ocean7 4/2024
Will Meer! Die neue Bavaria C46 – hochkomfortabel, vor allem aber ein Hochsee-Segler. E-De-Antonio E23. Warum das erste E-Modell der Werft auch beim America’s Cup mitspielen darf. Bretagne. Das reizvolle Gezeitenrevier, in dem das Who’s-Who der Regattaszene allgegenwärtig ist. Herr der 1000 Meilen. Das Lebenswerk des Charter-/Regatta-/Ausbildungs-Pioniers Kurt Ecker. Weltweite Fahrt. In zwei Wochen auf See zum FB4-Patent. Hochsee-Angeln. So fängt man an Bord den Fisch – mit Rezepten. Sägerochen. Geheimnisvoll, gefährdet und manchmal in seichteren Gewässern zu sehen. Magellan. Die Geschichte der ersten Weltumrung. YCA-Regatten. Die Highlights der Alpe Adria Sailing Week und des Gebirgssegler Cup 2024.
Will Meer! Die neue Bavaria C46 – hochkomfortabel, vor allem aber ein Hochsee-Segler. E-De-Antonio E23. Warum das erste E-Modell der Werft auch beim America’s Cup mitspielen darf. Bretagne. Das reizvolle Gezeitenrevier, in dem das Who’s-Who der Regattaszene allgegenwärtig ist. Herr der 1000 Meilen. Das Lebenswerk des Charter-/Regatta-/Ausbildungs-Pioniers Kurt Ecker. Weltweite Fahrt. In zwei Wochen auf See zum FB4-Patent. Hochsee-Angeln. So fängt man an Bord den Fisch – mit Rezepten. Sägerochen. Geheimnisvoll, gefährdet und manchmal in seichteren Gewässern zu sehen. Magellan. Die Geschichte der ersten Weltumrung. YCA-Regatten. Die Highlights der Alpe Adria Sailing Week und des Gebirgssegler Cup 2024.
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YACHTING, REISEN UND MEER<br />
4/<strong>2024</strong> Juli/August<br />
www.<strong>ocean7</strong>.at<br />
WILL MEER!<br />
Performance-Cruiser sind in aller Munde. Doch mit der neuen BAVARIA C46<br />
führt die Traditionswerft aus Giebelstadt sehr eindrucksvoll vor, dass bei<br />
allem Komfort die Segeleigenschaft die Leidenschaft schafft.<br />
GESCHICHTE<br />
Magellan<br />
kam nie an<br />
Die erste Weltumsegelung.<br />
LEGENDE<br />
Der Herr der<br />
1.000 Meilen<br />
Das Lebenswerk des<br />
Pioniers Kurt Ecker.<br />
ZUKUNFT<br />
Foilend leicht<br />
gemacht<br />
Die De Antonio E26<br />
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Mit News der österreichischen<br />
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Editorial<br />
Kirsten Neuschäfer sprach über<br />
ihre Erfahrungen beim <strong>ocean7</strong>-<br />
Vortrag im April live in Wien.<br />
Offen für die See<br />
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, aber viele Anfänger ins kalte Wasser. Meines schmeckte<br />
zuerst salzig und dann süß, danach wusste ich: Ich will Meer! Und Lehrjahre sind sehr wohl Herrenjahre:<br />
Mein Weg vom A-Schein bis zum FB3-Patent hat meinen Horizont mehr als nur seglerisch erweitert.<br />
Was fürs Leben gilt, gilt<br />
auch für den Wassersport:<br />
Man lernt nie aus!<br />
Zuletzt führte mir das die Südafrikanerin<br />
Kirsten Neuschäfer nach<br />
ihrem Live-Vortrag in Wien vor<br />
Augen: „Ich habe schon als Kind<br />
Segeln gelernt, aber erst nachdem<br />
ich meine Angst überwunden hatte,<br />
war mein Herz offen für die See<br />
– und sie machte mich zur Meisterin“,<br />
so die Siegerin des Golden<br />
Globe Race 2022.<br />
Teilnehmer dieser Regatta zählen<br />
zu den härtesten Seglern der Welt.<br />
Kommt man nach über 200 Tagen<br />
allein auf See aber tatsächlich hartgesotten<br />
zurück? Ich sprach darüber<br />
mit dem Niederösterreicher<br />
Michael Guggenberger, der bei<br />
diesem nautischen Wettlauf um<br />
„ Jetzt lerne das Meer und dann die<br />
Gestirne, du hast ein Leben lang Zeit.“<br />
Thomas Dobernigg (1948–2016), Gründer des<br />
-Magazins.<br />
den ganzen Globus den dritten<br />
Platz belegt und seine ganz persönlichen<br />
Lehren da raus gezogen hat.<br />
Lesen Sie seine Gedanken dazu<br />
auf Seite 43.<br />
Ein weiterer österreichischer Segler,<br />
der Großartiges für den Wassersport<br />
geleistet hat, ist Kurt Ecker.<br />
Mit Ecker Yachting eröffnete er ab<br />
den 1980er-Jahren vielen Menschen<br />
hierzulande die Charterwelt, mit<br />
den legendären 1.000-Meilen-Rennen<br />
machte er Offshore-Regatten<br />
erstmals auch für Freizeitskipper<br />
möglich, und mit seinen Skippertrainings<br />
– damals ein absolutes<br />
Novum – legte er den Grundstein<br />
für die sichere Handhabung von<br />
Yachten in Häfen und Marinas.<br />
Heute lebt er im wohlverdienten<br />
Ruhestand in Ried, doch seinem<br />
Freund, der Seglerikone Bobby<br />
Schenk, öffnet er gern die Tür – und<br />
dieser hat uns ein beeindruckendes<br />
Porträt zusammengestellt, nachzulesen<br />
ab Seite 48.<br />
Um die unendlichen Weiten der<br />
Ozeane zu erkunden, bedarf es hier -<br />
zulande des FB4-Patents (weltweite<br />
Fahrt). Und weil das Meer der beste<br />
Lehrer ist, erwarb sich Ernst Habusta<br />
das Patent nach nur zwei Wochen (und<br />
1.246 gefahrenen Meilen) auf See. Kein<br />
Honigschlecken, aber lesen Sie selbst<br />
ab Seite 58.<br />
Warum ich den FB4 noch nicht<br />
habe? Zugegeben, das Lesen der Gestirne<br />
mittels Sextanten (ist eine Voraussetzung!)<br />
würde mich schon sehr<br />
reizen. Doch sagte mir mein Förderer<br />
damals: „Jetzt hast du den FB3, lerne<br />
das Meer und dann die Gestirne, du<br />
hast ein Leben lang Zeit“. Er war es übrigens<br />
auch, der mich damals ins kalte<br />
Wasser stieß. Ich lerne noch immer –<br />
und bin ihm ewig dankbar dafür.<br />
Tahsin Özen, Chefredakteur<br />
4/<strong>2024</strong> 5
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4/<strong>2024</strong> 7
Inhalt 4/<strong>2024</strong><br />
18 das<br />
BRETAGNE, MON AMOUR! Die entspannten und charmanten Seiten des Segelreviers,<br />
wegen seiner fordernden Gezeitenhübe und Tidenströmungen nichts für Anfänger ist.<br />
FOTOS: ROBERT SCHNABL, FRAN KARABAIĆ, DE ANTONIO<br />
54<br />
DIE GROSSEN YCA-REGATTEN. Der Gebirgssegler Cup und die Alpe Adria<br />
Sailing Week waren heuer eine sehr starke Leistungsschau des Yacht Club Austria.<br />
68<br />
FREUNDLICH BIS SPORTLICH. Sehr einladend ist die elektrifizierte De Antonio<br />
E23, die beim 37. America’s Cup auch als Support-Boot foilend übers Wasser flitzen wird.
