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26. Jahrgang<br />
<strong>Oktober</strong> 2023<br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für die VerkäuferInnen<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
HOUSING FIRST<br />
Erst die Wohnung, dann der Rest<br />
OBDACHLOS GEWORDEN<br />
Wie mein Leben sich zum Guten wendete<br />
SEIT VIELEN JAHREN BAUSTELLE<br />
Interview mit einer Vonovia-Mieterin
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
22<br />
HOUSING FIRST<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
24<br />
NACHHALTIGES REISEN<br />
6<br />
BAUSTELLE UND BELASTUNGEN<br />
26<br />
BUCHTIPPS<br />
9<br />
MITMACHSEITE<br />
27<br />
KOCHEN<br />
10<br />
BENACHTEILIGT AUFGEWACHSEN<br />
28<br />
SPORT<br />
13<br />
VERKÄUFER MARCUS<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
14<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
18<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
Spendenkonto:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />
BIC: GENODE61FR1<br />
Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Liebe LeserInnen,<br />
wir hoffen, Sie sind wohlbehalten aus dem Urlaub zurück<br />
und können gut erholt den Rest des Jahres angehen. Auch<br />
wir sind frisch und munter wieder da, wie Sie ja an unserer<br />
<strong>Oktober</strong>ausgabe sehen können. Und fast unbemerkt<br />
ist auch der Herbst mal wieder da, womit wir schon beim<br />
ersten Thema wären.<br />
Tagsüber merkt man eigentlich noch nicht viel vom<br />
Wechsel der Jahreszeit, doch in der Nacht sinken die<br />
Temperaturen schon empfindlich. Das ist natürlich völlig<br />
normal um diese Zeit, doch für Obdachlose und für<br />
finanziell schwach aufgestellte Menschen beginnt nun<br />
wie in jedem Jahr eine sehr schwierige Zeit. Obdachlose<br />
müssen sich jetzt auf die Suche nach einer „Winterplatte“<br />
machen, das heißt sie müssen einen Schlafplatz finden,<br />
an dem sie vor Wind und Kälte wenigstens einigermaßen<br />
geschützt sind. Besser wäre es natürlich, sie würden für<br />
den Winter eine der städtischen Unterkünfte aufsuchen.<br />
Wer das möchte, findet Hilfe in jeder Anlaufstelle für Obdachlose<br />
sowie beim Sozialamt und dem Jobcenter.<br />
Doch auch viele Menschen, die ein Dach über dem Kopf<br />
haben, machen sich Sorgen, wie sie den Winter überstehen<br />
angesichts der drastisch angestiegenen Heizkosten.<br />
Wer wie ich in einem ofenbeheizten Wohnwagen lebt,<br />
war im vergangenen Winter schon verärgert über die<br />
völlig überteuerten Briketts. Damals ging der Preis in<br />
den Baumärkten um glatte 100 % (!) nach oben. Doch<br />
damit nicht genug, dieser Wucherpreis ist in diesem Jahr<br />
nochmals um ca. 60 % erhöht worden! Natürlich hat<br />
das Sozialamt schon im letzten Jahr die Unterstützung<br />
erhöht, doch in diesem Jahr bleibt es bei dieser Summe.<br />
Statt mehr als drei Paletten Briketts kann ich mir dieses<br />
Jahr nicht mal anderthalbe kaufen. Eine Erklärung für<br />
diese ungeheure Teuerung bekommt man natürlich im<br />
Baumarkt nicht. Wenn überhaupt bekommt man etwas<br />
zu hören wie „es wird alles teurer“ oder „das liegt am<br />
Krieg“. Das ist absoluter Schwachsinn, das liegt einzig und<br />
allein an den Baumärkten und ihrer Profitsucht! Wenn<br />
man sich mal ausrechnet, wie viele Paletten Briketts in<br />
einen Güterzug passen und das mal der Preissteigerung<br />
rechnet, dann weiß man, warum und für wen die Kohlen<br />
teurer werden. Da frage ich mich, warum es ein Kartellamt<br />
gibt. Die sind nämlich unter anderem dafür da, eine<br />
missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden<br />
Stellung zu verhindern. Und genau das liegt hier vor!<br />
Doch wahrscheinlich halten die auch schon Winterschlaf...<br />
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich wieder bei unseren<br />
Lesern aus Villingen-Schwenningen bedanken! Wie<br />
schon im vergangenen Jahr schenkten sie mir eine Fuhre<br />
trockenes Brennholz und brachten es mir auch noch frei<br />
Haus. Daran könnten sich die Baumärkte mal ein Beispiel<br />
nehmen!<br />
Doch was nutzt der schönste Ofen und ein Berg voll<br />
Briketts, wenn man nichts drumherum zum Wohnen<br />
hat? Denn das Wohnen bleibt weiter das größte soziale<br />
Problem in Deutschland. Unsere Regierung hat das natürlich<br />
schon lange erkannt und handelt entsprechend! Zum<br />
wiederholten Mal trafen sich PolitikerInnen mit Akteuren<br />
der Baubranche zum Wohnungs-Krisengipfel, ins Leben<br />
gerufen wurden diese Treffen vor vielen Jahren mal von<br />
Angela Merkel. Schon damals wurde festgestellt, dass in<br />
unserem Land Hunderttausende von Wohnungen fehlen<br />
und exakt an diesem Punkt ist man auch heute noch.<br />
Damals wie heute plant(e) die Bundesregierung, 400.000<br />
Wohnungen jährlich zu bauen und damals wie heute<br />
wird diese Zahl nicht annähernd erreicht. Was also tun?<br />
In diesem Jahr überrascht Kanzler Scholz mit seinem<br />
schon sprichwörtlichen „Doppel-Wumms“, von dem sogar<br />
die Baubranche positiv angetan ist. Allerdings dürften das<br />
so ziemlich die einzigen sein. Denn in einem 14-Punkte-<br />
Programm, welches die Regierung vorgestellt hat, geht es<br />
unter anderem um neue Abschreibungsmöglichkeiten für<br />
Baufirmen, damit sich ihre Bauprojekte schneller refinanzieren.<br />
Weiter geht es um Bauförderungen für Familien<br />
mit einer Einkommensgrenze von 90.000 Euro und es<br />
wird ein neues Programm für den Kauf und den Umbau<br />
älterer Gebäude geben. Eines ist nach diesem Gipfel<br />
klar: Durch die 14 Punkte werden auch keine 400.000<br />
Wohnungen entstehen. Und zweitens: An den sozialen<br />
Wohnungsbau wird wie immer kaum gedacht. Denn<br />
noch immer gibt es in Deutschland eine unglaubliche<br />
Anzahl an obdachlosen Menschen oder an alleinerziehenden<br />
Müttern und Vätern in viel zu kleinen Wohnungen<br />
oder an völlig alleinstehenden Menschen ohne richtige<br />
Wohnung, die alle eins gemeinsam haben: zu wenig<br />
Geld! Wann gibt es für diese Menschen mal einen Wohnungsgipfel?<br />
Wahrscheinlich nie, denn zumindest die<br />
Baubranche hat an diesem Personenkreis wenig Interesse.<br />
Das dürfte bekannt sein, doch dass PolitikerInnen diese<br />
Klientel auch vergessen, ist zumindest fragwürdig.<br />
Fragwürdig ist auch weiterhin Friedrich Merz. Seine<br />
Aussagen zum letzten AfD-Eklat in Thüringen dürften<br />
nicht nur mich verärgert haben. Es war ja eigentlich nur<br />
eine Frage der Zeit bis es mal so weit kommt, das muss<br />
nicht verwundern. Andererseits macht es mir Angst, dass<br />
dieser Mensch in zwei Jahren Kanzler werden will! In den<br />
nächsten Monaten stehen ja einige Wahlen an, da darf<br />
man gespannt sein...<br />
Das war es mal wieder von mir, wir wünschen Ihnen wie<br />
immer viel Spaß beim Lesen und bleiben Sie uns treu!<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
MIETWUCHER IN FLÜCHTLINGSLAGERN?<br />
600 € pro Monat für ein Zimmer im Flüchtlingslager.<br />
So viel will die Stadt Freiburg künftig von Geflüchteten<br />
verlangen. Würde es sich um Miete handeln, wäre es ganz<br />
klar Mietwucher. Die Stadt deklariert es allerdings als<br />
Gebühren.<br />
Am 24. <strong>Oktober</strong> wird der Gemeinderat die geplante Erhöhung<br />
von zuvor 515 € für ein Einzelzimmer absegnen.<br />
Und das wird nicht nur Flüchtlingslager, sondern auch die<br />
Unterkünfte für Obdachlose betreffen. Hintergrund für<br />
die horrende Höhe der „Gebühr“ ist, dass das Land den<br />
Kommunen für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen<br />
einen prozentualen Anteil der Kosten erstattet,<br />
und je höher die Kosten angesetzt werden, desto höher<br />
wird der Betrag, den das Land überweist. Ebenso verhält<br />
es sich mit dem Geld vom Bund im Rahmen des Transferleistungsbezugs.<br />
Für die Mehrheit der BewohnerInnen<br />
der Unterkünfte macht dieses Zahlenspiel keinen Unterschied,<br />
da ihr Schlafplatz aus Sozialleistungen finanziert<br />
wird. Es gibt allerdings auch einige Menschen, die mit ihrer<br />
Erwerbsarbeit genug verdienen, um die Unterkunftsgebühren<br />
selbst bezahlen zu müssen. Um diese Menschen<br />
nicht allzu hoch zu belasten und so wieder in den<br />
Sozialleistungsbezug zu drängen, soll diese Gruppe nicht<br />
die komplette Höhe der „Gebühren“ zahlen. Obwohl die<br />
Menschen meist ziemlich unterprivilegiert sind, spricht<br />
die Stadt hier von einer Privilegierung. Statt wie bisher<br />
40 Prozent soll die Reduktion nun 48,5 Prozent betragen,<br />
um diese Gruppe durch die erwähnte Gebührenerhöhung<br />
nicht noch stärker als bisher schon zu belasten. Allerdings<br />
muss die „Privilegierung“ erst einmal beantragt werden.<br />
Und es ist keinesfalls so, dass die Kosten mit der Reduzierung<br />
niedrig wären. Ein Einzelzimmer in einer Gemeinschaftsunterkunft<br />
kostet auch „privilegiert“ noch 309 €.<br />
Selbst ein Platz im Mehrbettzimmer im Flüchtlingslager<br />
kostet 420 € bzw. mit Reduzierung 216 €.<br />
Bei 600 € und den anderen erwähnten Höhen ist übrigens<br />
noch nicht Schluss. Wer in den „Luxus“ eines eigengenutzten<br />
Bades oder Küche kommt, zahlt jeweils noch<br />
einmal 140 € drauf. Wer es geschafft hat, aus dem Lager<br />
ausziehen zu können, aber immer noch in einer vom Amt<br />
für Migration und Flüchtlinge verwalteten Wohnung<br />
wohnt, zahlt für eine Wohnung von bis zu 45 m² sage und<br />
schreibe ein Quadratmeterpreis von 23 €, mit besagter<br />
RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />
Wer Infos will, einfach E-Mail an:<br />
info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Homepage: www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Aktuelle Termine<br />
https://tacker.fr<br />
Reduzierung 12 €. In 90 m²-Wohnungen sind es 20 € bzw.<br />
11,40 €/m². Und das alles, obwohl die Wohnungen oftmals<br />
in alles anderem als einem guten Zustand und schon gar<br />
nicht in einer guten Lage sind. Die Stadt rechtfertigt die<br />
Gebührenhöhe, indem sie zahlreiche Kosten in ihre Rechnung<br />
integriert. Da gehören dann bei den Betriebskosten<br />
auch die Pflege von Spielgeräten dazu und es werden<br />
Personalkosten für Verwaltung, Belegung und Betrieb<br />
geltend gemacht.<br />
Und das Ganze ist dann so teuer, dass die Kosten der<br />
Stadt angeblich nur zu 61,55 Prozent in Lagern und zu<br />
53,87 Prozent bei der Wohnunterbringung gedeckt sind.<br />
Darf die Stadt Freiburg so viele Kosten ansetzen und die<br />
Gebühren in so absurde Höhen treiben? Der Bayerische<br />
Verwaltungsgerichtshof hatte 2021 die Unterkunftsgebühren<br />
für Geflüchtete in Bayern, die nicht relevant höher<br />
waren als die in Freiburg, für unwirksam und verfassungswidrig<br />
erklärt und trotz „Gebühr“ von Mietwucher<br />
gesprochen Das Gericht hatte die Hoffnung ausgedrückt,<br />
dass es zukünftig eine Festsetzung der Gebühren gibt,<br />
die sich ausschließlich am niedrigen Standard der Unterkünfte<br />
orientiert und deren Höhe in Anbetracht der<br />
tatsächlichen Kosten lediglich symbolisch sein sollte. In<br />
Freiburg fehlt bisher die Klage, um gegen den Wahnsinn<br />
vorzugehen, der u. a. dazu führt, dass zahlreiche Familien<br />
durch die hohen Gebühren lange Jahre Schulden mit sich<br />
schleppen.<br />
Wir sagen es schon lange: Letztlich hilft nur sozialer Mietwohnungsbau,<br />
und zwar auch mit großen Wohnungen,<br />
in denen größere Familien Platz haben. Das würde sehr<br />
viele Verwaltungskosten sparen und den Menschen im<br />
Gegensatz zur ausgrenzenden Lagerunterbringung ein<br />
echtes Wohnen ermöglichen.<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. JULI BIS 15. SEPTEMBER)<br />
[FR] KLIMAPOLITISCHE FORDERUNGEN FÜR DIE<br />
KOMMUNALWAHL<br />
13 Freiburger Klimagerechtigkeitsgruppen haben sechs<br />
Forderungen für die Kommunalwahl aufgestellt. Erstens<br />
brauche es einen Plan zum Erreichen der beschlossenen<br />
Klimaschutzziele. Obwohl Freiburg erkläre, bis 2035 klimaneutral<br />
sein zu wollen, würden die bisherigen Pläne<br />
dieses Ziel erst 2050 erreichen. Zweitens solle es eine<br />
deutliche Verkehrsreduktion ohne Einbußen von Mobilität<br />
geben. Die Forderung beinhaltet u. a. eine autofreie<br />
Innenstadt, den Stopp des Stadtautobahnplans und einen<br />
kostenfreien ÖPNV. Drittens soll jede neu versiegelte Fläche<br />
durch Entsiegelung ausgeglichen werden, was u. a.<br />
einen Stopp größerer Neubauprojekte wie Dietenbach<br />
