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Herausforderungen an die spanende Bearbeitung moderner ...

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<strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>die</strong> sp<strong>an</strong>ende <strong>Bearbeitung</strong><br />

<strong>moderner</strong> Flugtriebwerkskomponenten<br />

Autor:<br />

Dr. Steffen Gerloff, Leiter Sp<strong>an</strong>ende Verfahren, MTU Aero Engines GmbH<br />

Kurzfassung / Abstract:<br />

Zukünftige ökonomische und ökologische <strong>Herausforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>die</strong> Luftfahrt- und<br />

insbesondere <strong>die</strong> Triebwerksindustrie führen zu hochgesteckten Zielen vor allem bei<br />

der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs um weitere -15%, verbunden mit deutlich<br />

gesenktem CO2-Ausstoß um bis zu 20% und einer NOx-Reduzierung um 80%. Diese<br />

Ziele lassen sich nur durch Ausschöpfung aller Potenziale mittels alternativer Bauweisen,<br />

zusammen mit dem Einsatz völlig neuer Materialien und der konsequenten<br />

Weiterentwicklung bestehender Hochtemperaturwerkstoffe erreichen.<br />

Diese Werkstoffe und neuartigen Legierungen stellen auch für eine robuste und wirtschaftliche<br />

Fertigung eine neue Qualität <strong>an</strong> <strong>Herausforderungen</strong> dar. Diesen stellt sich<br />

<strong>die</strong> Triebwerksindustrie durch eine stetige Weiterentwicklung der bestehenden sp<strong>an</strong>enden<br />

Fertigungsverfahren, da <strong>die</strong>se im absehbaren Zeitraum weiterhin <strong>die</strong> Hauptlast<br />

der Fertigung der Triebwerkskomponenten tragen werden. Im <strong>die</strong>sem Beitrag<br />

werden für ausgewählte sp<strong>an</strong>ende <strong>Bearbeitung</strong>sverfahren <strong>die</strong> Anforderungen <strong>an</strong> <strong>die</strong><br />

Schneidstoffe, <strong>die</strong> Zuverlässigkeit <strong>an</strong> Maschinen und Komponenten und <strong>die</strong> Weiterentwicklung<br />

der <strong>Bearbeitung</strong>sstrategien aufgezeigt. Neue Ansätze und Tendenzen<br />

zur Prozeßüberwachung und -regelung der im Luftfahrtbereich zulassungs- und<br />

überwachungspflichtigen Zersp<strong>an</strong>prozesse werden ebenso erläutert.<br />

1. Einleitung<br />

Moderne Flugtriebwerke müssen höchsten Ansprüchen im Hinblick auf Zuverlässigkeit,<br />

Gewicht, Leistung, Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer gerecht werden. Im Laufe<br />

der letzten vier Jahrzehnte wurden insbesondere auf dem zivilen Sektor Triebwerke<br />

entwickelt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>an</strong> sie gestellten Forderungen voll erfüllen und ein hohes Maß <strong>an</strong><br />

technischer Perfektion erreicht haben. Gleichzeitig konnten Lärmpegel und Schadstoffemissionen<br />

drastisch reduziert werden. Ökonomische und ökologische Anforderungen<br />

<strong>an</strong> <strong>die</strong> Triebwerksindustrie treiben <strong>die</strong>se Spirale weiter vor<strong>an</strong>, verbunden mit<br />

der stetigen Senkung der Herstellkosten sind das <strong>die</strong> <strong>Herausforderungen</strong> der nächsten<br />

Jahre. Ein Hochtechnologieunternehmen wie <strong>die</strong> MTU Aero Engines hat sich bei<br />

<strong>die</strong>sem Prozess als <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nter Partner der großen Triebwerkshersteller<br />

Pratt&Whitney, General Electric und Rolls-Royce am Markt etabliert. Als Systempartner<br />

ist <strong>die</strong> MTU Aero Engines dabei vor allem in den Bereichen Verdichtertechnologie<br />

und Niederdruckturbine als Entwicklungs- und Fertigungsbetrieb aktiv.<br />

2. Hochfeste Werkstoffe als Herausforderung <strong>an</strong> <strong>die</strong> Sp<strong>an</strong>ende<br />

<strong>Bearbeitung</strong><br />

Die im Flugtriebwerksbau verwendeten Werkstoffe sind vor allem Tit<strong>an</strong>- und Nickelbasislegierungen.<br />

