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Kleine-Zeitung-Sonntag-Beilage

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3. November 2024

sonntag

Zauber

der Natur

Seite 8/9

Die weltweit schönsten

Fotos von Wildtieren 2024

sind in einem prächtigen

Bildband versammelt.

Bei uns sehen Sie eine

illustre Auswahl.

Seite 8/9

D I E S C H Ö N E N S E I T E N D E S L E B E N S

WILDLIFE PHOTOGRAPHER

OF THE YEAR / LARRY TAYLOR

MENSCHEN

Rock-Superstar Bruce Springsteen gibt

ganz selten Interviews. Wir bringen hier eines.

Seite 4/5

KUNST & KULTUR

Ein Wunderwerk namens Roncalli.

Zirkusdirektor Bernhard Paul im Gespräch.

Seite 12/13

HINWEIS | Unsere Rätsel und Ihr Horoskop finden Sie auf den Seiten 24 bis 26.


2|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

AUFTAKT|3

POESIE AM SONNTAG

Verklärter Herbst

Gewaltig endet so das Jahr

Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.

Rund schweigen Wälder wunderbar

Und sind des Einsamen Gefährten.

Da sagt der Landmann: Es ist gut.

Ihr Abendglücken lang und leise

Gebt noch zum Ende frohen Mut.

Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.

Es ist der Liebe milde Zeit.

Im Kahn den blauen Fluß hinunter

Wie schön sich Bild an Bildchen reiht –

Das geht in Ruh und Schweigen unter.

Georg Trakl,

der heute vor 110 Jahren verstarb.

UNSERE LIEBLINGSGESCHICHTE

Wir hatten irgendwann

einmal davon

gelesen. Aber

Wolfgang Sandner

erinnerte kürzlich wieder daran.

Der Jazz-Aficionado, der unter

anderem eine großartige Biographie

über Keith Jarrett verfasste,

schrieb in der Frankfurter

Allgemeinen Zeitung über

die wohl kurioseste Präsidentschaftskandidatur

in den USA:

„Intakte Staaten erkennt man

nicht an einem zu allem fähigen

Boss an der Spitze. Egal wer das

Sagen hat, wichtig ist, dass die

Mechanismen funktionieren,

die Räder ineinandergreifen.

Dass der Laden läuft. Gleichwohl

hat der Chef Bedeutung als Symbolfigur.

Was er kann, tut weniger

zur Sache als das, was er darstellt.

Dizzy Gillespie, der Jazzmusiker

mit der Trompete, deren

Schalltrichter zum Himmel

zeigte, muss das gespürt haben,

als er sich vor gut 60 Jahren für

das Amt des amerikanischen

Präsidenten bewarb.“

Ja, Dizzy Gillespie, der Mann

mit den prächtigsten Hamsterbacken

beim Trompeteblasen,

ging 1963 als unabhängiger

Kandidat tatsächlich ins Rennen

um das Weiße Haus, das er

im Falle seines Einzugs in „The

Blues House“ umzubenennen

versprach. Im Wahlkampf gegen

den Demokraten Lyndon B.

Johnson und den rechtslastigen

Republikaner Barry Goldwater

schlug der damals 46-jährige

Gillespie ein Team aus anderen

herausragenden Jazzmusikern

und weiteren Prominenten vor.

UNSER LIEBLINGSFOTO

ÄGYPTEN

Die fliegenden

Pharaonen

An die Spitze segeln, wie ein

Pharao: Das Fallschirmsprungfestival

„Jump Like a Pharaoh“,

also „Spring wie ein

Pharao“, sorgte einmal mehr

für spektakuläre Bilder.

Bereits zum siebten Mal

fand das Festival bei den

Pyramiden von Gizeh in

Ägypten statt. Rund 200

Fallschirmspringer nahmen in

diesem Jahr am Event teil.

Was wohl Tutanchamun,

Echnaton, Ramses II. und

Kleopatra zu den bunten

Seglern gesagt hätten? IMAGO /

AHMED GOMAA

Ganz Amerika

ein Swing State

Es war wohl die kurioseste Präsidentschaftskandidatur

in den USA: Vor 60 Jahren wollte

der Weltklassetrompeter Dizzy Gillespie doch

tatsächlich ins Weiße Haus einziehen.

Sein Kabinett sah folgendermaßen

aus: Duke Ellington (Außenminister),

Miles Davis (Direktor

der CIA), Max Roach (Verteidigungsminister),

Charles

Mingus (Friedensminister), Ray

Charles (Leiter der Library of

Congress), Louis Armstrong

(Landwirtschaftsminister), Peggy

Lee (Arbeitsministerin), Mary

Lou Williams (Botschafterin

im Vatikan), Thelonious Monk

(Reisender Botschafter) und

Bürgerrechtler Malcolm X (Justizminister).

Als seine Vizepräsidentin

hatte Gillespie die Komikerin

und Schauspielerin

Phyllis Diller im Auge.

Wahlkampfbuttons mit der Aufschrift

„Dizzy Gillespie for President“

ließ die Agentur des Ausnahmetrompeters

schon Jahre

zuvor als Scherz herstellen, der

Verkaufserlös ging an zwei Bürgerrechtsbewegungen.

„Es war

aber nicht nur ein Publicity-

Gag“, schrieb Gillespie später in

seinen Memoiren, er habe Wahlkampfreden

gehalten, „um die

Menschen zu mobilisieren. Ich

Von Michael Tschida

wollte sehen, wie viele Stimmen

ich wirklich bekommen könnte

und wie viele Leute dachten, ich

wäre ein guter Präsident.“

Nach der Ermordung des amtierenden

Präsidenten John F. Kennedys

im November 1963 wurde

es für eine Weile ruhig um Gillespies

Wahlkampf, weil er offenbar

spürte, dass dies nicht der

richtige Moment war, um Spaß

mit einer Kandidatur zu haben

und machen. Die Wahlen im November

1964 endeten übrigens

Jazztrompeter Dizzy Gillespie kandidierte nicht nur zum Scherz IMAGO

mit dem überwältigenden Sieg

von Lyndon B. Johnson.

Das Cover der damaligen Ausgabe

des Jazzmagazins Down Beat

zeigte Gillespie in voller Präsidentenmontur,

mit Zylinder, als

leiste er seinen Amtseid, indem

er auf eine Bibel schwört. 1971

wollte der Musiker erneut kandidieren.

Diesmal sollte Muhammad

Ali sein Außenminister

sein und die Sioux-Frau Ramona

Crowell seine Vizepräsidentin.

Auch wenn Gillespie die Kandidatur

schließlich zurückzog,

sein Rat an das Wahlvolk in seinem

Wahlkampfsong, der vom

Vokalzauberer Jon Hendricks

umgetexteten und virtuos gesungenen

Bebop-Nummer „Salt

Peanuts“, war kein schlechter:

„Ihre Politik sollte etwas cooler

sein. / Wählen Sie Dizzy! Wählen

Sie Dizzy! / Also holen Sie sich einen

guten Präsidenten, der bereit

ist zu swingen. / Wählen Sie

Dizzy! Wählen Sie Dizzy...!“.

Schöne Vorstellung: Ganz

Amerika ein Swing State!

HÖRT, HÖRT!

QR-Code

scannen und

Gillespies

Wahlkampfsong

„Vote

Dizzy“ hören.

Och Villodoit!

EDITORIAL

Michael Tschida,

Leiter der

Sonntagsbeilage

Unsereins ist ja noch mit mechanischen

Schreibmaschinen aufgewachsen. Ich

zum Beispiel mit einer eierschalenfarbenen

Olympia, bei der sich alle Ritt Typenhebel

in die Quere kamen und bei der die Finger

wahlweise schwarz oder rot wurden bei den

lästigen Versuchen, ihnen aus der Klemme

zu helfen.

Wir schrieben damals mit dem Einfinger-

Adlersuchsystem (die Jüngeren unter uns

sollen das ruhig googeln). Und das Delete

hieß zu der Zeit übrigens Tipp-Ex

(schön giftig, auch zu googeln).

Das ist gar nicht so ewig her. Erzähle ich

das aber meinen Kindern oder von der

Wahnsinnstechnologierevolution, dem

Commodore C64 mit der Diskette,

schauen sie mich ungläubig an wie einen

Herrn Johannes Gutenberg aus dem vorigen

Jahrhundert und sagen: „Ja, ja, bei Euch

damals vorm Krieg…“

Wir wiederum schauen umgekehrt

unseren Kindern ungläubig zu,

wie sie die Tasten auf ihren Mobiltelefonen

beidhändig und fast zehnfingrig so flink

und virtuos bedienen wie einst der

Klavierzauberer Glenn Gould seinen

Steinway für Bachs Goldbergvariationen.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht am

Handy (vielleicht verraten Sie es uns).

Aber ich habe gefühlt zwei linke Hände

und nur Daumen dran, wenn ich darauf

Nachrichten schreibe. Und, warum auch

immer: Speziell bei I und O verdrucke ich

mich ständig und könnte jedes Mal

schreien: Och Villodoit!

On doesem Sonne schönen Sinntag nich!

Kurz & gut

„Das sind meine Prinzipien,

und wenn sie Ihnen nicht gefallen,

habe ich auch noch andere“.

Aus unserer beliebten Reihe „Sätze, bei denen

man sofort an gewisse Politiker denkt“.

Mit Dank an den US-Komiker

Groucho Marx (1890–1977).



4|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

MENSCHEN|5

Bruce Springsteen möchte

eine Meldung über

ihn korrigieren. „Ich

bin kein Milliardär“,

sagt er, obwohl das Wirtschaftsmagazin

Forbes Anfang des Jahres

genau das berichtete. „Ich

wünschte, ich wäre es, aber da

haben sie sich gründlich geirrt.

Ich habe zu viel Geld für überflüssige

Dinge ausgegeben.“

Der Boss grinst. Nachdem man

auf die harte Tour aufgestiegen

ist, all die Jahre auf der Straße,

auf Matratzen auf Betonböden,

in Vans, am Strand geschlafen

hat, sollte man die Vorzüge genießen,

die mit dem Reichsein

kommen, sagt er, denn „man hat

ja ordentlich Arbeit reingesteckt.“

Allerdings, wenn man

nur das Geld im Fokus hat, „geht

es meistens bergab“. Für

Springsteen war es das Wichtigste,

sein Talent zu nutzen.

„Wenn ich mit der Musik versagt

hätte, hätte ich meiner Meinung

nach bei allem versagt“.

Hat er nicht. Springsteen ist nach

wie vor einer der größten

Rockstars der Welt, mit einer

Anziehungskraft, die sich im

Laufe der Zeit nicht verändert

hat. Wir treffen uns in einem

Hotel im Londoner West End, in

dem in der Lobby ein Schild

hängt: „Jimi Hendrix lebte hier

1968-1969“. Und nun stehe ich in

einem protzigen Zimmer einem

weiteren Unsterblichen des

Rock gegenüber, der kürzlich 75

Jahre alt geworden ist. Elegantes

blaues Jackett, weißes

Hemd, Ohrringe, das Haar nach

hinten gegelt. Springsteen wird

flankiert von seinem langjährigen

Freund, Manager und Produzenten

Jon Landau, und von

Regisseur Thom Zimny, der seit

dem Konzertfilm „Bruce

Springsteen & The E Street

Band: Live in New York City“ von

2001 mit dem „Boss“ zusammenarbeitet.

Gemeinsam haben sie einen neuen

Film für Disney gedreht, „Road

Diary“, der das Zusammentreffen

von Springsteen und der

E Street Band für ihre Konzerttournee

im Jahr 2023 dokumentiert.

Das war zweieinhalb Jahre,

„Trump

ist ein

Aufrührer“

INTERVIEW. Rock-Superstar, ganz nah.

Bruce Springsteen (75) spricht über die

USA-Wahl, über die Krankheit seiner Frau,

die Gefahren im harten Musikgeschäft

und natürlich über den aktuellen

Dokumentarfilm „Road Diary“.

nachdem die Musik des emotional

starken Albums „Letter to

You“, das den Höhepunkt der

Karriere des Sängers darstellt,

durch die Covid-Pandemie nur

aus den Boxen und nicht auf

Bühnen überzeugen konnte. „Es

verändert einen Song, wenn

man ihn vor einem Live-Publikum

spielt“, sagt Springsteen.

„Dafür bezahlen die Leute. Sie

wollen es live sehen.“

Von Chris Harvey

Wie das Album, ist auch der Film

eine Meditation über den Lauf

des Lebens, gepaart mit der Nostalgie

im Blick auf die guten alten

Zeiten. Beides steht in „Road

Diary“ Seite an Seite. Es gibt

wundervolles Archivmaterial

und klassische Neuinterpretationen

von Songs wie „Tenth

Avenue Freeze-Out“ aus dem

Durchbruchsalbum „Born to

Run“ von 1975 zu sehen, aber es

geht auch explizit um das Altern

und die Sterblichkeit.

Springsteens Ehefrau Patti Scialfa,

Mutter ihrer drei Kinder

und seit 40 Jahren Sängerin der

E Street Band, spricht direkt in

die Kamera über ihre Diagnose

Myelom im Frühstadium, eine

Form von Blutplasmakrebs, die

sie daran hindert, jeden Abend

auf der Bühne zu stehen.

„Es ist eine sehr schwere

Krankheit“, sagt Springsteen.

„Patti hat sie seit etwa sechs

Jahren. Sie ist eine echte Kämpferin,

aber jetzt ermüdet sie sehr

stark. Und die Erkrankung des

Knochenmarks verursacht auch

Folgeschäden. Sie braucht eine

neue Schulter und eine neue

Hüfte. Es ist also sehr schwierig

für sie. Patti hat das wunderbar

gemeistert, und wenn sie nicht

Bruce Springsteen.

Only The Strong Survive.

Sony.

wäre, könnten wir nicht auf

Tournee sein und wären es auch

nicht. Patti und ich planen alles

gemeinsam, immer auch mit

Rücksicht auf die Familie, und

dann denken wir natürlich auch

an die Fans und die Musik. Aber

ihre Gesundheit und das, womit

sie zu kämpfen hat, haben für

mich oberste Priorität.“

Wir kommen auf Liam Payne zu

sprechen, den Sänger der Band

One Direction, der kürzlich mit

erst 31 Jahren verstarb. „Das ist

in unserer Branche leider nichts

Ungewöhnliches“, bedauert

Springsteen. „Es ist ein Geschäft,

das enormen Druck auf

junge Leute ausübt. Die haben

oft noch nicht die Fähigkeit

oder das Selbstbewusstsein,

sich vor den gefährlichen Dingen

zu schützen, die mit Erfolg

und Ruhm einhergehen. Also

verlieren sie sich in Drogen oder

Alkohol, um etwas von diesem

Druck abzubauen. „Ich verstehe

das sehr gut, denn ich habe

selbst mit verschiedenen Dingen

gerungen.“

In seiner großartigen, poetischen

Autobiografie „Born to

Run“ (2016) spricht Springsteen

freimütig über das „große

schwarze Meer“ der Depression

und den Druck der Paparazzi, der

mit dem großen Ruhm stieg,

nachdem ihn das Album „Born

in the USA“ 1984 in die Stratosphäre

befördert hatte.