und Kleineschholz bedeutet. Viertens wird eine gerechte<br />
Wohnraumverteilung statt ressourcenaufwändigen<br />
Neubauten gefordert. In Freiburg gibt es laut Zensus<br />
13.700 deutlich zu große Wohneinheiten, also Einpersonenhaushalte<br />
über 80 m² und Zweipersonenhaushalte<br />
über 120 m². Die Gruppen fordern u. a. Beratung und<br />
Ermutigung zum Umzug, das Vorgehen gegen Leerstand,<br />
aber auch eine kommunale Wohnraumsteuer z. B. ab 40<br />
m² pro Kopf, die mit größerer Wohnfläche steigt. Zudem<br />
fordern sie fünftens ein transparentes und zeitgemäßes<br />
Klimaschutzmonitoring und sechstens die Bekämpfung<br />
sozialer Ungerechtigkeit in Freiburg und bundesweit,<br />
was die Gruppen hauptsächlich mit einer konsequenten<br />
und gerechten Steuerreform verbinden. Dazu gehören<br />
eine Erbschaftssteuerreform, die Wiedereinführung einer<br />
Vermögenssteuer, höhere Spitzensteuersätze, eine Finanztransaktionssteuer<br />
sowie eine synthetische Besteuerung<br />
von Lohn- und Kapitaleinkommen.<br />
[FR] WALDRODUNG FÜR DIETENBACH<br />
Schon weit im Vorfeld des Baus des neuen Stadtteils<br />
Dietenbach werden zahlreiche Bäume gefällt. Im Langmattenwäldchen<br />
soll eine über 120 m lange Schneise,<br />
über 25 m breit, für die Verlegung einer Erdgasleitung<br />
gerodet werden – obwohl einige Meter entfernt im offenen<br />
Gelände ein Verlauf möglich wäre, der deutlich mehr<br />
Bäume schonen würde. Das Netzwerk Hände weg vom<br />
Dietenbachwald erklärt: „Wir Bürgerinnen und Bürger<br />
der Stadt Freiburg wollen Naturschutz UND sozialen<br />
Wohnungsbau.“<br />
[FR] KLAGE GEGEN MUSIKBOXENVERBOT<br />
Ein breites Bündnis unter Federführung des Arbeitskreises<br />
kritischer Juristinnen und Juristen (AKJ) hat Klage<br />
gegen das Verbot von Musikboxen und Instrumenten in<br />
der Freiburger Parkanlagensatzung eingereicht, da es<br />
unverhältnismäßig sei. Musikboxen und Instrumente<br />
sind seit einem Beschluss des Gemeinderats in diesem<br />
Sommer zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verboten. Das Bündnis<br />
kritisiert auch das pauschale Nächtigungsverbot, das<br />
insbesondere Wohnungslose trifft und schon in der „Polizeiverordnung<br />
zur Sicherung der öffentlichen Ordnung<br />
und gegen umweltschädliches Verhalten in der Stadt<br />
Freiburg“ festgehalten ist.<br />
[FR] ALLGEMEINVERFÜGUNG GEGEN DAS „CORNERN“<br />
Die Freiburger Stadtverwaltung handelt immer repressiver.<br />
Nun reichte schon ein Telegram-Aufruf zum „Cornern“<br />
am Lederleplatz, um eine Allgemeinverfügung zu<br />
erlassen. Die Stadt Freiburg machte sich in der Verfügung<br />
noch nicht einmal die Mühe, die Notwendigkeit dieser<br />
scharfen Maßnahme zu erläutern. Die Gemeinderatsfraktion<br />
JUPI erklärte, Allgemeinverfügungen seien ein<br />
scharfes Schwert des Rechtsstaates. Sie sollten nur dann<br />
eingesetzt werden, wenn wirklich eine begründbare Gefahr<br />
für die Allgemeinheit zu erwarten sei. Von Menschen,<br />
die sich lediglich in Gruppen in der Innenstadt aufhalten,<br />
gehe eine solche Gefahr nicht aus. Was „Cornern“ genau<br />
ist, was also verboten wurde, erklärte die Stadtverwaltung<br />
in der Verfügung nicht.<br />
[FR] STEIGENDE SCHWIMMBADPREISE<br />
Die Schwimmbadpreise in Freiburg steigen deutlich an.<br />
Der Standardpreis steigt ab dem 1. <strong>Oktober</strong> von 4,50 €<br />
auf 5,50 € und zum 1. April auf 6 €. Der ermäßigte Eintritt<br />
soll ebenfalls stark in zwei Stufen von 3 € auf erst<br />
4 € und dann auf 4,50 € steigen. Er gilt für SchülerInnen,<br />
Studierende, Bundesfreiwilligendienstleistende und<br />
Auszubildende. InhaberInnen des Freiburg-Passes, den<br />
BezieherInnen von Sozialleistungen, Arbeitslosengeld II<br />
und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />
und in Zukunft evtl. auch WohngeldempfängerInnen beantragen<br />
können, erhalten weiterhin für 3 € Eintritt in die<br />
städtischen Bäder. Im Vorfeld hatte eine von der Fraktion<br />
„Eine Stadt für Alle“ initiierte Online-Petition gefordert,<br />
die Schwimmbadpreise nicht zu erhöhen. Sie betonte den<br />
sozialen Charakter der Schwimmbäder auch als Ort des<br />
Zusammenkommens.<br />
[FR] VERDRÄNGUNG IM ZINKLERN<br />
Der Stadtteil Lehen soll erweitert werden. Auf den Flächen<br />
entlang der Straße „Im Zinklern“ sollen Wohnhäuser, eine<br />
Kindertagesstätte und Gewerbeflächen für einen Discounter<br />
erschlossen werden. Derzeit sind dort landwirtschaftliche<br />
Flächen wie Maisacker, Streuobstwiesen und<br />
Maschinenstellplätze angesiedelt. Zwischen den Bäumen<br />
und Büschen stehen seit geraumer Zeit mehrere Hütten<br />
und Wohn-/Bauwägen, in denen rund 10 Personen bis<br />
vor Kurzem gelebt haben. Diese Menschen haben die<br />
ungenutzten Flächen als Möglichkeit gesehen, Wohnraum<br />
alternativ zu Miet- und Eigentumswohnungen zu<br />
erschaffen. Obwohl die Häuser erst in 1,5 Jahren gebaut<br />
werden sollen, müssen sie schon jetzt für eine Baustraße<br />
weichen.<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 5
6<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
SEIT VIELEN JAHREN<br />
BAUSTELLE UND BELASTUNGEN<br />
Interview mit einer Vonovia-Mieterin aus dem Auggener Weg<br />
Im Auggener Weg hier in Weingarten ist die Mietsituation<br />
– wie in vielen anderen Orten im Freiburger<br />
Westen – immer wieder Thema. Nun läuft vor Ort auf<br />
Drängen der Mieterinnen und Mieter eine Sanierung<br />
der drei Wohnhäuser 2, 4 und 6 durch die Vonovia SE.<br />
Wie in der Vergangenheit haben sich die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner auch in den letzten 12 Monaten zusammensetzen<br />
müssen, damit es vorangeht und sich was an<br />
ihren Lebensumständen ändert. Die AG 'Zusammen Aktiv<br />
werden' vom Mietenbündnis hat ein Interview mit einer<br />
Bewohnerin des Auggener Wegs geführt.<br />
AG: Jetzt sind wir hier im Auggener Weg. Worum geht es<br />
hier eigentlich?<br />
SV: Ja wir haben schon sehr lange diese Sanierung vor<br />
Ort. Wir haben erreicht, dass Vonovia die Instandsetzung<br />
macht. Sie haben 2019 angefangen vor Corona, wir sind<br />
jetzt schon im vierten Jahr des Umbaus und der Renovierungszeit.<br />
Das heißt ständiges Leben auf der Baustelle. Sie<br />
haben die Toiletten wegen Legionellen umgebaut, Rohre<br />
gewechselt etc. Dabei haben sie gesehen, dass auch die<br />
Stromleitungen sehr alt sind und haben die auch ausgebaut,<br />
aber so provisorisch wieder eingebaut, das ist eigentlich<br />
(fast) zum Lachen. Und jetzt die Außenfassade. Seit<br />
einem Jahr haben wir nun das Gerüst.<br />
Was heißt das, dass das Gerüst steht, was bedeutet das<br />
für Euch?<br />
Wir können keinen Balkon benutzen. Und wir haben diese<br />
Abdeckung da, welche uns daran hindert frische Luft zu<br />
kriegen oder an einer freien Sicht. Und dieser ständige<br />
Lärm. Wir bezahlen volle Miete, aber wir können den Balkon<br />
seit einem Jahr nicht benutzen, besonders unser Haus 2<br />
seit genau einem Jahr.<br />
Vielleicht noch mal kurz zur Vorgeschichte. Jetzt habt Ihr<br />
kämpfen müssen, dass überhaupt die Sanierung kommt.<br />
Erzähle das doch vielleicht noch mal kurz.<br />
Erst als wir angefangen haben Druck zu machen, hat<br />
Vonovia mit der Sanierung begonnen. Wir haben Druck<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 7
gemacht, sind zur Stadt gegangen und haben mit dem<br />
Bürgermeister gesprochen. Wir haben darauf hingewiesen:<br />
Wir wollen normal leben. Und wir wollen nicht jedes Jahr<br />
eine Mieterhöhung, ohne dass etwas geändert wird. Dann<br />
hat Vonovia uns versprochen, dass sie das machen. Und<br />
sie haben angefangen. Wir können nicht sagen, dass sie<br />
nix machen. Aber wie sie es machen, das ist eine andere<br />
Frage. Das Gerüst sollte eigentlich schon weg sein. Aber<br />
jetzt haben die keine Arbeiter da, weil es eine Razzia wegen<br />
Schwarzarbeit gab. Eine Woche waren dann keine Arbeiter<br />
da, seit jetzt wieder zwei für das ganze Haus. Irgendwas<br />
wird gebohrt, sie haben gesagt, dass sie was an der Fassade<br />
machen. Wir wollen, dass es schneller geht. Entweder<br />
haben sie aber keine Arbeiter oder kein Material.<br />
Bei der letzten Unterschriftenübergabe hieß es ja,<br />
Vonovia kümmert sich, jetzt geht’s los.<br />
Was ist seitdem (Februar 2023) passiert?<br />
Sie haben angefangen, überall. Das heißt da ein bisschen,<br />
hier ein bisschen, aber nix fertig gemacht. Wir leiden total.<br />
Besonders hier im Haus 2 leben viele Senioren. Die brauchen<br />
Unterstützung. Die können ohne den Aufzug nicht<br />
nach oben, die Treppe nur begrenzt benutzen ohne Licht.<br />
Auf der anderen Seite, was uns Vonovia versprochen hat<br />
mit der Mietgutschrift, dass am Ende abgerechnet wird.<br />
Aber was kriegen Bürgergeld-Empfänger von der Gutschrift?<br />
Nix! Das sollte Entschädigung für unser Leiden sein,<br />
ein Jahr schon mit dem Gerüst.<br />
Du meintest, Ihr wehrt Euch schon ewig. Ich wollte noch<br />
fragen, wie es sich anfühlt, dass man irgendwie um alles<br />
kämpfen muss, aber es gleichzeitig auch was werden<br />
kann, wenn man sich zusammenschließt.<br />
Es ist gut, dass wir zusammen was gemacht haben und<br />
den Druck aufgebaut haben, aber ob uns das was geholfen<br />
hat? Bis jetzt leiden wir. Auf einer Baustelle wohnen? Wer<br />
hat uns gesagt, dass wir so lange auf einer Baustelle leben?<br />
Viele sind jetzt unzufrieden und sagen: Wieso haben wir<br />
überhaupt die Sanierung gefordert? Weil wir leiden. Sie<br />
sagen: Wir haben es noch schlimmer gemacht. Und sie haben<br />
recht. Muss man sehen, was kommt. Die wollen überall<br />
sparen, billige Materialien, das sieht man an den neuen<br />
Fenstern, Rissen in den Toiletten, die Lüftung in den Bädern<br />
läuft die ganze Nacht und kann nicht abgeschaltet werden.<br />
Wie ist das jetzt mit Vonovia? Wie sieht es heute aus,<br />
nachdem hier seit vier Jahren Baustelle ist?<br />
Ich kann nicht sagen, wie es bei anderen ist. Sie kommen<br />
immer, wenn man ruft. Mal schauen sie, sie klopfen und<br />
sind schnell wieder weg. Das heißt nicht, dass sie nicht reagieren.<br />
Vonovia reagiert, manchmal aber auch zu spät. Ich<br />
habe etwa eine E-Mail geschrieben wegen meiner Heizung,<br />
die im Sommer noch gelaufen ist. Nach zwei Monaten<br />
rufen sie mich an und fragen, ob die Heizung noch läuft.<br />
Du hast uns jetzt schon viel erzählt, ich wollte aber noch<br />
nach der Perspektive fragen. Du hast gesagt, dass viele<br />
unsicher sind: Hätten wir damit überhaupt anfangen<br />
sollen? Wie schaust Du auf die nächste Zeit?<br />
Ich habe schon von Nachbarn gehört, dass sie suchen, weil<br />
sie die Baustelle satthaben. Und wir haben hier viele neue<br />
Mieter. Ob ich selber umziehen kann, ob ich eine Wohnung<br />
finde, ich weiß nicht. Und Vonovia nutzt das aus, besonders<br />
Senioren können nicht umziehen und die bleiben dann.<br />
Hast Du das Gefühl, dass man sich bei Vonovia um alles<br />
bemühen muss, dass man anrufen muss, wenn was ist,<br />
dass sie nix von allein machen, dass man sich immer<br />
wehren muss?<br />
Schon. Vonovia wird von selbst nichts machen, Vonovia<br />
braucht, dass man drauf hinweist. So geht’s nicht weiter.<br />
Jetzt müssen wir vielleicht wieder was machen. Sie wollen<br />
zum Ende kommen und es geht nicht voran. Zu wem sollen<br />
wir gehen? Wir haben schon Vonovia angerufen, E-Mails<br />
geschrieben...<br />
Text & Fotos: AG 'Zusammen Aktiv werden'<br />
AG 'Zusammen aktiv werden'<br />
(Freiburger Mietenbündnis)<br />
Als Teil des Freiburger Mietenbündnisses helfen wir<br />
MieterInnen in Freiburg sich zu organisieren, um dem<br />
Profitinteresse und der Willkür von VermieterInnen<br />
entgegenzuwirken. Insbesondere große Wohnungskonzerne<br />
wie Vonovia SE, BauUnion und Co. nutzen ihre<br />
machtvollen Positionen aus.<br />
Es braucht MieterInnen, die sich zusammentun,<br />
austauschen und kämpfen. Denn nur gemeinsam können<br />
wir etwas verändern! Diesen Prozess wollen wir als<br />
AG ZUSAMMEN AKTIV WERDEN anstoßen.<br />
Kontakt: 0177-6517825 (Mobil)<br />
E-Mail: zusammen@mietenbuendnis-freiburg.de<br />
Veranstaltungsreihe: Keine Profite mit der Miete<br />
Workshop Crash-Kurs Wohnungspolitik<br />
Wie funktioniert Wohnen im Kapitalismus?<br />
Samstag, den 30.09.2023 von 10 bis 17 Uhr<br />
Forum Weingarten | Krozinger Str. 11 | 79114 Freiburg<br />
Das Geschäftsmodell Vonovia & seine Auswirkungen<br />
Ein Gespräch mit Knut Unger, Betroffenen und Aktiven<br />