Alle <strong>die</strong>se Materialien zeichnen sich durch eine hohe spezifische<br />

Festigkeit und hervorragende Reproduzierbarkeit der mech<strong>an</strong>ischen Eigenschaften<br />

aus. Tit<strong>an</strong>legierungen sind typische Werkstoffe für Verdichterteile. Die am meisten


verwendete Tit<strong>an</strong>legierung Ti64 zeichnet sich durch eine optimale Kombination von<br />

Werkstoffeigenschaften aus: hohe Festigkeit bei niedrigen Temperaturen, im Vergleich<br />

mit <strong>an</strong>deren triebwerksrelev<strong>an</strong>ten Werkstoffen, relativ gute Zersp<strong>an</strong>barkeit und<br />

gute Schweißbarkeit. Neuere Legierungen wie z.B. Ti6242 und Ti6246 besitzen eine<br />

höhere Festigkeit und Temperaturbeständigkeit. Die derzeit fortschrittlichste Ti-<br />

Legierung für rotierende Bauteile mit einer Einsatztemperatur bis 550 °C ist IMI 834.<br />

2.1. Nickelbasislegierungen (Superlegierungen – HRSA Legierungen)<br />

Nickelbasislegierungen sind für <strong>die</strong> Triebwerkteile im Heißgasbereich geeignet. Sie<br />

werden deshalb auch als Heat Resist<strong>an</strong>t Super Alloys - HRSA bezeichnet. Dazu gehören<br />

<strong>die</strong> letzten HDV-Stufen. Für Bauteile der Niederdruck- und Hochdruckturbine<br />

werden im wesentlichen zwei Gruppen verwendet: Knetlegierungen für Scheiben und<br />

Ringe und Gusslegierungen für Lauf- und Leitschaufeln. Am häufigsten verwendet<br />

wird Inconel IN 718, aus der zahlreiche Teile der hinteren HDV-Stufen und der Turbine<br />

hergestellt werden. Aus heutiger Sicht ist Udimet 720 LI <strong>die</strong> fortschrittlichste Legierung<br />

für Scheiben, <strong>die</strong> auf konventionellem Weg, d.h. ohne einen PM-Prozeß,<br />

hergestellt werden k<strong>an</strong>n. Ihre maximale Einsatztemperatur liegt bei 730 °C und ist<br />

damit um 80 °C höher als <strong>die</strong> von IN 718. Die typischen Vertreter der pulvermetallurgisch<br />

hergestellten PM-Hochleistungswerkstoffe sind IN 100, Rene 88 DT und neueste<br />

Entwicklungen wie ME 16 und Rene 104. Sie erweisen sich als äußerst schwierig<br />

sp<strong>an</strong>end bearbeitbar. Der Unterschied in der Festigkeit und Verschleißbeständigkeit<br />

eines ebenfalls pulvermetallurgisch hergestellten HSS-Werkzeugs und den Eigenschaften<br />

<strong>die</strong>ser PM-Werkstoffe ist nur noch gering. Folge davon ist, dass der<br />

Verschleißfortschritt sehr schnell stattfindet und damit <strong>die</strong> St<strong>an</strong>dzeit und St<strong>an</strong>dmenge<br />

solcher HSS-Werkzeuge heutigen Ansprüchen bis auf wenige Ausnahmen nicht<br />

mehr genügt.<br />

2.2. Zersp<strong>an</strong>barkeit von Tit<strong>an</strong>legierungen<br />

Die sp<strong>an</strong>ende <strong>Bearbeitung</strong> insbesondere mit geometrisch bestimmten Schneiden<br />

wird häufig als sehr schwierig <strong>an</strong>gesehen. Die thermomech<strong>an</strong>ischen Eigenschaften<br />

<strong>die</strong>ser Werkstoffgruppe, insbesondere <strong>die</strong> hohe spezifische Festigkeit bei einer sehr<br />

geringen Bruchdehnung A = 0,5% bei Tit<strong>an</strong>aluminiden bis ca 15% bei den Tit<strong>an</strong>legierungen,<br />

verbunden mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit stellen <strong>an</strong> den Zersp<strong>an</strong>prozeß<br />

hohe Anforderungen. Während bei der Stahlbearbeitung z. B. von Vergütungsstahl<br />