Mit News der österreichischen<br />
Verbände YCA und MSVÖ<br />
Rubrik<br />
10 SCHAUFENSTER<br />
Am Wasser gebaut: Spektakuläre<br />
Architektur, groß in Szene gesetzt.<br />
81 IMPRESSUM<br />
Kolumnen<br />
12 OCEAN WOMAN<br />
Schon die alten Ägypter wussten:<br />
Schiffe haben eine Seele.<br />
16 GENTE DI MARE<br />
Wie der Uhrmacher John Harrison die<br />
maritime Navigation revolutionierte.<br />
43 CAPTAIN GUGG<br />
Michael Guggenberger über die wahre<br />
Härte beim Golden Globe Race.<br />
82 SKIPPER’S DIARIES<br />
Eine magische Stimme im Krankenhaus<br />
von Martinique.<br />
Reisen<br />
18 BRETAGNE<br />
Tiden, Austern und legendäre Segler:<br />
Die Bretagne ist ein spezielles Revier.<br />
Features<br />
24 HOCHSEEANGELN<br />
Mittelmeer-Experte Markus Silbergasser<br />
übers Fischen beim Segeln.<br />
30 SÄGEROCHEN<br />
Ein geheimnisvoller und stark gefährdeter<br />
Flachwasserbewohner im Fokus.<br />
36 MEMOIREN EINES SEEKADETTEN<br />
Mit der k. u. k. Kriegsmarine um die<br />
ganze Welt. Diesmal: Liebe im Paradies!<br />
38 FERDINAND MAGELLAN<br />
Wolfgang Hausner über einen Kollegen,<br />
der es nicht ganz um die Welt schaffte.<br />
46 SAILING POETRY<br />
Die maritimen Begegnungen des Alfred<br />
Zellinger mit der Kulturgeschichte.<br />
48 PORTRÄT KURT ECKER<br />
Bobby Schenk über den Pionier des<br />
Vercharterns und der Skippertrainings<br />
sowie Erfinder des 1.000-Meilen-Race.<br />
58 AUF EINMAL ZUM FB4<br />
Ausbildung, Üben, Lernen und Prüfung<br />
auf dem Weg von Ibiza nach Teneriffa.<br />
Sport<br />
54 GEBIRGSSEGLER CUP <strong>2024</strong><br />
„Die größte Familienfeier in der Adria“<br />
war auch heuer voll ausgebucht.<br />
56 ALPE ADRIA SAILING WEEK <strong>2024</strong><br />
Stimmungsmäßig spitze, sportlich<br />
spannend: die 17. AASW in Punat.<br />
Yachten<br />
44 SEGELKAJAK SUMMERWIND<br />
Mit Paddel und Segel im 5-m-Boot auf<br />
entschleunigte Ausflüge.<br />
62 BAVARIA C46<br />
Eine für alles: So bringt man Segelsport<br />
und Komfort unter einen Hut.<br />
68 DE ANTONIO E23<br />
Die Probefahrt des ersten E-Modells<br />
der spanischen Werft in Barcelona.<br />
Service<br />
67 DAS 1X1 DES YACHTKAUFS<br />
Yachtkauf verständlich erklärt.<br />
Teil 7: Versicherungen.<br />
Im Verband<br />
74 YACHT CLUB AUSTRIA<br />
78 MOTORBOOTSPORT UND SEEFAHRTS<br />
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YACHTING, REISEN UND MEER<br />
WILL MEER!<br />
Performance-Cruiser sind in aller Munde. Doch mit der neuen BAVARIA C46<br />
führt die Traditionswerft aus Giebelstadt sehr eindrucksvoll vor, dass bei<br />
allem Komfort die Segeleigenschaft die Leidenschaft schafft.<br />
GESCHICHTE<br />
Magellan<br />
kam nie an<br />
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LEGENDE<br />
Der Herr der<br />
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Porträt ab Seite 62.<br />
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Monumente<br />
Text TAHSIN ÖZEN | Foto ELOI OMELLA / ISTOCK<br />
10 4/<strong>2024</strong>
Kommt der Nebel, geht alles<br />
Licht ganz schnell: Mit<br />
bis zu 50 km/h ziehen die<br />
Schwaden buchteinwärts<br />
in die San Francisco Bay und bringen<br />
die Schifffahrt praktisch zum<br />
Erliegen. Steigt der Dunst auf über<br />
67 Meter, hat es auch der Straßenverkehr<br />
auf der Golden Gate<br />
Bridge schwer. Bei strahlendem<br />
Sonnenschein aber glänzt das 1937<br />
in Betrieb genommene Wahrzeichen<br />
der Stadt in ihrem berühmten<br />
„International Orange“, wie<br />
man es von vielen Postkartenmotiven<br />
kennt. Die Golden Gate Bridge<br />
ist eines von 23 faszinierenden<br />
Bauwerken am Wasser, die Sebastian<br />
Junge in beeindruckenden Worten<br />
und Bildern in seinem Buch<br />
„Maritime Monumente“ präsentiert.<br />
Darunter auch das moderne<br />
schottische „Riesenrad“ Falkirk<br />
Wheel, das über zwei Gondeln<br />
Schiffe von einer Wasserstraße zur<br />
nächsten (24 Meter Höhenunterschied)<br />
heben und senken kann.<br />
Maritime Monumente,<br />
Verlag Delius Klasing, € 34,90.<br />
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4/<strong>2024</strong> 11
Ocean Woman<br />
Haben Schiffe eine Seele?<br />
Die alten Ägypter opferten ihren Schiffen Jungfrauen, die später durch Galionsfiguren ersetzt<br />
wurden. All das in dem Glauben, dass jedes Schiff weiblich ist und einen eigenen Geist hat.<br />
Gilt das auch für Geisterschiffe, die irgendwo in einem traurigen Nirwana ihr Dasein fristen?<br />
Mein Nacken war steif, meine<br />
rechte Hand im Plastikhandschuh<br />
eingeschlafen.<br />
Die Maisonne fühlte sich an als<br />
wäre es Ende Juli. Meine Kopfbedeckung<br />
– der abgeschnittene Ärmel<br />
eines verwaschenen T- Shirts –<br />
nicht Instagram-wirksam. Ein<br />
Rumpf noch und dann würde sie<br />
wieder schön sein, unsere Risho<br />
Maru – poliert, gewachst, glänzend<br />
weiß. Ich streckte mich, und bevor<br />
ich weiterarbeitete, fiel mein Blick<br />
auf Bonzo.<br />
Bonzo ist auch ein Katamaran<br />
und war einst im stolzen Besitz eines<br />
jungen Bankers, der vorhatte,<br />
die Welt zu umsegeln – gegen den<br />
Passat. „Direkt zu den Philippinen,<br />
mit wie vielen Wochen muss ich da<br />
rechnen?“, fragte der Typ, als wir<br />
gerade unsere Weltumsegelung beendet<br />
hatten und unser Schiff als<br />
Dankeschön für die sicheren und<br />
schönen Jahre mit einem Refit beschenkten.<br />
Ein Jahr nach diesem Gespräch<br />
stand Bonzo immer noch auf dem<br />
Werftgelände. Vom Banker keine<br />
Spur, das Großsegel hing in Streifen<br />
vom Mast. „Bora in der Lagune“,<br />
wusste einer der Werftarbeiter.<br />
