

Die Seile werden am Mast durch Isolatoren (Stützisolatoren in <strong>der</strong> Mittelspannung,<br />

Hängeisolatoren in <strong>der</strong> Hochspannung) und Armaturen gehalten, an die große<br />

mechanische und elektrische Ansprüche gestellt werden. In Deutschland werden<br />

hauptsächlich Glaskappenisolatoren (in Ketten), Vollkernisolatoren (VK) und<br />

Langstabisolatoren (L) aus Porzellan, Kunststoff o<strong>der</strong> Silikonkautschuk mit<br />

Nennspannung<br />

Glasfaserverstärkung verwendet. Die Armaturen verbinden Mast. Seil und Isolator als<br />

Abspannklemme (reibschlüssige Verbindung) o<strong>der</strong> als Tragklemme (pendelnde<br />

Aufhängung). Die Lichtbogenschutzarmaturen übernehmen den Lichtbogen im<br />

Überschlagfall und schützen so den Isolator; fernerhin tragen sie zur<br />

Potentialsteuerung bei und vermeiden einen frühzeitigen Glimmeinsatz.<br />

Bei den Masten unterscheidet man Tragmaste, die lediglich die Leiterseile tragen<br />

und in gera<strong>der</strong> Strecke verwendet werden und Abspannmaste, die Festpunkte in <strong>der</strong><br />

Freileitung schaffen. In <strong>der</strong> Mittelspannung werden Holz-, Rohr- o<strong>der</strong><br />

Stahlbetonmaste verwendet, während in <strong>der</strong> Hochspannung fast ausschließlich<br />

Stahlgittermaste aus Winkelprofilen eingesetzt werden.<br />

Im Mittelspannungsbereich werden anstelle <strong>der</strong> Freileitungen immer mehr (isolierte)<br />

Spannkabel verlegt. Sie bieten den Vorteil, dass es nicht zu Kurzschlüssen bei<br />

Seiltanzen und durch Astschlag kommt.<br />

Schaltgeräte<br />

110 kV<br />

220 kV 380 kV<br />

Leiterabstand in m 3,4 ... 4,1 5,0 ... 6,5 6,0 ... 9,0<br />

Leiterabstände<br />

Schaltgeräte werden eingesetzt, um die elektrische Energie in Stromkreisen<br />

bedarfsmäßig zu steuern, bei Störungen schnellstmöglich das fehlerbehaftete<br />

Betriebsmittel auszuschalten und bei Wartungs- o<strong>der</strong> Reparaturarbeiten eine sichere<br />

Arbeitsstelle sicherzustellen.<br />

Einrichtungen, die die Schaltstücke in die Stellungen „EIN“ o<strong>der</strong> „AUS“ bewegen,<br />

werden nach ihrem Wirkungsprinzip unterschieden. Handantriebe wirken durch die


Betriebsmittel<br />

Seite 39<br />

menschliche Kraft, z. B. mittels Schaltkurbel, Schalthebel o<strong>der</strong> Schaltststange.<br />

Fe<strong>der</strong>speicherantriebe werden durch Hand, durch einen Hydraulikantrieb o<strong>der</strong> durch<br />

einen Elektromotor aufgezogen und gespannt gehalten. Durch einen Magneten wird<br />

bei einer Schaltung die Halteklinke ausgelöst und die Fe<strong>der</strong>energie kann sich zur<br />

Kontaktbewegung entladen. Beim Sprungantrieb erfolgt <strong>der</strong> Entladen des<br />

Energiespeichers (Fe<strong>der</strong>) zwangsläufig mit <strong>der</strong> Schalterstellung, wohingegen beim<br />

Speicherantrieb eine Hilfseinrichtung (Hand, Hilfsauslöser, HH-Sicherungsschlagstift)<br />

nötig ist.<br />

Im Allgemeinen haben sich folgende Bezeichnungen in Stromlaufplänen und<br />

Unterlagen durchgesetzt:<br />

Q1; Q2: Sammelschienentrenner Q0: Leistungsschalter<br />

Q9: Abgangstrennschalter Q8: einschaltfester Er<strong>der</strong><br />

Q51: Q52: Arbeitser<strong>der</strong><br />

Physik <strong>der</strong> Kontakttrennung<br />

Elektrische Kontakte<br />

Die elektrischen Kontakte sollen –neben dem Öffnen und Schließen des<br />

Stromkreises- im geschlossenen Zustand die elektrische Energie möglichst<br />

verlustfrei übertragen<br />

Die Oberfläche <strong>der</strong> Kontakte ist, mikroskopisch betrachtet, nicht glatt, son<strong>der</strong>n<br />

besteht aus vielen kleinen Teilflächen, die mit mehr o<strong>der</strong> weniger dicken<br />

Fremdschichten bedeckt sind. Wenn die Kontaktstücke mit einer ausreichenden<br />

Kraft aufeinan<strong>der</strong>gedrückt werden, wird ein großer Teil <strong>der</strong> Spitzen verformt und die<br />

makroskopisch gesehene scheinbare Kontaktfläche wird auf die tragende<br />

Kontaktfläche reduziert. Ein Teil dieser Kontaktfläche ist jedoch mit einer<br />

Fremdschicht überzogen (die durch die hohe Kontaktkraft aufreißen o<strong>der</strong> in<br />

angrenzende Vertiefen verdrängt werden kann); die Stromleitung findet nur in einem<br />

Bruchstück dieser Fläche, <strong>der</strong> wahren Kontaktfläche, statt. Für den gesamten<br />

Kontakt betrachtet setzt sich die wahre Kontaktfläche also aus vielen metallischen<br />

Einzelflächen, den a-spots, zusammen.<br />

Der elektrische Wi<strong>der</strong>stand eines Kontaktes RK setzt sich aus den Anteilen<br />

Engewi<strong>der</strong>stand RE und Fremdschichtwi<strong>der</strong>stand RF additiv zusammen. Die<br />

Stromlinien werden in den a-spots eingeschnürt und verursachen den<br />

Engewi<strong>der</strong>stand. Er ist von <strong>der</strong> Anzahl, <strong>der</strong> Größe und <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Spot-<br />

Flächen abhängig. Da die Anzahl von <strong>der</strong> Kontaktkraft abhängt, ist zu erwarten, daß<br />

<strong>der</strong> Engewi<strong>der</strong>stand in <strong>der</strong> Regel nicht konstant ist. Lediglich bei hohen<br />

Kontaktkräften wie sie beispielsweise bei Schraub- o<strong>der</strong> Klemmverbindungen<br />

erzeugt werden, kann er als Konstante angenommen werden.<br />

Bei einem fremdschichtfreien Kontakt unter wachsendem Stromfluß wird die<br />

Joulsche Wärme so hoch, daß die kaltverfestigten Mikrospitzen zu fließen beginnen<br />

und damit die tragende Kontaktfläche vergrößern. Der Kontaktwi<strong>der</strong>stand nimmt ab.<br />

Bei weiterer Stromzunahme wird <strong>der</strong> Spannungsfall am Kontakt den Grenzwert <strong>der</strong><br />

Schmelzspannung des Kontaktmaterials erreichen.<br />

Die den Umwelteinflüssen ausgesetzten Kontakte sind immer mit einer mehr o<strong>der</strong><br />

min<strong>der</strong> dicken Fremdschicht bedeckt. Sie kann aus Verunreinigungen (metallischer<br />

Abrieb, Öl- und Fettrückstande), Staubpartikeln, Oxiden, Sulfiden, organischen<br />

Schichten durch Ausgasen von Kunststoffen o<strong>der</strong> einfach aus Handschweiß


Betriebsmittel<br />

Seite 40<br />

bestehen. Ist diese Schicht extrem dünn (d. h. < 3 nm) dann dringen die Elektronen<br />

infolge des Tunneleffektes nahezu verlustfrei hindurch. Bei dicken Schichten wird <strong>der</strong><br />

gesamte Kontaktwi<strong>der</strong>stand hauptsächlich durch die Fremdschicht bestimmt (RF »<br />

RE). Ein elektrischer Kontakt kann nur durch eine mechanische, thermische o<strong>der</strong><br />

elektrische Zerstörung (Fritten) <strong>der</strong> Schicht erreicht werden.<br />

Bei ausschaltenden Kontakten beansprucht die Bogenentladung den<br />

Oberflächenbereich <strong>der</strong> Kontakte thermisch, so daß diese vom festen über den<br />

flüssigen in den gasförmigen Zustand übergehen. Das an einer Elektrode verdampfte<br />

Material wird im engen Spalt zwischen den Kontakten zur Gegenseite transportiert.<br />

Beim Schalten von Gleichstromkreisen kann es dabei zu Kraterbildung bzw.<br />

Materialverlust kommen, wobei diese Gebilde sich mechanisch verhaken können und<br />

die Lebensdauer des Kontaktes stark herabsetzen. In Wechselstromkreisen wird die<br />

Lebensdauer eines Kontaktes im wesentlichen durch den Materialverlust beim<br />

Abbrand bestimmt. Dabei verdampft o<strong>der</strong> verspritzt das Kontaktmaterial und reagiert<br />

zum Teil mit dem Schaltmedium.<br />

Während des Einschaltvorganges kommt es vor <strong>der</strong> ersten Kontaktberührung bereits<br />

zu Lichtbogenvorzündungen, bei UM= 12 kV in einem Kontaktabstand von ca. 6 mm ,<br />

bei UM = 24 KV bei ca. 12 mm. Nach <strong>der</strong> ersten Kontaktberührung stellen sich infolge<br />

<strong>der</strong> hohen kinetischen Energie des Antriebes meistens Prellungen, d. h. Abhebungen<br />

<strong>der</strong> Kontakte, ein. Dabei wird jedesmal ein Lichtbogen gezündet, <strong>der</strong> in seinen<br />

Fußpunkten das Kontaktmaterial zum Aufschmelzen bringt. Ein Teil des Materials<br />

geht an die Umgebung als Abbrand verloren; sind nach <strong>der</strong> letzten Prellung noch<br />

flüssige Oberflächenbereiche vorhanden, dann besteht die Gefahr, daß die<br />

Kontaktstücke miteinan<strong>der</strong> verschweißen. Konstruktiv sind die Kontakte und <strong>der</strong><br />

Antriebsapparat mechanisch so auszuführen, daß die Rückprellungen bei Schalten<br />

im stromlosen Zustand o<strong>der</strong> bei Schalten mit geringem Strom nicht dazu führen, daß<br />

die Kontaktpaare geöffnet bleiben (z. B. durch Dämpfungspuffer aus Kunststoff).<br />

An<strong>der</strong>erseits muß die Einschaltkraft so groß sein, daß die <strong>der</strong> EIN-Bewegung<br />

entgegengerichtete Kraft des Last- o<strong>der</strong> Kurzschlußstromes überwunden wird.<br />

Bei hohen Strömen über die geschlossene Kontaktbahn werden die oben<br />

beschriebenen a-spots thermisch bis in den Schmelzbereich belastet; die in <strong>der</strong><br />

Stromenge entstehenden elektrodynamischen Kräfte heben die Kontaktbahn<br />

kurzzeitig ab. Auch hier kann es, wie vor beschrieben, beim Schließen <strong>der</strong> Kontakte<br />

zu Verschmelzungen kommen.<br />

Bevor sich in Stromkreisen quasistationäre Abläufe einstellen können, sind<br />

Schaltvorgänge von transienter Natur nötig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine<br />

Stromunterbrechung nur im Nulldurchgang des Stromes möglich ist. Dieser kann<br />

natürlich sein o<strong>der</strong> durch eine Gegenspannung o<strong>der</strong> Lichtbogenspannung<br />

erzwungen werden.<br />

Während <strong>der</strong> Kontakttrennung wird die Anzahl <strong>der</strong> Kontaktstellen an den<br />

Schaltstücken immer kleiner, so daß die Stromdichte im Gebiet <strong>der</strong> Stromenge sehr<br />

groß wird. Es bildet sich eine Schmelzbrücke, die den Beginn des Lichtbogens<br />

darstellt. Die thermische Gasbewegung im Bereich <strong>der</strong> sich öffnenden Kontakte<br />

steigt durch die Aufheizung so stark an, daß eine Stoßionisation auftritt, durch die die<br />

Atome in Ionen und in freie Elektronen zerlegt werden. Das Gas wird als Plasma bei<br />

Temperaturen zwischen 15.000 und 40.000 K elektrisch leitfähig. Der entstehende<br />

Lichtbogen zerfällt in drei Hauptteile, dem Kathodenfallgebiet mit dem Spannungsfall<br />

UK, <strong>der</strong> Säule mit US und dem Anodenfallgebiet mit UA, wobei die


Betriebsmittel<br />

Seite 41<br />

Spannungsgradienten UK und UA von den verwendeten Kontaktwerkstoffen und <strong>der</strong><br />

Kühlung abhängig sind.<br />

Der Stromkreis bleibt solange geschlossen, wie <strong>der</strong> Lichtbogen brennt. Die dazu<br />

erfor<strong>der</strong>liche Lichtbogenspannung steigt mit zunehmen<strong>der</strong> Schaltstückentfernung an,<br />

so daß die Wie<strong>der</strong>zündung des Lichtbogens bei wie<strong>der</strong>kehren<strong>der</strong> Spannung durch<br />

die Erhöhung des Spannungsbedarfs verhin<strong>der</strong>t werden kann. Durch Energieentzug<br />

von außen wird die Schaltstrecke entionisiert und elektrisch verfestigt. Da aber <strong>der</strong><br />

Strom vom äußeren Kreis nahezu konstant gehalten wird, muß die<br />

Lichtbogenspannung ansteigen. Reicht die Netzspannung nicht mehr aus, um diesen<br />

Bedarf zu decken, erlischt <strong>der</strong> Lichtbogen und <strong>der</strong> Ausschaltvorgang ist beendet.<br />

Die klassische Methode (= Gleichstrom-Löschprinzip) zur Beherrschung <strong>der</strong><br />

Schaltlichtbögen ist es, den Lichtbogen während des Abschaltprozesses so in die<br />

Länge zu ziehen, daß seine Spannung während <strong>der</strong> Abschaltzeit größer als die<br />

treibenden Netzspannung ist. Die Folge davon ist eine ständig wachsende<br />

Lichtbogenkühlung und Deionisation, durch die ein sofortiges Ansteigen <strong>der</strong><br />

Lichtbogenspannung erreicht wird. Die Kühlung wird durch Beblasung quer zur<br />

Längsachse des Lichtbogens mit Gas o<strong>der</strong> Öl o<strong>der</strong> durch Löschbleche erreicht. Je<br />

größer die am Leistungsschalter auftretende Spannung ist, desto schneller erfolgt die<br />

Unterbrechung des Stromes. Dieses Löschprinzip ist mit vertretbarem Aufwand nur in<br />

Nie<strong>der</strong>- und Mittelspannungsgleichstromkreisen anwendbar. Während <strong>der</strong><br />

Abschaltung treten Überspannungen auf, die die Isolation des Schaltgerätes<br />

erheblich beanspruchen.<br />

Beim Wechselstromprinzip (meistens bei Hochspannungsschaltgeräten angewendet)<br />

sorgen intensive Kühlung durch flüssige o<strong>der</strong> gasförmige Löschmittel (Öl, Druckluft,<br />

SF6 o<strong>der</strong> ein Vakuum) <strong>für</strong> eine schnelle Entionisierung <strong>der</strong> Schaltstrecke bei<br />

Nulldurchgang des Stromes und <strong>für</strong> eine elektrische Wie<strong>der</strong>verfestigung. Dies<br />

bedeutet, daß <strong>der</strong> Strom nach <strong>der</strong> Kontakttrennung bis zu seinem natürlichen<br />

Nulldurchgang unbeeinflußt fließt. Die Strömungsgeschwindigkeit <strong>der</strong> Löschmittel<br />

muß so bemessen werden, daß einerseits auch bei großen Strömen eine sichere<br />

Unterbrechung des Stromes stattfindet, an<strong>der</strong>erseits darf die Lichtbogensäule bei<br />

kleinen Strömen nicht so stark aufgeweitet werden, daß wie bei <strong>der</strong> Gleichstrom-<br />

Löschung hohe Überspannungen auftreten. Konstruktiv setzen sich<br />

Strömungsschalter daher aus einer stromabhängigen und einer stromunabhängigen<br />

Löschmittelbewegung zusammen. Die wie<strong>der</strong>kehrende Spannung baut sich an <strong>der</strong><br />

Schaltstrecke auf, und zwar durch die stets im Netz vorhandenen Induktivitäten,<br />

Kapazitäten und Dämpfungswi<strong>der</strong>stände als freie, gedämpfte Schwingung. Es muß<br />

also da<strong>für</strong> gesorgt werden, daß die Anstiegsteilheit <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>kehrenden Spannung<br />

unter dem Spannungsfestigkeitsanstieg <strong>der</strong> Schaltstrecke liegt. Damit liegt praktisch<br />

ein Wettlauf zwischen <strong>der</strong> steigenden elektrischen Festigkeit und <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>kehrspannung an <strong>der</strong> Schaltstrecke vor. Der Ausschaltvorgang wird um so<br />

schwieriger, je größer <strong>der</strong> Amplitudenfaktor ûw / ûn und die Einschwingfrequenz fe =<br />

1/(2π√LC) sind. Sind jedoch Strom und Spannung um ϕk < 90° phasenverschoben,<br />

so schwingt die wie<strong>der</strong>kehrende Spannung nicht mehr auf den Scheitelwert ûn <strong>der</strong><br />

Netzspannung ein und <strong>der</strong> Ausschaltvorgang wird erleichtert. Die<br />

Spannungsüberhöhung infolge dieser Ausgleichsvorgänge liegt über <strong>der</strong><br />

Betriebswechselspannung <strong>der</strong> Anlage und hängt von den Netzdaten und von den<br />

Verläufen von Strom und Spannung während <strong>der</strong> Anregung (Unterbrechung) ab.<br />

Reißt bei kleinen Lichtbogenströmen durch Instabilität des Lichtbogens <strong>der</strong> Strom ab,<br />

so spricht man von „Chopping“. In den Netzschwingkreisen werden dann zusätzliche<br />

Ausgleichsvorgänge angeregt, die mit höheren Überspannungen einhergehen.


Trennschalter<br />

Betriebsmittel<br />

Seite 42<br />

Trennschalter sind mechanische Schaltgeräte, die beim Ausschalten eine<br />

Trennstrecke mit den erhöhten Isolationsbedingungen gegen Stoßspannungen<br />

herstellen. Sie sind fähig, einen Stromkreis zu öffnen o<strong>der</strong> zu schließen, wenn<br />

entwe<strong>der</strong> ein vernachlässigbarer Strom (< 0,5 A, z. B. kap. Ladeströme von<br />

Durchführungen, Sammelschienen, sehr kurze Kabellängen und Ströme von<br />

Spannungswandlern) geschaltet wird o<strong>der</strong> wenn keine wesentliche Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Spannung zwischen den Anschlüssen <strong>der</strong> Pole eintritt. Im eingeschalteten Zustand<br />

muss ein Trennschalter Betriebs- und Kurzschlussströme führen können. Das<br />

Vorhandensein <strong>der</strong> Trennstrecke muss <strong>für</strong> den Schutz des Bedienpersonals<br />

zuverlässig erkennbar sein. Bei SF6-Schaltern wird dies durch eine direkt mit dem<br />

Schaltgerät verbundene (z. B. über Zahnstangen) Schaltstellungsanzeige erreicht.<br />

Erdungsschalter<br />

Erdungsschalter sind Schalter zum annähernd stromlosen Schalten <strong>für</strong> das Erden<br />

und Kurzschließen von Betriebsmitteln und Anlagenteilen. Ihr Abschaltvermögen<br />

entspricht dem <strong>der</strong> Trennschalter. Zum Einschalten auf Kurzschlüsse o<strong>der</strong> kapazitiv<br />

aufgeladene Betriebsmittel (Kabel) werden Schneller<strong>der</strong> (Erdungsdraufschalter)<br />

eingesetzt, die durch ihre schnelle Kontaktbewegung (mit Sprungfe<strong>der</strong>antrieb) und<br />

beson<strong>der</strong>s ausgestaltete Kontaktvorrichtungen kurzschlussfest sind.<br />

Lasttrennschalter<br />

Lasttrennschalter schalten Betriebsmittel im ungestörten Zustand, d. h. Ströme bis<br />

zur Höhe ihres Bemessungsstromes bei cos ϕ ≥ 0,7 sowie kleine induktive o<strong>der</strong><br />

kapazitive Ströme. Sie müssen Kurzschlüsse einschalten können und den<br />

Kurzschlussstrom im eingeschalteten Zustand führen, jedoch nicht unterbrechen<br />

können. Beim Ausschalten stellen sie eine Trennstrecke her.<br />

Beim Ausschalten öffnet zunächst -angetrieben über Schalterwelle und<br />

Isoliergestänge- das Trennmesser den Hauptkontakt. Gleichzeitig kommutiert <strong>der</strong><br />

Strom auf das noch durch einen Haltekontakt in seiner Einschaltstellung<br />

verbleibende Nacheilmesser, und es wird eine inzwischen gespannte Fe<strong>der</strong> in<br />

Ausschaltstellung gebracht. Der entstehende Lichtbogen zwischen Haltekontakt und<br />

Abreißspitze des Nacheilmessers wird in <strong>der</strong> gasabgebenden Löschkammer<br />

gelöscht. Die Ströme werden durch Ausnutzung <strong>der</strong> Wandkühlungswirkung <strong>der</strong><br />

großflächigen Kunststoffwandungen unterbrochen. Die Lichtbogenenergie wird durch<br />

Zersetzung und Wärmeaufnahme <strong>der</strong> obersten Schichten des Kunststoffs gebunden.<br />

Die Löschkammern bestehen aus Acrylharzen, Melaminharzen o<strong>der</strong> Polyacetaten<br />

und werden entwe<strong>der</strong> als Flachlöschkammer o<strong>der</strong> als Rohrkammern ausgeführt. Die<br />

ausgeworfenen Löschgase sind so in Richtung Sammelschiene o<strong>der</strong><br />

Schalterdrehpunkt zu führen, dass zwischen den Schalterpolen keine Querionisation<br />

<strong>der</strong> Isolierstrecke auftritt. Beim Einschalten erfolgen die Zündvorgänge nur zwischen<br />

den Hauptkontakten, so dass die Löscheinrichtung auch bei hohen Strömen<br />

unbeschädigt bleibt.<br />

In SF6-Schaltanlagen werden sehr kompakte Dreistellungsschalter eingesetzt, bei<br />

denen die drei Schalterpole auf einer Welle sitzen. Im vorliegenden Beispiel vereint<br />

<strong>der</strong> Mehrkammerschalter die Funktion eines Lastrennschalters mit <strong>der</strong> eines<br />

einschaltfesten Er<strong>der</strong>s. Der sich mit <strong>der</strong> Schalterwelle bewegende<br />

Kompressionsflügel teilt die Schaltkammer in zwei verän<strong>der</strong>liche Teilkammern. Damit


Betriebsmittel<br />

Seite 43<br />

wird durch die Schaltbewegung eine Druckdifferenz erzeugt, die das verdichtete SF6<br />

durch eine Düse ausströmen lässt und den Lichtbogen kühlt. Durch die gerichtete<br />

Gasströmung werden sowohl Lastströme als auch kleine Leerlaufströme beherrscht.<br />

Während des Einschaltvorgangs gewährleistet <strong>der</strong> Sprungfe<strong>der</strong>antrieb eine schnelle<br />

Einschaltung und einen sicheren Eingriff <strong>der</strong> Hauptstrombahnen. Die Vorzündung<br />

des Lichtbogens erfolgt auf die Vorkontakte <strong>der</strong> feststehenden Schaltstücke, so dass<br />

<strong>der</strong> Abbrand <strong>der</strong> Hauptstrombahn gering bleibt.<br />

Der Schalter besitzt die Stellungen EIN – AUS – GEERDET, die gegeneinan<strong>der</strong> nicht<br />

verriegelt sein müssen, da ein Durchschalten von EIN nach GEERDET<br />

konstruktionsbedingt nicht möglich ist. Die Überschaltung von AUS nach GEERDET<br />

wird durch eine entsprechende Aussparung in <strong>der</strong> Schaltkulisse erreicht. Der<br />

Schalter kann während eines Schaltspiels entwe<strong>der</strong> als Lasttrennschalter o<strong>der</strong> –nach<br />

Umstecken des Betätigungshebels- als einschaltfester Er<strong>der</strong> verwendet werden. Die<br />

nach dem Ausschalten hergestellte Trennstrecke muss die<br />

Trennstreckenbedingungen erfüllen.<br />

Die Wartung von Trennschaltern und Lasttrennschaltern in luftisolierten<br />

Schaltanlagen sollte in Abhängigkeit <strong>der</strong> Einsatzbedingungen und <strong>der</strong> klimatischen<br />

und atmosphärischen Einflüsse alle 4 – 7 Jahre (VBG 4: vier Jahre) erfolgen. Dabei<br />

sind die Geräte trocken zu reinigen, bei festsitzendem Schmutz kann ein<br />

Sicherheitsreiniger verwendet werden. Die Anschlusskontakte, die Schaltmesser und<br />

die beweglichen mechanischen Antriebsteile sind gründlich zu entfetten und nach<br />

Herstellerangaben neu zu schmieren. Dabei müssen unbedingt die<br />

Herstellerempfehlungen zur Auswahl <strong>der</strong> geeigneten Schmierstoffe beachtet werden,<br />

an<strong>der</strong>enfalls ist eine ordnungsgemäße und leichtgängige Funktion nicht mehr<br />

gewährleistet. Unbedingt ist eine Verbindung zwischen Paraffin und Fett zu<br />

vermeiden, ein damit abgeschmierter Schalter mit Freiauslösung löst nach kurzer<br />

Zeit nicht mehr aus! Die Verbindungsschrauben sind auf festen Sitz zu prüfen, Hilfs-<br />

und Auslösegestänge sowie Koppelstangen dürfen keine übermäßige Lose haben.<br />

Die Löscheinrichtung ist auf Abbrand und ordnungsgemäße Funktion zu überprüfen.<br />

Abschließend ist <strong>der</strong> Schalter mehrmals zu schalten, wobei auf den einwandfreien<br />

Eingriff <strong>der</strong> Löscheinrichtung zu achten ist. Die HH-Sicherungsauslösung wird mit<br />

einer Prüfsicherung mit definierter Auslösekraft getestet.<br />

Leistungsschalter<br />

Leistungsschalter sind fähig, die unter normalen und abnormalen Betriebszuständen<br />

(Kurzschlüsse) im Stromkreis auftretenden Ströme ein- und auszuschalten und sie<br />

über eine festgelegte Zeit zu führen. Dabei kann <strong>der</strong> Antrieb auch eine Reihe von<br />

Schaltfolgen speichern (z. B. <strong>für</strong> Kurzunterbrechung KU). Bei einer<br />

Kurzunterbrechung mit Schnellwie<strong>der</strong>einschaltung lautet <strong>der</strong> Schaltzyklus:<br />

0 - 0,3 s - C0 3 min - C0 mit C = Einschaltung mit Nennkurzschlusseinschaltstrom<br />

0 = Ausschalten mit Nennkurzschlussausschaltstrom<br />

Bei den Druckluftschaltern wird das Löschmittel Luft in Behältern gespeichert, wobei<br />

es vielfach zusätzlich auch als Antriebsmedium <strong>für</strong> die Schaltkontakte dient. Die<br />

Arbeitsdrücke liegen zwischen 15 und 33 bar. Durch das überkritische<br />

Druckverhältnis zwischen Hoch- und Nie<strong>der</strong>druck erreicht die Luft in den<br />

Schaltdüsen während des Ausschaltvorganges Schallgeschwindigkeit; entsprechend<br />

laut ist die Lärmemission des Schalters. Zur Erzeugung <strong>der</strong> benötigten Drücke<br />

werden mehrstufige Kolbenverdichter mit Luftkühlung eingesetzt. Dabei wird zur


Betriebsmittel<br />

Seite 44<br />

Erzeugung möglichst trockener Luft <strong>der</strong> physikalische Zusammenhang ausgenutzt,<br />

dass bei <strong>der</strong> Kompression über den Sättigungspunkt hinaus bei gleichbleiben<strong>der</strong><br />

Temperatur Wasser ausgeschieden wird. Umgekehrt verringert sich die<br />

Luftfeuchtigkeit, wenn bei gleichbleiben<strong>der</strong> Temperatur verdichtete Luft entspannt<br />

wird. Die Luftkühlung wird durch Kühler erreicht, die je<strong>der</strong> Druckstufe nachgeschaltet<br />

werden. Bei <strong>der</strong> Wahl des Entspannungsverhältnisses von 1:4 bis 1:6 ergeben sich<br />

Erzeugerdrücke von bis zu 180 bar. In <strong>der</strong> zentralen Drucklufterzeugungsanlage wird<br />

die Luft auf Verteilungsdruck (ca. 60 bar) reduziert und über ein<br />

Rohrleitungsringsystem an die Verbraucher verteilt, wo eine erneute Druckreduktion<br />

auf Betriebsdruck erfolgt.<br />

Im Gegensatz zur Gleichstromtechnik, bei <strong>der</strong> die Luftströmung quer zum Lichtbogen<br />

geblasen wird, wird hier in Längsrichtung des Bogens geblasen, so dass im Strom-<br />

Nulldurchgang die dünne, langgezogene Lichtbogensäule ihre Wärmeenergie an die<br />

vorbeiströmende Druckluft verliert. Die Löschmittelströmung ist immer vom Strom<br />

unabhängig. Nachteilig wirkt sich <strong>der</strong> fehlende Wasserstoffeffekt aus, so dass hohe<br />

Einschaltfrequenzen nicht gut beherrscht werden. Als Wasserstoffeffekt werden die<br />

guten Lösch- und dielektrischen Eigenschaften des Wasserstoffes bezeichnet,<br />

dessen Wärmeleitfähigkeit 17mal so groß wie die von Luft und dessen Lichtbogen-<br />

Spannungsfall 13,5mal so groß wie <strong>der</strong> von Luft ist. Daher werden oft nie<strong>der</strong>ohmige<br />

Wi<strong>der</strong>stände parallel zur Ausschaltstrecke angeordnet, die die Amplitude <strong>der</strong><br />

Einschaltfrequenzen verringert.<br />

Der SF6-Schalter hat als Gasströmungsschalter gegenüber dem Druckluftschalter<br />

einen geschlossenen Kreislauf. Nach <strong>der</strong> Kontakttrennung entsteht ein Gasplasma,<br />

das das umgebende SF6-Gas weiter erhitzt und einen Überdruck erzeugt. Durch das<br />

Magnetfeld des Stromes in einer in Reihe geschalteten Spule wird eine Rotation des<br />

Lichtbogens hervorgerufen, die einerseits ständig kaltes Gas heranführt und<br />

zusätzlich den spezifischen Abbrand an den Kontaktstücken reduziert. Wie im<br />

Druckluftschalter erreicht das Gas Überschallgeschwindigkeit; die laminare Strömung<br />

in <strong>der</strong> Düse reißt am Ende ab und expandiert. Die dadurch entstehenden<br />

Turbulenzen mischen das Bogenplasma mit dem relativ kühlen Umgebungsgas. Die<br />

Lichtbogenlöschung wird dann durch die guten Wärmeeigenschaften des SF6 bei<br />

niedrigen Temperaturen (Stromnulldurchgang) und die Fähigkeit, freie Elektronen an<br />

das Gasmolekül zu binden (elektronegatives Verhalten) erleichtert: die Schaltstrecke<br />

wird schnell dielektrisch wie<strong>der</strong>verfestigt. Bei kleinen Strömen (~ 100 – 200 A) ist<br />

zusätzlich ein Kompressionskolben erfor<strong>der</strong>lich, um ausreichende Druckverhältnisse<br />

zu erzielen. Die benötigte Schaltarbeit ist gering; die Gefahr des Abreißens kleiner<br />

Ströme (Chopping) wird verringert.<br />

Nach dem Ausschaltvorgang wird das Löschgas nicht ausgestoßen, son<strong>der</strong>n die<br />

durch den Lichtbogen zersetzten Moleküle rekombinieren zum größten Teil. Die<br />

Restpartikel (Metallfluoride) werden in Filtern gebunden. Zusätzlich zum Vorteil <strong>der</strong><br />

Unabhängigkeit von Umwelteinflüssen bringt <strong>der</strong> geschlossene Kreislauf eine große<br />

Geräuschreduzierung mit sich.<br />

Bei Leistungsschaltern <strong>für</strong> Hoch- und Höchstspannung wird die wie<strong>der</strong>kehrende<br />

Spannung durch eine Mehrfach-Reihenunterbrechung beeinflusst. Durch diese<br />

Aufteilung eines Schalterpoles entfallen auf die Schaltstrecken nur Teilbeträge <strong>der</strong><br />

die wie<strong>der</strong>kehrenden Spannung, so dass sich eine reduzierte<br />

Spannungsbeanspruchung ergibt. Eine gleichmäßige Aufteilung <strong>der</strong> Teilspannungen<br />

wird über eine Parallelschaltung aus Kondensatoren und Wi<strong>der</strong>ständen zur<br />

Schaltstrecke. Als Kontaktmaterial <strong>der</strong> <strong>für</strong> die Führung <strong>der</strong> Betriebsströme<br />

zuständigen Hauptkontakte wird in den selbstfe<strong>der</strong>nden Kontakttulpen eine Mischung


Betriebsmittel<br />

Seite 45<br />

aus Kupfer-Chrom-Zirkon (CuCrZr) o<strong>der</strong> Silberbronze (CuAg) eingesetzt. An den<br />

Kontaktstellen wir dann eine ca. 20 µm dicke Schicht aus Silber (Ag) galvanisch<br />

aufgebracht. Bei den heute fast ausschließlich eingesetzten SF6-Schaltern bestehen<br />

die Abbrandkontakte aus extrem abbrandfesten Wolfram-Kupfer-Tränkwerkstoffen<br />

(WCu). Je höher <strong>der</strong> zu beherrschende Kurzschlussstrom ist, desto fester muss das<br />

gesinterte Wolframgerüst sein. Durch die Kühlung, die durch das Verdampfen des<br />

Kupfers bei ca. 2200°C entsteht, wird das erst bei weitaus höheren Temperaturen<br />

schmelzende Wolframgerüst thermisch entlastet; zusätzlich <strong>der</strong> Umgebung<br />

Verdampfungsenergie entzogen.<br />

Beim ölarmen Leistungsschalter befindet sich die Löschkammer in einem Ölgefäß.<br />

Durch die hohe Temperatur des Lichtbogens verdampft das Öl und wird zersetzt: Es<br />

bildet sich eine Gasblase aus Nassdampf (außen) und Heißdampf,<br />

Kohlenwasserstoff, Wasserstoff in molekularer und atomarer Form (innen, 5000 –<br />

10000 K) sowie Acetylen. Die hohe Wärmeleitfähigkeit und die hohe spezifische<br />

Wärme des Wasserstoffs ermöglichen die guten Löscheigenschaften, d. h. die<br />

Kühlung des Lichtbogens. Der entstehende hohe Gasdruck erzeugt durch eine<br />

speziell gestaltete Löschkammerform (Ringkanal) eine heftige, quer auf die<br />

Lichtbogensäule gelenkte Strömung, die dem Lichtbogen Energie entzieht und die<br />

Plasmasäule entionisiert. Das entstandene Gas – in <strong>der</strong> Menge proportional zur<br />

Lichtbogenarbeit – sammelt sich im Schalterkopf, wird gekühlt und entweicht über<br />

Entlastungsventile. Da die Intensität <strong>der</strong> Löschmittelströmung von <strong>der</strong> Größe des<br />

auszuschaltenden Stromes abhängig ist, sorgt bei kleinen Strömen eine<br />

Pumpeinrichtung <strong>für</strong> eine ausreichende Strömung. Durch die relative sanfte<br />

Lichtbogenbearbeitung sind die entstehenden Schaltüberspannungen gering.<br />

Nachteilig wirkt sich aus, dass die entstehenden Schaltgase in die Umwelt abgeleitet<br />

werden müssen und dass ein Teil des Schalteröles irreversibel verän<strong>der</strong>t wird.<br />

Gegenüber SF6- bzw. Vakuumschaltern sind die Revisionsintervalle daher kurz. Im<br />

Störungsfall kann das austretende Schalteröl in Brand geraten.<br />

Der Lichtbogen im Vakuum löscht völlig an<strong>der</strong>s als ein Lichtbogen im Gas. Die<br />

Schaltkammer besteht aus einem hochevakuiertem Gehäuse mit Keramikzylin<strong>der</strong>n.<br />

Darin stehen sich zwei Elektroden gegenüber, von denen eine mit Hilfe eines<br />

außerhalb <strong>der</strong> Kammer befindlichen Antriebs bewegt werden kann. Ein<br />

Metallfaltenbalg, einerseits fest mit dem Stempel des Kontaktes und an<strong>der</strong>erseits<br />

fest mit dem Keramikzylin<strong>der</strong> verbunden, bildet den hermetischen Abschluss<br />

zwischen Außenluft und dem Innern <strong>der</strong> Kammer. Ein isoliert angebrachter Zylin<strong>der</strong><br />

bildet den Kondensationsschirm. Zur Funktion <strong>der</strong> Kammer ist ein Druck von weniger<br />

als 10 -4 mbar erfor<strong>der</strong>lich (bei <strong>der</strong> Herstellung wird ein Anfangsdruck von 10 -9 mbar<br />

erzeugt; bei einer angenommenen Leckrate von 3 x 10 -13 mbar mal Liter pro<br />

Sekunde würde bei einem Schaltgefäß von einem Liter Inhalt in ca. 20 Jahren <strong>der</strong><br />

zur Funktion erfor<strong>der</strong>liche Druck erreicht sein. Tatsächlich liegt die Leckrate von<br />

Schaltkammern bei 10 -15 mbar mal Liter pro Sekunde).<br />

Beim Öffnen <strong>der</strong> Kontakte werden im Vakuum aus dem verdampfenden<br />