Ck45 das Verhältnis der Wärmeabfuhr durch den Sp<strong>an</strong> zu Werkzeug bei der<br />

Verwendung von Hartmetallwerkzeugen der Anwendungsklasse K10 etwa 50% zu<br />

50% ist, beträgt das Verhältnis bei Ti-6Al-4V nur noch 20% zu 80% mit der Folge,<br />

daß der thermischen Stabilität des verwendeten Schneidstoffs besondere Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Um Tit<strong>an</strong>feuer sicher zu vermeiden, werden alle Legierungen unter Verwendung von<br />

Kühlschmierstoffen bearbeitet, da hiermit wahlweise über das Öl, <strong>die</strong> Emulsion oder<br />

einen vollsynthetischen Kühlschmierstoff der notwendige Abtr<strong>an</strong>sport der Zersp<strong>an</strong>wärme<br />

gewährleistet wird. Da bei niedrigen Schnittgeschwindigkeiten häufig <strong>die</strong><br />

schmierende Wirkung im Vordergrund steht, werden bevorzugt Schneidöle verwendet.<br />

Dies gilt insbesondere beim Wälzstoßen und Profilräumen und bei mehrstufigen<br />

Bohrverfahren.


2.3. Zersp<strong>an</strong>barkeit von Nickelbasislegierungen<br />

Die Bearbeitbarkeit mit sp<strong>an</strong>enden Verfahren mit geometrisch bestimmter Schneide<br />

ist stark von der jeweiligen chemischen Zusammensetzung, der Gefügeausbildung<br />

und bei aushärtbaren Nickelbasis-Legierungen vom vorliegenden Warmbeh<strong>an</strong>dlungszust<strong>an</strong>d<br />

abhängig. Bei einer vorausgeg<strong>an</strong>genen Wärmebeh<strong>an</strong>dlung schw<strong>an</strong>kt<br />

<strong>die</strong> Zersp<strong>an</strong>barkeit, je nachdem, ob der Werkstoff nur lösungsgeglüht oder ausgehärtet<br />

wurde. Die zu den aushärtbaren HRSA-Legierungen gehörenden Werkstoffe mit<br />

den Markennamen wie beispielsweise Inconel, Nimonic, Waspaloy, Rene und Udimet<br />

stellen besondere Anforderungen <strong>an</strong> <strong>die</strong> Schneidstoffe. Die Gusslegierungen wie<br />

IN 713C und IN 718C, MAR-M-247 und LEK 94 sind aufgrund des hohen Anteils von<br />

grobkörnigen Karbiden, des hohen Anteils der γ´-Phase und der geringen Korngrenzenfestigkeit<br />

nur sehr schwer zersp<strong>an</strong>bar, so dass im wesentlichen nur <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong><br />

mit geometrisch unbestimmtem Korn wirtschaftlich ist und sich für <strong>die</strong> Herstellung<br />

funktionsgerechter Oberflächen durchgesetzt hat.<br />

3. Schneidstoffe für <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong><br />

Der Wahl der richtigen Schneidstoffe für <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong> <strong>die</strong>ser Hochleistungslegierungen<br />

ist entscheidend für eine prozessstabile und wirtschaftliche Fertigung.<br />

höhere Zähigkeit<br />

Schnellarbeitsstähle<br />

(z.B. HSS, HSS-PM)<br />

Hartmetalle<br />

(z.B. WC-HM)<br />

Schneidkeramik<br />

(z.B. WG 300)<br />

kubisch krist. Bornitrid<br />

(z.B. cBN – KT10)<br />

Diam<strong>an</strong>t<br />

(z.B. PKD, MKD)<br />

höhere Verschleißfestigkeit (Härte)<br />

Abbildung 1: Schneidstoffe und Verschleißkriterien<br />

• Abrasiver Verschleiß ist bei ausreichender<br />

Erprobung beherrschbar<br />

• Verschleißmarkenbreite ist leicht auswertbar<br />

• Abrasiver Verschleiß ist bei vielen Schneidstoffen<br />

reproduzierbar (Ausnahme Schneidkeramik !)<br />

VB<br />

Anschnitt<br />

schneller<br />

Anf<strong>an</strong>gsverschleiß<br />

Bereich stabiler<br />

Schnittbedingungen und<br />

stetigen Verschleißfortschritts<br />

L<strong>an</strong>gsamer<br />

Verschleißfortschritt<br />

instabiler<br />

Schnitt<br />

Schnittzeit<br />

exponentieller<br />

Verschleißfortschritt<br />

Während das Einsatzgebiet der HSS-Werkzeuge immer mehr zurückgedrängt wurde,<br />

haben bei rotierenden Werkzeugen in den letzten Jahrzehnten <strong>die</strong> Hartmetallschneidstoffe<br />

deren Platz eingenommen. Nur beim Räumen der Schaufeleinhängenuten<br />

und dem Stoßen von Verzahnungen findet m<strong>an</strong> heute noch <strong>die</strong> zäheren HSS-<br />