aus der MieterInnen-Bewegung<br />
Montag, den 09.10.2023 um 19 Uhr<br />
Forum Weingarten | Krozinger Str. 11 | 79114 Freiburg<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
MITMACHSEITE<br />
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Ihr FREIeBÜRGER-Team<br />
Engelbergerstraße 3 – 0761/3196525 – info@frei-e-buerger.de<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 9
Klinges Gedanken zum<br />
berühmten Satz: „Deine<br />
Probleme hätte ich gerne.“<br />
– „Die Person, die so etwas<br />
sagt, würde mit meinen<br />
und Euren Problemen gar<br />
nicht umgehen können!“<br />
Foto: Daniel Knaus<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
BENACHTEILIGT AUFGEWACHSEN,<br />
OBDACHLOS GEWORDEN<br />
Wie mein Leben sich zum Guten wendete<br />
Auf die Straße und zurück: Ich bin die Klinge, 23 Jahre alt,<br />
und berichte Ihnen und Euch hier von meiner turbulenten<br />
Lebensgeschichte. Ich will erzählen, wie ich es geschafft<br />
habe, dass mein Leben endlich gut verläuft. Dazu<br />
beginne ich von vorne – mit meiner Kindheit.<br />
Bis zu meinem achten Lebensjahr haben meine Eltern<br />
sich nur gezankt, angeschrien; und an alles weitere kann<br />
ich mich zum Glück nicht erinnern. Nach einiger Zeit<br />
trennten sie sich und seitdem lebten ich und mein kleiner<br />
Bruder bei meiner Mutter. Als ich die vierte Klasse beendete,<br />
zogen wir drei zu meinen Großeltern und meine<br />
Mutter fand eine neue Arbeit. Zwischendrin besuchte ich<br />
meinen Erzeuger, was immer katastrophal war; jedoch<br />
wusste ich es als kleines Kind nicht besser und bin jedes<br />
Mal zu ihm, obwohl es meiner noch gesunden jungen<br />
Psyche schadete.<br />
Ein Vorfall, der sich ereignete, als mein kleiner Bruder 11<br />
Jahre alt war und ich 16: Er war schon bei meinem Erzeuger<br />
daheim und mich brachte dann mein damaliger<br />
Freund abends nach. Als ich zur Haustüre hereinkam,<br />
klappte mir fast die Kinnlade herunter. Was sehe ich –<br />
mein kleiner Bruder total aufgewühlt und verängstigt<br />
auf dem Sessel. Mein Erzeuger und seine Freundin hatten<br />
nichts Besseres im Sinn, als sich zu besaufen und Tabletten<br />
zu nehmen.<br />
Übrigens bin ich diagnostiziert mit Borderline, mittelschweren<br />
Depressionen, ADHS, multipler Persönlichkeitsstörung,<br />
Sozialphobie und auch einer Art von Autismus.<br />
Ich war ein spezielles Kind und bin heute noch ein spezieller<br />
Mensch. Eine Zeit lang dachte ich, das bringt mir im<br />
Leben große Nachteile. Die gab es anfangs auch, aber die<br />
meisten meiner Eigenschaften sind Vorteile zum Beispiel<br />
für einen breiteren Blick in die Welt, auch wenn sie mir<br />
den Alltag erschweren.<br />
BIS HEUTE IST ES ZUM BEISPIEL NOCH SO, DASS ICH…<br />
...in großen Menschenmengen reizüberflutet bin und in<br />
Panik wie erstarrt stehen bleibe, vor vielen Menschen<br />
oder mit einer mir fremden Person nur mit Problemen<br />
sprechen kann, in der U-Bahn versuche, den Menschen<br />
aus dem Weg zu gehen, es aufschiebe, irgendwo anzurufen<br />
und Termine auszumachen, weil ich panische Angst<br />
davor habe und ich mich überwinden muss, Belästigern<br />
zu sagen, dass sie doch bitte gehen sollen.<br />
Mit meiner psychischen Situation fühlt sich alles etwas<br />
anders an. Durch das Borderline ist meine Gefühlswelt<br />
chaotisch. Ein Borderliner ist impulsiv, empfindet alles<br />
extrem und sich selbst oft als unverstanden. Durch das<br />
ADHS bin ich unkonzentriert, hibbelig und vergesse<br />
schnell, was ich anfange – oder habe nach einiger Zeit<br />
keine Lust mehr darauf. Durch meine Sozialphobie und<br />
meine Depressionen blieb ich früher meist zu Hause.<br />
Und durch meine dissoziative Identitätsstörung habe<br />
ich leider vieles aus meinem Leben vergessen – was aber<br />
nicht weiter schlimm ist, denn man schafft sich ja neue<br />
Erinnerungen.<br />
Durch diese ganzen Eigenschaften war ich lange eingeschränkt:<br />
sowohl im Alltag mit den Mitmenschen als auch<br />
in meiner Schullaufbahn. Einerseits gab es Themen, die<br />
mich hochgradig interessierten; andererseits auch solche,<br />
die mich so gar nicht interessierten. Viele Jahre lang<br />
wurde ich gemobbt, weil ich war und bin wie ich bin, aber<br />
ich habe mich nicht unterkriegen lassen und die Hauptschule<br />
beendet. Danach ging ich auf eine weiterführende<br />
Berufsschule in Richtung Metalltechnik, wo ich jedoch<br />
wieder massiv gemobbt wurde, sogar Morddrohungen<br />
bekam und das zweite Halbjahr freigestellt wurde. Also<br />
machte ich in einer Werkrealschule die zehnte Klasse<br />
nach. Zwischendurch verschlimmerten sich meine Depressionen,<br />
mein Borderline zeigte sich und Verständnis<br />
von den Lehrern empfand ich kaum; ich fehlte manchmal<br />
drei bis vier Tage in der Woche, aber zog den neuen Schulabschluss<br />
durch.<br />
WEITERHIN VIEL STRESS MIT MEINEM ERZEUGER<br />
Da mein Erzeuger Alkoholiker ist und krank, versuchte ich,<br />
über den Stress hinwegzusehen, den er mir zufügte. Ich<br />
war leider schon immer ein Papakind und wollte ihm alles<br />
recht machen. Aber ich bekam von ihm immer nur zu<br />
hören, wie schrecklich ich doch sei. Jahrelang musste ich<br />
zwischen ihm und meiner Mutter vermitteln. Er lud alles<br />
auf meinen Schultern ab. Da ich das so erleben musste, ist<br />
meine Meinung, dass man Kinder nicht in seine Probleme<br />
hineinziehen darf. Schwierigkeiten der Eltern sind eine<br />
Sache zwischen den beiden. Das Kind hat keinen blassen<br />
Schimmer, was zwischen den Erwachsenen vorgefallen<br />
ist. Im Endeffekt ist es dann wie in meinem Fall, dass ein<br />
Elternteil dies erzählt, das andere etwas anderes – und als<br />
Kind war ich dann einfach nur traurig und verwirrt. Mein<br />
Erzeuger sagte viele Sätze, die mir bis heute noch tief im<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 11
Gedächtnis und in den Knochen stecken: „Wärst du nicht<br />
meine Tochter, könnte man ja einen Dreier schieben“ oder<br />
„Deine Mutter hat auf ganzer Linie versagt.“ Ich besuchte<br />
ihn oft in Entzugskliniken, weil ich für ihn da sein wollte,<br />
aber auch dort bekam ich von ihm immer nur dumme<br />
Kommentare. Vor einigen Jahren nahm er dann mit<br />
Kollegen wieder Heroin und starb fast an einer Überdosis.<br />
Als er mich monatelang vollquatschte, dass er doch gerne<br />
sterben möchte und dies nicht selbstständig könne, habe<br />
ich mich von ihm distanziert. Lange hatte ich keinen Kontakt<br />
mehr zu ihm – bis zum Dezember 2022. Über einen<br />
Vorfall in dieser Zeit schrieb ich für die März-<strong>Ausgabe</strong> von<br />
Trott-war einen Beitrag. Mein Erzeuger hatte mal wieder<br />
einen zu viel im Tee und stritt sich an einem Stand auf<br />
dem Esslinger Weihnachtsmarkt mit Mitarbeitenden. Ich<br />
bekam einen Nervenzusammenbruch, er beleidigte mich<br />
aufs Übelste, drängte mich in eine Ecke und unterstellte<br />
mir, ich wolle nur Aufmerksamkeit.<br />
AUS DER SCHULE IN DIE KLINIK, VON DORT AUF DIE<br />
STRASSE<br />
Nach der Schule ging ich direkt in die Psychiatrische Klinik<br />
in Hirsau-Calw. Dort verbrachte ich zweieinhalb Monate.<br />
Erst hieß es, ich müsse noch länger bleiben, kurz darauf<br />
wurde ich aber entlassen. Der Aufenthalt war hilfreich, bis<br />
auf die Pfleger, die einem auch unnötige Strafen gaben.<br />
Ich würde auch wieder in eine Klinik gehen, wenn ich<br />
könnte. Nach dieser Zeit war ich mehrere Jahre zu Hause<br />
und leider mit meinen Depressionen allein, bis ich mir<br />
irgendwann sagte, aus der Situation rauskommen zu<br />
wollen und ausgezogen bin. Das war ein langer Kampf.<br />
Viel Stress! Ich wohnte mal hier und mal da – ein Jahr in<br />
Karlsruhe halb auf der Straße und halb bei Freunden. Als<br />
ich dort weg musste, zog ich zu Freunden nach Bayern,<br />
kam aber auch dort nicht aus meinem Trott raus und ging<br />
also wieder zurück nach Stuttgart. Hier war ich ein halbes<br />
Jahr auf der Straße. Eine Zeit lang musste ich leider<br />
Schnorren gehen, weil es anders nicht ging. Oft wurde ich<br />
übel beschimpft, die meisten Passanten waren aber sehr<br />
nett. Mittlerweile lebe ich in einer eigenen Wohnung zusammen<br />
mit meinem Freund, meinen zwei Hunden und<br />
unseren Katzen. Momentan beziehe ich noch Bürgergeld,<br />
möchte dies aber langsam ändern, indem ich wieder eine<br />
Therapie mache und arbeite. Trott-war hilft mir dabei.<br />
Hier ist es familiär und man fühlt sich direkt wohl.<br />
WAS ICH MIR UND EUCH LESENDEN WÜNSCHE<br />
Das war bis jetzt meine Lebensgeschichte. Sie ist nicht rosig,<br />
aber dennoch geht es langsam bergauf. Ich hoffe, dass<br />
ich alles, was ich mir vorgenommen habe, auch erreiche<br />
– wenn ich nur stetig daran arbeite. Und ich hoffe ebenfalls,<br />
dass Ihr Lesenden am Beispiel meiner Geschichte<br />
seht, dass es immer bergauf gehen kann, egal in welcher<br />
Lebenslage Ihr Euch befindet. Solltet Ihr wie ich etwas<br />
besonders sein, durch ADHS, Autismus, Borderline oder<br />
anderes: Macht Euch nichts daraus, seht es als Bonus. Wir<br />
können viel erreichen! Ihr müsst nur an Eurer Zukunft<br />
arbeiten und das Richtige für Euch finden. Ihr könnt alles<br />
schaffen, wenn Ihr das möchtet. Klingt blöd, ich weiß,<br />
diesen Satz wollte auch ich von niemandem hören.<br />
Wenn es Euch keiner jemals gesagt hat, dann sag ich es<br />
Euch eben jetzt: Lasst Euch nicht unterkriegen – Ihr seid<br />
stark und gut, wie Ihr seid! Verändert Euch für niemanden<br />
als für Euch selbst, denn so habe ich es auch gemacht<br />
und habe jetzt etwas für mich erreicht.<br />
Klinge<br />
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Trott-war e. V.<br />
/ International Network of Street Papers<br />
ANGELL<br />
Infotermine<br />
Sa. 14.10. Tag der offenen Tür („Herbstzauber“)<br />
10 Uhr<br />
Mi. 15.11. Infoabend Grundschule<br />
19:30 Uhr<br />
Do. 07.12. Infoabend Gymnasium & Realschule<br />
19:30 Uhr<br />
Sa. 13.01. Hausführung<br />
10 Uhr<br />
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Jetzt<br />
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12<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Sonntagstreffs<br />
im <strong>Oktober</strong> 2023<br />
Engagiert für<br />
wohnungslose Menschen<br />
Foto: E. Peters<br />
08.10.2023<br />
13 Uhr<br />
15.10.2023<br />
13:30 Uhr<br />
23.10.2023<br />
13 Uhr<br />
29.10.2023<br />
13 Uhr<br />
St. Johann und St. Cyriak und Perpetua<br />
Im Franziskussaal / Prinz-Eugen-Straße 2<br />
Straßenbahnlinie 2 Richtung Günterstal<br />
Halt Lorettostraße<br />
Lukasgemeinde<br />
Am Mettweg 39 / Bus 11 (ab Hbf) Richtung St.<br />
Georgen / Halt Schneeburgstraße oder<br />
Straßenbahnlinie 3 Richtung Vauban /<br />
Halt Innsbrucker Straße, ab da Bus 11 bis<br />
Schneeburgstraße oder Straßenbahnlinie 3<br />
Richtung Haid / Halt Munzinger Straße,<br />
ab da Bus 11 bis Schneeburgstraße<br />
Adventgemeinde<br />
Turnseestraße 59 /Straßenbahnlinie 2<br />
Richtung Günterstal / Halt Lorettostraße<br />
Pfarrzentrum St. Georg<br />
Hartkirchweg 50b / Straßenbahnlinie 3 Richtung<br />
Haid bis Munzinger Straße, von dort Bus 11 oder<br />
14 bis Besançonallee oder von dort Bus 34 Richtung<br />
Keidel-Bad bis Halt an St. Georgen Kirche<br />
VERKÄUFER MARCUS<br />
Ich heiße Marcus und bin schon seit über fünfzehn Jahren<br />
Verkäufer der Freiburger Straßenzeitung. Ich bin in<br />
Hamburg geboren und im Markgräflerland aufgewachsen.<br />
Nach meiner Berufsausbildung zum Kfz-Mechaniker<br />
verschlug es mich nach Freiburg. Mein Verkaufsplatz ist<br />
vor dem EDEKA in der Lörracher Straße in Freiburg. Hier<br />
verkaufe ich zusammen mit meinem Hund Yimmy je nach<br />
Wetterlage von Montag bis Samstag zwischen 16 und 20<br />
Uhr. Der Verkauf macht mir nach wie vor viel Spaß. Ich<br />
kann mir nicht nur etwas dazuverdienen, sondern lerne<br />
auch noch viele tolle Menschen kennen.<br />
In meiner Freizeit lese ich gerne Krimis, bin viel in der Natur<br />
unterwegs und mache viele lange Spaziergänge mit<br />
Yimmy, auch um meinen Kopf frei zu kriegen, denn ich<br />
bin seit kurzer Zeit obdachlos und mache aktuell „Platte“.<br />
Da ist Schlafmangel vorprogrammiert und an Tiefschlaf<br />
ist auch nicht zu denken, denn ein Auge muss immer<br />
wachsam sein... Daher hier ein Aufruf: Ich bin dringend<br />
auf der Suche nach einer kleinen Wohnung in Freiburg<br />
für mich und meinen Hund, denn wir brauchen unseren<br />
eigenen Rückzugsbereich. Vielleicht weiß da ja jemand<br />