Kontaktmaterial <strong>der</strong> Schaltstücke eine Metalldampf-Bogenentladungen eingeleitet,<br />

über die <strong>der</strong> Strom bis zum nächsten Nulldurchgang fließt. Bei kleinen Strömen<br />

brennt <strong>der</strong> Bogen als diffuse Entladung mit vielen Kathodenflecken; erst ab etwa 10<br />

kA kontrahiert er zu einer konzentrierten Bogenentladung. Die hohe dielektrische<br />

Festigkeit von Vakuum erlaubt kleine Kontaktabstände von ca. 10 mm und somit ist<br />

die umgesetzte Energie des Lichtbogens wegen seiner geringen Länge, seiner<br />

hohen Leitfähigkeit (Brennspannung zw. 20 - 200 V) und <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> Teilbögen<br />

sehr klein. In <strong>der</strong> Nähe des Stromnulldurchgangs erlöschen die Lichtbögen und


Betriebsmittel<br />

Seite 46<br />

kondensieren innerhalb weniger Mikrosekunden wie<strong>der</strong> zum größten Teil auf den<br />

Metallflächen <strong>der</strong> Elektroden. Die Schaltstrecke ist somit sehr schnell<br />

wie<strong>der</strong>verfestigt, was insbeson<strong>der</strong>s beim Schalten von kapazitiven Strömen von<br />

Vorteil ist. Durch geeignete Abschirmungen werden die schweren Partikel des<br />

Metalldampfs von <strong>der</strong> Isolierung ferngehalten. Dadurch, durch den geringen<br />

Schaltstückabbrand, die kurzen Lichtbogenzeiten (< 15 ms) und dem geringen<br />

Energieumsatz ist die Schaltkammer wartungsfrei.<br />

Bei Strömen größer als ca. 10 kA wird <strong>der</strong> Lichtbogen durch das Eigenmagnetfeld<br />

stark komprimiert. Um beim Ausschalten solcher Strömen eine lokale Überhitzung an<br />

den Kontakten zu vermeiden, sind diese durch Schlitze in den Kontaktträgern so<br />

ausgebildet, dass <strong>der</strong> Lichtbogen nicht an einer einzigen Stelle stehenbleibt, son<strong>der</strong>n<br />

durch das Eigenmagnetfeld mit einer Rotation beginnt. Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit zur<br />

Verhin<strong>der</strong>ung von Aufschmelzungen und Kontaktbeschädigungen besteht darin,<br />

dass axiale Magnetfel<strong>der</strong> die Bogenkontraktion erschweren.<br />

Der Ausschaltvorgang gestaltet sich schwierig, wenn <strong>der</strong> zu schaltende Strom so<br />

gering ist, dass die Metalldampf-Bogenentladung nicht mehr aufrechterhalten werden<br />

kann. Jetzt reißt <strong>der</strong> Strom schon vor dem natürlichen Nulldurchgang ab und bei<br />

Schalten von induktiven Strömen droht die Gefahr von unzulässigen<br />

Schaltüberspannungen. Durch konstruktive Maßnahmen (z. B. voreilende<br />

Kontaktöffnung eines Schalterpoles) und durch Verwendung von geeignetem<br />

Kontaktmaterial ist <strong>der</strong> Abreißstrom auf möglichst kleine Werte (5 ... 10 A) zu<br />

begrenzen.<br />

Die im Vakuum erfor<strong>der</strong>lichen Ladungsträger zum Aufbau eines Lichtbogens<br />

(Vakuumbogen) müssen vom Kontaktmaterial gestellt werden. Der Werkstoff <strong>der</strong><br />

Kontakte bestimmt daher in starkem Maße das Schaltverhalten; aus diesem Grund<br />

müssen hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Kontaktwerkstoffe gestellt werden, z. B. geringer<br />

Gasgehalt, hohe Reinheit <strong>der</strong> Komponenten, hohe Abbrandfestigkeit und hohe<br />

Verschweißresistenz. Eine gute Kombination <strong>für</strong> diese Anfor<strong>der</strong>ungen stellen Kupfer-<br />

Chrom-Verbundwerkstoffe (CuCr) dar.<br />

Im Hochvakuum <strong>der</strong> Leistungsschalterröhre wird <strong>der</strong> Gültigkeitsbereich des Paschen-<br />

Gesetzes verlassen und die Durchschlagspannung ist von <strong>der</strong> Mikrostruktur <strong>der</strong><br />

Elektrodenoberfläche abhängig. Das Isoliervermögen <strong>der</strong> offenen Schaltstrecke ist<br />

nach einer Einschaltung mit einem kleinem Strom und nachfolgen<strong>der</strong> stromloser<br />

Ausschaltung herabgesetzt, da sich auf <strong>der</strong> Kontaktoberfläche winzige<br />

Verschweißungen des Kontaktmaterials bilden. Mechanisch sind sie ohne Einfluss<br />

und werden bei einer Ausschaltung mit höherem Strom „weggebrannt“<br />

(Konditionierung <strong>der</strong> Kontaktflächen).<br />

Eine physikalische Eigenschaft <strong>der</strong> Vakuumisolation ist die Möglichkeit <strong>der</strong> Emission<br />

von Röntgenstrahlung bei geöffneter Schaltstrecke. Die Feldstärkeerhöhung kann die<br />

vorhandenen Elektronen beschleunigen, so dass Ionisierungen erleichtert werden<br />

und Moleküle bzw. Atome angeregt werden, kurzwellige Lichtquanten zu emittieren.<br />

Bei ordnungsgemäßen Betrieb, d. h. Anlegen <strong>der</strong> Bemessungs-<br />

Stehwechselspannung und Nennwert des Kontaktabstandes, wird die Ortsdosis von<br />

1μSv/h in 10 cm Abstand (For<strong>der</strong>ung bei <strong>der</strong> Typprüfung bei PTB) nicht<br />

überschritten.<br />

Die Wartungstätigkeiten bei Vakuum-Leistungsschaltern beschränken sich bei<br />

gewöhnlichen Betriebsbedingungen alle vier Jahre auf die Kontrolle des äußeren<br />

Allgemeinzustandes und einer Inspektion des Antriebes. Dabei ist eine Sichtprüfung<br />

<strong>der</strong> Schmierstellen durchzuführen und durch mehrere Leerschaltungen (insbes. an


Betriebsmittel<br />

Seite 47<br />

betriebsmäßig selten geschalteten Schaltern) den ordnungsgemäßen Ablauf <strong>der</strong><br />

elektrischen und mechanischen Funktionen zu prüfen.<br />

Weitergehende Wartungen des Antriebes nach den vom Hersteller vorgeschriebenen<br />

Schaltspielzahlen umfassen den Austausch von mechanisch hochbelasteten Teilen<br />

sowie umfangreiche elektrische Funktionsprüfungen und sind nur nach gründlicher<br />

Schulung durch den Hersteller durchzuführen.<br />

Die Vakuum-Schaltkammer im Schalterpol ist bis zur zulässigen Schaltspielzahl bzw.<br />

<strong>der</strong> Summenstromgrenze wartungsfrei. Eine Kontrolle des Vakuums (mindestens<br />

erfor<strong>der</strong>lich bei äußerer mechanischer Krafteinwirkung auf einen Schalterpol) kann<br />

durch eine Gleichspannungsprüfung über die offene Schaltstrecke erfolgen. Die<br />

Höhe <strong>der</strong> Prüfspannung hängt von <strong>der</strong> Nennspannung des Schalters ab<br />

(Anhaltswerte: UN = 12 kV Uprüf = 25...40 kV; UN ≥ 24 kV Uprüf = 57 kV). Eine Prüfung<br />

mit höheren Spannungen ist unbedingt zu vermeiden, da sonst eine<br />

Röntgenstrahlung entstehen kann. Die Isolierstrecke des Schalters wird mindestens<br />

dreimal <strong>für</strong> eine Dauer von fünf Sekunden mit Hochspannung beaufschlagt. Vor <strong>der</strong><br />

Messung sind die Isolatoren und Stützer gründlich von Fremdschichten zu säubern,<br />

um Fehlmessungen vorzubeugen (Riso>10 9 Ω). Bei <strong>der</strong> ersten Messung können die<br />

oben beschriebene Feldströme aus den Kontaktflächenspitzen ein schlechtes<br />

Isoliervermögen vortäuschen. Wird bei je<strong>der</strong> Messung ein Durchschlag festgestellt,<br />

weist dies auf einen zu hohen Innendruck in <strong>der</strong> Schaltröhre hin; sie ist unbrauchbar<br />

und auszutauschen.<br />

Im Anschluss an Leistungsschalterwartungen wird im allgemeinen eine<br />

Funktionsprüfung <strong>der</strong> angeschlossenen Netzschutzrelais durchgeführt, um<br />

eventuelle Fehler im Schutzkreis, die durch die Schalterrevision hervorgerufen<br />

wurden, auszuschließen.<br />

Gelegentlich finden sich vereinzelt in älteren Schaltanlagen noch Expansin-Schalter,<br />

<strong>der</strong>en Löschmedium aus einer Mischung von Wasser mit Glykol besteht. Die hohe<br />

Lichtbogentemperatur erzeugt hier um den Bogenkern einen Mantel aus überhitztem<br />

Wasserdampf. Im Nulldurchgang des Stromes wird die Lichtbogenleistung und <strong>der</strong><br />

Druck reduziert, so dass an <strong>der</strong> Grenzschicht zwischen Dampf und Flüssigkeit das<br />

Gleichgewicht Druck ⇔ Temperatur gestört wird. In <strong>der</strong> explosionsartig auftretenden<br />

Nachverdampfung entstehen Flüssigkeitstropfen, die den Lichtbogen intensiv kühlen.<br />

Diese Erscheinung wird Expansionseffekt genannt. Der hohe konstruktive Aufwand<br />

hat dazu geführt, dass dieser Schalter auch in den angelsächsischen Län<strong>der</strong>n, in<br />

denen er häufig vertreten war, immer weniger anzutreffen ist.<br />

Transformatoren<br />

Für den Betrieb elektrischer Netze stellt <strong>der</strong> Leistungstransformator ein wichtiges<br />

Anpassungsglied dar. Er passt Spannung und Strom an die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong><br />

Erzeuger, Verbraucher und Übertragungseinrichtungen an, sorgt <strong>für</strong> die notwendige<br />

Spannungshaltung, beeinflusst den Wirk- und Blindleistungsfluss und bestimmt<br />

wesentlich die Kurzschluss- und Erdschlussströme im Netz. Seine wichtigsten<br />

Kenngrößen sind die Nennleistung (Wirkleistungsbedarf und Leistungsreserve), die<br />

Nennübersetzung und Einstellbereiche (Spannungshaltung) sowie die Impedanzen<br />

(Kurzschluss und Erdschluss). Diejenige Wicklung, <strong>der</strong> die Energie zugeführt wird,<br />

heißt stets die Primärwicklung (unabhängig davon, ob sie die höhere Spannung<br />

(Oberspannung) o<strong>der</strong> die niedrigere (Unterspannung) aufweist), die Wicklung, die die<br />

Energie abgibt, wird Sekundärwicklung genannt. Die bewickelten Teile des<br />

Eisenkerns heißen Schenkel, sie werden durch die Joche verbunden. Zur


Betriebsmittel<br />

Ringkerntrafo von Zipernowsky, Déri und Bláthy, 1885<br />

Seite 48<br />

Umspannung sind mindestens zwei Wicklungen o<strong>der</strong> Wicklungsteile erfor<strong>der</strong>lich, die<br />

i.a. ineinan<strong>der</strong> gewickelt sind. Aus isolationstechnischen Gründen ist die<br />

Unterspannungswicklung meistens innen, d.h. nahe dem Eisenkern und die<br />

Oberspannungswicklung außen angeordnet. Die Anschlüsse an <strong>der</strong> OS-Wicklung<br />

werden mit 1U1, 1V1, 1W1 und N bezeichnet, die <strong>der</strong> US-Wicklung mit 2U1, 2V1,<br />

2W1 und n. Die – i.a. nicht zugänglichen - Wicklungsenden tragen an <strong>der</strong> jeweils<br />

letzten Stelle die Ziffer 2, z. B. 1U2, 1V2 und 1W2.<br />

Das Prinzip des Transformators beruht auf dem im Jahre 1831 von Michael Faraday<br />

(1791-1867) und Joseph Henry (1797-1878) entdeckten Induktionsgesetz. Aber erst<br />

1856 wurde <strong>der</strong> erste eisengeschlossene Transformator von S. Varley gebaut. Im<br />

Jahre 1885 erhielten die Herren Károly Zipernowski, Miksa Déri und Otto Titus Bláthy<br />

aus Ungarn ein Patent <strong>für</strong> ein Stromverteilungssystem mit Ringkerntransformator.<br />

Nachdem Friedrich August Haselwan<strong>der</strong> 1887 ein Dreiphasen-Wechselstromsystem<br />

angab, gelang 1891 <strong>der</strong> Schritt zum heute üblichen Drehstromtransformator in<br />

Dreischenkelbauform nach grundlegenden Veröffentlichungen von Gisbert Kapp<br />

(1888). Der Oberingenieur von AEG, Michael von Dolivo-Dobrowolsky, entwickelte<br />

1890 einen<br />

Transformator, mit<br />

dem es möglich<br />

wurde, die elektrische<br />

Energie mit<br />

Hochspannung über<br />

weite Strecken zu<br />

transportieren (1891:<br />

erste<br />

Drehstromübertragun<br />

g von Laufen am<br />

Neckar nach<br />

Frankfurt mit Yy-<br />

Trafos, Transport von ca. 100 kW über 175 km bei 8,5 kV, η = 72,5%; Sternpunkte<br />

nie<strong>der</strong>ohmig geerdet).<br />

Faraday entdeckte, dass bei Stromän<strong>der</strong>ung in einer Spule, z.B. bei Ein- o<strong>der</strong><br />

Ausschalten, zwischen Anfang und Ende einer zweiten Spule eine Spannung<br />

gemessen werden kann. Der Strom baut mit <strong>der</strong> ersten Spule ein Magnetfeld auf,<br />

welches auch die zweite Spule durchsetzt. Die Summe aller geschlossenen<br />

Flusslinien bilden den Gesamtfluss Φ1. Aber nicht alle Flusslinien durchsetzen auch<br />

die zweite Spule; einige schließen sich über Luft außerhalb <strong>der</strong> zweiten Spule. Man<br />

nennt den verketteten Fluss den Nutz- o<strong>der</strong> Hauptfluss Φh , den Fluss, <strong>der</strong> nicht die<br />

zweite Spule durchdringt, den Streufluss Φσ. Die Richtung <strong>der</strong> magnetischen<br />

Kraftlinien merkt man sich nach <strong>der</strong> „rechten Handregel“: Legt man die rechte Hand<br />

so um eine Spule, dass die Finger in Stromrichtung zeigen, dann zeigt <strong>der</strong><br />

abgespreizte Daumen die Feldlinienrichtung im Innern <strong>der</strong> Spule an.<br />

Die induzierte Spannung ist um so höher, je größer die Windungsanzahl, die<br />

Flussän<strong>der</strong>ung und je kleiner die Zeit ist, in <strong>der</strong> die Flussän<strong>der</strong>ung stattfindet.<br />

Mathematisch wird dieses Verhalten <strong>für</strong> den idealen Transformator durch folgende<br />

Gleichungen ausgedrückt:<br />

U1 = n1∗<br />

t<br />

ΔΦ<br />

Δ<br />

U 2 = n 2 ∗<br />

t<br />

ΔΦ<br />

Δ


Bez.<br />

Dicke<br />

mm<br />

Ummagnet.-verluste<br />

bei 1,5T, 50 Hz<br />

W/kg<br />

M097-30S 0,3 0,88<br />

Betriebsmittel<br />

Anmerkung<br />

norm.<br />

kornorientiert<br />

M105-30P 0,3 0,78 Hi-Bi<br />

M090-23P 0,23 0,65 Hi-Bi<br />

M085-23P 0,23 0,62 Hi-Bi + Laser<br />

Kernbleche<br />

U<br />

U<br />

1<br />

2<br />

n1<br />

=<br />

n<br />

2<br />

Flußdichte B →<br />

Eisen<br />

Luft<br />

Seite 49<br />

Unter Vernachlässigung <strong>der</strong> inneren Verluste ist die Leistung <strong>der</strong> Ausgangswicklung<br />

so groß wie die <strong>der</strong> Eingangswicklung. Daraus kann gefolgert werden:<br />

U1∗ I1 = U 2 ∗ I 2 ⇒ U<br />

U<br />

I<br />

I<br />

1<br />

2<br />

n<br />

=<br />

n<br />

Als Maß <strong>für</strong> den Innenwi<strong>der</strong>stand wird die<br />

Kurzschlussspannung angegeben. Sie ist die<br />

ungesättigt<br />

Spannung, die bei Nennfrequenz und<br />

kurzgeschlossener Ausgangswicklung an <strong>der</strong><br />

Eingangswicklung liegen muss, damit diese den<br />

Nennstrom IN aufnimmt und wird in <strong>der</strong> Regel nicht<br />

in Volt, son<strong>der</strong>n als bezogene Größe uZ in % <strong>der</strong><br />

Nennspannung angegeben. Transformatoren mit<br />

Bereich <strong>der</strong> Sättigung<br />

niedriger Kurzschlussspannung besitzen einen<br />

kleinen Innenwi<strong>der</strong>stand, sie sind spannungssteif<br />

und die Ausgangsspannung sinkt bei Belastung nur<br />

Feldstärke H →<br />

wenig ab. Umgekehrt sind Transformatoren mit Magnetisierungskurven<br />

hoher Kurzschlussspannung spannungsweich und erhöhen den Blindleistungsbedarf.<br />

Der sich nach einem Kurzschluss einstellende Dauerkurzschlussstrom Ikd ist bei<br />

Transformatoren mit kleiner Kurzschlussspannung groß.<br />

2<br />

1<br />

I =100 ∗<br />

kd<br />

Durch unterschiedliche Wicklungsanordnungen kann die Streuung und damit die<br />

Höhe <strong>der</strong> Kurzschlussspannung beeinflusst werden.<br />

Kernaufbau<br />

Durch die Wahl von geeigneten Dynamoblechen (Vergrößerung von μr ⇒<br />

Vergrößerung von B bei gleichem Strom) lässt sich die induzierte Spannung steigern.<br />

Im Gegensatz zur eisenlosen Spule ist das Verhältnis von Spulenstrom und<br />

Flussdichte nicht mehr linear, son<strong>der</strong>n bei steigendem Strom richten sich die<br />

1<br />

2<br />

I<br />

u<br />

Z<br />

I<br />

=<br />

I<br />

2<br />

1<br />

Elementarmagnete im Eisenkern<br />

bis zur magnetischen Sättigung<br />

aus. In diesem Kennlinienbereich<br />

ist <strong>der</strong> Eisenkern als magnetischer<br />

Leiter vollkommen wirkungslos. Im<br />

Transformatorenbau werden seit<br />

den fünfziger Jahren<br />

ausschließlich kornorientierte,<br />

kaltgewalzte Bleche mit einer<br />

Stärke von 0,3 mm eingesetzt


Betriebsmittel<br />

Seite 50<br />

(Entdeckung durch Goss in USA 1934). Zur Minimierung von Wirbelströmen<br />

zwischen den Blechen sind sie mit einer dünnen Silikat-Phospat-Beschichtung<br />

versehen. Gegen die Ausbildung von Wirbelströmen innerhalb <strong>der</strong> Bleche werden<br />

hauptsächlich Zusätze aus Silizium verwendet, wodurch aber die gute magnetische<br />

Leitfähigkeit etwas leidet. Durch die Walzrichtung erhält das Blech eine<br />

Vorzugsrichtung, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Magnetisierungsstrombedarf um etwa 30% geringer ist<br />

als in Querrichtung. Daher müssen die Bleche an den Stoßstellen von Schenkeln<br />

und Jochen Schrägschnitte (45° bzw. 90°)<br />

aufweisen. Ende <strong>der</strong> sechziger Jahre wurde in<br />

Japan Bleche mit einer schärferen<br />

Kornorientierung und einer verbesserten<br />

Oberfläche (geringere Empfindlichkeit gegenüber<br />

mech. Beanspruchungen beim Trennen und<br />

Ablängen) entwickelt. Sie werden in<br />

Weiterentwicklung durch Laserstrahlbehandlung<br />

heute als Hi-Bi-Bleche in Stärken von 0,23 - 0,3<br />

mm eingesetzt. Eine weitere Verbesserung wird<br />

dadurch erzielt, dass an den Stoßstellen die<br />

Bleche nicht mehr einfach übereinan<strong>der</strong> liegen,<br />

son<strong>der</strong>n in fünf bis sieben Positionen gegenseitig<br />

gestaffelt sind (Step-Lap-Kern). Eine<br />

Dreischenkelkern<br />

Verlustreduktion um ca. 5%, eine Geräuschreduktion um rd. 5 dB(A) und ein deutlich<br />

verringerter Leerlaufstrom, allerdings nur bei Induktionen zwischen 1,4 und 1,6 T, ist<br />

die Folge. Um die notwendige mechanische Festigkeit zu erzielen, werden die<br />

Schenkel durch Bandagen und durch Verkeilungen gegen die innenliegende<br />

Wicklung gesichert. Die früher übliche Bolzenpressung, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> magnetische<br />

Fluss eingeschnürt wird und quer zur Walzrichtung ausweichen muss, wird so<br />

vermieden. Der Pressdruck <strong>für</strong> Schenkel und Joche ist aber relativ gering, da bei<br />

kornorientierten Blechen die Leerlaufverluste und die Geräusche durch mechanische<br />

Spannungen erhöht werden. Ebenso ist auf eine geringe Welligkeit <strong>der</strong> gelieferten<br />

Bleche, eine vollkommene Isolation <strong>der</strong> Bleche untereinan<strong>der</strong>, eine gleichmäßige<br />

Pressung und auf eine verspannungsfreie Schichtung zu achten.<br />

Um den Innendurchmesser <strong>der</strong> Transformatorwicklungen möglichst gut auszunutzen,<br />

nähert man durch eine 5- bis 15fache Stufung <strong>der</strong> Blechbreiten den Eisenquerschnitt<br />

an die Kreisform an.<br />

Die nachfolgenden Zahlen verdeutlichen die Menge <strong>der</strong> verbauten Bleche:<br />

SN= 400kVA: 4520 Stck. Bleche mit einer Gesamtlänge von 2633,9 m und einem<br />

Nettogewicht von 497,6 kg<br />

SN=630 kVA: 5000 Stck. Bleche mit einer Gesamtlänge von 3297 m und einem<br />

Nettogewicht von 675 kg<br />

Der übliche Kerntyp <strong>für</strong> dreiphasige Transformatoren aller Leistungsgrößen ist <strong>der</strong><br />

Dreischenkelkern. Werden bei Großtransformatoren beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Transporthöhe gestellt, kommt <strong>der</strong> Fünfschenkelkern zu Einsatz.<br />

Dabei werden die Joche <strong>der</strong> drei Hauptsäulen durch zwei zusätzliche Rückflussjoche<br />

verbunden. Damit werden alle Jochquerschnitte, die Jochhöhen und die<br />

Kernbauhöhen im Vergleich zum Dreischenkelkern verringern.<br />

100 %<br />

100 %


Wicklungsaufbau<br />

Betriebsmittel<br />

Bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Wicklungen müssen beson<strong>der</strong>s berücksichtigt werden:<br />

Seite 51<br />

• die mechanische und thermische Festigkeit muss so gewählt werden, dass die<br />

auftretenden Kurzschlussströme sicher beherrscht werden.<br />

• die elektrische Festigkeit <strong>für</strong> Wechsel- und Stoßspannungsbeanspruchungen<br />

muss so hoch sein, dass die gefor<strong>der</strong>ten dielektrischen Prüfungen sicher<br />

bestanden werden.<br />

• die Wirbelstrom-Zusatzverluste müssen gering sein<br />

Die Wicklungssysteme aus Kupfer o<strong>der</strong> Aluminium werden mehrfach konzentrisch zu<br />

den Schenkelachsen angeordnet. Durch eine Presskonstruktion wird erreicht, dass<br />

innerhalb des Wicklungsaufbaues kein freies Spiel entsteht, in dem die radialen und<br />

axialen Kurzschlusskräfte (resultierend aus den Radialkomponenten des<br />

magnetischen Streufeldes) zur Geltung kommen (schlagartige Beanspruchung und<br />

Lockerung des Isolationsaufbaues). Axiale Kräfte werden durch einen möglichst<br />

symmetrischen Wicklungsaufbau und durch sorgfältige Vortrocknung minimiert, die<br />

Beanspruchungen durch radiale Kräfte werden durch Distanzleisten und<br />

Isolierzylin<strong>der</strong> zwischen den Wicklungen und dem Kern aufgenommen. In diesem<br />

Zusammenhang ist beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Wicklungslänge und<br />

Presskraft von Bedeutung um bei gemeinsamer Pressung von Ober- und<br />

Unterspannungswicklung die Presskraftverteilung optimal zu gewährleisten.<br />

Der Aufbau <strong>der</strong> Wicklungen orientiert sich an <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Spannungsfestigkeit<br />

hinsichtlich Betriebsspannung und Stoßspannungsbeanspruchung. Bei <strong>der</strong><br />

Betriebsspannungsbeanspruchung ist beson<strong>der</strong>s die Lagenspannung zwischen zwei<br />

benachbarten Windungen und die Windungsspannung zwischen<br />

aufeinan<strong>der</strong>folgenden Windungen zu beachten. Beim Eindringen von<br />

Stoßspannungswellen mit steiler Spannungsstirn (Blitzeinschläge) wird die Isolation<br />

des ersten und letzten Wicklungsstranges durch hohe Windungsspannungen stark<br />

beansprucht. Typische Wicklungsarten sind <strong>für</strong> Hochspannungswicklungen sind<br />

Schrauben-, Scheiben- und Lagenwicklungen in Einzel- und Doppelspulen- bzw.<br />

lagenschaltung.<br />

Im Spannungsbereich bis ca. 45 kV überwiegen die Lagen- und<br />

Schraubenwicklungen.<br />

Bei Ortsnetztransformatoren werden auf <strong>der</strong> Unterspannungsseite Bandwicklungen<br />

aus Kupfer o<strong>der</strong> Aluminium bevorzugt, da sie neben geringen Fertigungszeiten im<br />

Kurzschlussfall keine Beeinträchtigung durch axiale Kontraktionskräfte erfahren. Die<br />

Oberspannungswicklungen werden hauptsächlich als Lagenwicklung mit<br />

lackdrahtisolierten Runddrähten ausgeführt.<br />

Kessel<br />

Die Öltransformatoren besitzen einen Ölkessel (Glattblechkessel, Wellblechkessel,<br />

Harfenrohrkessel), in dem Kern und Wicklung untergebracht sind.<br />

Das sich bei Erwärmung ausdehnende Transformatorenöl ist gegen Sauerstoffzufuhr<br />

(Gefahr <strong>der</strong> Verharzung) und Feuchtigkeitszutritt (Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Durchschlagspannung) zu schützen (<strong>der</strong> Transformator atmet). Aus diesem Grund<br />

wird das sich oberhalb des Kessels befindende Ölausdehnungsgefäß nur teilweise<br />

mit Öl gefüllt. Über dem Ölspiegel befindet sich getrocknete Luft, die über eine


Betriebsmittel<br />

Seite 52<br />

Trocknungsanlage mit <strong>der</strong> Außenluft in Verbindung steht. Traditionell wird hierbei die<br />

statische Trocknung (Luftentfeuchter) eingesetzt, bei <strong>der</strong> die Ölfüllung über eine<br />

Ölvorlage (zur Filterung von Staub- und Schmutzteilchen) und<br />

feuchtigkeitsadsorbierende Trockenperlen nach außen abgeschlossen wird. Die<br />

regenerierbaren, porösen Trockenperlen besitzen bei einer Korngröße von 3 bis 6<br />

mm eine sehr große spezifische Oberfläche. Nach einer Wasseraufnahme von<br />

ungefähr 5 Gewichts-% setzt eine Verfärbung aus dem ursprünglichen Orange in<br />

durchscheinend ein. Die Entfärbung beginnt in <strong>der</strong> unteren Schicht und setzt sich<br />

nach oben hin fort. Tritt jedoch in <strong>der</strong> obersten Schicht eine Entfärbung ein, so liegt<br />

eine Undichtigkeit zwischen Luftentfeuchter und Ausdehner o<strong>der</strong> am Glaszylin<strong>der</strong><br />

vor; sie ist umgehend zu beheben. Bei <strong>der</strong> Regenerierung in einem Trockenschrank<br />

mit Luftumwälzung erhalten die klaren Perlen bei 120 – 150°C in einigen Stunden<br />

ihre orange Farbe zurück 1 . Vor <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung muss das Trocknungsmittel<br />

abgekühlt sein.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Transformatoren bis etwa 2,5 MVA ohne Ölausdehnungsgefäß besitzen<br />

einen ausreichend elastischen Faltwellenkessel, <strong>der</strong> einen hermetischen Abschluss<br />

des Transformators gegenüber <strong>der</strong> Außenluft erlaubt (Hermetik-Trafo).<br />

Bei Wandlern im Hochspannungsbereich wird entwe<strong>der</strong> eine Druckdose in die<br />

Flüssigkeit eingebracht, die sich dem Druckverlauf entsprechend zusammendrückt<br />

o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Öloberfläche wird ein Gaspolster (meist N2) eingesetzt. Mit <strong>der</strong><br />

Ölniveauän<strong>der</strong>ung steigt o<strong>der</strong> fällt auch <strong>der</strong> Druck im Gaspolster.<br />

Zur Verringerung <strong>der</strong> Brandgefahr können (Verteil-)Transformatoren mit Silikonöl<br />

gefüllt werden (Ersatzstoff <strong>für</strong> die verbotenen Askarele [PCB]). In Wohn- und<br />

Geschäftshäusern<br />

werden oft<br />

Trockentransformatoren,<br />

z.B. Gießharz<br />

Folientransformatoren<br />

ohne Ölfüllung,<br />

aufgestellt. Bei<br />

Gießharztransformatoren<br />

sind die Wicklungen fest<br />

in Gießharz eingebettet.<br />

Sie können auch dort<br />

verwendet werden, wo<br />

aus Sicherheitsgründen<br />

Öltransformatoren nicht<br />

Störprotokoll eines Diff-Relais bei Einschalten eines 110-kV-Trafos<br />

zulässig sind (Einzelfälle<br />

regelt die EltBauVo <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> bzw. DIN VDE<br />

0105 Anhang).<br />

Einschalten des Transformators<br />

Beim Einschalten eines Transformators, auch im unbelasteten Zustand, können<br />

Einschaltstoßströme bis zum 10-fachen des Nennstromes auftreten (Einschaltrush).<br />

1 Die früher verwendeten blauen Entfeuchterperlen sind wegen des karzinogenen Indikators Cobalt-II-<br />

Chlorid CoCl2 verboten!


Betriebsmittel<br />

Seite 53<br />

Sie finden ihre Ursache im Restmagnetismus (remanente Flussdichte) des<br />

Eisenkernes. Beim Einschalten muss sich <strong>der</strong> Fluss än<strong>der</strong>n, um eine Spannung zu<br />

erzeugen. Hat <strong>der</strong> Remanzfluss dieselbe Richtung wie <strong>der</strong> entstehende magnetische<br />

Fluss, so ist das Eisen bald gesättigt, und nur sehr große Magnetisierungsströme<br />

können die erfor<strong>der</strong>liche Spannung erzeugen. Der ungünstigste Einschaltaugenblick<br />

ist <strong>der</strong> Nulldurchgang <strong>der</strong> Netzspannung. Die Zeit, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Rushstrom auf die<br />

Hälfte seines Spitzenwertes abgeklungen ist, beträgt bei Verteiltransformatoren acht<br />

bis zehn Perioden, bei großen Netztransformatoren bis zu 3600 Perioden (72 sec).<br />

Verluste<br />

Ein realer Transformator stellt lei<strong>der</strong> kein ideales elektrisches Betriebsmittel dar,<br />

son<strong>der</strong>n ist mit lastabhängigen (Kurzschluss) und lastunabhängigen (Leerlauf-)<br />

Verlusten behaftet. Die Kurzschlussverluste PK bzw. Pcu bestehen zum größten Teil<br />

aus Verlusten in den Wicklungen (Gleichstrom- o<strong>der</strong> ohmsche Verluste und geringe<br />

Wirbelstromverluste) und sind abhängig von <strong>der</strong> Belastung des Transformators. Die<br />

Leerlaufverluste P0 bzw. PFe finden ihre Ursache in <strong>der</strong> Magnetisierung des<br />

Eisenkerns; sie sind bei nicht schwanken<strong>der</strong> Betriebsspannung konstant. Für die<br />

Berechnung <strong>der</strong> Verluste bei einer beliebigen Belastung gilt:<br />

P<br />

V<br />

S<br />

=<br />

S<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

nenn<br />

2<br />

⎞<br />

⎟ ∗ P + P<br />

⎠<br />

Cu Fe<br />

Bei <strong>der</strong> Beschaffung <strong>der</strong> Transformatoren ist dies durch eine Verlustkapitalisierung<br />

nach <strong>der</strong> Barwertmethode zu berücksichtigen. Derjenige Transformator, dessen<br />

Summenwert aus Anschaffungspreis und kapitalisierten Verlusten am niedrigsten<br />

ausfällt, ist <strong>der</strong> günstigste.<br />

Aus den Berechnungen zum Wirkungsgrad und den Verlusten eines Transformators<br />

lässt sich die wirtschaftlich optimale Belastung ermitteln:<br />

Geräusche<br />

S<br />

opt<br />

= S<br />

nenn<br />

Bei den von Transformatoren erzeugten Geräuschen handelt es sich in erster Linie<br />

um magnetische Geräusche. Jedesmal, wenn die Induktion positive o<strong>der</strong> negative<br />

Werte annimmt, werden die Eisenbleche gestreckt, bei 50 Hz also 50 mal pro<br />

Sekunde bei den positiven Halbwellen und 50 mal bei den negativen Halbwellen. Es<br />

entsteht das charakteristische Brummen des Transformators mit 100 Hz, dem sich<br />

Oberwellen mit 200 Hz usw. überlagern. Die Streckung <strong>der</strong> Bleche beträgt nur<br />

wenige μm, erzeugt aber schon erhebliche Lautstärken, die über den Kessel auf das<br />

Fundament übertragen werden können und zu Belästigungen führen. Die Lautstärke<br />

ist nicht von <strong>der</strong> Belastung abhängig (bei <strong>der</strong> Kurzschlussmessung mit Nennstrom<br />

treten nahezu keine Geräusche auf, sehr wohl dagegen bei <strong>der</strong> Leerlaufmessung,<br />

insbeson<strong>der</strong>s, wenn die Spannung über ihren Nennwert gesteigert wird). Eine<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Geräusche lässt sich neben <strong>der</strong> Induktionssenkung im Eisenkern<br />

auch durch konstruktive Maßnahmen erreichen: Pfeilschnitt <strong>der</strong> Eisenbleche im<br />

Mittelschenkel und Schrägschnitt an den Außenschenkeln, bolzenlos ausgeführte<br />

Kerne und nicht zuletzt versteifte Kessel, so dass auch Eigenresonanzen vermieden<br />

werden. Die Körperschallübertragung vom Transformator auf sein Fundament kann<br />

×<br />

P0<br />

P<br />

k


Betriebsmittel<br />

Seite 54<br />

durch ein Masse-Fe<strong>der</strong>-System positiv beeinflusst werden, welches zusammen mit<br />

<strong>der</strong> Masse des Transformators auf eine niedrige Resonanzfrequenz abgestimmt<br />

wird. Für Verteiltransformatoren sind <strong>der</strong>artige Schwingungsdämpfer im Handel zu<br />

erwerben.<br />

Bei geräuscharmen Transformatoren mit ONAF-Kühlung spielen die Lüftergeräusche<br />

eine entscheidende Rolle. Sie sind stark von <strong>der</strong> Drehzahl und <strong>der</strong><br />

Flügelradgestaltung abhängig; um bei reduzierter Drehzahl eine ausreichende<br />

För<strong>der</strong>menge zu erhalten muss die Lüfteranzahl erhöht werden.<br />

Wicklungsverschaltung<br />

Entsprechend <strong>der</strong> Wicklungsverschaltung sind drei Schaltungsarten (Schaltgruppen)<br />

gebräuchlich. Zur Kennzeichnung <strong>der</strong> Schaltung benutzt man Kurzzeichen, die<br />

angeben, in welcher Art die Wicklungen zusammengeschaltet sind und welchen<br />

Phasenwinkel die Außenleiterspannungen von Primär- und Sekundärwicklung<br />

miteinan<strong>der</strong> bilden. Bei herausgeführtem Sternpunkt ist in den<br />

Schaltungsbuchstaben ein n (US) bzw. ein N (OS) anzuhängen. Die<br />

Phasenverschiebung zwischen Ober- und Unterspannung wird als Kennzahl<br />

angegeben, die aus <strong>der</strong> Stundeneinteilung des Uhrenziffernblattes zu erklären ist.<br />

Der Verschiebungswinkel berechnet sich aus <strong>der</strong> Multiplikation <strong>der</strong> Kennzahl mit 30°<br />

(z. B. Dyn 5 : Verschiebungswinkel zwischen OS und US = 150°).<br />

Stern-Stern-Schaltung (Bez.: Y / y ... (d)): Die Strangwicklung einer Sternschaltung<br />

ist nur <strong>für</strong> die 1/√3-fache Außenleiterspannung zu bemessen. Sie erfor<strong>der</strong>t daher<br />

kleinste Windungszahl, die geringste Isolation und somit die niedrigsten<br />

Herstellungskosten. Gebräuchlich sind Transformatoren dieser Schaltgruppe, wenn<br />

zwei Hochspannungsnetze galvanisch voneinan<strong>der</strong> getrennt betrieben werden<br />

müssen. Stern-Dreieck-Schaltung (Bez.: D / y n ...): Obwohl die Isolation <strong>für</strong> die volle<br />

Netzspannung auszulegen ist, besitzt diese Schaltgruppe den Vorteil, dass <strong>der</strong><br />

Strangstrom auf das 1/√3-fache des Außenleiterstroms zurückgeht. Die<br />

Magnetisierung ist bei dieser Schaltgruppe immer natürlich, selbst bei<br />

unsymmetrischer Lastverteilung. Das Einsatzgebiet dieser Schaltgruppe sind<br />

Ortsnetztransformatoren.<br />

Stern-Zickzack-Schaltung (Bez.: Y / z n ...): Bei kleinen Verteiltransformatoren, <strong>der</strong>en<br />

nie<strong>der</strong>spannungsseitiger Sternpunkt trotz Sternschaltung auf <strong>der</strong> OS belastbar sein<br />

muss, findet man diese Schaltung. Die Bauleistung muss um rund 7,5 % höher<br />

gegenüber einem normalen Trafo ausfallen; er wird größer. Aus diesem Grund<br />

werden Yz-Transformatoren nur bis ca. 200 kVA gefertigt.<br />

Die Sternpunktbelastbarkeit kennzeichnet die Fähigkeit eines Transformators, seinen<br />

Nennstrom im zugehörigen Sternpunkt <strong>der</strong> Wicklung zu führen. Sie hängt wesentlich<br />

vom Verhältnis <strong>der</strong> Nullreaktanz zur Mitreaktanz X0/X1 ab, welches durch den<br />

Transformatoraufbau geprägt wird. Transformatoren <strong>der</strong> Schaltgruppe Yy und Yz in<br />

Dreischenkelkernausführung besitzen ein X0/X1 von drei bis zehn, als<br />

Fünfschenkelkern o<strong>der</strong> bei Transformatorbänken mit drei Einzeltrafos ein X0/X1 von<br />

10 bis 100.