„Es verändert einen Song,

wenn man ihn vor einem

Live-Publikum spielt“,

sagt Bruce Springsteen

ROB DEMARTIN

Wenn ich mit der Musik

versagt hätte, hätte ich

meiner Meinung nach

bei allem versagt.

Bruce Springsteen

„Wir alle haben mit Problemen

gekämpft“, sagt er. „Drogen waren

in der E Street Band keine

Seltenheit. Es gab jedoch eine

Grenze: Ich hielt mich zwar aus

den Angelegenheiten der anderen

heraus, aber wenn ich auf

der Bühne sah, dass der eine

oder der andere nicht er selbst

war, dann bekam er ein Problem.

Ich sehe es so: Wenn einer deiner

Freunde stirbt, ist es gut, sagen

zu können, er starb eines natürlichen

Todes.“

Der Film „Road Diary“ fängt

das erstaunliche Gefühl der Verbundenheit

von Springsteen

mit seinen Fans ein. Dieses Gemeinschaftsgefühl

steht in

krassem Gegensatz zu den enormen

Spaltungen im heutigen

Amerika. Springsteen unterstützt

Kamala Harris bei den bevorstehenden

US-Präsidentschaftswahlen

und hat Donald

Trump in einem Video als „den

gefährlichsten Präsidentschaftskandidaten

meines Lebens“

bezeichnet.

Wie besorgt ist er über die Möglichkeit,

dass Trump gewinnt?

„Einerseits bin ich nicht so besorgt,

weil ich glaube, dass Kamala

Harris gewinnen wird“,

sagt er, „aber natürlich kann ich

mich auch irren. Ich glaube, dass

in den USA eine enorme Angst

herrscht, die Dinge zu verlieren,

die uns am Herzen liegen - die

Information

Bruce Springsteen, geboren

am 23. September 1949 in

Long Branch, New Jersey/USA.

Rock-Sänger, Gitarrist, Bandleader

der E Street Band.

21 Studioalben, 350 eigene

Songs. Oscar- und Tony-

Preisträger, 20 Grammys.

Film: „Road Diary: Bruce

Springsteen and The E Street

Band“ auf Disney+

brucespringsteen.net

Bruce Springsteen mit Patti

Scialfa und den Kindern Evan

(links), Jessica und Sam IMAGO

Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit,

die friedliche Machtübergabe.

Und Trump ist ein

Mensch, der sich für nichts von

alledem einsetzt. Er ist ein Aufrührer.

Er hat ja das letzte Mal

einen Putsch gegen die Regierung

der Vereinigten Staaten

angeführt, also sollte man ihn

auf keinen Fall nochmals auch

nur in die Nähe des Präsidentenamtes

lassen.“

Springsteens Manager Landau

beschreibt Trumps Botschaft

als das Gegenteil von Barack

Obamas Ziele, „diametral, buchstäblich,

Zeile für Zeile“. „Ganz zu

schweigen davon, dass er geisteskrank

ist“, wirft Springsteen

ein. „Allein, als er zuletzt in

Pennsylvania 40 Minuten lang

zu eingespielter Musik nur

schunkelte und wippte, statt zu

reden! Ich meine, zu Musik zu

schunkeln, das ist mein Job.“ Er

sei wirklich besorgt, betont der

Boss nochmals, und sehe eine

der folgenreichsten Wahlen in

der Geschichte der USA: „Werden

Sie ruhig schlafen, wenn Sie wissen,

dass Donald Trump die nuklearen

Codes erhalten hat?

Nein. Niemand wird das.“

Zugegeben, der ideale

Sonntag beginnt eigentlich

immer am Meer.

Die Luft salzig, der Blick

weit. Doch meistens ist

es eben nur fast ideal.

Das ist auch okay.

Der amerikanische

Autor John Irving erzählte

uns einmal, dass

er es nicht so gern mag,

wenn andere vor ihm auf

sind. Ich kann das gut

verstehen.

Denn es ist wie die

blaue Stunde, nur morgens.

Wenn alle noch

schlafen und man selbst

auf Zehenspitzen durchs

Haus schleicht, um niemanden

zu

wecken.

Dann das

Brummen

der Kaffeemaschine,

das Surren

des Kühlschranks,

der tropfende

Wasserhahn.

Der

MEIN

FAVORIT

Wen oder was

wir besonders

schätzen !Sound des Morgens

Herbstmorgen

!

IMAGO

Sound des Morgens. Wohlig

und kuschelig wie

Velvet Undergrounds:

„Sunday morning/brings

the dawn in ...“. Und dann

hinein in die Gummistiefel

und hinaus in den

Wald. Den Geruch von

Erde, matschigen Blättern

und Tannennadeln

in der Nase, würzig, modrig,

harzig, frisch. Der

Bach plätschert, blubbert,

gurgelt. Die hier gebliebenen

Vögel haben gerade

Sportstunde. Der Waldboden

ocker-beige-braun,

wie von flämischen Meistern

gemalt. Auch das

ein velvet Untergrund.

Manuela Tschida-Swoboda



6|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

KUNST & KULTUR|7

„Der Antiheld

war meine

Rolle“

INTERVIEW.

Sein Bruder war das Wunschkind,

er selber nicht. Darunter habe er sehr

gelitten, es habe ihn aber auch

angespornt. „Unter hohem Druck

entsteht aus Kohle Diamant“,

sagt Bernhard Paul, der seit fast

50 Jahren erfolgreich seinen

„Circus Roncalli“ führt.

Die Geburtsstunde des

Circus Roncalli schlug

1975 beim steirischen

herbst, die Nachricht

brachte es am 9. Oktober auch auf

die Titelseite der Kleinen Zeitung.

BERNHARD PAUL: Ja, unsere allererste

Pressekonferenz gab es

damals in Graz. Welturaufführung

war aber erst im Mai darauf

in Bonn.

Zum 50er-Jubiläum haben Sie

vor, wieder als Clown in die Manege

zu steigen?

So Gott will! Das juckt einen

schon, wenn man das 30 Jahre

gemacht hat.

Warum pausieren Sie damit?

Weil wir mittlerweile irrsinnig

viel zu tun haben. Aber unsere

drei Kinder steigen eh schon in

Riesenschritten mit ein.

Ist es ausgemacht, dass die Kinder

den Zirkus weiterführen?

Ja, die wollen das. „Unser Vater

hat zwar große Fußspuren hinterlassen,

aber zu dritt füllen

wir die aus“, sagen sie.

Wonach riecht Ihre Manege?

Nach wie vor nach Sägespänen,

obwohl wir ein tierfreier Zirkus

Von Manuela Tschida-Swoboda

sind. Ich liebe den Geruch von

Sägemehl. Ich habe sogar überlegt,

ob ich noch Pferdemist dazwischen

mische, damit es noch

mehr nach Zirkus riecht.

Assoziieren Sie bitte: Was ist

Zirkus für Sie?

Zirkus ist fast wie eine Religion

und rund wie ein römisches Amphitheater.

Rundtheater sind

gut, weil jeder von überall eine

gute Sicht hat. Guckkasten-

Bühnen sind undemokratisch.

Zirkus scheint ein bisschen aus

der Zeit gefallen zu sein, oder?

In Österreich vielleicht, international

überhaupt nicht. Wir gastierten

letztes Jahr zwei Monate

in New York, unser Zelt stand direkt

neben der Metropolitan

Opera. Alle Late Night Shows

waren neugierig auf uns, und

Robert de Niro kam gleich zweimal

in die Vorstellung, weil sie

ihm so gefiel. International wird

Zirkus als Kunstform gesehen

und hat den gleichen Stellenwert

wie das Theater.

Wie viele fixe Mitarbeiter haben

Sie?

150. Orchester, Ballett-Truppe,

internationale Acts et cetera.

Irgendwie sind Sie der Roy Orbison

der Zirkuswelt, der interessante

Menschen um sich schart.

Gefällt Ihnen das?

Interessante Menschen sind mir

immer zugelaufen. Der erste, der

mir zugelaufen ist, war André

Heller. Aber wir haben nur drei

Monate zusammengearbeitet.

Hat nicht funktioniert?

In einer Zeitung hat er sogar einmal

gebeichtet, dass es seine

Schuld war, in seiner jugendlichen

Arroganz. Es war okay, was

er da gesagt hat. Aber das ist

nicht mehr interessant, weil das

ist schon 50 Jahre her.

Aber dadurch haben Sie hier

den Hut draufgehaut und sind

nach Deutschland übersiedelt,

oder?

Jaja. Aber das hatte auch andere

Gründe.

Warum sind Sie nach Köln?

Es gab dort die Stollwerck-Fabrik,

und die stand damals leer.

Und dann waren auch noch BAP

dort, die Kölschrockband. Rundherum

gab es spannende Kulturprojekte,

da wurden wir heimisch.

Das war wie ein gut gedüngtes

Feld. Da konnte was

wachsen.

Links: Legendär

als Clown

Zippo.

Ehefrau Eliana

stammt aus

der Zirkusdynastie

Larible, Sohn

Adrian und die

Töchter Vivian

und Lili steigen

in seine

Fußstapfen

CIRCUS RONCALLI (3)

War es leichter in Deutschland?

Es war wie ein Training mit Bleiweste,

aber man konnte die Bleiweste

ausziehen. Man konnte

mit Leuten ausmachen: Morgen

um 15 Uhr. Und derjenige war

fünf vor 15 Uhr da. Wenn man in

Wien was ausmachen wollte,

kam die Person entweder gar

nicht oder am nächsten Tag um

18 Uhr und dann noch raunzend.

Typisch Wienerisch halt: Nix

hat richtig funktioniert. Die

Wiener Gemütlichkeit und

Schlampigkeit ist mir schon

auch sympathisch, aber nicht

beim Arbeiten.

Wie ist Ihre Beziehung zu Österreich

heute?

Ich liebe Österreich. Mir hat der

ehemalige Bundespräsident

von Deutschland, Johannes Rau,

„Wennst nix lernst, landest noch

beim Zirkus!“, prophezeite

Bernhard Pauls Mutter

mehrmals die deutsche Staatsbürgerschaft

angetragen. Aber

ich bin Österreicher und fühle

mich österreichisch und ich will

Österreicher bleiben.

In Ihren Memoiren „Meine Reise

zum Regenbogen“ schreiben

Sie, Ihr Bruder sei ein Wunschkind

gewesen, sie aber nicht. Hat Sie

das auch angestachelt?

Unter hohem Druck entsteht

aus Kohle Diamant. Ich wurde

der Diamant, früher war ich aber

nur Kohle. Es hat mich belastet,

es hat mich aber auch angespornt.

Ich war bei meiner Mutter

nix wert. Das hat mich seelisch

deformiert, ich habe darunter

gelitten.

Information

Bernhard Paul, geboren am

20. 5. 1947, wuchs in Wilhelmsburg/NÖ

auf. Grafikstudium in

Wien, Mitschüler waren

Manfred Deix und Gottfried

Helnwein. War Art Director des

„profil“. Gründete 1975 mit

André Heller den Circus

Roncalli. Seit 1990 verheiratet

mit der Artistin Eliana Larible,

drei Kinder. Lebt in Köln, Wien,

Mallorca und im Zirkuswagen.

Der Circus Roncalli gastiert

auf der „ArtIstArt“-Tour von

15. November bis 8. Dezember

auf dem Messe-Freigelände in

Graz. roncalli.de

Und dennoch haben Sie Ihrer

Mutter mit einer Wohnung kurz

vor dem Ende ihres Lebens eine

Riesen-Freude gemacht?

Meine Eltern hatten sich ja

scheiden lassen, und meine

Mutter musste dort ausziehen,

so war das damals, und hat ihr

ganzes Leben sehr darunter gelitten.

Später richtete ich diese

Wohnung für sie wieder so her,

wie sie in den 50ern war, als wir

noch alle dort wohnten. Ich habe

Möbel und Gegenstände von früher

zusammengesucht in der

Verwandtschaft, beim Flohmarkt,

bei der Caritas und habe

alles dorthin gestellt, wo es bei

uns früher stand. Selbst das Radio

war das gleiche, das war ein

Eumig. Ich habe diese Wohnung

noch. Wenn man da hineingeht,

kommt es einem vor, als höre

man noch die Stimmen von Vater,

Mutter, Bruder, aber ich bin

der einzige Überlebende dieser

Familie.

Warum haben Sie das für Ihre

Mutter gemacht?

Sie hatte einen Schlaganfall und

war in einem Heim, und ich wollte

ihr einfach eine Freude machen.

Ist ja doch die Mutter. Am

Tag, als ich sie holte, um ihr die

Wohnung zu zeigen, brachte die

Nachbarin noch einen Gugelhupf

vorbei, und dann saß meine

Mutter da und ihre Äuglein

wanderten von einem Gegenstand

zum anderen. Da hat sie

mich das erste Mal in meinem

Leben gelobt und gesagt: „Berni,

das macht dir keiner nach.“

Harte Kindheit.

Lange Geschichte, aber auch das

ist lange her.

Vielleicht wurden Sie deshalb

Clown?

Meine Mutter sagte immer:

Wennst nix lernst, landest noch

beim Zirkus! Den Gefallen habe

ich ihr schon gemacht. Aber mit

dem Clown verhält es sich so: Ich

war ein Kind mit roten Haaren,

mit so richtig roten Haaren. Und

ich hatte Sommersprossen und

eine Brille. Die Schönheitsidole

damals waren Elvis Presley und

Tarzan. Als ich das erste Mal in

einen Zirkus ging, sah ich den

Helden der Vorstellung, der eigentlich

der Antiheld war: Der

Clown hatte rote Haare und

Sommersprossen. Der Antiheld

war meine Rolle.

Wie haben Sie als Nicht-Tarzan

eine so schöne Frau ergattern

können?

Wenn ich als Kind auf der Wiese

in Wilhelmsburg lag und in die

Wolken schaute, dachte ich: Irgendwann

einmal werde ich eine

Frau finden. Aber eigentlich

hatte ich befürchtet, dass ich nie

eine finden würde. Später, als

ich in der Rock‘n‘Roll-Fraktion

und mit Lukas Resetarits in einer

Band spielte, gab es kaum

Nächte, in denen man alleine

schlafen ging. Aber bei keiner

dachte ich: Die wäre was fürs Leben.

Und dann ging ich einmal in

eine Vorstellung eines anderen

Zirkus, und da trat eine italienische

Truppe auf: lauter wunderschöne

Frauen, und in der Mitte

war die Allerschönste! Und ich

sag‘ zu meinem Freund. Die heirate

ich einmal. Alle haben sehr

gelacht, aber ich habe dann bei

der Hochzeit sehr gelacht. Wir

sind jetzt 36 Jahre verheiratet,

haben drei Kinder – alle gut gelungen.



8|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

NATUR & WISSEN|9

Phantastisch

wildes Leben

Ein Manul,

auch Pallaskatze

genannt,

als „Mondlichtjäger“

XINGCHAO ZHU

Von atemberaubenden Unterwasserbildern

und beeindruckenden Landtieren.