was.<br />
OKTOBER 2023<br />
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HILDEGARD VON BINGE DRINKING<br />
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CRUZ + LUCIFUGE<br />
FR, 6. I 21 H I I BLACK METAL, DEATH METAL<br />
NACHTFLUG 2# W AFAR (BERLIN)<br />
SA, 7. I 21 H I ELECTRONIC, DOWNBEAT<br />
RONG KONG KOMA + SUCK + TEA EATER<br />
FR, 13. I 21 H I ALTERNATIVE GARAGE ROCK, PUNK<br />
PONYS AUF PUMP + ROY & THE DEVILS<br />
MOTORCYCLE + THE MONOFONES<br />
SA, 14. I 21 H I SYNTHIPUNK, BLUES-TRASH, 60S<br />
2084 + INSTITUTE OF MODERN MELANCHOLY<br />
SO, 15. I 18 H I AUSSTELLUNG, PERFORMANCE<br />
DAS LEBEN DES VERNON SUBUTEX<br />
DO, 19. I 20 H I MUSIKALISCHE LESUNG<br />
DINA SUMMER<br />
FR, 20. I 21 H I DARK DISCO, EBM, ELECTRO<br />
SALON RIOT #13 + VERNISSAGE<br />
SA, 21. I 21 H I KONZERTE, KUNST, PARTY<br />
Ich sage erst mal Danke und bis ganz bald mal...<br />
Ihr Marcus<br />
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FREIeBÜRGER 10 | 2023 13
HändlerInnen kommen. Das ist praktisch der wichtigste Teil<br />
vom ganzen Tag. Jeder Markttag ist anders. Die ersten Stände<br />
muss man einfach richtig platzieren, damit alle anderen<br />
auch Platz haben. Außerdem muss man die Feuerwehrgasse,<br />
Rettungswege und alles berücksichtigen. Daneben<br />
ist noch die ganze Büroarbeit. Wir bearbeiten alles selbst:<br />
Abrechnungen, Bewerbungen. Dann haben wir immer<br />
wieder Baustellen. Z. B. hatten wir heute eine Hubsteigerbefahrung,<br />
da musste ich den ganzen Markt umstellen. Den<br />
ganzen Tag hat man mit Themen rund um den Markt zu<br />
tun. Nächsten Samstag z. B. sind die Fashion & Food Days,<br />
da sind wir auch involviert. Und wir sind zuständig für das<br />
Freiburger Weinfest. Das machen wir komplett vom Markt<br />
aus mit unserer Abteilung, wir sind da vier, fünf Leute. Das<br />
ist schon fordernd. Für die Weihnachtsbeleuchtung sind wir<br />
auch zuständig. Es ist ein ganz breites Spektrum. Und dann<br />
hilft man noch anderen Abteilungen, wenn es passt.<br />
Foto: E. Peters<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Walter Drayer<br />
Wer von Ihnen schlendert auch so gerne morgens über<br />
den Münstermarkt? Es bietet sich ein wunderschön<br />
buntes Bild und überall laden Gerüche und Farben zum<br />
Genießen und Kaufen ein… Aber hat von Ihnen schon mal<br />
jemand überlegt, wer für die Gesamtorganisation zuständig<br />
ist? Ohne die fleißigen MarktmeisterInnen geht<br />
nämlich nichts! Schon ab 6 Uhr morgens sind sie auf den<br />
Beinen vor Ort, noch bevor die Bauern, Bäuerinnen und<br />
HändlerInnen sich einfinden. Wir stellen Ihnen einen der<br />
Marktmeister heute vor: Walter Drayer, der dieses Jahr<br />
sein 10-jähriges Berufsjubiläum feiert.<br />
Willkommen bei uns und Glückwunsch zum 10-jährigen<br />
Dienstjubiläum! Wie geht es Dir heute?<br />
Ausgesprochen gut! Es ist heute auch wieder tolles Wetter,<br />
und nach zehn Jahren kann ich sagen, dass mir meine<br />
Arbeit immer noch Spaß macht.<br />
Was sind Deine Hauptaufgaben als Marktmeister, wofür<br />
bist Du zuständig?<br />
Wir sind für die ganze Orga des Münstermarkts zuständig.<br />
Das fängt morgens an um sechse, wenn die ersten<br />
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Dir aus?<br />
Ich fange morgens um sechse rum an und mache zuerst die<br />
Stromkästen auf. Dann trudeln ja schon die ersten MarktbeschickerInnen<br />
ein. Die stellt man dann richtig und nach<br />
und nach hat man den ganzen Markt voll, wenn es richtig<br />
ist. Das variiert mit den Jahreszeiten. Die Stände werden<br />
nach Quadratmeter abgerechnet. Manche Stände variieren<br />
täglich in der Größe. Ich halte deshalb die Größe fest.<br />
Dann kommt die Arbeit im Büro, die ganzen Abrechnungen,<br />
Bewerbungen bearbeiten usw. Am Schluss während des<br />
Abbaus muss man auf der Fläche wieder präsent sein, da<br />
hat man ja Fahrzeugverkehr und viel Publikum. Es gibt bei<br />
uns auch noch einen Nachmittagsmarkt, da ist dann eine<br />
Übergabe wichtig. Stellt Euch ein SC-Spiel mit vielen Fans<br />
im Stadion vor und nach Abpfiff kommen gleich die Leute<br />
rein fürs Rockkonzert ohne Übergabe. Das ist immer sehr<br />
spannend, die Übergabe am Schluss, wenn die Nachmittagsstände<br />
reinkommen.<br />
Wie viele Betriebe verkaufen momentan ihre Produkte<br />
auf dem Münstermarkt?<br />
Wenn alle da sind, sind es 110 bis 120 Stände.<br />
Kennst Du jeden davon persönlich?<br />
Die meisten, mit Vor- und Nachnamen.<br />
Wie ist das Verhältnis von Bio zu Nicht-Bio?<br />
Bio wird seit Corona durch den Kostendruck weniger nachgefragt.<br />
Die Bio-Händler klagen etwas über Absatzrückgänge,<br />
weil die Preise halt schon um einiges höher sind.<br />
Momentan wird eher wieder die herkömmliche Ware eingekauft.<br />
Was man allerdings sagen muss: Auf dem Münstermarkt<br />
haben wir viele Betriebe, die nicht zertifiziert sind,<br />
weil das einfach zu teuer ist, das kostet ja Unsummen an<br />
Geld. Eigentlich haben wir viel mehr Biobetriebe als es den<br />
Anschein macht. Die kleinen Betriebe sind nicht zertifiziert,<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
aber bauen trotzdem nach Bio-Anbauregeln an.<br />
Wie oft werden neue BeschickerInnen ausgewählt und<br />
von wem?<br />
Wir haben eine ganz schwache Fluktuation. Der älteste<br />
Stand ist jetzt seit 142 Jahren da. Die klassischen Stände,<br />
die man von früher kennt, das meterfünfzig Tischle mit<br />
der Frau hintendran, da gibt es keinen Nachwuchs mehr.<br />
Darum geht auch der Trend hin zu größeren Ständen. Man<br />
kann sich jederzeit bewerben. Das Bewerbungsformular<br />
findet sich auf der Homepage: https://muenstermarkt.<br />
freiburg.de/fileadmin/user_upload/Muenstermarkt/PD-<br />
Fs/220224-Muenstermarkt-Offizielles-Bewerbungsformular.<br />
pdf. Wir sammeln die Bewerbungen und prüfen zuerst, ob<br />
die Bewerbung überhaupt richtlinienkonform ist. Daneben<br />
gibt es einen Beschickerbeirat. Jede Sparte hat zwei<br />
Vertreter. Sie haben eine beratende Funktion, und bisher<br />
waren wir uns immer einig. Das Problem: Es scheitert<br />
meistens am Platz, die meisten Betriebe wollen nur freitags<br />
und samstags kommen und da sind wir bereits an der<br />
Kapazitätsgrenze.<br />
Was sind die Auswahlkriterien? Kann ich mich z. B. als<br />
regionaler Kleingärtner oder -bauer bewerben?<br />
Die Auswahlkriterien sind den Richtlinien über den Wochenmarkt<br />
zu entnehmen: https://muenstermarkt.freiburg.de/fileadmin/user_upload/Muenstermarkt/PDFs/<br />
Muenstmarkt-Richtlinien-Beschickerinnen-Beschicker.pdf.<br />
Und bewerben: Sofort!<br />
Es finden auch andere Veranstaltungen auf dem Münsterplatz<br />
statt wie z. B. das Weinfest oder Konzerte. Bist Du<br />
auch dafür zuständig?<br />
Für das Weinfest wie gesagt ja, für Konzerte nein. Aber man<br />
plant mit. Z. B. dieses Jahr: Freiburg Live. Plötzlich fiel mal<br />
der Verantwortliche aus und ich hatte Freiburg Live den<br />
ganzen Tag an der Backe...<br />
Wie viele Schritte läufst Du etwa an einem Arbeitstag?<br />
Unter der Woche sind es weniger, am Samstag so 16.000 bis<br />
20.000.<br />
Bist Du auch zuständig für die Einhaltung der<br />
Hygienevorschriften?<br />
Nein, dafür ist das Amt für Lebensmittelüberwachung zuständig<br />
und verantwortlich. Aber wenn uns was auffällt...<br />
Ist ja unser Markt, wir achten schon drauf. Wir verpfeifen<br />
keinen! Wir sagen vorher: Schau, dass Du es in Ordnung<br />
bringst.<br />
Gibt es eine Zusammenarbeit mit anderen MarktmeisterInnen<br />
in Freiburg?<br />
Nein, die anderen Freiburger Märkte sind alle über Vereine<br />
organisiert. Aber man ist manchmal im Austausch, gerade<br />
bei Corona war das ganz wichtig. Da hatten wir eigentlich<br />
ganz Deutschland beraten, weil wir der einzige Markt in<br />
Deutschland waren, der immer auf hatte.<br />
Gibt es Situationen, aufgrund derer der Münstermarkt<br />
geschlossen bleibt?<br />
Im letzten Winter hatten wir z. B. das Glatteis. Da war mal<br />
auf dem Platz zwei Zentimeter Glatteis und wir haben<br />
den Markt geschlossen. Vor drei, vier Jahren gab es eine<br />
Sturmwarnung, da hat auch die Feuerwehr angerufen, sie<br />
würden uns empfehlen, den Markt zu schließen. Dasselbe<br />
war auch dieses Jahr beim Weinfest. Wir haben am Dienstagabend<br />
abgebrochen. Es kam eine Gewitter-/Sturmwarnung.<br />
Wir hatten seit fünf Minuten alles fertig, den Platz<br />
evakuiert, dann kam der Gewittersturm mit aller Macht,<br />
also eine Punktlandung.<br />
Kaufst Du selbst auf dem Münstermarkt ein?<br />
Ich wäre ja blöd, wenn ich irgendwo anders kaufen würde,<br />
und es wär ja auch ein Bild in der Zeitung: Der Marktmeister<br />
kauft bei Aldi!<br />
Was macht für Dich den Münstermarkt so einzigartig?<br />
Ich finde die Atmosphäre im Zentrum – das Münster,<br />
außenrum das Marktgewusel – so schön. Wenn man mal<br />
am Samstag kurz Ruhe will, geht man einfach ins Münster<br />
rein, ist komplett in einer anderen Welt. Also einfach das<br />
Zusammenspiel zwischen Stadt und Marktständen. Und<br />
man trifft halt immer Leute.<br />
Wie erholst Du Dich am besten von einem anstrengenden<br />
Arbeitstag?<br />
Am Samstag um drei kann ich keine Leute mehr sehen.<br />
Dann gehe ich hinterher mit dem Mountainbike in den<br />
Wald und dann einfach: Keine Leute mehr sehen.<br />
Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />
Und welcher der hässlichste?<br />
Der schönste Ort ist für mich der Münstermarkt hinten auf<br />
der Nordseite am Samstagmorgen. Das hat irgendwie so<br />
was heimeliges. Der unschönste Ort ist für mich die Bahnhofs-Achse<br />
unten, das sieht so großstädtisch aus. Ich weiß<br />
auch nicht, gefällt mir einfach nicht!<br />
Was wünschst Du Freiburg?<br />
Dass es so bleibt, wie es ist. Die Lebensart, das tolle Wetter,<br />
um das uns alle beneiden.<br />
Vielen Dank, lieber Walter. Wir wünschen Dir auch weiterhin<br />
viel Spaß und Freude bei Deiner Arbeit! Und wir<br />
freuen uns schon auf unseren nächsten Marktbesuch…<br />
Oliver, Ekki & Conny<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 15
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FREIeBÜRGER 10 | 2023 17
Foto: Wikipedia<br />
Abb.: Die Krönung von Napoleon Bonaparte im Notre-Dame (Gemälde von Jacques-Louis David, 1805–1807).<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 31)<br />
In der letzten <strong>Ausgabe</strong> berichtete ich über Reformen im<br />
Armenwesen in Freiburg. Es ging um die Trennung von<br />
Armenwesen und Krankenversorgung sowie um die neue<br />
Strukturierung im Spital. Das alles passierte am Ende des<br />
18. Jahrhunderts. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren<br />
weitere Reformen nötig.<br />
DIE ARMENPOLITIK DER STADT ZU BEGINN DES 19.<br />
JAHRHUNDERTS<br />
Um die politische und wirtschaftliche Lage in Freiburg<br />
um das Jahr 1800 zu verstehen, muss man noch einmal<br />
ein paar Jahre zurückschauen. Nach der Französischen<br />
Revolution war es nicht lange ruhig in Freiburg. Zwar<br />
hatte man die Chance auf eine eigene Revolution vertan,<br />
doch wegen der zunehmenden Armut in der Stadt, die<br />
auch immer mehr auf das Bürgertum übergriff, brodelte<br />
es in der Bevölkerung weiter. Im Jahr 1796, also sieben<br />
Jahre nach der Revolution in Frankreich, als die Franzosen<br />
Freiburg nochmals für ein paar Monate besetzt hatten,<br />
erreichte die Unzufriedenheit der Bevölkerung ihren<br />
Höhepunkt. In der Stadt hatte sich inzwischen sogar ein<br />
Demokratenclub gebildet, der aus dem Breisgau eine<br />
Republik nach französischem Vorbild machen wollte.<br />
Eines der Clubmitglieder war der Theologieprofessor Karl<br />
Schwarzel, der auch Mitglied des Senatspräsidiums der<br />
Universität Freiburg war. Als solcher hatte er die französische<br />
Armee gleich als Erster begrüßt und mit den Worten<br />
„Vive la Nation, vive la République“ empfangen. Ein paar<br />
Jahre später wird Schwarzel vom Abt Ignaz Speckle scharf<br />
kritisiert, weil er sein Fähnlein wohl zu oft in den Wind<br />
hing. Es waren wohl auch die Mitglieder des Demokratenclubs,<br />
welche die französische Regierung baten, ihren<br />
Wunsch nach einer freien Republik unter franz. Schutz zu<br />
unterstützen. Doch wie vor ein paar Jahren scheiterte der<br />
Antrag auch diesmal daran, dass die Franzosen schlicht<br />
kein Interesse an einer deutschen Republik hatten.<br />
So regierten in Freiburg auch weiter die Habsburger,<br />