Schneidstoffe.<br />

Im Bereich des Drehens haben sich neben den Hartmetallen für <strong>die</strong> Tit<strong>an</strong>bearbeitung<br />

für <strong>die</strong> Nickellegierungen <strong>die</strong> keramischen Schneidstoffe und hier insbesondere <strong>die</strong><br />

mit SiC-Whiskern verstärkten Mischkeramiken durchgesetzt, siehe Abbildung 1. Diese<br />

bekommen durch <strong>die</strong> Verstärkung eine höhere Duktilität, was insbesondere der


K<strong>an</strong>tenstabilität beim Einsatz zu Gute kommt. Als weitere keramische Schneidstoffe<br />

eignen sich α/β-SiAlONe. Oxidkeramik auf der Basis von Al2O3 sind aufgrund ihrer<br />

Neigung zu Kerbverschleiß und ihrer geringen Temperaturbeständigkeit weniger geeignet.<br />

Alternativ dazu lassen sich PCBN-Schneidplatten einsetzen, sie sind insbesondere<br />

bei labilen Strukturen bei der Schlichtbearbeitung immer <strong>die</strong> erste Wahl. Das<br />

erreichbare Druckeigensp<strong>an</strong>nungsniveau in der Bauteilr<strong>an</strong>dzone erlaubte es beispielsweise,<br />

auf das Verfestigungskugelstrahlen zu verzichten. Dabei wird PCBN im<br />

Gegensatz zu den Schneidkeramiken mit ungefaster und nur leicht verrundeter,<br />

das heißt k<strong>an</strong>tenstabilisierter Schneide verwendet. Dies wirkt sich positiv auf <strong>die</strong><br />

Zersp<strong>an</strong>ung aus, denn bei der <strong>Bearbeitung</strong> sollten positive Sp<strong>an</strong>winkel im Bereich<br />

von > 6° verwendet werden, um <strong>die</strong> Neigung zu extremer Kaltverfestigung und <strong>die</strong><br />

damit verbundene thermo-mech<strong>an</strong>ische Be<strong>an</strong>spruchung der Schneide zu reduzieren.<br />

Damit verbunden ist eine Senkung der Schnitt- und Passivkräfte. Ein wesentlicher<br />

Unterschied im Verschleißverhalten von Schneidkeramik und PCBN besteht darin,<br />

daß sich <strong>an</strong> den PCBN-Platten im Bereich der Nebenschneide keine oder nur geringe<br />

Verschleißkerben ausbilden. Dieser Sachverhalt hat einen g<strong>an</strong>z entscheidenden<br />

Einfluß auf <strong>die</strong> Qualität der erzeugten Bauteiloberflächen und damit <strong>die</strong> Zulassungsfähigkeit<br />

für <strong>die</strong> Fertigung.<br />

4. Sp<strong>an</strong>ende <strong>Bearbeitung</strong> von Triebwerksbauteilen als überwachter,<br />

dokumentierter Prozess<br />

Für alle Werkzeuge und Zersp<strong>an</strong>parameter - <strong>die</strong> <strong>an</strong> lebensdauerkritischen Bauteilen<br />

eingesetzt werden - gilt, dass sie nur Bereich einer stabilen und reproduzierbaren<br />