Zum 60. Mal wurden heuer die besten

Wildlife-Fotografien prämiert.

Manuela Tschida-Swoboda

Wanderfalke

und Monarchfalter

JACK ZHI

Miesmuscheln

an der portugiesischen

Praia da Ursa

THEO BOSBOOM

Es ist der prestigeträchtigste

Foto-Wettbewerb

für Naturfotografen,

der jährlich vom

Londoner Natural History Museum

veranstaltet wird. Die Gewinnerbilder

der „Wildlife Fotografien

des Jahres 2024“ zeigen

die Natur in ihrer Schönheit und

Stärke, aber auch in all ihrer Zerbrechlichkeit.

An diesem 60.

Wettbewerb nahmen Fotografinnen

und Fotografen aus 23

Ländern teil, knapp 60.000 Einsendungen

wurden von einer internationalen

Jury bewertet.

Kathy Moran, Juryvorsitzende

und Bildchefin des renommierten

Magazins „National Geographic“,

zitiert im Vorwort des soeben

erschienenen Bildbands

Fotografenlegende Henri

Cartier-Bresson: „Es ist ein Irrtum

zu glauben, Fotos würden

mit einer Kamera gemacht ... Sie

werden mit dem Auge, dem Herzen

und dem Geist gemacht.“

Mit dem Bild „The Swarm of

Life“ sicherte sich der kanadische

Fotojournalist und Meeresschützer

Shane Gross den Titel

als „Wildlife Photographer of

the Year 2024“. Das Gewinnerfoto

zeigt büroklammergroße Krötenkaulquappen

der sogenannten

Westlichen Kröte in einem

Bergsee, die zwischen Seerosenstämmen

schwimmen, auf Vancouver

Island in Kanada.

Das Titelfoto unserer Beilage

zeigt übrigens einen Hermelin,

den der Amerikaner Larry Taylor

im Yellowstone-Nationalpark

an einem kalten Februartag

stundenlang beobachtete, bis

dieser das einzige Mal in Richtung

Kamera schaute.

Wildlife Fotografien

des Jahres. Portfolio

34. Knesebeck,

160 Seiten, 38 Euro.

Fotos für 2025 können

bis Anfang Dezember

eingereicht werden.

wildlifephotographeroftheyear.com

Eine Dohle im

Londoner

Bushy Park

deckt sich mit

Baumaterial

fürs Nest ein

SAMUAL STONE

Junge Waldkäuze

bei

München

SASHA JUMANCA

Löwen im

Serengeti-

Nationalpark

in Tansania

WILLIAM FORTESCUE

Tiger in der

Stadt: Ein

weiblicher

Königstiger

entspannt auf

einem Hang

im Süden

Indiens

ROBIN DARIUS

„Ausschwärmen

ins Leben“: Kaulquappen

in einem

Bergsee auf

Vancouver Island.

Es ist das

Siegerfoto

des Kanadiers

Shane Gross

SHANE GROSS

COPYRIGHT ZU ALLEN

BILDERN: WILDLIFE

PHOTOGRAPHER OF THE

YEAR UND DER JEWEILIGE

FOTOGRAF

Schwindende

Eiskappe

THOMAS VIJAYAN

Ein Großes

Wiesel in den

französischen

Alpen

JOSÉ MANUEL GRANDIO



10|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

LAND & LEUTE|11

Die einsame

Rekordjagd

des Gitarristen

Nach dem Tod seines Vaters griff der

damals 17-jährige Michael Schimpl vor

30 Jahren zur Gitarre, um diese Tragödie zu

verarbeiten. Sein Spiel auf sechs Saiten

hat sein Leben in eine Abenteuerreise

verwandelt, die ihn auf Solopfaden bis zu

einem Alben-Weltrekord geführt hat.

Im irischen Galway, hoch

über dem Meer mit Blick

auf die Insel davor griff Michael

Schimpl einst zur Gitarre,

um unter freiem Himmel

einfach nur für sich zu spielen:

„Die Leute fragten, warum ich

nicht unten an der Strandpromenade

auftrete, da könne ich

doch mehr Geld verdienen.“ Seine

Antwort: „Tja, da unten habe

ich ja nicht diese großartige

Aussicht, wie hier heroben!“

Von Bernd Hecke

Seit 30 Jahren sind Gitarren treue

Lebensbegleiter des gebürtigen

Deutschlandsbergers: „Ich war

beim Tod meines Vaters 17 Jahre

alt, das Instrument war für mich

ein Ventil in schwierigen Zeiten.

Eigentlich trage ich in meinem

Leben alles auf der Gitarre aus.“

Heute ist sie das Rüstzeug für

Schimpls einsame Rekordjagden

auf sechs Saiten in freier

Wildbahn. 2009 spielte er in Grazer

Bars und auf Plätzen 51 Konzerte

in 24 Stunden. Beglaubigen

ließ er diesen Rekord damals

nicht. Seit heuer hat er aber

eine andere Spitzenleistung mit

der Urkunde von Guinness

World Records amtlich bestätigt:

Er ist der Mann, der mit 408

digitalen Studio-Alben weltweit

die meisten Alben veröffentlicht

hat.

Im „Videotagebuch“ seiner

One-Man-Band diEgita (diegita.com)

führt er dem Betrachter

eindrucksvoll sein Lebensziel

vor Augen: „Ich möchte meinen

Unterhalt damit verdienen, dass

ich für niemanden Gitarre spiele.“

Ganz geht sich das noch

nicht aus. In seinen Jahren in Irland

jobbte er daher auch bei

Apple oder dem Computerspiel-

Giganten EA und sang als Pub-

Musiker auch für Gagen. Heute

ist er im Publikumsdienst der

Grazer Spielstätten engagiert

und bei seinem Brotberuf daher

abends oft auf den Kasematten,

beim Orpheum oder im Dom im

Berg anzutreffen.

Zur Person

Michael Schimpl, geboren

am 29. 11. 1976 in Graz,

aufgewachsen in Deutschlandsberg.

Musiker. Lebte

mehrere Jahre in Irland

und ist dann für seinen

Sohn Diego (7) zurück in

die Steiermark gezogen.

diegita.com

Und Schnitt! Einsam steht Michael

Schimpl in Gummistiefeln

im Sand der Rusheen-Bucht in

Irland und improvisiert, umspielt

von Wasser, mit seinem

Instrument, kreiert seinen eigenen

Sound mit unzähligen Effektpedalen.

Im Hintergrund

laufen einmal ein Hund und

sein Herrl vorbei. Der Steirer mit

großer, grüner Insel-Sehnsucht

türmt derweilen weiterhin ungerührt,

gottverlassen seine

Harmonien bis in den irischen

Himmel.

Es sind wunderbar weltentrückte

Videos, die auch auf seinem

Youtube-Kanal zu bestaunen

sind. Seine Stücke sind oft

gedrechselt aus sphärischen

Klängen mit meditativem Charakter:

„Und sie spiegeln immer

wider, welche Einflüsse die Natur

um mich gerade auf mich

hat.“ Manchmal komme es bei

seinen Gigs im Nirgendwo aber

dann eben doch zu Begegnungen

mit Passanten. Einmal

spielte er angezerrte Riffs auf

der Handalm bei Deutschlandsberg:

„Und plötzlich kommen da

zwei Kletterer rauf und sehen

mich mit der Gitarre.“ Da haben

die Bergfexe wahrlich große Augen

und Ohren gemacht.

Müsste er seinen Stil in eine

Schublade einordnen, Schimpl

wählte Ambient oder Post-Rock

als Etiketten darauf. Es gibt keine

Noten, keine Notizen, der Musiker

improvisiert völlig frei. Ja,

das Bild in diesen Videos

stimmt: Der 47-Jährige ist selbst

eine Insel. Autark, mit Batterien

in den Pedalen, über die er auch

Schlagzeug-Rhythmen in die

Welt entlässt, einer Akku-Box

hinter sich und einer Videokamera

auf dem Stativ zu seinen

Füßen, zelebriert er seine Passion.

Seit fünf Jahren produziert er

jeden Tag so ein Video. Dieser

Tage hat er etwa auf der Burgruine

Griffen in Kärnten musiziert,

demnächst wird er sich

zwischen die spektakulären

Tropfsteinen der steirischen

Lurgrotte einbauen, um dort eines

seiner einsamen Konzerte

zu geben. Seine erste Weltrekord-Urkunde

ist nicht Selbstzweck,

auf seinen Konzertreisen

ist sie ein wertvoller Schlüssel:

„Seit ich den Weltrekord halte,

öffnen sich viele Türen zu tollen

Locations, in denen ich vorher

niemals spielen hätte können.“

Längst soliert diEgita an seinem

nächsten Projekt: „Ich spiele

heuer in allen 94 österreichischen

Bezirken, Wiens einzelne

Bezirke ausgenommen, jeweils

ein Konzert und bringe

dann ein Album mit 1111 Nummern

heraus.“ Das wird also

der nächste Rekord des „Profimusikers

seit 30 Jahren, der seinen

Beruf wie ein Amateur lebt“.

Bleibt noch die Frage, woher der

Bandname diEgita kommt:

„Meinen heute siebenjährigen

Großes Bild: Michael Schimpl am

Silverstrand in Galway/Irland.

Unten mit Guinness-Urkunde.

Ganz unten: Hündin Maphi, in

vielen der Gig-Videos zu sehen.

Kremsmünster, Murau und auf

der Burgruine Griffen SCHIMPL (6)

Sohn habe ich nach Maradona

Diego genannt. Immer, wenn er

als kleiner Bub meine Gitarre

haben wollte, sagte er ,diEgita‘,

also ,Diego will die E-Gitarre‘.“

Seinem Fußballgott aus seiner

Jugendzeit vor dem Tod des Vaters,

als er noch selber Kicker

werden wollte, blieb Schimpl

treu. Nach der Tragödie seines

Lebens hängte er die Fußballschuhe

an den Nagel und griff

fortan nur noch in die Saiten.

Heute spielt er noch eine E-Gitarre

in den argentinischen Trikotfarben

seines großen Helden

und ist der Spaßreligion „Iglesia

Maradoniana“ beigetreten. Warum?

„Ich wollte schon immer

einen koksenden, übergewichtigen

Gott anbeten“, lässt Michael

Schimpl ein schelmisches Lächeln

über sein Gesicht huschen.

Sein Schlussakkord.

EBRAHIMI

Nava Ebrahimi, 1978 in Teheran

geboren, ist Schriftstellerin und

lebt mit ihrer Familie in Graz.

Sie ist Bachmann-Preisträgerin 2021.

Schön neutral

Wo liegt die Grenze zwischen entspannt bleiben,

realistisch denken, nicht den Teufel an die Wand

malen einerseits und Gleichgültigkeit andererseits?

Wenn die Nachrichtenlage

mies ist, wünschte

ich mir manchmal etwas

von der immerwährenden

Neutralität Österreichs.

Davon erfuhr ich erst, als ich

2012 hierher zog, und deshalb

bestaune ich sie wohl

mit unverbrauchtem Interesse.

Mein Leben wäre leichter

mit solch einer Neutralität.

Ich könnte abends

besser einschlafen und würde

mir weniger Sorgen um

die Zukunft der Kinder machen.

Ich verhielte mich zum

Beispiel der Tatsache gegenüber

neutral, dass diese

Woche womöglich Donald

Trump zum mächtigsten

Mann – oder zumindest zu

einem der zwei wichtigsten

Männer – der Welt gewählt

wird, gegen den zahlreiche

juristische Verfahren laufen

und der wegen sexuellen

Übergriffs und Finanzbetrugs

bereits verurteilt wurde,

obwohl er sich die teuersten

Anwälte der USA leisten

kann und zum Teil Immunität

besitzt. Ich hätte

mir sogar die Vergewaltigungsszene

in dem Film

„The Apprentice“ völlig wertfrei

ansehen können, obwohl

Filme ja bekanntlich darauf

angelegt sind, Emotionen

hervorzurufen. Der Film

zeichnet den Werdegang

Trumps nach und scheut

auch vor dieser Szene einer

Ehe nicht zurück.

Wäre ich immerwährend

neutral, hätte ich außerdem

lediglich unberührt zur

Kenntnis genommen, dass

bei der Parade des Bundesheeres

zum österreichischen

Nationalfeiertag der iranische

Militärattaché in

Uniform der Iranischen Revolutionsgarden

mitmarschierte.

Die Revolutionsgarden

sind die mächtigste

Stütze des Mullah-Regimes

und begehen schwerste

Menschenrechtsverletzungen.

Sie finanzieren die Hamas,

die Hisbollah und die

Huthis und sind mitverantwortlich

für das unfassbare

Leid, das den Nahen

Osten überzieht. Die USA

und Kanada haben sie bereits

als Terrororganisation

eingestuft. Ein Vertreter

ebendieser Garden feierte in

ebendieser Uniform am 26.

Oktober die österreichische

Nation, weil offenbar alle in

Wien akkreditierten Militärattachés

dazu eingeladen

sind. Besonders viel Neutralität

bräuchte ich allerdings

angesichts dessen,

dass zwei Tage später der

Deutsch-Iraner Jamshid

Sharmahd in Teheran nach

einem Schauprozess wegen

„Verdorbenheit auf Erden“

hingerichtet wurde.

Dagegen fast lächerlich

leicht fiele es mir, den

Besuch Viktor Orbáns als

ersten internationalen Gast

des neuen Nationalratspräsidenten

Walter Rosenkranz

hinzunehmen. Das

könnte ich nahezu entspannt

betrachten. Doch in

meinem Falle wäre diese

Neutralität keine Räson,

sondern Gleichgültigkeit

gegenüber allem außerhalb

meiner vier Wände.



12|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

SINN & SUCHE|13

SCHRIFT-ZEICHEN

„Dein Glaube hat dich

gerettet.“

Mk 10,52

Diese Worte sagt Jesus

zu einem blinden Bettler

namens Bartimäus, der

Jesus nachgelaufen ist, um

geheilt zu werden. Viele

wollten verhindern, dass

der Bettler Jesus belästigt,

aber Bartimäus hat sich

nicht abbringen lassen. Er

hat Jesus vertraut, daraus

Mut geschöpft, und ist

wieder sehend geworden.

Glaube beginnt nicht

damit, dass Menschen an

etwas glauben wie bestimmte

religiöse Inhalte

und Lehren. Glauben heißt

Vertrauen fassen und

bewahren. Was wäre die

Welt ohne Vertrauen?

Liebende müssen einander

vertrauen können, um

zusammenzubleiben. Kinder

müssen ihren Eltern

und ihrer Familie vertrauen

können, um sich zu

vertrauenswürdigen Erwachsenen

zu entwickeln.

Verträge, persönliche und

geschäftliche, brauchen

gegenseitiges Vertrauen,

das auch rechtliche Absicherungen

allein nicht

schaffen können. Und

Gottvertrauen ist der

Schlüssel, der das Tor

öffnet zum Verstehen der

biblischen Schriften und

der darauf fußenden Lehren.

