26.04.2024 Aufrufe

SONNENTALER

Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!

Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.

Es war einmal in einem fernen Land, ein junger Mann, der auf einem kleinen Bauernhof.<br />

Er lebte ganz allein auf dem Hof. Er nannte zwei Kühe, drei Schweine, drei<br />

Gänse, acht Hühner und ein Hahn sein Eigen. Aurelius war kein armer Mann und<br />

manches Mädchen aus dem Dorf, wäre gern seine Braut geworden, aber Aurelius<br />

träumte von einem besonderen Mädchen. Er hatte gehört, dass die Sonne ihre Töchter<br />

ab und zu auf die Erde schickte. Sie kamen als Sonnentaler auf die Erde und<br />

waren im Wald zu sehen, wenn die Sonnenstrahlen durch das dichte Blattwerk der<br />

Bäume, auf den Waldboden fielen.<br />

Dort tanzten die Töchter der Sonne einen sanften Tanz mit dem Wind und den Blättern<br />

der Bäume. Noch nie war es gelungen, einen Sonnentaler zu fangen. Das<br />

konnte nur einem Sonntagskind gelingen. Sonntagskinder sind Kinder, die an einem<br />

Sonntag geboren worden waren, gerade zu dem Zeitpunkt, wenn der erste Sonnenstrahl<br />

den Erdboden berührte. Ein solches Sonntagskind war Aurelius und seine<br />

Großmutter hatte ihm erzählt, dass er eines Tages einen Sonnentaler fangen würde<br />

und der würde sich in ein schönes Mädchen Verwandeln, die dann seine Braut sein<br />

würde.<br />

Aurelius wartete schon viele Jahre darauf, einen Sonnentaler fangen zu können,<br />

aber nie sah er welche. Denn immer wenn er in den Wald kam, verschwanden die<br />

Töchter der Sonne, so, als hätten sie Angst ihm in die Hände zu fallen.<br />

Als Aurelius 30 Lenze alt geworden war, ging er am Tag seines Geburtstages in den<br />

Wald.<br />

Der Winter hatte seine kleine<br />

Welt fest im Griff. Der Himmel<br />

war grau und sein Atem<br />

gefror auf den Lippen. Am<br />

Morgen hatte er festgestellt,<br />

dass ihm das Feuerholz aus<br />

gegangen war, und so musste<br />

er in den Wald gehen, um<br />

neues Holz zu sammeln. Er<br />

hatte schon einen ganzen<br />

Arm voll gesammelt und<br />

wollte das Holz gerade auf<br />

seinen Böllerwagen legen, als<br />

die Wolkendecke aufbrach<br />

und ein einziger Sonnenstrahl<br />

auf die Schnee bedeckte Erde<br />

fiel.<br />

Aurelius sah den Sonnentaler<br />

auf dem Schnee, streckte<br />

seine Hand aus und kaum<br />

hatte sein Zeigefinger den


Sonnentaler berührt, lag auf der Erde ein wunderschönes Mädchen, mit Weizen blonden<br />

Haaren und einem so schönen Gesicht, dass es nicht zu beschreiben war.<br />

DasMädchen hatte keine Kleider an und fror erbärmlich, aber Aurelius zog seinen<br />

Mantel aus und legte ihn dem Mädchen um die Schultern. Dann nahm er sie auf<br />

seine starken Arme und trug sie in sein Haus. Dann ging er zurück, holte das Holz<br />

und entfachte ein wärmendes Feuer, in dem Ofen, der in seiner Küche in der Ecke<br />

stand. Er gab bald eine behagliche Wärme ab.<br />

Aurelius konnte sich nicht sattsehen an der Gestalt des Mädchens. Er brachte ihr aus<br />

der Truhe, die im Flur stand ein Kleid seiner Mutter und legte es ihr auf den Schoß.<br />

Dann ging er hinaus und wartete, bis das Mädchen sich angezogen hatte. «Wie heißt<br />

du?» Fragte Aurelius und schaute sie mit verliebten Augen an.<br />

Aber das Mädchen antwortete nicht, schaute sich nur mit neugierigen Augen um. Sie<br />

zeigte auf ihren Mund ihm, dass es ihr nicht möglich war, zu sprechen. Aber ihre<br />

Augen sprachen für sie und Aurelius brauchte sie nur ansehen und er wusste, was<br />

sie wollte. Als er sie fragte, ob sie seine Braut werden wollte, wurden ihre Augen<br />

traurig und sie schüttelte<br />

den Kopf um ihm zu<br />

Bedeuten, das sie es nicht<br />

könne.<br />

Was sollte also die Weissagung<br />

seiner Großmutter,<br />

wenn sie doch nicht seine<br />

Frau werden konnte, oder<br />

wollte? Aurelius wurde<br />

traurig und schwermütig.<br />

Er vernachlässigte den<br />

Hof, die Tiere wurden<br />

unzufrieden mit ihm und<br />

liefen ihm davon. Das<br />

Sonnentaler Mädchen<br />

wurde auch immer trauriger<br />

und wenn die Sonne<br />

schien, dann schaute sie<br />

sehnsuchtsvoll in den Himmel.<br />

Eines Tages, Aurelius, saß vor seinem Haus auf seiner Bank, da kam ein seltsamer<br />

Mann in das Dorf. Er hatte einen weiten grauen Mantel um und einen spitzen grauen<br />

Hut auf dem Kopf.<br />

Sein Gesicht war finster und die buschigen schwarzen Augenbrauen hatte er<br />

zusammengezogen. Sein Mund war nur ein Strich im Gesicht und darüber saß eine<br />

Nase, die an den Schnabel eines Geiers erinnerte. Seine Schritte wirbelten Staub<br />

auf, denn mittlerweile, war es Sommer geworden und die Sonne brannte erbarmungslos<br />

vom Himmel.


