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Liebe Freundinnen und Freunde - Cartell Rupert Mayer

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Mitteilungen<br />

Dezember 2009


Unterwegs <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Blick zurück nach vorn<br />

<strong>Liebe</strong> <strong>Fre<strong>und</strong>innen</strong> <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e,<br />

das gerade ergangene Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts<br />

über den vom Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

gebotenen Schutz der Sonntagsruhe ist<br />

sicher Balsam für die Seele jedes engagierten<br />

Christen. Das gilt vor allem für die Aussage,<br />

dass rein ökonomische Interessen, wie<br />

sie der Berliner Senat für die Zulässigkeit der<br />

Ladenöffnung an allen Adventssonntagen<br />

angeführt hatte, nicht ausreichen, das für<br />

den Zusammenhalt <strong>und</strong> das Wohlbefinden<br />

der Gesellschaft so wichtige Schutzgut regelmäßiger<br />

<strong>und</strong> verlässlicher Tage allgemeiner<br />

Arbeitsruhe beiseite zu schieben.<br />

Aber seien wir ehrlich: Gemessen an dem<br />

Ziel, christliche Werte wieder stärker in der Gesellschaft<br />

zu verwirklichen, ist das ein bescheidener<br />

Weg. Es scheint sogar, dass europaweit<br />

die Tendenz auf dem Vormarsch ist, das<br />

Christentum, ja die Religion überhaupt, aus<br />

dem öffentlichen Raum zu verdrängen <strong>und</strong><br />

als individuelle Privatangelegenheit zu deklarieren.<br />

Der Verzicht auf jeden Gottesbezug<br />

Bitte vormerken:<br />

Termine, Termine...<br />

<strong>Cartell</strong>versammlung 2010: 4.–6. Juni<br />

Lambertus-Gilde Düsseldorf<br />

Herbstkapitel 2010: 19.–20. November<br />

Gordian-Kreis Leipzig<br />

<strong>Cartell</strong>versammlung 2011: 2.–3. Juni<br />

CL Thomas-Gilde Hamburg<br />

Hans-Jürgen van Schewick<br />

im europäischen Verfassungsvertrag ist hierfür<br />

ein deutliches Signal. Jüngst hat der Europäische<br />

Gerichtshof für Menschenrechte<br />

das Aufhängen von Kreuzen in italienischen<br />

Schulen als Menschenrechtsverstoß bezeichnet,<br />

weil es die negative Religionsfreiheit<br />

nichtchristlicher Schüler beeinträchtige. Das<br />

durch den – gelegentlichen – Anblick eines<br />

Kreuzes hervorgerufene Unbehagen einzelner<br />

reicht also aus, die positive Religionsfreiheit<br />

all derjenigen zu verdrängen, die im Kreuz das<br />

wichtigste Symbol ihres Glaubens sehen, ganz<br />

abgesehen davon, dass die Kultur Europas<br />

durch das im Kreuz repräsentierte Christentum<br />

ihre entscheidende Prägung erhalten hat. Letztlich<br />

ist auch das vor wenigen Wochen erfolgreiche<br />

Plebiszit der Schweizer Bevölkerung,<br />

beim Bau von Moscheen keine Minarette<br />

mehr zuzulassen, ein Versuch, sichtbare Religiosität<br />

aus der Öffentlichkeit zu verbannen.<br />

Unterwegs <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Angesichts dieses Bef<strong>und</strong>es kann jedenfalls<br />

keine Rede davon sein, dass das <strong>Cartell</strong><br />

<strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> sich sechzig Jahre nach seiner<br />

Gründung im Juli 1949 überlebt habe, dass<br />

sein Ziel, durch den Zusammenhalt <strong>und</strong> die<br />

gegenseitige Stärkung engagierter Katholikinnen<br />

<strong>und</strong> Katholiken die Gesellschaft<br />

nach christlichen Gr<strong>und</strong>sätzen zu gestalten,<br />

erreicht sei. Es ist deshalb gut <strong>und</strong> wichtig,<br />

dass das <strong>Cartell</strong> das Jubiläumsjahr dazu<br />

genutzt hat, seine ursprünglich in den<br />

Hauzensteiner Beschlüssen formulierten<br />

Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Ziele in der „Frankfurter Erklärung”<br />

neu zur Sprache zu bringen.<br />

Angestoßen von der von-Ketteler-Gilde<br />

Frankfurt ist aus den intensiven Diskussionen<br />

auf der Kapitelsitzung in Frankfurt, f<strong>und</strong>ierten<br />

Stellungnahmen einer ganzen Reihe von<br />

Fre<strong>und</strong>eskreisen <strong>und</strong> einer fruchtbaren Debatte<br />

des Kapitels auf Schloss Hauzenstein bei<br />

Regensburg ein Text entstanden, der in Treue<br />

zum ursprünglichen Anliegen den seither eingetretenen<br />

Veränderungen in Kirche <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

Rechnung trägt. Ich hoffe, dass diese<br />

Erklärung das Profil des <strong>Cartell</strong>s schärft, den<br />

Zusammenhalt festigt <strong>und</strong> den Fre<strong>und</strong>eskreisen<br />

Impulse für ihr weiteres Wirken gibt.<br />

So wünsche ich am Ende dieses ereignisreichen<br />

<strong>und</strong> häufig aufregenden Jahres<br />

2009 Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest<br />

<strong>und</strong> ein glückliches Jahr 2010.<br />

Möge der Herr Sie <strong>und</strong> Ihre <strong>Liebe</strong>n schützen<br />

<strong>und</strong> begleiten auf Ihren Wegen <strong>und</strong> bei Ihnen<br />

sein in frohen wie in dunklen St<strong>und</strong>en.<br />

Ihr<br />

Hans-Jürgen van Schewick<br />

Kapitelvorsitzer<br />

Inhalt<br />

Unterwegs:<br />

Blick zurück nach vorn ............................... 2<br />

Herbstkapitel in Regensburg:<br />

Am Ort der Reichstage ............................... 4<br />

Brücken bauen ............................................ 8<br />

Kultur der Verantwortung .......................... 11<br />

Frankfurter Erklärung ................................. 12<br />

Das Geschehen in den Gilden:<br />

Berlin: Club Berlin<br />

Wir trauern um Fre<strong>und</strong> Franz-Stephan Fritsch 14<br />

Impressum .................................................... 15<br />

Bremen: Ansgar-Gilde<br />

Wir trauern um Fre<strong>und</strong> Hans Paul Erling ...... 16<br />

Dortm<strong>und</strong>: Michael-Gilde/<br />

Paderborn: Meinwerk-Gilde<br />

Dortm<strong>und</strong>er Besuch in Paderborn ............... 16<br />

Düsseldorf: Lambertus-Gilde<br />

Vorschau auf <strong>Cartell</strong>versammlung 2010 ........ 17<br />

Frankfurt: von-Ketteler-Gilde<br />

60 Jahre von-Ketteler-Gilde .......................... 19<br />

Gründung der Fre<strong>und</strong>eskreise ...................... 24<br />

Heilbronn: Club Cornelia<br />

Christen sollen sich einmischen .................... 25<br />

Nürnberg: Gesellschaft St. Sebald<br />

Kirche heute: Aufbruch im Umbruch ............ 26<br />

St. Sebald begrüßt drei neue Mitglieder........ 33<br />

Wichtig für Handybesitzer: Nummer............. 33<br />

Paderborn: Meinwerk-Gilde<br />

Ehrung für Fre<strong>und</strong> Joseph Vögele ................. 34<br />

Recklinghausen: Petrus-Gilde<br />

Bericht 2009 ................................................. 34<br />

Sonstiges:<br />

Hohes Spendenaufkommen trotz Krise ..... 38<br />

Einladung zur Rom-Reise ........................... 39<br />

Herbstkapitel in Regensburg ..................... 40<br />

Titelseite:<br />

Festgottesdienst in der Stiftsbasilika<br />

Unserer <strong>Liebe</strong>n Frau zur Alten Kapelle.<br />

Zelebrant: Fre<strong>und</strong> Bischof Franz Eder.<br />

Herbstkapitel 2011: 14.–15. Nov.<br />

Kaiser-Heinrich-Gilde<br />

Bamberg<br />

2 3


Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Rede von Oberbürgermeister Hans Schaidinger anlässlich des 60-jährigen Bestehens des<br />

<strong>Cartell</strong>s <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> am 24. Oktober 2009 im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses<br />

Am Ort der Reichstage<br />

Regensburgs Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart bietet uns mannigfaltige Zeugnisse von<br />

Menschen <strong>und</strong> Ereignissen, die vom Ringen um religiöse Standpunkte in bewegten<br />

Zeiten künden, denn Gesellschaft <strong>und</strong> Politik unseres Kulturkreises sind ohne den<br />

Fixpunkt Religion <strong>und</strong> ihre ethische Kraft nicht zu denken.<br />

Die Stadt Regensburg <strong>und</strong> dieser<br />

Reichssaal sind bis zum Ende des Immerwährenden<br />

Reichstags 1806 oft genug<br />

glanzvolle Bühne dafür gewesen.<br />

Der Reichstag, der ab 1663 als Gesandtenkongress<br />

bis zum Ende des alten<br />

Reiches 1806 permanent in Regensburg<br />

getagt hat, war ja so etwas wie ein<br />

erstes europäisches Parlament.<br />

Dabei wird geflissentlich vergessen,<br />

dass der Reichstag das höchst komplizierte<br />

Geflecht der im Westfälischen<br />

Frieden 1648 ausgehandelten Machtbalance<br />

in der Mitte Europas mit Leben<br />

erfüllt <strong>und</strong> den Menschen über lange<br />

Zeit einigermaßen friedliche Verhältnisse<br />

beschert hat.<br />

Toleranz musste damals geübt werden<br />

in der evangelischen Reichsstadt<br />

Regensburg. Dazu verpflichtete schon<br />

die starke Stellung der katholischen Elemente<br />

mit Bischof <strong>und</strong> Klöstern innerhalb<br />

der Stadtmauern.<br />

Kurfürstenkollegium, Reichsfürstenrat<br />

<strong>und</strong> Reichsstädtekollegium tagten getrennt.<br />

Für ein Reichsgesetz aber waren<br />

übereinstimmende Beschlüsse notwendig.<br />

Nur in Religionsfragen galt ein abweichendes<br />

Verfahren. Man trennte sich<br />

über die Stände hinweg in einen Corpus<br />

evangelicorum <strong>und</strong> einen Corpus catholicorum.<br />

Sie können sich vorstellen, dass es<br />

bei den oft widerstreitenden Interessen<br />

Zeit <strong>und</strong> viel Geduld gekostet hat, bis ein<br />

Reichsgesetz über Steuern, Heerzüge<br />

oder territoriale Abgrenzungen unter<br />

Dach <strong>und</strong> Fach war.<br />

Hier in diesem Saal wurde auch am<br />

25. Februar 1803 der Reichsdeputationshauptschluss<br />

verkündet, mit dem das<br />

Reich kurz vor seinem Ende territorial,<br />

staats- <strong>und</strong> kirchenrechtlich neu gestaltet<br />

worden ist. Eine schwierige Geburt,<br />

oft genug unter erheblichen Schmerzen.<br />

Fast alle geistlichen Fürstentümer<br />

wurden dabei aufgelöst. Unter den ganz<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

wenigen Ausnahmen, denen dieses<br />

Schicksal erspart blieb, war auch Regensburg.<br />

Hier herrschte der Kurerzkanzler<br />

Carl von Dalberg, der auch das Erzbischofsamt<br />

inne hatte. Dalberg war es<br />

auch, der mit der Unterzeichnung der<br />

Rheinb<strong>und</strong>akte 1806 dem Reich den<br />

Todesstoß versetzt <strong>und</strong> so den Kaiser<br />

zum Abdanken genötigt hat.<br />

Ich erwähne diese historischen Ereignisse<br />

mit ihren handelnden Personen,<br />

um auf das religiöse Moment im<br />

Auf <strong>und</strong> Ab der Geschichte zu verweisen.<br />

Wie stellte doch Romano Guardini<br />

in seinen R<strong>und</strong>funkansprachen in den<br />

50er Jahren des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

unter dem Motto „Der Glaube in<br />

unserer Zeit” fest – <strong>und</strong> zwar gültig für<br />

Vergangenheit, Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft:<br />

„Der Schöpfer hat den Menschen<br />

seine Welt in die Hände gegeben, dass<br />

er in ihr lebe, sein Werk vollbringe <strong>und</strong><br />

das Reich Gottes baue.”<br />

Guardini spricht damit die Verantwortung<br />

eines jeden von uns an. Genau<br />

das ist auch das zentrale Anliegen Ihres<br />

<strong>Cartell</strong>s Pater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>. Man muss<br />

die Gegebenheiten, die wir vorfinden,<br />

annehmen <strong>und</strong> sich bemühen, etwas<br />

Besseres daraus zu machen.<br />

Beispielhaft nennt der Regensburger<br />

Kirchenhistoriker Karl Hausberger<br />

die vom Reichsdeputationshauptschluss<br />

1803 ausgelöste Säkularisation nicht nur<br />

als Ursprung großer materieller Probleme<br />

für die Kirchen <strong>und</strong> Klöster. Diese<br />

spezifische „Entweltlichung” sei auf lange<br />

Sicht auch ein Gewinn für die<br />

katholische Kirche gewesen. Fruchtbare<br />

Kräfte für eine gr<strong>und</strong>legende Erneuerung<br />

aus religiös-kirchlichen Wurzeln<br />

seien freigesetzt worden.<br />

Hier darf natürlich eine Regensburger<br />

Persönlichkeit nicht unerwähnt<br />

bleiben, die wie kaum eine zweite den<br />

Auftrag der Religion erfüllt hat, sich in<br />

die Angelegenheit der Welt einzumischen.<br />

Es ist der Regensburger Bischof<br />

Johann Michael Sailer.<br />

Der Jesuitenzögling empfing 1822<br />

im Regensburger Dom die Bischofsweihe.<br />

Als Lehrer des Kronprinzen Ludwig<br />

in Landshut hatte Sailer großen<br />

Einfluss auf den späteren bayerischen<br />

König Ludwig I. Sailer hat über den<br />

König wesentlichen Anteil daran, dass<br />

Bayern wieder ein christkatholisches<br />

Land werden konnte <strong>und</strong> nach den Exzessen<br />

eines Montgelas wieder Klöster<br />

in Bayern gegründet beziehungsweise<br />

revitalisiert wurden.<br />

Als einer der Protagonisten des religiösen<br />

Wiedererwachens in Bayern gelangte<br />

Sailer gar in den Ruf eines bayerischen<br />

„Kirchenvaters”.<br />

Am Ende des 19. <strong>und</strong> zu Beginn des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts waren es verdiente<br />

Regensburger Bürger wie die Verleger<br />

Josef Habbel, Heinrich Held <strong>und</strong> Friedrich<br />

Pustet, die sich als Christen ihrer<br />

Zeit in das politische <strong>und</strong> soziale Leben<br />

einmischten <strong>und</strong> dem politischen Katholizismus<br />

in Bayern charakteristische<br />

Züge verliehen haben.<br />

→<br />

4 5


Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Christliches Zeugnis abzulegen in<br />

der Welt, welcher Name wäre da eher<br />

zu nennen als der Pater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>s.<br />