Gottvertrauen könnte

auch wieder sehend machen

für die Schönheit der

Welt und die Güte der

Menschen – trotz aller

gegenteiliger Erfahrungen.

Susanne Heine,

Institut für

Religionspsychologie

Uni Wien

In God we trust“, “Auf Gott

vertrauen wir“ – dieser

Wahlspruch der Vereinigten

Staaten prangt bis heute

auf dem Ein-Dollar-Schein.

Und das, obwohl neueste Umfragen

eine gegenläufige Tendenz

zeigen: „Religion ist immer weniger

wichtig und die Zahl der

Konfessionslosen steigt immer

weiter“, weiß der Theologe und

Religionswissenschafter Andreas

G. Weiß. Im aktuellen Wahlkampf

spiele Religion trotzdem

eine Rolle – jedenfalls indirekt:

„Etwa wenn es um Wirtschaft,

Zuwanderung oder das Abtreibungsthema

geht.“

So wie in vielen anderen Punkten

unterscheiden sich die beiden

Kontrahenten auch in ihrer

Religiosität: Donald Trump war

in seiner Kindheit ein presbyterianischer

Protestant und damit

Mitglied einer Kirche mit calvinistischer

Ausrichtung. „Vor allem

der damalige Pastor, Norman

Vincent Peale, hat ihn

sehr geprägt“, weiß der Religionswissenschafter.

Dessen Maxime habe

gelautet: „Jeder ist erwählt

und kann erfolgreich

sein“ oder

umgekehrt formuliert:

„Je erfolgreicher

jemand ist,

desto mehr glaubt

er an Gottes Erwähltheit.“

Damit

könne Trump

auch bei den Arbeitern

punkten:

Wohlstand als Zeichen

für Arbeitseifer

im Lichte der Religion.

Bekenntnis,

das Zünglein

an der Urne

Immer weniger US-

Amerikaner fühlen sich

einer Religion zugehörig. Trotzdem

sind religiöse

Wähler für Donald Trump und

Kamala Harris immens wichtig.

Heute gehört der republikanische

Präsidentschaftskandidat

keiner konkreten

Kirche mehr an, versteht

sich aber als „überzeugter

Christ“. Weiß: „Damit kann er

mehr Menschen ansprechen.“

Anders als in Europa geben Pastoren

in den Vereinigten Staaten

übrigens auch Wahlempfehlungen

ab.

Kamala Harris ist Baptistin

und gehört einer Freikirche an,

die durchwegs fortschrittliche

Ansichten vertritt und in der

Frauen Pastorinnen sein können.

„Sie steht für

eine selbstbewusste Form von

christlicher Identität. Das passt

in ihr politisches Gesamtbild“,

analysiert Weiß. Dazu gehört

auch die Position der demokratischen

Präsidentschaftskandidatin

hinsichtlich Abtreibung:

„Sie vertritt hier die Meinung,

Von Monika Schachner

dass jede

Frau

selbst entscheiden

soll.“ Trump

spreche sich zwar dagegen aus,

sei aber gegen eine US-weit einheitliche

Regelung. „Diese

schlangenlinienförmige Positionierung

ist natürlich eine

Strategie, um mehr Wähler anzusprechen.“

Papst Franziskus‘

klares Nein zur Todesstrafe –

Kamala Harris

Zur Person

IMAGO (2), ADOBE STOCK

Andreas G. Weiß, geboren 1986, ist katholischer Theologe,

Philosoph, Religionswissenschafter und Autor

in Salzburg. Der designierte Direktor des Katholischen

Bildungswerkes Salzburg beschäftigt sich seit

2011 mit Religion, Politik und Gesellschaft in den USA,

hielt Lehraufträge an der Universität Salzburg und

der Missouri State University und ist bis heute als

Autor über Religionspolitik in zahlreichen Medien

aktiv. Als Erwachsenenbildner hält er Vorträge, Workshops

und Seminare zu zahlreichen Themen.

das ebenso im Licht des Lebensschutzes

zu sehen ist – wird übrigens

in den USA teilweise sehr

scharf kritisiert: In 27 der 50

Bundesstaaten ist sie nach wie

vor legal.

So wählen die religiösen

US-Amerikaner

Einer Erhebung des renommierten

Pew-Research-Centers zufolge wollen

47 Prozent aller US-Katholiken die

Demokratin Kamala Harris wählen, 52

Prozent den Republikaner

Donald Trump.

Nach Ethnien aufgeteilt unterstützen

hingegen 61 Prozent

der weißen Katholiken

Trump, während 65 Prozent

der hispanischen Gläubigen

(Latinos) für Kamala Harris

sind.

Die Spaltung zeigt sich

auch bei anderen Konfessionen:

82 Prozent der

weißen Evangelikalen und

58 Prozent der übrigen

weißen Protestanten unterstützen

Trump. Harris unterstützen

86 Prozent der schwarzen

Protestanten, 85 Prozent

der Atheisten und 65 Prozent

der jüdischen Wähler.

Jeder Bundesstaat einzeln betrachtet

wird auch von den

Wahlkampfstrategen der beiden

Präsidentschaftskandidaten:

Denn während in den ländlich

geprägten Regionen Religion

sehr wohl noch eine Rolle

spielt, sind die großen Städte

entlang der Ost- und Westküste

teilweise schon stark säkularisiert.

Wobei der Amerika-Kenner

einschränkt: „Religion steht

nach wie vor für weltanschauliche

Orientierung und ist nach

wie vor ein Indikator für Glaubwürdigkeit.

Dass ein nicht-religiöser

Mensch das Präsidentenamt

bekleidet, halte ich momentan

noch für undenkbar.“

Weiß‘ Prognose zum Ausgang

der Wahl am 5. November? „Ich

habe 2016 beschlossen, keine

Prognosen mehr abzugeben.

Was ich sagen kann, ist, dass die

Swing States (Bundesstaaten,

die von vornherein keiner Partei

zugeordnet werden können,

Anm.) dieses Mal sicher eine

Schlüsselrolle spielen werden,

30.000 Stimmen entscheidend

sein können.“ Und dabei könnte

auch Religion zur Gretchenfrage

werden.

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MEHR INFOS UNTER

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VATIKANSTADT

Als der Papst

Fußball spielte

Franziskus kickte in

seiner Jugend mit

dem „Fetzenlaberl“.

Papst Franziskus spielte

in seiner Kindheit Fußball

mit einem Ball aus

Stofffetzen. Diese Erinnerung

teilte er in einer Botschaft

an das renommierte

italienische Fachblatt „Corriere

dello Sport“. Zu dessen

hundertjährigem Bestehen

schrieb er: „Wenn ich an

Sport und an mein Heimatland

Argentinien denke,

denke ich noch vor den großen

Fußballstadien

wie

der Bombonera

an die

Zeit, als wir

als Kinder

mit einem

Ball aus

Lumpen

Fußball

spielten.“

So viele

Champions

hätten auf

diese Weise

angefangen,

indem sie

Papst Franziskus

jagte

dem „Fetzenlaberl“

hinterher

IMAGO

mit Freunden auf improvisierten

Feldern zwischen

den Häusern spielten,

schwelgte der 87-Jährige in

seiner Kindheit. Derartige

Bälle waren damals weltweit

üblich. In Österreich –

oder zumindest in Wien –

wurden sie „Fetzenlaberln“

genannt.

Seinen Lieblingsverein

wollte der Papst laut Kathpress

nicht explizit verraten.

Allerdings war seine Botschaft

verschmitzt zweideutig:

„Manche sagen, ich sei

ein Fan von San Lorenzo. Das

bleibt ein Geheimnis.“ San

Lorenzo zählten neben Boca

Juniors und River Plate zu

jenen drei Topvereinen, die

direkt in der argentinischen

Hauptstadt beheimatet sind.



14|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

DATEN & ZAHLEN|15

Die60.

Präsidentschaftswahl

in den Vereinigten Staaten

findet am Dienstag, den

5. November 2024, statt. Auch

das Repräsentantenhaus, ein

Teil des Senates sowie einige

Gouverneure werden neu

gewählt.

Westflügel

Oval Office

Erbaut 1902, Büros u. a. für

Präsident, Vizepräsident, Stabschef

und den Nationalen Sicherheitsberater.

5

4

8

4

Westflügel – Erdgeschoß

1792:

Die Grundsteinlegung fand am

13. Oktober statt. Das ist auch

gleichzeitig der Gründungstag

Washingtons.

1. November 1800:

John Adams, der

zweite Präsident der

USA, bezog als Erster

das Weiße Haus.

3

3

7

2

2

1

Das Weiße Haus ist das Machtzentrum der USA

In 132 Räumen lebt und arbeitet der US-Präsident mit seiner Familie. Das geschichtsträchtige Bauwerk gilt auch als Dreh- und Angelpunkt der Weltpolitik.

6

1

110

Millionen Dollar beträgt der

geschätzte Immobilienwert.

Der tatsächlich erzielbare Preis

liegt um einiges höher.

7

2 Privates

Arbeitszimmer

3 Dinnersaal

4 Stabschef

5 Vizepräsident

6 Pressesaal

Nordportal

1 Oval Office: John F. Kennedy 7 Kabinettzimmer:

mit seinen Kindern im

Präsidentenbüro. Durch die

ovale Form kann man allen

Besprechungspartnern im

Raum in die Augen schauen.

George W. Bush spricht

einen Tag nach 9/11 mit den

höchsten Vertretern des

Nationalen Sicherheitsrates

der Vereinigten Staaten.

Westkolonnade

6

Rosengarten

Wohnbereich der

Präsidentenfamilie

im zweiten Stock 1

Westflügel –

Obergeschoß

Südrasen

Im Obergeschoß des

Westflügels befinden

sich Büros für

Wirtschaftsberater,

Kommunikation,

Innenpolitik, Gesetzgebung,

Personal,

Redenschreiber etc.

Im Kellergeschoß des

Westflügels sind unter

anderem der Secret

Service, die Fotografen

und der sogenannte

„Situation Room“

untergebracht.

Wer zieht nach Joe Biden ins Weiße Haus ein?

Mit Kamala Harris hat eine Frau gute Chancen, als

erste Präsidentin in das Weiße Haus einzuziehen.

Laut den

Umfragen

liegen Harris

und Trump

fast gleichauf.

Es wird

ein knappes

Rennen.

Donald Trump

Kandidat der

Republikaner

8

Westflügel – Keller

Joe Biden

Amtierender Präsident

Demokratische Partei

4

Erdgeschoß

Kamala Harris

Kandidatin der

Demokraten

Executive Residence

Haupthaus

Kartenzimmer

6

11

Diplomaten-

Empfangssaal

Der ovale Saal wird

als Empfangsraum

für ausländische

Würdenträger genutzt.

Zweite Etage

1

Erste Etage

4

6

2

China-Saal

11

2

Von Günter Pichler

10

3

5

10

3

9

8

Vermeiloder

Gold-Saal

9

7

8

7

Zweite Etage

Erste Etage

Nordrasen

Executive Residence

Erste Etage

2 Blue Room

Offizieller Empfangsbereich.

100.000 20.000

Menschen pro Monat

Briefe und E-Mails aus der

besuchen das Weiße Haus. Bevölkerung treffen jeden

Nichtbürger – ausländische Tag im Weißen Haus ein.

Touristen – müssen für eine Nur zehn davon

Besichtigung in

werden vom

ihren Botschaften

Präsidenten

anfragen.

gelesen.

Ostkolonnade

3 Green Room

Hier unterzeichnete James Madison

im Jahr 1812 die erste amerikanische

Kriegserklärung.

Jacqueline-Kennedy-

Garten

4 Staatsdinnersaal:

7 East Room: Feier zum

Hier fand zum Beispiel das

Staatsdinner zu Ehren von

Queen Elizabeth II. und Prinz

Philip im Jahr 2007 statt.

Unabhängigkeitstag im größten

Saal des Weißen Hauses.

Hier finden die ganz großen

Empfänge und Abschiede

5 Cross Hall

statt. Die Särge von Abraham

Lincoln und John F. Kennedy

6 Red Room

waren hier aufgebahrt.

Zweite Etage:

8 Lincoln-Wohnzimmer

9 Lincoln-Schlafzimmer

Im heutigen Gästezimmer

unterzeichnete Abraham

Lincoln im Jahr 1863 die

Emanzipationsproklamation

(Sklavenbefreiung).

10 Treaty Room

11 Yellow Oval Room

John F. Kennedy

und seine Frau

Jackie am

28. März 1963

in der alten

Bibliothek.

2

Ostflügel

1

2

Die gesamte Anlage ist

eine Hochsicherheitszone.

Neben dem Bunker unter

dem Ostflügel schützen ein

Überflugverbot, Scharfschützen

auf dem Dach,

Kameras, Sensoren und zahlreiche

Sicherheitsbeamte

die Präsidentenfamilie.

3

Weißes Haus

Washington, D. C.

Washington

Monument

1 km

45

von 46 Präsidenten

wurden bisher im

Weißen Haus

beherbergt. George

Washington ist der

einzige US-Präsident,

der nicht im Weißen

Haus gelebt hat.

1 Schutzbunker

unter dem Gebäude

2 Büro der First Lady

3 Besuchereingang

Der Ostflügel wurde 1942 erbaut. Hier befinden sich

die Büroräume der First Lady und ihrer Angestellten

(Privatsekretär, Grafik- und Kalligraphiebüro etc.).

Auch ein Kino gibt es hier. Der ehemalige Bunker darunter

wurde zum „Presidential Emergency Operations

Center“. Es ermöglicht dem Präsidenten

und seinem Stab Aufenthalt und Steuerung

des Landes in Sondersituationen.

USA

Pennsylvania Avenue

The Mall

3

Kapitol

Quellen: APA, Graphic News/The White House, Kleine Zeitung; 3D-Modell: APA/Philipp Hafellne, GN

Fotos: APA, AP, Wikipedia, National Archives and Records Administration, AFP



16|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

EINST & JETZT|17

OBJEKT DER WOCHE

„Leib-Victoria Nr. 10“

Renovierte

Kaiserkutsche

In der Kaiserlichen Wagenburg

in Schönbrunn ist

erstmals seit mehr als 100

Jahren jenes Fahrzeug zu

sehen, das Kaiser Franz

Joseph in seinen letzten

Lebensjahren besonders

gerne bei Kaiserwetter

verwendet hat: Die „Leib-

Victoria“ genannte Kutsche

schien nach dem

Ende der Monarchie für

immer verloren gegangen

zu sein. Dem Team der

Wagenburg ist es aber

gelungen, sie in einem

Bestand ruinöser Gestütsfahrzeuge

in der ehemaligen

Bundesanstalt für

Pferdezucht Stadl-Paura

(OÖ) wiederzuentdecken.

In jahrelanger Kleinarbeit

wurde eine vielfach

veränderte unscheinbare

Kutsche aus diesem Bestand

als Kaiser Franz

Josephs verloren geglaubte

„Leib-Victoria Nr. 10“

identifiziert und ihr unter

zahlreichen Schichten von

Übermalungen und Rost

verborgenes originales

Erscheinungsbild von 1896

wieder ans Licht gebracht.