Als der Mann bei Aurelius vorbei kam, blieb er stehen und schaute ihn mit finsterer<br />

Mine an. Er öffnete seinen Mantel und Aurelius sah auf die dürre Gestalt des<br />

Mannes. «Wer bist du?» Fragte Aurelius und schaute den Mann herausfordernd an.<br />

«Wer ich bin? Fragst du? Ja weißt du es denn nicht? Ich bin Dein Gewissen. Warum<br />

hörst du nicht auf das, was ich dir sage? Sind deine inneren Ohren taub geworden?<br />

So musste ich mich auf den Weg machen, um zu dir zu kommen, um dir zu sagen,<br />

dass du ein Faulpelz, ein Nichtsnutz, ein armer Mann geworden bist, der es verlernt<br />

hat für sein Glück zu kämpfen. Schau dir die Sonnenfrau an, sie wird nicht mehr<br />

lange leben, wenn du ihr nicht hilfst. Ja glaubst du denn, alles fliege dir zu, nur weil<br />

du an einem Sonntag geboren wurdest? Meinst du, mit dem Einfangen des Sonnentalers<br />

sei es getan und das Glück fliegt dir als gebratene Taube in dein unnütz<br />

gewordenes Maul?<br />

Steh auf Aurelius und ändere dein Schicksal, sonst wirst du einsam und allein sterben.<br />

Niemand wird um einen Menschen, so wie du einer bist, trauern. Schau dir die Dorfbewohner<br />

an. Sie waren alle deine Freunde, sie helfen sich gegenseitig, nur dich<br />

lassen sie seit einiger Zeit aus. Schau dich um. Was ist aus deinem Hof geworden?<br />

Du hast Löcher in deinem Dach, deine Tiere sind davon gelaufen und nur dein Hund<br />

ist noch da, er ist dir, obwohl du ihn trittst, treu geblieben.»<br />

Kaum hatte der Mann das letzte Wort ausgesprochen, verschwand er, so wie er<br />

gekommen war.<br />

Aurelius aber, es schien so, als würde er aus einem Alptraum erwachen, stand auf<br />

und besah sich sein Haus und die Ställe. Er ging ins Haus und holte das Mädchen<br />

heraus, führte sie in die Sonne, hob seinen Blick zum Himmel und sagte: «Frau<br />

Sonne, hole deine Tochter zu dir zurück, ich bin nicht wert ein solches Geschenk zu<br />

erhalten.» Da fuhr<br />

ein Sonnenstrahl zu<br />

Erde herunter und<br />

die Sonne sagte: „<br />

Aurelius, lange<br />

musste ich warten,<br />

bis du zu mir<br />

gesprochen hast.<br />

Kannst du dir nicht<br />

denken, warum<br />

meine Tochter nicht<br />

deine Frau werden<br />

konnte? Hast du<br />

mich um ihre Hand<br />

gebeten? Hast du<br />

einmal daran<br />

gedacht, mich zu


fragen?“ Aurelius sagte schüchtern: «Frau Sonne, ich habe nicht daran gedacht und<br />

es tut mir leid, nun ist es zu spät und ich will nicht, dass deine Tochter stirbt, nur weil<br />

ich zu dumm war, die Zeichen zu erkennen. Vergib mir und nimm deine Tochter zu dir<br />

zurück.“<br />

«Nein, das werde ich nicht tun, denn du dauerst mich. Ich gebe dir noch eine<br />

Chance, dein Vergehen aus zu löschen. Ich werde meiner Tochter neue Kräfte geben<br />

und ich erlaube ihr, dich zu heiraten. Hast du aber nicht innerhalb eines Jahres dein<br />

Leben wieder in Ordnung gebracht, dann hole ich sie mir zurück und auch dein Kind,<br />

welches sie unter dem Herzen ragen wird, sobald ihr verheiratet seid.» Ein Sonnenstrahl<br />

hüllte das Sonnenmädchen ein und sie wurde so schön und lebendig wie am<br />

Ersten Tag. Als sie zur Erde gefallen war. Sie öffnete den Mund und sagte leise: „<br />

Aurelius, wie gut das du endlich den richtigen Weg gegangen bist. Ich werde gerne<br />

deine Frau und werde dir helfen. Aber vergiss nie, was meine Mutter und Dein<br />

Gewissen dir gesagt haben.“ Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn in die Dorfkirche.<br />

Dort wartete schon der Pfarrer und raute die beiden. Als sie wieder zu Hause<br />

ankamen, da war<br />

aus dem Bauernhaus,<br />

welches<br />

schon halb verfallen<br />

gewesen<br />

war, ein schmuckes<br />

Häuschen<br />

geworden. Die<br />

Tiere waren<br />

zurückgekommen<br />

und mit ihnen das<br />

Glück.<br />

Aurelius und die<br />

Sonnenfrau aber<br />

lebten sehr glücklich<br />

miteinander. Im<br />

Frühling des<br />

nächsten Jahres<br />

bekam die Sonnenfrau<br />

einen Sohn<br />

und Aurelius war<br />

der glücklichste<br />

Mann auf der Welt. Immer im Frühling kam ein Sonnenstrahl und schaute nach, ob<br />

es der Tochter der Sonne auch gut ging. Manchmal kamen die Geschwister der<br />

Sonnenfrau zu Besuch und dann war es so hell in dem kleinen Haus, wie an einem<br />

schönen Sommertag.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!