Verschleißentwicklung (Abbildung 1) verwendet werden dürfen, wobei <strong>die</strong> Grenzwerte<br />

für das Verschleißkriterium VB max und VB mittel durch ein entsprechendes Zulassungsprozedere<br />

abgesichert wird (Abbildung 2).<br />

Werkstoffentwicklung<br />

Werkstoffdatenermittlung<br />

Probenprogramm<br />

Sp<strong>an</strong>nung [MPa]<br />

Anzahl LCF-Zyklen<br />

Triebwerksentwicklung<br />

Schleudertest<br />

rotierender Bauteile<br />

Triebwerkszulassungstests<br />

Bauteilherstellzulassung<br />

Bauteilbezogene Untersuchungen<br />

[MPa]<br />

+<br />

Eigensp<strong>an</strong>nungsmessung<br />

-<br />

0 0,2 0,4 0,6<br />

Abst<strong>an</strong>d zur Oberfläche [mm]<br />

Abbildung 2: Zulassungspflichtige Zersp<strong>an</strong>parameter und Werkzeuge<br />

Werkzeugverschleißbewertung<br />

Insbesondere <strong>die</strong> rotierenden Bauteile unterliegen im Flugbetrieb einer hohen dynamischen<br />

Be<strong>an</strong>spruchung. Hier gilt <strong>die</strong> Regel, dass <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong> <strong>die</strong>ser hochkritischen<br />

Komponenten im Rahmen der Zulassung erprobt, zugelassen und nach der<br />

0<br />

Metallografische<br />

Bewertung<br />

Werkzeugverschleiß<br />

Bauteilherstellzulassung<br />

(PAR - ESA)<br />

mit festen<br />

<strong>Bearbeitung</strong>s-<br />

Parametern


Zulassung festgeschrieben wird. Dieser Zust<strong>an</strong>d wird dokumentiert und vom Qualitätssystem<br />

überwacht. Eine Änderung z.B. der Schnittwerte, der St<strong>an</strong>dzeit der Werkzeuge,<br />

der Schneidstoffe, Maschinen, Kühlschmierstoffe und deren KSS-Zufuhr, des<br />

CNC-Programms mit der Abarbeitungsstrategie darf nur erfolgen, wenn der Nachweis<br />

erbracht ist, dass der Zulassungszust<strong>an</strong>d im Sinne „Form, Fit <strong>an</strong>d Function“ der<br />

Bauteile nicht negativ verändert wird. Um <strong>die</strong>sen Nachweis zu führen, gibt es ein umf<strong>an</strong>greiches<br />

Regelwerk, einen Auszug daraus vermittelt Abbildung 2.<br />

4.1. Helixförmige Tauchfräsbearbeitung<br />

Am Beispiel einer Lochkreisbearbeitung k<strong>an</strong>n gezeigt werden, dass eine aufwändige<br />

zwei- bis dreistufige Bohrungsbearbeitung erforderlich ist, um <strong>die</strong> Zulassungsforderungen<br />

hinsichtlich geringer R<strong>an</strong>dzonenverformungen und Eigensp<strong>an</strong>nungen zu erfüllen<br />

(Abbildung 3). Dieser Prozessablauf erfordert eine Vielzahl genau definierter<br />

Werkzeuge, <strong>die</strong> bezüglich ihrer Makro- und Mikrogeometrie, des Schneidstoffs und<br />

der St<strong>an</strong>dzeit erprobt und zugelassen sind. Allein <strong>die</strong> Vielzahl der für <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />

Bohrungsdurchmesser erforderlichen Werkzeuge macht <strong>die</strong>sen Verfahren hinsichtlich<br />

des Werkzeugeinsatzes, der Logistik und Lagerhaltung zu einem vergleichsweise<br />

teuren Verfahren. Zur Senkung der Bauteilherstellkosten geht m<strong>an</strong><br />

deshalb zunehmend den Weg, hochentwickelte Werkzeuge mit St<strong>an</strong>darddurchmesserreihen<br />

zu verwenden, <strong>die</strong> mit einer <strong>an</strong>gepassten Frässtrategie in der Lage sind,<br />

<strong>die</strong> gleiche oder eine bessere Qualität der Bauteiloberfläche und -r<strong>an</strong>dzone mit geringeren<br />

Fertigkosten herzustellen. Dazu hat sich in den letzten Jahren das helixförmige<br />

Tauchfräsen durchgesetzt, da es damit im Gegensatz zu den typischen Bohrwerkzeugen<br />

wie Wendelbohrer und stirnschneidenden Reibwerkzeugen möglich wird<br />

Werkzeuge mit St<strong>an</strong>darddurchmessern zu verwenden (Abbildung 3).<br />