Das Ergebnis dieses Projektes

kann nun in der

Wagenburg besichtigt

werden.

Victoria! Ein Hofwagen und

seine bewegte Geschichte:

bis 4. Mai in der Kaiserlichen

Wagenburg, Schloss

Schönbrunn, 1130 Wien.

kaiserliche-wagenburg.at

KHM

Die Lügen der

Leni Riefenstahl

Die Kino-Doku „Riefenstahl“ widerspricht der Erzählung,

dass Leni Riefenstahl nur Opportunistin war.

Politisch? Sie doch nicht!

Faschismus? Von wegen!

In ihrem langen Leben

beteuerte Leni Riefenstahl

(1902-2003) stets, dass

sie nur am Filmemachen interessiert

war. Den von der NSDAP

beauftragten

„Triumph des Willens“

über den Reichsparteitag

1934 in Nürnberg

hätte sie nur wegen der

Kunst gemacht. Genauso

gut hätte sie „einen

Film für Roosevelt über

die Flieger, für Churchill

über die Flotte oder für

Stalin“ gemacht. Das

hat sie tatsächlich so

gesagt; 1985 in einem

Interview mit dem kanadischen

Fernsehsender

CBC. Zur Erinnerung:

40 Jahre nach Ende des

Zweiten Weltkriegs.

Propagandafilm

Von Julia Schafferhofer

Produzentin

Maischberger

PETER RIGAUD

Filmemacher

Andres Veiel

Diese Aufzeichnung

fand sich in einer der

Schachteln des Nachlasses,

auf den der Regisseur

Andres Veiel

und die TV-Journalistin

und Produzentin Sandra

Maischberger, die

zum 100. Geburtstag ein Interview

mit ihr führte, als erste

auswerten durften. Der Dokumentarfilm

„Riefenstahl“ widerlegt

die Erzählung der unpolitischen

Regisseurin und Mitläuferin

energisch und fundiert.

Veiel feierte die Weltpremiere

mit diesem Film im Herbst ausgerechnet

bei den Filmfestspielen

von Venedig. Genau dort also,

wo Hitlers Lieblingsregisseurin

mehrere ihrer

Arbeiten

präsentierte, dafür gefeiert

wurde und mehrere

Preise erhielt. „Triumph

des Willens“ wurde

beispielsweise 1938

am Lido als beste ausländische

Dokumentation

geadelt.

Warum braucht es noch

einen Film über Leni

Riefenstahl? „Diese Frage

habe ich mir am Anfang

auch gestellt. Ich

musste ihn für mich

machen. Einerseits,

weil es einen Zugang zu

ARNO DECLAIR

ihrem persönlichen

Nachlass gab; mit vielen

Funden und Einzelstücken.

Und dabei

tauchten Fragezeichen

auf“, sagt Veiel zur Kleinen Zeitung.

Sein Ziel mit dem akribischen

Archiv-Dokument „Riefenstahl“

war folgendes: „Der

Film ist eine Warnung aus der

Zukunft. Er erzählt von der Verführbarkeit;

davon, wie schnell

Menschen verführbar werden.“

Der Nachlass bestand aus 700

Schachteln; gut sortiert. Schmalfilm-Schnipsel,

Ausschussmaterial,

private Fotos und Mitschnitte

vieler Telefongespräche

aus dem Haus im bayerischen

Pöcking. Die

Deutungshoheit über ihre eigene

Biografie hat sich eine der

umstrittensten Frauen des letzten

Jahrhunderts zeitlebens

und auch vor Gericht erstritten.

Es habe ihn interessiert, was

da alles gewesen sei. Aber noch

mehr, was fehlte. Lücken, Leerstellen,

Auslassungen. Wie Aufzeichnungen,

die es dann noch

nicht in die Memoiren geschafft

haben. „In den Entwürfen zu ihren

Memoiren fanden sich viele

Hinweise auf Gewalterfahrung

durch den Vater.“

Die Nähe zu Adolf Hitler, Joseph

Goebbels und Co. katapultierte

Leni Riefenstahl – als Frau – in

den engsten Zirkel der Macht.

Und zu Ruhm. An den Erfolg ihrer

NS-Propagandafilme konnte

die Regisseurin in der Nachkriegszeit

nie mehr anknüpfen.

Der NS-Ideologie blieb sie weiter

verbunden. „Sie war nicht nur eine

Opportunistin, sondern eine

überzeugte Verfechterin der NS-

Ästhetik und der Ideologie“,

sagt Veiel. Sie sei eine Verführerin

gewesen, ein Prototyp einer

faschistischen Karrieristin, die

ihre schuldhafte Verstrickung

in dieses System lebenslang bestritten

hat. Der Film wider-

Mit neuem

Material aus

dem Nachlass

erforscht „Riefenstahl“

die

ambivalente

Biografie

MAJESTIC (4)

spricht auch der Riefenstahl-

Verehrung, die in Bezug auf die

heroisierende Ästhetik ihrer Filme

nach wie vor bestehe.

Die Interviewpassagen sind

gleichermaßen beklemmend

wie entlarvend: Es wird in diesem

großartig geschnittenen

Dokument mit der Erzählung

gebrochen, dass Riefenstahl erst

nach dem Krieg von der Existenz

von Konzentrationslagern

erfahren habe. Für die Opernverfilmung

„Tiefland“ rekrutierte

sie um 1940 Roma und Sinti für

die „spanischen“ Komparsinnen

und Komparsen im Film, auch

viele Kinder. In Maxglan waren

sie im sogenannten „Zigeunerlager“

inhaftiert. Riefenstahl behauptete,

sie hätte alle nach

dem Krieg wiedergetroffen. In

Wahrheit jedoch wurden die

meisten von ihnen in Auschwitz

ermordet.

Hat er nach dem Guten im Nachlass

gesucht? „Das Gute heißt

für mich, empathisch sein zu

können. Das ist bei einer Frau,

die so unempathisch war, wie

man sich das nur vorstellen

kann, alles andere als einfach.

Geht man der Erzählung nach,

sie habe Gewalt erfahren, relativiert

oder rechtfertigt das nicht

die Verantwortung oder Mitverantwortung

in einem Unrechtsregime.

Es geht immer um das

größere Bild“, erzählt der Dokumentarist.

Der Film traut sich,

sie als Editorin zu feiern. „Gleichzeitig

hat sie diese Kunstfertigkeit

als Editorin auch eingesetzt,

um für den Unrechtsstaat

Propaganda zu machen.“

PALÄONTOLOGIE

Seekuh ist

Hernalserin

Buch zu Überresten tropischer

Meere in Wien.

Wer jetzt im kalten

Herbst einen Ausflug

in tropische Gefilde machen

will, der greife einfach zum

neuen Buch der Paläontologen

Mathias Harzhauser

und Thomas Hofmann. In

„Wien am Sand“ entführen

sie nämlich zu den Überresten

tropischer Meere in

der Stadt, von denen viele

Fossilien zeugen, die noch

bis ins frühe 20. Jahrhundert

in hunderten Steinbrüchen,

Sand- und Tongruben auf

dem Stadtgebiet

gefunden

wurden.

Die meisten

dieser

Fundstellen

sind heute

zugeschüttet,

abgetragen

und

verbaut, an

sie erinnern

höchstens

noch Straßennamen

wie die

Mathias Harzhauser,

Thomas

Hofmann.

Wien am Sand.

NHM-Verlag,

168 Seiten,

19,90 Euro.

Tongasse im 3. Bezirk oder

die Laimgrubengasse im

6. Bezirk.

Doch die dort geborgenen

versteinerten Überreste von

Schnecken, Muscheln, Robben,

Delfinen, Alligatoren et

cetera finden sich noch zuhauf

in Wiener Sammlungen.

Etwa im Naturhistorischen

Museum, in dem u. a.

das Skelett einer „Seekuh

aus Ottakring“ zu bestaunen

ist. Ein „Tradename des

19. Jahrhunderts“, wissen die

beiden Paläontologen, denn

bei ihren genaueren Forschungen

entpuppte sich die

Seekuh als Hernalserin, die

1885 in einer Sandgrube im

heutigen 17. Wiener Gemeindebezirk

geborgen wurde.



18|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

EINST & JETZT|19

ROM

Gemälde als

echtes Juwel

Gustav Klimt hat für

„Die drei Zeitalter der

Frau“ Silber, Gold und

Platin verwendet.

Gustav Klimts Gemälde

„Die drei Zeitalter der

Frau“ ist in jeder Hinsicht

ein kostbares Meisterwerk.

Der Maler verwendete für

sein Werk von 1905, das den

Kreislauf des Lebens symbolisiert,

Gold, Platin und

Silber sowohl für die Hintergründe

als auch für die Verzierung

der weiblichen Figuren,

haben Forscher von

Italiens wissenschaftlichem

Institut CNR und der Universität

Perugia entdeckt.

Die Analyse des Werks

erfolgte aufgrund einer Vereinbarung

zwischen der

Nationalgalerie für moderne

und zeitgenössische Kunst

in Rom (GNAM) und der

Nationalgalerie von Umbrien

mit Sitz in Perugia, die das

Werk Klimts bis zum 19.

Jänner 2025 ausstellt.

"Die umfangreiche Verwendung

von Edelmetallen

zeigt, dass das Gemälde

wirklich als ,Juwel‘ betrachtet

werden kann. Klimt

nutzte die Edelmetalle, um

den Glanz zu erreichen, der

das Bild noch heute zu einem

seiner meistgeschätzten

Meisterwerke macht",

heißt es im Bericht der Forscher,

die das Bild untersuchten.

Gustav Klimts „Die drei

Lebensalter der Frau“ (1905) KK

Sie muss eine erstaunliche

Persönlichkeit gewesen

sein: Barbara Glück,

die sich Betty Paoli

nannte, hatte ruppige Umgangsformen,

einen selbstbewussten

Lebenswandel und ein

einzigartiges Netzwerk. „Es gibt

kaum eine bedeutende Persönlichkeit

des literarischen,

künstlerischen und intellektuellen

Lebens in Österreich im 19.

Jahrhundert, mit der Paolis Name

nicht auf die eine oder andere

Weise verbunden ist“, schreibt

Karin S. Wozonig. „Und doch ist

Paoli heute fast vergessen.“

Die in Graz geborene und in

Wien lebende Literaturwissenschafterin,

die am Institut für

Germanistik der Universität

Wien unter anderem zur

deutschsprachigen Literatur

des 19. Jahrhunderts forscht,

will mit zwei Büchern die Wiederentdeckung

und Würdigung

der hoch gebildeten, eloquenten

und einflussreichen Frau vorantreiben

– mit einer Biografie und

einem Band mit ausgewählten

Werken, der Gedichte, eine Novelle

sowie Kritiken, Essays und

Feuilletons enthält. Vorgestellt

werden sie am 5. November in

der Wienbibliothek im Rathaus,

wo die 889 Inventarnummern

und viele ungedruckte Briefe,

Dokumente und Gedichtmanuskripte

enthaltene „Sammlung

Paoli“ einen reichen Materialschatz

darstellt.

„Ich war ein

Weib und

kämpfte

wie ein Mann“

Betty Paoli (1814–1894) war eine

angesehene Schriftstellerin und zudem

Österreichs erste Journalistin.

Zwei Bücher über die so geistreiche

wie querköpfige Wienerin

laden zur Wiederentdeckung.

Mögt zuvor erst selber werden,

wie die Frauen sollten seyn,

Fehlerfrey und ohne Mängel,

und im Herzen treu und rein.“

Betty Paoli

in einem Gedicht, in dem sie männliche Kritik am

angeblich oberflächlichen weiblichen Wesen zurückwies.

Betty Paoli (1814–1894) war nicht

nur Lyrikerin, Übersetzerin und

Essayistin, sondern wurde im

Revolutionsjahr 1848 auch Österreichs

erste Profi-Journalistin

und machte sich in der Folge

als Theater- und Literaturkritikerin

einen Namen. „Die Kenntnis

des Lebens dieser talentierten,

gebildeten Frau und starken

Persönlichkeit gewährt einen

tiefen Einblick in die

Kultur- und Literaturgeschichte

Österreichs. Wer sich für das

Jahrhundert interessiert, in dem

die Weichen für die Herausbildung

eines bürgerlichen, liberalen

und demokratischen Gesellschaftsverständnisses

gestellt

wurden, das im Guten wie im

Schlechten bis heute weiterwirkt,

wird durch Paoli,

durch ihre Literatur und

ihre hellsichtigen Feuilletons

Neues in neuen

Zusammenhängen erfahren“,

schreibt Wozonig

im Vorwort ihrer

Biographie. „Ohne Paolis

Werk sind weder die

Buchautorin

Karin S.

Wozonig

österreichische Lyrik

des 19. Jahrhunderts

noch die Besonderheiten

des österreichischen Realismus

in ihrem ganzen Umfang zu

verstehen.“

Als moderne Frau pflegte Paoli

selbstbestimmte Beziehungen

jenseits der Konventionen. So

lebte sie die letzten vier Jahrzehnte

mit der Familie ihrer besten

Freundin, der fünf

Jahre jüngeren Ida

Fleischl, und war deren

vier Söhnen Erzieherin

und Tante zugleich. Zudem

forderte sie auch

sonst das ein, was in der

Zeit ihren Geschlechtsgenossinnen

verwehrt

war. „An die Männer unserer

Zeit“ lautete eine

1832 in der „Wiener Zeitschrift

für Kunst, Literatur,

Theater und Mode“ veröffentlichte

Philippika der 17-jährigen

Betty Glück (ihr Pseudonym verwendete

sie erst drei Jahre später),

in der sie männliche Kritik

am angeblich flatterhaften und

oberflächlichen weiblichen Wesen

zurückwies: „Mögt zuvor

MARTINA LISKOVA

Betti Paoli

(Mitte) mit den

Schriftstellerinnen

Marie von

Ebner-Eschenbach

(links) und

Ida von Fleischl-

Marxow 1889

beim Tarockspielen

WIEN MUSEUM

erst selber werden, wie die Frauen

sollten seyn, / Fehlerfrey und

ohne Mängel, und im Herzen

treu und rein.“

Aus dem Jungstar wurde rasch

eine angesehene Lyrikerin und

Kritikerin, die im Privaten immer

wieder Rückschläge erlitt,

im Politischen durchaus ambivalent

agierte, sich in ihrer Rolle

als Kassandra offenbar durchaus

gefiel, aber sich das eigenständige

Denken und Handeln

nie abnehmen ließ. In den vielstrophigen

Text „Kein Gedicht“

fasste sie ihr eigenes Schicksal

als Frau so zusammen: „Mein

Unglück läßt sich in zwei Worte

fassen: / Ich war ein Weib und

kämpfte wie ein Mann!“

Betti Paoli, Lithographie

von August Prinzhofer

von 1848 WIEN MUSEUM

Buchautorin Wozonig zeichnet

Paolis Lebensetappen nach,

von der Erzieherin, Gouvernante

und Gesellschaftsdame in bürgerlichen

und adeligen Häusern

hin zur freischaffenden Dichterin

und umstrittenen, weil in ihrem

Urteil radikalen Kritikerin.