obwohl Stadt und der Breisgau laut letztem Friedensbeschluss<br />
„rechtmäßig“ dem Herzog von Modena gehörten.<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Der zeigte allerdings wenig Interesse an „seiner Kriegsbeute“,<br />
schließlich waren die in Aussicht stehenden Einkünfte<br />
aus dem Gebiet sehr niedrig. Da aber der Herzog von Modena<br />
mit dem Hause Habsburg nah verwandt war, gab es<br />
damit wohl keine größeren Schwierigkeiten. Inzwischen<br />
hatte sich in Basel die Bevölkerung erhoben, die Herrschenden<br />
verjagt und die „Helvetische Republik“ ausgerufen.<br />
Auch in Freiburg tauchten sofort wieder Flugblätter<br />
mit Aufrufen zur Revolution auf und in Freiburg gab es<br />
mittlerweile nicht wenige Sympathisanten eines Umsturzes,<br />
nach französischem oder schweizerischem Vorbild.<br />
Im Sommer 1798 vermehrten sich Nachrichten über einen<br />
bevorstehenden Aufstand, aus dem dann eine „schwäbische“<br />
oder eine „süddeutsche Republik“ hervorgehen<br />
sollte. Ein „Entwurf einer republikanischen Verfassungsurkunde,<br />
wie sie für Deutschland taugen möchte“ wurde<br />
schon in großer Auflage gedruckt. Doch auch diesmal<br />
blieb die Revolution im Ansatz stecken, denn auch der<br />
inzwischen in Frankreich herrschende Napoleon Bonaparte<br />
zeigte keinerlei Interesse an einer „Freiburger Republik“<br />
und versagte der Stadt seine Unterstützung.<br />
Am 2. März 1803 fand in Freiburg wie schon erwähnt die<br />
feierliche, innerfamiliäre „Herrschaftsübergabe“ von den<br />
Vorderösterreichern an das Herzogtum Modena statt.<br />
Die Bevölkerung freute sich über ein außerplanmäßiges<br />
Fest, doch dass die „neue Regierung“ einen politischen<br />
Wandel vollziehen würde, glaubte niemand ernsthaft.<br />
Für Freiburg bedeutete es, dass die Franzosen wieder<br />
abzogen und der Habsburger Erzherzog Ferdinand, als<br />
gleichzeitiger Herzog von Modena, die Herrschaft über<br />
die Stadt übernahm. Er beauftragte Hermann von Greiffenegg<br />
mit der Regierungsbildung, der Greiffenegg dann<br />
als Regierungsrat vorstand. In der Verwaltung wurden 18<br />
besoldete Mitarbeiter angestellt, parallel dazu arbeitete<br />
die Verwaltung der drei breisgauischen Stände, für die<br />
der damalige Freiburger Oberbürgermeister Dominik<br />
Eiter zuständig war. Führungsstellen in der Justiz wurden<br />
zum überwiegenden Teil mit Adligen besetzt.<br />
Wie aus Berichten des Regierungsrates von Greiffenegg<br />
hervorgeht, kam es oft zu Streit zwischen den Vertretern<br />
des absolutistischen Staates und den Ständen, der von<br />
Greiffenegg jedoch meist unterdrückt wurde. Wie in<br />
früheren Zeiten versuchte die Regierung also weiter, den<br />
Einfluss der Stände so gering wie möglich zu halten. Ein<br />
wichtiges Bindungsglied zwischen Erzherzog Ferdinand<br />
und der Regierung in Freiburg war der Sekretär des<br />
Herzogs, Joseph von Rotteck, ein Bruder des Freiburger<br />
Universitätsprofessors Karl von Rotteck. Die einzigen<br />
wirklichen Probleme, die der Herrschaftswechsel mit sich<br />
brachte, lagen im Finanzsektor. Der Wiener Kaiserhof hatte<br />
beträchtliche Schulden im Breisgau hinterlassen und<br />
dachte nicht im Traum daran, diese auch nur ansatzweise<br />
Foto: Wikipedia<br />
zu bezahlen. Der neue Landesherr, der ja selbst aus dem<br />
Hause Habsburg stammte, erhob keine Forderungen an<br />
die Familie, wohl aber an Freiburg. Die Einnahmeforderungen<br />
des Herzogs an die Stadt waren enorm hoch,<br />
obwohl er wusste, dass die Stadt durch Jahrzehnte von<br />
Kriegen und den schweren Wirtschaftsrückgang fast<br />
bankrott war.<br />
UNRUHEN IN FREIBURG UND DAS ENDE DER HABS-<br />
BURGER HERRSCHAFT<br />
Wie groß die Probleme wirklich waren, zeigte sich vor<br />
allem im Alltagsleben der Menschen in der Stadt. Die<br />
Wirtschaft lag immer noch am Boden, die Zahl der<br />
Arbeitslosen wuchs täglich an und die Lebensmittel<br />
waren knapp und außerdem sehr teuer. Dazu kam wieder<br />
schlechtes Wetter, was die Lage weiter verschärfte. Durch<br />
diese schlechten Lebensverhältnisse kam es vermehrt zu<br />
Diebstählen und Raubüberfällen, auch sonstige Betrügereien<br />
und die Falschmünzerei nahmen enorm zu.<br />
Es hätte eine einfache Lösung gegeben, um wieder Geld<br />
in die Stadt zu bringen, doch das ließen die Prinzipien der<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 19
Foto: Wikipedia<br />
Abb.: Kapitulation der Stadt Ulm am 20.10.1805, als Napoleon I. die Kapitulation von General Mack entgegennimmt.<br />
Stadt nicht zu. Als nach den Pogromen von 1428 die letzten<br />
überlebenden Freiburger Juden aus der Stadt getrieben<br />
wurden, durften sich keine Juden mehr in Freiburg<br />
ansiedeln und davon rückte man auch knapp 400 Jahre<br />
später nicht ab. Als zum Beispiel der sehr vermögende<br />
Michael Kaulla, Mitglied einer sehr bedeutenden Hoffaktoren-<br />
und Bankiersfamilie, zusammen mit anderen<br />
jüdischen Geschäftsleuten geschäftlich nach Freiburg<br />
kam, durften er und sein Gefolge nicht in den Privathäusern<br />
ihrer Freiburger Handelspartner Quartier beziehen,<br />
sondern mussten mit gewöhnlichen Gasthäusern vorliebnehmen.<br />
Nach dem Abschluss seiner Geschäfte musste er<br />
Freiburg sofort wieder verlassen. Dass er nicht gleich aus<br />
der Stadt gewiesen wurde, lag wohl an der Tatsache, dass<br />
er Lieferant der Vorderösterreichischen Armee in Freiburg<br />
war. Dem französisch-jüdischen Emigranten Israel Rehns<br />
aus Hagenau stellte die Stadt 1798 sogar eine Aufenthaltserlaubnis<br />
aus, die allerdings nach Bürgerprotest<br />
wieder entzogen wurde.<br />
Am 7. August 1801 berichtete der großherzogliche-badische<br />
Kreis- und Hofrat Ignaz Engelberger über schlechte<br />
Stimmung in der Stadt und von diversen Gehorsamsverweigerungen.<br />
Auch Anzeichen von Verschwörungen<br />
will er entdeckt haben. Der Abt Speckle informierte zwei<br />
Monate später über „heimliche Zusammenkünfte von<br />
unruhigen Bürgern, die sich möglicherweise organisieren<br />
wollen“. In den Jahren 1802/03 kamen nun wieder des<br />
Öfteren Revolutionspläne im Breisgau auf und auch die<br />
Idee von einer Republik mit den Eidgenossen war schnell<br />
wieder da, obwohl allerdings niemand sagen konnte, wo<br />
die Gerüchte genau herkamen. Doch Not und Hunger<br />
gaben ihnen natürlich immer wieder Nahrung. Es gab<br />
aber tatsächlich einige geheime Verbindungen. Ein solcher<br />
„Geheimausschuss“ bestand aus dem Zunftmeister<br />
und Handelsmann Maximilian Raißer, dem Universitätsschaffner<br />
Sartori, dem Seifensieder Fähndrich und dem<br />
Wirt vom „Rebstock“. Eine Delegation aus diesem Bund,<br />
wahrscheinlich unter Führung von Bürgermeister Eiter,<br />
gelangte sogar nach Bern, um dort mit den Schweizern<br />
über einen Anschluss des Breisgaus an die Eidgenossenschaft<br />
zu verhandeln. Auch diese Delegation bat um<br />
Unterstützung aus Frankreich und auch dieses Mal wurde<br />
jede Hilfe verweigert. So ging auch dieser Vorstoß ins<br />
Leere und nach und nach fiel der Geheimbund wieder<br />
auseinander, nachdem weitere Personen ihre Mithilfe<br />
verweigert hatten. Einige Jahre später sollte allerdings<br />
der Freiherr von Baden eine Untersuchung „gegen das<br />
Auftreten solcher unberufener Freiheitsapostel“ einleiten,<br />
die dann zur Verhaftung einiger Freiburger Bürger führte.<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Doch diesmal hatten die Unruhen auch auf die Universität<br />
übergegriffen, was in der Folge häufig zu Auseinandersetzungen<br />
zwischen Soldaten und Studierenden<br />
führte. Die Unruhen der Studierenden kamen wohl auch<br />
daher, dass nach dem Herrschaftswechsel in Freiburg niemand<br />
wusste, ob und wie es mit der Universität weitergehen<br />
sollte. Daher vermischte sich bei den Studierenden<br />
wohl auch die Unzufriedenheit mit dem Wunsch nach<br />
politischer Ordnung. Diese Spannungen wuchsen an und<br />
entluden sich schließlich an einer eigentlich harmlosen<br />
Begebenheit: „Ein Student, der in ein schon länger leerstehendes<br />
Schilderhäuschen „gepißt“ hatte, wurde auf offener<br />
Straße von Soldaten verhaftet, was dann fast zum Aufstand<br />
führte. Bürger und Studenten zogen lautstark protestierend<br />
durch die Stadt und forderten die Freilassung des<br />
Inhaftierten. Dabei wurde nicht mit Beschimpfungen für<br />
die Soldaten gespart. Als der Aufruhr immer größer wurde,<br />
ging die Wache ohne Vorwarnung mit Bajonett und Säbel<br />
auf die Menge los, es gab Tote und Verletzte. Fast die ganze<br />
Stadt und sogar ein Teil des Adels stand auf der Seite der<br />
Studenten.“ Das schrieb Karl von Rotteck seinem Bruder<br />
Joseph im Mai 1804. Hermann von Greiffenegg allerdings<br />
stand aufseiten des Militärs und forderte die Bevölkerung<br />
auf, die Unruhen sofort zu beenden. Bei Nichtbefolgung<br />
drohte er damit, die Universität zu schließen. Für Karl von<br />
Rotteck und den Professor für Philologie, Johann Georg<br />
Jacobi, hagelte es Vorwürfe von der Regierung wegen<br />
ihrer offenen Sympathien für die Studierenden. Jacobi<br />
war der Obrigkeit schon länger ein Dorn im Auge, weil er<br />
Jahre zuvor eine gewöhnliche Magd geheiratet hatte. Karl<br />
von Rotteck befürchtete nun, dass Greiffenegg einen negativen<br />
Bericht an die Regierung schicken würde und bat<br />
seinen Bruder, dem entgegenzuwirken. In einem weiteren<br />
Brief am 12. August 1804 berichtete Karl von Rotteck seinem<br />
Bruder, dass sich die Gegensätze in der Stadt weiter<br />
zugespitzt hatten. Der größte Teil der Bürger empfindet<br />
das Benehmen Greiffeneggs und seiner Regierung als<br />
willkürlich und despotisch. Es gebe Stimmen im Volk, laut<br />
denen man eher Greiffenegg samt Regierung zum Teufel<br />
jagen will, als die Schließung der Universität hinzunehmen,<br />
teilt Rotteck weiter mit. Einen Monat später schrieb<br />
Rotteck, dass eine Untersuchung eingeleitet wurde, die<br />
sich mit den Vorfällen im Mai beschäftigen sollte, bei der<br />
die Soldaten drei Menschen getötet hatten. Diese kam zu<br />
dem Ergebnis, dass die bewaffneten Soldaten grundlos<br />
eine Gruppe wehrloser Bürger angegriffen hatte. Karl von<br />
Rotteck bat seinen Bruder allerdings, sich jetzt nicht mehr<br />
einzumischen, da es sonst zu gefährlich werden könnte.<br />
Im <strong>Oktober</strong> teilte von Rotteck seinem Bruder mit, dass die<br />
„Affäre“ gewaltsam niedergeschlagen wurde.<br />
Am 2. Dezember 1804 wurde Napoleon Bonaparte zum<br />
Kaiser von Frankreich gekrönt und daraufhin ernannte<br />
er kurzerhand den General Jean Nicolas de Monard zum<br />
Abb.: Ignaz Speckle OSB (* 3. Mai 1754 in Hausach; † 15.<br />
April 1824 in Freiburg im Breisgau) war der letzte Abt der<br />
Benediktiner Reichsabtei St. Peter auf dem Schwarzwald<br />
in St. Peter im heutigen Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald<br />
in Baden-Württemberg.<br />
Intendanten für Breisgau und Ortenau. Weder aus Wien<br />
noch aus Modena kam Widerspruch. 1805 überschritt<br />
Napoleon mit einer großen Armee den Rhein. Freiburg<br />
blieb diesmal vom Krieg zwar verschont, allerdings<br />
besetzten 5.000 Soldaten die Stadt. Nach den Siegen von<br />
Ulm und Austerlitz diktierte Napoleon den besiegten<br />
Staaten zu Weihnachten 1805 einen Friedensvertrag auf.<br />
Dadurch fielen Freiburg und der Großteil des Breisgaus an<br />
das Kurfürstentum Baden, welches dann ein Jahr später<br />
zum Großherzogtum Baden wurde. Das besiegelte die<br />
lange Herrschaft der Habsburger in Freiburg.<br />
In der nächsten Folge geht es um „Armenvater“ Ferdinand<br />
Weiß, sein Armeninstitut und die Stiftungen.<br />
Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg und Herrn<br />
Thalheimer, der Waisenhausstiftung, Gerlinde Kurzbach,<br />
Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />
Foto: Wikipedia<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 21
HOUSING FIRST<br />
Erst die Wohnung, dann der Rest – wenn der Markt mitmacht<br />
Foto: ev / Unsplash<br />
Wie kann Wohnungslosigkeit in Freiburg überwunden<br />
werden? Um erfolgversprechende Strategien zu<br />
diskutieren, hatten der Erste Bürgermeister und das<br />
Amt für Soziales zu einem fachlichen Austausch am<br />
20. September ins Bürgerhaus am Seepark eingeladen.<br />
Rund 100 Interessierte aus den sozialen Einrichtungen,<br />
Sozialverbänden, der Wohnungswirtschaft, von Wohnungslosigkeit<br />
Betroffenen, dem Gemeinderat und den<br />