<strong>Mayer</strong> hat nach dem Ersten Weltkrieg<br />

zur gesellschaftlichen Erneuerung<br />

aufgerufen <strong>und</strong> schon früh vor der<br />

braunen Gefahr gewarnt. Er erklärte<br />

noch nach der Machtübernahme Hitlers,<br />

dass ein Katholik kein Nationalsozialist<br />

sein könne. Pater <strong>Rupert</strong><br />

<strong>Mayer</strong> büßte mit Gefängnis <strong>und</strong> KZ-<br />

Haft für seine aufrechte Haltung.<br />

Christlichen Werten in der Gesellschaft<br />

mehr Geltung verschaffen: In diesem<br />

Sinn verpflichten Sie sich in Ihrem<br />

<strong>Cartell</strong> dem Beispiel Pater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>s.<br />

Sie wollen ein klares Bekenntnis zu<br />

Ihrem Glauben ablegen <strong>und</strong> katholische<br />

Positionen in Wirtschaft, Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Politik sichtbar werden lassen. Sie<br />

wollen damit aber nicht im Widerspruch<br />

zu einer demokratisch verfassten<br />

Gesellschaft stehen. Im Gegenteil,<br />

denn wir brauchen christliche Haltun-<br />

Aufmerksame Zuhörer<br />

im historischem Umfeld<br />

bei der Rede des<br />

Oberbürgermeisters<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

gen, um den Herausforderungen unserer<br />

Zeit begegnen <strong>und</strong> damit die Demokratie<br />

erhalten zu können.<br />

Denn auch wir haben uns zu bewähren.<br />

Das Neue in der Problemstellung,<br />

der wir uns gegenüber sehen, ist<br />

freilich, dass wir nicht nur für unser unmittelbares<br />

Umfeld in Stadt <strong>und</strong> Land<br />

Zukunftsperspektiven eröffnen müssen.<br />

Wir stehen auch vor Schwierigkeiten im<br />

globalen Maßstab. Kompetenz, Zuversicht<br />

<strong>und</strong> Tatkraft sind ohne Zweifel<br />

vonnöten, um diesen Schwierigkeiten<br />

begegnen zu können. Doch etwas darf<br />

dabei nicht fehlen: Der Glaube.<br />

„Alles wanket, wo der Glaube fehlt”,<br />

hat Friedrich von Schiller einmal festgestellt.<br />

Ihr Jahresmotto lautet: „Du führst<br />

uns hinaus in die Welt.” Und dort draußen<br />

in der Welt benötigen wir einen<br />

vom Glauben gefestigten Weltethos, den<br />

der Theologe Hans Küng schon vor zwei<br />

Jahrzehnten angemahnt hat.<br />

Küng stellt klar: „Der Mensch kann<br />

nicht durch immer mehr Gesetze <strong>und</strong><br />

Vorschriften verbessert werden. Reglementierungen<br />

sind noch keine Orientierungen.<br />

Gesetze sind noch keine Sitten.<br />

Auch das Recht braucht ein moralisches<br />

F<strong>und</strong>ament. Die ethische Akzeptanz der<br />

Gesetze ist Voraussetzung jeglicher Kultur.”<br />

In diesem Sinn haben wir Ihre Arbeit,<br />

die Sie im <strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong><br />

leisten, nötig.<br />

Engagieren Sie sich weiter in Ihren<br />

Kirchengemeinden, in Ihren Städten <strong>und</strong><br />

überall dort, wo Menschen benötigt wer-<br />

Hans Schaidinger,<br />

Oberbürgermeister von Regensburg<br />

den, um der öffentlichen Sache zum<br />

Erfolg zu verhelfen. Ich wünsche Ihnen,<br />

ich wünsche dem <strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong><br />

alles Gute.<br />

Wir sind Ihnen auch dankbar, dass<br />

Sie Ihr Herbstkapitel in Regensburg abhalten.<br />

Sie bereichern uns damit. Und<br />

Regensburg ist unbestritten erste Wahl<br />

für dieses Herbstkapitel, weil das <strong>Cartell</strong><br />

<strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> im Jahr 1949 ganz in<br />

der Nähe unserer Stadt, auf Schloss<br />

Hauzenstein, gegründet worden ist.<br />

Dass Sie sich in diesem Wintersemester<br />

besonders um junge Menschen<br />

kümmern werden, ist ein Segen für jede<br />

Stadt <strong>und</strong> ihre Menschen – also auch<br />

für uns hier in Regensburg.<br />

6 7


Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Brücken bauen<br />

Bericht über das Herbstkapitel 2009 Regensburg/Hauzenstein<br />

Brücken bauen – das Motto des<br />

Herbstkapitels , wie es in der Einladung<br />

hieß, „in der Stadt mit einer der ältesten<br />

Steinbrücken Europas”. Ebenso galt<br />

auch das für eine große zeitliche<br />

„Brücke” zwischen 1949 <strong>und</strong> 2009: vor<br />

genau 60 Jahren wurde das <strong>Cartell</strong><br />

<strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> auf Schloss Hauzenstein<br />

nahe Regensburg gegründet<br />

An eben dieser Stätte fand am 24.<br />

Oktober 2009 die Stellvertreter- <strong>und</strong><br />

Kapitelsitzung statt. Eingangs gedachten<br />

die Kapitel-Teilnehmer der seit der<br />

letzten Kapitelsizung verstorbenen Mitglieder.<br />

P. Rainer Klostermann OP. bezog<br />

die vor 60 Jahren an der Gründung des<br />

<strong>Cartell</strong>s beteiligten Mitglieder in das Gedenken<br />

ein.<br />

Kapitelvorsitzer Hans-Jürgen van<br />

Schewick dankte eingangs besonders der<br />

Hausherrin, <strong>Cartell</strong>fre<strong>und</strong>in Gräfin von<br />

Walderdorff, für ihre Gastfre<strong>und</strong>schaft<br />

am historischen Ort der <strong>Cartell</strong>gründung.<br />

Eine besondere Bedeutung gewann die<br />

Zusammenkunft in Hauzenstein durch<br />

die beabsichtigte Verabschiedung der<br />

Erklärung über Ziele <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze<br />

des <strong>Cartell</strong>s – die „Frankfurter Erkärung”<br />

(s. dazu auch Seite 12 dieses Hefts). Das<br />

Protokoll der <strong>Cartell</strong>versammlung in<br />

Frankfurt wurde ebenso akzeptiert wie<br />

die vorgeschlagene Tagesordnung von<br />

Hauzenstein.<br />

Fre<strong>und</strong> Franz-Josef Mosblech hatte<br />

zum Herbstkapitel keine neue Mitgliederstatistik<br />

vorgelegt – erfahrungsgemäß<br />

gibt es im Spätherbst vor allem dank<br />

der Dezember-Neuaufnahmen noch viele<br />

Änderungen, so dass die Zahlen sich bis<br />

zum Jahresende noch verändern.<br />

Erfreuliches gab es über die Zusammenarbeit<br />

vieler Gilden zu berichten, die<br />

sich mit gegenseitiger Übersendung der<br />

Einladungen unterstützen. So wird die<br />

Information über interessante Themen<br />

<strong>und</strong> die dafür verantwortlichen Referentinnen<br />

<strong>und</strong> Referenten zum Nutzen<br />

aller verbreitet. Ebenso hat sich bewährt,<br />

mögliche Aufnahmekandidaten als Referenten<br />

einzuladen. Die von Fre<strong>und</strong> Claus<br />

E. Blach initiierte Arbeitsgruppe zum<br />

Thema ”Gewinnung neuer – insbesondere<br />

jüngerer – Mitglieder” hat sich bewährt<br />

<strong>und</strong> wird sich nach dem allgemeinem<br />

Ende des Herbstkapitels in Regensburg<br />

zusammensetzen. Große Beachtung<br />

in der Öffentlichkeit findet<br />

auch der Internet-Auftritt des <strong>Cartell</strong>s.<br />

Fre<strong>und</strong> Arnd Brechmann erhält regelmäßig<br />

Anfragen von Interessenten, die<br />

er an den jeweiligen Fre<strong>und</strong>eskreise<br />

weiterleitet.<br />

Fre<strong>und</strong> Christian Hartmann, an der<br />

Teilnahme verhindert, hatte einen<br />

schriftlichen Bericht über die Vermögenssituation<br />

vorgelegt. Ihm ist zu →<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Die <strong>Cartell</strong>versammlung bot Gelegenheit zu vielen Gesprächen (oben) –<br />

die „Frankfurter Erkärung” wird einstimmig verabschiedet (unten)<br />

8 9


Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Auch Detailfragen des <strong>Cartell</strong>s werden geklärt<br />

entnehmen, dass das Vermögen bis<br />

zum Jahresende 2009 gegenüber dem<br />

31.12.2008 eine moderate Steigerung<br />

erfährt. Vorsorglich werden für die <strong>Rupert</strong>-<strong>Mayer</strong>-Lectures<br />

<strong>und</strong> die Herstellung<br />

des nächsten Migliederverzeichnisses<br />

entsprechende Rückstellungen erforderlich.<br />

Bis auf einen Fre<strong>und</strong>eskreis haben<br />

alle ihren Beitrag geleistet, auch eine<br />

Gilde, die schon seit längerem im Rückstand<br />

war.<br />

Fre<strong>und</strong> Klemens Martin wies darauf<br />

hin, dass es Unklarheiten über die Kosten<br />

gibt, die durch die Teilnahme von<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen an <strong>Cartell</strong>versammlungen<br />

<strong>und</strong> Herbstkapiteln<br />

entstehen. Auf Vorschlag von Fre<strong>und</strong><br />

Horst-Dieter Mennigmann wurde einstimmig<br />

beschlossen, ab sofort für Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche keine Beiträge mehr<br />

zu erheben. Die Kosten trägt das <strong>Cartell</strong>.<br />

Fre<strong>und</strong> Eberhard Hennecke berichtete<br />

über das geplante Programm der<br />

<strong>Cartell</strong>versammlung in Düsseldorf vom<br />

4. bis 6. Juni 2010, die unter dem Motto<br />

„Der Geist weht, wo Gott es will” stehen.<br />

Der Kapitelvorsitzer bat die Organisatoren,<br />

genügend Zeit für die Kapitelsitzung<br />

einzuplanen. Näheres zur <strong>Cartell</strong>versammlung<br />

gibt es auf Seite 17<br />

dieser CRM Mitteilungen. Das Herbstkapitel<br />

2010 findet vom 19. bis 20. November<br />

statt. Gastgeber wird dieses Mal<br />

der Gordian-Kreis Leipzig sein, wo der<br />

Vorsitzende, Fre<strong>und</strong> Jan Weiß, sich schon<br />

erste Gedanken zum Ablauf macht.<br />

Die <strong>Cartell</strong>versammlung 2011 wird<br />

in Hamburg stattfinden – mit Beginn<br />

am 2. Juni <strong>und</strong> Schwerpunkt am Freitag,<br />

3. Juni. Sowohl die Zelebranten als<br />

auch die nötigen Räume sind bereits<br />

auf den genannten Termin hin gesichert.<br />

In diesem Zusammenhang wurde innerhalb<br />

der Versammlung auch eine mögliche<br />

Verlegung zukünftiger <strong>Cartell</strong>versammlungen<br />

auf die Zeit von Freitagnachmittag<br />

bis Sonntag diskutiert, ohne<br />

dass es zu einem Beschluss kam. Fre<strong>und</strong><br />

Josef Däullary von der Thomas-Gilde<br />

stellte die Pläne für das Treffen vor.<br />

Fre<strong>und</strong> Claus E. Blach führte in den<br />

aktuellen Stand der Erörterungen zur<br />

„Frankfurter Erklärung” ein. Nach ausgiebiger<br />

Diskussion wird die endgültige<br />

Fassung durch einstimmigen Beschluss<br />

verabschiedet.<br />

Die Themen „Entwicklung der Fre<strong>und</strong>eskreise”<br />

<strong>und</strong> „gruppenübergreifende<br />

Aktivitäten” (Forum Internet, <strong>Rupert</strong><br />

<strong>Mayer</strong> Lectures) wurden aus Zeitgründen<br />

nicht mehr behandelt.<br />

UvS/e.h<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Kultur der Verantwortung<br />

Alois Glück, Landtagspräsident a.D., hielt<br />

im Historischen Reichssaal eine engagierte <strong>und</strong><br />

in die Zukunft weisende Festrede. Glück betonte,<br />

dass den Menschen in den letzten 60<br />

Jahren, seit der Gründung der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland, viel zugewachsen ist an Möglichkeiten,<br />

aber auch besondere Herausforderungen<br />

entstanden sind: Die Auflösung der<br />

Aufteilung der Welt in die Blöcke Ost <strong>und</strong><br />

West, der Kulturschock des 11. September, der<br />

Siegeszug der Informationstechnologie, die<br />

Finanzkrise mit ihren globalen Wechselwirkungen.<br />

Insbesondere mit Letzterem war – so<br />

Glück – der Zusammenbruch der Vorstellung<br />

verb<strong>und</strong>en, dass Markt <strong>und</strong> Wettbewerb aus<br />

sich selbst heraus gerechte Ordnungen schaf- Alois Glück, Landtagspräsident a.D.<br />

fen. Vielmehr „werden wir die richtigen Entscheidungen<br />

nur treffen, wenn wir nach den tieferen Wurzeln dieser krisenhaften Entwicklung<br />

bohren <strong>und</strong> nach den Wertvorstellungen fragen, die hierzu geführt haben”.<br />

Eine wesentliche Ursache sieht Glück in der „Entkoppelung von Freiheit <strong>und</strong><br />

Verantwortung”. Die notwendigen Veränderungen könne man nicht leisten nur<br />

mit technischen Maßnahmen, sondern nur im Sinne einer Lebenskultur einer ganz<br />

anderen Dimension der Verantwortlichkeit. Es bedürfe vielmehr einer „zukunftsfähigen<br />

Kultur”, deren Ankerpunkte die Würde des Menschen, die Verantwortung<br />

des Einzelnen für sich, aber auch die Mitverantwortlichkeit für das Gemeinwesen,<br />

sowie ein gesellschaftspolitisches Leitbild einer solidarischen Leistungsgesellschaft<br />

sind. Religion habe hierbei, nicht erst seit der Finanzkrise einen neuen Stellenwert.<br />

Notwendig sei ein zeitgemäßer christlicher Lebensstil, eine Sozialkultur im Sinne<br />

eines Miteinanders, die weit mehr sei als der organisierte Sozialstaat. Es bedarf<br />

„Menschen, die mit diesen Überzeugungen bereit sind, sich in einer offenen Gesellschaft<br />

mit allen damit verb<strong>und</strong>enen Facetten, Konflikten <strong>und</strong> Anstrengungen<br />

in dieses Engagement zu begeben”.<br />

Gerd Lederer<br />

P.S.: Es ist geplant, die vollständige Rede im März-Heft der „Mitteilungen” zu veröffentlichen.<br />

10 11


Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Frankfurter Erklärung verabschiedet<br />

Auf der Herbst-Kapitelsitzung im Oktober 2009 in Regensburg/Schloss Hauzenstein wurde die sogenannte<br />

Frankfurter Erklärung verabschiedet.<br />

<br />

Der Entwurf dieser Erklärung, der auf der <strong>Cartell</strong>versammlung im Mai 2009 in Frankfurt am Main<br />

erstmals präsentiert wurde <strong>und</strong> der die Ziele <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze des <strong>Cartell</strong>s <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> neu zum Ausdruck<br />

bringt, wurde intensiv in vielen Fre<strong>und</strong>eskreisen vor der endgültigen Verabschiedung diskutiert.<br />