Und sie schildert deren Freundschaften

zu Adalbert Stifter und

Marie von Ebner-Eschenbach

sowie Begegnungen mit Größen

wie Heinrich Heine, Franz Grillparzer,

Nikolaus Lenau oder

Iwan Turgenjew.

Karin S.

Wozonig. Betty

Paoli. Dichterin

und Journalistin.

Eine

Biographie.

Residenz,

512 Seiten mit

zahlreichen

Abbildungen,

38 Euro.

Buchpräsentation

am 5. 11.

um 18.30 Uhr,

in der Wienbibliothek

im

Rathaus,

Stiege 8.

Betty Paoli.

Ich bin nicht

von der

Zeitlichkeit.

Ausgewählte

Werke. Hrsg.

von Karin S.

Wozonig,.

Residenz,

224 Seiten,

26 Euro.

Am Ende des Auswahlbandes

von Paolis Werken fasst Wozonig

noch einmal zusammen: „Ihr

ganzes Leben lang war die Autorin

Betty Paoli geistreich, meinungsstark

und mieselsüchtig,

im persönlichen Umgang beeindruckend

wegen ihres scharfen

Verstandes, gefürchtet für ihr

unverblümtes Urteil, berühmt

für ihren Witz und ihre düsteren

Prophezeiungen.

Paoli war profund informiert

und interessiert, was ihre eigene

Zeit betraf, sie war fest in der

Vergangenheit verwurzelt und

zugleich mit einem Seherblick

für die Zukunft begabt. Aus dieser

Mischung wird gemeinhin

Überzeitlichkeit gemacht oder

das, was man Aktualität, Modernität,

Gegenwärtigkeit

nennt – auf jeden Fall hinterließ

sie ein Werk, das uns heute etwas

zu sagen hat.

{

ARTENSCHUTZ

Begriffe, die

auf der Roten

Liste stehen.

Heute: sich einigeln

Sich einigeln und in

den Teil-Winterschlaf

verabschieden: So mancher

und manchem wäre

derzeit womöglich schon

danach. Der englische, bei

den Trendforschern hoch

gehandelte Begriff dafür

lautet „Cocooning“.

Sich einzuigeln, hat

wesentlich mehr Charme

und lässt den Namensgeber

sofort vor dem

geistigen Auge auftauchen:

Ist das Zurückziehen

in den eigenen

Stachelmantel für die

bedrohte Spezies der Igel

im allgegenwärtigen

Straßenverkehr gar keine

gute Idee, so tut es in

dieser verlärmten Hochschlagzahlwelt

wohl.

Der Rückzug von der

Welt draußen in die eigenen

vier Wände und zu

sich selbst, in Momenten,

in denen man Kraft und

Ruhe sucht. Das neue

Biedermeier, aber vorzugsweise

auch einmal

ganz für sich selbst. Eskapismus.

Ruhe ohne

Sturm. Und am Ende ist

es auch wieder gut, nach

draußen zu gehen.

Wie aber macht es

Meister Igel, in

Fabeln als kluger Einzelgänger

dargestellt und

als bedrohte Art auf der

Roten Liste, selbst? Fühlt

er sich bedroht, zieht er

die Stirnstacheln wie ein

Visier über seine Augen.

Danach kann er sich in

weniger als einer Sekunde

einrollen: Die Beinchen

werden an den Körper

gezogen, per Ringmuskel

formt sich der

Igel zur kompakten Stachelkugel.

So geht das!

Thomas Golser

{



20|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

ALPEN & ADRIA|21

Ein Besuch in der einzigartigen Scuola

Mosaicisti del Friuli in Spilimbergo.

Dort lernen Schüler aus aller Welt das selten

gewordene Handwerk der Mosaikkunst.

Von Elisabeth Tschernitz-Berger

Im Lehrsaal ist es ungewöhnlich

still, trotz der

schweren Hämmer, die auf

den Arbeitstischen liegen.

Lautes Hämmern würde also

nicht verwundern. Hochkonzentriert

sitzen die Schüler bei

ihrer Arbeit. Ein zartes Mädchen

klopft mit einem dieser Hämmer

unermüdlich auf einen

Stein ein und löst damit dünne

Schichten ab. Der bescheidene

Anfang eines vielleicht großartigen

Mosaiks, das einmal entstehen

soll. „Der Hammer ist das

einzige Werkzeug der Schüler“,

erklärt Simonetta, die deutschsprachige

Führerin, die durch die

ehrwürdigen Räume der Mosaikschule

in Spilimbergo im Friaul

(Scuola Mosaicisti del Friuli)

leitet. Die Schule ist die einzige

dieser Art auf der Welt und

schaut auf eine 10-2-jährige Geschichte

zurück. Ihr Ziel ist es,

der Mosaikkunst eine Zukunft

zu geben sowie die Kraft der Tradition

mit innovativen Trends

zu verbinden.

Ein Mosaik nach dem anderen

ziert die Gänge und Räume der

drei Stockwerke. Es sind Nachbauten

von historischen Mosaiken,

die auf dem Lehrplan der

rund 50 Schüler stehen, die jedes

Jahr mit ihrer Ausbildung beginnen.

Zum Beispiel die Darstellung

der Schlacht bei Issos,

leuchtende Mosaiken aus der

Basilika von Ravenna, finster

dreinschauende Heilige, aber

auch die Pieta von Michelangelo,

John F. Kennedy oder Papa

Francesco. Eine besondere Augenweide

sind die modernen Arbeiten

voll Farbenpracht und

Ausdrucksstärke. Belege einer

besonderen Kreativität und

Handwerkskunst der Schüler.

„Wir sind eine Berufsschule, keine

Kunstschule“, rückt Simonetta

das Bild zurecht, die Schüler

lernen den Beruf der Mosaicisti

und Terrazzieri. Daher haben

sie in der dreijährigen Ausbildung

auch strenge Anwesenheitspflicht.

In den 38 Wochenstunden

überwiegt die Praxis

(20 Stunden), man lehrt aber

auch Kunstgeschichte.

„Die Schüler, 80 Prozent davon

Frauen, kommen aus der ganzen

Welt. Derzeit sind es 13 verschiedene

Nationen“, freut sich Simonetta

über den Zuspruch, der

aber immer mehr abnimmt, das

Handwerk scheint nicht mehr

so begehrt zu sein. Einst waren

die Terrazzieri in Venedig eine

gefragte Zunft, da sich der flexible

Bodenbelag für die Paläste

und Häuser der Lagunenstadt

besonders eignete. Im 16. Jahrhundert

waren sie hochgeehrt

und kamen wegen der guten

Auftragslage und der fehlenden

Konkurrenz zu großem Reichtum.

Die Mosaikkunst in Friaul-Julisch

Venetien lebt mit der unvergleichlichen

Tradition von

Aquileia seit Jahrhunderten im

kollektiven Unterbewusstsein

Mosaik

ist Licht,

Farbe und

Materie

der ansässigen Handwerker

weiter. Warum sie gerade nahe

dem Tagliamento-Fluss zu besonderer

Blüte gelangte, kommt

nicht von ungefähr. Denn auf

den Schwemmböden im Einflussbereich

des großen Flusses

gibt es kaum fruchtbares Land,

dafür aber Abermillionen von

Steinen.

Die Ebene heißt Magredi, was so

viel bedeutet wie „magere Böden“.

„Not macht erfinderisch.

Weil man nichts anbauen konnte,

wurde man kreativ. Von hier

stammten die besten Handwerker“,

weiß Simonetta zu erzählen.

Daher war auch der Standort

für die Mosaikschule quasi vorgegeben.

Ab und an rücken auch

die Schüler aus, um im

Schwemmland des Tagliamento

Information

Scuola Mosaicisti del Friuli

in Spilimbergo westlich

von Udine, Friaul. Das

Schulgeld kostet pro Jahr

700 Euro. Man muss eine

Matura vorweisen und 18

Jahre alt sein. Es gibt auch

Fachausbildungskurse (ein

Jahr) und Einführungskurse

für alle (48 Stunden).

Details und Führungen: Tel

(0039 0427) 2077.

scuolamosaicistifriuli.it

bunte Steinchen für ihre Mosaiken

zu sammeln.

Natursteine oder Kunststeine

aus Glas, teilweise mit Goldplattierungen,

sind die Materialien,

aus denen die Mosaikträume

entstehen. Die Firma Orsoni aus

Murano ist der Hauptlieferant.

In einer Hundertschaft an

Schütten lagern Millionen von

Steinchen, in einer nie gesehenen

Farben- und Leuchtkraft –

das Rohmaterial für die Mosaiken.

Simonetta erklärt zwei Methoden:

Entweder man legt

Steinchen für Steinchen auf vorgefertigte

Schablonen oder man

legt sie auf Netze mit der schönen

Seite nach unten. Das hat

den Vorteil, dass man sie später

überall anbringen kann. Diese

Methode hat Giandomenico

Facchina erfunden und damit

die Mosaikkunst revolutioniert.

„Seither war es möglich, die Mosaiken

vorzufertigen und später

anzubringen. Es mussten nicht

mehr ganze Teams am Ort arbeiten,

was die Mosaikkunst für

viele leistbar machte“, erklärt Simonetta,

ebenso den Unterschied

zwischen römischer und

byzantinischer Mosaikkunst:

„Die Römer haben aus Natursteinen

vor allem glatte Flächen

verziert. Byzantinische Fresken

in christlichen Kirchen hatten

eine didaktische Aufgabe, um

den Menschen die Religion in

Bildern zu erklären.“

Wo haben sich die Schüler mit ihren

Auftragsarbeiten verewigt?

Im Foro Italico in Rom, in der

Grabeskirche in Jerusalem, im

Hotel Kawakyu in Japan oder im

großartigen Mosaik „Blitz in Regenbogenfarben“

im neuen U-

Bahnhof von Ground Zero in

New York.

Mosaik1

Oben: Führerin

Simonetta de

Paoli. Unten

Szenen aus

der Scuola

Mosaicisti del

Friuli, die

einzige dieser

Art auf der

ganzen Welt

SCUOLA MOSAICISTI

DEL FRIUL (4),

TSCHERNITZ-BERGER (3)

POST AUS GRADO

Stefan Maiwald lebt seit

Jahren in Grado. Auch sein

Buch „Meine Bar in Italien“

(Styria-Verlag) spielt dort.

Sport, Sand, Spritz

und Strandbar

Was für ein Wochenende: Bei der traditionellen

Ruderregatta Vogadalonga

fegten siebzig Boote flott durch die Lagune,

und am Strand fand das Hell’s Race statt,

eine Art Hürdenlauf mit allerlei Hindernissen,

die es zu überklettern galt. Die

Sportler mussten Sandsäcke schleppen und

Gräben durchqueren. Bei allem Respekt:

Olympisch wird der Sport so bald nicht. Die

Urlauber genossen lieber den Sonnenuntergang

mit Spritz an der Strandbar.

Außerdem kam der Tabellenführer nach

Grado, ins bezaubernde Stadion direkt an

der Lagune. Der Fußballverein Gradese Calcio

stand ja im Sommer nach mehr als siebzig

Jahren vor dem Aus. Neben vielerlei

Misslichkeiten fehlten vor allem die Spieler.

Doch die Orte des Umlandes solidarisierten

sich und stellten Spieler ab, sodass es doch

weiterging. Und siehe da: Nach vier Spieltagen

befand man sich auf Platz fünf. Doch

nun kam die ungeschlagene Mannschaft

von Poggio. Gradese Calcio hielt richtig gut

mit, aber es blieb bei der etwas unglücklichen

Heimniederlage. Egal, es gab Bier und

Brötchen mit Salsiccia. Dorffußball ist einfach

der beste Fußball.

Der Autor wird öfter mal nach Geheimtipps

gefragt – Trattorien, »in denen nur die

Einheimischen sind«. Solche Örtlichkeiten

gibt es in Grado praktisch nicht, die Gastronomie

ist auf den Tourismus ausgerichtet.

Wer wirklich unter Einheimischen sein

will, muss am Sonntagnachmittag ins Stadion

auf der Isola della Schiusa gehen und

sich ein Bier und ein Brötchen gönnen.

Zurück zur Hochkultur: In Aquileia hat es

erstaunliche neue Entdeckungen gegeben.

So hat ein Team von Archäologen im Südwesten

des Orts eine gepflasterte Straße

aus dem ersten Jahrhundert ausgegraben.

Außerdem sind Anzeichen dafür gefunden

worden, dass Attila tatsächlich die Stadt

oder zumindest Teile davon niederbrannte –

dass der Marktplatz aber auch nach Attilas

Abzug weiter bestand.

Und was ist mit dem berühmten Goldschatz,

den die Menschen seit Jahrhunderten

suchen? Das ist eine lange Geschichte,

die ich nächste Woche erzähle.



22|SONNTAG

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

FAMILIE & BEZIEHUNGEN|23

VATER

SEIN

ADOBE STOCK

FAST VERLIEBT

Claudia Schumacher. Die rätselhafte Welt

der menschlichen Beziehungen –

von wahren Begebenheiten inspiriert.

Markus Zottler, Vater einer

Tochter und eines Sohns

Kopieren und

kuscheln

Gibt es in der Beziehung

unserer Viereinhalbjährigen

mit ihrem

zweijährigen Bruder

eine Konstante, dann ist

es die stete Veränderung.

„Panta rhei“, alles fließt,

hieß es bei den alten

Griechen, „Papa, ich will

als erster Brei“ bei uns.

Wie angeführt, wäre es

aber unredlich, den Nachwuchs

auf simplen Wettkampf

zu reduzieren.

Anderswo, etwa beim

kollektiven Stören der

Bettruhe, gilt schnell der

Olympische Gedanke:

Dabeisein ist alles.

Wie sie sonst so miteinander

tun? Omnipräsent

ist der Auftritt als

Mentorin und Mentee. Sie

macht vor, er drückt

Strg+C. Bis es der Influencerin

zu viel wird und sie

sich von ihrem dann entgeisterten

Fan abwendet.

Herzzerreißend ist die

Beschützerrolle. Da erzählt

Tochter etwa vom

Wunsch, heuer erstmals

Ski zu fahren und denkt

großzügig für den Sohnemann

mit. Für diesen,

Bruchpilot par excellence,

müsse man im Vorfeld

bitte dringend „einen

Ganzkörperhelm“ einkaufen.

Ein Utensil übrigens,

das wiederum bei

manch Liebkosung Töchterlein

gut stünde. Beim

Kampfkuscheln kennt der

Junior nämlich keine

Gnade mit seinem Idol.

1Warum Loben wichtig ist

Wer kennt das nicht: Ein

Lob kann einen enorm aufbauen.

„Man fühlt sich

wahrgenommen, wobei das

Wahrgenommenwerden ein tief

wurzelndes Lebensgrundbedürfnis

ist“, sagt Waltraud Fiona

Berle, Life-Coach für Persönlichkeitsentwicklung

in München

und Stuttgart. Das Wahrgenommenwerden

mache uns

deutlich „Es gibt mich“ und „Ich

bin wichtig“.

