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KOMM 2/2024

KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di

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<strong>KOMM</strong><br />

02/<strong>2024</strong> WWW.IKT.VERDI.DE<br />

TELEKOM<br />

Foto: Manfred Geneschen<br />

WIR FORDERN 12 %<br />

Die ver.di-Tarifkommission hat die ver.di-Forderungen für die Tarifrunde<br />

Telekom beschlossen. Danach sollen die Einkommen der Beschäftigten um<br />

zwölf Prozent steigen, mindestens aber um 400 Euro im Monat. Die Vergütungen<br />

der Auszubildenden und der dual Studierenden sollen um 185 Euro<br />

monatlich angehoben werden. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll<br />

zwölf Monate betragen.<br />

Dank des hohen Engagements der<br />

ver.di-Tarifbotschafter*innen beteiligen<br />

sich mehr als 19 000 Beschäftigte an<br />

der Forderungsdiskussion zur Tarifrunde<br />

<strong>2024</strong>. Am 14./15. März hat die ver.di-<br />

Tarifkommission für den Konzern Deutsche<br />

Telekom die Diskussionsergebnisse<br />

analysiert und die Forderungen für die<br />

Tarifrunde beschlossen.<br />

Breite Beteiligung<br />

Die in den mehr als 19 000 Forderungsinterviews<br />

geäußerten Meinungen zeichnen<br />

ein deutliches Bild: Die akuten<br />

Preissteigerungen der vergangenen Jahre<br />

belasten die Einkommen der Kolleg*innen;<br />

neunzig Prozent aller Befragten geben<br />

an, dass die Inflation für sie eine<br />

mittlere (58 Prozent) oder sogar hohe<br />

Belastung (32 Prozent) bedeutet. Insofern<br />

unterstreicht dieser Eindruck die bereits<br />

im November von der ver.di-Tarifkommission<br />

festgelegte Grundausrichtung der<br />

Tarifrunde: Wir brauchen eine kräftige<br />

Erhöhung!<br />

Eine Tarifrunde für alle<br />

Die beschlossenen Forderungen beziehen<br />

sich auf alle durch ver.di gekündigten Entgelttarifverträge.<br />

ver.di verfolgt das Ziel<br />

einer einheitlichen Tarifrunde für alle<br />

ver.di-Mitglieder im Telekom-Konzern.<br />

Nach wie vor versperren sich die Arbeitgeber<br />

einer Vereinbarung zu gemeinsamen<br />

Verhandlungen. Rolf Müsgen, Mitglied<br />

der Tarifkommission im Telekom-<br />

Konzern, kann die Blockade der Arbeitgeber<br />

nicht nachvollziehen: „Ich kann die<br />

Haltung der Arbeitgeber nicht verstehen.<br />

Alle Beschäftigten sind Teil des Konzerns<br />

und arbeiten gemeinsam für den Unternehmenserfolg.<br />

Es wäre nur fair, diese<br />

Gemeinsamkeit auch bei den anstehenden<br />

Entgeltverhandlungen umzusetzen.“<br />

Aktuelle Inflationsraten<br />

Wir erleben derzeit eine Situation, in der<br />

sich die Inflationsrate wieder in ein moderateres<br />

Fahrwasser bewegt. Zuletzt<br />

hatte das statistische Bundesamt die<br />

Preissteigerung im Februar mit 2,5 Prozent<br />

angegeben. Für das Gesamtjahr<br />

<strong>2024</strong> wird mit einer Preissteigerungsrate<br />

von 2,1 bis drei Prozent gerechnet. Dennoch<br />

stehen diesen Zahlen enorme Belastungen<br />

der Kolleg*innen gegenüber. In<br />

den Jahren 2022 und 2023 ist das allgemeine<br />

Preisniveau massiv gestiegen, dass<br />

es sich in diesem Jahr voraussichtlich absinkt,<br />

ist gut. Billiger wird das Leben davon<br />

jedoch nicht.Die Forderung zur Tarifrunde<br />

<strong>2024</strong> greift daher sowohl die starken<br />

Inflationssteigerungen 2022 und<br />

2023 sowie die künftigen zu erwartenden<br />

Effekte in <strong>2024</strong> auf.<br />

Die erste Tarifverhandlung fand nach<br />

<strong>KOMM</strong>-Redaktionsschluss statt. Wir<br />

informieren unter www.trt.verdi.de<br />

über den aktuellen Stand.


2<br />

INHALT<br />

2 Fehlerteufel<br />

2 Seminarangebot<br />

Termine für Tech-Worker<br />

3 Editorial<br />

3 DT Technik<br />

Funktionszulage durchgesetzt<br />

4 Deutsche Telekom<br />

Geschäftskunden GmbH<br />

450 Vollzeitstellen sollen<br />

wegfallen<br />

FEHLERTEUFEL<br />

In der Ausgabe 1/<strong>2024</strong> ist uns ein Fehler<br />

unterlaufen. Der Link zur Internetseite der<br />

DGB-Jugend zur Europawahl war nicht<br />

vollständig und funktionierte deshalb<br />

nicht.<br />

Über diesen Kurzlink kann die Seite<br />

aufgerufen werden:<br />

https://kurzelinks.de/z52c<br />

Wir bitten um Entschuldigung.<br />

SEMINARANGEBOT<br />

Grafik: hermandesign2015/stock.adobe.com<br />

5 ISS<br />

Jetzt entscheiden die<br />

ver.di-Mitglieder<br />

Termine für Tech-Worker<br />

Auch in diesem Jahr bieten wir wieder<br />

Seminare für Mitbestimmer*innen und<br />

Interessierte aus der Tech-Branche an.<br />

Zum Auftakt gibt es ein Online-Seminar<br />

zum Thema „Gute agile Projektarbeit“ für<br />

Mitbestimmer*innen am 26. April <strong>2024</strong><br />

von 9 bis 16 Uhr.<br />

Am 16. Mai <strong>2024</strong> wird von 14 bis 16 Uhr<br />

ein Seminar für englischsprachige Betriebsräte<br />

in der Tech-Branche angeboten.<br />

Ausführliche Informationen:<br />

https://kurzelinks.de/t0p9<br />

Foto: ver.di<br />

6 Kyndryl<br />

ver.di fordert deutliche<br />

Entgeltsteigerung<br />

7 SAP<br />

Schlingerkurs kostet<br />

Vertrauen<br />

8/9 Tech-Branche<br />

Trotz Entlassungen<br />

gute Jobchancen<br />

10 IKT-Branche<br />

ver.di ist die IT-Gewerkschaft<br />

11 Schwerbehinderte<br />

Menschen<br />

Chancen und Risiken von KI<br />

12 International<br />

Veränderung braucht<br />

Lösungen<br />

13 Schwerbehinderte<br />

Menschen<br />

Der Europäische Behindertenausweis<br />

kommt<br />

14 Beamt*innen<br />

Hoher Stellenwert in ver.di<br />

15 Arbeitszeit<br />

Zeit ist reif für Besserung<br />

15 Besoldung<br />

Satte Erhöhung ab März <strong>2024</strong><br />

16 Demokratie im Betrieb<br />

Nie wieder ist jetzt<br />

VER.DI-BUNDESFACHGRUPPE IKT<br />

GOES SOCIAL MEDIA<br />

IMPRESSUM<br />

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<strong>KOMM</strong> Nr. 2/<strong>2024</strong><br />

24. Jahrgang<br />

#verdiIKT<br />

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ver.di_IKT zur Netzpolitik<br />

https://twitter.com/verdi_Netzpol<br />

Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundes vorstand: Frank Werneke<br />

Christoph Schmitz, Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />

Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Telefon: 030 6956-0 Internet: https://ikt.verdi.de<br />

Erscheinungsweise: 8 Ausgaben pro Jahr<br />

Redaktion: Jessica Sauerwald, Silke Leuckfeld (sil) E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />

Layout: datagraphis GmbH, Wiesbaden-Nordenstadt Internet: https://datagraphis.de<br />

Gedruckt auf GraphoSilk FSC® 80g/m 2<br />

Folge uns für Tweets und Posts über die Themen,<br />

die die IT- und TK-Branche bewegen:<br />

Druck: Schaffrath DruckMedien GmbH Auflage: 78 563<br />

Anzeigen und Beilagen: Jessica Sauerwald<br />

Telefon: 030 6956-2442<br />

E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />

Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 3. Mai <strong>2024</strong>


3<br />

<strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

EDITORIAL<br />

TERMINE DER BETRIEBSGRUPPEN<br />

Diese Ausgabe ...<br />

... startet auf dem Titel mit dem größten tarifpolitischen Thema unserer Fach gruppe<br />

IKT in diesem Jahr: der Tarifrunde Telekom <strong>2024</strong>. Wenige Stunden bevor die Ausgabe<br />

gedruckt wurde, hat die große Tarifkommission die ver.di-Forderungen beschlossen.<br />

An dieser Stelle möchten wir uns bei unseren ver.di-Kollegen in der<br />

Druckerei bedanken, die darauf gewartet haben.<br />

In dicken Lettern haben wir auf dem Titel die 12 stehen. Diese Zahl ist weder ausgedacht<br />

noch ausgewürfelt. Die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und<br />

ver.di-Betriebsgruppen haben uns ihre Forderungen mitgeteilt. Mehr als 19 000<br />

Forderungsinterviews wurden mit den Beschäftigten geführt. Der durchgängige<br />

Tenor lautete, dass die Inflation eine große bis sehr große Belastung ist. Und auch<br />

wenn die Inflation aktuell ihr Tempo verlangsamt hat, heißt dies nicht, dass die<br />

Menschen weniger bezahlen. Der weitere Preisanstieg geht nur nicht mehr so rasant<br />

voran, preiswerter wird fast nichts. Letztendlich sind wir alle unsere eigenen<br />

Inflationsrechner. Wir spüren an den Tankstellen, den Supermarktkassen und bei<br />

den Abrechnungen der Energieversorger, wo unser Geld bleibt. Und viele von uns<br />

müssen feststellen: Es reicht nicht mehr!<br />

Das Ergebnis von mehr als 19 000 Interviews im Konzern sollte den Verantwortlichen<br />

bei der Telekom ein deutliches Zeichen sein: Vor den Aktionärinnen und<br />

Aktionären kommen die Beschäftigten. Sie haben das Geld erwirtschaftet und<br />

wollen nicht mit einem Reallohnverlust nach Hause gehen. Am Verhandlungstisch<br />

wird sich zeigen, ob dieses Signal in den Chefetagen angekommen ist.<br />

<br />

Die <strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />

www.mitgliedwerden.verdi.de<br />

Foto: geralt/pixabay<br />

Sie sind online zu finden unter:<br />

https://tk-it.verdi.de/<br />

Service<br />

Treffpunkte<br />

Oder einfach den<br />

QR-Code scannen<br />

DT TECHNIK<br />

Funktionszulage durchgesetzt<br />

Mäusekot in Vermittlungsstellen, überhitzte Technikräume, Arbeiten auf<br />

dem Fußboden oder sogar Schlangen in Multifunktionsgehäusen – all das<br />

erleben die Kolleg*innen im Außendienst bei der DT Technik, wie eine Befragung<br />