Ein anderer Segler nützte Bonzo inzwischen<br />
als Kühlschrank. „Da ist<br />
diese Mega-Kühlbox drinnen, voll<br />
funktions fähig. Seitdem genießen<br />
wir kalte Getränke, wenn wir Antifouling<br />
streichen.“<br />
Die alten Ägypter, die die ersten<br />
Boote bauten, wären wohl über die<br />
derartige Entweihung eines Bootes<br />
entsetzt gewesen. Für sie hatte jedes<br />
Boot eine Seele, und die musste gepflegt<br />
werden. Mit Opfern natürlich,<br />
Menschenopfern, um die Götter<br />
gut zu stimmen. Und was gab es<br />
da Besseres als eine Jungfrau?! Der<br />
Kopf der Auserwählten wurde an<br />
die Spitze des Bugs gesteckt, und<br />
wenn er ins Wasser fiel, waren alle<br />
glücklich, weil der Meeresgott sich<br />
sein Geschenk geholt hatte. Später<br />
schnitzen die Männer (Frauen gab<br />
es keine an Bord, weil das Boot<br />
selbst als weiblich gesehen wurde<br />
und eifersüchtig hätte werden können,<br />
wenn da eine andere Schönheit<br />
über das Deck stolzierte) Galionsfiguren.<br />
Und siehe da: Sie reichten<br />
aus, um die Meeresgötter zu erfreuen.<br />
Auch malten sie an Steuerbord<br />
und Backbord je ein Auge, so konnte<br />
das Boot – oder besser dessen<br />
Seele – gut Ausschau nach Gefahren<br />
halten. Sozusagen die Navigationslichter<br />
der Vergangenheit.<br />
UND DANN SIND DA DIE BONZOS<br />
Bonzos Navigationslichter fehlten<br />
einige Jahre später und auch Winschen<br />
gab es keine mehr. Im Büro<br />
der Werft wusste niemand, wo der<br />
Eigentümer geblieben war. Bonzo<br />
tat mir leid. Und nur was eine Seele<br />
hat, kann einem leid tun, oder?<br />
Und kann geliebt werden. Die Liebe<br />
zu einem Schiff prägt seinen<br />
Charakter.<br />
Unsere Risho Maru ist für mich<br />
eine etwas ältere, elegante Dame mit<br />
einer mütterlichen Seite, wenn sie<br />
uns in ihrem Bauch sicher durch<br />
Wellen und in die Welt hinausträgt.<br />
Und mit einer abenteuerlustigen<br />
Seite, wenn sie über die See fegt und<br />
dabei Temperament und Eigenwillen<br />
zeigt. Dazu kommt ihr Verlangen<br />
nach Zuwendung und Pflege.<br />
Heißglühende Tage am Betonboden<br />
der Werft, die uns an unsere Grenzen<br />
bringen. Wir geben auf sie Acht<br />
und sie auf uns.<br />
Spaziert man durch Marinas und<br />
Werften, sieht man die Schiffe, die<br />
geliebt und gepflegt werden, die tausende<br />
Geschichten unter den Planken<br />
tragen und Sehnsucht nach Ferne<br />
und Freiheit wecken. Und dann<br />
sind da die Bonzos. Verlassen, vernachlässigt,<br />
vergessen.<br />
Wie traurige Schwäne, denen<br />
man die Flügel gestutzt hat, sitzen<br />
sie an Land, die Federn mit Staub<br />
bedeckt. Doch hin und wieder verliebt<br />
sich ein Segler oder eine Seglerin<br />
in die Seele eines Bootes, sieht<br />
hinweg über das traurige Äußere<br />
und ist bereit, ihm wieder Leben<br />
einzuhauchen.<br />
Nach drei anstrengenden Arbeitstagen<br />
packten wir unsere Sachen<br />
wieder ins Auto. Ich drückte unserer<br />
Risho einen Kuss auf den Steuerbordbug,<br />
mein Skipper auf den<br />
Backbordbug.<br />
Bonzo schaute uns traurig nach,<br />
und fast sah es aus, als würde eine<br />
Träne über seine Cockpitluke kullern.<br />
<br />
<br />
Wie ein um seine Flügel beraubter<br />
Schwan liegt Bonzo auf dem Gelände.<br />
ALEXANDRA SCHÖLER<br />
ist Weltumseglerin,<br />
Sängerin, Regisseurin,<br />
Buchautorin und seit<br />
2010 Ocean Woman.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
12 4/<strong>2024</strong>
Happy<br />
Birthday, 112<br />
NOTRUFNUMMER. Vor gut 50<br />
Jahren wurde in Deutschland die<br />
Notrufnummer 112 eingeführt,<br />
seit 1991 gilt sie auch in der EU.<br />
Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten<br />
ist der kostenlose Euronotruf in<br />
16 weiteren europäischen Ländern<br />
verfügbar, etwa in Großbritannien,<br />
Liechtenstein und der<br />
Schweiz. 112-Anrufe haben im<br />
Netz Vorrang vor anderen Anrufen,<br />
zudem wird bei Mobiltelefonen<br />
der genaue Standort des Anrufers<br />
automatisch an die Rettungskräfte<br />
übermittelt. Neben<br />
dem Euronotruf gelten natürlich<br />
auch weiterhin lokale Notruf-<br />
Nummern, in der Adria sind das<br />
z. B. 1530 (Italien), 195 (Kroatien)<br />
oder 080 18 00 (Slowenien).<br />
Goldene Partnerschaft<br />
50 JAHRE HÄNDLER. Als sich<br />
der Lustenauer Unternehmer<br />
Werner Ober 1974 sein erstes<br />
Segelboot mit Kajüte kaufte,<br />
wurde nicht nur sein Interesse<br />
an Bootselektronik geweckt,<br />
Familienbetrieb: Philipp, Manfred, Hubert und Susanne Ober.<br />
PANORAMA<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
sondern er – ganz Mann der Tat<br />
– übernahm auch gleich den<br />
Vertrieb von Autohelm, amerikanischer<br />
Produzent von Autopiloten,<br />
der 1990 in Raymarine<br />
aufging. 50 Jahre arbeiten seitdem<br />
der Lustenauer Betrieb und<br />
der amerikanische Elektronik-<br />
Riese zusammen – die Werner<br />
Ober GmbH ist damit der weltweit<br />
am längsten bestehende<br />
Raymarine-Partner! Sohn Manfred<br />
Ober, Co-Geschäftsführer<br />
des Unternehmens, zum Jubiläum:<br />
„Diese langjährigen Beziehungen<br />
sind der Schlüssel zum<br />
hohen Serviceniveau, das wir<br />
unseren Kunden bieten, die sich<br />
auf Raymarine-Elektronik verlassen<br />
– egal, ob es um ihre<br />
kommerziellen Ziele oder ihre<br />
Freizeitsegelwünsche geht.“<br />
è www.yachtelektronik.at<br />
Excess in Österreich<br />
KAT-VERTRETUNG. Dem Trend im Katamaran-Bau<br />
zu immer mehr Komfort<br />
und Volumen versucht die Beneteau-<br />
Tochter Excess Catamarans seit fünf<br />
