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GesteinsPerspektiven 03/24

Die GP GesteinsPerspektiven ist offizielles Organ des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Thematische Schwerpunkte sind Fachartikel, Berichte und Reportagen. Folgende Bereiche werden publizistisch abgedeckt: Wirtschaft, Politik und Recht mit Auswirkungen auf die Roh- und Baustoffindustrie, Prospektion, Lagerstättenerkundung, Lagerstättenbewertung, Betriebsplanung und Abbautechnik, Gewinnung und Verarbeitung mineralischer Rohstoffe, Aufbereitung: Zerkleinerung, Klassierung, Sortierung, Materialreinigung, Veredelung: Transportbeton, Asphalt, Wiedernutzbarmachung durch Rekultivierung und/oder Renaturierung, Genehmigungsverfahren und Genehmigungspraxis, Forschung sowie Aus- und Weiterbildung.

Die GP GesteinsPerspektiven ist offizielles Organ des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Thematische Schwerpunkte sind Fachartikel, Berichte und Reportagen. Folgende Bereiche werden publizistisch abgedeckt: Wirtschaft, Politik und Recht mit Auswirkungen auf die Roh- und Baustoffindustrie, Prospektion, Lagerstättenerkundung, Lagerstättenbewertung, Betriebsplanung und Abbautechnik, Gewinnung und Verarbeitung mineralischer Rohstoffe, Aufbereitung: Zerkleinerung, Klassierung, Sortierung, Materialreinigung, Veredelung: Transportbeton, Asphalt, Wiedernutzbarmachung durch Rekultivierung und/oder Renaturierung, Genehmigungsverfahren und Genehmigungspraxis, Forschung sowie Aus- und Weiterbildung.

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6<br />

ZUR SACHE<br />

QUARZFEINSTAUB<br />

Eine unsichtbare Gefahr?<br />

Mineralischer Staub ist ein beständiger Begleiter der Gesteinsgewinnung<br />

und -aufbereitung, der unter bestimmten Umständen<br />

auch gesundheitsgefährdend sein kann. Zu den als besonders<br />

problematisch eingestuften Stäuben zählt der Quarzfeinstaub.<br />

Hierunter fällt laut Definition die lungengängige Fraktion des kristallinen<br />

Siliziumdioxids (SiO 2 ), denn langjähriges Einatmen von<br />

alveolengängigem Quarzfeinstaub in hohen Dosen kann diverse<br />

Lungenkrankheiten hervorrufen. Silikose, also die „Staublunge“<br />

der Bergleute, die zu Lungenkrebs führen kann, ist die älteste Berufskrankheit<br />

überhaupt. Für Arbeitsplätze mit entsprechender<br />

Disposition gelten deshalb strenge einzuhaltende Grenzwerte.<br />

Im Jahr 2006 haben die relevanten europäischen Verbände – in<br />

Deutschland federführend auch MIRO – im Interesse ihrer Unternehmen<br />

einen „Sozialen Dialog Quarzfeinstaub“ etabliert. Dieses<br />

„Übereinkommen über den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer<br />

durch gute Handhabung und Verwendung von kristallinem Siliziumdioxid<br />

und dieses enthaltene Produkte“ entspricht einer<br />

Selbstverpflichtung der Industrie. Unter Berücksichtigung der in<br />

den Maastrichter Verträgen verankerten Sozialvorschriften wird<br />

demnach die Ist-Situation der Staubschutzmaßnahmen verbessert,<br />

regelmäßig dokumentiert und industriespezifisch erfasst –<br />

bundes- und europaweit. Unmittelbare Folge dessen ist ein regelmäßiges<br />

Monitoring auf europäischer Ebene, das die Industrie<br />

seither begleitet. Hierfür findet alle zwei Jahre eine europaweite<br />

Umfrage zur Ist-Situation der Quarzfeinstaubprävention unter<br />

dem Akronym „Nepsi“ statt.<br />

Die Selbstverpflichtung fand die „Billigung“ der Europäischen Kommission,<br />

die alternativ im Zuge der Harmonisierung europäischer<br />

Vorschriften die Festlegung eines europaweit gültigen Grenzwertes<br />

am Arbeitsplatz plante. Dank des Sozialen Dialogs gelang es,<br />

die 2018 erfolgte Festsetzung eines europäischen Grenzwertes für<br />

Quarzfeinstaub am Arbeitsplatz auf einen für die Industrie verträglichen<br />

Wert in Höhe von 0,1 mg/m 3 zu vereinbaren. Dieser<br />

Wert berücksichtigt den Gesundheitsschutz der Beschäftigten<br />

ebenso wie er verhindert, dass betroffene Betriebe wegen Schutzmaßnahmen<br />

und praxisfernen Regelungen ihre Tätigkeiten einstellen<br />

müssen.<br />

Mitte Januar 20<strong>24</strong> startete europaweit die nunmehr neunte Datenerfassung<br />