unter allen Techniker*innen bestätigt.<br />

Die Befragung zeigt sehr eindrücklich, mit<br />

welchen Umgebungseinflüssen und Belastungen<br />

die Kolleg*innen im Außendienst<br />

konfrontiert sind. Für die Entgeltgruppen<br />

1 – 4 gibt es im ver.di-Entgeltrahmentarifvertrag<br />

für solche Fälle eine<br />

Funktionszulage.<br />

Bisher war die Funktionszulage in der<br />

DT Technik jedoch nur für die GJA-Profile<br />

Monteur I und Technical Supporter II vorgesehen.<br />

Um die Funktionszulage auch für<br />

andere GJA-Profile einzuführen, musste<br />

ein Beschluss in der Unternehmenskommission<br />

der DT Technik erfolgen.<br />

ver.di-Betriebsräte ebnen den Weg<br />

Die Unternehmenskommission DT Technik<br />

ist paritätisch von ver.di und dem<br />

Arbeitgeberverband besetzt und entscheidet<br />

hauptsächlich über die Eingruppierung<br />

individueller Einsprüche.<br />

Die ver.di-Betriebsräte haben dort bereits<br />

im Jahr 2022 darauf gedrungen, dass<br />

die Unternehmenskommission darüber<br />

entscheidet, welche GJA-Profile unter eine<br />

Funktionszulage fallen. Sie haben zudem<br />

einen entsprechenden Antrag für das Jobprofillevel<br />

Techniker I eingebracht.<br />

Befragung bestätigte den Eindruck<br />

Nach mehreren Gesprächsrunden zu der<br />

Frage, wie die Umgebungseinflüsse und<br />

Belastungen objektiv gemessen werden<br />

können, wurde in einer gemeinsamen<br />

Arbeitsgruppe die schon erwähnte Befragung<br />

erarbeitet – mit Erfolg! Mehr als<br />

200 Techniker*innen haben sich an der<br />

Befragung beteiligt und zu den Themen<br />

Schmutz, Kälte, Wärme und Lärm<br />

die schon vorliegenden Eindrücke deutlich<br />

bestätigt. Mit den Ergebnissen<br />

konnte in der Unternehmenskommission<br />

nun auch der Arbeitgeber überzeugt<br />

werden, dass alle Techniker I<br />

(EG 4) eine Funktionszulage Stufe 1 erhalten<br />

müssen.<br />

Wie wirkt die Funktionszulage?<br />

Die Funktionszulage wird rückwirkend<br />

zum 1. Januar 2023 eingeführt und sieht<br />

eine monatliche Zulage in Höhe von<br />

62,32 Euro und ab Juni 2023 in Höhe<br />

von 63,63 Euro vor. Somit entsteht bis<br />

Februar <strong>2024</strong> eine Nachzahlung von rund<br />

884 Euro für die Arbeitnehmer*innen, die<br />

unter den Geltungsbereich des ver.di-Entgelttarifvertrages<br />

der DT Technik fallen.<br />

Bundesweit sind rund 350 Arbeitnehmer*innen<br />

begünstigt und werden die<br />

kommenden Wochen weitere Informationen<br />

erhalten. RED<br />

Foto: Screenshot ver.di/(M) Deutsche Telekom


4<br />

DEUTSCHE TELEKOM GESCHÄFTSKUNDEN GMBH<br />

Foto: Manfred Geneschen<br />

450 Vollzeitstellen sollen wegfallen<br />

Der Arbeitgeber Deutsche Telekom<br />

Geschäftskunden GmbH hat eine<br />

Umstrukturierung angekündigt. Dabei<br />

sollen 450 volle Stellen wegrationalisiert<br />

werden – trotz anhaltend<br />

hoher Arbeitsmengen und einer entsprechenden<br />

Belastung der Beschäftigten.<br />

Die im Januar <strong>2024</strong> angekündigte Transformation<br />

soll den Geschäftskundenbereich<br />

sinnvoller strukturieren und Synergieeffekte<br />

heben, um den Vertrieb zu<br />

stärken und Kundenbedürfnisse besser zu<br />

fokussieren. So weit, so gut. Das Ganze<br />

soll allerdings mit deutlich weniger Personal<br />

gestemmt werden. Der Arbeitgeber<br />

spricht von einer voraussichtlichen Reduktion<br />

um 450 FTE, also Vollzeitstellen. Gegenüber<br />

dem Gesamtbetriebsrat war in<br />

einer Erstinformation sogar von 520 FTE<br />

die Rede. Für ver.di und die Betriebsräte<br />

ist klar: Die Beschäftigten brauchen Perspektiven<br />

im Unternehmen.<br />

Wertschätzung sieht anders aus<br />

Langjährig Beschäftigte, die den Erfolg<br />

des Geschäftskundenbereichs miterarbeitet<br />

haben, verdienen es nicht, so behandelt<br />

zu werden – und Kund*innen verdienen<br />

es nicht, dass Erfahrungswissen aus<br />

dem Unternehmen abgezogen wird. Premiumanbieter<br />

wie die Telekom versprechen<br />

Premiumqualität. Und die gibt es<br />

nicht umsonst.<br />

Wie soll das gehen?<br />

Der Arbeitgeber schreibt: „Wir müssen<br />

unsere internen Baustellen in Chancen<br />

verwandeln. Damit wir schneller und einfacher<br />

werden.“ Baustellen verwandelt<br />

man in Chancen, indem man sie bearbeitet.<br />

Und nicht, indem man sie umbenennt.<br />

Als Baustelle gelten in der Deutsche<br />

Telekom Geschäftskunden GmbH<br />

etwa die IT-Prozesse, die in der Befragung<br />

Gute Arbeit im Jahr 2019 als eine Hauptursache<br />

für Arbeitsstress und Arbeitshetze<br />

identifiziert wurden und die auch in<br />

den arbeitgeberseitigen Puls-Befragungen<br />

regelmäßig die schlechtesten Noten<br />

bekamen. Hier wurden – auch auf Initiative<br />

der ver.di-Betriebsrät*innen – erste<br />

Maßnahmen entwickelt und umgesetzt.<br />

Gelöst ist das Problem damit sicher noch<br />

nicht. Deshalb ist auch die vollzogene<br />

Kürzung des IT-Budgets nicht nachvollziehbar.<br />

Fakt ist: Die Personaldecke ist<br />

nach wie vor eher zu dünn als zu üppig.<br />

Dazu kommt: Gerade im Vertrieb gelten<br />

die Arbeits- und Zielerwartungen als hoch<br />

belastend. Weil sie oft nicht vom realistisch<br />

Machbaren ausgehen, sondern vom<br />

finanziell Erwünschten. Das bedeutet,<br />

dass Gewinnsteigerungen ohnehin schon<br />

auf Kosten und zu Lasten der Gesundheit<br />

und/oder des Privatlebens der Beschäftigten<br />

generiert werden.<br />

Erfolgsfaktor Mensch<br />

Strukturen und Prozesse sollten regelmäßig<br />

überprüft und weiterentwickelt<br />

werden. Aber Veränderung muss im<br />

Sinne Guter Arbeit gestaltet werden. Arbeitsbedingungen<br />

dürfen sich nicht verschlechtern<br />

und die Beteiligten müssen<br />

einbezogen werden. Die Beschäftigten<br />

sorgen für den Unternehmenserfolg.<br />

Dafür braucht es angemessene personelle<br />

Ressourcen. Die Antwort, wie die<br />

Transformation gelingen soll, wenn der<br />

Prozess durch Unsicherheit und steigende<br />

Arbeitslast geprägt ist, bleibt die Telekom<br />

bisher schuldig.<br />

ver.di steht für Gute Arbeit. Wir fordern<br />

gute Perspektiven und gesundheitserhaltende<br />

Bedingungen für aktuelle und<br />

künftige Beschäftigte im B2B. Dazu kann<br />

auch eine Fortsetzung des Tarifvertrags<br />

Rationalisierungsschutz gehören. RED


5 <strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

ISS<br />

Jetzt entscheiden die ver.di-Mitglieder<br />

Foto: Anastasia Polidoros<br />

Es war der Druck der ver.di-Mitglieder,<br />

die mit mehreren Streikwellen<br />

das Ergebnis ermöglichten. Anfang<br />

März fand die vierte Tarifverhandlung<br />

statt; die Arbeitgeber schalteten<br />

wie in den Gesprächen zuvor<br />

auch dort auf stur. In zähen und<br />

langwierigen Verhandlungen konnte<br />

am Ende eine sichtbare Verbesserung<br />

für die ver.di-Mitglieder erreicht<br />

werden. Nun entscheiden<br />

die ver.di-Mitglieder, ob sie das<br />

Verhandlungsergebnis annehmen<br />

wollen.<br />

Die ver.di-Verhandlungskommission hatte<br />

den Arbeitgebern in der letzten Verhandlungsrunde<br />

unmissverständlich erklärt,<br />

dass ohne eine substanzielle Verbesserung<br />

für die ver.di-Mitglieder keine<br />

Lösung im Tarifstreit erzielt werden kann.<br />

In zähem Ringen konnte die ver.di-Verhandlungskommission<br />

dann eine starke<br />

Verbesserung in der Mitgliederkomponente<br />

erreichen.<br />

„Wie bereits in den vorherigen Verhandlungsrunden<br />

waren die Arbeitgeber<br />

wenig gewillt, sich mit Sachargumenten<br />

auseinanderzusetzen“, stellt ver.di-Verhandlungsführerin<br />

Dorothea Forch fest.<br />

„Die Anpassung der Mitgliederkomponente<br />

nach oben zeigte sich als einziger<br />

Weg, der ein zustimmungsfähiges Verhandlungsergebnis<br />

darstellen könnte.“<br />

Das Tarifergebnis<br />

Die Beschäftigten der ISS CS, die unter<br />

den Manteltarifvertrag oder den Tarifvertrag<br />

gewerbliche Beschäftigte fallen, sollen<br />

eine tabellenwirksame Erhöhung ab<br />

1. September in Höhe von 4,5 Prozent<br />

erhalten. Übertarifliche Zulagen würden<br />

dabei nicht abgeschmolzen. Die Vergütungen<br />

der Auszubildenden und dual Studierenden<br />

sollen analog zur allgemeinen<br />

Entgelterhöhung steigen. Zusätzlich soll<br />

eine Anpassung der Stufensprünge in den<br />

Ausbildungsvergütungen erfolgen. Die<br />

Differenz zwischen den Ausbildungsjahren<br />

würde zukünftig 75 Euro betragen;<br />

bisher waren es 50 Euro. Noch im März<br />

soll eine Inflationsausgleichsprämie in<br />

Höhe von 800 Euro gezahlt werden, Auszubildende<br />

400 Euro erhalten.<br />

Altersvorsorge<br />

Es soll ein fixer Mindestzuschuss zur<br />

Entgeltumwandlung in der betrieblichen<br />

Altersvorsorge eingeführt werden. Beschäftigte<br />

in den Entgeltgruppen 1 – 5<br />

würden einen Zuschuss in Höhe von<br />

18 Euro erhalten, sofern sie mindestens<br />

50 Euro per Entgeltumwandlung einbringen.<br />

Ebenfalls 18 Euro würden Beschäftigte<br />

der Entgeltgruppen 6 – 10 bekommen,<br />

wenn sie mindestens 100 Euro per<br />

Entgeltumwandlung einbringen.<br />

ver.di-Mitgliederkomponente<br />

Es soll zukünftig – beginnend in <strong>2024</strong> –<br />

eine jährliche Sonderzahlung für ver.di-<br />

Mitglieder in Höhe von 1400 Euro geben,<br />

Teilzeitbeschäftigte würden den Betrag<br />

anteilig gezahlt bekommen. Auszubildende,<br />

die ver.di-Mitglied sind, würden 550<br />

Euro erhalten. Voraussetzung für die Zahlung<br />

ist die ungekündigte ver.di-Mitgliedschaft<br />

zum 1. März <strong>2024</strong>. Zusätzlich<br />

müsste das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt<br />

ungekündigt sein.<br />

Foto: ver.di<br />

Die Laufzeit für die Entgelterhöhung beträgt<br />

zwölf Monate.<br />

Erste Bewertung<br />

Die ver.di-Verhandlungskommission bewertet<br />

insbesondere die zukünftig jährlich<br />

zu zahlende und stark erhöhte Mitgliederkomponente<br />

positiv. Dies ist ein deutliches<br />

Signal an die ver.di-Mitglieder, dass<br />

Tarifverhandlungen vor allen Dingen für<br />

sie gemacht werden.<br />

Die Entgelterhöhung käme sehr spät,<br />

würde aber durch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie<br />

und die Zahlung<br />

der Mitgliederkomponente abgemildert.<br />

Die 4,5 Prozent Entgelterhöhung würden<br />

in der Tabelle und damit langfristig wirken,<br />

gemeinsam mit der Mitgliederkomponente<br />

würden die Entgelte der ver.di-Mitglieder<br />

damit dauerhaft angehoben.<br />

Wie es weitergeht<br />

Die ver.di-Verhandlungskommission sieht<br />

nicht alle Forderungen in ausreichendem<br />

Umfang erfüllt. Deshalb hat sie mit dem<br />

Arbeitgeber eine dreiwöchige Erklärungsfrist<br />

vereinbart. Spätestens zu diesem<br />

Termin muss ver.di über die Annahme<br />

oder Ablehnung entscheiden. Diese Zeit<br />

will ver.di nutzen. Am 12. März (nach<br />

<strong>KOMM</strong>-Redaktionsschluss) kommen<br />

Tarif-Vertrauensleute mit der ver.di-Tarifkommission<br />

zusammen. Danach finden<br />

Mitgliederversammlungen der Betriebsgruppen<br />

statt. Deren Beschlüsse und Argumente<br />

wird die ver.di-Tarifkommission<br />

zusammenfassen, bewerten, einordnen<br />

und final über das Angebot entscheiden.<br />

Wir informieren über die Entscheidung<br />

online: www.iss.verdi.de


6<br />

KYNDRYL<br />

ver.di fordert deutliche Entgeltsteigerung<br />

Die ver.di-Tarifkommission der tarifgebundenen<br />

Kyndryl-Gesellschaften<br />

in Deutschland hat ihre Forderungen<br />

für die Tarifrunde <strong>2024</strong> beschlossen.<br />

ver.di fordert für ihre Mitglieder eine<br />

klare Entgeltsteigerung in Höhe von<br />

zehn Prozent bei einer Mindesterhöhung<br />

von 500 Euro.<br />

Darüber hinaus fordert ver.di eine Erhöhung<br />

des Gesundheitsbudgets auf<br />

500 000 Euro im Rahmen des Tarifvertrages<br />

über ein konzernweites Gesundheitsbudget.<br />

Schließlich verlangt die ver.di-<br />

Tarifkommission eine Anpassung der<br />

Mehrarbeitsgrenzen. Bereits am 14. März<br />

(nach <strong>KOMM</strong>-Redaktionsschluss) fand<br />

die erste Verhandlungsrunde statt.<br />

Legitimer Nachholbedarf<br />

Dem Forderungsbeschluss der ver.di-Tarifkommission<br />

bei Kyndryl sind Mitgliederversammlungen<br />

in Hamburg, Chemnitz<br />

und Berlin, in Kelsterbach und in Nordrhein-Westfalen<br />

sowie München und<br />

Stuttgart vorausgegangen. Deren Voten<br />

dienten der Tarifkommission zur Orientierung.<br />

„Viele unserer Mitglieder haben in den<br />

vergangenen zwei Jahren keinen Reallohnausgleich<br />

trotz der hohen Inflation in<br />

den Jahren 2022 und 2023 erhalten. Hier<br />

gibt klar einen legitimen Nachholbedarf.<br />

Das haben die Diskussionen mit unseren<br />

Mitgliedern eindeutig gezeigt,“ sagt Dorothea<br />

Katharina Ritter, ver.di-Verhandlungsführerin<br />

bei Kyndryl. Trotz sinkender<br />

Inflation liegen gerade im Nahrungsmittel-<br />

und Energiepreissegment die Preise<br />

nach wie vor auf Vor-Krisen-Niveau. Die<br />

Absicherung der Reallöhne der Beschäftigten<br />

bei Kyndryl hat demnach für ver.di<br />

weiterhin Priorität<br />

Felix Koop, Mitglied der ver.di-Tarifund<br />

Verhandlungskommission, schließt<br />

hier an: „Die Beschäftigten arbeiten im<br />

Kyndryl-Konzern gut untereinander vernetzt;<br />

umso wichtiger ist es, einen hohen<br />

Sockelbetrag zu vereinbaren, der eine<br />

klare Wertschätzung aller Kolleginnen<br />

und Kollegen bedeuten würde.“<br />

Aktienkurs stark gestiegen<br />

Anders als die Prognosen für die gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung <strong>2024</strong> in<br />