Jahren Modelle entgegenzusetzen, die<br />
ähnlichen Komfort und Stauraum, aber<br />
deutlich bessere Segeleigenschaften zu<br />
vergleichbaren Preisen bieten. Trend<br />
Travel & Yachting bringt nun diese<br />
französischen Kats auch nach Österreich.<br />
Im Portfolio der Tiroler, die mit<br />
Bali (nicht mehr im Programm) und den<br />
Neel-Trimaranen viel Erfahrung mit<br />
Mehrrumpfyachten haben, sind die<br />
Excess 11 (ca. 38“) und Excess 14 (ca.<br />
45“) zu finden. Für die eigene Charterflotte<br />
in Kroatien hat Trend Travel &<br />
Yachting für die Saison 2025 bereits je<br />
eines der beiden Modelle geordert.<br />
è www.trend-travel-yachting.com<br />
Excess 11 aus Tiroler Hand.<br />
Charter versichert man<br />
bei<br />
YACHT- UND SKIPPERVERSICHERUNGEN<br />
Pionier der Allgefahrendeckung für Yachten & Erfinder der Charterversicherung für Skipper<br />
E-Mail: thomas.diglas@yacht-pool.at | Tel. +43 535 620 433 00 | www.yacht-pool.at
PANORAMA<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Leadership für Profi-Skipper<br />
Die MCO-Sailing Academy, die sich als österreichischer Anbieter der RYA-Segelausbildung<br />
etabliert hat, bietet seit kurzem mit Skipper Consulting einen Lehrgang für professionelle<br />
Skipper an. Wir haben Clemens Stecher, den Leiter von MCO, gefragt, an wen sich die<br />
Ausbildung richtet und was man von ihr erwarten darf.<br />
FOTO: DANIEL GEPP<br />
Richtet sich Skipper Consulting nur an<br />
Profi-Skipper oder kann ich auch als<br />
privater Skipper das Angebot nutzen?<br />
Unser Angebot ist ein hochwertiges,<br />
internetbasiertes und multimediales<br />
Consulting-Programm für alle, die<br />
ihre Skipperskills – außerhalb der<br />
Segeltechnik – nachhaltig auf ein<br />
deutlich höheres Niveau heben wollen.<br />
Man ist hier richtig, wenn man<br />
seine Skippertätigkeit im privaten<br />
Bereich sicherer, routinierter, planbarer<br />
und erfolgreicher gestalten oder<br />
seine eigene Skipper-Karriere boosten<br />
sowie Geld und Zeit sparen will.<br />
Welche Skills kann sich ein Profi-<br />
Skipper noch aneignen bzw. schärfen?<br />
Die Notwendigkeit und die Themen<br />
eines solchen Consulting-Programms<br />
wurden von Skippern an<br />
mich herangetragen. Wir alle haben<br />
neben den Segelskills auch Bedarf an<br />
etlichen wichtigen Softskills. Das<br />
geht weit über alles hinaus, was in<br />
üblichen Segelausbildungen und<br />
Skippertrainings abgedeckt werden<br />
kann. Fragen, die bei uns beantwortet<br />
werden, sind beispielsweise:<br />
Worauf muss ich achten, damit Segeltörns<br />
gelingen? Wie gehe ich mit<br />
schwierigen Crews um? Welche<br />
Versicherung ist die richtige? Wie<br />
bekomme ich mehr Aufträge? Wie<br />
schaffe ich es, Beziehungen und<br />
Skipperleben unter einen Hut zu<br />
bringen?<br />
Wie sieht der Ablauf in der Praxis aus<br />
und wie viel Zeit ist einzuplanen?<br />
Nach einer Qualifizierung per Onlineformular<br />
und Telefon bekommt<br />
man Zugang zur Consulting-Plattform<br />
und eine 1:1-Beratung. Der<br />
Content ist umfangreich und umfasst<br />
über 60 Schulungsvideos, Checkpoint-Areas,<br />
einen Uploadbereich<br />
für Arbeitsaufgaben und Feedback<br />
vom Profitrainer, Checklisten und<br />
hochwertige Arbeitsmappen. Kontakt<br />
wird über eine Facebook-Gruppe,<br />
regelmäßige Live-Calls und 1:1-<br />
Consulting gehalten. Nach Abschluss<br />
– ca. zwölf Wochen sind insgesamt<br />
einzuplanen – erhält man dann ein<br />
Zertifikat zur Bestätigung.<br />
CLEMENS STECHER,<br />
Leiter von MCO-Sailing<br />
und RYA Yachtmaster<br />
Instructor, hat nun<br />
auch Ausbildung für das<br />
Zwischenmenschliche<br />
im Portfolio.<br />
www.mco-sailing.com<br />
FOTO: TAHSIN ÖZEN<br />
è www.skipper-consulting.com<br />
Exklusive Partnerschaft<br />
ONLINE-BUCHUNG. Die 22 ACI Marinas<br />
sind (Stand Anfang Juni <strong>2024</strong>) derzeit<br />
nur über die MYSEA-Plattform<br />
buchbar – ohne Aufpreis und für maximal<br />
sieben Tage im Voraus. Das<br />
Buchungssystem der größten Marina-<br />
Vereinigung Kroatiens wird derzeit einem<br />
Update unterzogen. Wann man<br />
wieder über die ACI-Website oder<br />
-App Liegeplätze reservieren kann,<br />
steht noch nicht fest – die Möglichkeit<br />
sei aber „bald verfügbar“.<br />
è www.my-sea.com<br />
è aci-marinas.com<br />
Auch die ACI Marina Piškera<br />
ist nur über mySea buchbar.<br />
„ Ist es erstaunlich, wenn ein Schiff, das immer geradeaus segelt, untergeht?“<br />
Paul Nikolaus Cossmann (1869–1942), deutscher Schriftsteller.<br />
14 4/<strong>2024</strong>
Sportlich auf dem Wolfgangsee.<br />
R wie Racing<br />
KOOPERATION. Gemeinsam mit<br />
ABT Sportsline, dem größten Tuner<br />
von Fahrzeugen des VW- und Audikonzerns,<br />
hat Marian eine auf 20<br />
Exemplare limitierte Sonderedition<br />
seiner elektrischen M 800 Spyder<br />
entwickelt. Die ABT | Marian M 800-<br />
R leistet kurzfristig bis zu 450 kW<br />
(und damit um 200 kW mehr als die<br />
800 ohne R), erreicht eine Höchstgeschwindigkeit<br />
von bis zu 85 km/h<br />
und zeigt sich dabei in edlem Design,<br />
das deutlich vom Autosport inspiriert<br />
ist – z. B. in Form von Alcantara-Sitzen<br />
mit Sitzrückenschalen oder<br />
einem beleuchteten Multifunktionslenkrad.<br />
è www.abt-marian.com<br />
23. bis 25. AUGUST <strong>2024</strong>, SAARBRÜCKEN<br />
Traditionsreiche Saar<br />
OLDTIMERTREFFEN. Die Saar hat eine<br />
lange Binnenschifffahrts-Tradition.<br />
Schon im 17. Jahrhundert wurde auf ihr<br />
Holz geflößt, Napoleon I. ließ sie für den<br />
