SB_21578NLP
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2023<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Untersuchung und<br />
Optimierung<br />
der mechanischen<br />
Langzeiteigenschaften von<br />
Klebverbindungen aus<br />
additiv gefertigten<br />
Kunststoffbauteilen
Untersuchung und Optimierung<br />
der mechanischen<br />
Langzeiteigenschaften von<br />
Klebverbindungen aus additiv<br />
gefertigten Kunststoffbauteilen<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 21.578 N<br />
DVS-Nr.: 08.3389<br />
Technische Universität Braunschweig<br />
Institut für Füge- und Schweißtechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 21.578 N / DVS-Nr.: 08.3389 der Forschungsvereinigung<br />
Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf,<br />
wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen<br />
Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund<br />
eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2023 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 590<br />
Bestell-Nr.: 170700<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Schlussbericht vom 28.03.2024<br />
zu IGF-Vorhaben Nr. 21578 N<br />
Thema<br />
Untersuchung und Optimierung der mechanischen Langzeiteigenschaften von<br />
Klebverbindungen aus additiv gefertigten Kunststoffbauteilen<br />
Berichtszeitraum<br />
01.01.2021 bis 31.10.2023<br />
Forschungsvereinigung<br />
Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
Forschungseinrichtung<br />
Technische Universität Braunschweig, Institut für Füge- und Schweißtechnik, Braunschweig
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung ............................................................................................................. 1<br />
2. Stand der Forschung und Technik ....................................................................... 2<br />
2.1. Fused Deposition Modeling (FDM) ................................................................ 2<br />
2.2. Digital Light Processing (DLP) ....................................................................... 3<br />
2.3. Anisotropie von additiv gefertigten Bauteilen ................................................. 4<br />
2.4. Kleben von additiv gefertigten Bauteilen ........................................................ 7<br />
3. Problemstellung und Zielsetzung ......................................................................... 8<br />
3.1. Methodischer Ansatz zur Erreichung des Forschungsziels ............................ 8<br />
4. Fügeteilwerkstoffe und Klebstoffauswahl (AP 1) ................................................ 10<br />
4.1. Fügeteilherstellung mittels additiver Fertigung ............................................. 11<br />
4.1.1. Fügeteile mit Fused Deposition Modeling (FDM) ................................ 11<br />
4.1.2. Optimierung der Prozessparameter für das FDM-Verfahren ............... 12<br />
4.1.3. Fügeteile mit Digital Light Processing (DLP)....................................... 14<br />
4.2. Übersicht der Fügeteile ................................................................................ 15<br />
5. Probenherstellung (AP 2) ................................................................................... 16<br />
5.1. Ermittlung der optimalen Klebstoffaushärtung (AP 2.1) ............................... 17<br />
5.2. Vermessung der Oberflächentopografie (AP 2.2) ........................................ 20<br />
5.3. Bestimmung der Bauteildichte und Inhomogenitäten (AP 2.3) ..................... 21<br />
6. Prüfverfahren für FDM-Kunststoffklebungen ...................................................... 24<br />
6.1. Belastung auf Schub .................................................................................... 24<br />
6.2. Belastung auf Zug ........................................................................................ 26<br />
7. Quasistatische Kurzzeitbelastung (AP 3) ........................................................... 27<br />
