WDL-aktuell März 2024
WDL-aktuell: Ortsanzeiger für Wadersloh, Diestedde, Liesborn und regional in Lippetal, Stromberg, Sünninghausen – Osterausgabe – Der Frühling ist da – Beauty und Wellness
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Weltmeister aus Wadersloh -<br />
Vogelzüchter Oliver Fehst (53) räumt in Spanien ultimativ ab<br />
Von Stefan Niggenaber<br />
„Der Patriot“<br />
Diese so genannte Kollektion aus vier Wüstengimpel-Weibchen<br />
holte in Spanien den<br />
Weltmeister-Titel.<br />
Vogelbegeisterter Fachmann: In Wadersloh züchtet Oliver Fehst (53) seit jeher die unterschiedlichsten<br />
Rassen. Jetzt hat er mit seinen Wüstengimpeln in Spanien Geschichte geschrieben.<br />
Foto: Niggenaber<br />
Wadersloh (pat). Das W in Wadersloh<br />
steht für Wüstengimpel.<br />
Und jetzt auch für Weltmeister. Gestatten,<br />
Oliver Fehst, 53 Jahre alt.<br />
Sympathisch. Ehrlich. Eigenmarke.<br />
Passionierter Vogelzüchter – und<br />
das nun mit Weltruf: Im spanischen<br />
Talavera de la Reina (anderthalb<br />
Autostunden hinter Madrid) haben<br />
seine Wüstengimpel jetzt die Welt-<br />
Elite besiegt: Wahnsinn.<br />
Wenn Fehst vor seinen Volieren<br />
steht, ist der Mann in seinem Element.<br />
Wahrhaftig. Dann spricht er<br />
von Zuchtplänen. Von den Gefiedern<br />
und Formen seiner Vögel. Von<br />
einer ganzen Litanei an ausgesuchten<br />
Saaten, speziellen Vitaminen<br />
und Co. Heute hätten seine Vögel<br />
zum Beispiel Chicorée und Brokkoli<br />
bekommen. Alles nur vom Feinsten.<br />
Die Vogelzucht sei „eine Wissenschaft<br />
für sich“, weiß der Wadersloher,<br />
der darüber hier und heute<br />
noch Stunden erzählen könnte. Bücher<br />
könnte der Mann über sein<br />
Hobby schreiben. Ganze Bände, soviel<br />
Fachwissen hat er sich über die<br />
Zeit angeeignet.<br />
47 Jahre macht er das schon. Unzählige<br />
Arten hat er schon gezüchtet.<br />
Vom Kanarienvogel bis zum<br />
Feuerzeisig. „Olli“ kennt sie alle. In<br />
und auswendig. Dabei hat Fehst<br />
die Vogelzucht sozusagen im Blut.<br />
1986 hatte sein Opa als einer der<br />
ersten in Deutschland überhaupt<br />
Wüstengimpel gezüchtet. Vor allem<br />
deshalb geht ihm die Auszeichnung<br />
auch besonders ans Herz.<br />
Weltmeister – ein Titel, der nachhallt.<br />
Und in Züchter-Kreisen so<br />
heiß begehrt ist wie Wasser in den<br />
Wüsten: simpel. Wüstengimpel.<br />
Der kleine Piepmatz, den der Wadersloher<br />
hier groß rausgebracht<br />
hat, ist übrigens eine Finkenart, die<br />
Wüsten und Halbwüsten südlich<br />
des Mittelmeerraums und im Nahen<br />
Osten bewohnt. Auch Wüstentrompeter<br />
genannt.<br />
Ganz offensichtlich gut drauf, zwitschern<br />
und hüpfen die grauen, kleinen<br />
Vögel umhütet auch durch die<br />
Fehstschen Volieren in Wadersloh.<br />
Wellness bei weltmeisterlichen Bedingungen.<br />
Im Hintergrund läuft in<br />
dem noblen Gartenhaus den ganzen<br />
Tag über das Radio. Das haben<br />
sie sich aber auch verdient.<br />
Gut 2000 Kilometer haben die<br />
Wüstengimpel in diesem Jahr<br />
schon auf der Uhr. Vielmehr auf<br />
dem Tacho. Über eigens eingerichtete<br />
Sammelstellen (in diesem Fall<br />
Hiddenhausen und Kassel) ging es<br />
für die Vögel der insgesamt 99<br />
bundesdeutschen Züchter zur Weltmeisterschaft<br />
nach Spanien. Veterinäre<br />
kontrollierten die Tiere dabei<br />
engmaschig, in speziellen Transportkäfigen<br />
wurde auf ständige<br />
Pausen, Frischluft, Licht, Futter und<br />
Wasser geachtet. Tausende Vögel<br />
der unterschiedlichsten Rassen kamen<br />
so in Talavera de la Reina aus<br />
der ganzen Welt zusammen. Sage<br />
und schreibe 25 000 sollten es am<br />
Ende sein: doppelt so viele Vögel<br />
an einem Fleck wie Wadersloh Einwohner<br />
hat – verrückt.<br />
Bewertet werden die Tiere bei derlei<br />
Wettbewerben nach einem festgelegten<br />
Standard, weiß Fehst. Kriterien<br />
seien etwa Gefieder und<br />
Form. Auch Größe, Haltung und Vitalität.<br />
Und in Kombination daraus<br />
haben seine vier Wüstengimpel-<br />
Weibchen – eine so genannte Kollektion<br />
– in Spanien wohl einen<br />
echten Sahnetag erwischt. Spitzenreiter,<br />
Spitzenreiter, hey, hey...! Nun<br />
darf sich Fehst mit Fug und Recht<br />
als ausgezeichneten Züchter bezeichnen.<br />
„Wobei so ein Titel schön, aber<br />
eben auch nicht alles ist.“ Ihm gehe<br />
es vor allem um das Wohl der Tiere.<br />
Sprich: Fehst ist kein Vogel-Mafioso.<br />
Für ihn sei die Zucht vielmehr<br />
eine Leidenschaft. Zwar eine, die<br />
auch Leiden schafft („das kostet<br />
einfach alles sehr viel Zeit“), aber<br />
eben auch schöner Ausgleich ist im<br />
sonst so stressigen Alltag. Hauptberuflich<br />
– und daher dürfte der<br />
Mann auch vielen Lesern aus Lippstadt<br />
bekannt vorkommen – ist er<br />
nämlich als Bezirksschornsteinfegermeister<br />
unter anderem in der<br />
Kernstadt unterwegs.<br />
Ein paar Jahre hatte der Wadersloher<br />
die Vogelzucht zwischendurch<br />
übrigens mal drangegeben – einfach<br />
zuviel um die Ohren. Vor anderthalb<br />
Jahren hat er aber wieder<br />
Blut geleckt. Alte Liebe rostet nicht.<br />
Mit der Züchterei ging es sozusagen<br />
zurück in die Zukunft. Fortsetzung<br />
nicht ausgeschlossen.<br />
<strong>WDL</strong> <strong>aktuell</strong> — <strong>März</strong> <strong>2024</strong><br />
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