Kohlentransport 1806 kanalisieren, und<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts waren<br />
rund 270 Pénichen in Saarbrücken registriert.<br />
Das zweite Saarbrücker<br />
Traditionsschiffe-Festival knüpft<br />
an diese Tradition an. Eingeladen sind<br />
Berufsschiffe, die mehr als 60 Jahre auf<br />
dem Kiel haben.<br />
Beim ersten Festival im letzten Jahr<br />
konnten 16 dieser nautischen Perlen<br />
bewundert werden.<br />
è www.saar-tradition.eu<br />
Typische Péniche: das heutige<br />
Theaterschiff Maria-Helena.<br />
MT45F-V, ein<br />
kühlender Engel.<br />
Himmlisch kühl<br />
IMMER FRISCH. Kühlboxen von Engel<br />
haben dank ihrer Robustheit einen sehr<br />
guten Ruf, besonders im maritimen Bereich.<br />
Alleinstellungsmerkmal ist der<br />
Schwingkolbenkompressor, der unempfindlich<br />
gegen Schräglagen ist, keinen erhöhten<br />
Anlaufstrom benötigt und somit<br />
besonders für den Einsatz auf Booten geeignet<br />
ist. Ganz neu ist die MT-V Linie<br />
mit eingebautem Batteriewächter, einer<br />
Vorrangschaltung, verstärkten Handgriffen<br />
und Eckschutz, versperrbarem<br />
Edelstahlschloss und einer LED-Innenbeleuchtung<br />
– sozusagen das Flaggschiff<br />
der Kühlboxen.<br />
è www.roega.de<br />
Tiefenschärfe<br />
NEUER STANDARD. Der neue elektronische Seekartenstandard S100,<br />
der ab 2026 eingeführt werden soll, wirft seine Schatten voraus. Das deutsche<br />
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat erstmals „High<br />
Density Electronical Navigational Charts“ (HD ENC) veröffentlicht, die deutlich<br />
exaktere Tiefenlinien, nämlich jeden vollen Meter statt nur alle fünf<br />
Meter, zeigen. HD ENC ist dabei nur ein Zwischenschritt, S100 soll sogar<br />
noch genauere Angaben ermöglichen.<br />
è www.bsh.de<br />
Werner Ober GmbH Werner & Werner Co Ober KG<br />
GmbH Ober & GmbH Co KG& Co<br />
Yachtelektronik<br />
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Reichsstrass 38, 6890 LustenauReichsstrass 38, 6890 Lustenau 38, 6890 Lustenau<br />
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Gente di mare<br />
Der Löser des<br />
Längenproblems<br />
Die präzise Längengradbestimmung auf See galt lange als unmöglich. Bis John Harrison<br />
ein schiffstaugliches Chronometer erfand und so unzähligen Seeleuten das Leben rettete.<br />
Ob Vasco da Gama, Kolumbus<br />
oder Sir Francis Drake – sie<br />
alle navigierten aufs Geratewohl.<br />
Zwar konnten sie Breitengrade<br />
anhand der Gestirne präzise bestimmen.<br />
Doch wo genau sie sich<br />
östlich oder westlich ihres Heimathafens<br />
befanden, blieb unklar.<br />
Das Fehlen einer praktikablen<br />
Methode zur Bestimmung der<br />
geografischen Länge kostete viele<br />
Leben. Die Seeleute starben an<br />
Skorbut oder verdursteten, da<br />
man Inseln nicht gezielt ansteuern<br />
konnte. Aufgrund von Navigationsfehlern<br />
wurden sie Opfer von<br />
Piraten oder feindlichen Schiffen,<br />
oder ertranken. So auch die Besatzung<br />
der Kriegsflotte von Admiral<br />
Shovell, der sich 1707 auf offener<br />
See wähnte, stattdessen aber vor<br />
den Scilly-Inseln havarierte. Nur<br />
26 der über 1.600 Männer an Bord<br />
überlebten das Unglück.<br />
WENN JEDE SEKUNDE ZÄHLT<br />
Um ähnliche Katastrophen künftig<br />
zu vermeiden, gründete die britische<br />
Krone 1714 das „Board of<br />
Longitude“. Für die Lösung des<br />
Längengrad-Problems rief man<br />
ein Preisgeld von 20.000 Pfund<br />
(heute: ca. zwei Millionen Euro)<br />
aus. Während Gelehrte nach astronomischen<br />
Parametern suchten,<br />
war ein gelernter Tischler namens<br />
John Harrison überzeugt, das Problem<br />
mittels eines Chronometers<br />
zu lösen. Dass es zuvor niemand<br />
geschafft hatte, eine Uhr mit der<br />
erforderlichen Genauigkeit zu bauen,<br />
hielt den 21-Jährigen nicht auf.<br />
Und auch nicht, dass Sir Isaac<br />
Newton höchstselbst befand, dass<br />
dies angesichts der Schiffsbewegungen<br />
und Temperaturschwankungen<br />
auf See überhaupt unmöglich<br />
sei.<br />
Der Autodidakt tüftelte. Jahrelang.<br />
1735 konnte Harrison dem<br />
Board schließlich seine H-1 präsentieren,<br />
32 Kilogramm schwer,<br />
1,2 Meter hoch. Temperaturschwankungen<br />
kompensierte er<br />
durch Bimetall, Gier- und Rollbewegungen<br />
durch zwei mit einer Feder<br />
verbundene Pendel. Auf einer<br />
Testreise nach Lissabon ging die<br />
Uhr nur wenige Sekunden pro Tag<br />
nach. Jedoch entsprach die Reisedauer<br />
nicht den Ausschreibungsbedingungen.<br />
Die verbesserten Modelle H-2<br />
und H-3 kamen nie in die Testphase.<br />
Und so vergingen noch einmal<br />
fast 30 Jahre, bis sich Harrison erneut<br />
beweisen durfte. Bei seiner taschenuhrähnlichen<br />
H-4 sorgte ein<br />
neues Antriebsprinzip (remontoir<br />
d’egalitè) für höchste Genauigkeit.<br />
Nach drei Monaten Überfahrt wich<br />
die Uhr im Zielhafen auf Jamaika<br />
gerade einmal fünf Sekunden von<br />
der Ortszeit ab.<br />
Eine Ehrung blieb Harrison erneut<br />
verwehrt. Stattdessen sollten<br />
andere Uhrmacher die H-4 nachbauen<br />
und ihre Tauglichkeit zeigen.<br />
Ein Replikat ging 1772 mit<br />
James Cook auf Südseereise. Der<br />
Kapitän schwärmte im Logbuch,<br />
die Uhr sei ein „nie versagender<br />
Führer“. John Harrison hatte das<br />
Längenproblem offiziell gelöst.<br />
FOTO: M. SCHMIDT-OTT<br />
GEMÄLDE VON THOMAS KING, UM 1767 © THE BOARD OF TRUSTEES OF THE SCIENCE MUSEUM<br />
DANIELA SCHUSTER<br />
ist freie Journalistin<br />
und schreibt als solche<br />
gerne am und übers<br />
Meer.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