Dreistufige Bohrungsherstellung Helixförmiges Tauchfräsen<br />

Bohren Vorreiben<br />

Fertigreiben<br />

Nachteile:<br />

• Hohe Werkzeugkosten<br />

• Wickelspäne beim Bohren<br />

• Starker Reibverschleiß <strong>an</strong> Schneidenecke<br />

• Höhere R<strong>an</strong>dzonenverformung durch<br />

punktuellen Schneidenkontakt<br />

Helixförmiges<br />

Tauchfräsen<br />

Abbildung 3: <strong>Bearbeitung</strong>sstrategien der Bohrungsherstellung<br />

Fertigfräsen<br />

Vorteile:<br />

• Verwendung durchmesserunabhängiger<br />

kostengünstiger St<strong>an</strong>dardwerkzeuge<br />

• Kurzbrechende Späne – kein Sp<strong>an</strong>stau<br />

• Niedriger Reibverschleiß <strong>an</strong> Umf<strong>an</strong>gsschneide<br />

• Geringe R<strong>an</strong>dzonenverformung < 5 µm


Diese <strong>Bearbeitung</strong>sstrategie vereinigt mehrere Vorteile, u. a. lässt sich das Verfahren<br />

unter Verwendung der gleichen Fräswerkzeugdurchmesser auch für <strong>die</strong> Herstellung<br />

sogen<strong>an</strong>nter Formbohrungen (Polygone) und für <strong>die</strong> Fertigung von L<strong>an</strong>glöchern nutzen,<br />

<strong>die</strong> zur Entlastung des Sp<strong>an</strong>nungsniveaus in den Fl<strong>an</strong>schflächen konstruktiv<br />

notwendig sind. Zudem findet eine Verteilung des Werkzeugverschleißes auf einen<br />

größeren Stirnschneidenbereich beim Vorfräsen statt, der Fertigschnitt wird ausschließlich<br />

mit dem Umf<strong>an</strong>gsschneidenbereich bearbeitet. Dies ist insofern vorteilhaft,<br />

da somit das identische Werkzeug sowohl zum Vor- als auch zum Fertigfräsen<br />

verwendet werden k<strong>an</strong>n. Ist <strong>die</strong> Umf<strong>an</strong>gsschneidenlänge groß genug, lassen sich in<br />

Abhängigkeit der Fl<strong>an</strong>schdicke auch mehrere überein<strong>an</strong>derliegende Schneidenbereiche<br />

für das Umf<strong>an</strong>gsfräsen einsetzen, so dass sich dadurch <strong>die</strong> Einsatzzeit und <strong>die</strong><br />

St<strong>an</strong>dmenge der Fräser nochmals erhöhen lässt. Infolge der Reduzierung der Werkzeugvielfalt,<br />

der <strong>Bearbeitung</strong>s- und Werkzeugkosten und der Prozesskette, <strong>die</strong> mit<br />

einer erhöhten Reproduzierbarkeit und Prozessstabilität durch kurzbrechende Späne<br />

einhergeht, wird <strong>die</strong>se <strong>Bearbeitung</strong>sstrategie immer mehr zum St<strong>an</strong>dard (Abbildung<br />

4).<br />

Zeit [min]<br />

Abbildung 4: Tauchfräsen als wirtschaftliche Fertigungsalternative<br />

• Mit helixförmigem Tauchfräsen werden <strong>die</strong><br />

<strong>Bearbeitung</strong>szeiten signifik<strong>an</strong>t reduziert<br />

• Durch den Entfall der Wendelspäne ist<br />

eine Mehrmaschinenbe<strong>die</strong>nung möglich<br />

L<strong>an</strong>glochbearbeitung Bohrungsbearbeitung<br />

Zeit [min]


4.2. Trochoidale Frässtrategie für hohe Zersp<strong>an</strong>volumina<br />

Die Erfahrungen, <strong>die</strong> sich aus dem helixförmigen Tauchfräsen ableiten lassen, wurden<br />

weiterentwickelt und mündeten in einer für <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong> der Luft- und Raumfahrtwerkstoffe<br />

neuen Frässtrategie für <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong> großer Zersp<strong>an</strong>volumina, wie<br />

sie beispielsweise in der Bliskbearbeitung großer Schaufelzwischenräume in Tit<strong>an</strong>legierungen<br />

als Aufgabe gestellt werden. Das Fräsen entl<strong>an</strong>g einer trochoiden Bahn ist<br />

eine Vari<strong>an</strong>te des Zirkularfräsens auf einer verlängerten Zykloide. Sie entsteht durch<br />

eine Überlagerung einer Kreisbahn, <strong>die</strong> der Werkzeugmittelpunkt durchläuft, mit einer<br />

linearen, auch gekrümmten Vorschubbewegung (Abbildung 5).<br />

Abbildung 5: Vergleich der axialen Schnitttiefe beim konventionellen und trochoiden<br />