7.1. Belastung auf Schub .................................................................................... 28<br />
7.2. Belastung auf Zug ........................................................................................ 29<br />
VI
8. Statische Langzeitbelastung (AP 4) ................................................................... 31<br />
8.1. Statische Langzeitbelastung bei Raumtemperatur ....................................... 32<br />
8.2. Statische Langzeitbelastung bei 50°C ......................................................... 33<br />
9. Dynamische Langzeitbelastung, Dauerschwingversuch (AP5) .......................... 35<br />
9.1. Ermittlung der zu prüfenden Schwingfrequenz ............................................ 35<br />
9.2. Dauerschwingversuche mit Schubbelastung ............................................... 37<br />
9.3. Dauerschwingversuche mit Zugbelastung ................................................... 41<br />
10. Künstliche Alterung (AP 6) ................................................................................. 42<br />
10.1. Klimawechseltest ......................................................................................... 42<br />
10.2. Klimawechseltest, Schubbelastung .............................................................. 43<br />
10.2.1. Klimawechseltest, Schubbelastung mit Agomet F 300 ........................ 45<br />
10.3. Klimawechseltest, Zugbelastung .................................................................. 46<br />
10.4. Dauerschwingversuch bei 50 °C (AP 6) ....................................................... 47<br />
10.5. Statische Belastung im Klimawechseltest PR 308.2 (AP 6) ......................... 48<br />
11. Maßnahmen (AP 7) ............................................................................................ 50<br />
12. Zusammenfassung ............................................................................................. 53<br />
13. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den<br />
Zielen des Projektes ........................................................................................... 54<br />
14. Erläuterung der Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ...... 60<br />
15. Nutzen und wirtschaftliche Bedeutung der Forschungsergebnisse unter<br />
besonderer Berücksichtigung kleiner und mittelständischer Unternehmen ........ 61<br />
15.1. Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der Ergebnisse .. 61<br />
15.2. Innovativer Beitrag der Ergebnisse und industrielle<br />
Anwendungsmöglichkeiten .......................................................................... 61<br />
16. Verwendung der Zuwendungen ......................................................................... 63<br />
16.1. Wissenschaftlich-technisches Personal (Einzelansatz A.1 des<br />
Finanzierungsplans) ..................................................................................... 63<br />
16.2. Geräte (Einzelansatz B des Finanzierungsplans) ........................................ 63<br />
VII
16.3. Leistungen Dritter (Einzelansatz C des Finanzierungsplans) ....................... 63<br />
17. Fortgeschriebener Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft ......................... 64<br />
17.1. Durchgeführte Transfermaßnahmen während der Projektlaufzeit ................ 64<br />
17.2. Geplante Transfermaßnahmen nach der Projektlaufzeit .............................. 66<br />
17.3. Einschätzung zur Realisierbarkeit des vorgeschlagenen und aktualisierten<br />
Transferkonzepts ......................................................................................... 68<br />
18. Quellenverzeichnis ............................................................................................. 69<br />
19. Normenverzeichnis............................................................................................. 75<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung der verwendeten Druckverfahren .............. 3<br />
Abbildung 2: Unterschiedliche Prozessparameter zum Aufbau eines AF-Bauteils ... 4<br />