Dass seine Erfindung bald zur Ausrüstung<br />
der Royal-Navy-Schiffe gehörte,<br />
erlebte Harrison nicht mehr.<br />
1959 benannte man eine Passage<br />
in der Antarktis nach dem Genie,<br />
das zeitlebens um Anerkennung<br />
hatte kämpfen müssen.<br />
<br />
BUCHTIPP. Dava Sobel:<br />
„Längengrad. Die wahre<br />
Geschichte eines einsamen<br />
Genies, welches das größte<br />
wissenschaftliche Problem<br />
seiner Zeit löste“. National<br />
Geographic, € 17,–.<br />
John Harrison (1693–1776) war kein Seemann und als<br />
Uhrmacher ein Autodidakt. Mit seinen exakten Chronometern<br />
revolutionierte er dennoch die maritime Navigation.<br />
16 4/<strong>2024</strong>
FOTO: JAMES MITCHELL PHOTOGRAPHY<br />
Hunderte von Yachten sind bei der ARC am Start.<br />
REVIER<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Über den Atlantik<br />
HOCHSEE-KABINENCHARTER. Eine<br />
Atlantiküberquerung mit sportlichem<br />
Hintergrund im Verbund von hunderten<br />
Booten: Globesailor bietet diesen<br />
Herbst die Möglichkeit, als Crewmitglied<br />
auf einer Regattayacht an der<br />
ARC (Atlantic Rally for Cruisers) teilzunehmen.<br />
Gesegelt wird auf der<br />
Challenge 67, einem 21 Meter langen<br />
Racer-Monohull und ehemaligen<br />
Weltumsegler-Schiff. Gesprochen wird<br />
je nach Skipper Französisch und Englisch,<br />
gestartet wird am 8. November<br />
in Lorient, um in Gran Canaria zur<br />
Flotte zu stoßen und gemeinsam um<br />
den 14. Dezember herum Saint Lucia<br />
in der Karibik anzusteuern.<br />
è www.globesailor.de<br />
Flott unterwegs<br />
EDELCRUISER. Mit vielen neuen<br />
Yachtmodellen und Ausgangshäfen<br />
ist Pitter Yachtcharter in die<br />
neue Saison gestartet. Für viele leidenschaftliche<br />
Segler war der Pitter<br />
Kornati Cup in Kroatien, der jedes<br />
Jahr um den 1. Mai stattfindet, der<br />
offizielle Start in die Segelsaison.<br />
Eine besondere Premiere feierte<br />
hierbei die neue Bavaria C46, die<br />
erstmals in einer Regatta zum Einsatz<br />
kam (siehe Bericht ab Seite 62).<br />
Die Bavaria C46 ist aber nicht nur<br />
für Regatten eine taktisch sehr gute<br />
Wahl, sondern auch die ideale Urlaubsyacht.<br />
Mit ihrem geräumigen<br />
und modernen Design bietet sie einfaches<br />
Handling und außergewöhnlichen<br />
Komfort für entspannte Törns.<br />
Bei Pitter Yachtcharter stehen den<br />
Charterkunden im Sommer fünf<br />
neue Bavaria C46 zur Verfügung.<br />
Für diejenigen, die sich ihren<br />
Traum von einer eigenen Yacht erfüllen<br />
möchten, bietet Pitter auch die<br />
Möglichkeit, die Bavaria C46 als<br />
Kauf-Chartermodell zu erwerben.<br />
è www.pitter-yachting.com<br />
Fünf neue Bavaria C46-Yachten sind …<br />
… ab diesen Sommer charterbar in der Adria.<br />
Adria rauf und runter<br />
OFFSHORE-REGATTA. Mit seinen<br />
zwei je 280 Seemeilen langen<br />
Etappen gilt das Thousand<br />
Islands Race als eine der<br />
längsten und anspruchsvollsten<br />
Offshore-Regatten in der Adria.<br />
Die elfte Auflage findet vom 15.<br />
bis 22. September statt und wird<br />
wieder vom Segelclub Rijeka<br />
und dem Yachtclub Porto Montenegro<br />
organisiert. Der erste<br />
Leg startet in Rijeka und führt<br />
nonstop zwischen den hürdenreichen<br />
Inseln und Kanälen der<br />
kroatischen Küste bis in die<br />
Bucht von Kotor/Montenegro.<br />
Nach der Preisverleihung für die<br />
erste Etappe wird auf demselben<br />
Kurs nach Rijeka zurückgesegelt.<br />
è www.scor.hr<br />
Fordernd: das Thousand-Islands-Race.<br />
„ Das Wasser ist dazu erschaffen, die wunderbaren<br />
schwimmenden Bauwerke zu tragen, die man Schiffe nennt.“<br />
François Fénelon (1651–1715), franz. Erzbischof und Schriftsteller<br />
4/<strong>2024</strong> 17
Frankreich/Bretagne<br />
Bretagne,<br />
mon amour!<br />
Auf dem Weg nach Norden verliebt sich die Crew der Stravanza in die wegen ihrer dramatischen Gezeitenhübe<br />
und Tidenströmungen bei Seeleuten gefürchtete Küste der Bretagne. Weltumseglerin Ingrid Schnabl macht uns<br />
bekannt mit der entspannten und äußerst charmanten Seite dieses Reviers. Der entschleunigten Lebensart der<br />
Bretonen erliegt man hier schnell. Auf Bretonisch heißt das „À l’Aise Breizh!“.<br />
Text INGRID SCHNABL | Fotos ROBERT UND INGRID SCHNABL<br />
Ankerplatz „Aber Benoît“<br />
an der 18 Nordwestküste. 4/<strong>2024</strong>
Nach drei anspruchsvollen Tagen<br />
auf der Biskaya landen wir auf der<br />
ersten bretonischen Insel, der Belle-<br />
Île, die ihrem Namen vollauf gerecht<br />
wird. Der Hafen von Souzon ist<br />
umrahmt von pastellfarbenen Häuschen, der<br />
obligatorischen Boulangerie, einer kleinen<br />
Kirche, gemüt lichen Lokalen und einem sehr<br />
fotogenen Leuchtturm an der Hafeneinfahrt.<br />
Die Bretagne im Kleinformat. Und es ist Liebe<br />
auf den ersten Blick.<br />
Umschlossen vom Festland liegt gleich<br />
gegenüber das Binnenmeer Golfe du Morbihan.<br />
Ein idealer Ort, um gut geschützt ein<br />
durchziehendes Tief abzuwettern. Während<br />
es draußen stürmt, wird einem im Golf nicht<br />
langweilig: Es gibt unzählige Ankerplätze,<br />
oder man macht im Hafen der mittelalterlichen<br />
Stadt Vannes fest und segelt danach tief<br />
hinein in den Nordwesten des Golfs bis zum<br />
winzigen Ort Bono, wo auch Seglerlegende<br />
Bernard Moitessier seine letzte Ruhestätte<br />
gefunden hat – eine Pilgerstätte für Fahrtensegler!<br />
Wie viele andere schon vor uns, lassen<br />
auch wir eine maritime Kleinigkeit aus dem<br />
Fundus der Stravanza am Grabstein des Segelpioniers<br />
zurück.<br />
Wenige Meilen weiter im Norden lockt die<br />