Diese Gr<strong>und</strong>sätze sind der Leitfaden für unser Wirken in den Fre<strong>und</strong>eskreisen <strong>und</strong> im <strong>Cartell</strong> <strong>und</strong> es<br />

wird empfohlen sich mit ihnen in den einzelnen Gruppen des <strong>Cartell</strong>s kritisch auseinander zu setzen.<br />

Frankfurter Erklärung des <strong>Cartell</strong>s <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong><br />

Das Ende des Zweiten Weltkrieges <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en das Ende der Herrschaft<br />

des Nationalsozialismus war nicht nur ein Zusammenbruch, sondern vielmehr ein<br />

Neuanfang in Staat <strong>und</strong> Gesellschaft. Im Jahr 1949 wurde das Gr<strong>und</strong>gesetz der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland verabschiedet. Wie kaum eine andere Verfassung auf<br />

der Welt schreibt sie christliche Gr<strong>und</strong>werte als unverbrüchliche Gr<strong>und</strong>lage unserer<br />

Gesellschaft fest.<br />

Im gleichen Jahr 1949, also vor 60 Jahren, schlossen sich 4 Fre<strong>und</strong>eskreise engagierter<br />

katholischer Persönlichkeiten aus Frankfurt am Main (von-Ketteler Gilde),<br />

Regensburg (CL Albertus Magnus), Hamburg (Thomas-Gilde) <strong>und</strong> München (CL <strong>Rupert</strong><br />

<strong>Mayer</strong>) zu einem Verband zusammen, der seit 1954 den Namen „<strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong><br />

<strong>Mayer</strong>” trägt. Das <strong>Cartell</strong>, das heute 34 Fre<strong>und</strong>eskreise aus Deutschland <strong>und</strong> der<br />

Schweiz umfasst, trägt den Namen des im Jahr 1987 an seinem Wirkungsort<br />

München seliggesprochenen Jesuitenpaters <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> (1876 – 1945), der in der<br />

Zeit des Nationalsozialismus in beispielhafter Weise christlichen Geist gelebt <strong>und</strong> in<br />

der Öffentlichkeit vertreten hat.<br />

Anlässlich dieser Jubiläen <strong>und</strong> der in diesem Jahr (2009) in Frankfurt am Main<br />

<strong>und</strong> Regensburg stattfindenden festlichen Versammlungen bekräftigen die Fre<strong>und</strong>eskreise<br />

im <strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> ihre Ziele <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze:<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

1. Bewusste Gestaltung des eigenen Lebens aus dem Glauben<br />

der katholischen Kirche<br />

2. Glauben gemeinsam leben <strong>und</strong> gegenseitige Stärkung<br />

durch Gebet <strong>und</strong> Feier der Eucharistie<br />

3. Glaubensinhalte für unsere Zeit erschließen<br />

4. Stärkere Betonung christlicher Werte in unserer Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Verdeutlichung ihrer positiven Wirkkraft für die Welt<br />

5. Qualifizierte Leistung in Beruf <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

6. Pflege der Fre<strong>und</strong>schaft untereinander<br />

7. Förderung sozialer <strong>und</strong> caritativer Aktivitäten<br />

aus christlicher Verantwortung<br />

8. Auseinandersetzung mit aktuellen politischen, kirchlichen,<br />

sozialen <strong>und</strong> ökologischen Themen<br />

9. Bemühen um Überwindung der konfessionellen Spaltung<br />

<strong>und</strong> Kennenlernen anderer Religionen<br />

10. Respekt vor der Würde eines jeden Menschen <strong>und</strong><br />

seinem Leben in allen Phasen<br />

<br />

Wir wollen uns mit unseren christlichen Wertvorstellungen bei der geistigen Ausrichtung<br />

unserer pluralistischen Gesellschaft aktiv einbringen. Zur Unterstützung sind<br />

Führungskräfte <strong>und</strong> Verantwortliche gesellschaftlicher Gruppen aus unterschiedlichen<br />

Berufen zur Mitgliedschaft eingeladen.<br />

Frankfurt am Main, 21. Mai 2009<br />

Regensburg/Schloss Hauzenstein, 24. Oktober 2009<br />

12 13


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Das Geschehen in den Gilden<br />

Berlin: Club Berlin<br />

Wir trauern um Fre<strong>und</strong> Franz-Stephan Fritsch (1931 – 2009)<br />

Unser lieber Fre<strong>und</strong> Franz-Stephan Fritsch ist tot. Er starb 78-jährig völlig unerwartet<br />

am 29. Oktober in Tabarz im Eichsfeld. Noch am 21. Oktober hatte er eine<br />

Veranstaltung unseres Clubs besucht, kritisch diskutierend wie immer. Er war dann<br />

ins Altmühltal gefahren, wo er sein Ferienhaus winterfest gemacht hatte, <strong>und</strong> auf<br />

dem Heimweg nach Berlin besuchte er seinen alten priesterlichen Fre<strong>und</strong> in<br />

Tabarz. Dieser berichtete in seiner Predigt beim Requiem, sie hätten sich – im<br />

wörtlichsten Sinne – über Gott <strong>und</strong> die Welt unterhalten. Es ging um die Probleme<br />

von Schuld <strong>und</strong> Gnade, um die Verantwortung der Menchen vor Gott, für die Mitmenschen<br />

<strong>und</strong> für sich selbst, <strong>und</strong> unmittelbar darauf ist unser Fre<strong>und</strong> zusammengebrochen<br />

<strong>und</strong> gestorben ...<br />

Stephan Fritsch war ein gebürtiger Berliner mit schlesischen Wurzeln. Einen<br />

Teil seiner Schulzeit verbrachte er des Bombenkriegs wegen im Eichsfeld, wo er<br />

auch das Abitur machte. Er studierte in Berlin <strong>und</strong> München, wo er auch seine<br />

Frau Maria kennenlernte, Chemie, Biologie <strong>und</strong> Erdk<strong>und</strong>e.<br />

Seine berufliche Laufbahn begann Stephan am Berliner Jesuitengymnasium,<br />

dem Canisius-Kolleg. Dort habe ich ihn 1962 als junger Referendar kennengelernt,<br />

<strong>und</strong> damals begann unsere Fre<strong>und</strong>schaft.<br />

Was war Stephan Fritsch für ein Mensch? Schwerpunkte seines Denkens <strong>und</strong><br />

seines Handelns waren sein Glauben <strong>und</strong> sein Beruf, <strong>und</strong> natürlich seine Familie.<br />

So vertrat er mehr als 20 Jahre die Kirche von Berlin im Landesschulbeirat <strong>und</strong><br />

gehörte dem Diözesanrat an. Nach mehreren Jahren am Canisius-Kolleg, wo er<br />

maßgeblich die naturwissenschaftlichen Sammlungen aufbaute, wechselte er an<br />

das Lilienthal-Gymnasium, wo er bald Fachbereichsleiter <strong>und</strong> als Studiendirektor<br />

stellvertretender Schulleiter wurde. In seinen letzten Berufsjahren leitete er kommissarisch<br />

seine Schule. Kollegen <strong>und</strong> Schüler schätzten seine Fachkompetenz,<br />

sein Pflichtgefühl <strong>und</strong> seine Fürsorglichkeit, wo immer sie notwendig war. Er<br />

strahlte Verlässlichkeit <strong>und</strong> Autorität aus – nicht nur wegen seiner Größe.<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Aber Stephan Fritsch war viel mehr als<br />

ein flüchtiger, anerkannter Schulmann. Er<br />

war, lange vor grünen Moden, ein konsequenter<br />

Naturfre<strong>und</strong>. Ein dreivierteljähriges<br />

Forstpraktikum vor dem Beginn seines<br />

Studiums bestärkten seine <strong>Liebe</strong> zu Wald<br />

<strong>und</strong> Flur. Schon als Junge sang er im<br />

Knabenchor der St. Hedwigskathedrale<br />

unter dem legendären Karl Forster, trat<br />

sogar in kleinen Rollen in der deutschen<br />

Staatsoper auf <strong>und</strong> wirkte dann, aus Thüringen<br />

nach Berlin zurückgekehrt, mit seinem<br />

starken Bass über drei Jahrzehnte im<br />

Kathedralchor mit. Konzertreisen führten<br />

ihn in viele Länder, mit den Berliner Philharmonikern<br />

sogar zweimal nach Japan.<br />

Neben diesem vielfältigen Engagement<br />

fand er noch Zeit für ganz andere Aktivitäten:<br />

er war Mitglied der DLRG, erwarb<br />

das Goldene Tanzsportabzeichen <strong>und</strong> mehrfach<br />

das Goldene Sportabzeichen.<br />

Aber all das hat ihm zuallererst seine<br />

Frau Maria ermöglicht, sie hielt ihm immer<br />

„den Rücken frei”. Ihr Tod vor einem<br />

Jahr hat ihn sehr hart getroffen. War sie<br />

doch die Seele eines überaus gastfre<strong>und</strong>lichen<br />

Hauses <strong>und</strong> der Mittelpunkt der<br />

Familie: drei Töchter <strong>und</strong> sieben Enkel<br />

waren beider Freude.<br />

Wir im Club Berlin haben allen Gr<strong>und</strong><br />

unserem toten Fre<strong>und</strong> Franz-Stephan<br />

Fritsch ein ehrendes christliches Gedenken<br />

zu widmen. Er möge ruhen in Frieden, <strong>und</strong><br />

das ewige Licht leuchte ihm.<br />

Peter Fahrun<br />

Impressum <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Herausgeber der CRM Mitteilungen:<br />

Eduard Helldörfer<br />

Nürnberger Straße 116, 90762 Fürth<br />

Telefon: (09 11) 70 58 31<br />

Telefax: (09 11) 70 58 03<br />

E-Mail: eduard.helldoerfer.fuerth@t-online.de<br />

Fotos:<br />

Gerd Lederer:<br />

Titel, Seiten 7, 9, 10, 11, 27, 40<br />

Privat:<br />

Seiten 2, 6, 17, 18, 33, 34<br />

Layout:<br />

Harald Eibl<br />

Buchenweg 22, 90592 Schwarzenbruck<br />

E-Mail: info@grafik-design-eibl.de<br />

Internet: www.grafik-design-eibl.de<br />

CRM Adressverwaltung:<br />

Franz-Josef Mosblech<br />

Kastanienstr. 11, 44289 Dortm<strong>und</strong><br />

Telefon: (0 23 04) 4 36 86<br />

Telefax: (0 23 04) 46 75 86<br />

E-Mail: fjmosblech@online.de<br />

<strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>:<br />

Internet: www.cartell-rupert-mayer.de<br />

Arnd Brechmann<br />

E-Mail: Arnd.Brechmann@sparkasse-essen.de<br />

Tel.: (0201) 60 54 37, Mobil: (0171) 4 93 90 97<br />

Die CRM Mitteilungen erscheinen viermal<br />

jährlich. Der Bezugspreis des Hefts ist im<br />

Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Redaktionsschluss für die<br />

März-Ausgabe 2010:<br />

Freitag, 19. Februar 2010<br />

Herstellung:<br />

Druckerei Hans Ott, Plauen<br />

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Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Bremen: Ansgar-Gilde<br />

Wir trauern um Fre<strong>und</strong> Hans Paul Erling<br />

Mitte Juli erreichte die Ansgar-Gilde Bremen die traurige Nachricht, dass ihr<br />

langjähriger Fre<strong>und</strong> Hans P. Erling am 14. Juli 2009 zum ewigen Vater heimgeholt<br />

wurde.<br />

Fre<strong>und</strong> Erling gehörte mit zur ersten Generation der Ansgar-Gilde. Er erwarb<br />

sich in Bremen als bekennender Katholik große Verdienste, vor allem durch seinen<br />

Einsatz im Verein für das St.-Joseph-Stift, dem er mit seinem Bruder, beide<br />

Besitzer der Roland-Mühle, jahrzehntelang angehörte <strong>und</strong> wo er den Umbau des<br />

Stifts zu einer modernen Klinik begleitete. Vor allem aber sprang er immer wieder<br />

in der Katholischen Gemeinde zu Bremen als Sponsor ein, wie sein Vater <strong>und</strong><br />

seine Mutter es ihm vorgemacht hatten.<br />

So sorgte er beispielsweise in der St.-Josef-Kirche für die Kreuzigungsgruppe<br />

hinter dem Altar, in St. Ursula für die Heilige Ursula <strong>und</strong> sein Haus, Gut Hohenkamp,<br />

beherbergte jahrzehntelang eine Kapelle als Filiale der St.-Josef-Gemeinde.<br />

Er ruhe in Frieden! Er selbst war ein Fre<strong>und</strong> des Lateins <strong>und</strong> der Alten Liturgie.<br />

Die Ansgar-Gilde wird ihn in guter Erinnerung behalten.<br />

Wilhelm Tacke<br />

Dortm<strong>und</strong>: Michael-Gilde<br />

Paderborn: Meinwerk-Gilde<br />

Dortm<strong>und</strong>er Besuch in Paderborn<br />

Bischof Meinwerk, Namensgeber der Paderborner Gilde, war von großer Bedeutung<br />

für das Erzbistum. Er ist im Jahr 1009 zum Bischof ernannt worden <strong>und</strong> hat mit<br />

seinem Wirken die Stadt geprägt. Anlässlich der tausendsten Wiederkehr dieses Ereignisses<br />

ist eine beachtliche Ausstellung zum Leben dieses Mannes in Paderborn eingerichtet<br />

worden. Ende Oktober sind Damen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e der Michael-Gilde aus Dortm<strong>und</strong><br />

angereist, um gemeinsam mit den Paderborner Damen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en diese<br />

Ausstellung zu besuchen. Der Leiter des Diözesanmuseums, Prof. Stiegemann, hat<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

persönlich die Gruppe geführt. Abgeschlossen wurde der Tag mit einem gemeinsamen<br />

Abendessen im Liborianum. Einige Unverdrossene krönten den Tag mit einer<br />

R<strong>und</strong>e im Ratskeller.<br />

Martin Henn<br />

Düsseldorf: Lambertus-Gilde<br />

Vorschau auf die <strong>Cartell</strong>versammlung 2010<br />

in Düsseldorf<br />

Rheinblick mit Kirche St. Lambertus,<br />

Schloßturm <strong>und</strong> Turm der Maxkirche.<br />

Die <strong>Cartell</strong>versammlung findet in der Zeit von Freitag, dem 4. 6. 2010<br />

bis Sonntag, dem 6. 6. 2010 in Düsseldorf statt.<br />

Die Vorbereitungen befinden sich auf gutem Weg. Die Veranstaltungsorte sind<br />

gebucht <strong>und</strong> müssen mit Leben erfüllt werden. Die <strong>Cartell</strong>versammlung soll in<br />

Anlehnung an das Pfingstfest unter dem Motto stehen:<br />

„Der Geist weht, wo er will”.<br />

Nach diesem Geist fragen auch heute viele Menschen, ja heute erst recht, vor<br />

allem in Glaubens- <strong>und</strong> Lebenskrisen. Wir wollen uns öffnen für die Kraft der<br />

Erneuerung, unabhängig von unserem Alter.<br />

→<br />

16 17


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Die <strong>Cartell</strong>versammlung beginnt am Freitag um 18 Uhr mit einer Vesper in der<br />

St. Lambertuskirche in der Altstadt. Zelebrant ist Stadtdechant Monsignore Fre<strong>und</strong><br />