zum „Sozialen Dialog Quarzfeinstaub“ in allen betroffenen<br />

Industriezweigen. Ein aktueller – und neuer – Teil der<br />

Kampagne ist eine Veranstaltungsreihe in den EU-Mitgliedstaaten<br />

mit dem Ziel, Nepsi weiter bekannt zu machen. In Deutschland<br />

bezog die EU-Kommission am 27. Februar in Kassel Station. In Form<br />

eines ganztägigen Seminars konnten sich die Teilnehmer mit den<br />

Vorsitzenden des europäischen Nepsi-Rates unmittelbar austauschen.<br />

Von unterschiedlichen Referenten wurden die Ziele des<br />

Projektes dargestellt sowie ein Überblick über den Ist-Zustand der<br />

Quarzfeinstaubsituation gegeben. Einzelbeispiele aus unterschiedlichen<br />

Branchen der deutschen Industrie trugen zur Veranschaulichung<br />

bei.<br />

Die neue, internationale Seminarreihe flankiert die aktuelle Datenerhebung,<br />

zu deren Teilnahme alle betroffenen Unternehmen<br />

aufgerufen wurden. Die Umfrageergebnisse sollen unmittelbar in<br />

die Verhandlungspositionen gegenüber der EU-Kommission und<br />

der Generaldirektion für „Beschäftigung und Soziales“ einfließen.<br />

STIMMIGES TEAMWORK: Die Kommissionsvorsitzenden erläuterten<br />

in Kassel die Hintergründe zum Nepsi-Dialog, darunter<br />

Walter Nelles (M.). Fotos: bwi<br />

GP: Herr Nelles, wo liegen die Hauptberührungspunkte<br />

unserer Unternehmen mit Quarzfeinstaub?<br />

Walter Nelles: Fast jedes Gestein enthält mehr oder weniger<br />

Quarz-Mineralbestandteile. In Gewinnungs- und Aufbereitungsprozessen<br />

wird deshalb meist auch Quarzfeinstaub<br />

freigesetzt. Von daher kann man den Feinstaub an den Arbeitsplätzen<br />

tatsächlich auch als „Geißel“ der Unternehmenssparte<br />

bezeichnen. Problematisch ist, dass wir bei alveolengängigem<br />

Quarzstaub über Partikelgrößen < 4 µm<br />

sprechen, also nur ein zwanzigstel der Dicke eines menschlichen<br />

Haars. Wenn wir an den Arbeitsplätzen optisch keinen<br />

nennenswerten Staub sehen, kann die Luft dennoch mit<br />

Quarzfeinstaub belastet sein. Das heißt: Zwar wird nichts<br />

„gesehen“, dennoch sind Präventivmaßnahmen bei nachgewiesener<br />

Exposition erforderlich.<br />

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die technischen<br />

Ausrüstungen kontinuierlich verbessert. Sind<br />

Krankheiten aufgrund von Quarzfeinstaub nicht ohnehin<br />

ein rückläufiges Phänomen?<br />

Tatsächlich geht die Zahl der Silikosefälle zurück. So wurden<br />

2022 nicht mehr als 295 Berufskrankheiten (BK) für Silikose<br />

anerkannt. Im Jahr zuvor waren es 4<strong>24</strong> und davor 405 Betroffene.<br />

Eine Silikose entwickelt sich zumeist erst nach einer<br />

jahrelang andauernden Exposition. Wir sprechen hier von<br />

einer Latenzzeit zwischen zehn und 30 Jahren. Die Sensibilisierung<br />

der Unternehmen, die verbesserte Prävention und<br />

natürlich auch die Entwicklung von effizienteren Staubkapselungs-<br />

und -unterdrückungssystemen tragen Früchte. Mit<br />

Blick auf die angesprochene Latenzzeit werden wir aber erst<br />

in den nächsten Jahren sehen, wie die Staubprävention der<br />

vergangenen Jahre zu bewerten ist.<br />

Effiziente Staubunterdrückung gehört heute zur technischen<br />

Grundausstattung der meisten Gesteinsbetriebe.<br />

Was könnte darüber hinaus auf die Unternehmen zukommen?<br />

Bereits vor fünf Jahren wurde der Arbeitsplatzgrenzwert für<br />

den allgemeinen Staub in der A-Fraktion von 3 mg/m³ auf<br />

1,25 mg/m³ abgesenkt. Seitdem müssen also deutlich mehr<br />

Unternehmen das Thema Staub am Arbeitsplatz aktiv angehen<br />

und bei Überschreitung des Grenzwertes Abhilfe schaffen.<br />

GESTEINS Perspektiven 3 | 20<strong>24</strong>

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