Kühlung<br />

Betriebsmittel<br />

Die Höhe <strong>der</strong> Leistung eines Transformators ist<br />

in erster Linie durch seine therm. Grenzen (Öl-<br />

und Kupfertemperaturen) festgelegt. Die<br />

Ölfüllung eines Transformators dient neben <strong>der</strong><br />

Isolierung auch als Kühlmedium, welches die im<br />

Betrieb entstehende Wärme nach außen abführt.<br />

In einem geschlossenen Kreislauf nimmt das<br />

Isoliermittel die Wärme auf und transportiert sie<br />

in die äußere Kühlanlage (Radiator,<br />

Wärmetauscher). Das abgekühlte Öl strömt<br />

dann wie<strong>der</strong> in den Transformator zurück.<br />

Kühlmittel Kühlmittel<br />

bewegung<br />

Mineralöl O nat.<br />

Seite 55<br />

Askarel L Bewegung N<br />

Gas G<br />

Wasser W erzwungene<br />

Luft A Bewegung F<br />

Kühlungsarten<br />

Die Kühlungsarten von Transformatoren werden durch Buchstaben <strong>für</strong> Kühlmittel und<br />

<strong>für</strong> die Kühlmittelbewegung bezeichnet. Die Kurzzeichen werden dabei so<br />

angeordnet, dass die ersten beiden Buchstaben die Kühlmittel <strong>für</strong> die Wicklung, <strong>der</strong><br />

dritte und vierte Buchstabe die Kühlmittel <strong>für</strong> die äußere Kühlung kennzeichnen, z. B.<br />

OFAF <strong>für</strong> die Kühlungsart eines Öltransformators mit erzwungener Öl und<br />

Luftkühlung. Unterschiedliche Kühlungsarten werden durch einen Schrägstrich<br />

getrennt, z. B. ONAN / ONAF<br />

Transformatoren tragen, entspr. den Spannungsebenen, die Namen:<br />

Verbundkuppler verbindet 380-kV-Ebene mit 220-kV-Ebene<br />

Direktkuppler verbindet 380-kV-Ebene mit 110-kV-Ebene<br />

Netztransformator verbindet 110kV-Ebene mit dem 10- o<strong>der</strong> 20-kV-Netz<br />

}<br />

}<br />

Ortsnetztransformator verbindet das Mittelspannungsnetz mit dem<br />

Verteiltransformator Nie<strong>der</strong>spannungsnetz<br />

Maschinentrafo transformiert die<br />

Blocktrafo Generatorspannung (max.<br />

27 kV) auf eine höhere<br />

Spannung<br />

Eigenbedarfstrafo versorgt die Pumpen, Lüfter,<br />

Kohlemühlen, Beleuchtung<br />

Netztransformatoren<br />

Der Netztransformator weist in <strong>der</strong> Regel einen<br />

Stufenschalter auf, dessen Funktion im folgenden kurz<br />

beschrieben werden soll.<br />

Die beidem beweglichen Kontakte des Feinwählers<br />

sind jeweils mit zwei benachbarten Anzapfungen <strong>der</strong><br />

Feinstufenwicklung verbunden (Anzapfungen 10 und<br />

11). Im Dauerbetrieb ist nur eine vom ihnen<br />

3<br />

4<br />

6<br />

7<br />

5<br />

Stufenschalter<br />

stromführend (im dargestellten Fall Anzapfung 11). Der Lastumschalter kann nun<br />

den stromführenden Pfad von <strong>der</strong> Anzapfung 11 auf die vorgewählte Anzapfung 10<br />

umschalten. Bei <strong>der</strong> eingestellten Vorwählerverbindung 3-4 wird dadurch die<br />

effektive Windungszahl <strong>der</strong> Wicklung verringert. Soll sie jedoch - ausgehend vom<br />

Betrieb auf <strong>der</strong> Anzapfung 11 - erhöht werden, muss zunächst <strong>der</strong> stromlose<br />

Feinwählerkontakt mit <strong>der</strong> Anzapfung 12 verbunden werden. Dann wird <strong>der</strong><br />

3 14<br />

4<br />

3<br />

5<br />

9<br />

10<br />

11<br />

6<br />

7<br />

8<br />

12<br />

13<br />

1<br />

2


Betriebsmittel<br />

Seite 56<br />

Betriebsstrom durch den Lastumschalter auf diese Anzapfung umgeschaltet. Der<br />

Vorwähler ermöglicht durch Umschaltung <strong>der</strong> gesamten Feinstufenwicklung (von<br />

Kontakt 4 auf Kontakt 14 o<strong>der</strong> umgekehrt) eine Verdoppelung des<br />

Anzapfungsbereiches. Die Umschaltung erfolgt, wenn <strong>der</strong> stromführende<br />

Wählerkontakt auf dem mit dem Ende <strong>der</strong> Stammwicklung verbundenen<br />

Feinwählerkontakt 3<br />

steht und somit die<br />

gesamte<br />

Feinstufenwicklung<br />

stromlos ist. Die<br />

Umschaltung von<br />

Fein- und<br />

Vorwähler kann<br />

verhältnismäßig<br />

langsam (innerhalb<br />

einiger Sekunden)<br />

erfolgen. Somit sind<br />

die hier<br />

auftretenden<br />

mechanischen<br />

Beanspruchungen<br />

relativ gering. Da<br />

stets stromlos<br />

geschaltet wird, ist<br />

Nennleistung 40 MVA<br />

Nennspannungen OS / US 110.000 V / 11.000 V<br />

Nennstrom OS<br />

210 A<br />

US<br />

2100 A<br />

Schaltgruppe YNyn6 (d)<br />

Leistung <strong>der</strong> Ausgleichswicklung 13,3 MVA 44 A<br />

Anzapfungen 1 127.550 V 181 A<br />

10 110.000 V 210 A<br />

19 92.450 V 250 A<br />

uZ<br />

17 %<br />

P0<br />

16,5 kW<br />

PK<br />

135 kW<br />

L0<br />

72 dB(A)<br />

Abmessungen LxBxH 9175 x 2930 x 3820 mm<br />

Gewichte Öl<br />

15.300 kg<br />

Aktivteil<br />

43.100 kg<br />

Kupfer<br />

17.800 kg<br />

Versandgewicht 79.800 kg<br />

Preis ca. 0,5 Mio €<br />

Trafodaten 110 / 10 kV<br />

die Lebensdauer <strong>der</strong> Kontakte von Fein- und Vorwähler hoch. Die Umschaltung von<br />

<strong>der</strong> stromführenden Anzapfung m auf die vorgewählte benachbarte Anzapfung n<br />

erfolgt in mehreren Zwischenstufen unter Verwendung <strong>der</strong> ohmschen<br />

Überschaltwi<strong>der</strong>stände, wodurch eine Stromunterbrechung vermieden wird. Die<br />

Energie <strong>für</strong> den Umschaltvorgang bezieht <strong>der</strong> Lastumschalter aus zuvor gespannten<br />

Fe<strong>der</strong>n, die direkt an ihn angebaut sind. Dadurch ist gewährleistet, dass eine einmal<br />

eingeleitete Lastumschaltung auch dann ordnungsgemäß zu Ende geführt wird,<br />

wenn <strong>der</strong> Motorantrieb, z. B. infolge Spannungsausfalls, stehen bleibt. Der<br />

Lastumschalter muss in relativ kurzer Zeit unter Strom umschalten (je nach<br />

Schalterausführung innerhalb von 50 bis 100 ms) . Diese Schaltungen sind mit<br />

Lichtbogenbildung und Kontaktabbrand verbunden. Der Vorteil von Lastumschaltern<br />

mit ohmschen Überschaltwi<strong>der</strong>ständen besteht nun darin, dass sowohl an den<br />

Schaltkontakten als auch an den Wi<strong>der</strong>standskontakten <strong>der</strong> Lichtbogenstrom und die<br />

nach <strong>der</strong> Lichtbogenlöschung auftretende Wie<strong>der</strong>kehrspannung in Phase sind. Die<br />

Einschwingspannung am schaltenden Kontakt ist somit netzfrequent. Das erleichtert<br />

die Lichtbogenlöschung, führt zu hohen Kontaktlebensdauern sowie langen<br />

Wartungsintervallen und ermöglicht die Beherrschung hoher Stufenleistungen bei<br />

relativ geringem Aufwand. Bei den Schaltzahlen, die in <strong>der</strong> elektrischen<br />

Energieversorgung eingesetzte Transformatoren erreichen, ist die Lebensdauer <strong>der</strong><br />

Lastumschalterkontakte <strong>der</strong>jenigen des Transformators angepasst.<br />

Der Lastumschalter ist in einem druckdichten Isoliergefäß (in <strong>der</strong> Regel ein<br />

Hartpapier- o<strong>der</strong> Kunststoffrohr) eingebaut. Dadurch wird eine zuverlässige<br />

Trennung des Isolieröls im Hauptkessel von dem Isolieröl im Lastumschaltergefäß<br />

erreicht. Die bei den Schaltungen entstehenden Lichtbögen verunreinigen nämlich<br />

das Isolieröl im Lastumschaltergefäß und sättigen es mit Schaltgasen. Eine<br />

Verbindung mit dem Isolieröl des Transformatorkessels würde somit zu dessen<br />

Verunreinigung sowie Trugschlüssen bei Analysen <strong>der</strong> im Isolieröl des


Tiefla<strong>der</strong> zum Transport<br />

Betriebsmittel<br />

Seite 57<br />

Transformators gelösten Gase führen. Die vom Lichtbogen gebildeten Schaltgase<br />

werden aus dem Lastumschaltergefäß über eine Rohrleitung zum separaten<br />

Ausdehnungsgefäß nach außen abgeleitet. Die Erneuerung des Schaltöls ist<br />

abhängig von Nennstrom, Nennspannung und Schaltzahl; eine allgemeine<br />

Festlegung geht von 4 - 6 Jahren bzw. nach 40.000 bis 80.000 Lastumschaltungen<br />

aus.<br />

Der Regelbereich beträgt i.A. ±16% in 19 Stufen. Die Zuschaltung eines<br />

Transformators sollte nur auf niedriger Stufenschalterstellung (max. Stellung 3)<br />

erfolgen, um die auftretenden Einschaltströme klein zu halten.<br />

Der Transport eines Netztransformators erfolgt vorwiegend auf <strong>der</strong> Schiene. Wird<br />

das Lademaß <strong>der</strong> DB eingehalten, kann <strong>der</strong> Transport ohne weitere Prüfung des<br />

Transportweges auf allen Strecken im Netz <strong>der</strong> DB auf Tiefladewagen mit gekröpfter<br />

Brücke durchgeführt werden. Transformatoren mit Leistungen größer 80 MVA<br />

werden grundsätzlich auf Balkenwagen transportiert. Da nicht alle Umspannwerke<br />

Gleisanschluss bis zum Trafofundament besitzen, muss <strong>der</strong> Transformator auf einen<br />

Schwerlastwagen umgeladen werden. Hierbei wird <strong>der</strong> Straßenrollen neben das<br />

Schienenfahrzeug gefahren, <strong>der</strong> Transformator auf Holzschwellen hochgebockt und<br />

auf das Landfahrzeug verzogen. Der innerstädtische Transportweg ist sorgfältig<br />

unter Berücksichtigung von Brückenhöhen und Kurvenradien in Absprache mit den<br />

Behörden zu planen.<br />

Zur Kupplung von 380-kV- und 220-kV-Netzen werden einphasige Transformatoren<br />

zu einer Trafobank zusammengeschaltet. Die Bemessungsscheinleistungen liegen<br />

dabei im europäischen Verbundnetz zwischen 660 MVA (3 x 220 MVA) und 1000<br />

MVA (3 x 333 MVA).<br />

Transformatoren in Kraftwerken (Blocktransformatoren) werden an die Leistung des<br />

Generators angepasst. Ihre Schaltgruppe ist immer YNd5 mit einer<br />

Bemessungsscheinleistung bis zu 1200 MVA bei 380 kV.<br />

Verteiltransformatoren<br />

Drehstromtransformatoren großer Leistung haben meist einen Ölkessel, in dem Kern<br />

und Wicklung untergebracht sind. Das Öl kühlt besser als Luft, es isoliert besser und<br />

verhin<strong>der</strong>t Feuchtigkeitszutritt. Transformatorenöl dehnt sich bei Erwärmung aus. Es


Betriebsmittel<br />

Seite 58<br />

darf in warmem Zustand nicht mit Luftsauerstoff in Berührung kommen, weil es sonst<br />

verharzt. Deshalb ist oberhalb des Kessels ein Ölausdehnungsgefäß angebracht,<br />

das nur teilweise mit Öl gefüllt ist. Wegen <strong>der</strong> Verbindung zur Außenluft über die<br />

Entlüftungsöffnung muss die Luft bei Freilufttransformatoren entfeuchtet werden.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Transformatoren bis etwa 2,5 MVA ohne Ölausdehnungsgefäß haben<br />

einen elastischen Faltwellenkessel, <strong>der</strong> sich ausdehnen kann wie eine<br />

Ziehharmonika.<br />

In Wohn- und Geschäftshäusern werden aus Brandschutzgründen oft<br />

Trockentransformatoren, z.B. Gießharz Folientransformatoren ohne Ölfüllung,<br />

aufgestellt. Bei Gießharztransformatoren sind die Wicklungen fest in Gießharz<br />

eingebettet. Sie können auch dort verwendet werden, wo aus Sicherheitsgründen<br />

Öltransformatoren nicht zulässig sind (Einzelfälle regelt die EltBauVo <strong>der</strong> Län<strong>der</strong><br />

bzw. DIN VDE 0105 Anhang).<br />

Bei Verteiltransformatoren erfolgt die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausgangsspannung wie bei<br />

Netztransformatoren auf <strong>der</strong> OS, wobei die Anzapfungen meistens in <strong>der</strong><br />

Wicklungsröhre sitzen, und zwar meistens räumlich und elektrisch in <strong>der</strong><br />

Wicklungsmitte. Die gebräuchlichen Umsteller (Schiebe- o<strong>der</strong> Drehumsteller)<br />

gestatten jedoch eine Umschaltung nur im spannungsfreien Zustand. Üblich sind<br />

Werte von ±5 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Einstellung auf +5% eine<br />

Spannungsabsenkung auf <strong>der</strong> US bewirkt. Da <strong>der</strong> Umsteller in aller Regel selten<br />

betätigt wird, ist vor <strong>der</strong> Einstellung auf die neue Anzapfung ein mehrmaliges<br />

Durchfahren aller Stellungen ratsam. Dadurch werden eventuelle Verkohlungen<br />

beseitigt und ein einwandfreier Kontakt hergestellt. Auch bei <strong>der</strong> regelmäßigen<br />

Wartung des Transformators sollten alle Stellungen überfahren werden, um <strong>der</strong><br />

Fremdschichtbildung vorzubeugen.<br />

Technische Daten von 400- und 630-kVA-Transformatoren (DIN 42500)<br />

UM<br />

400 kVA<br />

12 kV 24 kV<br />

630 kVA<br />

12 kV 24 kV<br />

Schaltgruppe Dyn5 Dyn5<br />

UZ 4 bzw. 6 % 4 bzw. 6 %<br />

Anzapfungen ± 4% ± 4%<br />

P0 600 W 600 W 850 W 850 W<br />

PK 4600 W 4600 W 6500 W 6500 W<br />

Schalleistung 58 dB(A) 58 dB/A) 60 dB (A) 60 dB (A)<br />

Gewicht Aktivteil<br />

Ölgewicht<br />

680 kg<br />

250 kg<br />

870 kg<br />

250 kg<br />

1270 kg<br />

340 kg<br />

1280 kg<br />

340 kg<br />

Gesamtgewicht 1150 kg 1340 kg 1920 kg 1940 kg<br />

Abmessungen LxBxH 1370 x 830 x 1420<br />

mm<br />

Prüfungen an Transformatoren<br />

1300 x 820 x 1630<br />

mm<br />

1470 x 820 x 1550<br />

mm<br />

1520 x 820 x 1600<br />

mm<br />

Die Funktionstüchtigkeit und Betriebssicherheit sowie die Einhaltung <strong>der</strong> garantierten<br />

Verlustwerte eines Leistungstransformators müssen vom Hersteller in elektrischen<br />

Schlussprüfungen vor Auslieferung an den Abnehmer unter Beweis gestellt werden.<br />

Die Prüfungen sind in Normen genau festgelegt und unterscheiden sich in<br />

Stückprüfungen (denen je<strong>der</strong> Transformator unterzogen werden muss)


Betriebsmittel<br />

Seite 59<br />

Typprüfungen (die an einem Transformator durchgeführt werden und<br />

nachweisen, dass an<strong>der</strong>e gleiche Einheiten die Anfor<strong>der</strong>ungen erfüllen)<br />

Son<strong>der</strong>prüfungen (die zwischen Hersteller und Abnehmer vereinbart werden)<br />

Zu den Stückprüfungen gehören die Messung des Wicklungswi<strong>der</strong>standes, <strong>der</strong><br />

Messung des Übersetzungsverhältnisses und <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Schaltgruppe, die<br />

Messung <strong>der</strong> Kurzschlussspannung, die Messung <strong>der</strong> Kurzschluss und<br />

Leerlaufverluste, die Fremdspannungsprüfung (Wicklungsprüfung zum Nachweis <strong>der</strong><br />

Hauptisolation zwischen Wicklungen und Erde), die Prüfung mit induzierter<br />

Wechselspannung (Windungsprüfung zur Prüfung <strong>der</strong> Spannungsfestigkeit zwischen<br />

benachbarten Windungen und Phasen; sie wird, da die Prüfspannung die zweifache<br />

Nennspannung des Prüflings übersteigt, zur Vermeidung <strong>der</strong> Übersättigung des<br />

Eisenkerns meist mit doppelter Nennfrequenz durchgeführt) und bei<br />

Großtransformatoren die Teilentladungsmessung. Zu den Typen- und<br />

Spezialprüfungen werden die Messung <strong>der</strong> Erwärmung (zum Lebensdauernachweis<br />

bei Dauerbelastung), die Blitz- und Schaltstoßprüfung (Blitzstoß 1,2/50 μs als<br />

Nachweis <strong>der</strong> Hauptisolation bei unlinearer Spannungsverteilung längs den<br />

Wicklungen), die Messung <strong>der</strong> Nullimpedanz, die Messung des Oberwellengehaltes<br />

des Leerlaufstromes, <strong>der</strong> Messung <strong>der</strong> Geräusche und die Kurzschlussprüfung<br />

gezählt.<br />

Bei ausgefallenen Transformatoren kann vor Ort mit wenig Aufwand eine<br />

Schnelldiagnose durchgeführt werden.<br />

1. Isolationsmessung mit 5 kV<br />

Dabei wird jeweils Oberspannungswicklung gegen Erde (Kessel), die<br />

Oberspannungswicklung gegen die Unterspannungswicklung mit 5 kV eine<br />

Minute und die Unterspannungswicklung gegen Erde mit 2,5 kV eine Minute<br />

beaufschlagt. Die resultierenden Isolationswi<strong>der</strong>stände müssen mindesten<br />

10MΩ / kV betragen, d.h. bei UN = 10 kV ⇒ RISO = 100MΩ.<br />

2. Eine Wi<strong>der</strong>standsmessung ist wegen <strong>der</strong> niedrigen und instabilen<br />

Wi<strong>der</strong>standswerte schwierig und nur mit einer im Messbereich angepassten<br />

Messbrücke möglich. Mit einem Ohmmeter kann lediglich eine Prüfung auf<br />

Durchgang o<strong>der</strong> Unterbrechung durchgeführt werden.<br />

3. Spannungs-Verhältnis-Messung<br />

Damit ist ein Erkennen von Windungsfehlern möglich. Auf <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>spannungsseite wird dreiphasig mit Nie<strong>der</strong>spannung eingespeist.<br />

Aufgrund des bekannten Übersetzungsverhältnisses kann die zu messende<br />

Spannung auf <strong>der</strong> Oberspannungsseite berechnet werden. Das<br />

Rechenergebnis sollte vom Messergebnis um nicht mehr als ±0,5%<br />

abweichen.<br />

Beispiel: ü = 10 kV / 0,4 kV = 25, Usoll = 400 V / 25 = 16 V<br />

Überlastung<br />

Die thermische Beanspruchung ist – neben Feuchtigkeit und Teilentladungen- das<br />

wichtigste Kriterium <strong>für</strong> den Qualitätsnachlass von festen und flüssigen Isolierstoffen.<br />

Die thermische Auslegung <strong>für</strong> einen Transformator ist auf seine Bemessungsleistung<br />

unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Aufstellhöhe und <strong>der</strong> Kühlmittel- und<br />

Umgebungstemperatur erfolgt. Die Erfahrung zeigt, dass die normale Lebensdauer<br />

eines Transformators einige Jahrzehnte beträgt. Sie lässt sich nicht genauer


Betriebsmittel<br />

Seite 60<br />

angeben, da sie selbst bei identischen Geräten durch Betriebseinflüsse, die von<br />

einem Transformator zum an<strong>der</strong>en verschieden sein können, unterschiedlich ist. Da<br />

die maximale Kühlmitteltemperatur jedoch selten auftritt, ist <strong>für</strong> eine wirtschaftliche<br />

Betriebsführung durchaus ein größerer Strom als <strong>der</strong> Bemessungsstrom zulässig,<br />

solange eine thermische Überbeanspruchung und damit ein erhöhter<br />

Lebensdauerverbrauch nicht auftritt. Dabei sind neben <strong>der</strong> Wicklung auch die<br />

angebauten Betriebsmittel wie Durchführungen und Stufenschalter zu beachten.<br />

VDE 0536/3.77 nennt als thermische Belastungsgrenzwerte:<br />

• Die Heißpunkttemperatur <strong>der</strong> Wicklung (oben) darf 140°C nicht überschreiten<br />

• Die obere Öltemperatur (= max. Öltemperatur) darf nicht höher als 115°C werden.<br />

• Bleibt <strong>der</strong> Belastungsstrom unter dem 1,5fachen Bemessungsstrom, so ist von<br />

einem normalen Lebensdauerverbrauch auszugehen.<br />

Allgemein lässt sich sagen, dass im Bereich zwischen 80°C und 140°C <strong>der</strong><br />

Lebensdauerverbrauch sich jeweils verdoppelt, wenn die Heißpunkttemperatur in<br />

Stufen von 6 K steigt. Als Basiswerte gelten hierbei eine Lebensdauererwartung von<br />

25 Jahren und eine Heißpunkttemperatur von 98°C.<br />

Für den Langzeitnotbetrieb nennt DIN VDE 0532 Teil II <strong>für</strong> viele Fälle Eckwerte <strong>für</strong><br />

den Lebensdauerverbrauch. Der kurzzeitige Notbetrieb, <strong>der</strong> eine ungewöhnlich<br />

schwere Belastung <strong>für</strong> den Transformator darstellt, soll nach Möglichkeit eine halbe<br />

Stunde nicht überschreiten. In IEC 354/1991 ist in diesem Fall <strong>für</strong> Groß- und<br />

Mittelleistungstransformatoren eine Heißpunkttemperatur von 160°C genannt (keine<br />

Angaben <strong>für</strong> Verteiltransformatoren). Da bereits ab 140°C mit Gasblasenbildung zu<br />

rechnen ist, sollten ältere Transformatoren nicht dieser Betriebsart ausgesetzt<br />

werden.<br />

Kurzschlussströme von einigen Sekunden erzeugen eine quadratisch mit <strong>der</strong><br />

Stromdichte und linear mit <strong>der</strong> Zeit anwachsende Erwärmung, die zunächst im<br />

Wicklungskupfer gespeichert wird. Durch die hohe Wärmekapazität <strong>der</strong> Wicklung<br />

wird jedoch keine lebensdauerschädliche Temperatur <strong>für</strong> die Isolation erreicht. In den<br />

o.a. Normen wird als Grenzwert <strong>für</strong> die Wicklungstemperatur 250°C <strong>für</strong> Kupfer bei<br />

Öltransformatoren <strong>der</strong> thermischen Klasse A genannt.<br />

Wird ein Transformator bei extrem niedrigen Temperaturen zugeschaltet, so sollte er,<br />

wenn seine Öltemperatur unter –5°C gefallen ist, einige Stunden im Leerlauf<br />

angefahren werden. Wird er nach dem Einschalten sofort mit dem vollen<br />

Bemessungsstrom belastet, wird die Wärmeenergie zunächst gespeichert und an<br />

das unmittelbar anliegende Öl abgegeben. Die Viskosität des Öl ist jedoch<br />

temperaturabhängig und wirkt linear auf den Reibungswi<strong>der</strong>stand ein. Dieser ist<br />

jedoch Null, da keine Anfangsgeschwindigkeit vorliegt. Nach ungefähr 30 Minuten<br />

hat sich eine stabile Ölströmung eingestellt. Da die Wicklungszeitkonstanten<br />

zwischen ca. 10 und 15 Minuten liegen, gibt es eine kurze Zeitspanne, in <strong>der</strong> die<br />

Differenz zwischen Wicklungs- und Öltemperatur etwas über den rechnerischen<br />

Bemessungswert hinausgehen kann (Kupfersprung).<br />

Wandler<br />

Die Sicherheit <strong>der</strong> Energieversorgung verlangt eine ständige messtechnische<br />

Erfassung <strong>der</strong> im Netz wirksamen Größe von Strom und Spannung. Den Wandlern<br />

kommen daher <strong>für</strong> die Messung, die Verrechnung und den Schutz eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu. Insbeson<strong>der</strong>s müssen sie die Aufgaben erfüllen:


Betriebsmittel<br />

Seite 61<br />

• maßstab- und winkelgetreue Abbildung <strong>der</strong> Primärwerte im<br />

Normalbetrieb in bequem weiterverarbeitbare Sekundärwerte, wobei<br />

genormten Primärwerten genormte Sekundärwerte gegenüberstehen.<br />

• maßstab- und winkelgetreue Abbildung <strong>der</strong> Überströme zum Betreiben<br />

<strong>der</strong> Schutzsysteme und Begrenzung <strong>der</strong> Sekundärströme <strong>für</strong><br />

Messungen<br />

• elektrische Isolierung <strong>der</strong> Systeme gegenüber <strong>der</strong> Hochspannung<br />

• magnetische Isolierung <strong>der</strong> Systeme gegenüber den<br />

Hochstromanlagen<br />

• Speisung von Hilfsanlagen wie Wandlerstromauslösungen und Aufzug<br />

von Leistungsschaltern<br />

Induktive Wandler teilen sich in die Gruppen Spannungswandler und Stromwandler.<br />

Ihnen ist das transformatorische Prinzip gemeinsam. Beim Spannungswandler ist es<br />

sofort zu erkennen, <strong>der</strong> Stromwandler benutzt die kleine Spannungsdifferenz<br />

zwischen den beiden Primäranschlüssen.<br />

Neue Entwicklungen in <strong>der</strong> Wandlertechnik berücksichtigen passive optische<br />

Verfahren, wie den Faraday-Effekt, bei dem linear polarisiertes Licht in einem<br />

optischen Medium einen stromführenden Leiter umläuft. Die dabei erfolgende<br />

Phasendrehung des Lichtes ist proportional zum Strom. Beim Pockels-Effekt nutzt<br />

man die Tatsache, dass die Phasendifferenz zweier Lichtwellen sich abhängig von<br />

<strong>der</strong> angelegten Spannung än<strong>der</strong>t. Die bereits realisierte Rogowski-Spule zur<br />

Strommessung misst die Stromän<strong>der</strong>ungsgeschwindigkeit di/dt.<br />

Wandler sollen stets sekundärseitig geerdet sein, um eine potentialmäßige<br />

Festlegung zu garantieren und um bei Durchbruch <strong>der</strong> Wicklungsisolation eine<br />

Gefährdung des Betriebspersonals auszuschließen. Bei Spannungswandlern sind<br />

die Belastungen (Messgeräte, Schutzrelais etc.) parallel zu schalten, bei<br />

Stromwandlern in Reihe. Stromwandler dürfen sekundärseitig nie offen betrieben<br />

werden. Da dem Wandler <strong>der</strong> Primärstrom netzseitig aufgedrückt wird, wird bei<br />

sekundärseitig offenem Betrieb <strong>der</strong> gesamte Primärstrom notgedrungen als<br />

Magnetisierungsstrom verwendet, da kein Sekundärstrom zur Kompensierung <strong>der</strong><br />

Primär-Ampèrewindungen vorhanden ist. Die Folge sind hohe sekundäre<br />

Spannungsspitzen (mehrere kV), die eine Gefährdung <strong>der</strong> Isolation und des<br />

Menschen darstellen. Ferner wird es zu „Eisenbrand" kommen.<br />

Bei Stromwandlern ist auf die richtige Einbaurichtung zu achten. Die Bezeichnungen<br />

K= „Kraftwerk“ und L = „Leitung“ geben eine Möglichkeit an, wie man Stromwandler<br />

generell einbauen kann, nämlich K in Richtung Sammelschiene und L in Richtung<br />

Leitungsabgang. Zur richtigen Funktionsweise von Richtungsrelais ist eine Prüfung<br />

<strong>der</strong> Einbaurichtung erfor<strong>der</strong>lich. Bei den meisten Schutzrelais sind einfache Laschen<br />

<strong>für</strong> einen Richtungswechsel am Relais vorhanden.<br />

Stromwandler haben als sekundäre Nennstromstärke normalerweise 5 A bzw. 1 A.<br />

Die erstere ist im Mittelspannungsbereich vorherrschend. Bei<br />

Hochspannungsanlagen werden meist 1-A-Wandler verwendet, damit die langen<br />

Zuleitungen vom Wandler zur Warte keine zu hohe Wandlerbürde ergeben<br />

(Eigenbedarf <strong>der</strong> Zuleitung = Stromquadrat mal Wi<strong>der</strong>stand). Der Leistungsbedarf<br />

von Stromwandlermessleitungen beträgt je 10 m Doppelleitung 4 mm 2 bei 5-A-<br />

Wandlern 2,24 VA und bei 1-A-Wandlern 0,09 VA. Die 1-A-Wandler haben jedoch<br />

den Nachteil, dass bei sekundärseitig offenem Wandler bedeutend höhere<br />

Spannungsspitzen entstehen als bei 5-A-Wandlern.


Betriebsmittel<br />

Seite 62<br />

Bei Spannungswandlern sind die Sekundärspannungen 100 V und 100/√3 Volt<br />

genormt. An Ausführungsformen gibt es neben den induktiven Wandlern die<br />

kapazitiven Wandler, die ab 110 kV eine wirtschaftliche Lösung darstellen und<br />

gleichzeitig zur TFH-Ankopplung verwendet werden können. Sie sind jedoch nur<br />

einpolig zu benutzen. Eine wichtige Größe <strong>für</strong> Wandler stellt die Nennleistung in VA<br />

dar, in <strong>der</strong>en Belastungsbereich die Klassengenauigkeit eingehalten wird. Bei<br />

Stromwandlern sind 30 VA, bei Spannungswandlern 180 VA üblich. Es sind<br />

Zusammenstellungen über den Leistungsbedarf <strong>der</strong> Messgeräte und Relais<br />

erfor<strong>der</strong>lich, um eine Überlastung <strong>der</strong> Wandler zu verhin<strong>der</strong>n. Für Messzwecke wird<br />

eine Genauigkeit von Klasse 0,2 bis 1 und <strong>für</strong> Schutzzwecke von Klasse 1 bis 3<br />

gefor<strong>der</strong>t.<br />

Schaltung von Wandlern<br />

Bei Stromwandlern ist die einpolige Ausführung vorherrschend. An<strong>der</strong>e Ströme als<br />

Leiterströme können daher nur durch verschiedene Schaltungen erreicht werden.<br />

Solange keine Nullströme vorhanden sind, kann bei <strong>der</strong> Sternschaltung auch auf<br />

einen Stromwandler verzichtet werden. Zur Gewinnung des Nullstromes wird die<br />

Holmgreen-Schaltung angewendet, die davon ausgeht, dass im Normalfall die<br />

Summe <strong>der</strong> Leiterströme, d. h. <strong>der</strong> Nullstrom, gleich Null ist. Zur Vermeidung von<br />

Fehlauslösungen werden <strong>für</strong> den Erdschlussschutz jedoch üblicherweise getrennte<br />

Schutzkerne verwendet. Bei Kabeln ist zur Gewinnung des Nullstromes dagegen<br />

meist <strong>der</strong> sogenannte Kabelumbauwandler gebräuchlich, <strong>der</strong> eine magnetische<br />

Summenbildung bewirkt. Es ist dabei notwendig, den Mantelstrom mit in die<br />

Messung zu integrieren indem die Erdleitung durch den Wandler rückgeführt wird.<br />

Ferner muss <strong>der</strong> Kabelendverschluss isoliert montiert werden, da sonst bei<br />

Erdberührung des Kabelmantels bzw. des Endverschlusses die richtige<br />

Summenbildung <strong>der</strong> Ströme nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Bei Spannungswandlern gibt es die einpolige Ausführung, bei <strong>der</strong> nur eine Seite voll<br />

<strong>für</strong> Hochspannung isoliert ist, die zweipolige Ausführung, bei <strong>der</strong> beide Seiten voll<br />

isoliert sind und eine Schaltung Leiter-Leiter möglich ist, sowie die dreipolige<br />

Ausführung (Kerntype nur bei isoliertem Mittelpunkt, Manteltype universell). Die oft<br />

gebräuchliche V-Schaltung besitzt den Vorteil niedrigerer Kosten; dem steht <strong>der</strong><br />

Nachteil gegenüber, dass nur die Dreieckspannungen einwandfrei gemessen werden<br />

können. Die Sternspannungen werden nur bei gleichbelasteten Wandlern richtig<br />

erfasst. Die Nullspannung gewinnt man mit aus <strong>der</strong> offenen Dreiecksschaltung.<br />

Beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an Stromwandler<br />

Bei Messwandlern <strong>für</strong> Betriebsmessungen und Verrechnung besteht die For<strong>der</strong>ung,<br />

dass die Messgrößen im Betriebsbereich, d.h. im Bereich von 0 bis Nennstrom,<br />

möglichst exakt wie<strong>der</strong>gegeben werden. Es wird in diesem Bereich eine hohe<br />

Klassengenauigkeit (0,2 bzw. 0,5 <strong>für</strong> Verrechnungsmessungen, 1 <strong>für</strong><br />

Betriebsmessungen) verlangt.<br />

Die Genauigkeit im Überlastbereich ist nicht erfor<strong>der</strong>lich; sie ist sogar zur Schonung<br />

<strong>der</strong> Messgeräte nicht erwünscht. Für diese Wandler wurde in <strong>der</strong> VDE-Vorschrift<br />

0414 Teil 2/12.70 festgelegt, dass bei einem Nenn-Überstromfaktor 5 o<strong>der</strong> 10, d. h.<br />

beim 5- o<strong>der</strong> 10-fachen Nennstrom, <strong>der</strong> Gesamtfehler größer als 15% sein soll. Der<br />

Gesamtfehler wird als Effektivwert <strong>der</strong> Differenz <strong>der</strong> Momentanwerte von Soll- und<br />

Istwert des Stromes gemessen, wobei Stromfehler und FehIwinkel je etwa 10%<br />

betragen. Damit entsprechen die Überstromfaktoren 5 o<strong>der</strong> 10 den in <strong>der</strong> früheren


Betriebsmittel<br />

Seite 63<br />

VDE-Vorschrift 0414/7.56 verwendeten Überstromziffern < 5 o<strong>der</strong> < 10, die<br />

besagten, dass beim 5- o<strong>der</strong> 10-fachen Nennstrom <strong>der</strong> Stromfehler –10% sein<br />

musste.<br />

Wandler bzw. Kerne, die <strong>für</strong> Schutzzwecke verwendet werden, müssen dagegen<br />

eine exakte Transformierung beson<strong>der</strong>s bei hohen Fehlerströmen durchführen.<br />

Zusätzlich werden diese Wandler deshalb mit einem Nenn-Überstromfaktor<br />

gekennzeichnet, <strong>der</strong> besagt, dass bei einem Primärstrom gleich Nenn-<br />

Überstromfaktor x Nennstrom (primärer Nennfehlergrenzstrom) <strong>der</strong> Gesamtfehler<br />

den durch das Klassenzeichen 5 P... bzw. 10 P... festgelegten Grenzwert von 5 bzw.<br />

10% nicht überschreiten darf. Im normalen Betriebsbereich bis zum thermischen<br />

Nenn-Dauerstrom entsprechen die Fehlergrenzen <strong>der</strong> Schutzwandler mit den<br />

Klassen 5 P bzw. 10 P denen <strong>der</strong> Klassen 1 bzw. 3 <strong>der</strong> Messwandler. Für die<br />

Überstromfaktoren werden in <strong>der</strong> VDE-Vorschrift feste Werte von 5, 10, 15, 20, 30<br />

genannt. So lautet die vollständige Klassenangabe <strong>für</strong> einen Schutzstromwandler z.<br />

B. 10 P 20, d.h. beim 20-fachen Nennstrom muss <strong>der</strong> Gesamtfehler kleiner als 10%<br />

sein. Die Angaben gelten <strong>für</strong> den stationären Kurzschlussstrom ohne<br />

Berücksichtigung des Einschaltvorganges.<br />

Beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen an Spannungswandler<br />

Spannungswandler arbeiten <strong>für</strong> Messzwecke im Bereich <strong>der</strong> Nennspannung. Nach<br />

den Vorschriften ist demnach die <strong>für</strong> Messzwecke gefor<strong>der</strong>te Genauigkeit auch nur<br />

im Bereich <strong>der</strong> Nennspannung (0,8 bis 1,2 x Nennspannung) gefor<strong>der</strong>t. Für<br />

Schutzzwecke dagegen muss auch bei kleineren Spannungen eine genügende<br />

Genauigkeit vorhanden sein. Diese wird von den normalen Wandlern jedoch ohne<br />

weiteres erfüllt. Primärseitig werden Wandler bis 30 kV Betriebsspannung meist mit<br />

HH-Sicherungen geschützt. Bei höheren Nennspannungen entfällt dieser Schutz, da<br />

Sicherungen dann nicht mehr einwandfrei funktionieren. Ganz beson<strong>der</strong>e Beachtung<br />

verdient <strong>der</strong> weitverzweigte Nie<strong>der</strong>spannungskreis des Spannungswandlers, den<br />

man mit Sicherungen o<strong>der</strong> Schutzautomaten schützen kann. Diese werden nach <strong>der</strong><br />

Grenzleistung des Wandlers, die er thermisch noch dauernd verträgt, bemessen. Für<br />

den Anschluss von Schutzeinrichtungen ist es aber wichtig, dass die Spannung nie<br />

wegbleibt. Hierzu werden die beson<strong>der</strong>en Schutzautomaten <strong>der</strong><br />

Wandlersekundärseite mit Hilfskontakten versehen, die bei Fallen dieses Automaten<br />

eine Meldung geben.<br />

In Mittelspannungsanlagen (beson<strong>der</strong>s bei SF6-Anlagen) wird<br />

zum Feststellen <strong>der</strong> Spannungsfreiheit eine vereinfachte<br />

kapazitive Wandlerausführung eingesetzt. Hierbei wird die<br />

Hochspannung U jedes Leiters durch einen kapazitiven Teiler<br />

geteilt und die kleinere Teilspannung den Messbuchsen<br />

zugeführt. Dort kann ein Anzeigegerät eingesteckt werden, das<br />

anzeigt, ob Spannung vorhanden ist o<strong>der</strong> nicht (ja/nein-<br />

Aussage). Wegen <strong>der</strong> kleinen<br />

Kapazität C1 besteht an den L<br />

U C<br />

1<br />

1<br />

Messbuchsen keine<br />

2,5 mA<br />

Berührungsgefahr. Der<br />

Koppelteil mit den Kapazitäten U= 4 kV<br />

U2 = 90 V C2 C1 und C2 (meist von <strong>der</strong><br />

kap. Stützer<br />

Kapazität <strong>der</strong> geschirmten<br />

Verbindungsleitung zu den<br />

HO-System<br />

Messbuchsen gebildet) ist oft in Rippenstützer<br />

36M


Betriebsmittel<br />

Seite 64<br />

teilentladungsfrei eingegossen. Der Stützer muss zusätzlich allen mechanischen<br />

Umbruchkräften und thermischen Belastungen entsprechen. Als Ansprechschwelle<br />

müssen durch das Anzeigegerät mindestens 2,5 μA bei 40% Nennspannung fließen.