Karibik der bretonischen Küste – der<br />
Glénan-Archipel. Wir ankern in türkisblauem<br />
Wasser vor blütenweißen Sandstränden<br />
und üben uns ausgiebig im „L’Aise Breizh!“.<br />
Die älteste Segelschule Europas hat auf einer<br />
der winzigen Inseln ihren Ursprung, seit<br />
den 1940er-Jahren befindet sich an diesem<br />
abgelegenen Ort ein einfaches Seglercamp.<br />
An Land ist alles sehr „basic“, mit Gemeinschaftsküche,<br />
Zelt und Plumpsklo. Gesegelt<br />
wird aber Hightech – mit Foils und Folien-<br />
Hafen von Souzon<br />
auf Belle-Île.<br />
4/<strong>2024</strong> 19
Frankreich/Bretagne<br />
Bretonisches Stillleben.<br />
segel! Kein Wunder, dass die größten<br />
und prestigeträchtigsten internationalen<br />
Regatten regelmäßig von Bretonen<br />
gewonnen werden.<br />
Apropos Hightech: Nur wenige<br />
Meilen entfernt, in Lorient La Base<br />
liegen sie alle versammelt. Die<br />
IMOCAS der „Vendee Globe“, die<br />
Maxis der „Jules-Verne-Trophy“,<br />
die Gewinner von „The Ocean Race“<br />
und viele andere Teams haben ihre<br />
Rennställe und Werkstätten in den<br />
ehemaligen deutschen U-Bootbunkern.<br />
Ohne Schranken und aus<br />
nächster Nähe kann hier der ganz<br />
große Regatta zirkus bestaunt werden.<br />
Auf See flitzt uns regelmäßig eine<br />
dieser Rennmaschinen mit klingendem<br />
Namen um die Ohren. Yannick<br />
Bestaven und seine Maître CoQ IV,<br />
überholen uns mit unglaublichen<br />
15 Knoten Speed, als unsere gemüt -<br />
liche Stravanza gerade mit drei<br />
Knoten zu ihrem nächsten Ziel<br />
schaukelt.<br />
Im nahe gelegenen La Trinitésur-Mer<br />
atmen wir sogar dieselbe<br />
Luft wie Boris Hermann, der<br />
gerade eine Runde mittrainiert.<br />
Frankreich und Deutschland in<br />
einem Boot. Vereintes Europa gelebt,<br />
in diesem vom Zweiten Weltkrieg<br />
so stark geprägten Revier.<br />
Alltag hier im „Segelmekka“.<br />
20 4/<strong>2024</strong><br />
Île d’Ouessant<br />
Bucht von<br />
Laumpaul<br />
PHARE DE<br />
LA JUMENT<br />
Île de Sein<br />
Im Glénan-Archipel –<br />
Karibik der Bretagne.<br />
Bretonische Lebensart.<br />
PHARE DE<br />
L’ÎLE VIERGE<br />
Raz de Sein<br />
PLAGE DU GARO<br />
Glénan-Inseln<br />
Atlantik<br />
Côte de Granit Rose<br />
MORLAIX<br />
Am Grab von<br />
Bernard Moitessier.<br />
Berühmtes Fotomotiv:<br />
Phare de la Jument.<br />
RANDY MACHT RANDALE<br />
Raz de Sein – „Raz“ ist keltisch<br />
und steht für „strömungsreiche,<br />
gefährliche Passage“. Schon Segelliterat<br />
Björn Larsson schreibt über<br />
diese Meerenge: „Qui voit Sein,<br />
voit sa fin“, „Wer Sein sieht, sieht<br />
sein Ende“. Wir planen akribisch,<br />
und die Durchfahrt gelingt: Mit<br />
zehn Knoten über Grund rauschen<br />
wir zwischen Festland und der Îlede-Sein<br />
durch – die Logge zeigt<br />
allerdings nur vier Knoten!<br />
Der kleine Hafen der Insel fällt<br />
trocken. Kein Problem für unsere<br />
Stravanza, denn sie hat ein Centreboard.<br />
Wir können, wie auf einer<br />
Bretagne<br />
LORIENT<br />
PLOUMANAC’H<br />
LA TRINITÉ-SUR-MER<br />
SAUZON<br />
LE PALAIS<br />
Belle-Île-en-Mer<br />
Jolle, Schwert und Ruder einholen<br />
und somit aufrecht stehend trocken<br />
fallen. Praktisch, aber kein Muss für<br />
dieses Revier.<br />
Am äußersten Nordwestzipfel<br />
Frankreichs liegt die Île d’Ouessant,<br />
von englischen Seglern ehrfurchtsvoll<br />
Ushant genannt. Hier beginnt<br />
die berühmte „La Route des Phares“<br />
mit Europas zum Teil ältesten<br />
Leuchttürmen. Unter ihnen der<br />
nach wie vor höchste Leuchtturm<br />
der Welt: Phare de l‘Île Vierge.<br />
Vorbei geht es auch am Phare de<br />
la Jument, der vielen Seglern von<br />
einer Fotografie von Jean Guichard<br />
bekannt ist. Nämlich jenes berühmte<br />
Foto mit der riesigen Welle an der<br />
Rückseite des Leuchtturms und<br />
dem Leuchtturmwärter, der gerade<br />
aus der Tür an der Vorderseite tritt.<br />
Unvorstellbar, welche Kräfte sich<br />
hier bei Sturm entfalten, erst recht,<br />
wenn man selbst bei bestem Wetter<br />
und ruhiger See vorbeisegelt.<br />
In der Bucht von Lampaul-Plouarzel<br />
sind Besucherbojen ausgelegt.<br />
Austern an Bord.<br />
AURAY VANNES<br />
BONO<br />
Golf von Morbihan<br />
2° 46’ W<br />
SAINT-MALO<br />
Pays de la Loire<br />
RENNES<br />
Normandie<br />
47° 39’ N
Hier machen wir Bekanntschaft<br />
mit Randy, dem lokalen Delphin-<br />
Kasperl. Mit Kopfstößen und Luftsprüngen<br />
gegen die von uns auserkorene<br />
Boje versucht er, uns am<br />
Festmachen zu hindern.<br />
Ein bisher noch nie erlebtes<br />
Spektakel mit einem freilebenden<br />
Delphin. Nach mehreren Anläufen<br />
gelingt es, trotz Randys Protest, die<br />
Boje zu ergattern. Randy hat sich<br />
mit unserer Anwesenheit arrangiert<br />
und springt dem nächsten einlaufenden<br />
Schiff entgegen – einer<br />
großen schwarzen Ketsch.<br />
Beim Näherkommen erkennen<br />
wir: Es ist die Pen Duick IV, die<br />
berühmte 16-Meter-Stahlketsch<br />
von Éric Tabarly, dem tragisch auf<br />
See verunglückten, französischen<br />
Nationalhelden. Er hatte diese Yacht<br />
selbst gebaut und mit ihr die ganz<br />
großen Regatten gewonnen. Jetzt<br />
wird sie von seiner Tochter Marie<br />
gesegelt. Die Legende von Boot liegt<br />
hier in Lampaul-Plouarzel ganz<br />
selbstverständlich neben uns.<br />
DIDI MACHT LICHT<br />
Sobald dieses westlichste Eck der<br />
Bretagne gerundet ist, sind wir auf<br />
Ostkurs und segeln an der Nordküste<br />
der Bretagne. Die See ist rauer,<br />
und es wird einsamer. Die Küste<br />
verwandelt sich in die berühmte<br />
Côte de Granit Rose mit ihren<br />