Deutschland stehen die Zeichen allein für<br />

den IT-Sektor auf dem IKT-Markt klar auf<br />

Wachstum mit einer Vorhersage von plus<br />

6,1 Prozent. Auch für Kyndryl gibt Martin<br />

Schroeter, Kyndryl Chairman und CEO,<br />

eine positive Prognose ab und sagt eine<br />

konstante Konsolodierung und Umsatzsteigerung<br />

für das neue Jahr voraus. Entsprechend<br />

titelt die Kyndryl-Pressemitteilung<br />

vom 6. Februar <strong>2024</strong> anlässlich der<br />

Veröffentlichung der Unternehmenszahlen<br />

für das letzte Quartal sowie der Prognose<br />

der Geschäftsentwicklung: „Strong<br />

execution on ,three-A‘s‘ strategy drives<br />

earning growth“ („Starke Umsetzung der<br />

Drei-A’s-Strategie treibt Ertragswachstum<br />

voran“).<br />

Den Erfolg des Unternehmens haben<br />

die Beschäftigten erarbeitet. Deshalb<br />

fordern sie nun zu Recht, daran beteiligt<br />

zu werden. Birgit Freund-Gerken, ebenfalls<br />

Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommission,<br />

erklärt: „Die Kyndryl-<br />

Aktie verzeichnet seit Mitte vergangenen<br />

Jahres ein konstantes, starkes Wachstum,<br />

Tendenz weiter steigend. Das Kyndryl-<br />

Geschäftsmodell lebt von seinen Beschäftigten<br />

und Kyndryl ist gut beraten, sich<br />

als attraktiver Arbeitgeber zu platzieren.“<br />

Hohe Arbeitsverdichtung<br />

Marion Schüler, Tarif- und Verhandlungskommissionsmitglied,<br />

ergänzt: „Die Arbeitsverdichtung<br />

der Kolleginnen und<br />

Kollegen ist enorm und steigt mit jeder<br />

weiteren Personalmaßnahme. Angesichts<br />

dessen ist nicht nur eine deutliche<br />

Entgelterhöhung angesagt. Wir wollen<br />

die Gesundheit der Kolleginnen und<br />

Kollegen auch durch ein seriös ausgestattetes<br />

Gesundheitsbudget gefördert<br />

sehen.“<br />

Veronika Moos, ebenso Tarif- und Verhandlungskommissionsmitglied,<br />

fasst zusammen:<br />

„Es ist an der Zeit, dass der<br />

Arbeitgeber die Beschäftigten an der<br />

positiven Entwicklung von Kyndryl global<br />

partizipieren lässt und ihnen eine nachhaltige<br />

Perspektive hier vor Ort gibt. Ein<br />

gutes Entgelt und Gesundheit sind dabei<br />

wichtige Versatzstücke.“<br />

Gemeinsam Stärke zeigen<br />

„Jetzt sind unsere Kolleginnen und Kollegen<br />

in den Betrieben gefragt, ihren Forderungen<br />

Ausdruck zu verleihen“, stellt<br />

Dorothea Katharina Ritter fest. Zur Durchsetzung<br />

von Tarifforderungen braucht es<br />

eine starke Basis der ver.di-Mitgliedschaft<br />

im Kyndryl-Konzern.<br />

RED<br />

www.mitgliedwerden.verdi.de<br />

Protest der Kyndryl-Beschäftigten in der Tarifrunde 2023<br />

Foto: ver.di


7<br />

<strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

SAP<br />

Schlingerkurs kostet Vertrauen<br />

Bereits im vergangenen Jahr wurden<br />

3000 Arbeitsplätze bei SAP gestrichen,<br />

jetzt sollen zusätzlich 8000<br />

weitere folgen. ver.di kritisiert die<br />

als „Unternehmenstransformation“<br />

angekündigten Pläne. SAP will sich<br />

nach eigenen Angaben mehr auf<br />

Künstliche Intelligenz fokussieren.<br />

„Bei den meisten der rund 8000 betroffenen<br />

Stellen sollen Freiwilligenprogramme<br />

und interne Umschulungsmaßnahmen<br />

zum Tragen kommen“, teilte SAP in einer<br />

Pressemitteilung im Januar mit. Noch bis<br />

Ende <strong>2024</strong> sind Entlassungen durch einen<br />

Sozialplan ausgeschlossen. Aufgrund von<br />

Reinvestitionen in strategische Wachstumsbereiche<br />

rechnet SAP damit, dass die<br />

Zahl der Mitarbeitenden Ende <strong>2024</strong> etwa<br />

dem aktuellen Niveau entsprechen werde.<br />

Im Klartext: Es sollen unter dem Strich<br />

nicht weniger Menschen für SAP arbeiten,<br />

aber es sollen andere sein. „Wir<br />

fordern mehr Budget für Weiterbildung,<br />

um Mitarbeitende in die neuen Wachstumsbereiche<br />

ohne Personalabbau zu<br />

entwickeln“, betont Christine Muhr,<br />

ver.di-SAP-Unternehmensbetreuerin.<br />

Unklare Zukunft<br />

Weiterhin seien die angekündigten Neuzuschnitte<br />

von vielen Unternehmensbereichen<br />

mit Neubesetzungen bis in höchste<br />

Managementbereiche aktuell nur grob<br />

skizziert, kritisiert ver.di. Die betroffenen<br />

Mitarbeitenden aus den Bereichen mit<br />

angekündigten Veränderungen seien im<br />

Unklaren über die Zukunft ihrer Stellen.<br />

Hier wäre eine klare und verlässliche Strategie<br />

des Vorstandes wichtig. „Weder<br />

Beschäftigte noch Kunden noch Anteilseignern<br />

ist damit gedient, die Firma im<br />

Zustand konstanter Unruhe und Unsicherheit<br />

zu halten“, sagt Muhr.<br />

Leere Ankündigungen<br />

Hasso-Plattner-Institut verhindert Betriebsrat<br />

Foto: ©nmann77 – stock.adobe.com<br />

Die Potsdamer IT-Hochschule Hasso-<br />

Plattner-Institut (HPI), die nach ihrem<br />

Stifter und Gründer Hasso Plattner benannt<br />

ist, hat nach Recherchen von<br />

correctiv.de und arbeitsunrecht.<br />

de mehr als 200 000 Euro investiert, um<br />

einen Betriebsrat zu verhindern. Rund<br />

195 000 Euro seien an die Rechtsanwaltskanzlei<br />

Pusch Wahlig Workplace<br />

Law geflossen. Zudem seien zwei weitere<br />

Kanzleien betraut worden und zusätzlich<br />

habe eine Kommunikationsagentur<br />

mehr als 22 000 Euro erhalten.<br />

Das Ziel: einen Betriebsrat zu verhindern<br />

und stattdessen eine selbst gestrickte<br />

Mitarbeitervertretung mit dem klangvollen<br />

Namen Institutsrat (INRA) zu installieren<br />

– ohne die gesetzlichen Rechte<br />

eines Betriebsrats. Aus Sicht des HPI<br />

hat sich der hohe finanzielle Aufwand<br />

gelohnt: Die Initiative von Beschäftigten,<br />

die gemeinsam mit ver.di einen Betriebsrat<br />

gründen wollten, wurde verhindert.<br />

Ausführlich:<br />

correctiv.de<br />

https://kurzelinks.de/ike1<br />

arbeitsunrecht.de<br />

https://kurzelinks.de/htg7<br />

tagesspiegel.de (Bezahlschranke):<br />

https://kurzelinks.de/mwi1<br />

„Der Schlingerkurs des Vorstandes bei<br />

vielen Themen lässt das Vertrauen der<br />

Belegschaft in die Unternehmensführung<br />

schwinden“, stellt Christine Muhr fest. Sie<br />

nennt dafür als Beispiel das Versprechen<br />

flexibler Home-Office-Konzepte, das nach<br />

weniger als zwei Jahren wieder zurückgezogen<br />

wurde. Zudem sei die Väterzeit,<br />

deren Ankündigung öffentlich viel beachtet<br />

wurde, nicht eingeführt worden.<br />

Auch beim Thema „Altersprogramm“<br />

setze sich der Schlingerkurs fort. Hier sei<br />

zwei Jahre lang verstärkt auf Altersteilzeit<br />

gesetzt worden, jetzt werde aber doch<br />

wieder ein Vorruhestandsprogramm angekündigt.<br />

ver.di fordert Verlässlichkeit<br />

„Die Mitarbeitenden sind bei diesen wichtigen<br />

Themen der Lebensplanung sehr<br />

verunsichert, da das Wort der Unternehmensleitung<br />

offenbar keinen langen Bestand<br />

hat“, sagt Muhr. „Wir als ver.di<br />

stehen klar an der Seite der Beschäftigten<br />

und werden uns sowohl für den Erhalt<br />

der Stellen als auch der flexiblen Arbeitskonzepte<br />

einsetzen. Deshalb fordern wir<br />

verlässliche Vereinbarungen, wie sie Tarifvereinbarungen<br />

garantieren.“ ver.di sei<br />

selbstverständlich darüber gesprächsbereit,<br />

wie SAP noch erfolgreicher werden<br />

kann. Allerdings dürften die damit verbundenen<br />

Veränderungen nicht auf Kosten<br />

der Belegschaft geschehen. Christine<br />

Muhr fordert: „Wir sehen hier die Notwendigkeit<br />

zusätzlicher Investitionen –<br />

etwa bei Gehalt, Weiterbildungen und<br />

nicht finanziellen Anreizen.“ Angesichts<br />

der jetzigen Situation sei die Botschaft an<br />

die Beschäftigten: Es ist Zeit, sich in starken<br />

Gewerkschaften zu engagieren, um<br />

die eigenen Interessen wirksam durchsetzen<br />

und weitere Einschnitte verhindern zu<br />

können.<br />

SIL<br />

SAP-Pressemitteilung:<br />

https://kurzelinks.de/wrje


8<br />

TECH-BRANCHE<br />

Foto: ©Roman Tiraspolsky – stock.adobe.com<br />

Trotz Entlassungen<br />

Die Zahl der erwerbslosen IT-Fachkräfte<br />

ist in Deutschland im vergangenen<br />

Jahr um ein Fünftel<br />

angestiegen. Diese Daten hat die<br />

Bundesagentur für Arbeit auf Anfrage<br />

des Online-Portals heise.de<br />

ermittelt. Dem steht der unter anderem<br />

vom Branchenverband Bitkom<br />

beklagte Fachkräftemangel gegenüber.<br />

VON LINN VERTEIN<br />

Im Januar dieses Jahres sind noch einmal<br />

8000 Erwerbslose hinzugekommen. Das<br />

entspricht einem globalen Trend: Die<br />

Entlassungswelle in der IT-Branche<br />

scheint sich <strong>2024</strong> fortzusetzen. Der Seite<br />

layoffs.fyi zufolge, die Entlassungen in<br />