Steinhäuser. Nach der Vesper treffen wir uns 100 m weiter zum Begrüßungsabend<br />

in der Traditionsgaststätte „Goldener Ring” am Burgplatz.<br />

Der Samstag beginnt um 9 Uhr mit dem Morgenlob in der barocken Maxkirche.<br />

Zelebrant wird Fre<strong>und</strong> Prälat Dr. Vogt, Leiter des katholischen Büros, sein.<br />

Um 10 Uhr ist ein Empfang im historischen Rathaus der Stadt mit OB Elbers<br />

vorgesehen. Danach können alle Teilnehmer über die Zeit bis zum Mittagessen frei<br />

verfügen.<br />

Ab 13 Uhr gibt es ein Mittagessen im<br />

Maxhaus (Klosterhof), dem neuen Begegnungszentrum<br />

der katholischen Kirche in<br />

Düsseldorf. Zeitgleich mit den Führungen<br />

beginnt die Kapitelsitzung für Delegierte im<br />

Maxhaus.<br />

Ab 14.30 Uhr beginnen die Führungen<br />

in der Altstadt, im Medienhafen <strong>und</strong> den<br />

Museen.<br />

Um 19 Uhr ist der Festabend in der<br />

Rheinterrasse, einem der schönsten Plätze<br />

in Düsseldorf.<br />

Der Sonntag beginnt um 10 Uhr mit dem Gottesdienst in der Maxkirche. Zelebrant<br />

ist wieder Fre<strong>und</strong> Steinhäuser. Der Maxchor singt die missa brevis solemnis.<br />

Er wird begleitet von den Düsseldorfer Symphonikern.<br />

Um 11.30 Uhr ist der Vortrag im Maxhaus. Als Festredner vorgesehen ist Dr.<br />

Stefan Kiechle SJ. Das Thema muss noch besprochen werden. Fre<strong>und</strong> Dr. Haupt<br />

will „Macht <strong>und</strong> Christentum” vorschlagen.<br />

<strong>Liebe</strong> Fre<strong>und</strong>e, wir laden herzlich zur <strong>Cartell</strong>versammlung nach<br />

Düsseldorf ein.<br />

Düsseldorf ist nicht nur eine moderne Stadt, sondern auch eine liebenswerte<br />

alte Residenzstadt. Nach allen Untersuchungen bekommt die Landeshauptstadt<br />

beim Städteranking beste Noten. Die Veranstaltungsorte liegen in der Nähe der<br />

Rheinpromenade <strong>und</strong> sind zu Fuß erreichbar.<br />

Ich hoffe, dass auch die <strong>Cartell</strong>versammlung ein Erlebnis besonderer Art wird.<br />

Eberhard Hennecke<br />

Innenansicht der Kirche St. Lambertus<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Frankfurt: von-Ketteler-Gilde<br />

60 Jahre von-Ketteler-Gilde<br />

Der Anfang im Rückblick <strong>und</strong> ein Überblick<br />

Meine Damen <strong>und</strong> Herren, liebe <strong>Fre<strong>und</strong>innen</strong> <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e,<br />

sehr geehrte Jubiläumsgesellschaft,<br />

die heutige „von-Ketteler-Gilde” wurde am 10. Sept. 1949 unter dem Namen „Christliche<br />

Loge von Ketteler” gegründet – zu einer Zeit also, die weitaus verschieden war von<br />

der heutigen, in der aber auch bereits unser Gr<strong>und</strong>gesetz formuliert werden <strong>und</strong> in Kraft<br />

treten konnte. Ich möchte Ihnen daher heute, ziemlich genau 60 Jahre nach der Gründung,<br />

mit einigen wenigen Fakten <strong>und</strong> Gedanken die damalige Situation vor Augen<br />

führen, aus der heraus es zur Gründung unseres Fre<strong>und</strong>eskreises kam. In der Zeit unmittelbar<br />

nach dem 2. Weltkrieg war die Befindlichkeit der Menschen in unserem Lande<br />

geprägt, um nur einige Stichworte zu nennen, von materieller <strong>und</strong> geistiger Not, von<br />

Hunger <strong>und</strong> Obdachlosigkeit, von Trauer um verlorene <strong>und</strong> bange Frage nach vermissten<br />

Familienangehörigen.<br />

Zu einer solchen Aufzählung gehört aber auch die Sorge sicherlich vieler, dass in<br />

dem vorherrschenden geistigen <strong>und</strong> politischen Vakuum Bestrebungen erleichtert Platz<br />

greifen könnten, die, um zielstrebig auf den Kern dieses Rückblicks zu kommen, aus<br />

katholischer Sicht nicht wünschenswert gewesen wären – unter anderem „Linkslastigkeit”<br />

<strong>und</strong>, über die Besatzungsmächte, die Ideen der Freimaurerlogen. Mit anderen Worten:<br />

man hatte, geschult durch bittere Erfahrungen in jener unseligen Zeit neuester<br />

deutscher Geschichte – <strong>und</strong> dem geistigen Vakuum <strong>und</strong> dem Chaos der Ruinenwelt in den<br />

ersten Jahren danach – einzusehen gelernt, dass es um mehr ging als um den Wiederaufbau<br />

eines verwüsteten Landes <strong>und</strong> die Errichtung persönlicher <strong>und</strong> beruflicher Existenz<br />

– nämlich um die geistige <strong>und</strong> religiös-moralische Erneuerung <strong>und</strong> Festigung einer<br />

orientierungslos gewordenen Gesellschaft nach den Wertmaßstäben des Christentums.<br />

Und man war der Überzeugung, dass es nach dem Terror des „Dritten Reiches” um<br />

einer menschenwürdigen Zukunft willen unabdingbar war, dass sich Kirche, zumal über<br />

ihre Mitglieder, auf dem Hintergr<strong>und</strong> katholischer Soziallehre in Fragen der Gestaltung<br />

von Gesellschaft <strong>und</strong> Politik einmischen muss. Dazu gehörte auch <strong>und</strong> nicht zuletzt,<br />

Menschen mit den Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Anforderungen einer demokratischen Gesellschaft<br />

vertraut zu machen.<br />

→<br />

18 19


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Das erforderte im Bereich unserer Kirche unter anderem den Einsatz von überzeugten<br />

Persönlichkeiten, die – außer ihrem guten Willen – auch über angemessene Qualitäten<br />

verfügten: seien es geistige Fähigkeiten, berufliche Stellung, gesellschaftlicher<br />

Einfluss, materielle Möglichkeiten. Solches aber konnte nicht die Aufgabe von „Einzelkämpfern”<br />

sein; Gemeinschaft, deren Gr<strong>und</strong>lage das persönliche Vertrauen ihrer Mitglieder<br />

zueinander ist, war gefragt. Anders gesagt: Das Ziel konnte nur in der Gemeinschaft<br />

– aber als Aufgabe des Einzelnen, der sich ihm aus religiöser Überzeugung verpflichtet<br />

wusste – verfolgt werden.<br />

Und so war es denn Leo Benz in München, der eine Reihe solcher Gleichgesinnter<br />

um sich sammelte – Männer, die in Zusammenarbeit Hilfe beim Aufbau im weitesten<br />

Sinne leisten wollten. Diese sahen sehr bald, dass das, was sie tun wollten – nämlich<br />

sich mit dem hohen Anspruch der Kirche zu identifizieren, gemäß Rerum novarum<br />

„Lebensprinzip der menschlichen Gesellschaft” zu sein – der Gesinnung in mittelalterlichen<br />

Dombauhütten oder „Logen” ähnlich war. Deren Mitglieder, die Bauleute, pflegten<br />

eine Gesinnung, die ihrem Werk, nämlich die Errichtung des „Zeltes Gottes unter<br />

den Menschen”, entsprach. Aus ihr schöpften sie die Kraft zu höchster fachlicher<br />

Leistung, <strong>und</strong> als christliche Bauleute waren sie um den Geist harmonischer<br />

Zusammenarbeit bis hin zu brüderlicher Hilfe untereinander bemüht.<br />

Das Modell der Logen, zeitgerecht verstanden <strong>und</strong> gestaltet, schien nach Geist <strong>und</strong><br />

Form einen gangbaren Weg in <strong>und</strong> aus schwerer Zeit zu weisen. So gab es sich, dass die<br />

erste Gruppierung den Namen 'Christliche Loge' annahm. Ihre Gründung mit anfänglich<br />

16 Mitgliedern fand bereits 1946 (an Mariae Himmelfahrt) in München statt. In dem bei<br />

dieser Gelegenheit verabschiedeten „Gründungs-Statut” heißt es im ersten Absatz: „Die<br />

Christliche Loge hat zum Ziel, die Ordnung, die sich aus dem Naturrecht ergibt, <strong>und</strong> die<br />

Forderungen, die aus der Heiligen Schrift <strong>und</strong> der kirchlichen Tradition folgen, in der<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> im sozialen Gefüge der Menschheit überhaupt durchzuführen. Diese<br />

Gr<strong>und</strong>sätze sind insbesondere in der Enzyklika Leos XIII. 'Rerum novarum' <strong>und</strong> der<br />

Enzyklika Pius XI. 'Quadragesimo anno' niedergelegt.” Leider haben sich bereits zu einer<br />

Zeit noch vor der Gründung die bis dahin beteiligten evangelischen Christen aus dem<br />

Vorhaben zurückgezogen, weil ihnen Formulierungen in den geplanten Statuten zu sehr<br />

vom Geist eben jener päpstlichen Enzykliken geprägt zu sein schienen.<br />

Dass es so bald nach dem Krieg trotz, oder, wie gleich zu sehen sein wird, wegen der<br />

Entscheidungsbefugnis der Besatzungsmächte über die Gründung von Vereinen, Parteien<br />

<strong>und</strong> Medien zu einer solchen Gründung kommen konnte, ist zwei glücklichen<br />

„Umständen” zu verdanken: zum einen war Leo Benz Schweizer <strong>und</strong> engagiert gewesen<br />

im Widerstand <strong>und</strong> damit „unverdächtig”; zum anderen war eine „Loge” der Besatzungsmacht,<br />

nämlich den Amerikanern in München, natürlich ebenfalls „unverdächtig”.<br />

So konnte die Lizenz ohne besondere Schwierigkeiten erteilt werden.<br />

20<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Ortswechsel nach Frankfurt. Hier leitete ab demselben Jahr, nämlich 1946, Pater<br />

Ludger Born SJ den Wiederaufbau der Hochschule St. Georgen. Während dieser Zeit<br />

konnte Pater Born zu zwei Personen folgenreiche Kontakte knüpfen, nämlich über Pater<br />

v. Nell-Breuning SJ zu Herrn v. Engelberg, Vorstandsvorsitzender der Dyckerhoff AG,<br />

Präsident des B<strong>und</strong>esverbandes der deutschen Industrie etc. <strong>und</strong> über Pater <strong>Rupert</strong><br />

<strong>Mayer</strong> SJ zu dessen Weggefährten im Widerstand, dem bereits erwähnten Leo Benz. So<br />

nimmt es denn letztlich nicht weiter W<strong>und</strong>er, dass die Idee einer „Christlichen Loge”<br />

auch nach Frankfurt getragen wurde – eine Idee, die von Herrn v. Engelberg sogleich<br />

aufgegriffen <strong>und</strong> weitergetragen wurde.<br />

Zu einem ersten mit Datum belegten Treffen, das mit dem Ziel der Gründung einer<br />

„Christlichen Loge” in Frankfurt befasst war, kam es am 5. Nov. 1948. Beteiligt waren<br />

die Herren v. Engelberg (Wiesbaden), Geißler (Aschaffenburg), Jacobs, Stenger <strong>und</strong> Weil<br />

(alle Frankfurt) <strong>und</strong> Pater Born, den man bat, die Leitung zu übernehmen. Und man traf<br />

sich nunmehr regelmäßig jeden zweiten <strong>und</strong> vierten Dienstag eines Monats – was in<br />

Frankfurt Tradition bis auf den heutigen Tag geblieben ist mit der kleinen Abänderung<br />

„letzter Dienstag” im Monat. Bei diesen Treffen wurden Referate gehalten zu damals,<br />

wie natürlich auch heute noch, 'brennenden Themen': die soziale Lage in Deutschland,<br />

soziale Enzykliken, Steuermoral, Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer, Wohnungsbau<br />

etc. Dass man aber auch die praktische Seite einer „Loge” – im mittelalterlichen Sinne<br />

– nicht unbeachtet gelassen hatte, möge an nur einem Beispiel aufgezeigt sein: die<br />

Initiative zum Bau eines Kindergartens in der Goldstein-Siedlung <strong>und</strong> dessen fast vollständige<br />

Finanzierung.<br />

Noch im selben Jahr, <strong>und</strong> zwar am 16. Dez. 1948 kam es zu einem direkten Gespräch<br />

mit Leo Benz, der sich mit dem Plan trug, seine Lizenz auf die gesamte US-Zone auszudehnen.<br />

Daher wurden die Frankfurter Herren einfachheitshalber zunächst Mitglieder<br />

der CL in München. Es wurde auch ein finanzieller Beitrag vorgesehen, der, wie es heißt,<br />

absichtlich nicht zu niedrig gewählt wurde: 25,- Mark.<br />

Ähnliche Entwicklungen wie in München <strong>und</strong> Frankfurt gab es noch in Hamburg<br />

<strong>und</strong> Regensburg. So wie solcher örtliche Zusammenschluss die Intensionen des Einzelnen<br />

stärke, so sagte man sich, sollte ein Überörtlicher zu darüber hinausgehender Stärkung<br />

führen, <strong>und</strong> so schlossen sich die vier Gruppen bei einem Treffen ihrer Bevollmächtigten<br />

vom 8.-10. Juli 1949 auf dem dem Reichsgrafen Walderdorf gehörenden<br />

Schloß Hauzenstein nahe Regensburg zum „<strong>Cartell</strong> der Christlichen Logen Deutschlands”<br />

zusammen (1954 wurde der Name geändert in „<strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>”). Die<br />

Absichten, die zu dem Treffen geführt haben, sind in den sogenannten „Notizen über<br />

den I. Konvent der Christlichen Logen Deutschlands” <strong>und</strong> die Ergebnisse in den sogenannten<br />

„Hauzensteiner Beschlüssen” festgehalten. Beide zu lesen ist ob der darin zum<br />

Ausdruck kommenden Weitsichtigkeit <strong>und</strong> Klugheit <strong>und</strong> des prägend gewesenen <strong>und</strong> →<br />

21


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

auch gebliebenen Charakters ein Genuss. Die erste Kapitelsitzung fand am 24. <strong>und</strong> 25.<br />

Nov. 1949 in Regensburg statt. Die formalrechtliche Gründung der faktisch bestehenden<br />

Christlichen Loge in Frankfurt, mit einer Hl. Messe in St. Ignatius <strong>und</strong> einer Sitzung im<br />

„Haus der Länder” in Königstein, fand am 10. Sept. 1949 statt; die Zahl der Mitglieder<br />

betrug bereits mehr als 30!<br />

Damals war es üblich, bei der Namensgebung auf bedeutsame Persönlichkeiten zurückzugreifen,<br />

die in der jeweiligen Gegend tätig waren; so gab man sich den Namen „C.<br />

L. von Ketteler”. So programmatisch anfänglich die Bezeichnung „Loge” gemeint war<br />

<strong>und</strong> eigentlich auch heute noch den Kern der Idee widerspiegelt – später wurde sie von<br />

vielen als Belastung empf<strong>und</strong>en, weil sie insbesondere bei Außenstehende Assoziationen<br />

mit Geheimbündelei <strong>und</strong> ähnlichem hervorrief, woran möglicherweise auch die eine oder<br />

andere Neuaufnahme gescheitert ist. Daher wurde 1997 der Name geändert in „von-<br />