Schruppfräsen<br />

Die dabei begrenzenden Faktoren sind <strong>die</strong> sich bei Bliskschaufeln über <strong>die</strong> Höhe und<br />

den Fräsweg ständig ändernde K<strong>an</strong>albreite und <strong>die</strong> ungleichen radialen Eingriffsverhältnisse,<br />

<strong>die</strong> zu einem hochdynamischen Kraftverlauf über einer Kreisbahn führen.<br />

Diese Eingriffsverhältnisse ae, <strong>die</strong> sich vor allem aus der Größe des Umschlingungswinkels<br />

ϕ ergeben, galt es zu harmonisieren. Dies gel<strong>an</strong>g nur durch Hinzuziehen eines<br />

Programmierspezialisten, der in Erm<strong>an</strong>gelung eines kommerziell verfügbaren<br />

Programmiersystems für das fünfachsige trochoide Fräsen eine eigene, sich selbst<br />

optimierende Lösung erarbeitete. Dieses System ist seit Jahren bei MTU Aero Engines<br />

im Serieneinsatz und hat gerade im Bereich des Bliskschaufelfräsens zu einer<br />

signifik<strong>an</strong>ten Einsparung bei den Fertigungszeiten und dem Werkzeugverbrauch geführt.<br />

Das Verfahren lässt sich zudem zur <strong>Bearbeitung</strong> von Nickelbasisgusslegierungen<br />

einsetzen, <strong>die</strong>s zeigt folgendes Beispiel (Abbildung 6). Die verwendete Gusslegierung<br />

MAR-M-247 ist typischerweise nur durch Schleifen wirtschaftlich bearbeitbar,<br />

das erforderliche Fräsen der Führungsnuten und der Bohrungen war durch einen<br />

sehr hohen Werkzeugverschleiß gekennzeichnet. Die Schnittwerte und <strong>die</strong> St<strong>an</strong>dzeit<br />

der Werkzeuge waren entsprechend niedrig gewählt. Die Verringerung der Kräfte<br />

durch einen im Vergleich zum Vollschnitt geringen Umschlingungswinkel und <strong>die</strong><br />

damit erreichte erhebliche Verbesserung der Kühlschmiermittelzufuhr führte zu einer


Steigerung der Schnittwerte bei gleichzeitiger Reduzierung des Werkzeugverbrauchs.<br />

Zeit [min]<br />

Abmaße [mm]: L = 15 / B = 10 / H = 8,5<br />

Werkstoff: MAR-M-247 Guß<br />

Schnittgeschwindigkeit:<br />

Konventionell<br />

Trochoid<br />

Werkzeugeinsatz:<br />

v c = 8 m/min<br />

v c = 45 m/min<br />

Konventionell 2,0 Werkzeuge je Nut<br />

Trochoid 0,2 Werkzeuge je Nut<br />

<strong>Bearbeitung</strong>szeit Herstellkosten<br />

Abbildung 6: Trochoide Fräsbearbeitung von Führungsnuten in MAR-M-247<br />

5. Entwicklungstendenzen in der sp<strong>an</strong>enden Fertigung<br />

Diese ausgewählten Beispiele zeigen, dass neben der konventionellen Weiterentwicklung<br />

der Zersp<strong>an</strong>technik aus dem Sp<strong>an</strong>nungsfeld Bauteilwerkstoff- und Schneidstoffentwicklung<br />

zunehmend weitere Faktoren einbezogen werden müssen und zum<br />

Teil eine dominierende Rolle einnehmen. Die zunehmend komplexer werdenden<br />

Aufgaben erfordern auch eine gesamtheitliche Betrachtung des Zersp<strong>an</strong>prozesses<br />

und aller Einflüsse, <strong>die</strong> eine wirtschaftliche, prozessstabile und damit reproduzierbare<br />

m<strong>an</strong>narme Produktion von Serienbauteilen hoher Stückzahlen in der Fertigung von<br />