Abbildung 3: Günstige und ungünstige Belastungsrichtung ..................................... 5<br />
Abbildung 4: Erwärmung einer SLS-Probe bei zyklischer Belastung (links) [van10];<br />
CT-Aufnahme einer SLS-Probe mit Poren (rechts) [van10]................. 6<br />
Abbildung 5: Darstellung des Ablaufplans ................................................................ 8<br />
Abbildung 6: Software PrusaSlicer und 3D-Drucker Prusa i3 MK3S+ .................... 12<br />
Abbildung 7: FDM-Verfahren, Bauteilorientierung auf dem Druckbett und<br />
Prozessparameter ............................................................................. 12<br />
Abbildung 8: Bruchbilder bei unterschiedlicher Fülldichte und Bauteilorientierung 13<br />
Abbildung 9: Software Chitubox und 3D-Drucker Elegoo Mars 2 Pro .................... 14<br />
Abbildung 10: Delamination von FDM-ABS-VE nach Reinigung mit Isopropanol<br />
(rechts) .............................................................................................. 16<br />
Abbildung 11: Fügevorrichtungen ............................................................................ 16<br />
Abbildung 12: DSC - 1. Aufheizung von SikaForce-840 L07 .................................... 17<br />
Abbildung 13: DSC - 1. Aufheizung von Henkel Loctite HY 4070 ............................ 18<br />
Abbildung 14: DSC - 1. Aufheizung von Panacol Penloc GTI .................................. 18<br />
Abbildung 15: DSC - 1. Aufheizung von 3M Scotch-Weld DP 8010 ......................... 19<br />
Abbildung 16: Oberflächen von FDM-ABS-HO und FDM-ABS-VE .......................... 20<br />
Abbildung 17: Oberflächen von DLP-Epoxid-Acryl und der ABS-Platte ................... 20<br />
Abbildung 18: CT-Untersuchung von FDM-ABS-VE, Schnittbild .............................. 21<br />
VIII
Seite 1 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21578 N<br />
1. Einleitung<br />
Die additive Fertigung (AF), umgangssprachlich auch als 3D-Druck bezeichnet, hat sich<br />
mittlerweile in der Industrie aufgrund der großen konstruktiven Freiheiten und stetigen<br />
Verbesserungen bei der Qualität zur Fertigung von Endprodukten etabliert [Gib21].<br />
Bereits jetzt finden additive Verfahren zur Herstellung von Serienbauteilen Anwendung<br />
[Woh23]. Aufgrund der schnellen Entwicklung des 3D-Drucks ist zu erwarten, dass dieses<br />
Verfahren bald flächendeckend in kleineren bis mittleren Serienprozessen eingesetzt<br />
wird, bei denen die Druckerzeugnisse mit anderen Baugruppen zu einem Produkt<br />
verbunden werden. Bisher gibt es nur begrenzte Untersuchungen zu geeigneten<br />
Fügetechniken für die additive Fertigung. Viele herkömmliche Fügeverfahren kommen<br />
aufgrund der notwendigen Materialkombination nicht in Frage. Das Kleben hingegen<br />
bietet aufgrund der variablen Gestaltungsmöglichkeiten der Fügezonen sowie der<br />
Kombinationsmöglichkeit unterschiedlicher Materialien eine hervorragende Fügetechnik<br />
für additiv gefertigte Bauteile.<br />
Die Notwendigkeit zur Trennung additiv hergestellter Bauteile verursacht der begrenzte<br />
verfügbare Bauraum der Fertigungsanlagen. Weitere verfahrensspezifische<br />
Einschränkungen, wie orientierungsabhängige Oberflächengüten und mechanische<br />
Eigenschaften sowie Nachbehandlungsschritte (z.B. die Entfernung von Stützstrukturen),<br />
können ebenfalls eine Trennung von Bauteilen erfordern. Die im Vergleich zu<br />
konventionellen Fertigungsverfahren hohen Stückkosten für mittels AF hergestellter<br />
Bauteile machen nur dort einen Einsatz sinnvoll, wo die Gestaltungsfreiheit<br />
gewinnbringend genutzt werden kann [Bau16]. Daher kommt den für die AF geeigneten<br />
Fügetechnologien – wie dem Kleben – eine besondere Bedeutung zu, um neben<br />
verfahrensbedingter Bauteiltrennung auch eine gezielte Kombination von additiv und<br />
konventionell gefertigten Bauteilen zu ermöglichen. Die Lebensdauer einer solchen<br />
Klebung zu gewährleisten, stellt aufgrund der besonderen Fügeteileigenschaften eine<br />
besondere Herausforderung dar [Fis19, Ger19].