Ketteler-Gilde”.<br />

Von den etlichen zweifelsfrei bedeutsamen Frankfurter „Männern der ersten St<strong>und</strong>e”<br />

seien außer den bereits genannten wegen ihrer Hinwendung zu St. Georgen zwei weitere<br />

Namen erwähnt: die Herren Hamacher <strong>und</strong> Schindling. Herr Hamacher war Geschäftsführer<br />

der Trümmerverwertungsgesellschaft Frankfurt, in welcher Eigenschaft es ihm<br />

möglich war, für den Aufbau der Hochschule St. Georgen bevorzugt Steine zur Verfügung<br />

zu stellen. Und: Auf Veranlassung von Herrn Schindling (VDO), der selbst einen<br />

namhaften Betrag zum Aufbau von St. Georgen hinzugegeben hatte, wurde der Hochschule<br />

von der CL in Frankfurt ein Kreuz gespendet, das symbolisch dargestellt hat<br />

Christus als „Herr zwischen Himmel <strong>und</strong> Erde”. Außerdem war Herr Schindling einflussreicher<br />

Förderer der „Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie <strong>und</strong> Wissenschaft”,<br />

<strong>und</strong> auf sein Verlangen hin fanden (im schwarzen Anzug!) die Veranstaltungen der CL<br />

dort statt <strong>und</strong> tun es noch heute.<br />

An dieser Stelle ein Wort zu den Veranstaltungen überhaupt. Ihre Zahl für die 60<br />

Jahre des Bestehens beläuft sich auf weit über 1000. Bei etwa einem Viertel von diesen<br />

handelt es sich um andere als Vortragsveranstaltungen wie z. B. Reisen, Museumsbesuche,<br />

Adventsbesinnungen, Einkehrtage, Gesellschaftsabende usw. Und von den<br />

Vortragsveranstaltungen sind etwa ein Viertel aus den eigenen Reihen bestritten worden.<br />

Die Ausstrahlungen der Frankfurter CL bereits in den ersten Jahren in Form von<br />

Gründungen anderer Institutionen sollen nur noch stichwortartig dokumentiert werden:<br />

„Frankfurter Sozialschule”, eine Arbeitsgemeinschaft der Bistümer Fulda, Limburg <strong>und</strong><br />

Speyer. Sie wurde 1950 gegründet als Nachfolgerin der „Sozialen Arbeitsgemeinschaft<br />

der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen”, <strong>und</strong> sie existiert noch heute.<br />

Einem Tätigkeitsbericht ist zu entnehmen, dass bereits 1955 10 Lehrgänge in Frankfurt,<br />

3 in Heppenheim <strong>und</strong> 2 in Fulda stattfanden mit insgesamt 375 Teilnehmern.<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

„Christliche Gesellschaft für Kultur”. Sie existierte bis 1970. „Kultur- <strong>und</strong> Theatergemeinde”,<br />

die sogar Einfluss auf den Spielplan nehmen konnte.<br />

„Bauorden”. Pater Wehrenfried trat ehedem an die CL in Frankfurt <strong>und</strong> an die Kapitelsitzung<br />

in Kloster Eberbach heran, in Deutschland eine Gruppe zu initiieren. Es kam<br />

schließlich zur Gründung der Gemeinnützigen Bauorden GmbH; Geschäftsführer wurde<br />

Fre<strong>und</strong> Kröger, dem Aufsichtsrat gehörten die Fre<strong>und</strong>e Grabowski (Buderus Wetzlar) <strong>und</strong><br />

RA Schmitt, Fulda an.<br />

Außerdem wurden, auch bereits in frühen Jahren, von Frankfurt aus weitere gleichgesinnte<br />

Gruppen gegründet, wobei hier nicht unterschieden werden soll, inwieweit eine<br />

Gründung dem Engagement eines einzelnen Fre<strong>und</strong>es oder mehrerer zu verdanken ist:<br />

• Michael-Gilde in Dortm<strong>und</strong> 1950;<br />

• Club Union in Mannheim/Ludwigshafen 1951;<br />

• Club Fulda in Fulda 1952 (1987 aufgelöst);<br />

• CL Petrus Canisius in Mainz/Wiesbaden 1952 (von dieser wurde die CL Rhabanus<br />

Maurus im Rheingau 1953 gegründet; später wurden beide unter dem Namen<br />

letzterer zusammengelegt);<br />

• Lambertus-Gilde in Düsseldorf 1953;<br />

• Gilde St. Johann in Saarbrücken 1960;<br />

• Dahlberg-Kreis in Erfurt 1994 (Ende 2007 aufgelöst).<br />

Wenngleich auch nicht allen diesen auf Frankfurter Initiative hin gegründeten<br />

Fre<strong>und</strong>eskreise auf Dauer Bestand beschieden war, so sind damit zunächst doch von<br />

Frankfurt aus die meisten Neugründungen eingeleitet worden.<br />

Um diesen Rückblick mit zwei kühnen Bögen bis in die Jetztzeit zu beenden, seien<br />

letztlich aufgeführt die Vorsitzenden, nämlich Pater Born SJ, v. Engelberg, Jacobs,<br />

Hamacher, Stenzel, Barz, Vogel, Matschke, Rieger, Ley, Beckermann, Ratjen, Beckermann,<br />

der, dem Sie die Ehre gaben, aufmerksam zuzuhören, Blach <strong>und</strong> schließlich<br />

Ganowsky; <strong>und</strong> als Geistliche Beiräte die Jesuiten-Patres Born, Determann, Hirschmann,<br />

Schmitz, Kunz <strong>und</strong> nunmehr Schuster.<br />

Soweit dieser Rückblick. Das Material dafür aus eigenem Vermögen zusammenzutragen,<br />

wäre mir kaum möglich gewesen. Glücklicherweise aber konnte ich auf detaillierte<br />

Aufzeichnungen von Fre<strong>und</strong> Vogel sen. zurückgreifen, die er mir mündlich durch<br />

zahlreiche Kommentare angereichert hat. Ihm sei dafür auch an dieser Stelle sehr herzlich<br />

gedankt.<br />

Prof. Dr. Horst-Dieter Mennigmann<br />

22 23


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Gründung der Fre<strong>und</strong>eskreise<br />

Paten Datum Gründung<br />

# 21. 12. 1921 Berlin [16. 11. 1951]<br />

Berlin 16. 04. 1926 Münster [Anfang 1950er Jahre]<br />

# 15. 08. 1946 München<br />

# 07. 03. 1949 Hamburg<br />

# 10. 09. 1949 Frankfurt<br />

München 01. 07. 1949 Regensburg<br />

München xx. xx. 1949 Nürnberg [Anfang 1950er Jahre]<br />

Frankfurt 20. 11. 1950 Dortm<strong>und</strong><br />

München 13. 01. 1951 Bamberg<br />

Hamburg 01. 07. 1951 Lübeck<br />

Frankfurt 05. 07. 1951 Mannheim/Ludwigshafen<br />

??? 15. 11. 1951 Bonn<br />

Frankfurt 01. 08. 1952 Mainz/Wiesbaden (– 30. 09. 1994)<br />

Frankfurt xx. xx. 1952 Fulda (– 01. 07. 1987)<br />

Frankfurt 20. 04. 1953 Düsseldorf<br />

Bonn 14. 09. 1953 Köln<br />

Dortm<strong>und</strong> 13. 04. 1953 Essen<br />

Mainz/Wiesbaden 18. 10. 1953 Rheingau/Mainz<br />

Hamburg 28. 09. 1953 Bremen<br />

Dortm<strong>und</strong> 02. 04. 1954 Duisburg<br />

Dortm<strong>und</strong> 13. 12. 1955 Recklinghausen<br />

Mannheim/Ludw. 18. 11. 1959 Heilbronn<br />

Frankfurt 21. 03. 1960 Saarbrücken<br />

Nürnberg 18. 12. 1961 Würzburg<br />

Hamburg 18. 03. 1962 Osnabrück<br />

Dortm<strong>und</strong> 08. 04. 1964 Bochum<br />

Bochum 16. 10. 1979 Gelsenkirchen<br />

Heilbronn 11. 05. 1980 Stuttgart<br />

Regensburg 16. 03. 1981 Passau<br />

Stuttgart 22. 10. 1983 Basel<br />

Regensburg 15. 04. 1991 Weimar<br />

Frankfurt 13. 01. 1994 Erfurt (– 31. 12. 2007)<br />

Köln 15. 05. 1996 Aachen<br />

Mannheim/Ludw. 24. 08. 1996 Dresden<br />

Dortm<strong>und</strong> 12. 12. 1997 Paderborn<br />

Rheingau 01. 09. 2000 Mainz/Wiesbaden<br />

Berlin+Regensburg 17. 04. 2002 Leipzig<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Unter dem Begriff „Paten” sind die Namen von Orten genannt, in denen der jeweilige Fre<strong>und</strong>eskreis<br />

angesiedelt ist, der Pate gestanden hat für die Gründung eines neuen Fre<strong>und</strong>eskreises. In manchen<br />

Fällen ist diese Gründung jedoch fast ausschließlich dem Engagement einer Einzelperson aus dem<br />

genannten Kreis zu verdanken; in anderen geht die Gründung auf eine Aufteilung eines bestehenden<br />

Kreises zurück. Der Übersichtlichkeit dienend wurden diese Unterscheidungen in der Tabelle nicht vermerkt.<br />

– In eckiger Klammer Datum des Beitritts zum <strong>Cartell</strong>. – # markiert die Gründer des <strong>Cartell</strong>s.<br />

Horst-Dieter Mennigmann<br />

Heilbronn: Club Cornelia<br />

Christen sollen sich einmischen<br />

Mit einem Festakt <strong>und</strong> einem Vortrag von B<strong>und</strong>esverfassungsrichter Ferdinand<br />

Kirchhof feierte dieser Tage der Heilbronner Club Cornelia im <strong>Cartell</strong> <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong><br />

sein 50-jähriges Bestehen im Katholischen Bildungszentrum St. Kilian.<br />

1959 hatte sich der Club engagierter katholischer Laien in enger Verbindung<br />

zum Kloster Bad Wimpfen gegründet. Einer der Gründerväter des Clubs, der sich<br />

nach der im 2. Jahrh<strong>und</strong>ert in der Gegend stationierten römischen Kohorte Cornelia<br />

benannte, war der damalige Abt des Benediktinerklosters Grüssau Dr. Albert Schmitt,<br />

wie Vorsitzender Reinhold Stahl in seiner Begrüßung erläuterte. Stahl <strong>und</strong> Erste<br />

Bürgermeisterin Margarete Krug als Vertreterin der Stadt wiesen in ihren Grußworten<br />

darauf hin, dass angesichts einer globalisierten <strong>und</strong> zunehmend technologisierten<br />

Welt, die Ziele des Clubs, sich mit christlichen Wertvorstellungen in den öffentlichen<br />

Diskurs einzubringen, heute so aktuell wie vor 50 Jahren seien, zumal<br />

Christen nicht darauf verzichten könnten, sich in die Politik einzumischen, wie Krug<br />

Papst Johannes Paul II zitierte. <strong>Cartell</strong>vorsitzer Hans-Jürgen van Schewick, ehemaliger<br />

B<strong>und</strong>esverwaltungsrichter, überbrachte die Glückwünsche der 33 b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Gilden <strong>und</strong> Clubs des <strong>Cartell</strong>s, benannt nach dem Jesuitenpater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>.<br />

Auf Vermittlung seines Studienfre<strong>und</strong>es, des Heilbronner Rechtsanwalts<br />

Dr. Steffen Vollmar, zeigte B<strong>und</strong>esverfassungsrichter Professor Dr. Ferdinand<br />

Kirchhof „Wege <strong>und</strong> Irrwege aus der Finanzkrise”.<br />

Vier Hauptursachen der Krise machte der renommierte Finanz- <strong>und</strong> Steuerrechtler<br />

aus. Zum einen die Globalisierung der Finanzwelt mit der Problematik,<br />

dass nicht jeder Handelspartner den selben Regeln, etwa denen des ehrbaren Kaufmanns,<br />

verpflichtet ist. Zum anderen die Elektronisierung <strong>und</strong> Anonymisierung →<br />

24 25


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

der Finanztransaktionen, die im Falle der KfW-Bank für die Überweisung von<br />

Millionen an die bereits bankrotten Lehmann Brothers mitverantwortlich war. Als<br />

dritte Ursache die personelle Trennung von Eigentum <strong>und</strong> Leitung von Unternehmen,<br />

denn „ein Eigentümer ist auf langfristigen Erfolg” aus, während ein in der Regel befristeter<br />

Manager ohne eigenes Kapitalrisiko ausschließlich kurzfristig erfolgreich<br />

sein wolle. Den vierten Krisengr<strong>und</strong> sah Kirchhof in der Abkoppelung von Finanzgeschäften<br />

von der Realwirtschaft, die zu ungehemmter Zockerei geführt habe.<br />

Während sich weder die Uhr der Globalisierung noch die der Elektronisierung<br />

der Finanzwelt zurückdrehen lasse, sei die Zeit des Parlaments jetzt gekommen:<br />

„Die St<strong>und</strong>e der Exekutive ist vorbei, jetzt brauchen wir mutige Entscheidungen<br />

des Parlaments”, sagte Kirchhof, da es gelte nach dem Flächenbrand nun die „großen<br />

Löschwasserschäden zu beseitigen.” Das solle schnell geschehen, denn wie<br />

B<strong>und</strong>espräsident Horst Köhler gesagt habe, „das schlechte Gewissen der Banker<br />

geht schnell vorbei.”<br />

Umrahmt wurde die Jubiläumsfeier von Carmen Ehlert am Klavier <strong>und</strong> Megan<br />

Williams an der Sopranflöte.<br />

Dr. Anton-Philipp Knittel<br />

Nürnberg: Gesellschaft St. Sebald<br />

Prof. Dr. Dr. Michael N. Ebertz aus Konstanz ist Mitglied des ZdK, Prorektor der Katholischen Fachhochschule<br />

Freiburg <strong>und</strong> Privatdozent für Soziologie an der Universität Konstanz. Sein aktueller Forschungsschwerpunkt<br />

liegt in der Religionssoziologie.<br />

Nach seiner Meinung befindet sich die katholische Kirche Deutschlands in einer Umbruchphase. Einer<br />

stetig sinkenden Zahl von Priestern steht eine immer höhere Zahl von Kirchenaustritten gegenüber. Wird<br />

es der katholischen Kirche Deutschlands gelingen, aus der Krise gestärkt hervorzugehen?<br />

Kirche heute: Aufbruch im Umbruch<br />

Folgt man den Angaben des Päpstlichen Jahrbuchs von 2008, dann ist die Zahl<br />

der Katholikinnen <strong>und</strong> Katholiken zwischen 2005 <strong>und</strong> 2006 weltweit um 1,4 Prozent<br />

auf 1,13 Milliarden gewachsen. Demnach leben fast die Hälfte von ihnen in<br />

Nord- <strong>und</strong> Südamerika, gut 10 Prozent in Asien <strong>und</strong> etwa ein Viertel in Europa.<br />