Kommunalbehörden waren der Einladung gefolgt.<br />
Etwa 1.600 Menschen seien derzeit in Freiburg ohne<br />
Wohnung, bilanzierte Bürgermeister Ulrich von Kirchbach.<br />
Und obwohl die Stadt Ressourcen in die Akquise von<br />
Wohnungen für Betroffene gesteckt habe, sei der Erfolg<br />
ausgeblieben. Sozialamtsleiter Boris Gourdial musste<br />
konstatieren, dass die ordnungsrechtliche Unterbringung<br />
in Wohnheimen die letzten sechs Jahre sogar um<br />
48 Prozent auf 599 Plätze zugenommen habe. Die Zahl<br />
von Menschen, die in Obdachlosenanlaufstellen ihre<br />
Postadresse haben, ist mit 915 um die Hälfte höher als<br />
2018 – was darauf schließen lässt, dass deutlich mehr<br />
Menschen in Freiburg ohne feste Wohnung sind. Im<br />
Austausch dazu, wie man diesen Menschen helfen könne,<br />
sah von Kirchbach das Gebot der Stunde.<br />
Professorin Susanne Gerull von der Alice-Salomon-Hochschule<br />
in Berlin berichtete von ihrer Auswertung der<br />
beiden Berliner Pilotprojekte zu „Housing First“ (mehr<br />
zum Konzept siehe im Info-Kasten). In Berlin habe<br />
sich das Projekt als gute Ergänzung im Angebot für<br />
Obdachlose erwiesen - und zwar für die, bei denen alles<br />
andere nicht geklappt habe. Das selbstgesetzte Ziel sei<br />
übererfüllt worden, die ehemals Obdachlosen hätten nun<br />
als Mieter eine hohe Wohnungsstabilität und seien froh,<br />
ihr Leben selbst gestalten zu können. Allerdings brauche<br />
diese bedingungslose Umsetzung des Menschenrechts<br />
auf Wohnen ein Umdenken in der Sozialarbeit wie auch<br />
in der Politik.<br />
22<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Für Sozialamtsleiter Gourdial ist unstrittig, dass die<br />
Heimunterbringung nicht das erste Ziel in Freiburg ist,<br />
sondern eine eigene Wohnung für jede:n. In den letzten<br />
sechs Jahren konnten 362 Haushalte mit insgesamt 775<br />
Personen in Wohnraum vermittelt werden. Einen wesentlichen<br />
Beitrag leistete dabei die Freiburger Stadtbau,<br />
die nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss<br />
10 Prozent der freiwerdenden Wohnungen pro Jahr zur<br />
Verfügung stellt. Andere Wohnungsanbieter hielten sich<br />
hier deutlich zurück. Die Stadt will dennoch versuchen<br />
im Privatsektor mehr Anreize zu setzen, Wohnraum für<br />
Wohnungslose zur Verfügung zu stellen: mittels Zuschüssen<br />
von 10.000 Euro an Vermietende, auf zehn Jahre<br />
gesichertes Belegungsrecht, Nutzungsverträge mit den<br />
Wohnungslosen durch die Stadt in den ersten zwei Jahren<br />
des Mietverhältnisses, Mietausfallgarantie und ständigen<br />
Ansprechpartnern bei der Kommune. Der Stadt Karlsruhe<br />
sei es gelungen, auf diesem Weg zuletzt 600 zusätzliche<br />
Wohnungen für Betroffene zu gewinnen.<br />
Allerdings fehlen in Freiburg laut Gemeinderat Günter<br />
Rausch generell 20.000 Wohnungen im unteren Preissegment.<br />
Aufgrund von Corona und vermehrter häuslicher<br />
Gewalt, gestiegenen Lebenshaltungskosten und<br />
Flüchtlingszuzug hat sich die Konkurrenz um Wohnraum<br />
nochmals verschärft. Zuletzt wurde der Neubaumarkt<br />
wegen der hohen Herstellungskosten von 6.000 Euro pro<br />
Quadratmeter total gestoppt, erklärt Frank Pfaff von der<br />
Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunternehmer<br />
die Zurückhaltung der Akteure im privaten Wohnungsmarkt.<br />
Um nicht draufzulegen, müsse man Mieten<br />
von 20 Euro pro Quadratmeter kalkulieren. Mit dieser<br />
Zahl erntete Pfaff jedoch Widerspruch von Seiten Willi<br />
Sutters, Vorstand der „bogenständig“ Baugenossenschaft.<br />
Bei rationeller Planung komme er auf 3.000 Euro pro Quadratmeter.<br />
Man beziehe die Mieter bei der Planung mit<br />
ein und schaffe – auch im Bestandbau – kleinere Wohnungen,<br />
die sich über die Vorgaben aus dem Sozialgesetzbuch<br />
refinanzieren lassen. Seine Genossenschaft habe mit<br />
diesem Konzept im Freiburger Umland erfolgreich neuen<br />
Wohnraum geschaffen und diesen auch teilweise an<br />
Wohnungslose vermietet.<br />
Bürgermeister von Kirchbach sicherte zu, dass die Stadt<br />
in naher Zukunft nochmals offensiv auf die Akteure am<br />
Wohnungsmarkt, besonders auch auf Privatinvestoren<br />
zugehen wolle. Auch Gourdial versicherte, diese zu einem<br />
entsprechenden Austausch einzuladen, an dem die beteiligten<br />
städtischen Behörden, die Sozialverbände und<br />
die diversen Wohnungsunternehmen sich so lange und<br />
so intensiv über Bedarfe, Bedenken und Lösungswege<br />
austauschen, „bis weißer Rauch aufsteige“.<br />
Gertrud Rogg<br />
HOUSING FIRST<br />
Die Grundidee: Hinter „Housing First“ verbirgt sich<br />
ein spezieller Ansatz gegen Wohnungslosigkeit.<br />
Wohnung ist ein Menschenrecht und für betroffene<br />
Personen muss erst eine dauerhafte Unterkunft her,<br />
so die grundlegende Idee. Erst dann kann man sich<br />
gemeinsam um eventuelle andere Probleme wie<br />
Armut, Erwerbslosigkeit, Sucht oder andere Erkrankungen<br />
kümmern. Die betroffenen Menschen sollen<br />
so erst einmal zur Ruhe kommen, um sich dann<br />
selbstbestimmt wieder ein Leben in der Gesellschaft<br />
aufbauen zu können. Regulärer Wohnraum wird an<br />
die erste Stelle gerückt. Dabei sollen sie – je nach<br />
Wunsch und völlig freiwillig – flexible wohnbegleitende<br />
Hilfen erhalten zum dauerhaften Wohnungserhalt.<br />
Wird das Betreuungsangebot nicht mehr in<br />
Anspruch genommen, können Betroffene in der bestehenden<br />
Wohnung bleiben. Und wer auszieht und<br />
weiter Hilfe benötigt, bekommt diese. Die Housing<br />
First-Wohnungen sollen in einem normalen Umfeld<br />
eingestreut sein. Dies soll Stigmatisierung vermeiden<br />
– wie es sonst oft bei einschlägig bekannten<br />
Wohnheim-Adressen der Fall ist.<br />
Erste Erfolge: „Housing First“ wurde in den<br />
1990er-Jahren in New York entwickelt, wird aber<br />
inzwischen auch in einigen europäischen Städten<br />
erprobt (z. B. in Amsterdam, Glasgow, Lissabon<br />
und Wien) – so seit 2008 besonders erfolgreich in<br />
Finnland. Dort gibt es Stiftungen, die sich auf den<br />
Kauf oder Bau von Wohnungen für Wohnungslose<br />
spezialisiert haben. In Finnland hat sich seit 2008<br />
die Zahl der Obdachlosen mehr als halbiert. Bis 2027<br />
soll in Finnland jeder eine Wohnung haben. Um<br />
einen Eindruck zu gewinnen, hat Bundesbauministerin<br />
Klara Geywitz (SPD) im Februar 2023 Finnland<br />
besucht.<br />
Projekte in Deutschland: Angelehnt an diese Idee<br />
hat der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW 2017<br />
zusammen mit der Wohnungslosenhilfe fiftyfifty/<br />
Asphalt e. V. einen Housing First-Fond gegründet. Er<br />
finanziert sich durch den Verkauf von Kunst. Auch in<br />
Berlin gibt es seit 2018 zwei Housing First-Projekte,<br />
in denen insgesamt 80 Menschen mit Wohnraum<br />
versorgt werden. Beworben hatten sich um die Plätze<br />
über 600 wohnungslose Haushalte. Eines der Projekte<br />
ist ausschließlich für Frauen. Das Land Berlin<br />
bewertet die Projekte aufgrund der hohen Wohnstabilität<br />
als erfolgreich, finanzierte sie zumindest<br />
für die Jahre 2022 und 2023 mit 6,1 Millionen Euro<br />
und baut sie derzeit sogar aus. Teilnehmen kann in<br />
der Regel, wer Sozialhilfe/Bürgergeld bezieht und<br />
wohnungslos ist. Auch in anderen deutschen Städten<br />
gibt es Modellversuche. Das Diakonische Werk<br />
Freiburg wird demnächst beim Land Baden-Württemberg<br />
einen Housing First-Antrag stellen.<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 23
NACHHALTIGES REISEN<br />
Wie wir unterwegs Positives für das Klima tun können<br />
Foto: Pixabay<br />
Haben Sie Ihren Urlaub für nächstes Jahr bereits gebucht?<br />
Seit der COVID-19-Pandemie ist klimafreundliches<br />
Reisen innerhalb Deutschlands und Europas zum Trend<br />
geworden. Immer wieder ist vom Treibhauseffekt und<br />
vom CO₂-Fußabdruck die Rede. Doch um was geht es dabei<br />
genau?<br />
Der CO₂-Fußabdruck ist die Gesamtmenge an Treibhausgas-Emissionen,<br />
die durch eine Firma, Unternehmen oder<br />
durch eine Privatperson verursacht wird. Dazu zählen des<br />
Weiteren auch eine Veranstaltung, ein Produkt oder eine<br />
Dienstleistung. Dabei werden die Emissionen in einem<br />
bestimmten Zeitraum, meistens ein Jahr oder über die<br />
Dauer der Veranstaltung, berechnet. Die Summe dient<br />
dann als Richtwert für die Messung von Reduktionsmaßnahmen.<br />
Falls Sie nun Interesse haben, Ihren persönlichen<br />
CO₂-Fußabdruck zu berechnen, besteht online die Möglichkeit<br />
auf ClimateHero Klimarechner oder auf www.<br />
wwf.de. Neben der Berechnung werden auf beiden Homepages<br />
Tipps für Sie angezeigt, was Sie schon gut machen<br />
und wo Sie sich für den Klimaschutz verbessern können.<br />
Der Begriff CO₂-Fußabdruck leitet sich vom Konzept des<br />
ökologischen Fußabdrucks ab und tauchte Anfang der<br />
2000er Jahre in einer Werbekampagne erstmals auf, im<br />
Versuch, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die persönliche<br />
Verantwortung des Einzelnen zu beziehen.<br />
Die bereits oben erwähnten Treibhausgas-Emissionen<br />
steigen seit der Industrialisierung drastisch. Dabei ist der<br />
Treibhauseffekt ein natürlicher Prozess, der die Temperatur<br />
auf der Erde maßgeblich bestimmt. Die Erdoberfläche<br />
wird von der kurzwelligen Sonnenstrahlung erwärmt. Die<br />
Erdoberfläche wiederum reflektiert die einfallende Strahlung<br />
als langwellige Wärmestrahlung. Diese werden von<br />
atmosphärischen Treibhausgasen teilweise absorbiert.<br />
Durch anschließende Abgabe der aufgenommenen Energie<br />
wird ein Teil der Strahlung zur Erde zurückgestrahlt.<br />
Folgend werden die Erdoberfläche und die untere Atmosphärenschicht<br />
erwärmt.<br />
Am allermeisten werden CO₂-Emissionen bei Flügen ausgestoßen.<br />
Ein Flug im Inland setzt 271 g CO₂ pro Personenkilometer<br />
frei. Bei einem Fernbus sind es dagegen 29 g<br />
CO₂ pro Personenkilometer. Wie sieht es nun mit Fernbus<br />
und einer Zugfahrt im Nahverkehr aus? Nun, der durchschnittliche<br />
CO₂-Ausstoß ist bei durchschnittlicher Auslastung<br />
beim Fernbus ein wenig niedriger als beim Zug im<br />
24<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Fernverkehr. Bei Flugzeugen ist nicht nur problematisch,<br />
dass sie zu viel CO₂ austragen, sondern auch Kondensstreifen<br />
bilden, das sind Wolken aus Mini-Eiskristallen.<br />
Diese reflektieren super die Erdwärme und treiben so den<br />
Treibhauseffekt noch mehr an. Dafür gibt es jedoch eine<br />
einfache Möglichkeit diese zu umgehen, indem das Flugzeug<br />
seine Höhe anpasst, um Kondensstreifen zu umgehen.<br />
Weitere unverzichtbare Punkte, das Fliegen klimafreundlicher<br />
zu machen ist, sind unnötige Zwischenstopps<br />
zu vermeiden, Direktflüge, vollbesetzte Flieger<br />
und modernere Flieger. In der Forschung sind alternative<br />
Kraftstoffe wie Biokerosin, dem Treibstoff aus Pflanzen,<br />
und sogar synthetischer Kraftstoff aus einer Kohlenstoffquelle<br />
wie Müll oder Algen, kombiniert mit Wasserstoff<br />
und Strom. Sicher, dieser Herstellungsprozess braucht<br />
ebenfalls viel Energie und macht nur Sinn, wenn nachhaltige<br />
Mittel verwendet werden. In Zukunft werden also im<br />
Idealfall E-Flugzeuge über den Wolken fliegen.<br />
Da Forschung Zeit braucht, sind alle diese klimafreundlichen<br />
Ideen noch nicht umsetzbar. Hier muss die Politik<br />
Sprit geben und das Geld sinnvoll in die Forschung<br />
investieren. Bis dahin können wir alle unseren wertvollen<br />
Beitrag leisten, um klimafreundlich und nachhaltig zu<br />
reisen.<br />
Sie haben sich jetzt entschlossen, klimafreundlich zu<br />
verreisen? Super. Am besten buchen Sie eine nachhaltige<br />
Unterkunft und ziehen dabei inhabergeführte Unterkünfte<br />
vor. Auf Buchungsplattformen wie Good Travel finden<br />
Sie eine Auswahl an nachhaltigen und aufrichtigen Unterkünften<br />
in Europa, die verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien<br />
entsprechen. Versuchen Sie, wo immer es geht,<br />
auf Flugreisen zu verzichten. Überlegen Sie, ob es Alternativen<br />
gibt, Ihr Reiseziel zu erreichen, zum Beispiel mit der<br />
Bahn. Falls gegeben, verbinden Sie verschiedene klimafreundliche<br />
Reisemittel miteinander. Als Faustregel gilt: Je<br />
weiter das Reiseziel mit dem Flugzeug entfernt ist, desto<br />
länger sollte der Aufenthalt vor Ort sein. Für das Gepäck<br />
ist es vernünftig, nach dem Motto „weniger ist mehr“ zu<br />
gehen. Denn je leichter das Gepäck, desto weniger Emissionen<br />
