Herausforderung Demographischer Wandel - Kuratorium der ...
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Walter Bockshecker, Nürnberger Versicherungsgruppe AG<br />
Walter Lindemann, Deutsche Post World Net<br />
Jutta Zülow, Zülow AG<br />
Wie decken wir den Fachkräftebedarf von morgen? Round Table<br />
Walter Bockshecker<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> demographischen<br />
Entwicklung<br />
Kaum eine Branche ist von <strong>der</strong> demographischen Entwicklung<br />
in Deutschland so sehr betroffen wie die Finanzdienstleistungsbranche.<br />
Altersversorgungsmodelle, Vermögensvorsorge<br />
und Gesundheitsvorsorge gehören zum Kerngeschäft<br />
<strong>der</strong> Branche.<br />
Schwerpunkte dabei sind die Reduktion <strong>der</strong> Gesamtbevölkerungszahl<br />
und die Verschiebung <strong>der</strong> Altersstruktur in <strong>der</strong><br />
Bevölkerung. Der Anteil <strong>der</strong> über 65-jährigen steigt von<br />
17,5 % in 2002 kontinuierlich auf 32,4 % in 2050 an. Dies hat<br />
Auswirkungen auf die Käuferpotenziale (weniger Menschen,<br />
an<strong>der</strong>es Alter) und daraus abgeleitet die Bedürfnisstruktur<br />
(Versicherung, Vorsorge und Vermögensbildung).<br />
Es ist rechnerisch nicht darstellbar, dass <strong>der</strong> Staat mit den<br />
aktuellen Modellen des Generationenvertrags die Verpfl ichtungen<br />
für Gesundheitsversorgung und Rentenzahlungen<br />
leisten kann. Für die Versicherungsbranche geht es darum,<br />
Menschen für die Themen „frühzeitige Altersvorsorge“ und<br />
„Gesundheitsvorsorge“ zu sensibilisieren. Ein wichtiger und<br />
attraktiver Markt. Darüber hinaus entstehen bereits heute<br />
zielgruppenspezifi sche Produktlösungen für ältere Menschen<br />
(Beispiel: Anwalt auf Rä<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Rechtschutzversicherung<br />
<strong>der</strong> NÜRNBERGER Versicherungsgruppe).<br />
Die Bankenbranche hat es etwas schwerer. Die Anzahl <strong>der</strong><br />
Menschen, die Kapital ansparen o<strong>der</strong> Häuser kaufen, geht<br />
deutlich zurück. Und – die älteren Menschen verhalten sich<br />
nicht bankenkonform. Sie leben und konsumieren, statt zu<br />
sparen: Reisen, Autos, Oper, Kino.<br />
Für die Geschäftspolitik bedeutet dies:<br />
• Verschärfung des Wettbewerbs (weniger potenzielle Kunden)<br />
und damit verbunden Konzentrationen<br />
• Verän<strong>der</strong>te Produkt- und Preisgestaltung (ein heute geborenes<br />
Mädchen wird statistisch 100 Jahre alt). Dies verän<strong>der</strong>t<br />
die mathematischen Parameter für Vorsorgeprodukte<br />
• Altervorsorgemodelle müssen privat fi nanziert werden,<br />
weil <strong>der</strong> Staat es nicht mehr kann<br />
• Spezifi sche Produkte und Assistance-Dienstleistungen für<br />
die attraktive Zielgruppe 50+ gewinnen an Bedeutung.<br />
Auswirkung auf Beschäftigung:<br />
• Finanzdienstleistungsunternehmen optimieren weiter ihre<br />
Prozesse mit Hilfe neuer Technologien. Die klassische<br />
Sachbearbeitung wird es immer weniger geben. Standardaufgaben<br />
werden von Automaten (Geldverkehr) o<strong>der</strong> in<br />
Call- und Servicecentern erledigt.<br />
• Die Beratungsintensität für den Kunden wächst aufgrund<br />
<strong>der</strong> Komplexität von Produkten und <strong>der</strong>en steuerlichen<br />
Konsequenzen. Die Qualifi kationserfor<strong>der</strong>nisse steigen.<br />
• Zusammenfassend: Weniger Menschen in <strong>der</strong> Verwaltung,<br />