der Branche anhand von knapp 1200<br />

Tech-Unternehmen weltweit auswertete,<br />

wurden im Jahr 2022 fast 170 000 Beschäftigte<br />

entlassen; im darauffolgenden<br />

Jahr waren es mit circa 260 000 nahezu<br />

100 000 mehr. Bis Ende Januar <strong>2024</strong> hatten<br />

35 Tech-Unternehmen bereits 5586<br />

Angestellte entlassen.<br />

KI als Jobkiller<br />

Am 24. Januar kündigte das baden-württembergische<br />

Softwareunternehmen SAP<br />

an, 8000 Arbeitsplätze streichen zu wollen<br />

und begründete dies damit, „in die<br />

nächste Phase der Transformation“ gehen<br />

zu wollen. Heißt: mehr auf Künstliche Intelligenz<br />

(KI) zu setzen. Das ist derzeit die<br />

am häufigsten genannte Begründung für<br />

Stellenkürzungen in der IT-Branche. Neben<br />

Umschulungen wolle SAP dabei auf<br />

„Freiwilligenprogramme“ setzen, also Abfindungsregelungen.<br />

„Das ist typisch für die Branche“, sagt<br />

ver.di-Gewerkschaftssekretär Oliver Hauser.<br />

„Die Arbeitgeber wollen keine Massenentlassungsanzeige<br />

machen und sind<br />

bemüht, das Thema zu individualisieren.“<br />

Falle Aufhebungsvertrag<br />

Oliver Hauser hat dies am Beispiel vom<br />

Musikstreamingdienst Spotify beobachten<br />

können. Im Dezember vergangenen<br />

Jahres gab das schwedische Unternehmen<br />

bekannt, ungefähr 17 Prozent seiner<br />

Angestellten entlassen zu wollen. In der<br />

Niederlassung in Berlin sind davon circa<br />

50 Beschäftigte betroffen; diesen wurden<br />

Aufhebungsverträge vorgelegt, meist mit<br />

sehr kurzer Bedenkzeit. Die mehrheitlich<br />

ausländischen Mitarbeitenden sprechen<br />

oftmals kein Deutsch und kennen sich in<br />

den allermeisten Fällen auch nicht mit<br />

dem deutschen Arbeitsrecht aus. Das<br />

macht es den Arbeitgebern umso einfacher,<br />

sie zum Unterzeichnen der Aufhebungsverträge<br />

zu bewegen. Hauser riet<br />

an dieser Stelle bereits eindrücklich davon<br />

ab, die Verträge zu unterschreiben, denn:<br />

„Wer einmal unterschrieben hat, hat<br />

mögliche Rechte aus dem Kündigungsschutz<br />

verloren.“<br />

Mit solchen Abfindungsregelungen sollen<br />

„soziale Auswahlkriterien ausgehebelt“<br />

werden, die bei einem Stellenabbau im<br />

Zuge regulärer Kündigungen zum Tragen<br />

kämen, so die Einschätzung des Arbeitsrechtsanwalts<br />

Benedikt Rüdesheim, der<br />

den Betriebsrat von Spotify vertritt.<br />

Rechtlich gesehen sei das erst mal unbedenklich.<br />

In diesem besonderen Fall habe<br />

die Unternehmensführung allerdings<br />

„auch noch Betriebsratsrechte ausgehebelt“.<br />

Mit den Aufhebungsverträgen hatte<br />

diese am Betriebsrat vorbei agiert. Da<br />

der geplante Stellenabbau jedoch mindestens<br />

zehn Prozent der Belegschaft betrifft,<br />

hätten die Verträge zunächst mit<br />

dem Betriebsrat ausgehandelt werden<br />

müssen. Somit wurde das Arbeitsrecht<br />

verletzt. Der Betriebsrat hat nun eine<br />

einstweilige Verfügung gegen den weiteren<br />

Abschluss der Verträge erwirkt.<br />

Betriebsräte gegründet<br />

ver.di hat in der Vergangenheit immer<br />

wieder versucht, Belegschaften in der<br />

IT-Branche bei der Gründung eines Betriebsrats<br />

zu unterstützen. Sowohl bei der<br />

Social-Media-Plattform TikTok als auch<br />

bei Spotify ist das gelungen. Wobei gerade<br />

die Belegschaft von Spotify recht eigenständig<br />

sei: In vielen Angelegenheiten<br />

haben sie die Kommunikation mit dem<br />

Unternehmen an ihre Anwälte abgegeben.<br />

„Das ist, glaube ich, auch ein bisschen<br />

diese Tech-Mentalität“, meint Hau-


9 <strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

gute Jobchancen<br />

Foto: ©Askar – stock.adobe.com<br />

ser. Die Mitarbeitenden auf diesen Ebenen<br />

sind meist hoch qualifiziert und professionell<br />

und denken sich vielleicht auch:<br />

„Ich lass das mal Leute regeln, die es<br />

besser können.“<br />

Generell schätzt der Gewerkschaftssekretär<br />

den Organisierungsgrad und die<br />

Arbeit von ver.di in der Berliner Tech-Branche<br />

recht positiv ein: „Was das Organizing<br />

angeht und neue Mitgliedschaften,<br />

läuft da schon relativ viel.“ Nur „leider<br />

sind wir in keinem Unternehmen so weit,<br />

dass man den Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen<br />

auffordern könnte“.<br />

Viele IT-Fachkräfte hätten noch nie irgendwo<br />

gearbeitet, wo es solche Strukturen<br />

gibt, und auch meist den Luxus gehabt,<br />

wenn ihnen etwas nicht passt, einfach<br />

gehen zu können. Eine entsprechende<br />

Fluktuation im Bereich IT-Engineering<br />

sei daher auch ihrer relativ privilegierten<br />

Situation auf dem Arbeitsmarkt geschuldet,<br />

so Hauser weiter.<br />

Denn den vielen Entlassungen stehen<br />

mindestens ebenso viele Jobangebote<br />

gegenüber: Ende 2023 waren in Deutschland<br />

149 000 Stellen in der Technologiebranche<br />

vakant und der Branchenverband<br />

Bitkom spricht von einem Fachkräftemangel,<br />

der sich gegenüber dem<br />

Vorjahr weiter verschärft hat.<br />

IT-Fachkräfte weiter gesucht<br />

Obwohl der Trend weltweit dazu neigt,<br />

dass Arbeitsplätze in der Tech-Branche<br />

durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz<br />

abgebaut werden, ist die Chance,<br />

innerhalb weniger Monate einen neuen<br />

Arbeitsplatz zu finden, zumindest in<br />

Deutschland recht hoch. Das bestätigen<br />

die Daten der Bundesagentur: In der Regel<br />

finden IT-Fachkräfte innerhalb von<br />

sechs Monaten eine neue Beschäftigung.<br />

Die Vermittlung durch das Arbeitsamt<br />

spiele dabei kaum eine Rolle.<br />

Bei einer Arbeitslosenquote von 3,1 Prozent<br />

spricht die Agentur für Arbeit von<br />

einer Voll beschäftigung in der IT-Branche.<br />

Anders sieht es hingegen bei Clickworkern<br />

aus oder jenen, die im Bereich<br />

Content-Moderation oder Kundenservice<br />

arbeiten. Diese Arbeiten, die in der Regel<br />

keine besondere Qualifizierung voraussetzen,<br />

sind durch deutlich niedrigere<br />

Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen<br />

gekennzeichnet. Zudem arbeiten hier<br />

viele ausländische Angestellte, deren Aufenthaltsgenehmigung<br />

an einem Beschäftigungsverhältnis<br />

hängt.<br />

Erfolg bei TikTok<br />

Ein Beispiel für erfolgreiche gewerkschaftliche<br />

Organisierung in diesem Bereich<br />

sind die Content-Moderatoren bei<br />

TikTok. „Der Betriebsrat arbeitet richtig<br />

gut und sehr professionell“, erzählt Gewerkschaftssekretärin<br />

Kathlen Eggerling.<br />

„Dass das so schnell geht, habe ich<br />

selten erlebt.“ Im Oktober 2022 wurden<br />

Foto: privat<br />

erstmals erfolgreich Betriebsratswahlen<br />

bei TikTok durchgeführt. Perspektivisch<br />

schließt Eggerling einen Kampf für einen<br />

Tarif vertrag nicht aus. Im Gegenteil:<br />

„Meine Einschätzung ist, dass viele Beschäftigte<br />

darauf Lust haben“, meint sie.<br />

Begonnen hatte die Organisierung der<br />

Belegschaft unter anderem damit, dass<br />

diese das System des Performance-Review,<br />

also einer Leistungsbewertung, als<br />

willkürlich empfand. Mit der Bezahlung<br />

seien viele Beschäftigte ebenfalls nicht<br />

zufrieden. Auch hinsichtlich möglicher<br />

Tariflöhne stelle sich die Frage, wie die<br />

Arbeit von Content-Moderatoren korrekt<br />

zu kategorisieren sei, so Eggerling.<br />

„Vielleicht ist es am ehesten mit einer<br />

redaktionellen Tätigkeit vergleichbar.“<br />

Doch nicht nur die Bezahlung ist ein<br />

großes Thema für die Belegschaft. Diese<br />

fordert auch bessere psychologische<br />

Versorgungsangebote, denn die Inhalte,<br />

mit denen die Beschäftigten konfrontiert<br />

werden, sind zum Teil traumatisierend.<br />

Linn Vertein<br />

freie Journalistin


10<br />

IKT-BRANCHE<br />

ver.di ist die IT-Gewerkschaft<br />

Die IKT-Branche ist eine der Schlüsselindustrien,<br />

um den technologischen<br />

Wandel zu begleiten und zu<br />

ermöglichen. So belegte die Branche<br />

in den letzten Jahren Spitzenplätze<br />

in Bezug auf Unternehmensneugründungen.<br />

Leider ist bei Weitem nicht<br />

jeder dieser Betriebe von Mitbestimmung<br />

durch Betriebsratsgremien<br />

oder tarifliche Bezahlung erfasst.<br />

„Überlange Arbeitszeiten, wenig Urlaub<br />

und eine Bezahlung entlang des Mindestlohns<br />

lassen sich in einigen dieser Betriebe<br />

finden“, stellt Philipp Zänker, Gewerkschaftssekretär<br />

für Erschließung im Fachbereich<br />

A im ver.di-Landesbezirk Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt, Thüringen, fest.<br />