Schaltanlagen<br />

Schaltanlagen<br />

Seite 65<br />

Schaltanlagen müssen so gebaut werden, dass sie dem Betreiber und Bediener ein<br />

hohes Maß an Sicherheit geben. Dazu gehören ausreichen<strong>der</strong> Schutz gegen<br />

Berühren, Sicherheit gegen Fehlbedienungen, unterbrechungsfreier<br />

Dauernormalbetrieb und im Fehlerfall die Begrenzung auf den Entstehungsraum.<br />

Umspannwerke<br />

Sammelschienen<br />

Die Sammelschiene stellt den Netzknotenpunkt dar. Sie ist als Rückgrat das<br />

verbindende Element aller Einspeise- und Abgangsfel<strong>der</strong> einer Schaltanlage. Sie<br />

muss daher <strong>für</strong> den größtmöglichen Betriebsstrom ausgelegt werden; ihre<br />

mechanische Festigkeit muss auch bei Betrieb mit mehreren Transformatoren<br />

ausreichend sein. Als Sammelschienenabschnitt kennzeichnet man Unterteilungen<br />

von Einfach- o<strong>der</strong> Mehrfachsammelschienen, die über einen nicht mehr<br />

auftrennbaren Teil <strong>der</strong> Schaltfel<strong>der</strong> verläuft. Die Verbindung zwischen zwei<br />

Sammelschienensystemen wird über die Querkupplung erreicht. In großen Anlagen<br />

finden sich auch Kombinationen aus Längs- und Querkupplung, z. B. <strong>für</strong><br />

Verbindungen von Netzgruppen.<br />

In kleinen Anlagen (z. B. Ortsnetzstationen) genügen kostengünstige<br />

Einfachsammelschienen, in <strong>der</strong> Regel ungeteilt. Bei größeren Verzweigungen mit<br />

mehr Energiedurchsatz empfiehlt es sich, die Sammelschiene mehrfach zu<br />

unterteilen, und zwar nach dem Prinzip: ein Abschnitt <strong>für</strong> jede Einspeisung. Die<br />

Unterbrechungsstellen in <strong>der</strong> Sammelschiene werden dabei entwe<strong>der</strong> mit einem<br />

Lasttrennschalter (ergibt eine Längstrennung) o<strong>der</strong> mit einem Leistungsschalter<br />

(ergibt eine Längskupplung) bestückt. Die Längstrennung bietet sich an, wenn die<br />

Sammelschienenabschnitte normalerweise stets getrennt o<strong>der</strong> durchverbunden<br />

werden sollen und nur zur Durchführung geplanter Arbeiten geschaltet werden. Der<br />

Einbau des Lasttrenners auf einem Schaltwagen ermöglicht seine Wartung, ohne die<br />

gesamte Anlage außer Betrieb zu setzen, wie es bei einem Festeinbau nötig wäre.<br />

Die Längskupplung ist sinnvoll, wenn die Sammelschienenabschnitte häufig getrennt<br />

o<strong>der</strong> geschlossen werden. Die Frage, ob die Kupplung im Normalfall offen o<strong>der</strong><br />

geschlossen betrieben werden soll kann nur durch betriebliche Belange beantwortet<br />

werden. Dabei spielen Aspekte wie Ausfall nur von Teilnetzen im offenen Betrieb<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lastausgleich bei geschlossenem Betrieb o<strong>der</strong> die eindeutige Teilung einer<br />

Anlage in Einspeisungs- und Abnehmerteil eine Rolle.<br />

Größere Anlagen, die ohne Betriebsunterbrechung überholt werden müssen,<br />

erfor<strong>der</strong>n mindestens Doppelsammelschienen o<strong>der</strong> Hilfsschienen. Für den Einsatz<br />

einer Doppelsammelschiene spricht die Aufteilung <strong>der</strong> Kurzschlussleistung (z. B. zur<br />

Begrenzung <strong>der</strong> Kurzschlussströme bei bereits installierten Betriebsmitteln), die<br />

Aufteilung in Erzeuger- und Verbraucherschiene bei Erzeugungsanlagen und die<br />

Aufteilung von empfindlichen Verbrauchern, z. B. bei Laststößen im Netz. Die<br />

klassische Doppelsammelschiene besitzt eine Querkupplung, mit <strong>der</strong> ein<br />

Sammelschienenwechsel ohne Unterbrechung des Energieflusses durchgeführt<br />

werden kann (Achtung bei Anlagenverriegelungen: nicht nur feldintern, son<strong>der</strong>n auch<br />

zur Kupplung erfor<strong>der</strong>lich). Zusätzlich kann <strong>der</strong> Kuppelschalter als Ersatzschalter <strong>für</strong><br />

jeden an<strong>der</strong>en Leistungsschalter dienen kann. Voraussetzung dazu ist, dass eine<br />

Sammelschiene betriebsmäßig <strong>für</strong> die Ersatzschaltung frei ist. Hilfssammelschienen


Schaltanlagen<br />

Seite 66<br />

und Umgehungsschienen, die über einen Reserveleistungsschalter angeschlossen<br />

werden, besitzen den Vorteil, dass je<strong>der</strong> Leistungsschalter ohne<br />

Betriebsunterbrechung freigeschaltet und überholt werden kann (<br />

unterbrechungsfreier Betrieb unter allen Umständen), benötigen aber zusätzlich<br />

einen höheren Aufwand im Netzschutz.<br />

Die Sammelschienen und die erfor<strong>der</strong>lichen Verbindungsleitungen zu den<br />

Betriebsmitteln können als Seil, Rohr (bei Strömen über 3000 A), Vollmaterial (Cu<br />

bzw. Al) o<strong>der</strong> als SF6-isoliertes Bauteil ausgeführt werden. Blanke Leiter werden<br />

vielfach mit festen Isolierschicht überzogen, die zwar nicht gegen die volle<br />

Nennspannung isoliert, die aber doch den Bereich <strong>der</strong> höchsten vorkommenden<br />

Feldstärke überdeckt und so einer Koronaentladung vorbeugt.<br />

Sammelschienenräume können so kleiner dimensioniert werden.<br />

Bei sehr hohen Strömen werden vollisolierte, kondensatorgesteuerte Stromschienen<br />

(Duresca) verwendet. Durch die Vollisolation sind keine Phasenkurzschlüsse<br />

möglich, es erfolgt eine erhebliche Platzeinsparung bei hoher thermischer und<br />

dynamischer Festigkeit und aufgrund <strong>der</strong> hohen Eigenkapazität wirkt die Schiene<br />

dämpfend auf einlaufende Überspannungswellen (Ableitungen an Transformatoren).<br />

Wirbelstromverluste werden durch Al-Schutzrohre und durch Glasfaser-Polyester-<br />

Rohre vermieden.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> besseren Biegesteifigkeit werden im Mittelspannungsbereich<br />

hauptsächlich Flachschienen eingesetzt, die horizontal o<strong>der</strong> vertikal befestigt<br />

werden. Dabei ist eine genügende thermische Abstrahlung und die<br />

Längenausdehnung bei Erwärmung zu berücksichtigen.<br />

Sammelschienensysteme werden mit „SS 1“ bis „SS n“ bezeichnet; die Leiter im<br />

System mit „L1“, „L2“ und „L3“, wobei die Anordnung <strong>der</strong> Leiter vom Bediengang aus<br />

von vorn nach hinten bzw. von links nach rechts erfolgt. In älteren Anlagen findet<br />

sich auch noch die Bezeichnung „U“, „V“ und „W“. Vielfach sind die<br />

Sammelschienenleiter farblich gekennzeichnet und zwar gelb <strong>für</strong> L1, grün <strong>für</strong> L2 und<br />

violett <strong>für</strong> L3.<br />

Schaltanlagen im UW<br />

In Umspannwerken werden <strong>für</strong> die 110-kV-Schaltanlage in <strong>der</strong> Regel SF6-isolierte<br />

Anlagen eingesetzt, da sie nur einen Bruchteil des Platzes einer luftisolierten<br />

Schaltanlage beanspruchen. Dabei gibt es zwei Konstruktionsgrundprinzipien:<br />

Einpolige und dreipolige Kapselung.<br />

Anlagen mit einpoliger Kapselung sind wirtschaftlich herstellbar, da die Zahl <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Behälter minimiert ist und eine automatische Fertigung ermöglicht<br />

wird. Die Mantelströme erfor<strong>der</strong>n jedoch eine Kapselung, die praktisch den<br />

Bemessungsbetriebsstrom <strong>der</strong> Anlage führen kann. Bei den üblichen Aluminium-<br />

Kapselungen ist das problemlos möglich. Die Anzahl <strong>der</strong> Dichtungen ist sehr groß.<br />

Fehler in <strong>der</strong> Anlage bleiben einpolig begrenzt und sind meist stromschwach, so<br />

dass sie im SF6 von selbst erlöschen.<br />

Anlagen mit dreipoliger Kapselung können wegen er geringen Mantelströme aus<br />

Stahlblech gebaut werden. Bei einem Kurzschluss wird die dynamische<br />

Beanspruchung <strong>der</strong> Bauteile wegen <strong>der</strong> geringen Abstände sehr hoch. Je<strong>der</strong> Fehler<br />

in <strong>der</strong> Anlage weitet sich fast sich zu einem dreipoligen Fehler aus.<br />

Für die Gasüberwachung gibt es verschiedene Prinzipien:


• Direkte Druckmessung<br />

• Differenzdruckmessung<br />

• Indirekte Messung<br />

Einpolige Kapselung<br />

• Kapselungsmaterial vorwiegend Aluminium<br />

(Kapselungsströme)<br />

• Anzahl <strong>der</strong> Schotträume groß; Volumina eher klein<br />

• dielektrische Verhältnisse im geraden Rohrleiter<br />

Radialfeld mit konzentrischen Äquipotentialflächen<br />

• nur einpolige Erdschlüsse möglich, bei gelöschtem Netz:<br />

länger anstehen<strong>der</strong> Lichtbogen denkbar, beson<strong>der</strong>e<br />

Schutzeinrichtung erfor<strong>der</strong>lich<br />

• bei Lichtbogeneinwirkung steiler Druckanstieg bei kleinen<br />

Schottraumvolumina<br />

Schaltanlagen<br />

• im Kurzschlußfall wirken praktisch keine dynamischen Kräfte<br />

auf koaxiale Leiter<br />

Kapselungsarten<br />

Dreipolige Kapselung<br />

• Kapselungsmaterial Aluminium o<strong>der</strong> Stahl<br />

• Anzahl <strong>der</strong> Schotträume klein; Volumina eher groß<br />

• dielektrische Verhältnisse im geraden Rohrleiter:<br />

sich überlagernde Radialfel<strong>der</strong><br />

• einpoliger Fehler weitet sich immer zum dreipoligen<br />

Kurzschluß aus;<br />

Schutzabschaltung<br />

Seite 67<br />

Bei <strong>der</strong> direkten Messung zeigt ein Manometer den tatsächlichen Druck an. Dieser ist<br />

aber Schwankungen aufgrund von Temperaturunterschieden durch die<br />

Strombelastung <strong>der</strong> eingebauten Geräte und durch die Außentemperatur<br />

unterworfen. Daher wird häufig eine Temperaturkompensation verwendet und man<br />

erhält eine Gasdichtmessung. Die Differenzdruckmessung ist eigentlich nur eine<br />

Bereitschaftsanzeige, da sie nur eine qualitative Aussage ermöglicht, ob <strong>der</strong> Druck<br />

im zulässigen o<strong>der</strong> im unzulässigen Bereich ist. Angezeigt wird eine Druckän<strong>der</strong>ung<br />

zwischen dem Behälterdruck und einem Vergleichsdruck in <strong>der</strong> Druckdose. Die<br />

Anzeige ist temperaturkompensiert. Die indirekte Messung überprüft die dielektrische<br />

Festigkeit des Gases durch eine Messung <strong>der</strong> Spannungsfestigkeit zwischen zwei<br />

Elektroden mit definiertem Abstand. Im einfachsten Fall können dazu modifizierte<br />

Zündkerzen verwendet werden.<br />

• größere Volumina führen bei Lichtbogeneinwirkung zu<br />

weniger steilen Druckanstiegen<br />

• Beanspruchung von Leiter, Durchführungen und<br />

Zwischenwänden durch dynamische Kurzschlußkräfte muß<br />

konstruktiv berücksichtigt werden<br />

Die 10-kV-Schaltanlage wird unabhängig davon als luft- o<strong>der</strong> SF6-isolierte Anlage<br />

ausgeführt. Der Aufbau ist aufwendig, da in <strong>der</strong> Regel eine Mehrraumschottung zur<br />

Begrenzung von Lichtbogenschäden verwendet wird.<br />

Bei Doppelsammelschienenanlagen bestehen mehrere Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

Aufstellung: klassisch mit einem festeingebauten Trennschalter o<strong>der</strong><br />

Lasttrennschalter je Sammelschiene. Der Leistungsschalter ist entwe<strong>der</strong> fest<br />

eingebaut o<strong>der</strong> auf einem Fahrwagen o<strong>der</strong> Einschub montiert.<br />

In einer Zweileistungsschalteranlage enthält jede <strong>der</strong> beiden Zellenreihen (jeweils mit<br />

Sammelschienensystem) Wandler und Kabelanschlüsse, <strong>der</strong> Leistungsschalter ist<br />

aber nur einmal je Abzweig vorhanden. Dieser Typ bietet sich an, wenn ein<br />

Sammelschienenwechsel nicht häufig durchgeführt werden muss (<strong>der</strong> Fahrweg kann<br />

beson<strong>der</strong>s bei Rücken an Rücken-Aufstellung sehr lang sein). Auf eine<br />

Querkupplung kann hierbei verzichtet werden, da ein vorzuhalten<strong>der</strong><br />

Reserveschalter diese Aufgabe übernehmen kann. Eine Fernsteuerung ist nur mit


Schaltanlagen<br />

Seite 68<br />

großem Aufwand möglich, da je<strong>der</strong> Fahrwagen mit Motorantrieb ausgerüstet werden<br />

muss.<br />

Bei <strong>der</strong> Rücken-an-Rücken-Anordnung liegt <strong>der</strong> Vorteil in <strong>der</strong> kurzen Verbindung<br />

zwischen den feststehenden Teilen eines Abzweiges. Er kann <strong>für</strong> höhere Ströme<br />

auch mit einem Schienensystem ausgeführt werden. Die Kabelanschlussräume<br />

bieten viel Platz <strong>für</strong> Parallelkabel, Ableiter usw. Ein Nachteil besteht neben <strong>der</strong><br />

Umständlichkeit des Sammelschienenwechsels im großen Grundflächenbedarf.<br />

Bei einer Gegenüber-Anordnung liegt <strong>der</strong> wesentliche Vorzug in <strong>der</strong> klaren<br />

räumlichen Trennung <strong>der</strong> beiden Sammelschienensysteme und <strong>der</strong><br />

Überschaubarkeit <strong>der</strong> Anlage. Ungünstig stellt sich die Verbindung zwischen den<br />

zum selben Abzweig gehörenden Zellen dar. Für kleinere Ströme reicht eine<br />

Kabelverbindung aus (mit einer großen Zahl an Endverschlüssen), bei hohen<br />

Strömen ist eine aufwändige Schienenverbindung (entwe<strong>der</strong> in Kanälen<br />

(Kreuzungen!) o<strong>der</strong> als isolierte Schienen) notwendig. Störungen im<br />

Verbindungsbereich werden nicht durch den Abzweigschutz erfasst, son<strong>der</strong>n durch<br />

den Sammelschienenschutz, so dass bei einer Störung mindesten ein ganzer<br />

Sammelschienenabschnitt ausfällt. Die Verriegelung <strong>der</strong> Erdungsschalter ist<br />

ebenfalls aufwendig.<br />

Zum Aufrechterhalten des Personenschutzes bei Arbeiten in <strong>der</strong> Anlage werden die<br />

Schaltzellen in Schotträume aufgeteilt. Sind Sammelschienensysteme,<br />

Hauptschaltgeräte und Kabelanschlussraum in metallisch getrennten ( und<br />

geerdeten) Zwischenräumen, so bezeichnet man die Anlage als metallgeschottet.<br />

Bestehen die Zwischenwände aus Isolierstoff, so wird sie als geschottet bezeichnet.<br />

Die Schaltanlage ist teilgeschottet, wenn weniger Teilräume als bei einer<br />

Vollschottung nötig wäre vorhanden sind o<strong>der</strong> keine Unterteilung durch<br />

Zwischenwände vorhanden ist. Beson<strong>der</strong>s ist die Quer-Schottung <strong>der</strong><br />

Sammelschiene zu beachten. Durch sie wird die Arbeitssicherheit nicht erhöht, da<br />

bei Arbeiten an <strong>der</strong> SS das ganze System freigeschaltet werden muss. Im<br />

Störlichtbogenfall läuft <strong>der</strong> Störlichtbogen bei Anlagen ohne Querschottung mit ca.<br />

100 m/sec die Schiene entlang von <strong>der</strong> Einspeisung zum Endfeld und brennt dort bis<br />

zum Ausschalten des Fehlers. In <strong>der</strong> Regel wird dabei nur das Endfeld beschädigt,<br />

die restliche Sammelschiene bleibt bis auf Rußspuren intakt.<br />

Bei einer Querschottung wird <strong>der</strong> Fehler im auslösenden<br />

Feld aufgehalten. Ein Schaden bleibt auf das Feld begrenzt<br />

(wenn die Schottung es aushält). Bei Zellen in <strong>der</strong> Mitte einer<br />

Anlage kann jedoch die Reparatur schwieriger werden als<br />

bei einem Endfeld.<br />

Für die Einspeise-, Abgangs-, Kuppel- und Messfel<strong>der</strong> hat<br />

sich die Gerätefolge Sammelschienentrennschalter -<br />

Leistungsschalter (ggf. auf Fahrwagen) - Stromwandler - ggf.<br />

Kabelabgangstrenner durchgesetzt.<br />

Ortsnetz- / Kundenstationen<br />

Ortsnetzstationen (ON o<strong>der</strong> Netzstationen NSt.) versorgen<br />

Nie<strong>der</strong>spannungsnetze, wobei sie ihre Energie aus dem<br />

Mittelspannungsnetz beziehen. Der Anschluss von Kabeln<br />

ist gerade in städtischen Bereichen vorherrschend, in<br />

ländlichen Gebieten findet man oft Maststationen mit<br />

Freileitungsanschlüssen.<br />

Schaltanlage in einer Plakat-<br />

säule, Köln 1891


Schaltanlagen<br />

Seite 69<br />

Die Anlagen werden in vorhanden Gebäude o<strong>der</strong> in Baukörper aus Beton,<br />

Leichtmetall o<strong>der</strong> Kunststoff untergebracht. Das Lüftungssystem muss dabei so<br />

ausgelegt sein, dass es die Verlustwärme des Transformators abführen kann, aber<br />

auch die Betauung bei Temperaturschwankungen in Grenzen bleibt. Weiterhin muss<br />

die Belüftung im Störlichtbogenfall die auftretende Druckerhöhung ableiten. Sind die<br />

Anlagen nicht begehbar und von außen zu bedienen, spricht man von<br />

Kompaktstationen. Aufgrund ihrer kleinen Abmessungen lassen sie sich leicht in eng<br />

bebauten Gebieten aufstellen.<br />

Die Zuluftöffnungen sollen in Bodennähe o<strong>der</strong> unter dem Transformator vorgesehen<br />

werden (nicht über <strong>der</strong> Mitte des Trafos), die Abluftöffnung möglichst hoch in einer<br />

gegenüberliegenden Wand, so dass eine Querlüftung erreicht wird. Die Wirksamkeit<br />

<strong>der</strong> Lüftung nimmt mit größerwerdendem Höhenunterschied zwischen Zu- und Abluft<br />

zu. Die erfor<strong>der</strong>liche Größe <strong>der</strong> Abluftöffnung in m 2 ohne stochersicheres Gitter lässt<br />

sich einfach Abschätzen:<br />

A<br />

PV<br />

=<br />

5,<br />

8×<br />

Dabei ist PV = P0 + k x PK mit k = 1,06 <strong>für</strong> Öltransformatoren und k = 1,2 <strong>für</strong><br />

Gießharztransformatoren und h <strong>der</strong> Höhenunterschied in m. Zu diesem errechneten<br />

Wert sind <strong>für</strong> einfache Gitter 10%, <strong>für</strong> Gitter mit Jalousien ca. 50% hinzuzurechnen.<br />

Die Größe <strong>der</strong> Zuluftöffnung kann etwa 10% kleiner ausfallen als die Abluftöffnung.<br />

Gießharztransformatoren werden dann eingesetzt, wenn Sicherheit und<br />

Umweltverträglichkeit dies erfor<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> wenn die da<strong>für</strong> erfor<strong>der</strong>lichen baulichen<br />

Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>für</strong> Öltransfomatoren zu aufwendig sind.<br />

Die Aufstellung <strong>der</strong> Schaltanlagen in einer abgeschlossenen elektrischen<br />

Betriebsstätte regelt DIN VDE 0101. Dort wird die Gangbreite von 1000 mm<br />

festgelegt, die auch durch in den Gang hineinragende Teile wie Antriebe o<strong>der</strong><br />

Schaltwagen nicht unterschritten werden darf. Die Schaltfeldtüren müssen in<br />

Fluchtrichtung zuschlagen o<strong>der</strong> sich soweit öffnen lassen, dass die verbleibende<br />

Gangbreite mindesten 500 mm beträgt. Für Montagegänge hinter <strong>der</strong> Schaltanlage<br />

genügt eine Gangbreite von 500 mm. Die Ausgänge in einer Schaltanlage sind so zu<br />

wählen, dass <strong>der</strong> Rettungsweg innerhalb des Raumes nicht länger als 40 m ist. Die<br />

Mindestdurchganghöhe unter Abdeckungen beträgt 2000 mm, unter aktiven Teilen<br />

entsprechend <strong>der</strong> Tabellen, jedoch nicht unter 2500 mm. Bei <strong>der</strong> Planung einer<br />

Station sind neben <strong>der</strong> EltBauVO (als Anhang in DIN VDE 0105) auch weitere<br />

Richtlinien wie AGI und WHG zu beachten. Wichtige Punkte daraus sind:<br />

Transformatoren müssen so aufgestellt werden, dass austretendes Isolieröl keine<br />

Umweltschäden hervorrufen kann. Dies kann durch eine ausreichend dimensionierte<br />

Ölwanne erreicht werden. Bei SF6-Anlagen dürfen Überdrucksicherungen keine<br />

Personen beim Bedienen gefährden. In Bodennähe soll eine natürliche Lüftung<br />

angebracht sein. Räume unter Erdgleiche benötigen eine technische Lüftung, falls<br />

sich dort Gase in gefährlicher Menge ansammeln können (darauf kann verzichtet<br />

werden, wenn das Gasvolumen des größten Gasraums bei Atmosphärendruck<br />

maximal 10% des Raumvolumens beträgt).<br />

Eine oft gewählte Standardvariante, sowohl in Luft als auch in SF6-isolierten<br />

Schaltanlagen ist die Einschleifung <strong>der</strong> Kabel über Lasttrennschalter. Der<br />

Transformator wird über Lasttrenner mit Sicherungsunterteil und Freiauslösung<br />

angeschlossen. Manchmal wird ein zusätzliches Kabel- o<strong>der</strong> Transformatorfeld<br />

projektiert. Unter Inkaufnahme einer geringeren Selektivität kann diese Schaltung<br />

h


Schaltanlagen<br />

Seite 70<br />

noch weiter vereinfacht werden, indem die Kabelschalter und <strong>der</strong><br />

Transformatorschalter einschließlich Sicherung weggelassen werden.<br />

Kabelverteilerschränke <strong>für</strong> Nie<strong>der</strong>spannung werden in <strong>der</strong> Regel aus<br />

glasfaserverstärktem Polyester (UV-lichtbeständiges Härtersystem) im<br />

Baukastensystem (Gehäuse und Sockel) hergestellt. Bei <strong>der</strong> Konstruktion wird auf<br />

ausreichende Belüftung Wert gelegt, die labyrinthartig ausgeführt wird, um das<br />

Eindringen von Fremdkörpern zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Bei Fest-/Marktplatz- und Baustromverteilern erfolgt die Kabelzuführung stets von<br />

unten an die NH-Sicherung im EVU-Eingangsmessfeld. Zum Einführen <strong>der</strong><br />

Abnehmerkabelhaben die Sockel groß bemessene Einführungsschächte mit<br />

Zugentlastungen.<br />

Nebenanlagen<br />

Batterieanlagen<br />

Für die Antriebe <strong>der</strong> Leistungsschalter und <strong>für</strong> die Sekundärtechnik (Schutz,<br />

Leittechnik, Regelung) sowie <strong>für</strong> die Notbeleuchtung ist eine Stromquelle erfor<strong>der</strong>lich,<br />

die je<strong>der</strong>zeit unabhängig von <strong>der</strong> Drehstromversorgung einsatzbereit ist. Bewährt<br />

haben sich hierbei Bleiakkumulatoren, die im Bereitschaftsparallelbetrieb die<br />

Hilfsnetze speisen. Hierbei deckt ein Gleichrichter den gesamten Energiebedarf <strong>der</strong><br />

Verbraucher und bringt zusätzlich die Ladungserhaltungsströme <strong>für</strong> die<br />

Batterieanlage auf, die so auf vollem Füllungsgrad gehalten wird. Sie wird nur zur<br />

Stromabgabe herangezogen, wenn das Netz o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gleichrichter ausfällt und<br />

dabei auf drei Stunden bemessen. Als Batteriespannungen sind 24 V und 60 V <strong>für</strong><br />

die Melde- und Fernsteuerspannung und 110 V o<strong>der</strong> 220 V als Betätigungsspannung<br />

gebräuchlich. Die Batterien selbst werden ungeerdet betrieben und mit einer<br />

Erdschlussüberwachung ausgerüstet. Die Lebensdauer einer Batterie beträgt bei<br />

regelmäßiger Wartung bis zu 20 Jahren. Der Stellenwert einer Batterieanlage darf<br />

nicht unterschätzt werden; ohne sie kann ein Umspannwerk nicht betrieben werden !<br />

Rundsteueranlage<br />

Die Rundsteueranlage dienst zur Fernsteuerung von Verbrauchern im<br />

Versorgungsnetz. Als Übertragungsweg wird das normale Energienetz verwendet.<br />

Die Übertragung <strong>der</strong> Steuerbefehle erfolgt durch Impulsfolgen im Bereich von 167 ...<br />

ca. 2000 Hz, die <strong>der</strong> 50.Hz-Spannung mit einer Amplitude von ca. 1 ... 8% <strong>der</strong><br />

jeweiligen Nennspannung überlagert sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die<br />

Signale im Versorgungsnetz je nach Höhe <strong>der</strong> Sendefrequenz unterschiedlich stark<br />

gedämpft werden. Die Tonfrequenz wird zur Übertragung nach einem Code<br />

(Impulsraster) ein und ausgeschaltet, wodurch ein „Telegramm entsteht. Dem<br />

fernzusteuernden Verbraucher ist ein spezieller Empfänger („Rundsteuerempfänger“)<br />

vorgeschaltet, <strong>der</strong> die Impulstelegramme wie<strong>der</strong> aus dem Netz herausfiltert und<br />

daraus die gewünschte Steuerinformation ableitet. Die Wahl <strong>der</strong> Tonfrequenz ist<br />

stark von <strong>der</strong> Netzkonstellation abhängig; VDEW empfiehlt <strong>für</strong> Netze mit großer<br />

Ausdehnung und mehreren Spannungsebenen Frequenzen unter 250 Hz, bei Netzen<br />

mit begrenzter Ausdehnung Frequenzen über 250 Hz. Die Sendeanlage besteht aus<br />

einer Sendezentrale (meist in <strong>der</strong> Netzleitstelle), <strong>der</strong> Übertragungseinrichtung zur<br />

Einspeisestelle, einem Rundsteuersen<strong>der</strong> mit Kommandogerät sowie <strong>der</strong><br />

Ankopplung an das Energienetz.


Schaltanlagen<br />

Seite 71<br />

Die Sendezentrale ist heute ein normaler PC, in dem die Schaltprogramme <strong>für</strong> die<br />

verschiedenen Schaltprogramme verwaltet werden. Diese erzeugen aus Datum und<br />

Uhrzeit sowie Benutzereingaben die zeitrichtigen Sendungen an die<br />

Rundsteuersen<strong>der</strong> in den Anlagen. Die Rundsteuersen<strong>der</strong> bestanden früher aus<br />

Tonfrequenzgeneratoren mit Synchron- und Asynchronmaschinen, <strong>der</strong>en<br />

Ausgangsspannung von Tastschützen im Takt des Rundsteuertelegramm ein- und<br />

ausgeschaltet wurde. Heute werden ausschließlich statische Umrichter mit Thyristor-<br />

o<strong>der</strong> Transistortechnik verwendet. Die Ankopplungen gestatten die Überlagerung <strong>der</strong><br />

Tonfrequenzspannung in das 50-Hz-Netz, schützen die Sendeanlage aber auch<br />

gegen Rückwirkungen (Oberwellen) aus dem Netz. Dabei existieren zwei<br />

Grundvarianten: die Serienankopplung (Reihenankopplung) und die<br />

Parallelankopplung. Bei einer Einspeidung von <strong>der</strong> Mittelspannungsseite an aufwärts<br />

werden nur dreiphasige Ankopplungen eingesetzt. Die Wahl des Kopplungssystems<br />

hängt stark von <strong>der</strong> gewählten Rundsteuerfrequenz und vom Aufbau <strong>der</strong> über- und<br />

untergelagerten Netzes ab. Im unteren Frequenzbereich bis etwa 200 Hz überwiegt<br />

die Serienankopplung, darüber hinaus die Parallelankopplung.<br />

Erdungsanlagen / Blitzschutz<br />

Unter Erdung versteht man eine leitende Verbindung zwischen leitfähigen,<br />

normalerweise spannungsfreien Teilen einer elektrischen Anlage und dem Erdreich.<br />

Die Erdungsanlage wird dabei <strong>für</strong> die zu erwartenden Ströme ausgelegt. Dabei ist<br />

nicht nur auf eine ausreichende thermische Auslegung zu achten, son<strong>der</strong>n es dürfen<br />

auch die zulässigen Er<strong>der</strong>- und Berührungsspannungen nicht überschritten werden.<br />

Die richtige Erdung bestimmt die Sicherheit von Mensch und Betrieb ! (Die VDE-<br />

Bestimmung VDE 0141 über Erdungsanlagen geht auf das Jahr 1924 zurück).<br />

In <strong>der</strong> Praxis haben sich Stab- und Ban<strong>der</strong>de sowie ihre Kombinationen als Strahlen-<br />

, Maschen- o<strong>der</strong> Ringer<strong>der</strong> durchgesetzt. Er<strong>der</strong> bestehen aus feuerverzinktem Stahl,<br />

Kupfer o<strong>der</strong> Edelstahl (V4A). Staber<strong>der</strong> werden als Rohr- o<strong>der</strong> Kreuzprofil soweit<br />

senkrecht ins Erdreich getrieben, bis die Erdung den erfor<strong>der</strong>lichen Wert erreicht<br />

(Tiefener<strong>der</strong>). Durch die Ausbringung von Ban<strong>der</strong><strong>der</strong>n in Mehrfachringen und<br />

Maschen (Tiefe > 0,5 m) wird eine Potentialsteuerung erreicht, die die Schritt- und<br />

Berührspannung verringert. Beson<strong>der</strong>es Augenmerk ist auf die Verbindungsstellen<br />

<strong>der</strong> Er<strong>der</strong> zu legen, da hier Korrosion am ehesten angreift. Ursache <strong>der</strong> Korrosion ist<br />

vielfach die Bildung eines elektrochemischen Elementes aufgrund unterschiedlicher<br />

Erdbodenzusammensetzungen (pH-Wert, spez. Bodenleitfähigkeit).<br />

In Gebieten mit geschlossener Bebauung kann nicht zwischen Schutzerde und<br />

Betriebserde unterschieden werden, da sich die Er<strong>der</strong> gegenseitig beeinflussen und<br />

keine neutrale (= unbeeinflusste) Zone mehr vorhanden ist. Hier wirken die<br />

Fundamenter<strong>der</strong> und die Erdungen <strong>der</strong> Versorgungseinrichtungen in ihrer<br />

Gesamtheit wie ein Maschener<strong>der</strong>. Zur klassischen Schutzerde zählt die Verbindung<br />

aller nicht zum Betriebsstromkreis gehörenden Metallteile; die Betriebserde definiert<br />

das Erdpotential eines Betriebsstromkreises. Für die zulässige Er<strong>der</strong>spannung gilt:<br />

• innerhalb einer Anlage: UEB ≤ 125 V<br />

• außerhalb einer Anlage: UEB ≤ 50 V<br />

Eng verbunden mit den Erdungsanlagen ist <strong>der</strong> Blitzschutz. Bewährt hat sich hierbei<br />

das Blitzschutz-Zonenkonzept, da sich bei komplexen Anlagen herausgestellt hat,<br />

dass die klassische Aufteilung in „Inneren und Äußeren Blitzschutz“ nicht mehr alle<br />

Aufgaben befriedigend lösen kann. Nunmehr wird die zu schützende Anlage


Schaltanlagen<br />

Seite 72<br />

strukturiert und in Schutzzonen aufgeteilt, <strong>für</strong> die jeweils elektromagnetische<br />

Verträglichkeitsbedingungen definiert werden können.<br />

Die einzelnen Schutzzonen werden durch Schirmen des Gebäudes, <strong>der</strong> Räume und<br />

<strong>der</strong> Geräte gebildet. Von <strong>der</strong> Feldseite (Blitzschutz-Zone BSZ 0) aus, in <strong>der</strong> direkte<br />

Blitzeinschläge und ungedämpfte elektrische und magnetische Fel<strong>der</strong> des Blitzes<br />