Die 25 684 890 Mitglieder der römisch-katholischen Kirche in Deutschland (2006),<br />

von der im Folgenden die Rede ist, stellen demnach 2,3 Prozent der Katholiken in<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

aller Welt. Die deutschen Katholiken,<br />

deren Repräsentanten sich manchmal –<br />

<strong>und</strong> nicht erst seitdem einer der ihren als<br />

Benedikt XVI. Papst wurde – für den Nabel<br />

der römisch-katholischen Weltkirche<br />

halten, sind für diese in vielerlei Hinsicht<br />

nicht typisch, <strong>und</strong> auch das – auch auf<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> eines bestimmten Staats-<br />

Kirche-Verhältnisses – von ihnen unterhaltene<br />

Gefüge von Organisationen <strong>und</strong><br />

Einrichtungen hat im Vergleich mit den<br />

Formen kirchlicher Präsenz in anderen<br />

europäischen Ländern seine Eigentümlichkeiten.<br />

Eine schrumpfende Kirche<br />

Im Unterschied zum weltweiten Wachstum<br />

derer, die sich der römisch-katholi- Prof. Dr. Dr. Ebertz<br />

schen Kirche zurechnen (lassen), ist die<br />

Anzahl der Katholiken in Deutschland – ähnlich wie in Europa insgesamt – in den<br />

letzten Jahren gesunken. Die Kirchenaustrittszahlen waren zwar seit 2004 wieder<br />

rückläufig <strong>und</strong> unter das Spitzenniveau sogar der 1980er Jahre gefallen, doch sind<br />

sie inzwischen (2008) wieder nach oben geschnellt. Inzwischen hat sich die<br />

Gesamtzahl der katholischen Kirchenmitglieder seit Beginn der 1990er Jahre von<br />

28 252 Mio. um 2,7 Mio. verringert. Das ist immerhin ein Schw<strong>und</strong> von gut 9<br />

Prozent <strong>und</strong> entspricht der mehr als fünffachen Einwohnerzahl von Nürnberg.<br />

Noch drastischer lässt sich sagen: Innerhalb von gut 15 Jahren hat die katholische<br />

Kirche in Deutschland eine Schrumpfung erfahren, welche die Mitgliedergröße<br />

des Erzbistums Köln (2,2 Mio.) oder des Erzbistums Freiburg (2,1 Mio.) übersteigt,<br />

also der beiden größten der 27 Diözesen in Deutschland. Immer mehr<br />

Katholiken werden bestattet als durch Taufe in die Kirche aufgenommen, obwohl<br />

– trotz einer gewissen Neigung zum Taufaufschub (über des 6. Lebensjahr hinaus)<br />

– eine nennenswerte Rückentwicklung der Bereitschaft der Eltern, ihr Kind zur<br />

Taufe zu bringen, dann nicht zu beobachten ist, wenn wenigstens ein Elternteil<br />

katholisch ist. Neben diesem demographischen Faktor gehen die meisten ‚Abschmelzungen’<br />

damit auf Mitgliedschaftsentscheidungen zurück, d. h. es treten<br />

mehr Menschen aus der Kirche aus, als durch Eintritte aus anderen religiösen<br />

Gemeinschaften oder durch Wiederaufnahme von ehemals ausgetretenen Personen<br />

hinzukommen. Da unter den aus der Kirche Austretenden vermehrt junge Er- →<br />

26 27


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

wachsene sind, die Zahl der Geburten zurück geht <strong>und</strong> mehr Kirchenmitglieder<br />

sterben als durch Taufe hinzugewonnen werden, kann auf eine wachsende „Überalterung<br />

des Mitgliederbestands” <strong>und</strong> darüber auf eine „Beschleunigung des Mitgliederschw<strong>und</strong>s”<br />

geschlossen werden, der freilich auch für die evangelischen<br />

Kirchen gilt. 1 Je weiter man in den Norden <strong>und</strong> Osten der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

gelangt, umso unwahrscheinlicher wird es, einem Katholiken zu begegnen,<br />

<strong>und</strong> umso wahrscheinlicher wird es, einen Konfessionslosen zu treffen.<br />

Eine Kirche in fremder Umwelt<br />

In Deutschland zu leben, heißt deshalb, in einer Gesellschaft zu leben, in der die<br />

religiöse Teilung schroffer ist als die Teilung Europas <strong>und</strong> damit alltäglich erlebbar<br />

wird, dass die Integration der Gesellschaft auch ohne Gemeinsamkeit religiöser<br />

Überzeugungen möglich ist. 2 Für den deutschen Katholiken, dessen offizielle<br />

Kirche ja recht klare sozialethische Gestaltungsvorstellungen hat, bedeutet dies,<br />

erst recht, je weiter er im Norden <strong>und</strong> Osten des Landes lebt, permanent wahrnehmen<br />

zu müssen, dass Gesellschaft auch ohne seine Konfession funktionieren<br />

kann <strong>und</strong> muss. Trotz dieser wachsenden Einsicht auch in die Säkularität moderner<br />

gesellschaftlicher Strukturen mutet ihm die deutsche Gesellschaft keineswegs<br />

zu, seine Religion in dem Sinne als Privatsache zu behandeln, als sei es ihm bzw.<br />

ihr verwehrt, öffentlich sichtbar in Erscheinung zu treten, am öffentlichen Diskurs<br />

teilzunehmen oder mit den öffentlichen Institutionen des Staates zu kooperieren,<br />

gar von ihnen unterstützt zu werden. Privatsache ist seine Religion nur insofern,<br />

als angesichts des inzwischen deutlich erkennbaren „Fehlens eines plausiblen <strong>und</strong><br />

allgemein verpflichtenden sozialen Modells für die bleibenden, universalen<br />

menschlichen Transzendenzerfahrungen <strong>und</strong> für die Suche nach einem sinnvollen<br />

Leben” 3 auch dem Katholiken wie jedem anderen ‚Gläubigen’ ein individuelles<br />

Entscheiden in Sachen Religion zugemutet wird.<br />

Eine erodierende Ritualgemeinschaft<br />

In Deutschland zu leben heißt für einen Katholiken aber auch zu erleben, dass<br />

Kirche selbst, zugespitzt gesagt, ohne Gemeinsamkeit religiöser Überzeugungen<br />

<strong>und</strong> Praxis möglich ist. Besonders in Westdeutschland, dort, wo auch die Mehrheit<br />

der Katholiken lebt, zeigt sich ein von Schüben durchsetzter, alles in allem jedoch<br />

relativ kontinuierlich ablaufender normativer lntegrationsschw<strong>und</strong> der kirchlich<br />

verfassten Religion. Zunehmend wird die kirchenrechtlich vorgesehene normative<br />

Integration durch eine soziale Integration überlagert, wenn nicht abgelöst. So gehen<br />

2006 etwa 3,6 Mio. katholische Kirchenmitglieder zum sonntäglichen Gottesdienst,<br />

das sind etwa zwei Mio. weniger als 1992, fast vier Mio. weniger als 1981, vier Mio.<br />

weniger als 1971 <strong>und</strong> acht Mio. weniger als 1966. Immer mehr Katholiken versto-<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

ßen damit hierzulande Sonntag für Sonntag gegen ein zentrales Kirchengebot, das<br />

sie selbst subjektiv möglicherweise gar nicht mehr als eine Norm interpretieren,<br />

obwohl ihre Gültigkeit sogar kirchenrechtlich verankert ist. Damit verliert diese<br />

Norm an faktischer Geltung, an verbindlicher Verbindlichkeit unter den deutschen<br />

Katholiken, <strong>und</strong> viele katholische Kirchenmitglieder folgen einer ganz eigenen, kirchenunabhängigen<br />

Sonntagsdramaturgie. Tendenziell geriet damit jede kirchliche<br />

Maßnahme zu einem ‚Angebot’ – ein Bezeichnung, die auch heute in einigen<br />

innerkirchlichen Kreisen noch nicht akzeptiert ist. Faktisch hat die Mehrheit der<br />

Kirchenmitglieder ihre Einstellung in puncto Sonntagsgottesdienst schon längst<br />

von einer norm- <strong>und</strong> einer überzeugungsbezogenen Grammatik auf eine „erfahrungs<strong>und</strong><br />

erlebnisbezogene ‚Plausibilität’” (Hanns-Werner Eichelberger) umgestellt.<br />

Allerdings ist für die deutschen Katholiken auch belegt, dass nur 12% von<br />

ihnen angeben, nie in die Kirche zu gehen. 4 Dieser Anteil an sogenannten ‚nominellen<br />

Kirchenmitgliedern’ ist geringer als etwa in Frankreich <strong>und</strong> stellt die eindeutige<br />

Minderheit unter den deutschen Katholiken dar. Ihr stehen eine Mehrheit<br />

von sogen. ‚Randmitgliedern’, die nur selten im Jahr zum Gottesdienst gehen<br />

(54%), <strong>und</strong> ein doch immerhin – auch im Vergleich zu den deutschen Protestanten<br />

– beachtliches Drittel von ‚Kernmitgliedern’ gegenüber, die mindestens ein bis<br />

dreimal im Monat am Sonntagsgottesdienst teilnehmen. Auch für die Katholiken<br />

gilt zunehmend, dass sie, wie gesagt, „vermehrt ereignisorientiert statt habituell<br />

<strong>und</strong> normorientiert <strong>und</strong> somit wahlweise am Gottesdienst teilnehmen”. 5 Mit anderen<br />

Worten: Eine situative Integration der Kirchenmitglieder hat die normative<br />

abgelöst. Hierfür spricht auch, dass die Teilnahme an der Ohrenbeichte regelrecht<br />

kollabiert ist <strong>und</strong> selbst an den Beichtstühlen an Wallfahrtsorten rückläufige<br />

Frequentierungen zu verzeichnen sein sollen. Indem sie die mit der Kirchenmitgliedschaft<br />

verb<strong>und</strong>enen Normanweisungen unterläuft, zeigt die deutliche Mehrheit<br />

der katholischen Kirchenmitglieder, dass sie immer weniger bereit oder in der<br />

Lage ist, sich eine bestimmte Rolle im Beziehungsgeflecht der Kirche zuweisen zu<br />

lassen <strong>und</strong> das für ‚Sünde‘ zu halten, was in ihr als Sünde deklariert wird.<br />

Eine schrumpfende Überzeugungsgemeinschaft<br />

Beobachtbar ist tatsächlich nicht nur ein Wachstum an ritueller ‚Devianz‘ der<br />

katholischen Kirchenmitglieder hinsichtlich als zentral definierter Glaubenshandlungen,<br />

welche die Heilsgüter betreffen. Zu nimmt auch die Abweichung im Hinblick<br />

auf kirchlich definierte Heilswahrheiten. Folgt man den jüngsten Ergebnissen des<br />

Religionsmonitors, glauben 20 Prozent der deutschen Katholiken „gar nicht” oder<br />

„wenig” daran, dass es Gott gibt. 6 Der Anteil solcher ‚Agnostiker’ ist freilich unter den<br />

deutschen Protestanten (27%) <strong>und</strong> z. B. unter den französischen Katholiken (24%)<br />

noch höher. Unter den Letzteren finden sich auch keine Mehrheiten mehr, die an- →<br />

28 29


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

geben, „ziemlich” oder „sehr” an die Existenz Gottes zu glauben (ev. D: 42%; kath.<br />

F: 46%). Dies ist (noch) anders bei den deutschen Katholiken, von denen immerhin<br />

knapp zwei Drittel (61%) einen solchen Glauben an die Existenz Gottes habe.<br />

Schaut man genauer hin, wird man allerdings feststellen, dass ihre Gottesvorstellungen<br />

immer weniger eine christliche – etwa personale bzw. theistische – Prägung<br />

haben. Doch unverkennbarer Erosionstendenzen ist das Gottesbild der deutschen<br />

Katholiken weitaus theistischer formatiert als das der französischen Kirchenmitglieder.<br />

Dennoch wird man immer weniger davon ausgehen können, dass die katholische<br />

Kirche in Deutschland durch gemeinsame Glaubensüberzeugungen ihrer Mitglieder<br />

<strong>und</strong> die Befolgung der Ritualnormen charakterisierbar ist. Weder rituelle<br />

Einheit noch Einheit im Glaubensbekenntnis sind die integrierenden Handlungs<strong>und</strong><br />

Orientierungsgr<strong>und</strong>lagen des Sozialgebildes der Kirche. Die Antwort auf die<br />

Sinnfrage suchen <strong>und</strong> finden deutsche Katholiken nicht unbedingt in der Kirche.<br />

Sie suchen weitaus eher Rat in persönlichen Gesprächen mit der Familie, mit<br />

Fre<strong>und</strong>en, Bekannten <strong>und</strong> in Büchern als in kirchlichen Kontakten. 7 Beinahe jeder<br />

dritte deutsche Katholik fühlt sich als Christ, ohne dass ihm die Kirche viel bedeutet,<br />

wenn er sich nicht sogar als religiös definiert, ohne sich als Christ zu fühlen. 8<br />

Was die Katholiken mit den Protestanten, ja mit den Konfessionslosen in Westwie<br />

Ost-Deutschland beinahe bis auf den Prozentpunkt (90 bzw. 89%) verbindet<br />

ist der Konsens in einer autozentrischen, wenn nicht existentialistischen Haltung,<br />

dass das „Leben nur dann einen Sinn hat, wenn man ihm selber einen Sinn gibt”. 9<br />

Eine Kirche mit halb geschlossenem eschatologischen Büro<br />

Dagegen trennen sich die Wege wieder, wenn es um die eschatologische Ausrichtung<br />

des Lebens geht, dass es nämlich „einen Sinn (hat), weil es nach dem Tod noch<br />

etwas gibt”. Diese Aussage wird von mehr als jedem zweiten deutschen Katholiken<br />

(54%), aber nur von jedem dritten deutschen Protestanten (35%) mit Zustimmung<br />

versehen. Dass man diese Aussage nicht ausschließlich eschatologisch interpretieren<br />

muss, zeigt sich bereits darin, dass diese Mehrheit auch unter den befragten<br />

Katholiken in Deutschland abschmilzt, wenn präziser der Glaube an ein Leben<br />

nach dem Tode abgefragt wird. Es ist nicht einmal mehr die Hälfte von ihnen, die<br />

„ziemlich” oder „sehr” an ein Leben nach dem Tode glaubt (48%). Aber auch in<br />

dieser eschatologischen Frage sind die deutschen Katholiken noch ‚glaubensstärker’<br />

als die protestantischen Kirchenmitglieder in Deutschland (31%) oder die<br />

französischen Katholiken (37%). Wenn die Unterscheidung von Immanenz <strong>und</strong><br />

Transzendenz, der Glaube an Gott <strong>und</strong> an ein Weiterleben nach dem Tode das –<br />

zumal von der katholischen Kirche selbst betonte – substantiale religiöse Thema<br />

schlechthin markieren, dann wird man sagen können, dass es auch unter den<br />

katholischen Kirchenmitgliedern in Deutschland einen bemerkenswerten Anteil<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

von Menschen gibt, die sich nicht mehr als ‚religiös’ bezeichnen lassen. Und die<br />

Hinweise wachsen, dass die Einschläge ins eschatologische Büro der Kirche gerade<br />

von der älteren Generationen ausgehen 10 – übrigens auch von den Repräsentanten<br />

der Kirche selbst, wenn man ihre Predigtinhalte analysiert. 11 Immer mehr –<br />

auch <strong>und</strong> gerade ältere – Katholiken in Deutschland folgen einem immanenten<br />

