zeitwissen_2020_05_full
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AM ANFANG DREI FRAGEN<br />
3. Wo ist das Wetter<br />
besser – am Meer oder<br />
in den Bergen?<br />
Mit den Füßen im Sand oder dem Kopf in den Wolken:<br />
Überall lässt es sich aushalten, wenn das Wetter stimmt.<br />
Und die Chancen auf Sonne lassen sich sogar erhöhen<br />
Text Sven Stillich<br />
Foto Iveta Gabaliņa<br />
G<br />
utes Wetter ist schlecht zu fassen: Die<br />
einen lieben es knallig heiß, andere<br />
wünschen es sich kühler. Surfer sehnen<br />
sich nach Wind – und scheint die Sonne<br />
zu lange, erhitzen sich die Landwirte.<br />
Dennoch würden die meisten Mitteleuropäer<br />
wohl zustimmen, wenn man »gutes Wetter«<br />
definieren würde als: blauer Himmel, angenehm warm,<br />
trocken. Die Sonne scheint also lange, und man freut<br />
sich auf ein Eis in der Waffel. Zur Sonnenscheindauer<br />
gibt es zum Glück Statistiken, und die sagen: Der Ort,<br />
auf den weltweit am ausdauerndsten die Sonne brutzelt,<br />
heißt Yuma und liegt in Arizona, USA, an der<br />
Grenze zu Mexiko. 4040 Stunden im Jahr scheint dort<br />
durchschnittlich die Sonne, umgerechnet 340 Tage<br />
lang. Das Städtchen mit dem Wüstenklima liegt am<br />
Colorado River – also weder in den Bergen noch an der<br />
Küste. Von Meer umgeben ist immerhin der Ort mit<br />
der kürzesten mittleren jährlichen Sonnenscheindauer<br />
– und dessen Küste ist vereist: Auf den Südlichen Orkneyinseln<br />
nahe der Antarktis scheint nämlich durchschnittlich<br />
von Neujahr bis Silvester nur 478 Stunden<br />
die Sonne, der kälteste Monat ist der Juli mit minus 8,5<br />
Grad Celsius. Zu kalt zum Baden.<br />
Und in Deutschland? Da findet sich die Gegend<br />
mit der meisten Sonne auf dem höchsten Berg – es ist<br />
die Zugspitze mit 1873 Sonnenstunden im Jahresmittel.<br />
Knapp dahinter kommen dann aber schon Orte mit<br />
Küste, nämlich Hiddensee und Fehmarn mit 1771 und<br />
1756 Stunden Sonne. Doch Andreas Friedrich vom<br />
Deutschen Wetterdienst geht die Sache komplexer an:<br />
Entscheidend sei, wann man dorthin reisen wolle. »Im<br />
Sommer sieht es auf der Zugspitze gar nicht gut aus mit<br />
Sonnenschein«, sagt er, »da ist es eher im Herbst oder<br />
im Winter schön, wenn der Gipfel über dem Nebel und<br />
den Wolken liegt.« An der Küste scheine dagegen eher<br />
im Sommer die Sonne, »und dann vor allem auf den<br />
Inseln, weil dort durch die relativ kühle Nord- oder<br />
Ostsee die Wolkenbildung etwas unterdrückt wird«,<br />
sagt Friedrich. »Oft ist es an der Küste noch sonnig,<br />
während sich im Land bereits die Wolken auftürmen.«<br />
Abseits der Mittelwerte gibt es auch hierzulande<br />
Orte mit extrem viel Sonne. Den deutschen Rekord für<br />
die meiste Sonne im Jahr hält das Klip pen eck, ein Berg<br />
am Rande der Schwäbischen Alb. 2329 Stunden hat dort<br />
die Sonne geschienen, allerdings war das 1959 – wer also<br />
seitdem voller Hoffnung auf Sonnengarantie immer<br />
wieder hingefahren ist, wurde enttäuscht. Was man aber<br />
zumindest für Mitteleuropa verlässlich sagen kann: »An<br />
der Küste erlebt man schnellere Wetterwechsel. Man hat<br />
öfter mal einen sonnigen Vormittag und einen regnerischen<br />
Nachmittag oder umgekehrt«, sagt Friedrich.<br />
»Wenn man in den Bergen Pech hat und die Wetterlage<br />
schlecht ist, regnet es auch mal eine Woche lang.«<br />
Einen Tipp hat er trotzdem: Früh aufstehen lohnt<br />
sich immer. »In den Bergen geht es oft am Vormittag<br />
sonnig los, und im Laufe des Tages werden die Quellwolken<br />
immer mächtiger, bis sich am Nachmittag die<br />
Gewitter entladen«, sagt Friedrich. »Man sollte bei<br />
Sonnenaufgang los oder sogar schon auf dem Berg sein.<br />
Wenn man dann auf 2000 Metern auf dem Gipfel steht,<br />
hat man eine fantastische Fernsicht.« Und an der Küste?<br />
»Zum Beispiel an der Nord- und Ostsee gibt es Land-<br />
Seewind-Systeme. Da ist es gern so, dass am Vormittag<br />
der Seewind nicht so ausgeprägt und das Meer noch<br />
relativ ruhig ist«, sagt er. »Dann sind die Temperaturen<br />
am späten Vormittag am höchsten, bevor gegen Mittag<br />
der Seewind einsetzt und es spürbar kühler wird. Der<br />
Surfer wartet also eher auf den Nachmittag.« Und dann<br />
sind ja bis auf die Landwirte wieder alle zufrieden. —