Um genau hier anzusetzen und Beschäftigte<br />

zu Beteiligten zu machen, die<br />

ihre Situation aktiv verändern können, ist<br />

es dem ver.di-Landesbezirk im Jahr 2023<br />

gelungen, eine Projektstelle mit dem<br />

Schwerpunkt IKT zu schaffen. Durch Organisation<br />

ausgewählter IKT-Betriebe sollen<br />

die Arbeits- und Lebensbedingungen<br />

gemeinsam mit den ver.di-Mitgliedern in<br />

genau diesen Bereichen verbessert werden.<br />

Hierzu gehören IT-Dienstleister,<br />

IT-Tochterunternehmen in der Energiewirtschaft<br />

und Telekommunikationsdienstleister,<br />

zu denen unter anderem<br />

auch die KOMSA AG zählt.<br />

Arbeiten zum Mindestlohn<br />

Die KOMSA AG ist in den Geschäftsbereichen<br />

Großkundenvertrieb, Handyreparatur,<br />

IT, Logistik und Software tätig. Das<br />

Unternehmen übernimmt Dienstleistungen<br />

für fast alle großen Telekommunikationskonzerne<br />

in Deutschland. Bislang hat<br />

nur ein kleinerer Teil der Beschäftigten in<br />

der Firmenzentrale eine Interessenvertretung<br />

in Form eines gewählten Betriebsratsgremiums.<br />

In dem KOMSA-Tochterunternehmen<br />

w-support.com GmbH in<br />

Hartmannsdorf arbeiten vor allem die<br />

Beschäftigten in der Logistik und im<br />

Refurbishment knapp über Mindestlohn.<br />

Besuch von ver.di<br />

„Wir machen uns gemeinsam mit unseren<br />

Mitgliedern auf den Weg, um das zu ändern.<br />

Durch regelmäßige Betriebsrundgänge,<br />

wie zum Internationalen Frauentag<br />

oder auch zu Ostern, kommen wir mit<br />

den Beschäftigten ins Gespräch“, sagt<br />

Philipp Zänker. In der w-support arbeiten<br />

knapp 350 Beschäftigte am Standort<br />

Hartmannsdorf; hiervon sind knapp die<br />

Hälfte Frauen. Der Betrieb wickelt viele<br />

Dienstleistungen für die KOMSA AG ab<br />

und die Beschäftigten müssen teils große<br />

Warenmengen bewegen, bewerten und<br />

instand setzen. Einige der großen deutschen<br />

Telekommunikationsanbieter sind<br />

im Bereich des B2C-Handels Kunden der<br />

KOMSA AG. Dazu zählen unter anderem<br />

die Telekom, Vodafone und Telefónica.<br />

DANKE von ver.di<br />

„Ausgerüstet mit Handcremes und Gummibärchen,<br />

haben wir sehr viele interessante<br />

Gespräche zu den Arbeitsbedingungen<br />

im Betrieb geführt und konnten den<br />

Frauen im Betrieb einfach Danke für ihre<br />

tagtägliche Arbeit sagen“, berichtet<br />

Philipp Zänker. „Wir wollen damit auch<br />

auf die notwendige Verbesserung der<br />

Arbeitsbedingungen von Frauen im Erwerbsleben<br />

aufmerksam machen. Der<br />

Frauenanteil liegt dort bei knapp 50 Prozent.<br />

Ohne sie könnte man den Betrieb<br />

nicht aufrechterhalten und deshalb war<br />

uns dieses Dankeschön ein Anliegen.“ Die<br />

aktuelle Prognos-Studie zeigt auf, dass<br />

ein Großteil der unbezahlten Care-Arbeit<br />

nach wie vor von Frauen verrichtet wird.<br />

Diese unbezahlte Sorgearbeit wird immer<br />

noch zusätzlich zur Erwerbsarbeit verrichtet.<br />

Durch diese Doppelbelastung sind<br />

Frauen häufiger gezwungen, in Teilzeit zu<br />

arbeiten. Studien der Hans-Böckler-Stiftung<br />

weisen<br />

aus, dass Frauen<br />

durch Teilzeit<br />

wesentlich häufiger<br />

von Altersarmut bedroht<br />

sind. Dies gilt ganz besonders,<br />

wenn sie wie bei w-support zum Mindestlohn<br />

arbeiten oder knapp darüber.<br />

Unzufrieden mit der Entlohnung<br />

Bei einer digitalen Befragung von ver.di<br />

aus dem Januar <strong>2024</strong> äußerten sich die<br />

Beschäftigten mehrheitlich negativ zu<br />

den derzeitigen Entlohnungsgrundsätzen<br />

und forderten mehr Anerkennung und<br />

eine branchenübliche Vergütung. Laut<br />

WSI-Report ist der Ausbau von tariflich<br />

abgesicherten Arbeitsplätzen ein probates<br />

Mittel, um diese Kluft langfristig zu<br />

überwinden. Tarif gibt es aber nur mit<br />

ver.di. Dies haben auch die Beschäftigten<br />

bei KOMSA erkannt. Durch betriebliche<br />

Aktionen und Gespräche konnte ver.di<br />

allein in den ersten drei Wochen im Februar<br />

den betrieblichen Organisationsgrad<br />

um mehr als zehn Prozent erhöhen. SIL<br />

Prognos-Studie zur Care-Arbeit:<br />

https://kurzelinks.de/u14d<br />

Hans-Böckler-Stiftung zur Gleichstellung<br />

und Geschlechtergerechtigkeit:<br />

https://kurzelinks.de/gx0t<br />

WSI-Report:<br />

https://kurzelinks.de/8vwc<br />

Fotos: ver.di


11 <strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

OXOXOXOXOOX<br />

SCHWERBEHINDERTE MENSCHEN<br />

Chancen und Risiken von KI<br />

Am 21. und 22. Februar<br />

<strong>2024</strong> trafen sich freigestellte<br />

Schwerbehindertenvertretungen,<br />

Betriebsräte<br />

und Inklusionsbeauftragte<br />

der Deutschen Telekom.<br />

Die Konferenz stand unter<br />

dem Motto „Künstliche Intelligenz!<br />

Missbrauchen ist<br />

ein Risiko. Richtig eingesetzt,<br />

ein guter Partner”.<br />

Unter anderem gab es einen<br />

Input von Andreas Franke,<br />

zuständig im ver.di-Bundesfachbereich<br />

für Schwerbehindertenvertretungen,<br />

und dem<br />

Beauftragten der Bundesregierung<br />

für behinderte<br />

Menschen, Jürgen Dusel. Der<br />

Telekom-Konzernbetriebsrat<br />

wurde von Constantin Greve<br />

vertreten. Die Telekom-Konzerninklusionsbeauftragte<br />

Sandra Windgätter<br />

nahm für die Arbeitgeberin teil. Weiterhin<br />

waren Karl-Heinz Brandl von Input<br />

Consult und Steffen Pietsch, VPKSBV<br />

Deutsche Bahn, als Referenten anwesend.<br />

KI vielfach im Einsatz<br />

Der erste Tag der großen Konferenz der<br />

Vertretungen behinderter Menschen im<br />

Konzern stand im Zeichen der Künstlichen<br />

Intelligenz (KI). Karl-Heinz Brandl von Input<br />

Consult gab in seinem Impulsvortrag<br />

einen Überblick über den Einsatz von KI<br />

in den verschiedenen Branchen. Bei der<br />

Deutschen Telekom wird KI unter anderem<br />

als Chatbots und Voicebots sowie als<br />

interaktive Assistentin im Kundenkontakt<br />

eingesetzt. KI wird zudem von vielen Unternehmen<br />

für die Vorauswahl von Bewerber*innen<br />

auf Stellenausschreibungen<br />

genutzt.<br />

Jobverlust droht<br />

Foto: KSBV<br />

Karl-Heinz Brandl wies auf die Gefahren<br />

hin. Im vergangenen Jahr hatte eine Prognose<br />

der Investmentbank Goldman<br />

Sachs für Aufsehen gesorgt. Danach<br />

könnten weltweit rund 300 Millionen<br />

Arbeitsplätze durch KI-gestützte Automatisierung<br />

überflüssig werden. Allerdings<br />

sind sich Forschende noch uneins, welche<br />

Folgen der KI-Einsatz künftig tatsächlich<br />

haben wird. Neben einem prognostizierten<br />

Wegfall würden auch viele neue Arbeitsplätze<br />

entstehen.<br />

Teilhabe in der Arbeitswelt<br />

Die Folgen für die Teilhabe schwerbehinderter<br />

Menschen auf dem Arbeitsmarkt<br />

könnten beträchtlich sein. Zunehmen würden<br />

Komplexität, Vernetzung, Abstraktheit,<br />

Visualisierung, Anforderungen an<br />

Reaktionsgeschwindigkeit, Kommunikationsfähigkeit,<br />

Lernfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit<br />

und Selbstmanagementfähigkeit,<br />

führte Karl-Heinz Brandl aus. Positive<br />

Effekte seien neue Beschäftigungsfelder<br />

für Hochqualifizierte. Auch mehr Unterstützung,<br />

zum Beispiel durch virtuelles<br />

Sehen und neue Assistenztechnologien,<br />

sei zu erwarten. Gleichzeitig sei zu befürchten,<br />

dass durch KI neue Barrieren<br />

entstehen. Auch die Teilhabe am Arbeitsleben<br />

werde durch den Wegfall vieler<br />

Tätigkeiten und Arbeitsplätze abnehmen.<br />

Bilanz des Vorsitzenden<br />

Der Vorsitzende der Konzernschwerbehindertenvertretung,<br />

Peter Kleineberg<br />

(Foto Mitte), fasste in seinem Rückblick<br />

das Jahr 2023 und die Erfolge der KSBV<br />

zusammen. Dabei wurden sowohl Herausforderungen<br />

wie Magenta Office als<br />

auch weitere Entwicklungen der Patenduos<br />

aus dem Aktionsplan 2.0 (<strong>KOMM</strong><br />

3/2023 berichtete) angesprochen. Aber<br />

auch der Inklusionsaward oder die Kommunikationsoffensive<br />

#Inclusion366<br />

waren Themen. Neu war, dass die Sprecher*innen<br />

der Arbeitskreise aus der Vergangenheit<br />

wie über die Themen der<br />

Zukunft berichteten. Sandra Windgätter<br />

– anwesend in ihrer Doppelrolle als Vertreterin<br />

des Arbeitgebers und als Konzerninklusionsbeauftragte<br />

– thematisierte<br />

ebenfalls die Kommunikationsoffensive<br />

#Inclusion366, gut funktionierende Projekte<br />

und Themen, aber auch Handlungsbedarfe.<br />

Daneben brachte sie Zahlen,<br />

Daten und Fakten zu Förderungsquote<br />

und Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten<br />

im Konzern ein.<br />

Harsche Kritik<br />

Der Bundesbeauftragte Jürgen Dusel berichtete<br />

vom alltäglichen Kampf für<br />

Inklusion. Für die UEFA EURO <strong>2024</strong> in<br />

Deutschland müssen in den Stadien auf<br />

Forderung der UEFA rund 500 zusätzliche<br />

Rollstuhlplätze zur Verfügung stehen.<br />

Dabei ist die Rechtslage auch außerhalb<br />

des Turniers klar: In Stadien mit bis zu<br />

5000 Plätzen müssen ein Prozent für<br />

Rollstuhlfahrende bereitgehalten werden;<br />

bei größeren Stadien sind es 0,5<br />

Prozent. Im Anschluss hatte er übrigens<br />

einen Gesprächstermin, um zu verhindern,<br />

dass die zusätz lichen Rollstuhlplätze<br />

nach dem Ende des Turniers von den<br />

Vereinen wieder abgebaut werden. Dies<br />

sei geplant, da dort weniger Personen<br />

Platz fänden. Auf diese Einnahmen wollen<br />

die Vereine nicht verzichten. JS


12<br />

INTERNATIONAL<br />

Veränderung braucht Lösungen<br />

Foto: Kay Herschelmann<br />

Fotos: FES Albanien<br />

Die albanische Gewerkschaft SPPT,<br />

zuständig für die Branchen Post,<br />

Telekommunikation und Callcenter,<br />

hat sich am letzten Wochenende<br />

im Februar in der albanischen<br />

Hauptstadt Tirana im Rahmen eines<br />

zweitägigen Workshops mit den anstehenden<br />