(LEMP = Lightning Electromagnetic Pulse) gegeben sind, folgen Schutzzonen mit<br />

abnehmen<strong>der</strong> Gefährdung hinsichtlich leitungsgebundener Störungen und LEMP-<br />

Einwirkungen. Jeweils an den Stellen, an denen Kabel und Leitungen<br />

Blitzschutzzonen durchdringen, sind Maßnahmen zu treffen und örtliche<br />

Potentialausgleiche einzurichten.<br />

An <strong>der</strong> Schnittstelle zwischen Schutzzone 0 und 1 sind alle von <strong>der</strong> Feldseite<br />

kommenden Leitungen in den Blitzschutz-Potentialausgleich einzubeziehen, und<br />

zwar mit blitzstromtragfähigen Komponenten (Ableiter <strong>für</strong> Stoßströme bis 100 kA bei<br />

Wellenform 10/350 μs). Für jede weitere Schnittstelle sind Überspannungsableiter<br />

erfor<strong>der</strong>lich, die die Störspannung bis unter 1000 V herunterpegeln. Zwischen den<br />

Geräten ist auf eine Entkopplung zu achten,<br />

die durch zusätzliche Drosseln o<strong>der</strong><br />

entsprechende Leitungslängen herzustellen<br />

ist.<br />

Klemmen<br />

Die Anschlüsse <strong>der</strong> Wandler, Schutz- und<br />

Messgeräte werden auf Klemmleisten<br />

geführt, die durch ihren Aufbau als Trenno<strong>der</strong><br />

Durchgangsklemme den sicheren<br />

Anschluss erlauben. Stromwandlerklemmen<br />

können den Wandler sekundärseitig kurz<br />

schließen und gestatten so den Anschluss<br />

Klemmleiste <strong>für</strong> Stromwandler<br />

von externen Mess- und Prüfgeräten.<br />

Trennklemmen zum Anschluss von Spannungswandlern besitzen ein schaltbares<br />

Brückenstück. Sie können untereinan<strong>der</strong> mit Querbrücken verbunden werden.<br />

Emissionsschutz<br />

Störlichtbogenschutz<br />

Die Hauptursache <strong>für</strong> die Entstehung von Störlichtbögen ist menschliches<br />

Fehlverhalten. Daneben können Störlichtbögen auch durch Verschmutzung,<br />

Betauung, atmosphärische<br />

Überspannungen, Isolationsfehler und<br />

nicht zuletzt durch Kleintiere ausgelöst<br />

werden. Tritt in einem Schaltfeld einer<br />

gekapselten Schaltanlage ein<br />

Lichtbogenkurzschluss auf, dann wird die<br />

Luft innerhalb <strong>der</strong> Zelle stark erwärmt (ca.<br />

4000°C) und es kommt rasch zu einem<br />

hohen Druckanstieg<br />

Druckverlauf<br />

(Kompressionsphase). Um den Druck<br />

abzubauen, sprechen nach ca. 3 - 10 ms<br />

die Druckentlastungsklappen o<strong>der</strong>


Schaltanlagen<br />

Seite 73<br />

Berstscheiben einer Schaltanlage an und die heißen Gase strömen in dieser<br />

Expansionsphase in die Schaltanlage. Im Schaltfeld entsteht ein Unterdruck. Die<br />

Emmisionsphase schließt sich an (20...150 ms). Der Druck im Feld ist nur wenig<br />

höher als im Anlagengebäude; hier hat bereits ein Druckanstieg stattgefunden, so<br />

dass ggf. Maßnahmen zum Schutz des Gebäudes zu treffen sind. In <strong>der</strong> thermischen<br />

Phase (150...1000 ms) werden verdampfte Stromschienenmaterialien mitsamt<br />

Isolierung aus dem Feld geworfen. Um das Bedienpersonal und Passanten in<br />

unmittelbarer Nähe des Anlagengebäudes zu schützen sind geeignete Maßnahmen<br />

zu ergreifen.<br />

Um den Nachweis des Verhaltens von Mittelspannungsanlagen bei inneren Fehlern<br />

zu erbringen, wurde 1969 in Frankfurt/Main die „Prüfstelle <strong>für</strong> elektrische<br />

Hochleistungsapparate“ (PEHLA) gegründet. In ihrer Richtlinie Nr. 2, die im<br />

Wesentlichen von DIN VDE 0670, Teil 601 übernommen wurde, werden sechs<br />

Kriterien bei zwei Zugänglichkeitsgraden gefor<strong>der</strong>t:<br />

Zugänglichkeitstyp A: zugänglich nur Elektrofachleuten und unterwiesenen<br />

Personen (Bedienerschutz)<br />

Zugänglichkeitstyp B: uneingeschränkte Zugänglichkeit (Passantenschutz)<br />

Kriterium 1: Ordnungsgemäß gesicherte Türen, Abdeckungen<br />

usw. dürfen sich nicht öffnen<br />

Kriterium 2: Teile <strong>der</strong> metallgekapselten Schaltanlage, die eine<br />

Gefährdung verursachen können, dürfen nicht<br />

wegfliegen.<br />

Kriterium 3: Durch Lichtbogeneinwirkung dürfen keine Löcher in<br />

den frei zugänglichen äußeren Teilen <strong>der</strong> Kapselung<br />

infolge Durchbrennens o<strong>der</strong> aufgrund an<strong>der</strong>er Effekte<br />

entstehen.<br />

Kriterium 4: Indikatoren (Stücke aus Baumwollstoff), die senkrecht<br />

aufgebracht sind, dürfen sich nicht entzünden.<br />

Indikatoren, dir durch brennende Farbanstriche o<strong>der</strong><br />

brennende Aufkleber entzündet werden, werden nicht<br />

zur Beurteilung herangezogen.<br />

Kriterium 5: Indikatoren, die waagrecht angebracht sind, dürfen<br />

sich nicht entzünden. Sollten sie während <strong>der</strong> Prüfung<br />

zu brennen beginnen, ist das Beurteilungskriterium<br />

dennoch als erfüllt anzusehen, falls nachweisbar<br />

sichergestellt ist, dass die Zündung durch glühende<br />

Partikel und nicht durch heiße Gase erfolgte.<br />

Kriterium 6: Alle Erdverbindungen müssen noch wirksam sein.<br />

Diese Störlichtbogenfestigkeit ist bei allen Schaltfel<strong>der</strong>n zu erreichen. Durch die<br />

Prüfung soll nachgewiesen werden, dass Personen in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Schaltanlage<br />

durch nach außen tretende dampf- o<strong>der</strong> gasförmige Zersetzungsprodukte nicht<br />

gefährdet werden können. Konstruktive Maßnahmen wie ein ausreichend großer<br />

Kabelendverschlussraum o<strong>der</strong> hinreichend bemessende Isolationskoordination<br />

können die Störlichtbogenfestigkeit ebenfalls verbessern.<br />

Die Prüfung selbst ist an einem fabrikneuen, komplett bestücktem Schaltfeld<br />

durchzuführen, wobei die späteren Aufstellungsbedingungen (Raumnachbildung,


Schaltanlagen<br />

Seite 74<br />

elektr. Werte, Zeit) möglichst getreu sein sollen. Der Lichtbogen wird durch einen ca.<br />

0,5 mm dicken Metalldraht zwischen den Leitern (o<strong>der</strong> bei Einzelschottung zwischen<br />

Leiter und Erde) gezündet. Der Ort <strong>der</strong> Zündung muss so gewählt werden, dass die<br />

Auswirkung des Lichtbogens die größte Beanspruchung im Schaltfeld hervorruft.<br />

Damit sich <strong>der</strong> Fehler zu einem dreipoligen Kurzschluss entwickeln kann, muss die<br />

Einspeisung ebenfalls dreiphasig vorgenommen werden. Die Auswirkungen des<br />

Lichtbogens außerhalb <strong>der</strong> Schaltanlage werden mit definiert aufgestellten<br />

Indikatoren aus schwarzem Baumwolltuch (150 x 150 mm) gemessen. Sie sind so<br />

angeordnet, dass ihre Schnittkanten nicht zum Schaltfeld gerichtet sind. Beim<br />

Zugänglichkeitsgrad A werden die Indikatoren (150 g/m 2 ) an allen leicht zugänglichen<br />

Stellen im Abstand von 30 cm senkrecht angebracht, wobei Stellen, an denen Gase<br />

austretenden können, beson<strong>der</strong>s berücksichtigt werden müssen. Können die Gase<br />

durch Leitbleche o<strong>der</strong> Decken umgeleitet werden, sind zusätzliche Indikatoren<br />

waagerecht in einer Höhe von 2 m über dem Fußboden in einem Abstand zwischen<br />

30...80 cm erfor<strong>der</strong>lich. Beim Zugänglichkeitsgrad B werden die Indikatoren (40 g/m 2 )<br />

an allen Seiten <strong>der</strong> Schaltanlage in einem Abstand von 10 cm senkrecht angebracht.<br />

Für die Umlenkung <strong>der</strong> Gase gelten die Maßnahmen<br />

unter A in einem korrigierten Abstand von 10...80 cm.<br />

Der Mensch im homogenen<br />

elektrischen Wechselfeld<br />

Elektro-magnetische Fel<strong>der</strong><br />

Vielfach ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch<br />

elektrische und magnetische Fel<strong>der</strong> („Elektrosmog“) in<br />

die Diskussion geraten. Deshalb soll im Folgenden eine<br />

kurze Einführung in diese Problematik gegeben werden.<br />

In <strong>der</strong> Physik und <strong>der</strong> Technik wird <strong>der</strong> Begriff „Feld“<br />

generell benutzt, um Zustände<br />

und Wirkungen im Raum zu<br />

beschreiben. Fel<strong>der</strong> können<br />

durch schematische Darstellung<br />

ihrer Kraftlinien anschaulich<br />

gemacht werden. Bekannte<br />

Fel<strong>der</strong> sind das elektrische und<br />

das magnetische Feld.<br />

Die Ursache <strong>für</strong> das elektrische<br />

Feld (Formelbuchstabe E, Einheit Volt/m) sind elektrische<br />

Ladungen, also z. B. spannungsführende Leiter. Es<br />

beschreibt die Kräfte, die zwischen den Ladungen auftreten.<br />

Für das Feld gilt: Je höher die Spannung, desto größer ist<br />

auch die Feldstärke, die aber stark mit <strong>der</strong> Entfernung zur<br />

Quelle abnimmt. In <strong>der</strong> Skizze ist <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong><br />

elektrischen Feldlinien zweier paralleler Drähte dargestellt.<br />

Die Feldlinien führen von einer positiven zu einer negativen<br />

Ladung, ihre Dichte ist ein Maß <strong>für</strong> die Feldstärke. Freie<br />

Der Mensch im homogenen<br />

magn. Wechselfeld<br />

Ladungsträger, die sich in leitenden Gegenständen o<strong>der</strong> Körpern befinden, trennen<br />

und verschieben sich unter dem Einfluss <strong>der</strong> Feldkräfte. Diese Influenz genannte<br />

Erscheinung polarisiert den Leiter, <strong>der</strong> zu einem Dipol wird. Die Körperoberfläche<br />

wird dadurch aufgeladen und das Innere praktisch feldfrei. Elektrische Fel<strong>der</strong> sind<br />

demnach gut durch leitende Materialien abzuschirmen. Eine Hauswand kann ein von<br />

außen wirkendes elektrisches Feld um ca. 70 - 90% verringern.


Magnetisches<br />

Feld<br />

30 A/m<br />

Elektrisches Feld<br />

Natürliche Fel<strong>der</strong><br />

Schönwetter<br />

100 - 500 V/m<br />

Ionosphäre<br />

Gewitter<br />

3000 - 20000 kV/m<br />

Schaltanlagen<br />

Seite 75<br />

Seit jeher gibt es natürliche elektrische Fel<strong>der</strong>: durch die Luftbewegung in <strong>der</strong><br />

Atmosphäre wird bei normalem Wetter eine elektrostatische Feldstärke von 100...500<br />

V/m erreicht; bei Gewitter können Werte bis zu 20.000 V/m = 20 kV/m auftreten. Die<br />

direkten und indirekten Wirkungen eines elektrischen Feldes hat wohl je<strong>der</strong> schon<br />

bemerkt:<br />

• Haarsträuben<br />

• Aufladung einer Person beim Gang über einen Kunststoffteppich mit späterer<br />

Entladung<br />

Die Wahrnehmung und die Bewertung <strong>der</strong> elektrischen Fel<strong>der</strong> ist subjektiv. Bei einer<br />

Testserie zeigte sich, dass ca. 60% aller Probanden bei einem ungestörtem Feld bis<br />

zu 20 kV/m ohne Empfindung blieben, nur 5% <strong>der</strong> Testpersonen erkannten ein Feld<br />

von 8 kV/m.<br />

+<br />

_<br />

Der vom elektrischen Feld durch Influenz (d. h. von außen)<br />

erzeugte Strom in einem leitfähigen Objekt ist von <strong>der</strong><br />

Frequenz, von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Feldstärke und von <strong>der</strong> Form<br />

und Größe des Objektes, jedoch nicht von <strong>der</strong> inneren<br />

Leitfähigkeit des Objektes abhängig. In metallischen<br />

Körpern erfolgt <strong>der</strong> Stromfluss im wesentlichen durch freie<br />

Elektronen, während in biologischen Geweben <strong>der</strong><br />

Stromfluss hauptsächlich über den Transport von Ionen (z.<br />

B. in <strong>der</strong> Blutbahn) zustande kommt.<br />

Da <strong>der</strong> menschliche Körper gut leitend ist (die elektrische<br />

Leitfähigkeit ist um den Faktor 10 12 größer als die von<br />

elektr. Feld<br />

Luft), werden die elektrischen Fel<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Körperoberfläche geführt und dringen nicht tief ein. Da<strong>für</strong><br />

wird jedoch das Feld, das einen Menschen umgibt, stark verzerrt, so dass im<br />

Kopfbereich – bedingt durch die Körpergeometrie - eine vielfache Verstärkung<br />

auftreten kann. Als Näherung gilt im Kopfbereich eine vierzehnfach höhere<br />

Feldstärke als im ungestörten Feld.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> ein magnetisches (Gleich-) Feld ist das<br />

natürliche Magnetfeld <strong>der</strong> Erde, dass die<br />

Kompassnadel in Nord-Süd-Richtung auslenkt und<br />

Zugvögeln und Fischen zur Orientierung dient. In<br />

unseren Breiten beträgt seine Stärke etwa 40 A/m (ca.<br />

50 μT). Ursache des (technischen) magnetischen<br />

Wechselfeldes sind bewegte elektrische Ladungen. Ein<br />

Magnetfeld<br />

entsteht also,<br />

sobald Strom<br />

fließt. Als<br />

Beispiel sei ein<br />

gera<strong>der</strong> Draht<br />

gezeichnet, <strong>der</strong><br />

magn. Feld<br />

von einem Strom durchflossen wird: ihn umgibt<br />

ein Magnetfeld, dessen Kraftlinien den Draht<br />

als geschlossene Kreise mit dem Mittelpunkt<br />

im Draht umgeben und in Ebenen verlaufen,<br />

welche den Draht senkrecht schneiden. Je<br />

I<br />

H


Schaltanlagen<br />

Seite 76<br />

größer die Stromstärke ist, desto größer ist das magnetische Feld. Magnetfel<strong>der</strong><br />

durchdringen Hauswände, fast alle Metalle sowie organische Gewebe und den<br />

menschlichen Körper. Sie verringern sich, sobald man sich von ihrer Quelle entfernt,<br />

und zwar gilt im absoluten Nahbereich (0 – 0,3 m) B ∼ 1/r, im unmittelbaren<br />

Nahbereich (0,3 m – 1 m) B ~ 1/r 2 und im Fernfeld (> 1 m) B ~ 1/r 3 .<br />

Die magnetische Feldstärke (Formelbuchstabe H) wird in Ampère/m gemessen. Oft<br />

wird jedoch anstelle von H ein Maß <strong>für</strong> die Dichte <strong>der</strong> Feldlinien angegeben: die<br />

magnetische Induktion B mit ihrer Einheit Tesla (T). Da 1 T ein sehr hoher Wert ist,<br />

werden Fel<strong>der</strong> im Haushaltsbereich in Millitesla (mT = Tausendstel Tesla), Mikrotesla<br />

(μT = Millionstel Tesla) o<strong>der</strong> Nanotesla (nT = Milliardstel Tesla) angegeben. Dabei<br />

gilt also: 1 mT = 10 -3 T = 0,001 T, 1 μT = 10 -6 T = 0,000 001 T und 1 nT = 0,001 μT =<br />

0,000 001 mT = 10 -9 T = 0,000 000 001 T. Im Vakuum und in Luft verhalten sich beide<br />

Größen zueinan<strong>der</strong> proportional: 1 A/m = 1,257 μT.<br />

Magnetische Fel<strong>der</strong> induzieren im menschlichen Körper Wirbelströme, <strong>der</strong> Größe<br />

von <strong>der</strong> Frequenz, von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> magn. Feldstärke, von <strong>der</strong> felddurchsetzten<br />

Fläche und von den Materialeigenschaften abhängig ist. Aus Modellrechnungen lässt<br />

sich <strong>für</strong> homogene Magnetfel<strong>der</strong> eine Abschätzung <strong>für</strong> die mittlere Stromdichte im<br />

Körper ermitteln:<br />

S ≈ 2,0 μA/m 2 je μT ungestörte magnetische Flussdichte B<br />

bzw. <strong>für</strong> den Summenstrom<br />

I ≈ 1 μA je μT ungestörte magnetische Flussdichte B<br />

Im nie<strong>der</strong>frequenten Bereich von 0 ... 30 kHz müssen elektrisches und magnetisches<br />

Feld getrennt betrachtet und gemessen werden. Hier findet eine Energieabstrahlung<br />

in Form von elektromagnetischen Wellen nicht statt. Im Hochfrequenzbereich<br />

oberhalb 30 kHz treten die Fel<strong>der</strong> gekoppelt auf; sie besitzen hier größere<br />

Reichweiten (Rundfunksen<strong>der</strong>, Mobiltelefone) und an<strong>der</strong>e Wirkungsmechanismen (z.<br />

B. Erwärmung in <strong>der</strong> Mikrowelle o<strong>der</strong> ionisierende Strahlung beim Röntgen).<br />

Bei elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln mit hohen Betriebsspannungen (> 110<br />

kV = 110 000 V) ist <strong>für</strong> die Beurteilung <strong>der</strong> Auswirkungen im wesentlichen das<br />

elektrische Feld entscheidend. Im Nie<strong>der</strong>spannungsbereich spielen elektrische<br />

Fel<strong>der</strong> als Einflussgröße auf die „Normalbevölkerung“ kaum eine Rolle, hier<br />

überwiegt im allgemeinen das magnetische Feld. Aus diesem Grund wurde auf eine<br />

Messung des elektrischen Feldes verzichtet.<br />

In <strong>der</strong> DIN-Norm VDE V 0848-4/A3 vom Juli 1995 sind die bei uns gültigen<br />

Sicherheitsgrenzwerte <strong>für</strong> elektrische und magnetische Fel<strong>der</strong> festgelegt Sie<br />

empfiehlt unterschiedliche Expositionsbereiche:<br />

Der Expositionsbereich 1 umfasst:<br />

• kontrollierte Bereiche, z. B. Betriebsstätten, vom Betreiber überprüfbare Bereiche<br />

• allgemein zugängliche Bereiche, in denen aufgrund <strong>der</strong> Betriebsweise o<strong>der</strong><br />

aufgrund <strong>der</strong> Aufenthaltsdauer sichergestellt ist, dass eine Exposition nur<br />

kurzzeitig erfolgt.<br />

Die Werte <strong>für</strong> diesen Bereich orientieren sich am Konzept <strong>der</strong> Vermeidung von<br />

Gefährdungen unter Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen<br />

(Sicherheitskonzept). Es sind Effekte berücksichtigt wie Reizung von Sinnesorganen,<br />

Nerven- und Muskelzellen, Beeinflussung <strong>der</strong> Herzaktion. Für kurze


Schaltanlagen<br />

Seite 77<br />

Expositionszeiten von 1 h/d und 2 h/d werden gegenüber dem Wert <strong>für</strong><br />

Dauerexposition höhere Werte zugelassen, wodurch lediglich <strong>der</strong> Sicherheitsfaktor<br />

verringert wird, was wegen <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> beinhalteten Sicherheitsfaktoren <strong>für</strong> diese<br />

kurzen Zeiten zulässig ist.<br />

Der Expositionsbereich 2 umfasst alle Bereiche, in denen nicht nur mit<br />

Kurzzeitexposition gerechnet werden kann, wie z. B.:<br />

• Gebiete mit Wohn- und Gesellschaftsbauten,<br />

• einzelne Wohngrundstücke,<br />

• Anlagen und Einrichtungen <strong>für</strong> Sport, Freizeit und Erholung,<br />

• Betriebsstätten, in denen eine Fel<strong>der</strong>zeugung bestimmungsgemäß nicht<br />

erwartet wird.<br />

Die gegenüber Expositionsbereich 1 nochmals abgesenkten Werte <strong>für</strong> diesen<br />

Bereich berücksichtigen die Schutzbedürftigkeit beson<strong>der</strong>er Personengruppen und<br />

vermeiden wesentliche Belästigungen infolge von Feldeinwirkungen.<br />

DIN VDE V 0848-4/A3, 1995<br />

50 Hz<br />

Expositionsbereich 1<br />

• elektrische Fel<strong>der</strong><br />

• magnetische Fel<strong>der</strong><br />

Expositionsbereich 2<br />

• elektrische Fel<strong>der</strong><br />

• magnetische Fel<strong>der</strong><br />

Kurzzeitexposition Dauerexposition<br />

30 kV/m bis 2 Std. / Tag<br />

2,55 mT bis 2 Std. / Tag<br />

4,24 mT bis 1 Std. / Tag<br />

20 kV/m<br />

1,36 mT<br />

6,7 kV/m<br />

0,424 mT<br />

Daneben gibt es Grenzwerte <strong>für</strong> 50 Hz, die von <strong>der</strong> Strahlenschutzkommission (SSK)<br />

bzw. <strong>der</strong> Internationalen Kommission <strong>für</strong> den Schutz vor nicht ionisieren<strong>der</strong> Strahlung<br />

(ICNIRP) <strong>für</strong> die allgemeine Bevölkerung empfohlen werden (Orientierung an den<br />

IRPA/WHO-Richtwerten):<br />

Elektrisches Feld: < 5 kV /m<br />

magnetische Flussdichte: < 100 mT (80 A/m)<br />

Diese Werte finden sich auch in <strong>der</strong> „Verordnung über elektromagnetische Fel<strong>der</strong>“<br />

vom 01. Januar 1997 (26. BImSchV) wie<strong>der</strong>. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen,<br />

dass diese Verordnung nur <strong>für</strong> ortsfeste Anlagen mit einer Spannung von mehr als<br />

1000 V = 1 kV zutrifft.<br />

Im Anschluss an eine Entschließung des Europäischen Parlamentes aus dem Jahr<br />

1994 empfiehlt <strong>der</strong> Rat ein System von Grundbeschränkungen und Referenzwerten<br />

zur Exposition <strong>der</strong> Bevölkerung durch elektromagnetische Fel<strong>der</strong> <strong>für</strong> den breiten<br />

Frequenzbereich von 0 Hz – 300 GHz. Es entspricht weitgehend dem <strong>der</strong> 26.<br />

BImSchV.


Schaltanlagen<br />

Seite 78<br />

In Fel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>frequenz ist die im menschlichen Körper auftretende<br />

Stromdichte das bestimmende Kriterium <strong>für</strong> die Ermittlung von Grenzwerten. Von<br />

Natur aus sind im menschlichen Körper Stromdichten zwischen 1 mA/m 2 und 10<br />

mA/m 2 anzutreffen. Akute Gesundheitsgefahren durch elektrische und magnetische<br />

Fel<strong>der</strong> sind nach <strong>der</strong>zeitigen Erkenntnissen auszuschließen, wenn die fel<strong>der</strong>zeugte<br />

Körperstromdichte auf Dauer nicht größer als 2 mA/m 2 ist. Dies ist bei den obigen,<br />

fett gedruckten Werten <strong>der</strong> Fall.<br />

Im Verordnungsentwurf vom Mai 1994 empfiehlt das Umweltministerium und das<br />

Bundesamt <strong>für</strong> Strahlenschutz (Institut <strong>für</strong> Strahlenhygiene) einen Eingreif-Richtwert<br />

um 2,5 kV/m und 20 μT bei 50 Hz. Hintergrund dieser Werte ist die Beeinflussbarkeit<br />

von Herzschrittmachern, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass <strong>der</strong>art niedrige<br />

Werte experimentell gesichert nicht verlangt werden. Herzschrittmacher, die einem<br />

europ. Normungsvorschlag entsprechend störfest sind, bleiben in Fel<strong>der</strong>n unter 7<br />

kV/m und 50 μT unbeeinflusst.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Beeinflussung von Monitoren, z. B. Flimmern, werden in <strong>der</strong> Literatur<br />

Werte von 0,5 μT genannt, bei <strong>der</strong>en Unterschreitung ein störungsfreier Betrieb<br />

anzunehmen ist.<br />

Repräsentative Werte magnetischer Flussdichten und elektrischer Fel<strong>der</strong> (Abstand<br />

30 cm) von Haushaltsgeräten:<br />

Haarfön 0,01 – 7 (6 – 2000 in 3 cm) 80<br />

Trockenrasierer 0,08 – 9 (15 – 1500 in 3 cm)<br />

Staubsauger 2 – 20 50<br />

Küchenherd 0,15 – 7 8<br />

Magn. Flussdichte [μT] elektr. Feldstärke [V/m]<br />

Kühlschrank 0,01 – 0,25 120<br />

Fernsehgerät 0,04 – 2 (0,01 – 0,15 in 1 m) 60<br />

PC < 0,01<br />

Monitor 0,45 – 1,0


Netzschutz<br />

Fehlerformen<br />

Kurzschluss<br />

Netzschutz<br />

Seite 79<br />

Die elektrischen Betriebsmittel müssen den dynamischen und thermischen<br />

Wirkungen <strong>der</strong> Kurzschlussströme grundsätzlich standhalten. Die größten<br />

Kurzschlussströme sind dabei <strong>für</strong> die Auswahl <strong>der</strong> Betriebsmittel, die kleinsten<br />

Kurzschlussströme <strong>für</strong> die Auswahl und Einstellung <strong>der</strong> Schutzmittel maßgebend.<br />

Die Höhe des Kurzschlussstromes ist von vielen Faktoren abhängig, so z. B.<br />

• vom Aufbau <strong>der</strong> Netze und dem Schaltzustand<br />

• dem Einsatz von Generatoren und Motoren<br />

• von <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Betriebsspannung<br />

• vom Einfluss <strong>der</strong> Spannungsregler <strong>der</strong> Netzgeneratoren<br />

• von <strong>der</strong> rel. Kurzschlussspannung <strong>der</strong> Transformatoren<br />

• von <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Stufensteller <strong>der</strong> Transformatoren<br />

An einer Kurzschlussstelle kann es also nicht nur den größten o<strong>der</strong> den kleinsten<br />

Kurzschlussstrom geben, son<strong>der</strong>n in beiden Fällen liegt ein breites Streuband vor.<br />

Charakteristisch <strong>für</strong> den zeitlichen Verlauf des Kurzschlussstromes bei<br />

generatorfernen Kurzschlüssen ist das abklingende Wechselstromglied; im<br />

Gegensatz dazu steht das wenig o<strong>der</strong> gar nicht abklingende Wechselstromglied beim<br />

generatornahen Kurzschluss.<br />

Wie oben bereits gesehen än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> auftretende Kurzschlussstrom z. B. bei<br />

Netzumschaltungen, so dass es im Schaltanlagenbau vielfach nicht darauf ankommt,<br />

ihn bis zur letzten Dezimale genau zu berechnen. Für eine überschlägige<br />

Berechnung reicht es aus, mit <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> Ersatzspannungsquelle an <strong>der</strong><br />

Kurzschlussstelle und den Wi<strong>der</strong>ständen in <strong>der</strong> Kurzschlussbahn eine hinreichend<br />

genaue Abschätzung zu erreichen. Dabei ist lediglich zu berücksichtigen, dass die<br />

Wi<strong>der</strong>stände auf die jeweilige Bezugsspannung umgerechnet werden.<br />

Erdschluss / Erdschlusslöschung<br />

Die elektrischen Einrichtungen <strong>der</strong> Kraftwerke und Unterstationen sowie die Netze<br />

leiden unter unangenehmen und kostspieligen Betriebsstörungen, die in <strong>der</strong><br />

Mehrzahl <strong>der</strong> Fälle ihren Ursprung im Durchbruch o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Überbrückung <strong>der</strong><br />

Isolierung eines Leiters gegen Erde (Erdschluss) haben. Auch mehrphasige Fehler<br />

sind oft auf Erdschlüsse zurückzuführen. Es ist daher verständlich, dass seit jeher<br />

<strong>der</strong> Bekämpfung des Erdschlusses große Aufmerksamkeit gewidmet wurde.<br />

Das Potential eines mit freiem Sternpunkt betriebenen Drehstromnetzes gegen Erde<br />

besitzt bei symmetrischer Belastung und Betrieb Erdpotential (vgl. Teil 1, Kap. 10).<br />

Tritt in einem solchen Netz ein Erdschluss auf (d. h. ein Außenleiter berührt das<br />

Erdpotential), dann werden die beiden vom Erdschluss nicht betroffenen Leiter auf<br />

die Dreieckspannung gegen Erde angehoben. Dabei bleibt das aus den drei<br />

Dreieckspannungen gebildete Spannungsdreieck praktisch erhalten. Von den<br />

gesunden Leitern fließen die beiden kapazitiven Ströme I2 und I3 zur Erde ab und<br />

kehren geometrisch addiert über die Fehlerstelle als Erdschlussstrom le in das Netz<br />

zurück.


Netzschutz<br />

Seite 80<br />

Der Erdschlussstrom bildet an <strong>der</strong> Fehlerstelle, soweit es sich nicht um einen<br />

metallischen Erdschluss handelt, einen äußerst beweglichen und oft bis zu größerer<br />

Länge sich ausdehnenden Lichtbogen, <strong>der</strong> zu erheblichen Zerstörungen führen kann.<br />

Beim Nulldurchgang des Erdschlussstromes erlischt <strong>der</strong> Lichtbogen, zündet aber<br />

sofort wie<strong>der</strong>, da im Augenblick des Erlöschens die an <strong>der</strong> Fehlerstelle liegende<br />

Spannung wegen des kapazitiven Charakters des Erdschlussstromes ihr Maximum<br />

aufweist. Durch das periodische Erlöschen und Wie<strong>der</strong>zünden des Erdschlusses<br />

(intermittieren<strong>der</strong> Erdschluss) können Oberspannungen erzeugt werden. Diese<br />

ziehen in das Netz ein und können die Isolierung auch von <strong>der</strong> Fehlerstelle weit<br />

entfernter Anlagenteile gefährden.<br />

Die skizzierten Auswirkungen eines Erdschlusses können vermeiden werden, wenn<br />

man den Erdschlussstrom an <strong>der</strong> Fehlerstelle durch Überlagerung eines<br />

Kompensationsstromes gleicher Größe, aber mit um 180° gedrehter Phasenlage zu<br />

Null ergänzt. Das Mittel hierzu ist die E-Spule, d. h. eine Reaktanz, die zwischen<br />

Netzsternpunkt und Erde geschaltet wird. Diese wird auch nach ihrem Erfin<strong>der</strong>, Prof.<br />

Dr.-Ing. Petersen, AEG 1916, „Petersen-Spule“ genannt. Bei Erdschluss steht an den<br />

Klemmen <strong>der</strong> E-Spule die (am Fehlerort verschwundene) Leitererdspannung UL1 des<br />

fehlerhaften Leiters an, unter <strong>der</strong>en Einfluss <strong>der</strong> E-Spulenstrom Ip zur Fehlerstelle<br />

fließt und über Erde zur E-Spule zurückkehrt. Bei genauer Kompensation, d. h.<br />

gleicher absoluter Größe des E-Spulenstromes und des Erdschlussstromes ist die<br />

Fehlerstelle theoretisch stromlos.<br />

Aufbau <strong>der</strong> Erdschlusslöschspule<br />

Eine Spule, die allen Netzbedingungen auch bei verän<strong>der</strong>ten Leitererdkapazitäten,<br />

genügen soll, muss einstellbar sein. Je nach Art und Weise <strong>der</strong> Einstellbarkeit<br />

unterscheidet man in Stufen einstellbare E-Spulen und solche, die eine<br />

kontinuierliche Einstellbarkeit aufweisen. Zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Induktivität (d.h. des E-<br />

Spulenstroms) werden bei <strong>der</strong> stufig einstellbaren Spule im spannungslosen Zustand<br />

Wicklungsanzapfungen umgeschaltet. Bei einer stufenlos einstellbaren Spule besteht<br />

<strong>der</strong> magnetische Kreis aus einem geschichteten, stabförmigen Eisenkern, <strong>der</strong> über<br />

eine Spindel den Luftspalt zwischen den beiden Kernteilen einstellt. Der Eisenkern<br />

wird von einer Wicklung umgeben, die ohne Anzapfung wie eine normale<br />

Transformatorenwicklung ausgebildet ist. Bei voll herausgezogenem oberen<br />

Eisenkern ist die Induktivität <strong>der</strong> Anordnung ein Minimum und damit <strong>der</strong> Spulenstrom<br />

ein Maximum. Der Antrieb <strong>der</strong> Spule erfolgt durch einen Motor mit<br />

Handkurbelnotantrieb. Grundsätzlich sind in je<strong>der</strong> Spule Stromwandler mit 5 A<br />

sekundär und 15 VA eingebaut, z. B. <strong>für</strong> den Anschluss von Stromschreibern.<br />

Außerdem erhalten sie Hilfswicklungen zur Messung, 3 A und 100 V, ggf.<br />

umschaltbar.<br />

Für den Anschluss von E-Spulen eignen sich die Sternpunkte <strong>der</strong> Transformatoren,<br />

vorausgesetzt. Bei Transformatoren in Yy-Schaltung mit Ausgleichswicklung<br />

(ausgelegt <strong>für</strong> 33% <strong>der</strong> Bemessungsleistung) kann ein Sternpunkt mit dem<br />

Bemessungsstrom des Trafos belastet werden. Bei Yy-Transformatoren ohne<br />

Ausgleichswicklung kann <strong>der</strong> Sternpunkt nur mit 10% dieses Stromes bzw. mit 30%<br />

bis höchstens zwei Stunden belastet werden. Steht kein geeigneter Transformator<br />

zur Verfügung, so kann ein Sternpunktbildner o<strong>der</strong> ein Sternpunkttrafo (Kombination<br />

aus Mittelspannungstrafo und Sternpunktbildner) eingesetzt werden.