Ehrliches und begründetes Lob

ist aus Sicht von Berle Bestätigung,

aber auch emotionale Zuwendung.

Denn es signalisiere

der gelobten Person Wertschätzung

und Anerkennung – und

darauf sind wir als soziale Wesen

ja eigentlich alle aus. Lob bedeutet

positive Verstärkung,

nicht nur in der Erziehung:

Wer Menschen für eine Anstrengung

- für den Weg, nicht für das

Ergebnis - gleich welcher Art

lobt, fördere ihre Weiterentwicklung.

„Es bestärkt die gelobte

Person darin, einen bestimmten

Kurs fortzusetzen“,

sagt die Psychologin Michaela

Wegener.ö Zugleich sind die Gelobten

motivierter und trauen

sich dann oft auch schwierigere

Aufgaben zu. „Insofern fördert

ehrliches Lob die Entwicklung

eines Menschen“, so Berle.

2

Welche

häufigen Fehler

es beim Loben gibt

„Eindeutig negativ ist

es, Lob einzusetzen,

um Menschen zu manipulieren“,

sagt Wegener. So kann ein Lob

zum Beispiel missbraucht werden,

um unbeliebte Aufgaben,

die man selbst nicht machen

möchte, an andere zu delegieren

– nach dem Motto „Du kannst

das doch viel besser als ich“.

Ebenfalls negativ: falsches Lob.

„Das drückt sich darin aus, dass

man zum Beispiel als Mutter

oder Vater seinem Kind permanent

sagt, wie schön und talentiert

es sei“, so Berle. Solche

Worte förderten das Kind nicht

in seinem Weiterkommen, sondern

lassen es verharren in seinem

Ist-Zustand. Besser sei es,

Kinder für Leistungen zu loben,

also ihnen altersgerecht kleine

Aufgaben zu übertragen und sie

bei guter Ausführung dafür zu

loben. Kinder lernten auf diese

Weise, sich weiterzuentwickeln

und wachsen so zu starken und

selbstbewussten Menschen heran,

die zielstrebig ihren Weg gehen.

Ein weiterer häufiger Fehler: unehrliches

Lob. Berle nennt ein

Beispiel: Eine genervte Mutter

sagt ihrem kleinen Sohn „Du

nervst mich heute total, aber ich

liebe Dich trotzdem.“ Damit sei

die Frau nicht nur unehrlich. Sie

sende auch Doppelbotschaften

aus, die das Kind verwirren und

ihm keine Leitplanken für sein

künftiges Verhalten geben.

Ebenfalls kontraproduktiv für

die Entwicklung des Kindes ist

es laut Wegener, zu wenig oder

auch zu häufig zu loben. Erfolgt

ein Lob zu oft, verliert es an

Glaubwürdigkeit – und das

spürt ein Kind.

3

Wie das Loben von

Erwachsenen im

Arbeitsumfeld und im

sozialen Kontext gelingt

„Wirksames Lob beinhaltet, konkret

zu werden, sprich das Lob

zu begründen“, sagt Wegener.

Also nicht einfach sagen, „Das

hast Du gut gemacht“ oder „Das

Essen hat gut geschmeckt“, sondern

Details benennen: „Das

hast Du gemacht, weil ...“ Wegener

nennt ein Beispiel: „Tausend

Dank, dass Du das Protokoll geschrieben

hast, weil Du Dich ja in

dem Thema, um das es ging, bestens

auskennst – damit war das

Protokoll schneller und professioneller

geschrieben als wenn

es jemand anderes gemacht hätte.“

Oder: „Das Essen war gelungen –

toll, wie Dir diese sämige Sauce,

die perfekt gewürzt war und

bestens zu dem auf die Minute

genau gegarten Fleisch passte,

gelungen ist.“

„Das hast du

toll gemacht“

Egal, ob in der Familie, im Freundeskreis

oder in der Arbeitswelt:

Loben und gelobt zu werden,

ist wichtig. Fünf Dinge,

die man über das Loben wissen sollte.

4

Wie sich die Balance

zwischen Lob und

konstruktiver Kritik

finden lässt

„Gerade in der Arbeitswelt ist es

wichtig, dass die Führungskraft

bei Gesprächen mit einer Mitarbeiterin

oder einem Mitarbeiter

die Balance zwischen Lob und

konstruktiver Kritik findet“,

sagt Wegener. Denn das steigere

die Mitarbeitermotivation. Lob

stärke das Selbstvertrauen und

Selbstbewusstsein. Konstruktive

Kritik bringe Mitarbeitende

dazu, an sich zu arbeiten und die

eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Aber auch Kinder müssen den

Umgang mit Lob und konstruktiver

Kritik lernen. „Dabei muss

man sich klarmachen, dass Kritik

auch eine Form von Liebe

ist“, so Berle. Richtig eingesetzt

und vorgetragen kann sie

durchaus auch wertschätzend

sein. Etwa wenn man kritisiert,

dass das Kind sein Zimmer noch

nicht aufgeräumt hat, obwohl

es fest versprochen war. Wichtig

ist dann laut Berle, aus dieser Situation

heraus wieder etwas Lobenswertes

in den Fokus zu rücken.

Und etwa, wenn das Kind

sein Zimmer aufgeräumt hat, zu

sagen: „Das hast Du gut gemacht,

jetzt hast Du wieder

Platz.“

5

Tipps

fürs effektive

Loben

Damit ein Lob funktioniert,

kommt es darauf

an, zugewandt zu sein und

der Person, der das Lob gilt, in

die Augen zu blicken. „Fürs Loben

sollte man sich Zeit nehmen

und es möglichst nicht nebenbei

machen“, sagt Berle. Von Vorteil

könne manchmal auch sein, das

Lob auszusprechen, wenn andere

dabei sind, weil das Selbstbewusstsein

der gelobten Person

so noch zusätzlich gestärkt

wird. „Mit Lob vor anderen kann

man auch Stolz zum Ausdruck

bringen, etwa wenn Eltern ihr

Kind vor anderen loben“, so Wegener.

Dieser Stolz der Eltern

könne dem Kind wiederum ein

gutes Gefühl geben.

Vaterkomplex

Warum es wichtig ist, rechtzeitig aufzugeben

und miese Eltern-Beziehungen loszulassen,

wenn es was werden soll mit der Liebe zu anderen.

Never give up!“, fordert

mich ein Mülleimer-

Aufkleber beim Spazieren im

Park auf. Ja, niemals aufgeben!

Das heißt es immer.

Festbeißen, dranbleiben: ein

Mantra, das unsere Kultur

durchwirkt. Aber wer den

Zeitpunkt nicht erkennt, an

dem er aufgeben muss, dessen

Leben gelingt leider

auch nicht.

In der Liebe gilt das vor

allem für Töchter extrem

abwesender Väter und für

Söhne, deren Mütter emotional

übergriffig sind. Für

Menschen also, deren erste

Beziehung zum anderen

Geschlecht schief lief und

die — anstatt loszulassen —

auch im Erwachsenenalter

versuchen, diese Urbeziehung

noch irgendwie zu

retten. Das Ergebnis dieses

Unglücks heißt dann Muttersöhnchen

oder Frau mit

Vaterkomplexen. In der

Popkultur sind sie die Witzfiguren:

Männer, die im Hotel

Mama versauern oder

deren Mutter sich dauernd

einmischt, falls sie eine

andere Liebesbeziehung

hinbekommen. Noch schlimmer

trifft es Frauen mit

Vaterkomplexen. Eine der

bekanntesten Aufreißer-

Figuren, Barney aus der

Serie „How I Met Your Mother“,

„feierte“ solche Frauen

als Freiwild: leicht zu haben,

sexuell waghalsig. Und sie

lassen sich von Männern

schlecht behandeln, hurra!

Oft haben Muttersöhnchen

und Vatertöchter aber

einen Leidensdruck, der

nicht lustig ist. Eine meiner

Freundinnen hat einen cholerischen

Vater, der nur mit

sich selbst beschäftigt ist,

früh arbeitslos wurde und ihr

kaum Liebe schenkte. Ihr

Vaterkomplex ist prototypisch:

Die einzige „Liebesbeziehung“

als Erwachsene

war zu einem Mann, für den

sie nur eine Affäre war. Obwohl

sie schön ist, lässt sie

attraktive Gleichaltrige mit

Job links liegen und interessiert

sich für viel ältere und

verwitterte Herren, bestenfalls

arbeitslos, die ihr keine

Fragen stellen, dafür aber die

Welt erklären. Dass sie gebildet

ist und sich als Feministin

versteht, hält sie

davon nicht ab.

In jeder Annäherung mit

Männern stellt sie die Urbeziehung

zu ihrem Vater

nach. Anstatt die Beziehung

zu ihm als gescheitert zu

akzeptieren und das zu verschmerzen,

fährt sie regelmäßig

heim und spielt die

brave Tochter. Andere Männer

sind für sie nur Wiedergänger

ihres Vaters, mit

denen sie verzweifelt versucht,

wiedergutzumachen,

was in diesem Leben wohl

nicht mehr gut wird. Bei

diesem Beuteschema ist es

kein Wunder, dass sie Männer

zunehmend als Feinde

sieht.

Aufgeben: Das müsste sie.

Loslassen: längst überfällig.

Ich denke, wir brauchen

„Gib endlich auf!“-Sticker,

gern in Herzform. Ein

Mülleimer hat nichts anderes

verdient.



griech.

Rachegöttin

Betriebsamkeit

auf

Straßen

Vorname

d. Schauspielerin

Thompson

Spitzn.

d. Nordamerikaners

Hautentzündung

(Med.)

lauter

Anruf

Abk.:

Oberster

Gerichtshof

ein

Seltenerdmetall

Zwetschkenröster

Irrgang

Form

von: sein

Platz,

Ort

Augenprüfung

Teil vom

Ganzen

Hauptst.

Italiens

grob,

ungehobelt

Verlangen

Provinz

in

Kanada

TV-Bildspeichertechnikost

Vollwert-

(Abk.)

Frisiergerät

kohlensäurehaltiges

Wasser

Geld

zurücklegen

Patron d.

Angler

und

Fischer

türk.

Name

Adrianopels

Platzmangel

bestimmte

Menge

frz. Maler

(Auguste)

† 1919

Teil der

Westkarpaten

Befehlseingabetaste

(engl.)

Bühnenauftritt

Meine

Zukunft.

Rest b.

Kartengeben

(frz.)

franz.

Dichter

(Paul)

† 1945

ital.

Gewürzpaste

Bildgeschichte

(amerik.)

Sitz des

Denkvermögens

unverletzt

birnenförmige

Frucht

arab.

Wasserpfeife

Augenblick

niederländischer

Maler †

(Anthonis)

span.

Volksfest

Speisefisch

südamerik.

u. mexik.

Währung

griech.

Göttin des

Todesschicksals

Schreibflüssigkeit

Kfz-Z.

Nicaragua

heftig,

dringlich

span.:

los!,

auf!,

hurra!

Donaustädter

Badewannenspieltier

alte

assyr.

Hauptstadt

laugenartige

chem.

Verbindg.

frz.:

Schule

Verbrecher

niederländ.:

eins

Steilfelsen,

Klippe

zeitw.

ausgetr.

Flusslauf

(engl.)

hin

und ...

Kloß

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Israel

it. Bildhauer

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Ort am

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engl.:

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unverdünnt

Freistilschwimmen

77.972 x 3 +0 10,10

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In der nächsten Ziehung geht es um

108 Millionen Euro.

(Alle Angaben ohne Gewähr)

10-05-18 LUCKY, Ziehung vom 2. November

arabisches

Segelschiff

Verbannungsort

franz.

Jagdhund

öst. Kleingewicht

histor.

südwestfranz.

Region

Sporen

bildende

Bakterie

mittelasiat.

Fürstentitel

spanisch:

Meer

Segelkommando

Abneigung

hervorrufend

vorderster

Teil des

Schiffes

Weil wir

wollen,

dass Kinder

neugierig

bleiben

Maßeinteilung

an Messgeräten

Glücksspiel

Held,

Halbgott

Wiener

Schauspielerin

† 1934

Singstimme

Volksvertretung

in

Island

griech.

Küstenlandschaft

weibl.

Filmnachwuchs

Fluss in

Ostengland

gehoben:

edle

Pferde

Die Auflösung finden Sie im Hauptblatt auf Seite 42

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s2020-0043

Impressum: KLEINE ZEITUNG gegründet 1904. Erscheinungsort Graz, Verlagspostamt 8020 Graz. – Medieninhaber (Verleger): Kleine Zeitung GmbH & Co KG. Geschäftsführung: Mag. Xenia Daum,

Mag. Thomas Spann. Chefredakteur: Mag. Hubert Patterer. Alle: 8010 Graz, Gadollaplatz 1, Tel.: 0316/875-0. Digital: www.kleinezeitung.at. Redaktionen Graz: 8010 Graz,

Gadollaplatz 1, Tel.: 0 31 6/875-0, Fax: 0 31 6/875-4034, 4014, E-Mail: redaktion@ kleinezeitung.at; Wien: 1010 Wien, Lobkowitzplatz 1, Tel.: 01/51 21 618; Klagenfurt: 9020 Klagenfurt, Hasnerstraße 2,

Tel.: 0 46 3/58 00-0. Herausgeberkollegium: Universitätsprofessor Dr. Manfred Prisching, Professor Mag. Karl Kalcsics, Rektorin Dr. Andrea Seel, Reinhold Dottolo (für Kärnten), Anzeigen: Kleine Zeitung GmbH & Co KG,

Tel.: 0316/875-3700, Fax: 0316/875-3334, 0316/875-3364 (für Raumanzeigen), 0316/816798 (für Wortanzeigen), E-Mail: meinewerbung@kleinezeitung.at. Leser- und Aboservice: Tel.: 0316/875-3200,

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Logistik & Zustellservice GmbH, Gadollaplatz 1, 8010 Graz, service.center@redmail.at. Einzelpreise: täglich € 2,50, 7-Tage-Abonnement € 40,90 monatlich (€ 441,72 jährlich) im Voraus (alle Preise inkl. 10 Prozent MwSt.).

Bezugsabmeldung nur schriftlich mit Monatsende bei vorausgehender sechswöchiger Kündigungsfrist. Das Bezugsangebot „Dienstag bis Sonntag“ beinhaltet keine Belieferung nach

einem Feiertag. Das Bezugsangebot „Montag-Samstag“ beinhaltet keine Belieferung an einem Sonn- oder Feiertag. 7-Tage-Digitalabonnement € 18,99 monatlich im Voraus

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Produziert nach den Richtlinien

des Österreichischen

Umweltzeichens Druck Styria,

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Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

RÄTSEL|25

mit dem

Mund

anziehen

Sohn von

Schwester

oder

Bruder

felsig

Vorn. des

österr.

Entertainers

Heller

europ.

Vulkan

(Landessprache)

früherer

schweiz.

Tennisspieler

Altschnee

Bewohner

von

Venetien

schmerzhaftes

Gliederreißen

abwertend:

Feministin

Befinden

Stift

an der

Donau,

in NÖ

östliche

Mittelmeerländer

angeblicher

kelt. Barde,

Sagenheld

österr.