technologischen Veränderungen<br />

befasst.<br />

VON ADO WILHELM<br />

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Albanien<br />

hilft seit vielen Jahren den Gewerkschaften<br />

im Land, sich weiterzuentwickeln.<br />

So hat die FES auch diesen<br />

Workshop organisiert und finanziert.<br />

Fachlich und inhaltlich unterstützt die<br />

ver.di-Bundesfachgruppe IKT die Workshops.<br />

Gewerkschaften stärken<br />

Stine Klapper, die deutsche Leiterin der<br />

FES in Albanien, und Genci Lamllari, Koordinator<br />

für gewerkschaftliche Arbeit,<br />

betonen immer wieder, wie wichtig der<br />

FES die Unterstützung der jungen, demokratischen<br />

Gewerkschaften sei. Dorothea<br />

Katharina Ritter, Gewerkschaftssekretärin<br />

der Bundesfachgruppe IKT, reiste trotz<br />

Ado Wilhelm<br />

ver.di-Gewerkschaftssekretär<br />

i. R.<br />

vollem Terminkalender und eigentlich<br />

freiem Wochenende mit nach Tirana,<br />

um mit ihrer Expertise zum Gelingen<br />

der Veranstaltung beizutragen. Florian<br />

Haggenmiller, Leiter der Bundesfachgruppe,<br />

stellte im Vorfeld diverse Materialien<br />

zur Verfügung, um die fachliche<br />

Vorbereitung zu unterstützen.<br />

Gestaltungsspielräume entwickeln<br />

Das Thema des Workshops lautete „Herausforderungen<br />

der IKT-Branche und die<br />

gewerkschaftlichen Gestaltungsräume“.<br />

Dorothea Katharina Ritter gab eingangs<br />

einen Überblick über die multiplen Herausforderungen<br />

und Gestaltungsfelder.<br />

Bewusst wurde der globale Einstieg gewählt,<br />

um daran die Situation in Albanien<br />

zu spiegeln. Beleuchtet wurden die Herausforderungen<br />

in der Branche. Daran<br />

orientierte sich dann auch die Analyse<br />

bezogen auf Albanien und die Diskussion<br />

über Lösungsansätze. Was in ein mittelund<br />

langfristiges Arbeitsprogramm für die<br />

SPPT einfließen muss, lautete die Kernfrage<br />

nach dem Beitrag von Dorothea<br />

Katharina. Beschäftigung, technologische<br />

Entwicklung, Märkte und Geopolitik<br />

sowie Politik und Regulation waren die<br />

Hauptthemen. Bei der Betrachtung von<br />

Risiken und Bedrohungsszenarien wurden<br />

ebenso Künstliche Intelligenz (KI) und Datenschutz<br />

intensiv betrachtet. KI ist auch<br />

in Albanien ein Thema, was sehr kritisch<br />

und teils mit Angstgefühlen seitens der<br />

Beschäftigten gesehen wird.<br />

Probleme bieten auch Chancen<br />

Die Kernfrage für die Teilnehmenden war,<br />

was an Veränderung zu erwarten ist und<br />

was die richtigen Lösungsansätze sind,<br />

um die Beschäftigten zu schützen und<br />

auch perspektivisch an unternehmerischen<br />

Erfolgen teilhaben zu lassen. Die<br />

Strategie der SPPT ist, Risiken zu erkennen<br />

und Lösungen für die Probleme zu<br />

entwickeln. Veränderungen bieten auch<br />

Chancen, die im Interesse der Beschäftigten<br />

genutzt werden müssen. Ein weiterer<br />

Schwerpunkt war die Weiterentwicklung<br />

der SPPT. Stärkerwerden ist ein Muss, hat<br />

sich der Gewerkschaftsvorstand schon<br />

seit Jahren auf seine Fahnen geschrieben<br />

und konsequent verfolgt. Mehr Mitglieder,<br />

mehr Stärke, so die einfache Formel<br />

von Renato Mucaj, dem Präsidenten der<br />

SPPT.<br />

Standortvorteil miese Bedingungen<br />

Die SPPT ist ebenfalls für die Callcenter-<br />

Branche zuständig. Sie sieht dringenden<br />

Handlungsbedarf, auch in dem Feld stärker<br />

zu werden. In Albanien gibt es eine<br />

große Callcenter-Branche. Rund 40 000<br />

Beschäftigte sind dort tätig. Viele Unternehmen<br />

aus dem Ausland haben sich in<br />

Albanien niedergelassen. Der Markt ist<br />

für sie attraktiv durch die geringe Bezahlung<br />

der Beschäftigten, bisher schwache<br />

Gewerkschaften und Schutzrechte, die<br />

diese Bezeichnung nicht verdienen. Der<br />

albanische Ministerpräsident Edi Rama<br />

hat ganz offen damit für die Ansiedlung<br />

ausländischer Unternehmen geworben.<br />

Daraus folgt für die SPPT ein großer gewerkschaftlicher<br />

Handlungsbedarf.<br />

Vertrauen gewinnen<br />

Allerdings ist Gewerkschaftsarbeit in<br />

Albanien nicht so einfach. Nach wie vor


13 <strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

haben albanische Gewerkschaften einen<br />

schlechten Ruf. Dies stammt noch aus der<br />

Zeit von Enver Hoxha, dem ehemaligen<br />

kommunistischen Diktator Albaniens. Das<br />

zu verändern, ist eine große Aufgabe und<br />

Herausforderung für die albanischen Gewerkschaften.<br />

Hier ist der Ansatz, mit<br />

guter Arbeit und konstruktiven Lösungsansätzen<br />

die Bedingungen für die Beschäftigten<br />

zu verbessern und damit auch<br />

die Werbetrommel zu rühren. Dabei geht<br />

es nicht nur um Bezahlung. Dennoch besteht<br />

bei einem Durchschnittslohn von<br />

circa 400 Euro monatlich enormer Handlungsbedarf<br />

und das Entwicklungspotenzial<br />

ist vorhanden.<br />

Stärke aufbauen<br />

Einig waren sich die Teilnehmenden, dass<br />

die SPPT stärker werden muss, um als Akteur<br />

in den Betrieben und der Politik an<br />

Einfluss zu gewinnen. Für die Teilnehmenden<br />

des Workshops ist es zudem eine<br />

wichtige Frage, wie die SPPT stärker werden<br />

kann. Die Information, dass ver.di im<br />

vergangenen Jahr rund 190 000 neue<br />

Mitglieder gewinnen konnte, wurde mit<br />

Staunen zur Kenntnis genommen und als<br />

Ansporn verstanden. Mehr Mitglieder,<br />

mehr Aktive, mehr Durchsetzungskraft<br />

und Stärke gewinnen, war das zweite<br />

Hauptthema der Veranstaltung. Auch die<br />

Frage, wie die SPPT mehr Einfluss im<br />

Staat und auf die Entwicklung sowie auf<br />

Entscheidungen gewinnen kann, wurde<br />

sehr hitzig diskutiert. Zum Ende des<br />

Workshops wurden Vorschläge für den<br />

Vorstand zur Erstellung eines Zukunftskonzeptes<br />

erarbeitet. Es bestand Einvernehmen,<br />

die Mitglieder und Beschäftigten<br />

bei der Findung der Themen und den<br />

Fragen, die als vorrangig anzusehen sind,<br />

stärker zu beteiligen. Was die Mitglieder<br />

wollen, muss auch für die SPPT ganz<br />

oben auf der Agenda stehen.<br />

Wie es weitergeht<br />

Renato Mucaj versprach, dass der Vorstand<br />

und die zuständigen Gremien sich<br />

nun zügig daranmachen, die Themen und<br />

Lösungsoptionen zu beraten und in ein<br />

Aktionsprogramm umzusetzen. FES und<br />

ver.di sagten zu, den Entwicklungsprozess<br />

der albanischen Gewerkschaften<br />

weiter zu unterstützen. Die nächste Veranstaltung<br />

ist schon in Vorbereitung. Im<br />

Mai findet ein Workshop zum Thema Fragebogen<br />

und Befragungen als wichtige<br />

Instrumente aus dem gewerkschaftlichen<br />

Werkzeugkasten statt.<br />

SCHWERBEHINDERTE MENSCHEN<br />

Der Europäische Behindertenausweis kommt<br />

Europäischer Rat und Parlament ebnen<br />

den Weg für den Europäischen<br />

Behindertenausweis und den Europäischen<br />

Parkausweis für Menschen<br />

mit Behinderungen.<br />

Der Vorschlag der Kommission<br />

wurde im September<br />

2023 angenommen und der<br />

Europäische Rat hat seine<br />

Verhandlungsposition im November<br />

2023 festgelegt. Am<br />

17. Januar <strong>2024</strong> wurden intensive<br />

Verhandlungen über<br />

die endgültige Fassung der<br />

Richtlinie aufgenommen, die<br />

dann am 8. Februar <strong>2024</strong> erfolgreich<br />

zum Abschluss gebracht<br />

werden konnten. Die<br />

Einigung muss jetzt sowohl<br />

vom Parlament als auch vom Europäischen<br />

Rat förmlich angenommen werden;<br />

damit werden der Europäische Behindertenausweis<br />

und der Parkausweis endgültig<br />

in Kraft gesetzt. Es wird er wartet, dass<br />

der Text auf der April-Plenar tagung zur<br />

Abstimmung gestellt wird.<br />

Gleichberechtigter Zugang<br />

Mit der Richtlinie haben Menschen mit<br />

Behinderungen bei Kurzreisen gleichberechtigten<br />

Zugang zu Vorzugsbedingungen,<br />

wie zum Beispiel ermäßigten oder<br />

keinen Eintrittsgebühren, bevorzugten<br />

Zugang und Zugang zu reservierten Parkplätzen.<br />

Beide Karten gewähren den Karteninhaber*innen<br />

sowie den sie begleitenden<br />

Personen und Assistent*innen<br />

Zugang unter den gleichen Bedingungen<br />

wie nationale Karteninhaber*innen. Auch<br />

Menschen mit Behinderungen, die für<br />

Mobilitätsprogramme in einen anderen<br />

Mitgliedstaat ziehen, fallen unter diese<br />

Richtlinie. Die nationalen Behörden werden<br />

für die Ausstellung Europäischer Behindertenausweise<br />

in einem barrierefreien<br />

Format zuständig sein.<br />

EU-weit gültig<br />

Die Ausweise werden in der gesamten EU<br />

als Nachweis für eine Behinderung oder<br />

einen Anspruch auf bestimmte Dienstleistungen<br />

aufgrund einer Behinderung anerkannt<br />

werden.<br />

Der EU-Behindertenausweis wird in<br />

physischer und, sofern verfügbar, in digitaler<br />

Form kostenfrei ausgestellt und verlängert.<br />

In den einzelnen EU-Ländern können<br />

Kosten bei Verlust oder Beschädigung<br />

der Karte anfallen. Menschen mit Behinderungen,<br />

die auf Unterstützung einer/<br />

eines persönlichen Assistent*in angewiesen<br />

sind, können ihren Ausweis mit<br />

dem Buchstaben „A“ versehen lassen. Die<br />

Europäische Parkkarte für Menschen<br />

mit Behinderungen wird<br />

in physischer Form ausgestellt.<br />

Die EU-Länder werden aufgefordert,<br />

die Karte auch in digitaler<br />

Form auszustellen, und können<br />

sich dafür entscheiden, eine<br />

Gebühr für die Verwaltungskosten<br />

für die Ausstellung und<br />

Erneuerung der Karte zu erheben.<br />

Beide Karten müssen innerhalb<br />

von neunzig Tagen ausgestellt<br />

werden – außer in Fällen,<br />

in denen längere medizinische Untersuchungen<br />

erforderlich sind.<br />

Der komplette Text des Vorschlags für<br />

eine Richtlinie des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates (auf Deutsch) ist hier<br />