Einstellung <strong>der</strong> E-Spule<br />

Netzschutz<br />

Hauptwandler<br />

I ><br />

Auslöser<br />

Wandlerstromauslösung<br />

Seite 81<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> die Wirksamkeit einer Erdschlusskompensation ist die je<strong>der</strong>zeit<br />

einwandfreie Abstimmung <strong>der</strong> E-Spule auf die Leiter-Erdkapazitäten des jeweils<br />

galvanisch zusammenhängenden Netzes.<br />

Ein einfaches Verfahren, ohne beson<strong>der</strong>e Hilfsmittel die Abstimmung während des<br />

Betriebes festzustellen, ist das Beobachten <strong>der</strong> Sternpunkt-Erdspannung bei<br />

gesundem Netz. Man schließt dabei an die Dreieck-Erdschlußwicklung <strong>der</strong><br />

Spannungswandler ein Voltmeter an, dessen Messbereich man bei<br />

Freileitungsnetzen etwa 3 bis 30 V wählt, bei Kabelnetzen etwa 0,3 bis 3 V. Stellt<br />

man jetzt die Petersenspule <strong>der</strong> Reihe nach auf ihre verschiedenen Spulenstellungen<br />

ein, so muss man in jedem Fall eine ausgeprägte Resonanzkurve erhalten. Aus<br />

betrieblichen Gründen wird vielfach eine leichte Überkompensation vorgezogen.<br />

Auch wenn man ein gelöschtes Netz mit einem Erdschluss weiterhin eingeschränkt<br />

in Betrieb halten kann, sollte jede Erdschlussstelle schnellstens vom Netz getrennt<br />

werden. Aufgrund <strong>der</strong> Spannungsanhebung <strong>der</strong> gesunden Phasen wird die Isolation<br />

bei an<strong>der</strong>en Betriebsmitteln zusätzlich beansprucht, wodurch ein weiterer Erdfehler<br />

und damit ein Doppelerdschluss entstehen kann, <strong>der</strong> den bereits entstandenen<br />

Störungsumfang erweitert. Als Faustregel gilt, dass die Gefahr des<br />

Doppelerdschlusses quadratisch mit <strong>der</strong> Netzgröße wächst.<br />

Netzschutz<br />

Der Netzschutz, o<strong>der</strong> besser <strong>der</strong> Selektivschutz, hat die Aufgabe, jeden anormalen<br />

Betriebszustand o<strong>der</strong> jedes gestörte Element innerhalb eines Netzes selektiv und<br />

genau zu erfassen und je nach Fehlerart einen Auslösebefehl zu geben. Eine<br />

Störung in einem fehlerhaften Netzteil darf gesunde Netzteile nicht beeinflussen o<strong>der</strong><br />

sogar die Stabilität des Netzes gefährden. Zur Begrenzung <strong>der</strong> Fehlerauswirkungen<br />

und zur Verhin<strong>der</strong>ung des Fehlerwechsels (z.B. Erdschluss zu Doppelerdschluss)<br />

muss das Schutzsystem schnell sein. Es muss einerseits gegen Überlastung<br />

unempfindlich sein, an<strong>der</strong>erseits aber empfindlich genug sein, um niedrige<br />

Fehlerströme zu erkennen. Die Verfügbarkeit des Netzschutzsystems muss hoch<br />

sein, da nach <strong>der</strong> Inbetriebnahme ein Schutzgerät jahrelang nicht beachtet wird und<br />

doch im Fehlerfall im Millisekundenbereich messen und entscheiden muss. Bei allen<br />

hohen Anfor<strong>der</strong>ungen ist jedoch auch zu beachten, dass die Schutzeinrichtungen in<br />

einer richtigen, wirtschaftlichen Relation zu den zu schützenden Anlagen stehen<br />

müssen.<br />

Für die Betätigung des Relais wird entwe<strong>der</strong> eine<br />

Fremdspannungsquelle (Gleichstrombetätigung, z.<br />

B. Batterieanlage im UW) o<strong>der</strong> die<br />

Stromwandlerenergie (Wandlerstrombetätigung)<br />

benutzt. Bei Gleichspannungsauslösung muss die<br />

Anschaltung des Auslösers über einen Hilfskontakt<br />

des Leistungsschalters geführt werden, damit zum<br />

einen bei einem AUS-Dauerkommando die<br />

Auslösespule nicht verbrennt und zum an<strong>der</strong>en<br />

damit <strong>der</strong> Auslösestrom von ca. 5 ... 15 A nicht<br />

von den schwachen Relaiskontakten<br />

vorgenommen wird.<br />

Zwischenwandler


Netzschutz<br />

Seite 82<br />

In kleinen Stationen im Mittelspannungsnetz ohne Batterieanlage bietet sich die<br />

Wandlerstromauslösung an. Hier wird die nötige Energie dem Stromwandler über<br />

einen Zwischenwandler mit Sättigungscharakteristik entnommen, <strong>der</strong> so bemessen<br />

sein muss, dass er bei offener Sekundärwicklung betrieben werden kann. Als<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> diese Auslösung muss <strong>der</strong> Kurzschlussstrom immer über dem<br />

Nennstrom liegen.<br />

Zeitstaffelschutz<br />

Sicherungen<br />

HH-Sicherungen werden im Zeitalter <strong>der</strong> digitalen Schutzes vielfach als einfaches<br />

und zu vernachlässigendes Bauteil in <strong>der</strong> Energieversorgung angesehen. Sie sind<br />

jedoch hochwirksame und sowohl technisch als auch physikalisch aufwendige<br />

Bauelemente. Aus diesem Grund soll im nachfolgenden ausführlich auf<br />

Schmelzsicherungen eingegangen werden.<br />

Unter einer Sicherung versteht man in <strong>der</strong> Elektrotechnik eine Schutzvorrichtung, die<br />

einen Stromkreis bei Auftreten eines Fehlerstromes selbsttätig abschaltet.<br />

Kennzeichnende Merkmale sind:<br />

• das Ansprechen nur im Fehlerfall,<br />

• das irreversible Abschalten, d.h. es besteht keine<br />

Wie<strong>der</strong>einschaltmöglichkeit.<br />

Der Aufbau <strong>der</strong> heutigen Sicherungen ist prinzipiell noch so wie bereits 1880 von Th.<br />

A. Edison angegeben. Im Zuge einer Leitung wird eine „Sollbruchstelle" eingebaut,<br />

die den Stromkreis durch Abschmelzen vor unzulässig hohen Fehlerströmen schützt.<br />

Das Material <strong>für</strong> diese Sicherungen und die erfor<strong>der</strong>lichen Abmessungen wurden in<br />

den Anfängen rein empirisch ermittelt. Blei und Blei/Zinn-Legierungen wurden zu<br />

dieser Zeit als Schmelzleitermaterial bevorzugt. In den Anfangsjahren standen die<br />

Probleme des Aufheizens <strong>der</strong> Sicherungsdrähte bis zum Schmelzen im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Grundlegende physikalische und mathematische Erkenntnisse brachten die<br />

Untersuchungen von G. J. Meyer aus dem Jahre 1906. Bereits damals wurde<br />

erkannt, dass bei adiabatischer Erwärmung das Schmelzintegral eine reine<br />

Materialkonstante ist. In dieser Zeit wurden die noch heute gültigen Begriffe geprägt,<br />

Berechnungsunterlagen angegeben und das Verhalten verschiedener<br />

Schmelzleiterwerkstoffe untersucht.<br />

Mit steigen<strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Versorgungsnetze nahm die<br />

Kurzschlussleistung stark zu, so dass an das Abschaltvermögen <strong>der</strong> Sicherungen<br />

immer höhere Anfor<strong>der</strong>ungen gestellt wurden. Dieses führte zur Entwicklung <strong>der</strong><br />

Hochleistungssicherungen zunächst im Nie<strong>der</strong>spannungsbereich (NH) und sehr bald<br />

darauf auch im Hochspannungsbereich (HH). Die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Hochspannungssicherungen mit großer Schaltleistung fällt etwa in die Zeit von 1927<br />

bis 1937.<br />

Die Sicherungen werden allgemein nach verschiedenen Kriterien klassifiziert:<br />

• nach ihrem Einsatzgebiet: Geräteschutz, Halbleiter, NH-Sicherungen,<br />

HH-Sicherungen<br />

• nach <strong>der</strong> Wirkungsweise <strong>der</strong> Sicherung: Lotsicherungen,<br />

Ausblassicherungen, gekapselte Sicherungen, strombegrenzende<br />

Sicherungen


Netzschutz<br />

Seite 83<br />

Das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil <strong>für</strong> die Hoch- und Nie<strong>der</strong>spannungs- Hochleistungssicherungen<br />

wie folgt definiert werden;<br />

• Schutz vor thermischen Auswirkungen von Überlast- und<br />

Kurzschlussströmen,<br />

• Schutz vor dynamischen Auswirkungen von Netzkurzschlussströmen,<br />

• beim Abschalten dürfen keine gefährlichen Überspannungen<br />

auftreten,<br />

• die Ausschaltcharakteristik darf sich während des Betriebes nicht<br />

verän<strong>der</strong>n,<br />

• Personen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Anlagenteile dürfen durch den<br />

Abschaltvorgang <strong>der</strong> Sicherung nicht beeinträchtigt werden.<br />

Prinzipiell sind alle strombegrenzenden Sicherungen folgen<strong>der</strong>maßen aufgebaut:<br />

Die Schaltaufgabe übernimmt im Inneren <strong>der</strong> Sicherung ein Schmelzleiter, <strong>der</strong> beim<br />

Überschreiten einer bestimmten zugeführten Energie verdampft und dadurch den<br />

Strom unterbricht. Die Schmelzleiter werden auf einen keramischen Wickelkörper<br />

spiralförmig aufgewickelt und an den Enden mit Anschlussbän<strong>der</strong>n verschweißt. Als<br />

Werkstoffe hier<strong>für</strong> haben sich Keramiken mit hoher Temperaturfestigkeit und hohen<br />

elektrischen Festigkeiten bewährt. Die Wickelkörper werden vorwiegend sternförmig<br />

ausgebildet. Das gesamte System ist innerhalb eines äußeren Hüllrohres befestigt<br />

und in reinem Quarzsand eingebettet, <strong>der</strong> als Kühlmittel <strong>für</strong> die Lichtbogenenergie<br />

dient. Er wird in speziell abgestufter Körnung sehr sorgfältig eingefüllt und verdichtet.<br />

Um absolute Trockenheit zu erreichen, wird er unmittelbar vor dem Einfüllen auf<br />

hohe Temperaturen aufgeheizt.<br />

Die elektrischen Anschlüsse erfolgen über Kappen auf beiden Seiten des Körpers,<br />

mit denen <strong>der</strong> Schmelzleiter innen elektrisch verbunden ist. Da alle elektrischen<br />

Verbindungen üblicherweise durch Schweißen hergestellt werden, ergibt sich<br />

dadurch eine völlig alterungsfreie Konstruktion <strong>der</strong> Sicherung, sofern keine<br />

Lotauftrag-Sicherungen verwendet werden.<br />

Bei den meisten HH-Sicherungen ist <strong>für</strong> die Anzeige des Schaltzustandes und <strong>für</strong> die<br />

mechanische Auslösung eines zugehörigen Lastschalters ein Schlagstiftsystem mit<br />

eingebaut, das im wesentlichen aus einer Antriebsfe<strong>der</strong> und einem Stift besteht. Die<br />

Fe<strong>der</strong> wird über einen Haltedraht gespannt. Der Haltedraht ist mit <strong>der</strong> einen Kappe<br />

elektrisch verbunden und auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite über einen Parallelschmelzleiter im<br />

Inneren des Isolierkörpers mit <strong>der</strong> gegenüberliegenden Kappe <strong>der</strong> Sicherung<br />

ebenfalls kontaktiert. Nach Abschmelzen des Hauptschmelzleiters kommutiert <strong>der</strong><br />

Strom auf den Nebenschmelzleiter und fließt damit über den Haltedraht, <strong>der</strong> sehr<br />

schnell ebenfalls schmilzt und dadurch die Fe<strong>der</strong> freigibt. Die Öffnung <strong>für</strong> den<br />

Schlagstift wird zusätzlich mit einer speziellen Folie abgedeckt.<br />

UMZ-Schutz<br />

Für einen einfachen Kurzschlussschutz von Netzen und Anlagen wird in Deutschland<br />

hauptsächlich eine Relaiskombination aus Überstromrelais und Zeitrelais benutzt.<br />

Daraus wird das „Unabhängige-Maximalstrom-Zeitrelais“, kurz UMZ-Relais, gebildet<br />

(im englischen Sprachgebrauch D.T.Relay = Definite Time Relay).<br />

Prinzipiell besteht <strong>der</strong> Relaisaufbau aus drei einstellbaren<br />

Überstromanregesystemen und einem Zeitwerk (mechanisch, elektrisch,<br />

elektronisch) als Hemmzeitwerk. Ggf. sind drei weitere unverzögert arbeitende<br />

Überstromrelais vorhanden, die die Schnellauslösung bewirken (auch


2"<br />

1"<br />

1"<br />

Netzschutz<br />

A B C D E A<br />

2"<br />

Distanzschutzkennlinien<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

2<br />

0,5" 1,0" 0,5" 0,5"<br />

3<br />

4<br />

5<br />

1 2<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9 10<br />

Seite 84<br />

„Hochstromstufe“, „Kurzschluss-Schnellauslösung“ o<strong>der</strong> „Grenzstrom-<br />

Sofortauslösung“ genannt). Als weiteres Kriterium kann die Richtung <strong>der</strong><br />

Kurzschlussleistung hinzugenommen werden, so dass ein gerichteter UMZ-Schutz<br />

entsteht.<br />

Die Selektivität wird bei Zeitstaffelschutzeinrichtungen dadurch erreicht, dass die<br />

Kommandozeit <strong>der</strong> hintereinan<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kurzschlussbahn liegenden Relais so<br />

gestaffelt wird, dass das <strong>der</strong> Kurzschlussstelle am nächsten liegende Relais die<br />

kürzeste Auslösezeit hat und so die Fehlerabschaltung veranlasst. Die Reichweite<br />

des Überstromzeitschutzes wird nur durch den Wi<strong>der</strong>stand in <strong>der</strong> Kurzschlussbahn<br />

bestimmt, so dass ggf. <strong>der</strong> Schutz sich auch in an<strong>der</strong>e Spannungsebenen erstrecken<br />

kann. Der Nachteil ist sofort ersichtlich: Bei mehreren Stationen hintereinan<strong>der</strong><br />

ergeben sich hohe Abschaltzeiten, wobei die längste Zeit an <strong>der</strong> Einspeisestelle, also<br />

am Ort des größten Kurzschlussstromes, benötigt wird. In geringfügig verwickelten<br />

Netzen, z. B. mit Doppelleitungen, ist eine selektive Staffelung auch mit gerichteten<br />

Relais nicht mehr möglich. Die grundlegenden For<strong>der</strong>ungen nach Selektivität und<br />

Schnelligkeit können nicht erfüllt werden. Eine Verbesserung in Strahlennetzen kann<br />

durch die „rückwärtige Verriegelung“ erreicht werden. Dabei wird die Auslösung von<br />

vorgeordneten Leistungsschaltern verhin<strong>der</strong>t. Nachteilig wirkt sich hierbei zum einen<br />

die Erfor<strong>der</strong>nis von Signala<strong>der</strong>n und <strong>der</strong>en Überwachung aus und zum an<strong>der</strong>en die<br />

Notwendigkeit, die Schutzzeiten aus Sicherheitsgründen etwas zu überhöhen.<br />

AMZ<br />

Neben den UMZ-Relais gibt es auch Relais, <strong>der</strong>en Auslösezeit von <strong>der</strong> Höhe des<br />

Stromes abhängig ist. Sie werden als „Abhängige Maximalstrom-Zeit-Relais“ (AMZ)<br />

bezeichnet (eng. I.T.Relais = Inverse Time Relay) und werden in Deutschland – im<br />

Gegensatz zum Ausland – selten zum Leitungsschutz eingesetzt, son<strong>der</strong>n dienen gut<br />

dem Überlastschutz von Motoren und Transformatoren.<br />

Distanzschutz<br />

Der<br />

Distanzsc<br />

hutz ist<br />

seinem<br />

Prinzip<br />

nach ein<br />

wi<strong>der</strong>stan<br />

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ger<br />

Zeitstaffel<br />

schutz, d.<br />

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Auslöseze<br />

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Distanzrel<br />

ais ist<br />

nicht<br />

konstant,<br />

son<strong>der</strong>n<br />

nimmt mit


Netzschutz<br />

Seite 85<br />

wachsen<strong>der</strong> Fehlerentfernung zu, und zwar mit stufenförmigen Kennlinien<br />

sprungweise. Die Fehlerentfernung wird vom Relais durch Messung des<br />

Wi<strong>der</strong>standes zwischen Relaisort und Fehlerstelle bestimmt. Bei dem Distanzschutz<br />

sprechen also sämtliche Relais, die im Zuge <strong>der</strong> Kurzschlussbahn liegen, an und<br />

führen die Wi<strong>der</strong>standsmessung durch. Dasjenige Relais, das dem Fehlerort am<br />

nächsten liegt, misst die kürzeste Fehlerentfernung, hat dadurch die kürzeste<br />

Kommandozeit und löst deshalb vor allen an<strong>der</strong>en Relais aus. Nach Abschaltung des<br />

Fehlers fallen alle übrigen Relais sofort wie<strong>der</strong> in ihre Ruhelage zurück. Dieses<br />

Schutzprinzip hat einerseits den großen Vorteil, dass auch<br />

Sammelschienenkurzschlüsse selektiv mit erfasst werden und an<strong>der</strong>erseits bei<br />

einem Versagen <strong>der</strong> Auslösung an <strong>der</strong> dem Fehler zunächst gelegenen Schaltstelle<br />

das nächstfolgende Distanzrelais die Abschaltung automatisch übernimmt. Damit in<br />

einer im Zuge <strong>der</strong> Kurzschlussbahn liegenden Station nur das Relais in dem zur<br />

Kurzschlussstelle gerichteten Abgang auslöst bzw. als Reserverelais eingreift,<br />

müssen die Relais mit Richtungsglie<strong>der</strong>n versehen sein.<br />

Die Arbeitsweise <strong>der</strong> Distanzrelais im Netzbetrieb soll an Hand von einigen<br />

Netzbeispielen noch etwas näher erläutert werden. Das Bild zeigt ein an einer Stelle<br />

eingespeistes Ringnetz. Die einzelnen Strecken sind absichtlich verschieden lang<br />

angenommen, wie dies in <strong>der</strong> Praxis fast stets <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Es ist weiter angenommen, dass in den Stationen B, C, D und E noch Stichleitungen<br />

abgehen, die durch Überstromzeitrelais mit festen Zeiten von 0,5 bzw. 1,0 s<br />

geschützt sind. Im Zuge <strong>der</strong> eigentlichen Ringleitung sind in allen Abgängen<br />

Distanzrelais eingebaut. Die Einstellung dieser Distanzrelais hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Impedanz- und Zeitwerte <strong>der</strong> einzelnen Stufen wird am einfachsten graphisch mit<br />

Hilfe eines Staffelplanes übersehen, wie er unter dem Netzplan gezeichnet ist. Darin<br />

sind in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Kurzschlussentfernung die Auslösezeiten <strong>der</strong><br />

Distanzrelais dargestellt. Der Einfachheit halber ist angenommen, dass die<br />

Leitungsquerschnitte im ganzen Ring die gleichen sind. Dann entsprechen den<br />

Leitungslängen im an<strong>der</strong>en Maßstab auch ihre Leiterimpedanzen. Der Staffelplan<br />

wird durch seine Abszisse in eine obere und eine untere Hälfte unterteilt.<br />

Über <strong>der</strong> Abszisse sind in üblicher Weise die Auslösezeiten <strong>der</strong> Relais in Richtung A-<br />

B-C-D-E-A, also <strong>der</strong> Distanzrelais 1, 3, 5, 7 und 9, unter <strong>der</strong> Abszisse die<br />

Auslösezeiten <strong>der</strong> in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung A-E-D-C-B-A wirkenden Distanzrelais 2,<br />

4, 6, 8 und 10 gezeichnet. Man erkennt, dass die stufenförmigen Zeitlmpedanzkennlinien<br />

<strong>der</strong> Relais so gelegt sind, dass sich nirgends zwei Kennlinien<br />

schneiden. Dies ist nötig, damit im Falle des Versagens <strong>der</strong> Abschaltung <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kurzschlussstelle am nächsten liegenden Schaltstelle nur das nächstfolgende Relais<br />

als Reserve-Relais eingreift, also kein weiter zurückliegendes Distanzrelais diesem<br />

vorgreift. Tritt z. B. an <strong>der</strong> Stelle 1 ein zwei- o<strong>der</strong> dreipoliger Kurzschluss auf, so<br />

werden sämtliche Distanzrelais durch die von beiden Seiten des Rings zufließenden<br />

Kurzschlussströme angeregt. Die Auslösung <strong>der</strong> Relais 2, 4, 7 und 9 wird durch die<br />

sperrenden Richtungsglie<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>t. Bei ordnungsgemäßem Arbeiten des<br />

Schutzes lösen die beiden Relais 5 und 6 mit Schnellzeit aus. Unterbleibt jedoch aus<br />

irgendeinem Grunde (Hängenbleiben des Schalters, Unterbrechung im<br />

Auslösestromkreis usw.) die Abschaltung durch das Relais 5, so würde das Relais 3<br />

abschalten, und zwar mit 1,5 s. Versagte auch diese Abschaltung, so würde als<br />

letztes Netz-Reserverelais das Distanzrelais 1 eingreifen und die Abschaltung, und<br />

zwar wie<strong>der</strong>um mit höherer Kommandozeit nämlich 2 s - durchführen. Im gleichen<br />

Sinne wirken auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Kurzschlussstelle als Reserve <strong>für</strong> das Relais<br />

6 die Relais 8 und 10.


Differentialschutz<br />

Netzschutz<br />

Seite 86<br />

Als Transformatorschutz gegen äußere Kurzschlüsse und Doppelerdschlüsse wie<br />

auch gegen Kurz- und Windungsschlüsse innerhalb des Kessels, also als<br />

Reserveschutz <strong>für</strong> das Buchholzrelais, hat sich <strong>der</strong> Stromdifferentialschutz<br />

durchgesetzt und bewährt. Er wird heute in <strong>der</strong> Regel bei allen größeren<br />

Transformatoren von etwa 2...5 MVA an vorgesehen, oft aber auch schon bei<br />

kleineren, wenn die Wichtigkeit <strong>der</strong> Anlage es z. B. nicht erlaubt, dass äußere<br />

Transformatorenfehler als Sammelschienenfehler behandelt und parallellaufende<br />

gesunde Transformatoren mit abgeschaltet werden.<br />

Bei dem Strom-Differentialschutz werden die Ströme bei<strong>der</strong>seits des Schützlings<br />

nach Größe und Phasenlage miteinan<strong>der</strong> verglichen. Dazu werden die Stromwandler<br />

bei<strong>der</strong>seits des Transformators so miteinan<strong>der</strong> verbunden, dass sich im gesunden<br />

Betrieb, bei dem die Ströme auf beiden Seiten gleich groß und gleichgerichtet sind,<br />

die bei<strong>der</strong>seitigen Ströme „absaugen“, also kein Strom über das in <strong>der</strong> Brücke<br />

liegende Differentialrelais fließt. Dabei ist vorausgesetzt, dass die primären<br />

Nennströme <strong>der</strong> bei<strong>der</strong>seitigen Stromwandler umgekehrt proportional dem<br />

Spannungs-Übersetzungsverhältnis des Transformators sind.<br />

Bei einem Fehler innerhalb des von den bei<strong>der</strong>seitigen Stromwandlergruppen<br />

begrenzten Schutzbereiches, z. B. bei einem mehrpoligen Kurzschluss, fließt von <strong>der</strong><br />

Speiseseite, bei zweiseitiger Speisung entgegengerichtet von beiden Seiten,<br />

Kurzschlussstrom zu, <strong>der</strong> seinen Ausgleich nur über das Differentialrelais finden<br />

kann und dieses zum Ansprechen bringt.<br />

Theoretisch müsste man bei einem Stromvergleichsschutz als Differentialrelais ein<br />

Stromrelais mit beliebig hoher Empfindlichkeit verwenden können. Praktisch treten<br />

aber bereits im ungestörten Betrieb Differenzströme (Fehlströme) auf, <strong>der</strong>en Größe<br />

durch den Leerlaufstrom des Transformators und die individuellen Stromfehler und<br />

Fehlwinkel <strong>der</strong> auf den Ober- und Unterspannungsseiten des Transformators<br />

verwendeten Stromwandler, <strong>der</strong>en magnetisches Verhalten u. U. stark voneinan<strong>der</strong><br />

abweicht, gegeben ist. Diese Fehlströme steigen im allgemeinen mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Belastung des Transformators an und erreichen beson<strong>der</strong>s große Werte, wenn die<br />

Stromwandler bei stromstarken Kurzschlüssen außerhalb des Schutzbereiches in<br />

das Sättigungsgebiet kommen. Zusätzliche Fehlströme entstehen weiterhin bereits<br />

im gesunden Betrieb bei Stelltransformatoren, bei denen die Stromwandler-<br />

Übersetzungsverhältnisse dem sich än<strong>der</strong>nden Spannungsübersetzungsverhältnis<br />

bei Umstellung nicht angepasst werden, weil dies zu aufwendig und auch störanfällig<br />

wäre.<br />

Gegen Fehlansprechen infolge dieser Fehlströme muss das Differentialrelais<br />

stabilisiert werden. Diese Stabilisierung erfolgt üblicherweise durch ein Haltesystem,<br />

das vom Durchgangsstrom durchflossen wird und dem Auslösesystem<br />

entgegenwirkt. Der Vergleich <strong>der</strong> Stromsumme I1 + I2 mit dem Differenzstrom Id<br />

erfolgte bei den früheren Differentialrelais durch ein mechanisches<br />

Waagebalkensystem, bei dem Halte- und Auslösesystem in Form von<br />

Elektromagneten an einem Waagebalken gegensinnig angreifen. Mit einer <strong>der</strong>artigen<br />

Anordnung erhält man einen praktisch proportionalen Verlauf zwischen dem zum<br />

Ansprechen des Relais erfor<strong>der</strong>lichen Differenzstrom Id und dem Durchgangsstrom<br />

ID.<br />

Der Strom-Differentialschutz eines Transformators muss gegen eine Störgröße<br />

stabilisiert werden, nämlich gegen den Einschaltstrom des unbelasteten


Netzschutz<br />

Seite 87<br />

Transformators. Ein Transformator nimmt beim Einschalten einen<br />

Magnetisierungsstrom auf, <strong>der</strong> beim Zuschalten in einem beson<strong>der</strong>s ungünstigen<br />

Momentanwert <strong>der</strong> Spannung, z. B. im Nulldurchgang, erhebliche Werte annehmen<br />

kann und erst nach einer gewissen Zeit auf seinen kleinen stationären Wert abklingt.<br />

Beson<strong>der</strong>s bei mo<strong>der</strong>nen Transformatoren mit kornorientierten Blechen kann <strong>der</strong><br />

Einschaltstrom Werte annehmen, die den Transformator-Nennstrom um ein<br />

Mehrfaches übersteigen. Diese hohen, einseitig zufließenden Einschaltströme wirken<br />

auf das Differentialrelais in voller Größe auslösend, falls es nicht dagegen beson<strong>der</strong>s<br />

stabilisiert wird.<br />

Das Prinzip des Differentialschutzes ist ebenso anwendbar auf Leitungen und<br />

Generatoren. Da beim Leitungsdifferentialschutz die Ströme am Eingang und am<br />

Ausgang des Kabels miteinan<strong>der</strong> verglichen werden müssen, sind zwischen den<br />

beiden Stellen zu überwachende Hilfsa<strong>der</strong>n erfor<strong>der</strong>lich. Große Entfernungen<br />

zwischen den beiden Stellen verbieten den unmittelbaren Vergleich <strong>der</strong><br />

Wandlerströme über die Hilfsleitungen (Bürde). Aus diesem Grund werden die<br />

Ströme in Spannungen o<strong>der</strong> eingeprägte Ströme umgesetzt, die dann über die<br />

Hilfsleitungen verglichen werden.<br />

Erdschlussschutz<br />

Erdschlusswischer-Relais<br />

Der Erdschlussstrom beginnt stets mit einem<br />

mittelfrequenten Stromstoß, <strong>der</strong> durch das<br />

Aufladen <strong>der</strong> gesunden Leiter auf die erhöhte<br />

Leiter-Erdspannung hervorgerufen wird. Dieser<br />

Stromstoß wird ausgewertet und das Relais<br />

meldet jedes Entstehen eines Erdschlusses,<br />

unabhängig davon, ob es sich um einen<br />

Dauerfehler o<strong>der</strong> nur um einen kurzzeitigen<br />

E-Wischer Anzeige<br />

Isolationsdurchbruch handelt. Es misst dazu die Richtung <strong>der</strong> Stromwelle gegenüber<br />

<strong>der</strong> auftretenden Sternpunkt-Spannung an einem Brücken-Richtungsrelais.<br />

Vorteile <strong>der</strong> Erdschlusswischer-Relais sind:<br />

• keine Stomwandlerprobleme (großer Stromstoß <strong>der</strong> Zündschwingung)<br />

• Erfassung <strong>der</strong> Wischer als Vorläufer eines Dauererdschlusses<br />

• Einsatz des Relais unabhängig von <strong>der</strong> Sternpunktbehandlung<br />

Als Nachteile müssen aufgeführt werden:<br />

• keine Kontrolle ob ein Dauererdschluss ansteht<br />

• <strong>für</strong> jeden Abgang ist ein eigenes Relais erfor<strong>der</strong>lich<br />

• bei Erdschlusseintritt in <strong>der</strong> Nähe des Spannungsnulldurchgangs nur<br />

kleiner Signalpegel<br />

• keine eindeutige Anzeige bei Doppelerdschlüssen; es wird immer die<br />

Richtung des ersten Wischer erfasst.<br />

Die Einstellung des Ansprechwertes <strong>für</strong> die Verlagerungsspannung muss mit<br />

Sicherheit größer sein als die Verlagerungsspannung im nicht gestörten Netz.<br />

Allgemein ist eine Einstellung auf 25-30% <strong>der</strong> Nennspannung ausreichend. Der<br />

Ansprechwert des Stromes wird in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Größe des Netzes, d. h. von<br />

dem kapazitiven Erdschlussstrom, auf ca. 5 ... 10 % des Nennstromes eingestellt.


Netzschutz<br />

Seite 88<br />

Die Rücksetzung <strong>der</strong> vom Relais gespeicherten Erdschlussrichtung ist vor Ort, von<br />

fern (z. B. NLS), nach einer im Relais eingestellten Zeit o<strong>der</strong> bei Eintritt eines neuen<br />

Fehlers möglich. Wichtig ist, dass alle Wischerrelais zeitgleich zurückgesetzt werden.<br />

Transformatorschutz<br />

Der Transformator ist eines <strong>der</strong> wichtigste Betriebsmittel <strong>für</strong> den Aufbau und das<br />

Betrieben eines Netzes. Daher kann sein Schutzsystem <strong>für</strong> innere und äußere Fehler<br />

recht aufwendig werden. Es ist bestimmt durch die Größe des Transformators und<br />

seine Bedeutung im Netzverband, wobei Technik und Wirtschaftlichkeit natürlich in<br />

einem günstigen Verhältnis stehen müssen.<br />

Verteiltransformatoren im Ortsnetz bis 1000 kVA werden in <strong>der</strong> Regel lediglich durch<br />

HH- und NH-Sicherungen bzw. einem Nie<strong>der</strong>spannungsleistungsschalter geschützt.<br />

Wird ein größerer Transformator eingesetzt, erfolgt <strong>der</strong> Schutz meist durch einen<br />

Leistungsschalter mit einem UMZ-Relais auf <strong>der</strong> OS, da die Nennausschaltleistung<br />

einer HH-Sicherung nicht mehr ausreicht. Bei ölgekühlten Transformatoren mit<br />

Ausdehnungsgefäß kann das weiter unten beschriebene Buchholzrelais zusätzlich<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Netztransformatoren werden durch ein Schutzsystem geschützt, das in <strong>der</strong> Regel wie<br />

folgt aufgebaut ist:<br />

Spannungsebene Relaistyp Ausschaltung<br />

AUS- Meldung<br />

Anregung bzw.<br />

Bemerkung<br />

Warnung<br />

OS UMZ OS und US x x Reserveschutz<br />

Diff-Relais OS und US x Hauptschutz<br />

US Distanz-Relais US x x Vorwärts und rückwärts<br />

o<strong>der</strong> UMZ<br />

gestaffelt; Reserveschutz<br />

<strong>für</strong> Abgänge<br />

OS Buchholzschutz OS und US x x Für Kessel, Ausdehner<br />

und Durchführungen<br />

OS Lastumschalterschutz<br />

OS und US x Stauklappenrelais<br />

Temperatur-<br />

x z. B. bei 70°C und 80°C<br />

überwachung<br />

<strong>für</strong> Kessel und<br />

Ausdehner<br />

Temperaturüberwachung<br />

US x z. B. bei 90°C<br />

Lüftersteuerung x z. B. 1. Stufe <strong>der</strong><br />

Ventilatoren bei 60°C<br />

EIN, bei 40°C AUS<br />

2. Stufe bei 70°C EIN,<br />

bei 40°C AUS<br />

Transformatorschutz<br />

Zusätzlich wird die Drehrichtung des Motorantriebes und die Stufenschalterlaufzeit<br />

überwacht.<br />

Das Buchholzrelais ist ein mechanisches Schutzrelais <strong>für</strong> flüssigkeitsisolierte bzw. -<br />

gekühlte elektrische Betriebsmittel, die mit einem Ausdehnungsgefäß versehen sind.<br />

Die Funktion beruht auf einem Schwimmerprinzip und einem Stauklappenprinzip.<br />

Durch langsame Gasentwicklung o<strong>der</strong> bei Flüssigkeitsverlust im zu schützenden


Netzschutz<br />

Seite 89<br />

Betriebsmittel sinkt <strong>der</strong> Flüssigkeitsspiegel im Relais. Die Schwimmer werden dabei<br />

in die Ansprechlage bewegt. Bei stürmischer Gasentwicklung bzw. durch die bei<br />

einem Lichtbogenfehler im Transformator entstehende Druckwelle wird die<br />

Flüssigkeit in das Ausdehnungsgefäß gedrückt. Der Flüssigkeitsstrom bewegt dabei<br />

eine Stauklappe in die Ansprechlage. Die obere Grenze <strong>der</strong> Wirksamkeit des<br />

Buchholzschutzes ist abhängig von <strong>der</strong> Laufzeit <strong>der</strong> Druckwelle bzw. <strong>der</strong> Gasblase,<br />

von <strong>der</strong> Kesselkonstruktion und von <strong>der</strong> Eigenzeit des Buchholzrelais. Die untere<br />

Grenze kann nur unsicher bestimmt werden. Sie ist abhängig vom Alter und von <strong>der</strong><br />

Gasaufnahmefähigkeit des Öles, die wie<strong>der</strong>um von <strong>der</strong> Öltemperatur abhängig ist.<br />

Hauptanwendungsgebiet des Buchholzrelais ist <strong>der</strong> Transformator. Das<br />

Buchholzrelais erfasst hier Lichtbogenfehler, Undichtheiten o<strong>der</strong> Lufteintritt. Einen<br />

Kesselschutz kann es jedoch nicht bilden, da die bei einem Fehler auftretende<br />

Druckwelle sich nach allen Seiten mit gleicher Geschwindigkeit ausbreitet und dabei<br />

das Relais nicht früher von <strong>der</strong> Druckwelle erreicht wird als die Kesselwandungen.<br />

Die Spitze <strong>der</strong> Druckwelle wird vorher sogar noch reflektiert. Der Druck am<br />

Transformatordeckel entspricht etwa dem Druck, <strong>der</strong> sich zum Ausdehnungsgefäß<br />

ausbreitet.<br />

Die Funktion des Buchholzschutzes hat Fehler im Transformator zur Voraussetzung.<br />

Dieser Schutz arbeitet sozusagen im Nachlauf des Fehlers. Trotzdem ist<br />

nachgewiesen, dass <strong>der</strong> Buchholzschutz in vielen Fällen schneller arbeitet als <strong>der</strong><br />

Differentialschutz.<br />

Die zum Schutz von Transformatoren meist verwendeten Zweischwimmer-<br />

Buchholzrelais unterscheiden zwischen zwei Signalen. Das Stauklappensystem und<br />

<strong>der</strong> untere Schwimmer erfassen die schweren Fehler und lösen die Leistungsschalter<br />

aus. Der obere Schwimmer erfasst leichte Fehler und dient <strong>der</strong> Warnung. In<br />

unbesetzten und nicht überwachten Stationen kann allerdings auch <strong>der</strong> Warnkontakt<br />

eine Auslösung herbeiführen.<br />

Der Stufenschalter, <strong>der</strong> in einem separaten Ölgefäß untergebracht ist, benötigt ein<br />

eigenes spezielles Überwachungsrelais, das ebenso wie das Buchholzrelais auf<br />

Ölströmungen reagiert. Es besitzt jedoch nur eine Stauklappe mit wählbaren<br />

Ansprechwerten <strong>der</strong> Strömungsgeschwindigkeit von 0,9 bis 2,5 m/s. Ein Ansprechen<br />

dieses Relais führt ohne Warnung direkt zur Auslösung.<br />

Die Temperaturüberwachung von Transformatoren und Spulen übernimmt <strong>der</strong><br />

Thermoschutz. Hierbei wird ein Kontaktthermometer in die obere Isoliermittelschicht<br />

eingetaucht. Die Warntemperatur wird auf 80°C, die Auslösung auf 90°C eingestellt.<br />

Weitere Kontaktthermometer mit unterschiedlichen Ein- und Ausschaltkontakten<br />

können zur Lüftersteuerung erfor<strong>der</strong>lich sein.<br />

Netzschutzprüfungen<br />

Die Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Schutzsysteme, nämlich als selbst vorwiegend inaktive<br />

Betriebsmittel aktive Betriebsmittel schützen zu müssen, bedingt eine spezielle<br />

Prüftechnik. Im wesentlichen unterscheidet man drei Arten <strong>der</strong> Prüfung:<br />

• Inbetriebsetzungsprüfung<br />

• Hauptprüfung<br />

• Funktionsprüfung<br />

Die Inbetriebsetzungsprüfung schließt die beiden an<strong>der</strong>en Prüfungen mit ein und ist<br />

als umfangreichste Prüfung Quelle aller späteren Vergleichswerte. Zu ihr gehören die<br />

Überprüfung <strong>der</strong> Spannungs- und Stromwandler mit ihren Sekundärverdrahtungen,


Netzschutz<br />

Seite 90<br />

die Funktionsprüfung <strong>der</strong> Melde- und Steuerstromkreise, die Einstellung und die<br />

Prüfung de Schutzrelais, <strong>der</strong> messtechnische Nachweis <strong>der</strong> Betriebswerte nach<br />

Einschaltung und Belastung (Richtungsprüfung unter Last) sowie die Erstellung eines<br />

Prüfprotokolls.<br />

Die Hauptprüfung schließt die Funktionsprüfung ein und umfasst die elektrische<br />

Prüfung <strong>der</strong> vorgegebenen Ansprechwerte (Anregung/ Abfall, Kommandozeit,<br />

Empfindlichkeit, Impedanzkippstufen), einschließlich <strong>der</strong> Protokollerstellung.<br />

Die Funktionsprüfung ist lediglich eine Bewegungsprüfung aller Geräte und Bauteile<br />

von <strong>der</strong> Anregung bis zur Auslösung. Sie wird in <strong>der</strong> Regel nur statistisch erfasst.<br />

Sämtliche Prüfverfahren werden heute als Sekundärprüfungen bevorzugt<br />

(Ausnahme: Wandlerüberprüfung während <strong>der</strong> Inbetriebnahme), da diese genauer<br />

und nicht so aufwendig in Bezug auf Personal und Geräte ist. Die turnusmäßigen<br />

Hauptprüfungen können mit einer Außerbetriebsetzung des zu schützenden<br />

Betriebsmittels durchgeführt werden (bei EVU bevorzugt); <strong>der</strong> dabei auftretende<br />

Nachteil <strong>für</strong> die Versorgungssicherheit wird dabei in Kauf genommen. Der Prüfturnus<br />

zwischen zwei Hauptprüfungen wird unternehmensspezifisch festgelegt und kann<br />

auch statistisch begründet werden. Im Regelfall beträgt er:<br />

Prüffristen<br />

elektromechanische Relais 1... 2 Jahre<br />

Distanzschutz 2 Jahre<br />

Vergleichsschutz 2 Jahre<br />

UMZ- Schutz 2 Jahre<br />

kompletter Transformatorschutz 3 ... 4 Jahre


Leittechnik<br />

Netzleittechnik<br />

Leittechnik<br />

Seite 91<br />

Die Netzleitstellen haben sich von <strong>der</strong> einfachen Fernsteuerstelle kontinuierlich zu<br />

zentralen Führungsstelle entwickelt, in <strong>der</strong> auch große und laststarke Netze sicher<br />

geführt werden können. Für die Mitarbeiter <strong>der</strong> Leitstellen, die überwiegend im<br />

