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OPTIMIST<br />

Eine Zukunft für zwei Räder<br />

Sind E-Scooter unfallträchtig? Nicht nachhaltig? Stehen im Weg rum? Nachdem<br />

alle jetzt mal abgelästert haben, kann der Ausbau der Mikromobilität beginnen<br />

Text Vivien Valentiner<br />

Weiterlesen<br />

Der Fachartikel<br />

»Why Cities Need<br />

to Take Road<br />

Space from Cars«<br />

von Stefan Gössling:<br />

bit.ly/goessling<br />

Die Studie »Safe<br />

Micromobility« des<br />

Weltverkehrsforums<br />

der OECD:<br />

bit.ly/mikromobil<br />

Florence Norman war nicht nur politisch<br />

ihrer Zeit voraus. Im Jahr 1916 fuhr die<br />

britische Frauenrechtlerin mit wehenden<br />

Kleidern auf einem Autoped zur Arbeit,<br />

einem motorisierten Stehroller, der stark an<br />

heutige E-Scooter erinnert. Als diese ersten<br />

Stehroller Anfang des 20. Jahrhunderts aufkamen, war<br />

die öffentliche Meinung gespalten. Hersteller warben,<br />

man könne mit dem neuen Transportmittel über den<br />

Boden fliegen. Die Autopeds seien lächerlich, gefährlich<br />

und lästig, hieß es hingegen in amerikanischen<br />

Zeitungen. Kommt Ihnen dieser Streit bekannt vor?<br />

Im vergangenen Sommer waren E-Scooter hierzulande<br />

wegen zahlreicher Unfälle in den Schlagzeilen.<br />

Ärzte sorgten sich um die Gesundheit der Rollerfahrer.<br />

Nett gemeint, das ist ihr Job. Aber: Laut einer Studie<br />

des Weltverkehrsforums der OECD ist Elektrorollerfahren<br />

ebenso gefährlich oder ungefährlich wie Radfahren.<br />

Wie das bei neuartigen Fortbewegungsmitteln<br />

(Hoverboard, Inline skates) nun mal der Fall ist, muss die<br />

richtige Handhabung erst einmal gelernt werden. Statt<br />

über Verbote sollten wir über Fahr trainings diskutieren,<br />

zum Beispiel an Schulen. Und ja, die Roller stehen im<br />

öffentlichen Raum herum – bei Autos haben wir uns mit<br />

der Zeit an den Anblick gewöhnt und ihnen viele Privilegien<br />

gewährt. Parkhäuser, Parkbuchten, Tiefgaragen.<br />

Warum sind wir bei E-Scootern so einfallslos?<br />

E-Scooter könnten Bewegung in die Stadtplanung<br />

bringen, schreibt der Verkehrsforscher Stefan Gössling<br />

von der Universität Lund in einer Analyse für das Journal<br />

of Urban Design. »Sie geben der Stadtplanung ein neues<br />

Argument an die Hand, den öffentlichen Raum umzuverteilen.«<br />

Auch wenn noch unklar sei, welche Wege<br />

die Roller ersetzen (im Ideal fall solche, die sonst motorisiert<br />

zurückgelegt werden): »In den engen und verstopften<br />

europäischen Städten lassen sich ganze Straßen<br />

einfach und kostengünstig in Wege für Mikromobilität<br />

umwandeln.« Das würde den Verkehr für alle Beteiligten<br />

sicherer machen, auch für Fußgänger und Autofahrer.<br />

Aus Angst vor dem Coronavirus meiden Menschen<br />

derzeit die U-Bahnen, Busse und S-Bahnen. Eine kluge<br />

Stadtplanung könnte dafür sorgen, dass sie stattdessen<br />

nicht wieder das Auto nehmen, sondern E-Bikes, Fahrräder<br />

und E-Scooter nutzen. Vor hundert Jahren floppten<br />

Autopeds zum einen wegen ihres Preises – nur die<br />

bürgerliche Elite konnte sich das teure Gefährt leisten.<br />

Vor allem scheiterten sie an miserablen Straßenverhältnissen.<br />

Das ist heute keine Entschuldigung mehr. —<br />

Fotos Manfred Neubauer / SZ Photo; Gordon Welters / laif; Caroline Paux / epd-bild; Frédéric Cirou / laif

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