hinterlegt: resource.html (europa.eu)<br />

ver.di-Bundesarbeitskreis<br />

Behindertenpolitik<br />

Foto: Christine Glaser-Riechel


14<br />

BEAMT*INNEN<br />

Hoher Stellenwert in ver.di<br />

Am 5. März <strong>2024</strong> hatte die ver.di-<br />

Landesfachgruppe Informationsund<br />

Kommunikationstechnologie<br />

(IKT) Nordrhein-Westfalen zu ihrer<br />

Beamtenpolitischen Konferenz in<br />

Düsseldorf eingeladen. Die Teilnehmer*innen<br />

erwarteten interessante<br />

Referent*innen mit spannenden Themen<br />

im Gepäck.<br />

VON ANITA SCHÄTZLE<br />

Haltung zeigen<br />

Markus Frings, in der Landesfachgruppe<br />

IKT unter anderem für Beamtenpolitik zuständig,<br />

machte eingangs auf die ver.diund<br />

DGB-Kampagne „Demokratie stärken“<br />

aufmerksam. Wichtig sei, sich gegen<br />

demokratiefeindliche Kräfte aktiv, laut<br />

und sichtbar einzusetzen. Dieses Thema<br />

griffen die Referent*innen auf und waren<br />

sich einig: „Wir setzen auf Respekt und<br />

Solidarität. AfD-Hass und -Hetze sind<br />

weder Option noch Alternative!“<br />

Beamtenpolitik im Fokus<br />

Frank Schmidt, stellvertretender ver.di-<br />

Landesfachbereichsleiter, unterstrich in<br />

seinem Grußwort den Stellenwert der Beamtenpolitik,<br />

insbesondere für unseren<br />

Fachbereich.<br />

Wolfgang Cremer, ver.di-Beamtensekretariat<br />

Nordrhein-Westfalen, erläuterte<br />

die Möglichkeiten der gewerkschaftlichen<br />

Beteiligung von Beamt*innen in<br />

den Tarifrunden unterhalb des Streiks.<br />

Sandra Windgätter, Leiterin CSS und<br />

oberste Dienstvorgesetzte aller Telekom-Beamt*innen,<br />

hob die Zusammenarbeit<br />

mit ver.di in Bezug auf die angestrebte<br />

Fortführung der Altersteilzeit und<br />

des Engagierten Ruhestands hervor. Zu<br />

den Beurteilungs- und Beförderungsrunden<br />

betonte sie das Bemühen der<br />

Telekom, den aus ihrer Sicht teils widersprüchlichen<br />

verwaltungsgerichtlichen<br />

Anforderungen gerecht zu werden. Auch<br />

habe man ein Angebot für Führungskräfte,<br />

die erstmals Stellungnahmen abgeben<br />

müssen („beurteilen“), aufgelegt.<br />

Perspektiven eingefordert<br />

Andreas Franke und Anita Schätzle kritisierten<br />

den restriktiven Umgang mit Aufstiegsmöglichkeiten.<br />

Sie machten deutlich,<br />

dass der schon seit Jahren geforderte<br />

Laufbahnsprung für Beamt*innen, die in<br />

der Beurlaubung mindestens zehn Jahre<br />

höherwertig in der nächsthöheren Laufbahn<br />

arbeiten, neben der Beförderung<br />

eine berufliche Perspektive bieten könne.<br />

Zudem müsse die Repressionswirkung des<br />

Stellenkegels für Beförderungen aufgrund<br />

völlig veränderter Altersstruktur und stark<br />

verringerter Anzahl an Beamt*innen bei<br />

der Telekom aufgehoben werden.<br />

Die Umsetzung zur ruhegehaltfähigen<br />

Anrechnung von Zeiten vor dem 17. Lebensjahr<br />

sowie die problematische Beurlaubungspraxis<br />

am Beispiel der DT IT sind<br />

Themen, die die Beamt*innen unter anderem<br />

gegenwärtig bewegen. Ferner beleuchteten<br />

sie die noch unzureichend realisierte<br />

amtsangemessene Besoldung.<br />

Dies sei insbesondere mit Blick auf die<br />

abgesenkte Besoldung bei den Postnachfolgeunternehmen,<br />

also auch für die Beamt*innen<br />

bei der Telekom, unbefriedigend.<br />

Die aktuelle Arbeitszeitdebatte in<br />

Vorbereitung der Tarif- und Besoldungsrunde<br />

Öffentlicher Dienst 2025 und einige<br />

neuere beamtenrechtliche Regelungen<br />

rundeten den Vortrag ab.<br />

ver.di setzt sich ein<br />

Andreas Franke betonte den Einsatz von<br />

ver.di zur Verlängerung der Regelungen<br />

für die Altersteilzeit und den Engagierten<br />

Ruhestand. Dass sich die ver.di-Mitgliedschaft<br />

für aktive Beamt*innen aber auch<br />

im Ruhestand lohne, so Franke, beweise<br />

das Ergebnis der Besoldungsrunde Bund<br />

2023/<strong>2024</strong> eindrucksvoll. Nach schrittweiser<br />

Auszahlung von 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie<br />

von Juni 2023 bis<br />

Februar <strong>2024</strong> erhalten die aktiven Beamt*innen<br />

und die Pensionär*innen ab<br />

1. März <strong>2024</strong> um 200 Euro erhöhte und<br />

zusätzlich um 5,3 Prozent linear angehobene<br />

Bezüge. Letztmalig werden 0,2 Prozent<br />

Versorgungsrücklage fällig.<br />

Postbeamtenkrankenkasse<br />

Tilo Meisel, Leiter der Geschäftsstelle der<br />

Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) in<br />

Düsseldorf, stellte die Veränderungen der<br />

PBeaKK seit 1995 dar. Im Zuge weiterer<br />

Veränderungen wird die seit 2019 nutzbare<br />

EinreichungsApp zum 1. April <strong>2024</strong><br />

von der neuen PBeaKKDirekt-APP abgelöst.<br />

Digitales Einreichen, alternativ zum<br />

Postweg, ist damit freiwillig und kostenfrei.<br />

Beate Klann und Bernhard Clemens,<br />

Sprecher*innen des beamtenpolitischen<br />

Ausschusses ver.di IKT NRW, verabschiedeten<br />

die Teilnehmer*innen nach einem<br />

informativen Tag mit lebendigen Diskussionen.<br />

Anita Schätzle<br />

Gewerkschaftssekretärin<br />

i. R.<br />

Foto: Manfred Geneschen Foto: Manfred Geneschen


15 <strong>KOMM</strong> 02/<strong>2024</strong><br />

ARBEITSZEIT<br />

Zeit ist reif für Besserung<br />

ver.di sieht Handlungsbedarf beim<br />

Thema Arbeitszeit bei den Beamt*innen.<br />

In Vorbereitung der Tarif- und<br />

Besoldungsrunde im öffentlichen<br />

Dienst Bund/VKA im Jahr 2025<br />

erfolgte eine ver.di-Mitgliederbefragung<br />

bis März <strong>2024</strong>.<br />

Steigender Arbeitsdruck macht Menschen<br />

krank und die Arbeitsplätze im öffentlichen<br />

Dienst unattraktiv. Abhilfe ist dringend<br />

geboten. Beschäftigte im öffentlichen<br />

Dienst arbeiten im Vergleich zur<br />

Privatwirtschaft deutlich länger.<br />

Für Bundesbeamt*innen im öffentlichen<br />

Dienst des Bundes gilt die 41-Stunden-Woche<br />

– und das schon seit 2006.<br />

Die Angestellten arbeiten dagegen nur<br />

39 Stunden pro Woche.<br />

Beschäftigte wurden gefragt<br />

In der bundesweiten Arbeitszeitbefragung<br />

ging es um besondere Belastungen<br />

wie Schichtarbeit und Rufbereitschaft, um<br />

die Vereinbarung von Arbeit und Freizeit<br />

sowie um Belastungen und Erwartungen.<br />

Das Ziel ist, tarifvertraglich lösbare Änderungen<br />

zu definieren, mit denen die Beschäftigten<br />

Entlastung erfahren und somit<br />

Arbeitsplätze wieder interessanter werden.<br />

Denn der öffentliche Dienst steuert<br />

in den nächsten Jahren auf eine noch größer<br />

werdende Unterausstattung mit Personal,<br />

samt gewiss zu erwartenden negativen<br />

gesellschaftlichen Auswirkungen zu.<br />

Sonderfall Telekom<br />

Foto: ©Wahyu – stock.adobe.com<br />

Für die Beamt*innen bei der Telekom, sie<br />

sind Beamt*innen des Bundes, gilt die Arbeitszeitverordnung<br />

des Bundes (AZV) auf<br />

Grundlage der §§ 87 und 88 Bundesbeamtengesetz<br />

(BBG) soweit in der AZV<br />

Bund nichts anderes bestimmt ist. Daneben<br />

gilt für sie die Telekom-Arbeitszeitverordnung<br />

(T-AZV). Danach arbeiten sie im<br />

Mutter-Konzern 34 Stunden, beziehungsweise<br />

in der Regel 36 Stunden nach Tarifvertrag<br />

in den Gesellschaften. Auch die<br />

Beamt*innen bei der Telekom waren aufgefordert,<br />

sich an der Befragung zu beteiligen.<br />

Selbst wenn sie momentan nicht<br />

unmittelbar betroffen sind, hat ein mögliches<br />

Ergebnis zur Arbeitszeit im Nachgang<br />

mittel bare Wirkung.<br />

Die Diskussion zur Forderung für die<br />

Tarif- und Besoldungsrunde 2025 mit<br />

Bund und Kommunen beginnt Mitte<br />

Juni <strong>2024</strong>. Im Oktober wird die Forderung<br />

aufgestellt. Dann gilt es, unsere Kräfte<br />

zu bündeln, um diese Forderung auch<br />

durchzu setzen.<br />

AS<br />

BESOLDUNG<br />

Satte Erhöhung ab März <strong>2024</strong><br />

Die Besoldungs- und Versorgungsbezüge<br />

der Beamt*innen, Anwärter*innen<br />

und Pensionär*innen des Bundes<br />

steigen zum 1. März deutlich. Darüber<br />

können sich auch die Beamt*innen<br />

im Bereich der Deutschen Telekom<br />

freuen, denn auch sie profitieren<br />

von der Einkommenserhöhung.<br />

200 Euro Sockelbetrag und gleichzeitig<br />

zusätzlich linear 5,3 Prozent mehr Geld<br />

sind das Ergebnis der zeit- und wirkungsgleichen<br />

Übernahme der Tariferhöhung<br />

für die Beschäftigten im öffentlichen<br />

Dienst auf die Beamt*innen und die Pensionär*innen<br />

des Bundes.<br />

Um 11,3 Prozent erhöht werden dynamisierte<br />

Zulagen, unter anderem der<br />

Familienzuschlag und die Amtszulage, in<br />

Anlehnung an den Tarifvertrag öffentlicher<br />

Dienst.<br />

Versorgungsrücklage<br />