Schichtdienst eingesetzt werden, hat sich noch kein einheitlicher Name durchgesetzt<br />

(<strong>der</strong> früher übliche Begriff des „Schalttafelwärters“ wird <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Mitarbeiterqualifikation nicht gerecht). Gebräuchlich, wenn auch nicht optimal, ist <strong>der</strong><br />

Begriff „Netzführer“. An ihn werden beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen gestellt:<br />

• Der reguläre Betrieb mit den vielen planmäßigen Schaltungen muss effizient,<br />

d.h. ohne unnötige Wartezeiten <strong>für</strong> die Arbeitsausführenden, durchgeführt<br />

werden.<br />

• Die Versorgungssicherheit <strong>der</strong> Kunden muss sichergestellt bleiben<br />

• Bei Annäherung an die Höchstleistung müssen eine Reihe von Maßnahmen<br />

eingeleitet werden, um diese möglichst nicht zu überschreiten.<br />

• Bei einer Störung müssen in kürzester Zeit aus den vorliegenden<br />

Informationen Ursache und Umfang festgestellt werden und die ersten<br />

Maßnahmen zur Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Versorgung eingeleitet werden.<br />

• Oft werden in großer Zahl Berichte und Statistiken erstellt<br />

• Der oft erfor<strong>der</strong>liche Schichtdienst bedeutet eine hohe gesundheitliche<br />

Belastung.<br />

Die erfor<strong>der</strong>liche Qualifikation, insbeson<strong>der</strong>s Verantwortungsgefühl,<br />

Betriebserfahrung, Netzkenntnisse und Belastbarkeit wird in <strong>der</strong> Regel durch<br />

Techniker o<strong>der</strong> Meister, in größeren Leitstellen auch Ingenieure, erreicht.<br />

Aus den Übertragungsnetzen werden alle wichtigen Meldungen und Messwerte<br />

übertragen. Wichtige Schaltgeräte, insbeson<strong>der</strong>s in Umspannwerken sind<br />

fernsteuerbar, bei Schalthandlungen in Ortsnetzstationen wird <strong>der</strong> Netzzustand<br />

vielfach handnachgeführt. Nie<strong>der</strong>spannungsnetze werden kaum fernwirktechnisch<br />

erfasst und in <strong>der</strong> Leitstelle geführt.<br />

Stationsleittechnik<br />

Sowohl die konventionelle Nahsteuerung als auch die digitale Leittechnik werden zur<br />

zentralen Überwachung und Steuerung von Schaltanlagen eingesetzt. Sie<br />

übernehmen dabei ff. Aufgaben:<br />

• Steuern von Schaltgeräten<br />

• Rückmelden <strong>der</strong> Schaltzustände<br />

• Messung und Zählung<br />

• Erfassen von Warn- und Gefahrenmeldungen<br />

• Trafosteuerung und –regelung


Leittechnik<br />

Seite 92<br />

Darüber hinaus ermöglicht die digitale Leittechnik automatische Abläufe wie<br />

Lastabwurf und Wie<strong>der</strong>zuschaltung o<strong>der</strong> Sammelschienenwechsel sowie die<br />

Massenspeicherung von Daten und ihre Auswertung.<br />

Herkömmliche Systeme basierten auf Direktsteuerungen mit Steuerquittungsschalter<br />

(<strong>der</strong> Schaltbefehl muss durch Drehen eines Leuchtknebels in die Endstellung<br />

(Blinklicht) aufrechterhalten werden, bis eine Ruhiglicht-Rückmeldung die<br />

Endstellung des Schalters anzeigt) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Relaissteuerung aus Mosaik-<br />

Steuertafeln, einschließlich <strong>der</strong> dazu erfor<strong>der</strong>lichen Rangierverteiler.<br />

Nachdem die inzwischen bereits sehr ausgereifte Mikroprozessortechnik sowohl in<br />

<strong>der</strong> Fernwirk-, Steuerungs- und Regeltechnik als auch im digitalen Netzschutz<br />

eingeführt worden ist, besteht <strong>der</strong> Wunsch, <strong>für</strong> die verschiedenen Aufgaben eine<br />

einheitliche Systemstruktur <strong>der</strong> Leittechnik zu finden. „Integrierte Leittechnik"<br />

bedeutet aber nicht, dass alle Funktionen <strong>der</strong> digitalen Sekundärtechnik in einem<br />

Gerät kombiniert werden. Letzteres wäre schon aus Sicherheitsgründen nur sehr<br />

eingeschränkt vertretbar, außerdem würde jede nicht vorher berücksichtigte<br />

Än<strong>der</strong>ung auch nur einer Komponente den gesamten einwandfreien Funktionsablauf<br />

in Frage stellen. Vielmehr werden <strong>für</strong> unterschiedliche Aufgaben wie Schutz,<br />

Messung, Regelung, Steuerung, Schaltfehlerschutz (Verriegelung) usw. jeweils<br />

autarke Komponenten verwendet, die durch Verwendung einheitlicher<br />

Hardwaresysteme und Standardsoftwaremodule einen abgestimmten<br />

Informationsaustausch ermöglichen. Wesentlich ist hierbei, dass die Autonomie und<br />

Redundanz erhalten bleibt, also Fehler in einem Bereich keinen Einfluss auf die<br />

Funktionsweise an<strong>der</strong>er Komponenten nach sich ziehen. Da die gleichen<br />

Eingangsdaten <strong>für</strong> Schutz, Messung, Regelung usw. benötigt werden, liegt es nahe,<br />

die Sekundärtechnik zusammenzufassen. Der Vorteil <strong>der</strong> so integrierten Leittechnik<br />

liegt im Ersatz <strong>der</strong> aufwendigen Parallelverdrahtung zwischen den einzelnen Geräten<br />

o<strong>der</strong> Komponenten durch serielle Datenverbindungen (Bus-Ankopplung). Hierbei<br />

müssen mitunter in bestehenden Anlagen bereits vorhandene<br />

Sekundäreinrichtungen mit <strong>der</strong> neuen Technik kombinierbar sein.<br />

Die Stationsleitebene übernimmt mit ihren Einrichtungen alle zentralen, die ganze<br />

Schaltanlage betreffenden Aufgaben <strong>der</strong> Leittechnik, die Feldleitebene beinhaltet die<br />

dem jeweiligen Hochspannungsfeld zugeordneten Komponenten wie Schutz,<br />

Steuerung, Überwachung und Bedienung.<br />

In <strong>der</strong> Feldleitebene sind dem jeweiligen Hochspannungsfeld eine FeIdeinheit<br />

"Steuerung/Überwachung" sowie eine o<strong>der</strong> mehrere Feldeinheiten "Schutz"<br />

zugeordnet.<br />

Die AbriegeIung dient zur Ankopplung an die Hochspannungsanlage, sorgt <strong>für</strong><br />

PotentiaItrennung und riegelt die Elektronik gegen Störbeeinflussung ab. In <strong>der</strong><br />

Eingabe-/Ausgabe werden Messwerte erfasst und über einen Analog-Digital-Wandler<br />

digitalisiert; außerdem werden Meldungen eingegeben und Befehle ausgegeben. In<br />

<strong>der</strong> Mikroprozessoreinheit des Datenverarbeitungsteiles laufen die<br />

Anwen<strong>der</strong>programme ab. Der Kommunikationsprozessor steuert den seriellen<br />

Datenaustausch auf <strong>der</strong> Verbindungsleitung zwischen <strong>der</strong> jeweiligen Feldeinheit und<br />

<strong>der</strong> übergeordneten Stationseinheit; ein Buskoppler dient zur physikalischen<br />

Ankopplung an diese Verbindungsleitung, die vorzugsweise ein<br />

Lichtwellenleiterkabel ist. Die Feldeinheiten „Schutz" übernehmen außer den<br />

eigentlichen Schutzfunktionen auch Fehlerortung, Betriebsmesswerterfassung und<br />

Störwerterfassung mit Echtzeit.


Leittechnik<br />

Seite 93<br />

Um auch bei Netzspannungsausfall noch eine funktionierende Leittechnik<br />

aufrechterhalten zu können werden USV-Anlagen eingesetzt. Dabei speist <strong>der</strong> vom<br />

öffentlichen Netz versorgte Gleichrichter im Dauerbetrieb den<br />

Gleichstromzwischenkreis, dem <strong>der</strong> Wechselrichter seine Energie entnimmt und von<br />

dem aus die Batterie geladen und erhaltungsgeladen wird. Der Wechselrichter<br />

erzeugt ein neues Drehstromsystem, welches die sichere Schiene und die daran<br />

angeschlossenen Verbraucher versorgt. Bei kurzen Netzeinbrüchen und bei<br />

Netzausfall gibt die Batterie gespeicherte Energie ab, so dass die Verbraucher nicht<br />

unterbrochen werden.<br />

Dokumentation<br />

Die zeichnerische Darstellung einer Schaltanlage erfolgt durch den<br />

Übersichtsschaltplan, <strong>der</strong> in vereinfachter, einpoliger Darstellung die Primärtechnik<br />

abbildet. Er enthält Angaben über Spannung, Stromart und Frequenz, über die<br />

Anzahl, Art und die technischen Daten aller Betriebsmittel sowie die Kennzeichnung<br />

mit Kennbuchstaben und einer Zählnummer. Diese Kennzeichnung zieht sch über<br />

alle weiten Schaltpläne fort. In großen, unübersichtlichen Anlagen (mehr als vier<br />

Abgänge) muss <strong>der</strong> stets aktuelle Übersichtsplan aushängen.<br />

Der Stromlaufplan zeigt die Funktionen <strong>für</strong> Steuerung, Meldung, Schutz und<br />

Messung. Die verwendeten Schaltzeichen entsprechen DIN 40719. Die örtliche Lage<br />

<strong>der</strong> Bauteile o<strong>der</strong> ihre Zusammengehörigkeit hat keinen Vorrang in <strong>der</strong> Darstellung;<br />

wichtig ist die Funktion. Die Schaltzeichen selber sind immer im spannungs- o<strong>der</strong><br />

stromlosen Zustand gezeichnet. Mechanisch betätigte Bauteile sind in <strong>der</strong> Null- o<strong>der</strong><br />

Aus-Stellung dargestellt.<br />

Weitere Pläne in Starkstromanlagen sind:<br />

• Verdrahtungspläne (Anschlussplan <strong>für</strong> externe Anschlüsse o<strong>der</strong><br />

Bauschaltplan <strong>für</strong> die interne Verdrahtung)<br />

• Installationspläne <strong>für</strong> die räumliche Lage <strong>der</strong> Geräte und Betriebsmittel<br />

• Kabel- und Leitungspläne mit genauen örtlichen Angaben <strong>der</strong> Legung<br />

C Kondensatoren Q Schaltgeräte<br />

F Sicherungen, Schutzrelais R Wi<strong>der</strong>stände<br />

G Generatoren, Batterien T<br />

H Opti. u. akk. Meldesysteme, Anzeigeelemente T<br />

K Schaltschütze, Relais V Dioden<br />

Schalter, Steuergeräte<br />

M Motoren X Klemmleisten<br />

P Messgeräte, Anzeigegeräte A Baugruppen<br />

Transformatoren, Wandler, Drosseln<br />

Neben den technischen Plänen ist die Nachweisführung ein wesentlicher Bestandteil<br />

<strong>der</strong> Dokumentation. Ein ordnungsgemäßer Nachweis aller Ereignisse dient nicht nur<br />

<strong>der</strong> Sicherung des Betriebsablaufes, son<strong>der</strong>n auch juristische o<strong>der</strong><br />

versicherungstechnische Erfor<strong>der</strong>nisse bedingen eine ausführliche Aufzeichnung.<br />

Dazu gehören u.a.:


Leittechnik<br />

• Verzeichnis <strong>der</strong> schaltberechtigten Personen<br />

Nur dieser Personenkreis, <strong>der</strong> sorgfältig ausgewählt und geschult sein muss,<br />

darf Schalthandlungen im Netz durchführen.<br />

• Verzeichnis <strong>der</strong> schlüsselberechtigten Personen<br />

Nicht jede Schlüsselberechtigte Person ist auch schaltberechtigt!<br />

Unterwiesene Personen haben zur Ablesung <strong>der</strong> Zählerstände ebenfalls<br />

Zutritt zu den abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten.<br />

Seite 94<br />

• Stationsbuch<br />

In kleinen Stationen braucht kein aufwendiges Betriebstagebuch geführt zu<br />

werden. Das Stationsbuch dient als Besucher- und Mängelbuch. Die Einträge<br />

sind mit Datum und Uhrzeit, Namen und Grund des Besuches anzugeben.<br />

• Betriebstagebuch<br />

alle zu Betrieb eines Netzes notwendigen Ereignisse werden in zeitlicher<br />

Reihenfolge dokumentiert. Die Einträge enthalten Datum und Uhrzeit, Name,<br />

Schaltbefehle, Verän<strong>der</strong>ungen des Schaltzustandes, Name <strong>der</strong> vor Ort<br />

schaltenden Person, Schutzanregungen, Stufenstellungen usw. Die Dauer <strong>der</strong><br />

Aufbewahrung ist betrieblich zu regeln, zwei Jahre scheinen jedoch<br />

empfehlenswert. Einträge sind dokumentenecht nur mit Kugelschreiber o<strong>der</strong> in<br />

Tinte durchzuführen, gelöschte Einträge sind nur durchzustreichen, so dass<br />

sie noch lesbar bleiben.


Arbeitssicherheit<br />

Arbeitssicherheit<br />

Seite 95<br />

Bedingt durch die hohen Spannungen und großen Ströme wird <strong>der</strong> Arbeitssicherheit<br />

ein hoher Stellenwert eingeräumt. Sie wird durch die strikte Einhaltung <strong>der</strong> „Fünf<br />

Sicherheitsregeln“ gewährleistet.<br />

1. Freischalten<br />

2. Gegen Wie<strong>der</strong>einschalten sichern<br />

3. Spannungsfreiheit feststellen<br />

4. Erden und Kurzschließen<br />

5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken o<strong>der</strong><br />

abschranken<br />

Die Einhaltung dieser Regeln ist lebenserhaltend, so dass nicht akzeptiert werden<br />

kann, dass sie abgelesen werden; Schaltberechtigte müssen sie auswendig können !<br />

Die Durchführung <strong>der</strong> fünf Sicherheitsregeln geschieht selbstverständlich mit <strong>der</strong><br />

dazu vorgesehenen Persönlichen Schutzausrüstung (PSA).<br />

Genaue Festlegungen sind in den Unfallverhütungsvorschriften VBG 1 und VBG 4<br />

(Vorschriftenwerk <strong>der</strong> Berufsgenossenschaften) sowie in DIN VDE 0105 Teil 1<br />

(Betrieb von Starkstromanlagen) nachzulesen. Durch die Aufnahme wichtiger VDE-<br />

Bestimmungen (u.a. DIN VDE 0100, DIN VDE 0101, DIN VDE 0105) als<br />

elektrotechnische Regel ins VBG werden diese anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik zur<br />

Unfallverhütungsvorschrift erhoben und besitzen quasi Gesetzescharakter.<br />

Zu 1: Im Mittel- und Hochspannungsbereich werden die erfor<strong>der</strong>lichen Trennstrecken<br />

durch die Trenner o<strong>der</strong> Lasttrenner bzw. den Fahrwagen des Leistungsschalter<br />

hergestellt. Dabei ist zu beachten, dass das Fehlen <strong>der</strong> Spannung kein Zeichen <strong>der</strong><br />

Freischaltung ist ! Auch die Vereinbarung eines Zeitpunktes, an dem die Anlage als<br />

freigeschaltet angesehen werden kann, ist unzulässig. Die eindeutige mündliche,<br />

fernmündliche o<strong>der</strong> schriftliche Bestätigung bleibt immer abzuwarten.<br />

In <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>spannung reicht es nicht aus, bei einer Beleuchtungsanlage lediglich<br />

den Schalter auszuschalten, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Leitungsschutzschalter ist auszuschalten<br />

o<strong>der</strong> die Sicherungseinsätze herauszuschrauben. Kondensatoren müssen nach <strong>der</strong><br />

Freischaltung mit geeigneten Entladevorrichtungen entladen werden (nicht<br />

kurzschließen!).<br />

Zu 2: Alle Betätigungsvorrichtungen, mit denen freigeschaltet wurde, sind<br />

irrtümliches Wie<strong>der</strong>einschalten zu sichern. Stets ist ein Schaltverbotsschild so zu<br />

befestigen, dass es nicht abfallen kann. Antriebe mit Kraftantrieb sind zu entspannen<br />

(Steuerspannung ausschalten, Fe<strong>der</strong> entlasten, Druckluftzufuhr sperren, Druckkessel<br />

entlüften). In ferngesteuerten Anlagen kann in <strong>der</strong> Regel die Fernwirkeinrichtung auf<br />

Lokal gestellt werden, so dass keine Schaltungen aus <strong>der</strong> Ferne mehr möglich sind.<br />

Gegebenenfalls sind in <strong>der</strong> Leitstelle Befehlssperren einzulegen.<br />

Zu 3: Oft wird vergessen, dass auch von <strong>der</strong> Einspeiseseite her freigeschaltete<br />

Anlagenteile durch unbekannte Verbindungen Rückspannungen aufweisen können.<br />

Daher ist vor Arbeitsbeginn unbedingt die Spannungsfreiheit festzustellen. Das


Arbeitssicherheit<br />

Seite 96<br />

Feststellen <strong>der</strong> Spannungsfreiheit darf nur durch eine Elektrofachkraft o<strong>der</strong> durch<br />

eine elektrotechnisch unterwiesene Person durchgeführt werden. Dabei muss immer<br />

allpolig, d. h. an jedem einzelnen Leiter geprüft werden. Vor und ggf. nach <strong>der</strong><br />

Benutzung des Spannungsprüfers ist dieser auf einwandfrei Funktion zu testen.<br />

In <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>spannung werden in <strong>der</strong> Regel zweipolige Spannungsprüfer mit<br />

Glimmlampe, Tauspulmesswerk o<strong>der</strong> Leuchtdioden verwendet. Hiermit lässt sich<br />

auch die Höher <strong>der</strong> anstehenden Spannung ermitteln. Es gibt auch einpolige Geräte<br />

bis 250 Volt, meist mit Schraubendreherklinge, bei den durch ungünstige<br />

Umgebungsbedingungen (Helligkeit, isolieren<strong>der</strong> Standort) die Ablesung nahezu<br />

unmöglich sein kann. Ein zweipoliger Prüfer ist immer vorzuziehen.<br />

Spannungsprüfer in Hochspannungsanlagen sind immer einpolig. Eine vorhandene<br />

Spannung wird optisch o<strong>der</strong> akustisch angezeigt. Sie dürfen nur im<br />

Nennspannungsbereich und unter den Umgebungsbedingungen<br />

(Innenraum/Nie<strong>der</strong>schläge) eingesetzt werden, die am Gerät angegeben sind. Damit<br />

an je<strong>der</strong> Arbeitsstelle die Funktionsfähigkeit des Prüfgerätes festgestellt werden<br />

kann, besitzen mo<strong>der</strong>ne Spannungsprüfer Eigenprüfvorrichtungen. Die<br />

Spannungsfreiheit darf auch durch Beobachten <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung eines<br />

Messgeräteausschlages o<strong>der</strong> durch Einlegen fest eingebauter Erdungsvorrichtungen<br />

geprüft werden.<br />

Bei Arbeiten an Kabeln lässt sich an <strong>der</strong> Arbeitstelle in <strong>der</strong> Regel das Feststellen <strong>der</strong><br />

Spannungsfreiheit durch Spannungsprüfer nicht feststellen. Daher ist vor Beginn <strong>der</strong><br />

Arbeiten das ausgelesene Kabel durch ein geerdetes hydraulisches<br />

Kabelschneidegerät mit Sicherheitsschlauch zu durchtrennen.<br />

Zu 4: Vor <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> Arbeiten sind alle Anlagenteile, an denen gearbeitet<br />

werden soll, zu erden. Eine dazu verwendete, frei geführte Einrichtung (EuK) ist<br />

zuerst mit <strong>der</strong> Erde und dann erst mit dem Anlagenteil zu verbinden. Dabei reicht es<br />

nicht aus, die EuK-Vorrichtung lediglich auf die Kugelanschlussbolzen lose<br />

aufzulegen, sind stets fest anzuziehen, um einer dynamischen Belastung bei<br />

Kurzschluss standzuhalten. Kabel sollten wegen <strong>der</strong> Ladungsspeicherung vor dem<br />

festen Anschluss „abgetippt“ werden. Die EuK-Vorrichtung ist mit einer geeigneten<br />

Erdungsstangen an die Leiter heranzuführen.<br />

Die Arbeitsstelle muss so abgesichert werden, dass zum einen ein Schutz bei<br />

versehentlichem Wie<strong>der</strong>einschalten und zum an<strong>der</strong>en ein Schutz gegen unzulässig<br />

Beeinflussungsspannung (durch Induktion, Influenz o<strong>der</strong> Restspannungen (lange,<br />

parallel geführte Sammelschienen !)) erreicht wird. Die EuK-Vorrichtung muss den zu<br />

erwartenden Kurzschlussströmen standhalten, daher ist ein ausreichen<strong>der</strong><br />

Querschnitt zu wählen (Beispiele: bei max. Kurzschlussdauer von 1sec: IK ≤ 13,8 kA<br />

∅ = 70 mm 2 Cu, IK ≤ 18,7 kA ∅ = 95 mm 2 Cu). Erdung und Kurzschließung müssen<br />

von <strong>der</strong> Arbeitsstelle aus sichtbar sein. Bei Arbeiten an einer Unterbrechungsstelle<br />

sind beide Seiten zu erden und kurzzuschließen.<br />

An Freileitungen über 30 kV muss zusätzlich zu den Arbeitsstellen an je<strong>der</strong><br />

Ausschaltstelle, an Freileitungen über 1 bis 30 kV mindestens an einer<br />

Ausschaltstelle geerdet und kurzgeschlossen werden.<br />

Zu 5: Gefahrenbereiche müssen ausreichend und eindeutig gekennzeichnet werden.<br />

In offenen Innenraumanlagen sind benachbarte, unter Spannung stehende Fel<strong>der</strong>


Arbeitssicherheit<br />

Seite 97<br />

durch ausreichend isolierende und mechanisch standfeste Abdeckungen zu sichern.<br />

Bei Trennschaltern, bei denen auf <strong>der</strong> einen Seite noch Spannung ansteht, sind oft in<br />

<strong>der</strong> Schaltzelle Führungsschienen <strong>für</strong> isolierende Trennplatten angebracht. Damit<br />

wird gewährleistet, dass die Platten nicht auf spannungsführenden Metallteilen des<br />

Trenners aufliegen. Diese Maßnahme gilt nicht als Schutz gegen Wie<strong>der</strong>einschalten.<br />

Arbeitsgrenzen sind deutlich durch Gitter, Ketten o<strong>der</strong> Flatterleinen kenntlich zu<br />

machen. Auf verschlossene, unter Spannung stehende Schaltfel<strong>der</strong> neben <strong>der</strong><br />

Arbeitsstelle sollte deutlich durch eingehängte Warnkreuze o<strong>der</strong> Ketten hingewiesen<br />

werden.<br />

In Anlagen bis 1000 V kann eine Abdeckung <strong>der</strong> unter Spannung stehenden Teile<br />

durch Gummitücher o<strong>der</strong> isolierende Formstücke erreicht werden.<br />

Das Anbringen <strong>der</strong> Abdeckungen gilt als Arbeiten unter Spannung. Daher muss hier<br />

die entsprechende persönliche Schutzausrüstung getragen werden.<br />

Begrifflichkeiten<br />

Elektrofachkraft: Eine Elektrofachkraft ist, wer die fachliche Qualifikation <strong>für</strong> das<br />

Errichten, Än<strong>der</strong>n und Instandsetzen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel besitzt.<br />

Die Qualifikation wird in <strong>der</strong> Regel durch den erfolgreichen Abschluss einer<br />

Fachausbildung als Geselle, Meister , Techniker o<strong>der</strong> Ingenieur erworben. Eine<br />

mehrjährige Tätigkeit in einem bestimmten Arbeitsgebiet <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

begründet die Qualifikation zur Elektrofachkraft <strong>für</strong> begrenzte Aufgabengebiete. Die<br />

Elektrofachkraft muss mögliche Gefahren erkennen und die ihr übertragenen<br />

Aufgaben eigenverantwortlich beurteilen können, sie trägt Fachverantwortung.<br />

Elektrotechnisch unterwiesene Person: Dieser Personenkreis gilt als ausreichend<br />

qualifiziert, wenn er über die ihm übertragenen Aufgaben und die möglichen<br />

Gefahren bei unsachgemäßen Handeln und über die notwendigen<br />

Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen unterwiesen wurde. Än<strong>der</strong>ungen und<br />

Instandsetzungen elektrischer Anlagen dürfen nur unter Aufsicht von<br />

Elektrofachkräften durchgeführt werden.<br />

Elektrotechnische Laien: sie dürfen nicht verantwortlich eingesetzt werden. Ihre<br />

Tätigkeiten beschränken sich auf das bestimmungsgemäße Verwenden elektrischer<br />

Anlagen und Betriebsmittel mit vollständigem Berührungsschutz und dem Mitwirken<br />

bei <strong>der</strong> Errichtung, dem Än<strong>der</strong>n und dem Instandhalten unter Leitung und Aufsicht<br />

einer Elektrofachkraft.


Schaltungen in Netzen<br />

Schaltungen in Netzen<br />

Seite 98<br />

Schalthandlungen dienen dazu, den Schaltzustand von elektrischen Anlagen<br />

aufgrund Neubau-, Umbau-, Erweiterungs- und Instandhaltungsmaßnahmen gewollt<br />

zu än<strong>der</strong>n. Sie können von verschiedenen Orten wie z. B. <strong>der</strong> Netzleitstelle<br />

(Fernsteuerung), einer Nahsteuerstelle (Ortswarte, Nahsteuerung) o<strong>der</strong> am<br />

Betriebsmittel bzw. seinem Steuerschrank (Vor-Ort-Steuerung) durchgeführt werden.<br />

Welcher Ort <strong>für</strong> die jeweilige Schaltung gewählt wird richtet sich nach den<br />

Unternehmens-Betriebsanweisungen und den örtliche Gegebenheiten. Grundsätzlich<br />

sollte jedoch folgende Reihenfolge gewählt werden:<br />

1. Fernsteuerung<br />

2. Nahsteuerung<br />

3. Vor-Ort-Schaltung<br />

Eine Schaltung muss nicht unbedingt durch zwei Personen vorgenommen werden.<br />

Wenn allerdings das Schalten als „Gefährliches Arbeiten“ im Sinne BGV A1 §36 2<br />

angesehen wird, sind alte Schaltungen von zwei Personen durchzuführen. Die zweite<br />

Person hält sich sinnvollerweise in Sichtweite, jedoch außerhalb <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Gefahrenzone auf.<br />

Schaltreihenfolgen<br />

Um Bedienpersonal und Anlagen vor den Folgen von Fehlschaltungen zu schützen,<br />

ist es notwendig, Schaltgeräte nur in logischer Reihenfolge zu betätigen. Dazu trägt<br />

in erster Linie ein gut ausgebildetes Schaltpersonal bei, das durch<br />

Schaltfehlerschutzgeräte unterstützt werden kann. Zur richtigen und sicheren<br />

Funktionsweise muss die Rückmeldung <strong>der</strong> Schaltgerätestellungen (Hilfsschalter)<br />

sichergestellt sein. Der Meldeschalter darf die Stellung „EIN“ erst dann rückmelden,<br />

wenn die Hauptkontakte zu 50% im Eingriff sind; entsprechend darf die „AUS“-<br />

Meldung erst kommen, wenn 4 /5 des Schaltweges zurückgelegt ist. Bei nicht<br />

eindeutiger Stellungsmeldung ist ein weiteres Schalten zu blockieren. Diese<br />

For<strong>der</strong>ungen sind, beson<strong>der</strong>s in Freiluftanlagen, wegen Reibung und Lose in den<br />

mechanischen Antrieben nicht leicht zu erfüllen.<br />

Durch die technologische Einteilung <strong>der</strong> Schaltgeräte in<br />

Leistungsschalter/Lasttrennschalter und Trennschalter ergibt sich die<br />

Schaltreihenfolge:<br />

- Stromunterbrechung durch Leistungsschalter bzw. Lasttrennschalter<br />

- Herstellung <strong>der</strong> elektr. Festigkeit durch Trennschalter (bei Lasttrennschalter autom.<br />

gegeben)<br />

Die wichtigsten Bedingungen <strong>für</strong> den Schaltfehlerschutz sind:<br />

• Trennschalter dürfen nicht unter Last gezogen werden (I< 0,5 A)<br />

2 „Gefährliche Arbeiten sind zum Beispiel solche, bei denen eine erhöhte o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Gefährdung<br />

aus dem Arbeitsverfahren, <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Tätigkeit, den verwendeten Stoffen sowie aus <strong>der</strong> Umgebung<br />

gegeben sein.“


Schaltungen in Netzen<br />

Seite 99<br />

• Leistungsschalter dürfen nicht eingeschaltet werden, wenn im<br />

gleichen Stromkreis ein Trennschalter in Störstellung steht.<br />

• Leistungsschalter, die eine parallele Stromschleife zu einem an<strong>der</strong>en<br />

Trennschalter bilden (Sammelschienenkupplung), dürfen nicht<br />

ausgeschaltet werden, wenn in einem an<strong>der</strong>en Abzweigfeld mehr als<br />

ein Sammelschienentrenner eingeschaltet ist o<strong>der</strong> in Störstellung<br />

steht.<br />

• Erdungsschalter dürfen nur eingeschaltet werden, wenn das zu<br />

erdende Anlagenteil spannungsfrei ist<br />

Davon abweichende Schalthandlungen dürfen nur unter Verantwortung eines<br />

Schaltberechtigten vor Ort mit Hilfe von Entriegelungseinrichtungen<br />

(Schlüsselschaltern) ausgeführt werden.<br />

Der klassische Schaltfehlerschutz bildet seine Verriegelungsbedingungen aus <strong>der</strong><br />

Bool´schen Algebra. Bei großen Anlagen mit vielen Abgängen über mehrere<br />

Spannungsebenen ist es nicht mehr möglich, alle zulässigen Schalthandlungen<br />

nachzubilden. Aus diesem Grund ist hier eine topologische Verriegelung notwendig,<br />

bei <strong>der</strong>, von den Einspeisestellen ausgehend, Stromschleifen gebildet werden, die<br />

dem Schalterstellungsabbild entsprechen.<br />

Für den Betrieb sollte trotz Schaltfehlerschutz immer gelten:<br />

Schalte so, als ob keine Verriegelung vorhanden wäre !<br />

Kontrolliere den Eingriff von Trenn- und Lasttrennschaltern !<br />

Nachfolgend einige Beispiel zur richtigen Reihenfolge von Schalthandlungen:<br />

1. Schalten von Kabeln bzw. Leitungen<br />

Zum Ausschalten werden zunächst die Leistungsschalter bzw. die<br />

Lastrennschalter ausgeschaltet. Die Wahl des ersten Ausschaltortes ist<br />

grundsätzlich egal und kann nach Netzgegebenheiten gewählt werden. Eventuell<br />

vorhandene Ladestrom-Spulen sind vorher auszuschalten.<br />

Das Freischalten erfolgt durch alle Trennschalter (bei Lasttrennschalter von<br />

Hause aus gegeben) in <strong>der</strong> Strombahn. Eine empfehlenswerte Reihenfolge<br />

hierbei ist von <strong>der</strong> spannungsführenden Sammelschiene zu Kabeltrenner.<br />

Das Wie<strong>der</strong>einschalten erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.<br />

2. Schalten von Transformatoren<br />

Die Leistungsschalter <strong>der</strong> Unter- und Oberspannungsseite werden nacheinan<strong>der</strong><br />

ausgeschaltet. Durch diese Reihenfolge werden eventuell auftretende<br />

Spannungsspitzen auf das nachgeschaltete Netz vermieden. Vor dem<br />

Ausschalten sind Ladestromspulen und Erdschlusslöschspulen (nur im<br />

erdschlussfreiem Zustand!) auszuschalten.<br />

Die Reihenfolge <strong>der</strong> Trenner orientiert sich am Ausschaltvorgang eines Kabels,<br />

d.h. zunächst die Sammelschienentrenner und danach alle an<strong>der</strong>en<br />

Trennschalter.<br />

Zur Vermeidung <strong>der</strong> durch den Rush-Strom hervorgerufenen<br />

Spannungseinbrüche auf <strong>der</strong> Unterspannungsseite sollte <strong>der</strong> Transformator von<br />

<strong>der</strong> einspeisenden Seite (i. d. R. die OS, jedoch Vorsicht bei<br />

Kraftwerkseinspeisungen: hier ist es die US) eingeschaltet werden. Danach wird<br />

<strong>der</strong> zweite LS eingeschaltet.