Weltbild. Auffällig ist nämlich nicht nur die hohe Zustimmung zu autozentrischen<br />

bzw. existentialistischen Aussagen (s. oben). Viel auffälliger ist, dass in Deutschland<br />

auch naturalistische Deutungen des Lebenssinns nicht nur von Konfessionslosen<br />

<strong>und</strong> Protestanten, sondern mit mehrheitlichen Anteilen auch von Katholiken<br />

Akzeptanz erfahren. So stimmen drei Viertel der deutschen Katholiken (74%) dem<br />

Satz („voll <strong>und</strong> ganz” <strong>und</strong> „eher”) zu, dass „unser Leben letzten Endes bestimmt<br />

(wird) durch die Gesetze der Natur”, <strong>und</strong> für immerhin zwei Drittel von ihnen<br />

(65%) ist das Leben auch „nur ein Teil der Entwicklung der Natur”. Noch höher<br />

fällt freilich auch hier die Zustimmung zu diesen Indikatoren naturalistischer Einstellungen<br />

seitens der deutschen Protestanten (80% bzw. 71%) <strong>und</strong> der deutschen<br />

Konfessionslosen (84% bzw. 81%) aus. Die französischen Katholiken haben ebenfalls<br />

Zustimmungswerte, die an die Zweidrittelmehrheit (64% bzw. 68%) gehen.<br />

Keine missionarische Kirche<br />

Noch stärker als die deutschen Protestanten (66%), aber ähnlich wie die französischen<br />

Katholiken (78%) relativieren die deutschen Katholiken (74%) ihre eigene<br />

Religion, indem sie mehrheitlich davon ausgehen, dass „jede Religion einen wahren<br />

Kern” hat, obwohl sie (22%) – ähnlich wie die deutschen Protestanten (23%)<br />

– weniger synkretismusfreudig zu sein scheinen als die französischen Katholiken.<br />

Letztere sagen nämlich beinahe doppelt so häufig (42%) aus, für sich „selbst auf<br />

Lehren verschiedener religiöser Traditionen zurück” zu greifen. Die Bereitschaft,<br />

„möglichst viele Menschen für meine Religion zu gewinnen”, ist deshalb in beiden<br />

Konfessionen (13 bzw. 12%) nur mäßig, 12 gleichwohl etwas stärker ausgeprägt als<br />

in Frankreich (4%), wo die Aversion gegen ein missionarisches Engagement kaum<br />

mehr zu überbieten ist. Dem entspricht auch der Bef<strong>und</strong>, dass unter den Katholiken<br />

in Frankreich (73%) wie in Deutschland (67%) die Überzeugung, „dass in religiösen<br />

Fragen vor allem meine eigene Religion Recht hat <strong>und</strong> andere Religionen eher<br />

Unrecht haben”, auf hohe Ablehnung („stimme überhaupt nicht” <strong>und</strong> „stimme eher<br />

nicht zu”) stößt – eine Einschätzung, die sie mit der Mehrheit der deutschen Protestanten<br />

(71%) weitgehend teilen. So findet auch die heilsexklusivistische Position,<br />

„dass vor allem die Mitglieder meiner eigenen Religion zum Heil gelangen”,<br />

unter katholischen Kirchenmitgliedern in Deutschland (17%) wie in Frankreich<br />

(8%) – ähnlich wie unter den deutschen Protestanten (9%) – kaum Zustimmung.<br />

Dass die Kirche einen Wahrheitsanspruch, die Heilswahrheit schlechthin zu<br />

verkünden hat, hat unter den deutschen Katholiken immer weniger Plausibi- →<br />

30 31


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

lität, Resonanz <strong>und</strong> Rückhalt. Ihnen „fehlt” es an jenen „Gewissheiten, die kein<br />

Wissen bereitzustellen vermag”, was inzwischen auch unter den – vergleichsweise<br />

wenigen – Atheisten in Deutschland Irritationen auslöst <strong>und</strong> zum Anlass der<br />

Klage wird. 13<br />

Immer größer scheint die Kluft zu werden zwischen dem, was die offiziellen Vertreter<br />

der Kirche für – normativ – gültig halten, <strong>und</strong> dem, was faktisch gilt, was die<br />

Kirchenmitglieder faktisch glauben <strong>und</strong> leben. Obwohl eine überdeutliche Mehrheit<br />

der Bevölkerung in Deutschland (73%) – 77% in Westdeutschland <strong>und</strong> sogar 54%<br />

in Ostdeutschland – die Aussage ablehnt, dass „Kirche <strong>und</strong> Religion für mich keine<br />

Bedeutung haben”, 14 macht sich eine neue Unbekümmertheit im Umgang mit der<br />

Kirche breit, ohne dass sich deshalb die Mehrheit völlig von ihr abwendet.<br />

Möglicherweise hat die Kirche ihren Mitgliedern doch noch mehr zu bieten als es<br />

sich in Umfragen erfassen lässt.<br />

Prof. Michael N. Ebertz<br />

1 Wolf, Christof: Keine Anzeichen für ein Wiedererstarken der Religion, in: Informationsdienst Soziale Indikatoren<br />

37/Januar (2007), S. 7-11, hier S. 8.<br />

2 Meulemann, Heiner: Religiosität: Die Persistenz eines Sonderfalls, in: Deth, Jan van (Hg.): Deutschland in Europa.<br />

Ergebnisse des European Social Survey 2002-2003, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 2004, S. 55-76,<br />

hier S. 61.<br />

3 Luckmann, Thomas: Veränderungen von Religion <strong>und</strong> Moral im modernen Europa, in: Berliner Journal für<br />

Soziologie 12 (2002), S. 285-293, hier 287.<br />

4 Bertelsmann Stiftung (Hg.): Religionsmonitor 2008, Gütersloh 2007, Tabellenband S. 26.<br />

5 Institut für Kirchliche Sozialforschung des Bistums Essen (IKSE): Institut für Kirchliche Sozialforschung des Bistums<br />

Essen (IKSE): Gottesdienstteilnahme in Oberhausen 2004. Ergebnisse der „differenzierten” Zählung 2004 im<br />

Längsschnittvergleich, Essen 2005, S. 20.<br />

6 Bertelsmann Stiftung (Hg.): Religionsmonitor, Gütersloh 2008, Tabellenband.<br />

7 MDG – Mediendienstleistungsgesellschaft (Hg.): Trendmonitor religiöse Kommunikation, München 2003, S. 120f.<br />

8 Schulz, Rüdiger: Religiosität <strong>und</strong> religiöse Praxis von Katholiken in Deutschland. Aktuelle Allensbach-Daten, in:<br />

Damberg, Wilhelm/Liedhegener, Antonius (Hg.): Katholiken in den USA <strong>und</strong> Deutschland. Kirche, Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Politik, Münster 2006, S. 296-320, hier S. 314, auf des Basis von Daten des Jahres 2002.<br />

9 Vgl. auch Meulemann, Heiner: Existentialismus, Naturalismus <strong>und</strong> Christentum. Religiöse Weltbilder in<br />

Deutschland 1982-2007, in: Bertelsmann Stiftung (Hg.): Religionsmonitor 2008, Gütersloh 2007, S. 104-112,<br />

besonders S. 109f.<br />

10 Vgl. Ebertz, Michael N.: Je älter, desto frömmer? Bef<strong>und</strong>e zur Religiosität der älteren Generation, in: Bertelsmann<br />

Stiftung (Hg.): Religionsmonitor 2008, Gütersloh 2007, S. 54-63.<br />

11 Vgl. Ebertz, Michael N.: Die Zivilisierung Gottes. Der Wandel von Jenseitsvorstellungen in Theologie <strong>und</strong><br />

Verkündigung, Ostfildern 2004.<br />

12 Vgl. Piel, Edgar: Die Kirchenkrise in soziologischer Sicht, in: Breid, Franz (Hg.): Die Kirchenkrise, Steyr: Ennsthaler<br />

Verlag, 1996, S. 9-51, hier S. 46.<br />

13 Schnädelbach, Herbert: Der fromme Atheist, in: Neue R<strong>und</strong>schau 118/2 (2007), S. 112-119, hier S. 118f.<br />

14 Vgl. Ebertz, Michael N.: Kirche <strong>und</strong> Öffentlichkeit – Chancen <strong>und</strong> Grenzen, in: Ziebertz, Hans-Georg (Hg.): Erosion<br />

des christlichen Glaubens? Umfragen, Hintergründe <strong>und</strong> Stellungsnahmen zum ‚Kulturverlust des Religiösen’,<br />

Münster: Lit, 2004, S. 15-27, hier S. 15, auf der Basis von: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.): Religion <strong>und</strong> Politik,<br />

Bonn: unveröffentlichter Tabellenband, 2002.<br />

32<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Neue Mitglieder der Gesellschaft St. Sebald<br />

Im Jahr 2009 wurden neu aufgenommen:<br />

Philipp Lederer LL.M., Präses P. Peter Linster SJ, Dipl.Ing. Piet Suwita<br />

Auf dem Foto ist von den „Neuen” allerdings nur Pater Linster SJ als Zweiter von rechts zu sehen<br />

(seine Aufnahme fand aus Termingründen schon früher statt), flankiert von den beiden Vorsitzenden<br />

Gerd Lederer (Erster von links) <strong>und</strong> Dr. Gerhard Lugert (Erster von rechts) sowie Eduard Helldörfer<br />

Wichtig für Handybesitzer: Nummer drauf!<br />

Ein vielleicht lebensrettender Hinweis vom Roten Kreuz <strong>und</strong><br />

den Rettungsorganisationen.<br />

Bei einem Verkehrsunfall stellt sich immer wieder heraus, dass die meisten Verletzten ein<br />

Mobil-Telefon bei sich haben. Falls diese Personen aber nicht ansprechbar sind, wissen die<br />

Einsatzkräfte nicht, mit wem sie im Notfall einen Kontakt aufnehmen können.<br />

Ideal wäre, wenn jede(r) in seinem/ihrem Handy-Adressbuch eine oder mehrere Notfall-<br />

Adressen eingibt. Dazu schlagen die Einsatzkräfte vor, mit dem international üblichen „Pseudo”<br />

ICE („In Case of Emergency”) die Rufnummer der Person(en) einzutragen, die im Notfall zu<br />

informieren sind. Bei mehr als einer Person empfiehlt es sich, ICE 1, ICE 2 usw. zu speichern <strong>und</strong><br />

kenntlich zu machen.<br />

Stefan Scherer<br />

33


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

34<br />

Paderborn: Meinwerk-Gilde<br />

Ehrenring der Stadt Paderborn für Fre<strong>und</strong> Joseph Vögele<br />

Die Meinwerk-Gilde Paderborn hat eine<br />

besondere Ehre zu vermelden, die ihrem<br />

Vorsitzenden Joseph Vögele zuteil geworden<br />

ist: ihm wurde während einer Feierst<strong>und</strong>e<br />

im Audienzsaal des ehemaligen<br />

Fürstbischöflichen Schlosses der nur selten<br />

verliehene Ehrenring der Stadt Paderborn<br />

überreicht. Gewürdigt wurden damit seine<br />

Verdienste um die Stadt, nämlich 40 Jahre<br />

Kommunalpolitiker, 14 Jahre stellvertretender<br />

Bürgermeister, viele Jahre Vorsitzender<br />

des Kulturausschusses.<br />

Elmar Sieben<br />

Bericht 2009<br />

Recklinghausen: Petrus-Gilde<br />

v. l.: Laudator Altbürgermeister Willi Lüke,<br />

Bürgermeister Heinz Paus <strong>und</strong> Joseph Vögele<br />

Jedes Jahr im November zur Jahreshauptversammlung verfasst der Schriftführer<br />

der Petrus-Gilde den Jahresbericht – dieses Jahr zum dreißigsten Mal. Aus der<br />

Periode 2008 – 2009 wurden drei Vorträge ausgewählt, um einen Einblick in das<br />

Geschehen in Recklinghausen zu geben.<br />

Der evangelische Pfarrer, Herr Dr. theol. Manfred Keller, war im Juli mit dem<br />

Thema „Aufbruch statt Abbruch – Erweiterte Nutzung von Kirchen” bei uns zu<br />

Gast. In einem f<strong>und</strong>ierten, mit vielen Aspekten angereicherten Vortrag hat Herr Dr.<br />

Keller Beobachtungen <strong>und</strong> Überlegungen zur Zukunft bedrohter Kirchengebäude<br />

vorgetragen. In drei großen Teilen wurde die aktuelle Lage beschrieben, <strong>und</strong> zwar:<br />

• Die gegenwärtige Situation der Kirchen im Blick auf die Mitgliederentwicklung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung kirchlicher Einnahmen;<br />

• Die Besonderheit von Kirchengebäuden an zwei wesentlichen Merkmalen –<br />

nämlich dem Identitätswert <strong>und</strong> ihrem Symbolwert – zu verdeutlichen <strong>und</strong><br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

• Im 3. Teil hat er an konkreten Beispielen aufgezeigt, dass die erweiterte<br />

Nutzung von Kirchen ein Modell mit Zukunft sein kann.<br />

Sehr gründlich hat Herr Dr. Keller die aktuelle Situation <strong>und</strong> die Möglichkeiten<br />

für den Erhalt von Kirchen, die für Städte, Ortsteile <strong>und</strong> kleinere Orte ein bedeutendes<br />

Identitätszeichen sind, vorgestellt.<br />

Die Haushaltslage vieler Landeskirchen <strong>und</strong> Diözesen ist besorgniserregend.<br />

Niemand wird die Konflikte in kirchlichen Leitungsgremien unterschätzen, die sich<br />

ergeben aus der Abwägung zwischen Verantwortung für die inhaltliche Arbeit –<br />

auch aus der Situation der Abnahme von kirchlichem Personal – <strong>und</strong> für die Erhaltung<br />

des Baubestandes. Kirchen besitzen einen Symbolwert als Orte der Begegnung<br />

mit Gott <strong>und</strong> einem Identitätswert als Bestandteil der Geschichte.<br />

Im September referierte Frau OStD’ e. D. Annemarie Ostermann-Fette vom Mariengymnasium<br />

in Arnsberg zu „Warum leistet sich die katholische Kirche Schulen?<br />

– Eine „reflektion engagée” aus der schulpädagogischen Praxis <strong>und</strong> Theorie. Katholische<br />

Schulen sehen ihre Aufgabe darin, einen Lebensraum zu schaffen, in dem<br />

der GEIST der FREIHEIT <strong>und</strong> der LIEBE des Evangeliums lebendig ist. (Text aus<br />

Vatikanischem Konzil). In der Erziehungsenzyklika von 1929 ist dieser Gr<strong>und</strong>satz<br />

festgelegt.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich steht das gesamte Schulwesen in Deutschland unter Aufsicht des<br />

Staates. Allerdings räumt das Gr<strong>und</strong>gesetz in Art.7 Abs.4 freien Trägern „das Recht<br />

zur Errichtung von privaten Schulen” ein. Diese Schulen haben in der Regel den Status<br />

von „Ersatzschulen”. Ersatzschulen sind gegenüber staatlichen Schulen gleichwertig,<br />

aber nicht gleichartig. Katholische Schulen bilden die größte Gruppe unter<br />

den Schulen in freier Trägerschaft. Diözesen sind die größten Träger, gefolgt von<br />

einer Vielzahl kath. Ordensgemeinschaften, Gemeindeverbänden, Caritasverbänden,<br />