Die Versorgungsrücklage läuft <strong>2024</strong> aus;<br />

somit ist die lineare Erhöhung gegenüber<br />

dem tariflichen Erhöhungssatz (5,5 Prozent)<br />

letztmalig um 0,2 Prozentpunkte<br />

geringer.<br />

Gesetzliche Grundlage für die Einkommenssteigerungen<br />

bei Besoldung und<br />

Versorgung ist das Gesetz zur Anpassung<br />

der Bundesbesoldung und -versorgung<br />

für 2023/<strong>2024</strong> und zur Änderung<br />

weiterer dienstrechtlicher Vorschriften<br />

(BBVAnpÄndG 2023/<strong>2024</strong>). Dieses hatte<br />

der Deutsche Bundestag im November<br />

2023 beschlossen. Dabei wurden auch<br />

die Anwärtergrundbeträge neu festgelegt.<br />

Einsatz lohnt sich<br />

Bereits in 2023 konnten sich die Beamt*innen<br />

und Pensionär*innen des<br />

Bundes über eine spürbare Einkommenserhöhung<br />

freuen. Grund dafür war die<br />

Übertragung des Tarifvertrags über<br />

Sonderzahlungen zur Abmilderung der<br />

gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich)<br />

auf die Bundesbesoldung<br />

und -versorgung.<br />

Gemeinsam erfolgreich und aktiv –<br />

ein Dankeschön<br />

wir machen Besoldung.<br />

Besoldung Bund (PNU)<br />

Beamt*innen<br />

des Bundes bei<br />

der Deutschen<br />

Telekom AG und<br />

der Deutschen<br />

Bank AG<br />

Geltungszeitraum<br />

ab 01.03.<strong>2024</strong><br />

Für die Versorgungsempfänger*innen der<br />

PNU gelten die Zahlen aus der Faltkarte für<br />

Bundesbeamt*innen<br />

Beamt*innen<br />

ver.di hat mit dem Tarifabschluss öffentlicher<br />

Dienst und der nahtlosen Übertragung<br />

der Tariferhöhungen auf die Bundesbeamt*innen<br />

sowie die Ver sorgungsempfänger*innen<br />

– was nicht selbstverständlich<br />

ist – eine äußerst respektable<br />

materielle Gesamterhöhung erreicht. Für<br />

den Erfolg war neben den Verhandlungen<br />

in der Tarifrunde öffentlicher Dienst und<br />

politischer Einflussnahme der aktive und<br />

sichtbare Einsatz unserer Mitglieder ganz<br />

entscheidend.<br />

AS<br />

Die neuen Besoldungskarten für die Postnachfolgeunternehmen<br />

können hier als<br />

PDF heruntergeladen werden:<br />

https://kurzelinks.de/4u3g


16<br />

DEMOKRATIE IM BETRIEB<br />

Nie wieder ist jetzt<br />

„Nie wieder ist jetzt“ – es sind nur<br />

vier kleine Worte, doch sie haben<br />

Großes bewirkt. Diese vier Worte<br />

drücken eine dringende Botschaft<br />

aus: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit<br />

haben keinen Platz in unserer<br />

Gesellschaft und in unserer Demokratie.<br />

Diese vier Worte haben<br />

Millionen Menschen aktiviert und<br />

wenn Worte das schaffen, wie viel<br />

mehr können wir mit weiteren Taten<br />

bewirken!<br />

VON KERSTIN MARX<br />

Die jüngsten politischen Enthüllungen<br />

über Rechtsextremismus haben überall in<br />

Deutschland das schlummernde Bewusstsein<br />

und viel Solidarität geweckt: Demokratie<br />

ist nicht selbstverständlich und<br />

muss verteidigt werden. Millionen haben<br />

bei Demonstrationen gegen Rechts Haltung<br />

gezeigt. Das ist nicht bloß Symbolik<br />

oder ein Zeichen, das ist vielmehr eine<br />

Demonstration der Stärke unserer Zivilgesellschaft.<br />

Darauf können wir als Demokratinnen<br />

und Demokraten stolz sein.<br />

Rassismus schleicht sich ein<br />

Kerstin Marx<br />

Konzernbetriebsratsvorsitzende<br />

der<br />

Deutschen Telekom<br />

Foto: KBR Telekom<br />

Rassismus ist jedoch immer noch präsent,<br />

zu oft sogar unerkannt. Es ist ein schleichender<br />

Prozess. Rassistische Parolen und<br />

rassistisches Verhalten werden wieder<br />

unverhohlen öffentlich vertreten und zur<br />

Schau gestellt. Laut Nationalem Diskriminierungs-<br />

und Rassismusmonitor der Bundesregierung<br />

(Mai 2022) gehen 90 Prozent<br />

der Bevölkerung davon aus, dass es<br />

in Deutschland Rassismus gibt. Als alltäglich<br />

nehmen ihn 61 Prozent der Befragten<br />

wahr. Täglich werden Menschen Opfer<br />

rechter, rassistisch oder antisemitisch motivierter<br />

Gewalt. Sogenannte fremdenfeindliche<br />

Straftaten nehmen laut<br />

Verfassungsschutzbericht der Bundesregierung<br />

zu. Demnach registrierte das<br />

Bundes kriminalamt für das Jahr 2022 insgesamt<br />

58 916 politisch motivierte Straftaten.<br />

Das sind rund sieben Prozent mehr<br />

als 2021 (55 048). Gut 60 Prozent davon<br />

hatten einen extremistischen Hintergrund.<br />

Diese Tendenz setzt sich fort. Damit<br />

befindet sich die politisch motivierte<br />

Kriminalität auf dem höchsten Stand seit<br />

Einführung der Statistik im Jahr 2001. Es<br />

ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer<br />

solcher Straftaten deutlich höher ist,<br />

denn nicht alle Taten werden angezeigt<br />

oder als rassistisch motiviert erkannt.<br />

Tag gegen Rassismus<br />

Der Internationale Tag gegen Rassismus<br />

am 21. März erinnert uns daran, aktiv zu<br />

werden und uns einzumischen. Die Vielfalt<br />

in unserer Gesellschaft ist unsere Stärke.<br />

Es ist entscheidend, sie als solche<br />

anzuerkennen und zu fördern. Unsere<br />

Arbeitswelt, in der Menschen verschiedener<br />

Herkunft, Hintergründe, Erfahrungen<br />

und Identitäten zusammenarbeiten, ist<br />

ein lebendiges Beispiel dafür, wie Vielfalt<br />

zu Innovation und wirtschaftlichem Erfolg<br />

führen kann. Und die betriebliche Mitbestimmung<br />

leistet einen wichtigen Beitrag:<br />

Sie integriert ausländische Arbeitnehmende<br />

und fördert Zusammenhalt und Solidarität.<br />

Denn wir, ob in der Gewerkschaft<br />

oder einem Betriebsrat, leben es seit den<br />

Anfängen der Arbeiterbewegung vor: Gemeinsam<br />

sind wir stärker! Auch dann,<br />

wenn wir uns gegen Diskriminierung und<br />

Rassismus positionieren.<br />

Misch Dich ein<br />

Am 21. März begehen wir den Internationalen<br />

Tag gegen Rassismus. Seit 1979<br />

ruft die UNO alle Mitgliedstaaten dazu<br />

auf, zusätzlich Aktionswochen gegen<br />

Rassismus zu organisieren. In diesem Jahr<br />

lautet das Motto „Misch Dich ein“. Der<br />

Tag geht auf den 21. März 1960 zurück,<br />

als im südafrikanischen Township Sharpeville<br />

Tausende friedlich gegen das rassistische<br />

Apartheidsystem demonstrierten.<br />

69 Menschen wurden von der Polizei erschossen,<br />

Hunderte weitere verletzt.<br />

Sechs Jahre später erklärte die UN-Generalversammlung<br />

den 21. März zum Internationalen<br />

Tag für die Beseitigung der<br />

Rassendiskriminierung.<br />

Kein Platz für Fremdenfeindlichkeit<br />

Unsere Arbeitswelt ist bunt – und das ist<br />

gut so. Denn selbstverständlich arbeiten<br />

Foto: Christian von Polentz/transitfoto.de<br />

Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund,<br />

Erfahrungen, Bildung und Glauben,<br />

Geschlecht und sexueller Orientierung<br />

als Kolleg*innen zusammen. Diese<br />

Vielfalt hilft nicht nur gegen den Fachkräftemangel.<br />

Eine vielfältige Belegschaft<br />

hilft auch, neue Kundengruppen<br />

und Märkte zu erschließen. Zahlreiche<br />

Studien, wie etwa die McKinsey-Studie<br />

aus dem Jahr 2020, belegen, dass gemischte<br />

Teams bessere Lösungen und<br />

innovativere Produkte hervorbringen<br />

und damit die Unternehmen wirtschaftlich<br />

erfolgreicher machen. Diversität bereichert<br />

unsere Gesellschaft. Sie hängt<br />

davon ab, dass wir Vielfalt als Realität<br />

akzeptieren, sie als Chance begreifen<br />

und gemeinsam gestalten.<br />

Integrationsfunktion<br />

der Mitbestimmung<br />

Ausländische Arbeitnehmende haben erst<br />

seit 1972 das aktive und das passive<br />

Wahlrecht bei Betriebsratswahlen. Sie in<br />

die demokratische Mitbestimmung zu<br />

integrieren, ist wichtig, denn etwa zehn<br />

Millionen Menschen dürfen in Deutschland<br />

aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit<br />

nicht an Bundestagswahlen teilnehmen.<br />

Betriebliche Mitbestimmung ist insbesondere<br />

für sie eine Chance, zu gestalten, zu<br />

wählen und zu kandidieren. Betriebliche<br />

Mitbestimmung ist gelebte Demokratie<br />

und hat durch ihre politische Partizipation<br />

eine wichtige Integrationsfunktion. Sie<br />

fördert das Miteinander der Menschen,<br />

nährt den Boden für Toleranz und hilft,<br />

Vorurteile zu überwinden.<br />

Für Gewerkschafter*innen und Betriebsrät*innen<br />

ist der 21. März Anlass,<br />

uns alle daran zu erinnern, uns einzumischen.<br />

Er ist Anlass, mit Kolleg*innen<br />

über Diskriminierung und Rassismus ins<br />

Gespräch zu kommen, aufzuklären und<br />

Unterstützung anzubieten. Mitbestimmung<br />

als gelebte Demokratie und handfeste<br />

Realität: Denn gemeinsam sind wir<br />

stärker!

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