Schaltungen in Netzen<br />

Seite 100<br />

3. Schalten von Kupplungen<br />

Für das Schalten von Längs- und Querkupplungen gelten die üblichen<br />

Reihenfolgen von Trennschaltern und Leistungsschaltern. Werden beim Kuppeln<br />

verschiedene Netze verbunden, so sind die Bedingungen zu erfüllen:<br />

- Spannungsdifferenzen max. ± 10% UM<br />

- Frequenzdifferenz < ± 0,1 Hz<br />

- Phasenwinkeldifferenz < ± 15°<br />

Synchronisiereinrichtungen und Parallelschaltgeräte verwenden !<br />

Freischalten einer Ortsnetzstation<br />

An einem Beispiel soll die Freischaltung einer Ortsnetzstation gezeigt werden: Zur<br />

Stationswartung ist die Netzstation (NSt.) Juistweg 33 im Stadtteil Isselhorst<br />

freizuschalten. Dazu sind Schaltgespräche, in denen Einzelschaltungen aber auch<br />

ganze Schaltsequenzen beauftragt werden, notwendig. Zur Vermeidung von<br />

Missverständnissen sind sie kurz, sachlich und exakt zu führen. Die Schaltungen<br />

sind exakt in <strong>der</strong> im Schaltgespräch festgelegten Reihenfolge durchzuführen; ist dies<br />

nicht möglich, ist die Schaltung abzubrechen und die Leitstelle zu verständigen. Aus<br />

Sicherheitsgründen ist es notwendig, einen einheitlichen Sprachgebrauch zu<br />

verwenden.<br />

Zu Beginn <strong>der</strong> Arbeitszeit wird die Freischaltung von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe mit ihren<br />

Einzelheiten in <strong>der</strong> Netzleitstelle (NLS) angemeldet und durchgesprochen. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> Steckenquerschnitte, <strong>der</strong> Kabellängen und <strong>der</strong> momentanen Belastung <strong>der</strong><br />

zugehörigen Abgänge in <strong>der</strong> Einspeisestation „Übergabe Isselhorst“ ist nicht mit<br />

einer Überlastung von Betriebsmitteln zu rechnen. Daher kann die Freischaltung mit<br />

<strong>der</strong> 0,4-kV-seitigen Vermaschung beginnen. Im Anschluss daran wird <strong>der</strong> 630-kVA-<br />

Transformator unter- und oberspannungsseitig im Juistweg 33 ausgeschaltet und<br />

gegen Wie<strong>der</strong>einschalten gesichert. Die Meldung über Funk an die NLS lautet:<br />

„Umspanner in Station 509 Juistweg ausgeschaltet.“ Die NLS wie<strong>der</strong>holt zur<br />

Bestätigung. Danach kann zur Trennstelle in <strong>der</strong> Station Postdamm / Haller Str.<br />

gefahren werden: „In <strong>der</strong> Station 534 Postdamm / Haller Str. wird die Trennstrecke<br />

1048 in Richtung NSt. Zum Brinkhof 16-18 eingeschaltet.“ Nach Wie<strong>der</strong>holung und<br />

Bestätigung durch die NLS wird die Schalthandlung durchgeführt. Der bislang offen<br />

betriebene Ring ist nun geschlossen. Um die Vermaschungszeit möglichst kurz zu<br />

halten, wird nun die Station Helgolandweg 9 angefahren. Die Schaltmeldung über<br />

Funk lautet: „In <strong>der</strong> Station 508 Helgolandweg 9 wird die Strecke 1009 in Richtung<br />

NSt. Juistweg 9 ausgeschaltet.“ Auch jetzt wird die Meldung von <strong>der</strong> NLS wörtlich<br />

wie<strong>der</strong>holt, die Schalthandlung dann durchgeführt und <strong>der</strong> Schalter gegen<br />

Wie<strong>der</strong>einschalten gesichert. Die Fahrt führt weiter zur Station Haverkamp /<br />

Niehorster Str.: In <strong>der</strong> Station 519 wird die Strecke 1044 in Richtung NSt. Juistweg<br />

33 ausgeschaltet und gegen Wie<strong>der</strong>einschalten gesichert.“ Die Station ist nun<br />

mittelspannungsseitig ausgeschaltet; nach Feststellen <strong>der</strong> Spannungsfreiheit und<br />

Meldung an die NLS wird die Strecke 1044 geerdet. Anschließend wird die Strecke<br />

1009 in <strong>der</strong> NSt. Helgolandweg auf Spannungsfreiheit geprüft und nach Meldung in<br />

<strong>der</strong> NLS geerdet. In <strong>der</strong> zu wartenden Station können jetzt vor Aufnahme <strong>der</strong><br />

Arbeiten die Arbeitserden vor Ort eingelegt werden. Selbstverständlich ist hier die<br />

Messung <strong>der</strong> Spannungsfreiheit und die Rückmeldung an die NLS.<br />

Parallelschalten von Transformatoren<br />

Bei <strong>der</strong> Parallelschaltung von Transformatoren ist zu beachten:


Schaltungen in Netzen<br />

Seite 101<br />

• gleiche Netzspannung<br />

• gleiche Schaltgruppenkennzahl (sonst: Ausgleichsstrom im Leerlauf)<br />

• Gleiches Übersetzungsverhältnis<br />

• Abweichen <strong>der</strong> Kurzschlussspannungen um nicht mehr als 10% vom<br />

Mittelwert <strong>der</strong> parallel zu betreibenden Einheiten (sonst:<br />

ungleichmäßige Leistungsaufteilung)<br />

• Nennleistungsverhältnis kleiner 3:1<br />

Die Leistungsaufteilung berechnet sich zu:<br />

S<br />

S<br />

S<br />

S<br />

I<br />

IN<br />

II<br />

IIN<br />

u<br />

=<br />

u<br />

Werden Transformatoren mit ungleichem Übersetzungsverhältnis (o<strong>der</strong> mit<br />

ungleicher Stufenstellungszahl) im Parallelbetrieb eingesetzt, so treibt die <strong>der</strong><br />

Übersetzungsabweichung proportionale Spannungsdifferenz Δu einen Kreisstrom<br />

(Ungleichheit <strong>der</strong> Kurzschlussphasenwinkel vernachlässigt). Er berechnet sich zu:<br />

I<br />

a<br />

=<br />

u<br />

I<br />

ZI<br />

NI<br />

Dieser Ausgleichsstrom überlagert sich den Transformatornennströmen; er addiert<br />

sich zu dem Strom, dessen Transformator die größere sekundäre Leerlaufspannung<br />

hat.<br />

Werden in Ortsnetzstationen Transformatoren parallel geschaltet, sind bei<br />

Schaltgruppen gleicher Kennzahl gleichnamige Klemmen auf <strong>der</strong> OS und <strong>der</strong> US<br />

miteinan<strong>der</strong> zu verbinden. Transformatoren mit Kennzahl 5 können mit solchen <strong>der</strong><br />

Kennzahl 11 nach einem bestimmten Schema zusammengeschaltet werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Parallelschaltung von Netztransformatoren sind ggf. die Traforegler auf<br />

Handbetrieb zu schalten und die Spannungen manuell anzugleichen, so dass nur ein<br />

geringer Ausgleichsstrom fließen kann.<br />

Werden mehrere Transformatoren nacheinan<strong>der</strong> eingeschaltet, so sollten wegen des<br />

Ruh-Stromes zwischen den Schaltungen einige Sekunden vergehen. Nach dem<br />

Einschalten ist die Belastung <strong>der</strong> Transformatoren zu kontrollieren.<br />

ZII<br />

ZI<br />

Δu<br />

u<br />

+<br />

I<br />

ZII<br />

NII


Fehlerbehebung<br />

Entstörungsdienstorganisation<br />

Fehlerbehebung<br />

Seite 102<br />

Der Netzbetrieb erfor<strong>der</strong>t eine ununterbrochene Präsenz von qualifiziertem<br />

Fachpersonal. Um außerhalb <strong>der</strong> Regelarbeitszeit Schäden unmittelbar zu beheben,<br />

sind Fachinstandhaltungstrupps mit Werkstattwagen erfor<strong>der</strong>lich. Bei Eintritt einer<br />

Störung werden sie durch den Schaltdienst o<strong>der</strong> durch den diensthabenden Meister<br />

eingesetzt. Außer dem im Rufdienst arbeitenden Mitarbeitern ist es ratsam, weiteres<br />

Personal in Arbeitsbereitschaft zu haben. Bei <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Gruppen<br />

sollten die Fachbereiche <strong>der</strong> Monteure berücksichtigt werden (z. B. Kabelmonteur<br />

zusammen mit Anlagenmonteur). Daneben ist es notwendig, auch Personal aus den<br />

Fachbereichen Fernmeldetechnik, Materialwirtschaft und Fuhrpark in einem<br />

Entstörungsdienst organisiert zu haben. Erfor<strong>der</strong>liche Son<strong>der</strong>fahrzeuge wie<br />

Hubsteiger bei Freileitungstörungen, Kabelmesswagen zum Einmessen <strong>der</strong><br />

Fehlerstelle o<strong>der</strong> Notstromaggregate zur Versorgung ausgefallener Netzbezirke o<strong>der</strong><br />

sensibler Kunden müssen mit eingewiesenem Personal vorgehalten werden.<br />

Bei Störungen sollte das eingesetzte Personal in regelmäßigen Abständen (max. 60<br />

min) Rückmeldungen bzw. Anweisungen aus <strong>der</strong> Leitstelle einholen.<br />

Strategien zu Fehlerbehebung<br />

Jede ungewollte Än<strong>der</strong>ung des normalen Betriebszustandes ist eine Störung. Der<br />

normale Betriebszustand ist gekennzeichnet durch eine ausreichende Spannung,<br />

einen intakten Isolationszustand, von intakten Betriebsmitteln und von einem<br />

Schaltzustand, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> betriebsführenden StelIe gewollt ist. Als Störung wird <strong>der</strong><br />

gesamte Vorgang bezeichnet, <strong>der</strong> mit einem Fehler beginnt und mit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>herstellung des normalen Betriebszustandes bzw. <strong>der</strong> normalen<br />

Versorgungsverhältnisse endet. Da jede Störung unterschiedlich ist, lassen sich nur<br />

grobe Richtlinien geben.<br />

• Es ist sich ein möglichst vollständiger Überblick über das<br />

Störungsausmaß zu verschaffen (,,Erst notieren, dann quittieren !")<br />

• Die eingegangenen Informationen durch Kunden, Polizei, Feuerwehr,<br />

Tiefbauunternehmen sowie aus den Netzzustandsän<strong>der</strong>ungen sind zu<br />

bewerten.<br />

• Eine Stelle koordiniert die Maßnahmen zur Entstörung (Prioritäts- und<br />

Zuständigkeitsliste).<br />

• Die Behebung einer Störung hat zur Begrenzung des Umfangs sofort<br />

zu beginnen. Dabei darf <strong>der</strong> Entstörende sich selbst nicht in Gefahr<br />

bringen.<br />

• Nach einem Netzzusammenbruch wird es von <strong>der</strong> höheren<br />

Spannungsebene wie<strong>der</strong> aufgebaut.<br />

• Nach Beendigung <strong>der</strong> Störung sind Anlagenkontrollen im betreffenden<br />

Netz unerlässlich.<br />

• Zur Auswertung <strong>der</strong> Störereignisse alle Schutzanregungen,<br />

Schreiberstreifen etc. notieren bzw. einsammeln<br />

Unabhängig vom Umfang und vom Ausmaß einer Störung muss Ruhe bewahrt<br />

werden und es dürfen keine übereilten, unbedachten Handlungen durchgeführt<br />

werden.


Fehlerbehebung<br />

Seite 103<br />

In vielen Fällen ist <strong>der</strong> Kunde ein wichtiges Informationssystem. Daher ist es wichtig,<br />

Name, Anschrift und Uhrzeit zu notieren. Aus <strong>der</strong> Lage des Wohnortes lassen sich<br />

Rückschlüsse auf den Fehlerort ziehen. Meldet sich nur ein Kunde, ist anzunehmen,<br />

dass <strong>der</strong> Fehler in seiner Anlage liegt, o<strong>der</strong> – bei einem Einfamilienhaus- in <strong>der</strong><br />

Hauszuleitung. Bei mehreren Kundenanrufen ist dagegen von einem Netzfehler<br />

auszugehen.<br />

Bei einem Kurzschluss ist <strong>der</strong> auslösende Leistungsschalter in <strong>der</strong> speisenden<br />

Station in <strong>der</strong> Regel ferngemeldet. Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, so erfährt die<br />

betriebsführende Stelle erst durch Kundenanrufe von <strong>der</strong><br />

Versorgungsunterbrechung. Nach Auswertung aller ferngemeldeten Informationen ist<br />

das Anfahren <strong>der</strong> Netzstationen und Ablesen <strong>der</strong> Kurzschlussanzeiger durch einen<br />

o<strong>der</strong> mehrere Entstörtrupps erfor<strong>der</strong>lich, um die Fehlerrichtung zu ermitteln. In <strong>der</strong><br />

Regel ist <strong>der</strong> Fehler nur durch sukzessives Verkleinern des möglichen<br />

Fehlerbereiches auf einen Leitungsabschnitt o<strong>der</strong> eine Station. Nach Freischaltung<br />

<strong>der</strong> Fehlerstelle erfolgt die Wie<strong>der</strong>versorgung durch Schließen <strong>der</strong> Trennstelle im<br />

Ring. Bei Fehlern in Stichkabeln und bei Stationsfehlern ist eine weitere Versorgung<br />

nur durch Nie<strong>der</strong>spannung o<strong>der</strong> durch ein mobiles Notstromaggregat möglich.<br />

Es ist einleuchtend, dass die Reihenfolge, in <strong>der</strong> die Stationen angefahren werden,<br />

großen Einfluss auf die Wie<strong>der</strong>versorgungszeit hat. Dabei werden im Regelfall zwei<br />

Grundstrategien angewendet:<br />

• sequentielle Suche<br />

• binäre Suche<br />

Bei <strong>der</strong> sequentiellen Suche wird von <strong>der</strong> Einspeisestelle aus die jeweils folgende<br />

Station zum Ablesen <strong>der</strong> Kurzschlussanzeiger angefahren. Dies hat den Vorteil, dass<br />

eventuelle Folgeschäden durch den Kurzschlussstrom sofort erkannt werden. Bei <strong>der</strong><br />

sequentiellen Suche wird <strong>der</strong> betroffene Halbring aufgeteilt, diese Station angefahren<br />

und kontrolliert, <strong>der</strong> vom Kurzschluss betroffene nächste ,,Viertelring" gebildet und so<br />

fort. In <strong>der</strong> Praxis besitzen Netze jedoch nicht immer diesen Modellcharakter,<br />

son<strong>der</strong>n weisen Verzweigungen und Quereinspeisungen auf. Es ist sinnvoll, diese<br />

Stationen ("Dreibeine"") bevorzugt anzufahren, da von hier aus <strong>der</strong> Fehler in mehrere<br />

Richtungen eingegrenzt werden kann bzw. ein fehlerfreies Teilnetz kann<br />

wie<strong>der</strong>versorgt werden. Ein weiteres Kriterium zur bevorzugten Kontrolle und<br />

Wie<strong>der</strong>versorgung sind wichtige Kunden wie z. B. Krankenhäuser. Nach grober<br />

Fehlereingrenzung ist es möglich, gewisse Teilnetze vom Restnetz abzutrennen und<br />

wie<strong>der</strong> zu versorgen, bevor <strong>der</strong> Fehler exakt lokalisiert ist.<br />

Die Erkennung eines Erdschlusses erfolgt durch ferngemeldete<br />

Erdschlusswischerrelais o<strong>der</strong> durch wattmetrische Relais. Zusätzlich sind die<br />

meistens ebenfalls überwachten Phasenspannungen <strong>der</strong> Sammelschiene zu<br />

beachten. Nach <strong>der</strong> Ermittlung des betroffenen Abgangs erfolgt die<br />

Fehlerlokalisierung ähnlich <strong>der</strong> Kurzschlusssuche. Da hier jedoch kein Pendant zum<br />

Kurzschlussanzeiger zur Verfügung steht, sind in den Netzstationen<br />

Schalthandlungen zur Ermittlung <strong>der</strong> Fehlerrichtung notwendig. Auch hier stehen<br />

zwei Strategien zur Verfügung:<br />

• Kurzzeitunterbrechung<br />

• Kurzzeitkupplung<br />

Bei <strong>der</strong> Kurzzeitunterbrechung wird die Fehlerrichtung durch kurzzeitiges Öffnen<br />

(mind. 1 Min.) des Schalters zur nachfolgenden Station hin ermittelt. Wenn damit <strong>der</strong><br />

Fehler abgeschaltet wird, kehren die Phasenspannungen wie<strong>der</strong> in die Normallage<br />

zurück. Der Nachteil liegt in <strong>der</strong> ggf. mehrmaligen Abschaltung von Netzstationen.


Fehlerbehebung<br />

Seite 104<br />

Bei <strong>der</strong> Kurzzeitkupplung wird zusätzlich vor dem kurzzeitigen Öffnen zunächst die<br />

Trennstelle geschlossen. Eine Versorgungsunterbrechung wird vermieden und die<br />

Erdschlussrichtung wird durch die Beobachtung <strong>der</strong> Erdschlussanzeige in beiden<br />

Einspeisepunkten ermittelt. Der Nachteil besteht in <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Fehlerausweitung<br />

zum Doppelerdschluss o<strong>der</strong> zum Kurzschluss.<br />

Welche Strategie gewählt wird, hängt jeweils von <strong>der</strong> Gewichtung einer kurzzeitigen<br />

Versorgungsunterbrechung gegenüber <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Fehlerausweitung ab.<br />

Schaltungen im Netz sind zum Schutz des Bedienpersonals nur in PEHLA-geprüften<br />

Schaltanlagen vorzunehmen; ist dies nicht möglich, wird durch den vorgelagerten<br />

Leistungsschalter zuerst ausgeschaltet.


Kundenanlagen<br />

Systemformen<br />

Kundenanlagen<br />

Seite 105<br />

In DIN VDE 0100 werden drei sicherheitstechnisch unterschiedliche Systemformen<br />

genannt:<br />

• TN-System<br />

• TT-System<br />

• IT System<br />

Der erste Buchstabe bezieht sich dabei auf die Erdungsverhältnisse <strong>der</strong> Stromquelle.<br />

„T“ bedeutet eine direkte Erdung eines Betriebspunktes (Betriebserde), „I“ <strong>für</strong> die<br />

Isolierung aller aktiven Teile von Erde o<strong>der</strong> die Verbindung eines Punktes mit Erde<br />

über eine Impedanz (z. B. Isolationswächter).<br />

Der zweite Buchstabe kennzeichnet die Erdungsverhältnisse <strong>der</strong> Körper <strong>der</strong><br />

elektrischen Anlage. Werden die Körper direkt geerdet, so steht hier<strong>für</strong> das „T“, und<br />

zwar unabhängig von <strong>der</strong> eventuell bestehenden Erdung eines Punktes <strong>der</strong><br />

Stromquelle. Werden die Körper direkt mit dem Betriebser<strong>der</strong> verbunden, so dient<br />

<strong>der</strong> Buchstabe „N“ zur Kennzeichnung des Systems.<br />

In TN-Systemen ist in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Sternpunkt direkt geerdet. Die Körper <strong>der</strong><br />

elektrischen Anlage sind über den Schutzleiter bzw. PEN-Leiter mit dieser<br />

Betriebserde verbunden. Entsprechend <strong>der</strong> Anordnung von Neutral- und Schutzleiter<br />

findet man drei Arten des TN-Systems: Im TN-S-System sind Neutralleiter und<br />

Schutzleiter vollständig getrennt. Diese Netzform wurde früher als mo<strong>der</strong>ne Nullung<br />

bezeichnet und hat den Vorteil, dass eine Unterbrechung des Schutzleiters keine<br />

Gefahr bringt. Es müssen zwei Fehler, die Unterbrechung und ein Körperschluß<br />

eintreten, bevor ein Unfall geschieht. Da <strong>der</strong> N-Leiter gegen Erde isoliert ist, kann <strong>der</strong><br />

Betriebsstrom seinen Rückweg nicht über Erde wählen und die Brandsicherheit wird<br />

erhöht. Nach DIN VDE 0108 ist diese Systemform in feuer- und<br />

explosionsgefährdeten Betriebsstätten sowie in medizinisch genutzten Räumen<br />

vorgeschrieben. Als Leitungsfarbe ist <strong>für</strong> den PEN- und den Schutzleiter grüngelb zu<br />

wählen, <strong>für</strong> den Neutralleiter die Farbe hellblau. Im TN-C-System ist <strong>der</strong> PEN-Leiter<br />

gleichzeitig Schutzleiter. Daher ist es sehr einfach aufzubauen. Es genügt, an <strong>der</strong><br />

Steckdose ein kurzes Drahtstück an den Schutzleiter zu führen (sog. klassische<br />

Nullung). Der gravierende Nachteil besteht jedoch in <strong>der</strong> Gefahr, dass ein<br />

Metallgehäuse im Fehlerfall unter <strong>der</strong> vollen Spannung gegen Erde steht. Daher ist<br />

ein TN-C-System nur zulässig bei fest verlegten Leitungen von mindestens 10 mm 2<br />

Cu o<strong>der</strong> 16 mm 2 Al. Ausgenommen sind lediglich bewegliche Leitungen ab 16 mm 2<br />

Cu <strong>für</strong> Einspeiseleitungen von Notstromaggregaten o<strong>der</strong> <strong>für</strong> das Überbrücken von<br />

herausgetrennten Netzteilen in Nie<strong>der</strong>spannungsnetzen. In allen an<strong>der</strong>en Fällen ist<br />

nur das TN-S-System zulässig. Die Mischform TN-C-S-System ist die wohl in <strong>der</strong><br />

Praxis am häufigsten vorkommende Netzform. Dabei sind in dem Teil des Netzes,<br />

die die obige Querschnittsform erfüllen, Neutral- und Schutzleiter zu einem PEN-<br />

Leiter zusammengefasst, bei den übrigen kleineren Querschnitten sind sie aufgeteilt.<br />

Der PEN-Leiter ist hinsichtlich seiner Verlegung wie ein Außenleiter zu behandeln<br />

und mit diesem in einer gemeinsamen Umhüllung zu führen. Er darf unter keinen<br />

Umständen unterbrochen werden, nicht gesichert werden und nicht <strong>für</strong> sich allein<br />

schaltbar sein. Die Klemmstellen sind mit großer Sorgfalt herzustellen, wobei


Kundenanlagen<br />

Seite 106<br />

unbedingt vermieden werden sollte, viele Kabel in eine Klemmstelle<br />

unterzuklemmen. Nach <strong>der</strong> Aufteilung des PEN in N- und PE-Leiter darf <strong>der</strong><br />

Neutralleiter (N) we<strong>der</strong> mit dem PE, noch mit geerdeten Teilen in Verbindung<br />

kommen. Der Querschnitt des N-Leiters ist wie ein Außenleiter zu bemessen.<br />

Als Schutzeinrichtungen können in TN-Systemen Überstromschutzeinrichtungen<br />

o<strong>der</strong> Fehlerstromschutzeinrichtungen (nur in TN-S-Systemen) verwendet werden.<br />

Die Schutzeinrichtungen müssen im Fehlerfall innerhalb von 5 sec., bei Stromkreisen<br />

bis 35 A Nennstrom mit Steckdosen o<strong>der</strong> solche, bei denen ortsverän<strong>der</strong>liche<br />

Betriebsmittel angeschlossen werden, in 0,2 sec., abschalten.<br />

Das TT-System wird von vielen EVU, gerade im außerstädtischen Bereich,<br />

vorgegeben. Ein Punkt <strong>der</strong> Stromquelle, in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Sternpunkt des<br />

Transformators, ist direkt geerdet. Der Erdungswi<strong>der</strong>stand sollte 2 Ω nicht<br />

überschreiten, um bei einem Erdschluss eines Außenleiters den Spannungsanstieg<br />

in den gesunden Leitern gegen Erde zu begrenzen. Die Körper <strong>der</strong> elektrischen<br />

Anlage sind mit dem Schutzer<strong>der</strong> RA verbunden, <strong>der</strong> vom Betriebser<strong>der</strong> getrennt ist.<br />

Der Ausbreitungswi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Schutzerde muss so klein sein, dass ein<br />

Fehlerstrom die automatische Abschaltung <strong>der</strong> Schutzeinrichtung bewirkt, bevor die<br />

Berührungsspannung den zulässigen Wert (50 V) überschreitet.<br />

IT-Systeme können gegen Erde isoliert o<strong>der</strong> über eine ausreichend hohe Impedanz<br />

geerdet sein. Der Fehlerstrom bei Auftreten nur eines Körper- o<strong>der</strong> Erdschlusses ist<br />

gering und hat keinen Einfluss auf die Funktion <strong>der</strong> angeschlossenen Betriebsmittel.<br />

Daher findet man IT-System meist in <strong>der</strong> Grossindustrie mit 500- o<strong>der</strong> 600-V-Netzen.<br />

Im 230/400-V-Netzen werden sie mit Isolationsüberwachung dort eingesetzt, wo<br />

erhöhte Anfor<strong>der</strong>ungen an die Versorgungssicherheit gestellt werden, z. B. in<br />

Krankenhäuser <strong>für</strong> die OP-Einrichtung o<strong>der</strong> <strong>für</strong> die Sicherheitsbeleuchtung.<br />

Elektrizitätszähler<br />

Die Zähler werden zum Messen <strong>der</strong> von einem Erzeuger abgegebenen o<strong>der</strong> von<br />

einem Verbraucher aufgenommenen Arbeit eingesetzt. Sie lassen sich nach ihrem<br />

Messprinzip in zwei Gruppen unterteilen, in Induktions-Motorzähler und statische<br />

Zähler <strong>für</strong> Dreh- und Wechselstrom.<br />

Am häufigsten werden Induktions-Motorzähler nach dem Ferraris-Prinzip eingesetzt.<br />

Dabei liegt ein wicklungsloser Läufer (eine Aluminiumscheibe) im Wechselfeld zweier<br />

Elektromagneten (Strom- und Spannungsseite) und wird durch das erzeugte<br />

Drehmoment angetrieben. Ein als Permanentmagnet ausgelegter Bremsmagnet<br />

dämpft die Bewegung <strong>der</strong> Läuferscheibe und erlaubt die Eichung. Drehstromzähler<br />

besitzen zwei o<strong>der</strong> drei Triebsysteme, die räumlich versetzt angeordnet sind und auf<br />

zwei Läuferachsen wirken. Die Integration <strong>der</strong> Leistung über die Zeit, d. h. die<br />

Bildung <strong>der</strong> elektrischen Arbeit, erfolgt durch Addition <strong>der</strong> Läuferumdrehungen durch<br />

ein Zählwerk. Dieses Rollenzählwerk ist mit sechs bis sieben Ziffernrollen<br />

ausgerüstet; die rechte Rolle wird über eine Schnecke und Übersetzungsrä<strong>der</strong> vom<br />

Läufer angetrieben. Gegebenenfalls muss die vom Zählwerk angezeigte<br />

Ableseeinheit mit einem auf dem Ziffernblatt angegebenen Faktor multipliziert<br />

werden. Im Haushaltsbereich werden die Zähler üblicherweise direkt in den zu<br />

messenden Stromkreis geschaltet. Bei höheren Strömen o<strong>der</strong> Spannungen sind<br />

Messwandler erfor<strong>der</strong>lich. Wird das Übersetzungsverhältnis <strong>der</strong> Wandler im Zählwerk<br />

berücksichtigt, so nennt man dies ein Primärzählwerk. Bei Sekundärzählwerken


Kundenanlagen<br />

Seite 107<br />

muss die jeweilige Spannungs- und Stromübersetzung berücksichtigt werden, um die<br />

primäre Messgröße zu ermitteln.<br />

Der Verbrauch eines Elektrogerätes kann auch mit Hilfe <strong>der</strong> Zählerkonstanten c, die<br />

auf dem Leistungsschild aufgedruckt ist, ermittelt werden. Sie gibt an, wie viel<br />

Umdrehungen des Läufers (messbar durch die rote Markierung) einer Kilowattstunde<br />

entspricht. Bei einer Zählerkonstanten von c= 75/kWh führt <strong>der</strong> Läufer 75<br />

Umdrehungen aus damit das Zählwerk 1 kWh notiert. In <strong>der</strong> Praxis kann so die<br />

Leistung eines (größeren) Verbraucher ermittelt werden (dabei darf natürlich nur <strong>der</strong><br />

zu ermittelnde Verbraucher eingeschaltet sein !). Mit <strong>der</strong> Stopuhr werden mehrere<br />

Umdrehungen des Läufers gemessen und daraus die Zeit <strong>für</strong> eine Umdrehung<br />

gemittelt. Mit <strong>der</strong> Formel<br />

1000×<br />

3600<br />

=<br />

t × c<br />

P s<br />

s<br />

[ kW ] mit t = Zeit <strong>für</strong> eineUmdrehung<br />

kann nun die Leistung des eingeschalteten Verbraucher errechnet werden.<br />

Statische Zähler sind elektronisch arbeitende Geräte, die hochpräzise sind und eine<br />

große Unabhängigkeit von Umgebungsbedingungen besitzen. Im Gegensatz zu<br />

Ferraris-Zählern können sie auch Messdaten (Lastprofile) speichern. Neben den<br />

visuellen Ausgängen (LC-Display) besitzen sie in <strong>der</strong> Regel auch Schnittstellen <strong>für</strong><br />

optische Ausgänge (LED) und Impulsausgänge <strong>für</strong> die Weitergabe an<br />

Fernzähleinrichtungen.<br />

Die Zähler werden überwiegend von staatlich anerkannten Prüfstellen beglaubigt –<br />

ein Vorgang, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Eichung rechtlich gleichwertig ist. Sie arbeiten mit PTBgeprüften<br />

Messeinrichtungen und werden regelmäßig von den Eichämtern<br />

überwacht. Die Eichgültigkeitsdauer beträgt <strong>für</strong><br />

- Zähler mit Induktionsmesswerk 16 Jahre<br />

- Zähler mit Induktionsmesswerk mit Messwandlern 12 Jahre<br />

- Zähler mit elektronischem Messwerk 8 Jahre<br />

Jedes Messgerät altert o<strong>der</strong> wird im Laufe <strong>der</strong> Zeit durch Verschleiß ungenauer. Aus<br />

diesem Grund ist die Eichgültigkeit <strong>für</strong> Messgeräte begrenzt. Um die<br />

Eichgültigkeitsdauer zu verlängern genügt eine Stichprobenprüfung. Die<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Eichgültigkeitsdauer beträgt dadurch<br />

- bei Induktionszählern 4 Jahre<br />

- bei elektronischen Zählern 5 Jahre


Quellen- und Literaturnachweis:<br />

Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

VDEW: Netzverluste, VWEW-Verlag, Frankfurt/Main, 3. Aufl. 1978, ISBN 3-8022-<br />

0007-1<br />

Ameling: <strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik I, Bertelsmann Universitätsverlag, 1974,<br />

ISBN 3-571-19149-8<br />

Kind, Kärner: Hochspannungsisoliertechnik, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1982,<br />

ISBN 3-528-03812-8<br />

AEG Hilfsbuch <strong>der</strong> Elektrotechnik Bd. 2, AEG Verlag, 11. Aufl. 1979, ISBN 3-87087-<br />

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Hütte: Elektrische Energietechnik, Springer Verlag Berlin, 29. Aufl. 1988, ISBN 3-<br />

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Flosdorff, Hilgarth: Elektrische Energieverteilung, Teubner Verlag, Stuttgart, 4. Aufl.<br />

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Schwickardi: Elektroenergietechnik Bd. 1 - 3, AT-Verlag, Aarau,1979, ISBN ...; 3<br />

85502 032 9; 3 85502 083 3<br />

Gremmel (Hrsg.): ABB Schaltanlagen, Cornelsen Verlag Schwann-Giradet,<br />

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Heinold et. al.: Kabel und Leitungen <strong>für</strong> Starkstrom, Teil 1 und 2, Siemens Verlag,<br />

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Siemens, Günther Seip: Elektrische Installationstechnik, Teil 1 und Teil 2,Siemens<br />

Verlag, München, 3. Aufl. 1993, ISBN 3-8009-4138-4, 3-8009-1420-4<br />

Siemens Fachwörterbuch industrielle Elektrotechnik, Energie und<br />

Automatisierungstechnik,<br />

Deutsch/Englisch Bd. 1, 4. Auflage 1998, Publicis MCD-Verlag, ISBN 3-89578-077-4<br />

English/German Bd. 2, 4. Auflage 1998, Publicis MCD-Verlag, ISBN 3-89578-079-0<br />

VDEW: Kabelhandbuch, VWEW-Verlag, Frankfurt/Main, 4. Aufl. 1986, ISBN 3-8022-<br />

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Friedrich: Tabellenbuch Elektrotechnik, Elektronik, Dümmler-Verlag, Bonn, 579. Aufl.<br />

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Metz, Naundorf, Schlabbach: Kleine Formelsammelung Elektrotechnik,<br />

Fachbuchverlag Leipzig, München, 1996, ISBN 3-446-18626-3<br />

Rose (Hrsg.): Basiswissen <strong>für</strong> <strong>Fachkräfte</strong> energietechnischer Berufe, VDE-Verlag,<br />

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Kiwitt, Wanser, Laarmann: Hochspannungs- und Hochleistungskabel, VWEW-Verlag,<br />

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Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

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Dietrich: Transformatoren, Stand <strong>der</strong> Technik und Tendenzen, VDE-Verlag, 1986,<br />

ISBN 3-8007-1365-9<br />

Kraaij, Schemel, Wegschei<strong>der</strong>: Die Prüfung von Leistungstransformatoren,<br />

Buchverlag Elektrotechnik, Aarau (CH)<br />

Vosen: Kühlung und Belastbarkeit von Transformatoren, VDE-Schriftenreihe 72, VDE<br />

Verlag, Berlin 1997 ISBN 3-8007-2225-9<br />

Ölbuch Teil 2: Isolierflüssigkeiten, 6. Aufl. 1983, VDEW-Verlag, Frankfurt/M, ISBN 3-<br />

8022-0063-2<br />

VDEW-Ringbuch „Schutztechnik“, VWEW-Verlag, 1987, ISBN 3-8022-0054-3<br />

Maßnahmen in Betriebsgebäuden von Hochspannungsanlagen zur Reduzierung<br />

transienter Überspannungen in Sekundäreinrichtungen, RWE Energie AG<br />

Böhme: Mittelspannungstechnik, Verlag Technik, Berlin, 1. Aufl. 1992, ISBN 3-341-<br />

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Doemeland: Handbuch Schutztechnik, VDE-Verlag, Berlin, 7. Aufl. 2003, ISBN 3-<br />

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Zobel / Markgraf: Der Netzmeister, VDE-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-8007-2138-4<br />

Pusch: Schaltberechtigung <strong>für</strong> Starkstromanlagen und Netze, VDE-Verlag, Berlin,<br />

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Hösl / Ayx: Die neuzeitliche und vorschriftsmäßige Elektro-Installation, Hüthig-Verlag,<br />

Heidelberg, 15. Auflage 1992, ISBN 3-7785-2134-9<br />

G. Kiefer: VDE 0100 und die Praxis, VDE-Verlag, Berlin, 6. Auflage 1994, ISBN 3-<br />

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Klimpke/Güttler: Fehlerortung, Bd. 7 Anlagentechnik <strong>für</strong> elektrische Verteilungsnetze,<br />

VWEW-Verlag Frankfurt/Main, 1996, ISBN 3-8022-0495-6<br />

Altmann, Jühling et. al.: Elektrounfälle in Deutschland, FB 941, Schriftenreihe <strong>der</strong><br />

Bundesanstalt <strong>für</strong> Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2. Aufl. 2002, Wirtschaftsverlag<br />

NW, ISBN 3-89701-798-9<br />

Lipmann: Schalten im Vakuum, VDE-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-8007-2317-4<br />

Karger et. al.: Messen und Regeln in Starkstromnetzen, Firmenpublikation a-eberle,<br />

2003<br />

Niemand, Sieper, Dürschner: Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen<br />

über 1 kV, VDE-Schriftenreihe Bd. 11, VDE-Verlag, Berlin, 8. Aufl. 2000, ISBN 3-<br />

8007-2537-1<br />

DKE: Betrieb von elektrischen Anlagen, VDE-Schriftenreihe Bd. 13, VDE-Verlag,<br />

Berlin, 8. Aufl. 2001, ISBN 3-8007-2556-8<br />

Hochbaum: Schadenverhütung in elektrischen Anlagen, VDE-Schriftenreihe Bd. 85,<br />

VDE-Verlag, Berlin, 2. Aufl. 2002, ISBN 3-8007-2635-1


Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

Vogt: Potentialausgleich, Fundamenter<strong>der</strong>, Korrosionsgefährdung, VDE-<br />

Schriftenreihe Bd. 35, VDE-Verlag, Berlin, 2. Aufl. 1987, ISBN 3-8007-1512-0<br />

Schlabbach: Elektroenergieversorgung, VDE-Verlag, Berlin, 1995, ISBN 3-8007-<br />

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Knies, Schierack: Elektrische Anlagentechnik, Hanser-Verlag, München, 4. Aufl.<br />

2003, ISBN 3-446-22378-9<br />

Spring: Elektrische Energienetze, VDE-Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-8007-2523-1<br />

Heuck, Dettmann: Elektrische Energieversorgung, Vieweg Verlag, Braunschweig,<br />

2002, ISBN 3-528-48547-7<br />

// Alber: Verteiltransformatoren und EMV, etz Bd. 115 (1994) Heft 20<br />

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Elektrizitätswirtschaft 71 (Jg. 1972), Heft 8<br />

// Thörner / Siekmann: Untersuchung nie<strong>der</strong>frequenter Fel<strong>der</strong> an ortsfesten<br />

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// Hollmann / Beese: Begrenzung von Störlichtbögen in elektrischen Schaltanlagen,<br />

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// Vinaricky: Elektrische Kontakte, EVU-Betriebspraxis 10/95, 11/95<br />

// San<strong>der</strong>: Verhalten von Aluminium-Massivleiter-Kabeln in Schraubklemmen, etz-A,<br />

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// Sandner, Handys – Wegbegleiter mit Störpotential, de 14/98<br />

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<strong>der</strong> Universität Witten – Herdecke, 1991<br />

// Stegmüller, Schaltprinzipien <strong>der</strong> Mittelspannungsleistungsschalter,<br />

Elektrizitätswirtschaft Jg. 81 (1982), Heft 22<br />

// VDE-Tagungsband Fachtagung Mittelspannungsanlagen 1983<br />

// VDE-Tagungsband Planung und Betrieb gasisolierter Mittelspannungs-<br />

Schaltanlagen 1999<br />

// H. J. Müller: Anleitung zum nachträglichen Feststellen <strong>der</strong> Störungsursache im<br />

Nie<strong>der</strong>spannungsnetz durch Diagnose des Schmelzverhaltens des abgeschalteten<br />

Sicherungseinsatzes


VDE- und DIN- Regelwerk:<br />

Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

DIN VDE 0100 Bestimmungen <strong>für</strong> das Errichten von Starkstromanlagen bis 1000 V<br />

DIN VDE 0101 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen über 1 kV<br />

DIN VDE 0102 Berechnung von Kurzschlussströmen in Drehstromnetzen<br />

DIN VDE 0103 Bemessung von Starkstromanlagen auf mechanische und<br />

thermische Kurzschlussfestigkeit<br />

DIN VDE 0105 Betrieb von elektrischen Anlagen<br />

DIN VDE 0111 Isolationskoordination <strong>für</strong> Betriebsmittel in Drehstromnetzen über 1<br />

kV<br />

DIN VDE 0141 Erdungen <strong>für</strong> Starkstromanlagen<br />

DIN VDE 0185 Blitzschutzanlagen<br />

Der Autor dankt vielen Firmen, die ihm Druckschriften und Fotografien<br />

freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben. Insbeson<strong>der</strong>s gilt <strong>der</strong> Dank<br />

folgenden Firmen:<br />

ABB, Mannheim und Bad Honnef Alstom, Regensburg und Frankfurt<br />

Driescher, Wegberg Siemens, Erlangen und Kirchheim<br />

Felten & Guilleaume, Köln îD-Technik, Kastellaun<br />

Vetter GmbH, Lottstetten Haag Messtechnik, Waldbrunn<br />

F. Huseman GmbH, Gütersloh VATech Elin, Graz<br />

SGB, Neumark May Elektronik, Bohl-Iggelheim<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> elektrische Anlagen Heinrich Georg GmbH, Kreuztal<br />

Leitungsbau Nord GmbH, Dortmund<br />

KEMA, Arnheim (NL) Peter Vollborth, BSE-Seminare, Berlin<br />

Mein rein persönlicher, subjektiver Vorschlag <strong>für</strong> eine kleine elektrotechnische<br />

Buchsammlung (Preisangaben von Februar 2005, www.amazon.de):<br />

a. Energieversorgung, allgemein:<br />

Gremmel (Hrsg.): ABB Schaltanlagen, Cornelsen Verlag Schwann-Giradet,<br />

Düsseldorf, 10. Aufl. 1999, ISBN 3-464-48235-9 45,00 €<br />

b. Kabel:<br />

Heinold / Stubbe: Kabel und Leitungen <strong>für</strong> Starkstrom, Teil 1, Wiley VCH Verlag,<br />

Berlin, 1999, ISBN 389578088X 99,-- €<br />

CD-ROM, Publicis Mcd, ASIN: 3895781118 79.-- €<br />

c. Übersichtsbücher, Formelsammelung:<br />

Rose (Hrsg.): Basiswissen <strong>für</strong> <strong>Fachkräfte</strong> energietechnischer Berufe, VDE-Verlag,<br />

2002, ISBN 3-8007-2594-0 41,90 €


Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

Metz / Naundorf / Schlabbach: Kleine Formelsammelung Elektrotechnik, Hanser<br />

Fachbuchverlag Leipzig, 2003, ISBN 3-446-225455 12,90 €<br />

d. Hausinstallation:<br />

Hösl / Ayx / Busch: Die vorschriftsmäßige Elektro-Installation, Hüthig-Verlag,<br />

Heidelberg, 18. Auflage 2003, ISBN 3-7785-29099 39.-- €<br />

e. <strong>für</strong> weitergehende Studien:<br />

Hosemann (Hrsg.): Elektrische Energietechnik, Springer Verlag Berlin, 2000,<br />

ISBN 3-540-67343-1 279.-- €<br />

Heuck, Dettmann: Elektrische Energieversorgung, Vieweg Verlag, Braunschweig,<br />

2002, ISBN 3-528-48547-7 43,90 €<br />

f. über techn. Entdeckungen allgemein:<br />

Segré, Emilio: Die großen Physiker und ihre Entdeckungen<br />

1. Band: Von Galilei bis Boltzmann, ISBN 3-492-21174-7<br />

2. Band: Von Röntgen bis Weinberg, ISBN 3-492-21175-5<br />

jeweils Piper-Verlag, München, 2. Auflage 2002 je 12,90 €

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