Komponist

† 1791

Truppenunterkunft

rechter

Donau-

Quellfluss

kurz für

Weblog

(Internettagebuch)

Fell

eines

Nagetieres

Autosternfahrt

Stadt in

Nevada

Stadt in

Belgien

Uranusmond

enthaltsamer

Mensch

kleine

Menge

ind. Gebäude-

Schleichkatzveränderung

schlechte

Angewohnheit

Prachtentfaltung,

Prunk

ungebunden

Tiermund

unbestimmter

Artikel

stützendes

Bauteil

erwarteter

Sieger

(Sport)

österr.

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(Robert)

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Österreich

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kuban.

Politiker

(Che)

† 1967

ital.

Großstadt

(Ldsspr.)

franz.

Schriftstellerfamilie

Gemahlin

Lohengrins

Farbe

Mond

des

Saturns

Staatskasse

ungeordnet,

verworren

amerik.

Pop-Art-

Künstler

(James) †

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mit

Pinselohren

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engl.

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Österreich

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unter e.

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beim

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Zupfinstrument

Messgerät

Musikergruppe

im

Theater

aus Erz

schweiz.

Flächenmaß

Araberhengst

bei Karl

May

Kfz-Z.

Korea

(Südkorea)

Flussübergang

feierl.

Amtstracht

(kirchl.)

Elbe-

Zufluss

Flugtechnik,

Flugwesen

Ort im

Seewinkel

Schwermetall

ein

Inseleuropäer

eh. Filmempfindlichkeit

(Abk.)

röm.

Quellnymphe

französisch:

König

in der

Leistung

vermindern

Kleinmalerei

Geliebte

des Zeus

Betrieb

des

Druckgewerbes

Die Auflösung finden Sie im Hauptblatt auf Seite 42

®

s1823-1445


26|HOROSKOP

Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

Widder 21.3. – 20.4.

Job:

Interessante Kontakte

lassen sich knüpfen. Sie

sind unter Merkur clever

und beeindrucken. Liebe:

Fröhliche Stunden beglücken, und

Sie spüren, dass Sie gut ankommen.

Singles erobern. Allgemeines: Über-

denken Sie Ihren Trainingsplan.

Krebs 22.6. – 22.7.

Job: Überdenken Sie Ihr

weiteres Vorgehen in aller

Ruhe, und reden Sie über

das, was Sie vorhaben. Lie-

be: Die Stimmung in Ihrer Zweisam-

keit kann etwas schwanken. Haben

Sie Wichtiges geklärt? Allgemeines:

Gönnen Sie sich Auszeiten.

IHRE STERNE

Waage 24.9. – 23.10.

Job: Weichen Sie Stress-Si-

tuationen aus, und zeigen

Sie dann auf, dass Neues

bereichern kann. Liebe:

Leichtigkeit ins Miteinander zu brin-

gen, beglückt. Reden Sie auch über

Wichtiges. Allgemeines: Testen Sie

sportlich Interessantes.

Steinbock 22.12. – 20.1.

Job: Lassen Sie sich nicht

in Konflikte hineinziehen,

und überlegen Sie, was

weiterhin von Bedeutung

ist. Liebe: Sagen Sie es, wenn Sie Zeit

für sich benötigen. Spüren Sie auch

Ihren Gefühlen nach. Allgemeines:

Denken Sie an Ihr Rückentraining.

Stier 21.4. – 20.5.

Job: Weisen Sie Vorschläge

nicht voreilig ab. Andere

Methoden können weiter-

führend sein. Liebe: Wäh-

len Sie Ihre Worte besonnen. Eine

klare Kommunikation hilft Ihnen,

Unmut zu vermeiden. Allgemeines:

Ernähren Sie sich ausgewogen.

Löwe 23.7. – 23.8.

Job: Voller Elan bringen Sie

sich in Ihre Aufgaben ein,

und eloquent regeln Sie

dank Merkur Wichtiges.

Liebe: Harmonische Stunden beschwingen

in Ihrer Beziehung. Unter-

nehmen Sie Schönes. Allgemeines:

Lenken Sie den Mars-Elan in Sport.

Skorpion 24.10. – 22.11.

Job: Selbstsicher setzen Sie

das um, was Sie überlegt

hatten. Begonnenes führen

Sie tatkräftig zu Ende. Lie-

be: Zeigen Sie, dass Sie die Belange

Ihrer Lieben im Blick haben, und

seien Sie offen für Vorschläge. Allge-

meines: Halten Sie bewusst inne.

Wassermann 21.1. – 19.2.

Job: Günstige Fügungen er-

geben sich, und Sie können

dann das schaffen, was

unmöglich schien. Liebe:

Es beflügelt, in Ihrer Zweisamkeit auf

immer wieder neue Weise Span-

nendes zu entdecken. Allgemeines:

Handeln Sie mit Weitblick.

Zwillinge 21.5. – 21.6.

Job: Informieren Sie sich

umfassend, und setzen

Sie dann Ihre Akzente. Sie

sind clever. Liebe: Ihre Aus-

strahlung wirkt, und Komplimente

beschwingen. Bleiben Sie auch fair

und geerdet. Allgemeines: Ihre Viel-

seitigkeit beeindruckt.

Jungfrau 24.8. – 23.9.

Job: Setzen Sie sich nicht

unter Druck, und fragen Sie

nach, wenn Ihnen etwas

unklar ist. Liebe: Es geht

ein wenig hin und her, doch können

tiefsinnige Gespräche bereichern.

Seien Sie offen. Allgemeines: Gönnen

Sie sich Entspannung.

Schütze 23.11. – 21.12.

Job: Ihr Engagement für

ein Vorhaben wirkt auf

andere mitreißend. Bilden

Sie sich auch weiter. Liebe:

Versuchen Sie, Heikles im Familiären

zu klären. Klarheit wird Glücksgefüh-

le schenken. Allgemeines: Variieren

Sie Ihr Workout.

Fische 20.2. – 20.3.

Job: Gehen Sie allesles im

moderaten Tempo an, und

überlegen Sie, was sich noch

etwas optimieren lässt. Lie-

be: Reden Sie über all das, was Sie be-

wegt, und treffen Sie keine voreiligen

Entscheidungen. Allgemeines: Setzen

Sie auf ein Faszien-Training.

GARFIELD

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Wie sagt

man das auf

Englisch?

Kein Alkohol am Steuer!

Don’t drink and drive.

SUDOKU-RÄTSEL

mittel

2 4 3 5

8 2 4

6 9 7

2 5 9 8

3

5 9 2 1

4 9 3

4 7 8

9 2 7 6

schwierig

2 8 5

9 5 1

6 8

9 4 7

4 3 2

6 5 9

4 2

7 1 4

3 6 7

Füllen Sie die

leeren Felder

so aus, dass in

jeder Reihe,

in jeder Spalte

und in jedem

3x3-Kästchen

die Zahlen 1 bis 9

genau einmal

vorkommen.

Viel Vergnügen!

Die Auflösung

finden Sie im

Hauptblatt

auf Seite 40.


Kleine Zeitung

Sonntag, 3. November 2024

MUTTER & TOCHTER|27

Dass Leben heißt, sein Herz zu

verbrauchen und manche Falte nichts

anderes ist als ein Einfallstor für die

Ewigkeit.

Sehr prosaisch, sehr pragmatisch, sehr wichtig:

Merkt oder notiert euch meine Lottozahlen;

ich spiele sie Runde für Runde seit über 30

Jahren mit den Geburtsdaten der Liebsten – den

Einwurf mit der Deppensteuer können sich alle

sparen, wird von mir gecancelt – ui, grad ich

sag‘ das, wo ich doch einiges an schwergewichtiger

Kritik an dieser fragwürdigen Zeiterscheinung

aus dem Köcher holen könnte. Egal, irgendwer

will einen eh immer piesacken. Damit

muss man leben lernen, banal, aber wahr. So,

liebste Familienkohorte, spitzt allesamt die

Ohren bzw. schärft euren Sehsinn. Wenn denn

dann der so richtig feiste, angefütterte Jackpot

einschlägt, natürlich zu euren Gunsten,

wird meinen Anweisungen Folge geleistet

(reine Prophylaxe, damit ihr nicht so werdet,

wie ihr nicht seid!). Also nix Weltreise, nix

dekadentes sieben Sterne-Gemampfe am

Hotspot in Tripstrill, nix teures Brummbrumm,

das zwar schön aussieht, aber viel

Platz braucht und, wenn man es von A

nach B bewegt, kostbare Energie frisst

(welche auch immer), sondern – ich bin

schon wieder fast sanft, bleibe aber der

direktive Moralapostel – den Vinziwerken

helfen, Lerncafés unterstützen

und Tierschutzorganisationen und

Musikpatenschaften übernehmen.

Andernfalls würde ich wohl dauerdonnergrollend

über euch kreisen!

Die handgeschriebenen Zetterln (mit

Zuspruch und Lob) im Adventkalender, die

neben dem Bonbon steckten, sollen bleiben,

eine herzallerliebste Gewohnheit, die fortgeführt

werden will. Ja, mein Palatschinkenrezept,

eher eine intuitive Zutaten-Zusammenschütterei,

auch und unbedingt meine spezielle

Liedinterpretation von „Hejo, spann den Wagen“

an, die euch haltlose Spötter stets zum

Zerkugeln bringt. Unsere Backhendl-Ess-Tradition

sollte vielleicht nicht bleiben, meist gibt’s

nämlich zu wenig Bio und weil fleischlos eh

gesünder ist. Als zeitloses Credo überdauern

darf der Vorsatz, dass es sich auszahlt, ein anständiger

Mensch zu sein. Und vorsorglich sei

kundgetan: Derweil fühl’ ich mich trotz Influenza

recht lebendig.

FRITSCH & FRITSCH

Was

soll

bleiben?

Dialog der

Generationen

Gudrun & Valerie

Fritsch

Alternierend nehmen

hier Valerie Fritsch und

ihre Mutter Gudrun

(Schriftstellerinnen) sowie

Bernd Melichar und sein

Sohn Julian (Kulturredakteur

bzw. Außenpolitik-Redakteur

der Kleinen Zeitung)

Stellung zu Fragen der

Gesellschaft und des Lebens.

Nachzulesen unter:

kleinezeitung.at/sonntag

Das kalendarische Totengedenken hat

mich nie erreicht, denn ich rufe meine

Verstorbenen täglich an, oder treffe mich

mit ihnen auf einer Speisekarte.

In den ersten Novembertagen, der ersten festlichen

Herbstdunkelheit denken wir kollektiv

kalendarisch an die Toten, aber ich denke das

ganze Jahr über so viel an sie, dass andere Menschen

mich mitunter merkwürdig finden. Sie sind

und bleiben mir nah, wen ich einmal ins Herz

geschlossen habe, entkommt mir auch mit dem

Tod nicht mehr daraus, denn die Liebe berücksichtigt

das Sterben nicht. Mit meinem verstorbenen

Großvater beispielsweise führe ich

sehr regelmäßig das Telefongespräch im

Kopf, das wir für viele Jahre fast jeden Tag

tatsächlich in genau dieser Form geführt

haben. Es geht so: Hallo Opa – Servus Mädchen

– Wie geht’s – Man lebt. Und obwohl

dieses „Man lebt“ meines Großvaters nach

seinem Tod nunmehr ein Paradox in diesem

Gespräch zu sein scheint, ist es für immer

weiter gültig, weil alle acht sparsamen Worte,

die wir verlässlich miteinander getauscht

haben, stets bloß die gangbare, alltagstaugliche

Verklausulierung des Einandernahseins

waren. Wir bleiben in Kontakt. Meine

Verlorenen sind mehr als eine Erinnerung

in meinem Leben, ich rufe sie im sprichwörtlichen

Sinne an, in meinen Alltag

hinein, sie sind mit ihren Vorlieben und

Abneigungen, ihren Eigenheiten Teil

von dem Blick, mit dem ich die Welt

sehe. So begegnen sie mir überall, oft

auch überraschend. Im Essen sind mir die

Toten manches Mal besonders präsent, in den

kulinarischen Erinnerungen ihrer Lieblingsspeisen:

wenn einer nichts lieber als Stelze bestellte,

denke ich zärtlich bei jedem Studieren einer Gasthausspeisekarte

an ihn, und sehe ich in der Konditorei

eine Cremeschnitte, fehlt mir die außerordentliche

Frau, die sie so gerne aß.

Irgendwann bleibe ich vielleicht auch als funkelnde

Erdbeeren-mit-Zucker-Assoziation denen,

die mich lieben – und wie schön wäre das. Ob

man meine Bücher liest, wenn ich nicht mehr bin,

hingegen ist mir egal, ich hänge mehr an der

Gegenwärtigkeit, an dem welt- und menschenlieben

Glühen, das ein Leben erfüllen kann, und

an dem sich die Hinterbliebenen über den Tod

hinaus noch ein wenig die Hände und Gedanken

wärmen können.


HADERER

Die Welt der Sprichwörter ist

so widersprüchlich, dass

man sprichwörtlich von „Widersprichwörtern“

sprechen muss.

Denn wer zuerst kommt, mahlt

zuerst, aber wer zuletzt lacht,

lacht am besten. Bevor ihn

dann die Hunde beißen, die

nicht bellen. Der Spatz in der

Hand mag besser sein als die

Taube auf dem Dach, aber als

Kleinvieh macht er halt auch

Mist. Morgenstund‘ wiederum

hat Gold im Mund – besser als

ein geschenkter Gaul, der noch

keinen Sommer macht. Aber

Goldzähne sind oft ein Hinweis

auf Karies. Hätte die Morgenstund‘

Mut zur Lücke, dann

käme sie auf dem Zahnfleisch

daher. Mir ist auch unklar,

wieso man im Glashaus nicht

mit Steinen werfen soll, wenn

Scherben doch Glück bringen.

Und der Kunde mag zwar König

sein, aber wir leben in einer

ERNST JETZT!

Über beißende Hunde, Gold im Mund und

Kunden als machtlose Könige.

Republik. Da haben Könige

nichts zu melden.

Glauben Sie also bitte nur

jenen Redensarten, die Sie

selbst erfinden. „Ich fühle mich

wie neugeboren“, erzählte kürzlich

ein Freund, und ich hatte

leidlich Mitleid. Denn als Quasi-

Säugling kann der Arme vermutlich

nicht reden, nicht

lesen, weder sitzen noch gehen

noch selbstständig essen. Pflegestufe

elfeinhalb, sozusagen.

Noch schlimmer ist nur der Rat

„Lebe jeden Tag, als wäre es der

letzte“: Da müsste ich mich

womöglich schon jetzt vorsorglich

auf die geriatrische Station

an die Herz-Lungen-Maschine

legen. Kein Wunder, dass die

Spitalskosten explodieren. Aber

wer will schon wissen, wo der

Hund begraben liegt? Lieber

nagle ich mir die Bretter vor

den Kopf, die die Welt bedeuten.

Ernst Sittinger

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