mehr Menschen in <strong>der</strong> Kundenberatung. Quantitativ<br />
wird sich das gegenseitig aufheben.<br />
Bedrohung erfährt die Finanzdienstleistungsbranche nicht<br />
durch die Demographie. Die Branche ist gewohnt, sich auf<br />
verän<strong>der</strong>te Marktbedingungen einzustellen. Bedrohung erfährt<br />
die Branche momentan durch eine überfallartige, auf<br />
die nächste Wahl ausgerichtete Politik, die noch keines <strong>der</strong><br />
zentralen Themen: Gesundheitsversorgung, Rentenversicherung,<br />
Beamtenpensionen gelöst hat.<br />
Zukunft <strong>der</strong> dualen Ausbildung<br />
Die NÜRNBERGER Versicherungsgruppe ist Überzeugungstäter<br />
in Bezug auf das duale System. Sie verfügt über eine<br />
Ausbildungsquote von ca. 11 %. Die Versicherungswirtschaft<br />
betrachtet den Ausbildungsberuf als dynamisches Instrument.<br />
Stetige Anpassung an verän<strong>der</strong>te Bedarfe sind notwendig<br />
und werden auch geleistet.<br />
Eine Konkurrenz zu Bachelor- und Masterstudiengängen besteht<br />
nicht. Die Zielsetzung ist hier eine vollständig an<strong>der</strong>e.<br />
Chancen bestehen in <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Möglichkeiten und in <strong>der</strong><br />
Vernetzung <strong>der</strong> Qualifi kationen.<br />
Strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen<br />
Grundsätzlich ist die berufl iche Bildung in Deutschland in Ordnung.<br />
In <strong>der</strong> IT sagt man: Never change a running system.<br />
Wir tendieren manchmal dazu, neues zu for<strong>der</strong>n und dabei<br />
zu übersehen, welche Qualitäten wir im aktuellen System besitzen.<br />
Natürlich muss die berufl iche Bildung noch fl exibler, modularer,<br />
in <strong>der</strong> Abstimmung zwischen Schule und Betrieb präziser und<br />
von den Lernmethoden her mo<strong>der</strong>ner werden. Auch sollte es<br />
mehr Flexibilität an den Schnittstellen bei <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
von Aus- und Weiterbildung geben – z. B. die Anerkennung<br />
bereits erbrachter Leistungen.<br />
Aber – das ist normal. Das sind Optimierungspotenziale, die<br />
das System nicht in Frage stellen. Ausbildung ist eine rein<br />
schulischen Ausbildung, weil das duale System die Möglichkeit<br />
bietet, Nachwuchskräfte praxisnah und betriebsbezogen<br />
an die Berufspraxis heranzuführen, sie ins Berufsleben zu<br />
begleiten. Ein Schulabsolvent ist personalpolitisch eine Black<br />
Box.<br />
För<strong>der</strong>ung älterer Mitarbeiter<br />
Die Diskussion zur För<strong>der</strong>ung älterer Menschen geht zurzeit<br />
an <strong>der</strong> betrieblichen Realität vorbei. Erstens führen die Restrukturierungsmaßnahmen<br />
in <strong>der</strong> gesamten Finanzdienstleistungsbranche<br />
dazu, dass wir attraktive Altersteilzeitmodelle<br />
anbieten, um Entlassungen zu verhin<strong>der</strong>n. Die Älteren<br />
werden momentan, auch mit einem stark weinenden Auge<br />
seitens <strong>der</strong> Unternehmen, weniger. Dann ist För<strong>der</strong>ung von<br />
Mitarbeitern bei uns kein Privileg für alte o<strong>der</strong> junge. Geför<strong>der</strong>t<br />
wird <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die För<strong>der</strong>ung aus betrieblicher Sicht für seine<br />
aktuellen o<strong>der</strong> zukünftigen Aufgaben braucht und entsprechend<br />
motiviert ist.<br />
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