werden freigesetzt. Und vergessen Sie bitte nicht,<br />
Ihre eigene wiederverwendbare Trinkflasche mitzunehmen,<br />
das erspart schon mal Plastikmüll. Auch beim Essen<br />
lässt sich Zukunftsfähigkeit kulinarisch umsetzen. Essen<br />
Sie möglichst regional und saisonal. Dabei unterstützen<br />
Sie das Angebot der örtlichen Wochenmärkte und familiengeführte<br />
Restaurants. Das kommt nicht nur dem Klima<br />
zugute, sondern auch dem kulinarischen Erlebnis.<br />
Setzen Sie nicht nur im Urlaub auf die Reduktion von<br />
Fleisch. Tiefgekühltes Rindfleisch setzt pro Kilogramm<br />
laut Bundesumweltministerium über 14,24 Kilogramm<br />
CO₂ frei. Bei Schweinefleisch sind es 3,25 Kilogramm.<br />
Selbst Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen liegen mit<br />
2,75 Kilogramm knapp dahinter. Der unangefochtene Klima-Sieger<br />
unter den Beilagen ist die Kartoffel. Lediglich<br />
0,62 Kilogramm CO₂ werden bei der Erzeugung von einem<br />
Kilogramm der Erdäpfel ausgestoßen. Das heißt jetzt<br />
nicht, dass wir alle bereits zum Frühstück Kartoffeln essen<br />
sollten. Getreidearten wie Weizen oder Roggen belegen<br />
hinter den Erdäpfeln den zweiten Platz mit allgemein 1,68<br />
Kilogramm CO₂ pro Kilogramm. Was Zuhause gilt, gilt<br />
auch im Urlaub. Deshalb bitte immer mit den Ressourcen<br />
sparsam und bewusst umgehen, wie z. B. das Licht ausschalten<br />
und die Handtücher, ein Waschgang bei 90 Grad<br />
setzt 1.060 Gramm CO₂ frei, mehrmals benutzen. Auf die<br />
kleinen Probiergrößen am besten verzichten, denn das<br />
landet gnadenlos im Plastikmüll. Jeder schöne und erholsame<br />
Urlaub geht mal vorbei. Ein Fotoalbum mit „FSC-Siegel“<br />
oder „Der blaue Engel“ erfreut uns nicht nur immer<br />
wieder, sondern auch unsere Umwelt.<br />
Angenommen, Sie haben sich für Ihre Reise doch für das<br />
Flugzeug entschieden. Durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten,<br />
ausgezeichnet mit dem Gold Standard,<br />
ist es möglich, seine CO₂-Emissionen zu kompensieren.<br />
Auf der Homepage des World Wide Fund For Nature<br />
(WWF) finden Sie dazu ausführliche Informationen und<br />
entsprechende Klimaschutzprojekte. Doch aufgepasst.<br />
Der WWF empfiehlt, keine Baum- oder Langnutzungsprojekte<br />
zu Kompensationszwecken zu nutzen! Ausgleichsprojekte<br />
sollten auf Langfristigkeit ausgerichtet sein.<br />
Bäume brauchen bekanntlich sehr lange, bis sie groß<br />
sind und eine spürbare Klimawirkung entfalten. Und ein<br />
Baum kann absterben oder Schäden erleiden, wie durch<br />
Überflutung oder Dürre.<br />
Innerhalb Deutschlands gibt es unzählige Sehenswürdigkeiten<br />
zu entdecken. Für Campingfreunde und Radfahrer<br />
bietet es sich an, das Buchungssystem von www.mycabin.<br />
eu zu nutzen. Hier werden private Camping- und Zeltplätze<br />
innerhalb Deutschlands vermittelt sowie freie Hütten.<br />
Das Start-up-Unternehmen hat seinen Sitz in Konstanz<br />
am Bodensee. Ach ja, der wunderschöne Bodensee ... Für<br />
Wanderfreudige empfiehlt sich das Buch von Benedikt<br />
Grimmler, Vergessene Pfade am Bodensee. Oder wie wäre<br />
es mit einer E-Bike-Tour auf dem Inn-Radweg oder in den<br />
Alpen? Oder einer Wildniswanderung durch den Bayerischen<br />
Wald? An dieser Stelle empfehle ich Ihnen von Marco<br />
Polo „Wohin geht die Reise 2023?“. In diesem Buch sind<br />
nicht nur unentdeckte Zielorte aufgelistet, sondern auch<br />
nachhaltige Unterkünfte.<br />
Egal ob mit dem Flugzeug, mit der Bahn, mit dem Fahrrad<br />
oder zu Fuß: Ihnen allen eine atemberaubende Reise.<br />
Rose Blue<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 25
Jacob Ross<br />
„Die Knochenleser“<br />
Suhrkamp Verlag<br />
ISBN 978-3-518-47236-1<br />
373 Seiten | 15,95 €<br />
Jacob Ross<br />
„Shadowman“<br />
Suhrkamp Verlag<br />
ISBN 978-3-518-47336-8<br />
460 Seiten | 16,95 €<br />
KRIMITIPPS VON UTASCH<br />
Die Karibik scheint ein Sehnsuchtsort mit Traumstränden<br />
für TouristInnen aus aller Welt zu sein, doch für die<br />
Einheimischen bietet das Leben auf den Inseln kaum<br />
Erholung vom Überlebenskampf. Missbrauch und Gewalt<br />
gehören zum Alltag der InsulanerInnen.<br />
Michael Digson „Digger“ lebt auf der fiktiven Karibikinsel<br />
Camaho. Dank seines Mentors Superintendent Chilman<br />
erhält er eine Ausbildung zum Forensiker und wird<br />
der „Knochenleser“ einer neu gebildeten Spezialeinheit<br />
der Polizei. Digger hat sehr persönliche Gründe für seine<br />
Arbeit. Er will das Verschwinden seiner Mutter klären, die<br />
von einem Antivergewaltigungsprotest nicht zurückkehrte.<br />
Wer gab damals den Schießbefehl auf die demonstrierenden<br />
Frauen und wie wurde die Leiche seiner Mutter<br />
beseitigt? Auch Superintendent Chilman wird von einem<br />
ungelösten Mordfall geplagt, auf den er Digger und<br />
dessen Kollegin Miss Stanislaus ansetzt. Ihre Ermittlungen<br />
führen zu einer Baptistengemeinde, deren Diakon<br />
minderjährige Mädchen missbraucht. Alltägliche sexuelle<br />
Gewalt scheint der Hauptgrund für die Schwierigkeiten<br />
und Geheimnisse zu sein, von denen alle Inselbewohner-<br />
Innen mehr als genug haben. Digger gerät in komplizierte<br />
Verwicklungen, legt sich mit seinen Vorgesetzten an und<br />
wird sogar suspendiert, bevor er einige Rätsel erfolgreich<br />
lösen kann. Für Spannung sorgen nicht nur die unerwarteten<br />
Wendungen bei der Aufklärung einiger Mordfälle,<br />
sondern auch die Geheimnisse, die Digger, Miss Stanislaus<br />
und Chilman umgeben.<br />
Die Fortsetzung handelt von Diggers Suche nach dem<br />
„Shadowman“, der in Gewaltverbrechen und Drogengeschäfte<br />
verwickelt zu sein scheint. Miss Stanislaus unterstützt<br />
ihn bei der Aufklärung einiger Morde, die alle mit<br />
Drogenschmuggel in Verbindung stehen, obwohl sie<br />
suspendiert wurde, weil sie im Dienst den Mann erschoss,<br />
der sie als Minderjährige vergewaltigte. Diggers Arbeit<br />
wird durch die Rivalitäten und politischen Ränke zwischen<br />
seinem Chef Malan, Superintendent Chilman, dem<br />
Polizeichef und dem Justizminister erheblich erschwert.<br />
Zudem sind seine Geliebte und deren Ex-Mann irgendwie<br />
in die Drogengeschäfte involviert. Die Gewaltspirale spitzt<br />
sich zu und Digger weiß nicht, wem er noch vertrauen<br />
kann. Doch Digger und Miss Stanislaus erweisen sich<br />
erneut als unbeirrbares und unbeugsames Ermittlerduo,<br />
verhindern die Etablierung einer neuen Schmuggelroute<br />
und entlarven alle kriminellen Akteure.<br />
Jacob Ross, der 1956 auf Grenada geboren wurde, zeigt<br />
uns in seinen Kriminalromanen die Schattenseiten des<br />
Lebens auf den Inseln, die wir als Urlaubsparadiese wahrnehmen.<br />
Digger, Miss Stanislaus und deren Freunde und<br />
Feinde sind komplexe Figuren, deren Motive erst im Laufe<br />
der Lektüre verständlich werden. Neben den verschiedenen<br />
kriminalistischen Handlungssträngen sorgen auch<br />
die vielschichtigen Charaktere der ProtagonistInnen für<br />
ein spannendes Leseerlebnis. Digger und Miss Stanislaus<br />
liefern sich immer wieder schlagfertige Dialoge in<br />
einer von Slang durchzogenen Sprache, die einen Hauch<br />
von Leichtigkeit und Humor in schwierige und zuweilen<br />
lebensbedrohliche Situationen bringen. Auch wenn sich<br />
das ungleiche Duo nicht immer einig ist, erweisen sie sich<br />
als echte HeldInnen im Kampf gegen das Böse, ohne vor<br />
der Anwendung von Gewalt zurückzuschrecken.<br />
Jacob Ross wird zu Recht als aufregende und einzigartige<br />
neue Stimme der Kriminalliteratur wahrgenommen<br />
und für seine Bücher mit renommierten Preisen<br />
ausgezeichnet.<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
KÜRBIS-GNOCCHI-AUFLAUF<br />
Foto: E. Peters<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
Gnocchi sind neben Pasta und Pizza die Stars der italienischen<br />
Küche. Ob mit Pesto, Salbeibutter oder mit Tomaten<br />
und Mozzarella überbacken, Gnocchi schmecken Groß<br />
und Klein und eignen sich als Festessen genauso wie als<br />
Mittag- oder Abendessen. Während wir hierzulande ausschließlich<br />
die Kartoffel-Gnocchi kennen, gibt es in Italien<br />
noch die ursprüngliche Variante aus Hartweizenmehl, die<br />
„Gnocchi à la Romana“, sowie die französischen „Gnocchi<br />
Parisienne“ aus Blätterteig. Wir wagen diesen Monat ein<br />
Rezept, wo die Gnocchi in einer Auflaufform eine Liaison<br />
mit dem gesunden „Fruchtgemüse“ Kürbis eingeht.<br />
Botanisch gesehen ist der Kürbis eine Beere und zählt zu<br />
den ältesten Kulturpflanzen. Das Fruchtfleisch liefert viele<br />
Nährstoffe. Vor allem das Beta-Carotin mit seinen antioxidativen<br />
Eigenschaften ist bekannt für seine immunstärkende<br />
Wirkung. Wir verwenden für unser Rezept den Hokkaido-Kürbis,<br />
weil man dessen Schale mitessen kann (kein<br />
Schälen nötig!). Die allgemeine Kürbis-Erntezeit beginnt<br />
im Herbst und dauert bis zum ersten Frost.<br />
Wir sagen: Auf den Kürbis, fertig, los! Der saftige Kürbis-Gnocchi-Auflauf<br />
mit Hackfleisch und Mozzarella ist<br />
sooo lecker – Sie werden begeistert sein...<br />
Zutaten für 2 Personen:<br />
300 g gem. Hackfleisch<br />
300 g Hokkaido-Kürbis<br />
500 g Gnocchi<br />
100 g Crème fraîche<br />
250 ml Gemüsebrühe<br />
125 g Mozzarella<br />
1 Zehe Knoblauch<br />
Zubereitung:<br />
Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden und in einer Pfanne<br />
mit etwas Öl anschwitzen. Das gemischte Hackfleisch<br />
zugeben und krümelig braten. Mit Salz, Pfeffer, Currypulver,<br />
Chilipulver und dem gepressten Knoblauch würzig<br />
abschmecken. Das Tomatenmark zugeben und kurz<br />
mitrösten. Die Gemüsebrühe langsam dazugießen und<br />
den in Würfel geschnittenen Kürbis ebenfalls zugeben.<br />
Zugedeckt ca. fünf Minuten dünsten. Danach die Crème<br />
fraîche, Basilikum und die Gnocchi zugeben und alles gut<br />
miteinander vermischen. In eine Auflaufform füllen und<br />
den Mozzarella in Scheiben schneiden und als Abschluss<br />
darüber verteilen. Im vorgeheizten Backofen bei 200 °C<br />
Ober-/Unterhitze ca. 15-20 Minuten überbacken.<br />
Guten Appetit!<br />
1 Zwiebel<br />
1 TL Currypulver<br />
Chilipulver<br />
1 EL Tomatenmark<br />
Basilikum<br />
Öl<br />
Salz & Pfeffer<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 27
Jahrhunderts gewannen sie mal die Europameisterschaft<br />
und ansonsten mal hier und dort eine Bronzemedaille.<br />
Umso mehr hat es mich überrascht, dass die deutsche<br />
Mannschaft mit dem Ziel Halbfinale in das Turnier gestartet<br />
ist. Dass am Ende der Weltmeistertitel herausspringt,<br />
ist nun natürlich eine Sensation. Nach dem Sieg sprachen<br />
einige Spieler den Wunsch aus, dass durch den Titel<br />
ein Basketball-Boom in Deutschland aufkommt und eine<br />
neue goldene Generation heranwächst. Das wäre super,<br />
doch noch besser wäre es, wenn die Herren Sportfunktionäre<br />
in Deutschland zugesehen und zugehört haben und<br />
in dieser Sportart auch endlich eine vernünftige Nachwuchsförderung<br />
ankurbeln.<br />
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
da bin ich wieder! Der Urlaub ist vorbei, das schöne Wetter<br />
auch und so kann man sich wieder voll auf die sportlichen<br />
Aktivitäten im Fernseher konzentrieren. Da liefen<br />
während der Sommerferien auch schon eine ganze<br />
Menge sportlicher Großereignisse ab, doch aus deutscher<br />
Sicht war der Sommer lange sehr enttäuschend.<br />
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft mussten die deutschen<br />
Frauen die Segel ungewohnt früh streichen – dem<br />
männlichen Nachwuchs ging es aber auch nicht besser.<br />
Die deutschen LeichtathletInnen erreichten sogar Historisches,<br />
indem sie erstmals in der Geschichte überhaupt<br />
keine Medaille holten. Doch dann kamen der September<br />
und die deutschen Basketballer! Die hatten keine teuren<br />
und extravaganten Trainingslager, mit denen wurden<br />
keine wahnsinnigen Siegprämien vereinbart, die wollten<br />
einfach nur spielen und gewinnen. Und das taten sie<br />
dann auch vom ersten Vorrundenspiel an. Und obwohl<br />
die Jungs bei Vereinen in allen möglichen Ecken der Welt<br />
spielen, traten die als wirkliche Einheit auf. Jeder wusste,<br />
wo er zu spielen hat und wo der Nachbar seine Stärken<br />
hat, jeder Spieler, auch die Superstars, stellte sein Können<br />
in den Dienst der Mannschaft. Vom ersten Gruppenspiel<br />
bis zum Finale hat die Truppe alles gegeben, um jeden<br />