Triebwerksbauteilen erst ermöglichen.<br />

Moderne Bliskfräsmaschinen<br />

• Steife 5-Achsmaschinen mit<br />

hoher Dynamik in allen Achsen<br />

• Rundtische mit Torque-<br />

Antrieben<br />

• Hochdruck-KSS-System<br />

mit hohem Volumenstrom …<br />

Trochoides Taumelfräsen<br />

•5-achsiges trochoides Taumelfräsen<br />

mit optimierten Verfahrwegen<br />

• Automat. Werkzeugbahngenerierung<br />

und 3D-Radiuskorrektur (5-achsig)<br />

• Programmierung v. Tonnenfräsern<br />

Komponente<br />

Abbildung 7: Komplexe sp<strong>an</strong>ende Entwicklungsprozesse für das Bliskfräsen<br />

Kosten [€]<br />

Gleitschleifen oder CUG<br />

• Nachbearbeitung gefräster Blisks mit<br />

hoher erodynamischer Anforderung<br />

(geringe Rauheit)<br />

Prozess<br />

Maschine Werkzeug<br />

Technologie<br />

Werkstoff<br />

Werkstück<br />

Neue Schaftfräswerkzeuge<br />

• Neue Generation<br />

innengekühlter Kordelfräser<br />

• Tonnenfräser für <strong>die</strong> Schlichtbearbeitung<br />

• Optimierung der<br />

Schneidk<strong>an</strong>tenpräparation …<br />

Fertigungsgerechtes Design<br />

• Umsetzung von Design to Cost<br />

z.B. Zulassung von Machining Steps<br />

im Ringraum<br />

• Einbindung der Fertigung bereits in<br />

der Konzept- und Auslegungsphase


Konkret heißt <strong>die</strong>s, dass nur durch eine frühzeitige Einbindung der Fertigungsentwicklung<br />

in das Design der Bauteile sichergestellt werden k<strong>an</strong>n, dass zu Fertigungsbeginn<br />

neben dem Produkt auch eine <strong>an</strong>gepasste Prozesskette für eine effektive<br />

Fertigung installiert ist und alle am Prozess beteiligte Komponenten wie Werkzeug<br />

und Maschine wie auch <strong>die</strong> nachgeschalteten Prozesse optimal zur Lösung der gestellten<br />

Aufgabe beitragen.<br />

6. Fazit<br />

Der stete Entwicklungsdruck im Hinblick auf optimierte Bauweisen der Triebwerke<br />

erfordert auch neue, <strong>an</strong> den konkreten Be<strong>an</strong>spruchungsfall <strong>an</strong>gepasste Werkstoffe,<br />

was in den kommenden Jahren zum verstärkten Einsatz von z.B. CFK, Keramikwerkstoffen<br />

und γ-Tit<strong>an</strong>aluminiden führen wird. Diese Entwicklung stellt damit auch<br />

immer neue Anforderungen <strong>an</strong> <strong>die</strong> sp<strong>an</strong>ende Fertigung <strong>die</strong>ser Bauteile. Die Weiterentwicklung<br />

wird vorr<strong>an</strong>gig über <strong>die</strong> <strong>Bearbeitung</strong>sstrategien, <strong>die</strong> Schneidstoffe und<br />

das Werkzeugdesign vor<strong>an</strong>getrieben. Demgegenüber findet aber auch im Zulassungsprozess<br />

und bei der Dokumentation bzw. Überwachung von sp<strong>an</strong>enden Prozessen<br />

ein Umdenken statt, das heisst <strong>die</strong> bloße Festschreibung von z. B. Schnittwerten<br />

und <strong>an</strong>deren Stellgrößen ist ein Relikt aus verg<strong>an</strong>gener Zeit, als es unmöglich<br />

war, aus dem Zersp<strong>an</strong>prozess selbst online aussagefähige Informationen über <strong>die</strong><br />

Qualität der laufenden Fertigung zu gewinnen. Neuere Entwicklungen im Bereich der<br />

Online-Prozessüberwachung und -Regelung verfolgen das Ziel, bei der <strong>Bearbeitung</strong><br />

des jeweiligen Bauteils <strong>die</strong> Prozessqualität in Echtzeit zu überwachen, um das bisherige<br />

Zulassungssystem zu ergänzen und in weiterer Ferne auch ablösen zu können.

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