Elterinitiativen <strong>und</strong> anderen. In Deutschland gibt es 960 kath. Schulen in freier<br />

Trägerschaft.<br />

Frau Ostermann-Fette hat über „ihre Schule”, das Mariengymnasium Arnsberg<br />

– staatlich genehmigtes Gymnasium in der Trägerschaft des Erzbistums Paderborn<br />

gesprochen. Das Qualitätsbild der Katholischen Schule ist vorgegeben durch die<br />

von der Deutschen Bischofskonferenz formulierten Kriterien. Es sind Schulen<br />

eigener Prägung: die Kirche engagiert sich, um Glaubens-Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> -Zeugnis<br />

lebendig werden zu lassen. Die Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsarbeit zielt ab auf die<br />

Förderung einer Gemeinschaft von Schülern, Eltern <strong>und</strong> Lehrern zur ganzheitlichen<br />

Bildung in seiner sozialen Verantwortung. Eltern bringen sich mit ein in<br />

Gottesdiensten <strong>und</strong> im Religionsunterricht.<br />

→<br />

35


Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Das Kollegium der Schule möchte eine erzieherische Gemeinschaft bilden, in<br />

deren Mittelpunkt das christliche Menschenbild steht. In 16 Punkten ist das Leitbild<br />

für die Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsarbeit festgehalten. In einem für uns interessanten<br />

Film von der Schule über SchülerInnen, die Art des Unterrichtes, das<br />

Engagement, die vielseitigen Möglichkeiten der Vermittlung, die offene Ganztagsbetreuung,<br />

Arbeitsgemeinschaften <strong>und</strong> Projekte etc. konnten wir uns ein sehr anschauliches<br />

Bild von den durchdachten Bildungsanstrengungen machen.<br />

Warum wird man Priester war das Gespräch im Oktober. Zu Beginn stellten sich<br />

die beiden Priesteramtskandidaten: Werner Knoor (*1964 in Kevelaer) <strong>und</strong> Holger<br />

Ungruhe (*1983 in Ahaus) vor <strong>und</strong> berichteten authentisch ihre Entwicklung <strong>und</strong><br />

die Beweggründe, warum sie sich dazu entschlossen haben, die in ihrem Innern<br />

gefühlte Berufung zum Priester anzunehmen.<br />

Herr Ungruhe hat uns geschildert, dass er in einem katholischen Elternhaus<br />

aufgewachsen ist, Messdiener wurde, in der Jugendgruppe aktiv war <strong>und</strong> eine<br />

Fre<strong>und</strong>in hatte, dass es dann aber auch eine Phase gab, wo er sich vom kirchlichen<br />

Leben zurückzog, was im katholisch geprägten Ahaus nach außen hin nur eingeschränkt<br />

sichtbar wurde, da er weiterhin z. B. die Kirchzeitung austrug. Dann kristallisierte<br />

sich aber immer mehr der Wunsch heraus, Priester zu werden. Weil Gott,<br />

Kirche <strong>und</strong> Glaube ihn immer schon fasziniert hatten, weil die Idee zu dieser<br />

Berufung ihn einfach nicht loslies, weil ihm Menschen begegneten, die ihn<br />

bestärkt <strong>und</strong> gefördert haben. Inzwischen hat er das Gemeindejahr begonnen, um<br />

danach zum Priester geweiht zu werden.<br />

Herr Knoor ist in einer mehr liberalen Familie aufgewachsen. In Kevelaer, dem<br />

bekannten Wallfahrtsort, nimmt man kirchliche Bräuche, katholisches Leben fast<br />

zwangsläufig wahr. Aber man leitet daraus normalerweise nicht den Wunsch ab,<br />

eine kirchlich geprägte Aufgabe zu übernehmen. Nach dem Abitur wurde er Industriekaufmann,<br />

danach Wirtschaftsinformatiker <strong>und</strong> später nach einer Ausbildung zum<br />

Programmierer, setzte er den Schwerpunkt auf das Schreiben von SAP-Programmen.<br />

Herr Knoor hatte seinen Wohnsitz schon seit längerem nach Köln verlegt <strong>und</strong><br />

war auf die romanische Kirche St. Andreas – ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs<br />

– aufmerksam geworden. Schon bald besuchte er sonntags immer häufiger diese<br />

Kirche, in der anspruchsvolle Gottesdienste gefeiert wurden, auch das regelmäßige<br />

Chorgebet <strong>und</strong> die Bereitschaft zu geistlichen Gesprächen <strong>und</strong> aktuellen, interessanten<br />

Vorträgen empfand er als Gewinn. Durch einen Ordensgeistlichen war er für<br />

einige Zeit nach Brasilien gekommen. Dieser Priester engagierte sich dort mit hohem<br />

Einsatz, um den in schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Menschen<br />

neue Chancen <strong>und</strong> geistige, religiöse Perspektiven aufzuzeigen. Diese Begegnung<br />

<strong>und</strong> der Kontakt zu den Dominikanern in Köln hat dazugeführt, dass die Ausein-<br />

Aus den Gilden <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

andersetzung mit Glaubensfragen <strong>und</strong> die Idee Priester zu werden, sich bei Herrn<br />

Knoor immer mehr festigte. In 2005 trat er in das interdiözesane Studienhaus<br />

St. Lambert in Lantershofen bei Neuenahr-Ahrweiler ein. Es ist das größte r.-k.<br />

Priesterseminar in Deutschland für Spätberufene. Nach Abschluss im Juli 2009 ist<br />

er jetzt pastoraler Mitarbeiter an St. Peter in RE.<br />

Fre<strong>und</strong> Propst Jürgen Quante (*1948 in Münster) konnte nach mehr als 30 Jahren<br />

als Priester über einen differenzierten Lebenslauf berichten. Er ist mit 4 Brüdern<br />

in einer christlich liberalen Familie aufgewachsen. Schon während seiner Gymnasialzeit<br />

hatte er die Idee, Priester zu werden. In einer Kirche in Münster, wo Franz Kamphaus<br />

<strong>und</strong> andere „wesensverwandte” Geistliche predigten, bekam er neue, anregende<br />

Glaubensvorstellungen. Nach dem Abitur hat er sich im Borromäum angemeldet,<br />

um sich intensiver mit dem Gedanken auseinander zu setzen, ob die Berufung, die<br />

er zu spüren glaubte, wirklich für sein Leben tragend sein würde. Um Klarheit zu<br />

bekommen für die eigene Berufung brauchte es Zeit, Reflexion, Gebet <strong>und</strong> das<br />

Hören auf Gott. Als das übliche Freisemester anstand, hat er sich entschlossen,<br />

eine „Auszeit” zu nehmen <strong>und</strong> Biologie zu studieren. Für die „Oberen im Seminar”<br />

kam dieser Entschluss überraschend. Nachdem er dieses Studium vollendet hatte,<br />

stand für ihn fest, dass er sicher war: „Ich werde Priester”. Die Priesterweihe fand<br />

1978 statt. Die erste Stelle als Kaplan verbrachte er in Ahlen. Es fiel ihm zunächst<br />

schwer, zu predigen, auf Leute zuzugehen, Kontakte zu knüpfen. Dann kam eine<br />

neue Aufgabe <strong>und</strong> er wurde Spiritual im Kolleg Augustinianum in Goch, das bischöfliche<br />

Internat „Gaesdonck”. Danach folgten 12 Jahre als Diözesanpräses der KfD<br />

<strong>und</strong> Pfarrverwalter in Greven-Gimpte. Anschließend übernahm er in Ahaus die Gemeinde<br />

St. Maria Himmelfahrt, wo er von einem großen Team in den vielseitigen<br />

Aktivitäten unterstützt wurde. 11 Jahre wirkte er dort gerne <strong>und</strong> erfolgreich.<br />

2008 wurde er auf eigenen Wunsch noch einmal mit einer neuen Aufgabe betraut:<br />

er wurde Propst <strong>und</strong> Kreisdechant in der Propstei St. Peter in Recklinghausen.<br />

Bei seiner Einführung in RE hat Propst Quante mitgeteilt, dass er gerne Pfarrer ist.<br />

„Es ist ein schöner Beruf, man lernt Menschen aus allen Generationen kennen <strong>und</strong><br />

arbeitet mit ihnen zusammen. Das persönliche Gespräch <strong>und</strong> das behutsame Herantasten<br />

eröffnen neue Räume, um religiöses Leben sichtbar zu machen.” Sein Ziel<br />

ist es, dass man uns Christen den Glauben glauben kann. Anknüpfungspunkte<br />

sind die Katechese zur Taufe, zur Erstkommunion <strong>und</strong> zur Firmung. Eine weitere<br />

Chance ergibt sich durch die sonn- <strong>und</strong> werktägliche Verkündigung.<br />

Die 28 Teilnehmer an diesem Abend haben intensiv <strong>und</strong> konzentriert zugehört <strong>und</strong><br />

waren angeregt von diesem besonderen Abend. Es folgte eine lebhafte Diskussion.<br />

Werner Thüsing<br />

36 37


Sonstiges <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Hohes Spendenaufkommen<br />

trotz Krise<br />

Studie der GfK Panel Services Deutschland im Auftrag des Deutschen Spendenrats e.V. zur „Bilanz des Helfens”<br />

Die Spendenbereitschaft der Deutschen behauptet ihr hohes Niveau auch in der<br />

Wirtschaftskrise. Im vergangenen Jahr 2008 ist das Spendenaufkommen sogar um 82<br />

Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das ist das Ergebnis der „Bilanz des<br />

Helfens”, einer vom Deutschen Spendenrat e.V. bei der GfK Panel Services Deutschland<br />

in Auftrag gegebenen Studie, die regelmäßig den Spendenmarkt analysiert.<br />

Das Spendenaufkommen für gemeinnützige Organisationen, Hilfsorganisationen<br />

<strong>und</strong> Kirchen hat sich im Jahr 2008 durchaus positiv entwickelt. Die privaten Geldspenden<br />

haben sich von 2,08 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf r<strong>und</strong> 2,16 Milliarden<br />

Euro im vergangenen Jahr gesteigert. Das bedeutet ein Plus von 3,9 Prozent.<br />

Im ersten Halbjahr 2009 spendeten die Deutschen insgesamt 847 Millionen<br />

Euro. Im Vergleichzeitraum des Vorjahres gingen noch 903 Millionen Euro an<br />

Spenden bei den Hilfsorganisationen ein. Im Jahr 2008 war jedoch in den Monaten<br />

Mai <strong>und</strong> Juni das Spendenaufkommen aufgr<strong>und</strong> einer großen Flutkatastrophe<br />

in Pakistan, China, Indien <strong>und</strong> Bangladesch außergewöhnlich hoch. Zudem haben<br />

die Spendenorganisationen weniger Geld für die Aussendung adressierter Spendenbriefe<br />

aufgewendet. Diese Zurückhaltung hat zwar Spendengelder geschont,<br />

bei den Einnahmen in diesem Jahr allerdings auch ein Minus provoziert. Der<br />

adressierte Spendenaufruf ist der größte Auslöser für eine Spende.<br />

Vor allem Menschen über 60 Jahre spenden<br />

Im Gegensatz zu den Vorjahren hat sich die Anzahl der Spender kaum verringert.<br />

Vielmehr blieb die Spenderquote zu Beginn der weltweiten Wirtschaftskrise<br />

weitgehend konstant. Die zusätzlichen Einnahmen resultieren in erster Linie daraus,<br />

dass die Organisationen spendenbereite Bürger zu mehrmaligem Spenden<br />

motivieren können. Mehr als die Hälfte der Spenden tätigen Menschen über 60<br />

Jahre. Sie sind von Ereignissen wie Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder Lohnkürzungen<br />

nicht oder nur in geringem Maße betroffen. Insgesamt ist die Bereitschaft<br />

zu spenden – trotz der Wirtschaftskrise – sogar gestiegen. Dies bestätigt besonders<br />

die Entwicklung im Dezember 2008. Allein der Weihnachtsmonat verzeichnete ein<br />

Plus von 70 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahresmonat.<br />

Sonstiges <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Zur Studie<br />

Die „Bilanz des Helfens” ist ein Teilergebnis der Studie GfK Charity*Scope, die<br />

auf kontinuierlichen schriftlichen Erhebungen basiert, die teils online <strong>und</strong> teils<br />

offline bei einer repräsentativen Stichprobe von 10.000 Panelteilnehmern durchgeführt<br />

werden. Mit GfK Charity*Scope ermittelt die GfK Panel Services Deutschland<br />

im Auftrag des Deutschen Spendenrats e.V. fortlaufend Daten zum Spendenverhalten<br />

von privaten Verbrauchern in Deutschland. Unter anderem werden<br />

Spendenvolumen (Menge <strong>und</strong> Wert), Spendenhöhe (auch nach Regionen) <strong>und</strong> bevorzugte<br />

Tätigkeitsbereiche abgefragt. Als Spende zählen die von deutschen<br />

Privatpersonen freiwillig getätigten Geld-, Sach- <strong>und</strong> Zeitspenden an gemeinnützige<br />

Organisationen, Hilfs- sowie Wohltätigkeitsorganisationen <strong>und</strong> Kirchen. Ausgeschlossen<br />

sind Spenden an politische Parteien sowie Spenden, die gerichtlich<br />

angeordnet werden.<br />

Zum Deutschen Spendenrat<br />

Der Deutsche Spendenrat e.V. ist ein Dachverband von 64 Spenden sammelnden,<br />

gemeinnützigen Organisationen aus den Bereichen soziale <strong>und</strong> humanitäre<br />

Hilfe, Umwelt <strong>und</strong> Tierschutz. Er vertritt diese gegenüber der Öffentlichkeit sowie<br />

staatlichen, politischen <strong>und</strong> privaten Gremien. Die Mitglieder verpflichten sich auf<br />

einen gemeinsamen Standard in Handeln <strong>und</strong> Transparenz durch Anerkennung<br />

einer einheitlichen Selbstverpflichtungserklärung.<br />

Einladung<br />

nach Rom<br />

Das neue Jahr rückt näher <strong>und</strong> damit auch der<br />

65. Todestag von Pater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> am 1. November 2010.<br />

Auf die erste Einladung in der Juni-Ausgabe der „Mitteilungen” hin<br />

haben sich bereits die ersten Interessenten gemeldet, die sich aus diesem<br />

Anlass zuerst nach München begeben wollen, ehe sie nach Rom weiterfliegen.<br />

Wer noch an der Teilnahme interessiert ist, sollte bald ein Signal senden. In Münchens<br />

Bürgersaal-Oberkirche wird ein Gottesdienst stattfinden, „vor Ort” in der Ewigen Stadt<br />

warten dieses Mal neben der Audienz bei Papst Benedikt XVI. noch weitere Anlässe auf<br />

den Besuch, darunter auch eine wiederentdeckte Besonderheit in der Jesuitenkirche<br />

„Il Gesu”. Durchführen würde die Reise wieder das Bayerische Pilgerbüro.<br />

Vorläufige Anmeldungen bitte an: Eduard Helldörfer, Nürnberger Straße 116, 90762 Fürth<br />

bzw. eduard.helldoerfer.fuerth@t-online.de<br />

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Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

v. links: Dr. Klemens Martin, Oberbürgermeister Hans Schaidinger, Landtagspräsident a.D. Alois Glück,<br />

Sidonie Gräfin von Walderdorff, Hans-Jürgen van Schewick<br />

Prachtvoller Rahmen für das Herbstkapitel – der Historische Reichssaal von Regensburg

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