Ball gekämpft und am Ende jedes (!) Spiel gewonnen.<br />
Und das nicht etwa gegen Laufkundschaft, denn mit Australien,<br />
Slowenien, den USA und Serbien gehörten einige<br />
Turnierfavoriten zu den deutschen Gegnern. Wie die als<br />
Mannschaft zusammengehalten haben, sich nach einem<br />
Rückstand wieder aufgerafft und gegenseitig nach vorn<br />
getrieben haben, das war schon ganz großer Sport! Vor<br />
allem: So etwas hat man z. B. bei den deutschen FußballerInnen<br />
zuletzt schmerzlich vermisst!<br />
Bislang waren ja im Basketball deutsche Erfolge relativ<br />
selten, ich glaube in den 1990er-Jahren des letzten<br />
Bei den Fußballdamen aus Deutschland hatte ich mich in<br />
der letzten <strong>Ausgabe</strong> ja schwer geirrt. Hatte ich nach deren<br />
6:0 Auftaktsieg völlig euphorisch geschrieben, die werden<br />
auf gar keinen Fall so sang- und klanglos wie die Männer<br />
ausscheiden, haben sie das zwei Wochen später doch genauso<br />
gemacht. Das hat mich dann doch ziemlich überrascht!<br />
Zwar haben sie in den Vorbereitungsspielen alles<br />
andere als geglänzt, aber sie wollten in Australien trotzdem<br />
um den Titel mitspielen. Das ging dann aber in die<br />
Hose. Die beiden weiteren Gruppenspiele waren für mich<br />
ein Rätsel, das sah so aus, als hätten sie über Nacht alles<br />
verlernt, was sie bis dahin trainiert haben. Da bin ich mal<br />
gespannt, ob die irgendwann mal eine Erklärung finden,<br />
wie das passieren konnte. Im Moment scheinen sie die jedenfalls<br />
noch nicht zu haben, denn ihr Auftakt in der Nations<br />
League ging gegen Dänemark auch gleich wieder<br />
verloren. Für mich ist dieser Wettbewerb genauso unsinnig<br />
wie bei den Männern, aber inzwischen hängt da wohl<br />
die Qualifikation für Olympia dran. Also sollte man das<br />
vielleicht doch ernst nehmen?!<br />
Doch auch bei den deutschen Fußballherren gab es mal<br />
wieder Zoff und das, obwohl deren Weltmeisterschaft<br />
nun schon fast ein Jahr zurückliegt. Oder vielleicht ja<br />
auch gerade deswegen, denn von einer positiven Entwicklung<br />
war nach der WM nämlich noch nix zu sehen. Vor<br />
der Sommerpause gab es in drei Spielen keinen Sieg und<br />
im September ein 1:4 gegen Japan, da kann man wahrlich<br />
nicht von einem Aufwärtstrend sprechen. Das war es<br />
dann natürlich auch für Trainer Flick, wobei ich ja von Anfang<br />
an gesagt hatte, dass er der falsche Trainer ist. Doch<br />
da wurde mal wieder nur von zwölf bis Mittag gedacht<br />
beim DFB, als man Hansi verpflichtete. Man wollte raus<br />
aus dem Jogi Löw-System, wollte wieder frischen modernen<br />
Fußball spielen, und dann holt man den Co-Trainer<br />
vom Jogi?! Und die sechs Titel, die er mit den Bayern in einer<br />
Saison geholt haben will, waren ja auch gemogelt. Als<br />
der Hansi die Bayern damals übernahm, stand die Meisterschaft<br />
schon fast fest und in zwei Wettbewerben war<br />
man bereits mit einem Bein im Finale. Was mich bei Flick<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
Foto: Eloisa Lopezl / REUTERS<br />
Abb.: Deutschland ist erstmals Basketball-Weltmeister. Im Finale schaffte das DBB-Team einen Sieg über Serbien.<br />
geärgert hat war das absolute Nichteinsehen von Fehlern.<br />
Nach jedem verlorenen Spiel sagte er hinterher wie<br />
ein bockiges Kind: „Wir sind aber auf dem richtigen Weg!“<br />
Jetzt soll es also Julian Nagelsmann richten, der Mann,<br />
der in München die Kabine verloren hatte. Der Kerl ist<br />
jünger als der etatmäßige Torhüter, da kann man nur gespannt<br />
sein, ob das gut geht. Zwar hat Nagelsmann schon<br />
bei einigen Clubs als Cheftrainer gearbeitet, aber mit 36<br />
Jahren verfügt er doch noch nicht über einen wirklich<br />
großen Erfahrungsschatz. Aber egal, neun Monate hat er<br />
noch Zeit, aus einem Haufen guter oder talentierter Spieler<br />
eine Mannschaft zu basteln, die bei der EM mitspielen<br />
kann...<br />
In den deutschen Ligen wurde der Spielbetrieb auch wieder<br />
aufgenommen, doch nach fünf Spieltagen kann man<br />
noch keine Aussage machen, wer am Ende in den Europapokal<br />
kommt oder wer absteigt. Der Sportclub Freiburg<br />
hat diesmal keinen optimalen Saisonstart erwischt, aber<br />
ich bin mir sicher, dass die sich noch fangen. Die Klatsche<br />
in Stuttgart dürfte allerdings noch eine Weile schmerzen,<br />
aber in der Rückrunde ist ja Zeit für eine Revanche!<br />
Mich schmerzt natürlich auch etwas der Abstieg meiner<br />
Schalker! Ist schon traurig, dass wir in der zweiten<br />
Liga spielen müssen und die Meisterverweigerer aus<br />
Lüdenscheid ohne Bestrafung weiter im Oberhaus kicken<br />
dürfen. Es gibt eben keine Gerechtigkeit im Fußball! Natürlich<br />
ist es in diesem Jahr mal wieder die stärkste zweite<br />
Liga aller Zeiten, logisch, wenn Schalke mitspielt... Doch<br />
das ist nur ein schwacher Trost. Außerdem läuft schon<br />
nach sieben Spielen alles schief. Zwar hatte ich gesagt, die<br />
sollen nicht gleich wieder direkt aufsteigen, sondern in<br />
Ruhe eine neue Mannschaft aufbauen und dafür halt ein<br />
oder zwei Jahre länger in der zweiten Liga bleiben. Das<br />
Bleiben hatte ich extra betont! Doch die Knappen sind so<br />
vom Abstiegskampf der letzten Saison fasziniert, dass sie<br />
sich hier auch schon wieder auf einem Abstiegsplatz befinden.<br />
Nur einer hat das kapiert mit dem ruhigen Neuaufbau<br />
und das ist Julian Draxler. Der Weltmeister und<br />
Hardcore-Schalke-Fan hätte nach seinem Paris Abenteuer<br />
auch zurückkommen, den Superstar spielen und einen<br />
Haufen Geld verdienen können. Aber er hat die Zeichen<br />
der Zeit verstanden, lässt die Jungs in Ruhe und geht<br />
für 'nen Appel und ein Ei nach Katar. Dort kennt ihn kein<br />
Schwein und er muss ganz unten anfangen. Aber er war<br />
ja schon immer ein Kämpfer!<br />
So, das war es mal wieder für diesen Monat von mir. Bis<br />
demnächst…<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIELRÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Seid gegrüßt, liebe Schlaumeier!<br />
Um uns zu verständigen, brauchen wir Kommunikation. Meistens bevorzugen wir die Sprache,<br />
ob schriftlich oder verbal, vor allem beim Dialog. Ob sachlich, vertraut oder emotional,<br />
gerne auch mit rhetorischen Stilmitteln, denn was sich liebt, das neckt sich ja bekanntlich<br />
auch gerne. Mal belustigend oder verniedlichend bis hin zu böse oder sogar beleidigend.<br />
Das ist dann allerdings weniger schön! Trotzdem kennen wir sie und manchmal benutzen<br />
wir sie auch. Richtig: es geht hier diesmal um Schimpfwörter – Ich wünsche fröhliches<br />
Kopfzerbrechen und bleibt anständig!<br />
1. Gebüsch-Räuber<br />
2. Ungezieferknabe<br />
3. Denkorgan eines Vogels<br />
4. Scherz-Körperform<br />
5. Unlieber Gnom<br />
6. Inhaltsloser Schädel<br />
7. Männliches Zoff-Nutztier<br />
8. Knauseriges Bekleidungsteil<br />
9. Darmwind mit Geschwindigkeitseinheit<br />
10. Ein schmutziger Vogel<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
UND:<br />
Im Dezember 2023 wird von ALLEN korrekten<br />
Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />
der eine besondere Überraschung erhält!<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 27 . <strong>Oktober</strong> 2023<br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: RUECKSICHT<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. KRAFTRAD 2. U-BOOT<br />
3. PLANWAGEN 4. SCHACHZUG 5. KRAFTSTOFF<br />
6. S-BAHN 7. FLUGLINIE<br />
8. SCHIFFBRUCH 9. AFFENZAHN 10. NOTBUCHT<br />
Gewonnen haben (aus 84 korrekten Einsendungen):<br />
L. Meister, Vogtsburg i. K.<br />
L. Würthner, Tuttlingen<br />
D. Asam-Saar, Freiburg<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />
In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />
welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />
gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />
die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />
einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />
und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />
Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />
Presselandschaft bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />
Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: Unbekannt (Wikipedia)<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />
auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />
Website: www.frei-e-buerger.de<br />
Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />
Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
der Straßenzeitungen<br />
Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />
die Veröffentlichung im Internet sind nur nach Rücksprache<br />
und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />
gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
31.10.2023<br />
1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />
Öffentliche Redaktionssitzung<br />
FREIeBÜRGER 10 | 2023 31
Anzeige<br />
Gegen den Abbau von Flüchtlingsrechten<br />
Aktuell erinnert einiges an Anfang der 90er-<br />
Jahre. Nein, damals gabs kein Corona und auch<br />
die Bedrohlichkeit der Klimakatastrophe war im<br />
Bewusstsein der breiten Bevölkerung noch nicht<br />
so angekommen, wie heute, einiges erinnert<br />
aber auch fatal an diese Zeit, als rechte Hetze<br />
und rassistische Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte<br />
von der Politik mit der Quasi-Abschaffung<br />
des Grundrechts auf Asyl, dem sogenannten<br />
Asylkompromiss, beantwortet und<br />
belohnt wurden. Und auch jetzt scheinen wieder<br />
weitere massive Einschnitte in die Rechte von<br />
Schutzsuchenden und eine weitere Abschottung<br />
die fatale Antwort auf die Stärke der AfD zu<br />
sein. Was in diesem Bereich anders als Anfang<br />
der 90er-Jahre ist, evtl. wegen einer Lähmung<br />
aufgrund der vielen Krisen, dass es keine breite<br />
Bewegung gegen diese Politik gibt. 1992 demonstrierten<br />
in Bonn etwa 200.000 Menschen<br />
für den Schutz des Asylrechts. Zahlen, die<br />
heute unvorstellbar wirken. Radio Dreyeckland<br />
als antirassistisches Radio wird aber immer<br />
noch genau die Stimmen zu Gehör bringen,<br />
Soziale Rechte für ALLE! – Keine<br />
Ausgrenzungen! AsylbLG abschaffen!<br />
Wir würden uns, wie gesagt, freuen über viele Demos<br />
gegen den Abbau von Flüchtlingsrechten berichten zu<br />
können. Deshalb werden wir auf jeden Fall über die Aktionswoche<br />
für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />
und die Demo am 28. <strong>Oktober</strong> (14 Uhr, Platz<br />
d. A. Synagoge) berichten: „Heute werden die sozialen<br />
Rechte von Geflüchteten wieder angegriffen. Asylsuchende,<br />
deren Antrag abgelehnt wurde, sollen kein Bargeld mehr<br />
bekommen. Eine spezielle Arbeitspflicht für 80 Cent/h für<br />
Geflüchtete soll eingeführt werden. Der Lageraufenthalt von<br />
18 Monaten für Einzelpersonen unter intensiven Grundrechtseinschränkungen<br />
soll flächendeckend durchgesetzt<br />
werden. Die Standards für Aufnahme, Unterbringung und<br />
Betreuung sollen weiter gesenkt werden. All diese Vorschläge<br />
kursieren aktuell in Parteikreisen, im Landkreistag<br />
von BW, in Parlamenten“.<br />
rdl.de/tag/asylbewerberleistungsgesetz<br />
die sich weiterhin gegen den fortgesetzten Abbau<br />
von Flüchtlingsrechten einsetzen. Wir halten an<br />
der Idee von universellen Menschenrechten fest.<br />
Schon 1907 erklärte Karl Liebknecht: „Die Kongressresolution<br />
fordert also die völlige Gleichstellung<br />
der Ausländer mit den Inländern auch in<br />
Bezug auf das Recht zum Aufenthalt im Inland.<br />
Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!<br />
Das ist die erste Voraussetzung dafür, dass die<br />
Ausländer aufhören, die prädestinierten Lohndrücker<br />
und Streikbrecher zu sein.“ Wir sprechen<br />
nicht über ein „Abschiebungsdefizit“, sondern<br />
berichten darüber, wie unmenschlich dieses<br />
Mittel ist und was es für die Betroffenen bedeutet.<br />
Z. B. in der Sendung unserer Geflüchtetenredaktion<br />
Our Voice (jeden Mittwoch um 16 Uhr)<br />
kommen Geflüchtete mit ihren Geschichten und<br />
Fluchtgründen zu Wort. Wir werden auch die<br />
Demo „Soziale Rechte für Alle! – Keine<br />
Ausgrenzung“ am 28. <strong>Oktober</strong> in Freiburg<br />
begleiten (siehe unten).<br />
rdl.de/thema/antirassismus-migration<br />
Jeden 1. Mittwoch des<br />
Monats: 12-13 Uhr<br />
im Mittagsmagazin<br />
'Punkt 12'<br />
Hört, Macht, Unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live - 0761/31028