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21578 N<br />
2. Stand der Forschung und Technik<br />
Die Bezeichnung „Additive Fertigung“ (AF) wurde in Anlehnung an den englischen<br />
Terminus „Additive Manufacturing“ in der VDI-Richtlinie 3405 [Vdi13] eingeführt. Im<br />
allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig auch von 3D-Druck gesprochen. Unter AF<br />
werden sämtliche Technologien verstanden, bei denen im Gegensatz zu konventionellen<br />
Verfahren das Bauteil nicht durch das Abtragen oder Umformen, sondern sukzessives<br />
Hinzufügen von Material aufgebaut wird [Geb13, Gib21]. Obwohl die additive Fertigung<br />
ursprünglich für den Bau von Prototypen entwickelt wurde, haben sich die jeweiligen<br />
Fertigungsprozesse derart stark verbessert, dass heutzutage auch Funktionsbauteile mit<br />
komplexen Geometrien für die Endanwendung in einem einzigen Arbeitsgang hergestellt<br />
werden können [Neg13]. Es ist somit wenig überraschend, dass die additive Fertigung in<br />
den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse der Industrie auf sich gezogen hat. Hierzu<br />
zählen Wirtschaftszweige wie z.B. die Automobilindustrie [3Drb, Hal18, Köl18], Luft- und<br />
Raumfahrt [3Dn, Hie18, Liu17] und Elektrotechnik [3Dra, Ger1838], aber auch die<br />
Bekleidungsindustrie [Has17, Mel14], Medizintechnik [Wu15] und das Bauwesen [Reu,<br />
Fil18].<br />
Im Vergleich zu konventionellen Fertigungsverfahren werden einzelne Schichten<br />
sukzessiv aus dem 3D-CAD-Modell im sogenannten Slicing-Prozess generiert. Dabei<br />
wird das Bauteil virtuell in horizontale Schichten zerlegt und anschließend durch das<br />
jeweilige additive Fertigungsverfahren physikalisch schichtweise aufgebaut [Gru15].<br />
2.1. Fused Deposition Modeling (FDM)<br />
In der industriellen Anwendung der additiven Fertigung entfallen die meisten verkauften<br />
Geräte auf die Technologie des Strangablegeverfahrens, synonym auch Fused<br />
Deposition Modelling (FDM), 1989 von Stratasys patentiert [aca16, Cru89].<br />
Beim FDM handelt es sich um ein Extrusionsverfahren, bei dem ein thermoplastischer<br />
Kunststoff aufgeschmolzen und anschließend über eine beheizte Düse gepresst wird.<br />
Dabei entsteht ein dünner Kunststoffstrang, aus dem durch gezieltes Verfahren der Düse<br />
in der x-y-Ebene unterschiedliche Konturen und Flächen erzeugt werden können. Durch<br />
das Absenken der Bauplattform in der z-Ebene können auf diese Weise Schicht für
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21578 N<br />
Schicht komplexe Bauteile hergestellt werden [Gib21]. In Abbildung 1, links, ist das<br />
Verfahren schematisch dargestellt.<br />
DIN EN ISO 172962<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung der verwendeten Druckverfahren<br />
2.2. Digital Light Processing (DLP)<br />
Diese Verfahren basiert auf der Stereolithografie SLA (stereolithograph apparatus), dem<br />
Ursprung aller 3D-Druckverfahren. Ein erster Entwurf wurde 1984 durch Charles Hull<br />
patentiert und 1988 kam die erste käufliche Maschine des Unternehmens 3D Systems<br />
auf den Markt [Hul84]. Die Stereolithografie verwendet das Prinzip der<br />
Photopolymerisation, um 3D-Modelle aus einem UV-empfindlichen Harz herzustellen.<br />
Dabei verfestigt sich beim Auftreffen eines Lasers auf das Harz dieses an der besagten<br />
Stelle, so dass Schicht für Schicht das Objekt aufgebaut wird. Die Stereolithografie schafft<br />
damit eine der hochwertigsten Oberflächen, die existierende Drucktechnologien derzeit<br />
bieten.<br />
Das DLP-Verfahren verwendet anstelle des Lasers einen Videoprojektor, um einen<br />
größeren Bereich mit erhöhter Druckgeschwindigkeit abzudecken. Hierbei sind<br />
inzwischen die über Kopf bauenden Maschinen weit verbreitet, Abbildung 1, rechts. Die<br />
Bauplattform taucht von oben so tief in ein nach unten mit einem Glasboden<br />
abgeschlossenes Harzbad ein, dass zwischen Bauplattform und Glasboden genau eine<br />
Schichtdicke Harz eingeschlossen wird. Ein DLP-Projektor projiziert den aktuellen<br />
Bauteilquerschnitt von unten durch die Glasplatte auf diese Schicht und verfestigt sie so.