runden, rosafarbigen Felsen. Bei<br />
Sonnenschein ein prächtiger Kontrast<br />
zum blauen Ozean.<br />
Einer der schönsten Plätze an<br />
diesem Küstenabschnitt ist wohl<br />
Ploumanac’h. Die Ansteuerung der<br />
Bucht, landschaftlich außergewöhnlich<br />
und spannend, ist nur bei<br />
Hochwasser möglich. Erst ganz kurz<br />
vor der Einfahrt teilen sich die rosa<br />
Felsen und wir steuern in den engen<br />
Kanal zwischen roten und grünen<br />
Stangen.<br />
Der Anker fällt in einem von Felsen<br />
umrundeten Becken auf acht<br />
Meter Wassertiefe. Nach sechs Stunden<br />
stehen wir gerade und trocken<br />
auf Sand und können zu Fuß auf<br />
eine kleine Insel mit Schloss wan-<br />
Yachtcharter<br />
&<br />
Kreuzfahrten<br />
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Morlaix – Fachwerkbauten am Marktplatz.<br />
Die Pen Duick VI von Éric Tabarly.<br />
Dieses Schloss in Ploumanac’h<br />
gehört Didi Hallervorden.<br />
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Frankreich/Bretagne<br />
dern. Unsere Recherche im Reiseführer<br />
ergibt, dass dieses Schloss<br />
seit den 1980er-Jahren dem deutschen<br />
Komiker Didi Hallervorden<br />
gehört. Abends brennt bei Didi im<br />
Schloss Licht, zu sehen bekommen<br />
wir ihn aber nicht.<br />
AUSTERN FÜR ANFÄNGER<br />
Morlaix mit seinem mittelalterlichen<br />
Stadtkern hat es uns besonders<br />
angetan. Bunte Fachwerkbauten<br />
aus dem 13. Jahrhundert stehen<br />
rund um den Hauptplatz und lehnen<br />
sich gegenseitig stützend aneinander.<br />
Samstags findet hier ein<br />
Wochenmarkt statt. Fisch, Meeresfrüchte,<br />
Fleisch, Wurst, Pâtes und<br />
Käse, Obst und Gemüse werden<br />
in ungeheurer Vielfalt und Frische<br />
angeboten. Die Cafés rund um den<br />
Markt sind voll, die Stimmung ist<br />
gelassen. Ein wunderbares Bild<br />
bretonischer Lebensart – „À l’Aise<br />
Breizh“ pur!<br />
Fast jede Speisekarte führt sechs<br />
Austern mit einem Glas Weißwein,<br />
dazu Baguette und Butter, um nur<br />
zwölf Euro. Wer wagt, gewinnt! Zu<br />
unserer Überraschung munden uns<br />
Austern vorzüglich. Oder sind wir<br />
einfach schon „halberte“ Bretonen<br />
und dem „À l’Aise Breizh“ erlegen.<br />
Für die Pantry der Stravanza muss<br />
ein Austernmesser her, samt Anleitung,<br />
wie die Muschel zu öffnen ist.<br />
Ab jetzt gibt’s auch an Bord Austern<br />
zum Sundowner!<br />
Der Schnellkurs „So öffnet man<br />
eine Auster“ auf dem Markt ist bestimmt<br />
nicht nur uns in Erinnerung<br />
geblieben: Eine Traube von hilfsbereiten<br />
Menschen erklärt den Touristen-Banausen,<br />
wie das geht. „Was?<br />
Ihr habt noch nie eine Auster geöffnet?<br />
Schaut mal her!“ Sehr, sehr<br />
amüsant für uns und unsere Lehrer<br />
– zur Sicherheit gibt uns der Messerverkäufer<br />
auch noch einen Kettenhandschuh<br />
mit.<br />
Ganz im Osten, schon nahe der<br />
Grenze zur Normandie, liegt Saint-<br />
Malo – der Ort mit Europas höchstem<br />
Tidenhub: 13 Meter! An den<br />
Liegeplatz kommt man nur durch<br />
eine Schleuse. Einmal drinnen, liegen<br />
wir direkt an der alten Stadtmauer<br />
und sind mit wenigen Schritten<br />
mitten im Touristenrummel.<br />
Abends aber sind die Tagesgäste<br />
weg, es kehrt Ruhe ein und Saint-<br />
Malo zeigt sich von seinen schönsten<br />
Seiten. Bei Sonnenuntergang sitzen<br />
wir im Café am langen Strand,<br />
trinken zu unseren Austern ein<br />
kühles Glas Muscat und genießen<br />
das „À l’Aise Breizh“ in vollen<br />
Zügen.<br />
<br />
Trockenfall gehört in der<br />
Brteagne dazu! Links<br />
oben liegend die Stravanza<br />
mit eingeholtem<br />
Schwert und Ruder.<br />
Austern und Wein auf<br />
fast jeder Speisekarte.<br />
Die Stravanza an der<br />
Côte de Granit Rose.<br />
Robert und Ingrid Schnabl.<br />
Bretagne unter Segeln<br />
Anreise. Über Paris und weiter mit dem TGV direkt an die bretonische Küste. Es gibt Züge, die direkt<br />
vom Flughafen Charles de Gaulle nach Nantes, Rennes oder Lorient fahren.<br />
Wetter und Klima. Windy, Navtex, Grib Files funktionieren gut in diesem Revier. Regelmäßiger UKW<br />
Wetterbericht, allerdings nur auf Französisch. Französischer Wetterbericht mit Tidenkalender im Internet:<br />
è https://meteofrance.com/meteo-marine<br />
Auch im Sommer sind immer wieder durchziehende Tiefs mit Starkwinden zu beachten. An der Nordküste<br />
sind Seegang und Wetter rauer als an der Südküste. Bei Sonnenschein von Juni bis September sommerlich<br />
warm. Wassertemperatur im Süden ca. 18 °C, relativ trockene Sommermonate.<br />
Navigation und Gezeiten. Die Gezeiten bestimmen hier den Törnverlauf! Tideninfos: Navionics und/<br />
oder französische Gezeiten-App „Maree“. Tidenkalender im Imray „Cruising Almanach“ oder „Reeds“.<br />
Schleusentore für Häfen und Marinas öffnen meist 1,5 Stunden vor und nach Hochwasser. Oft auch nur<br />
bei Tageslicht. Auskunft darüber geben Hafenhandbuch, Funk, Telefon. Telefonische Reservierung in<br />
Häfen oder Marinas ist meist nicht notwendig. Seekarten: Navionics und OpenCPN.<br />
Häfen und Marinas. Die Gebühren sind moderat – für z. B. 43 Fuß zahlt man rund € 35,– je Nacht in<br />
Marinas, Häfen oder an der Boje. In den meisten Häfen sind (auch wenn keine Marina) Strom, Wasser<br />
und Sanitäranlagen vorhanden.<br />
Gezeitenströme und Literatur. Die Durchfahrten zwischen Inseln bzw. Insel und Festland sind besonders<br />
zu beachten. Strömungskarten im Imray „Cruising Almanach“ oder „Reeds“. Hafenhandbücher:<br />
Imray „Channel Islands, Cherbourg and Northern Brittany“ und „Atlantic France“.<br />
Auch ohne Französischkenntnisse kommt man mit Englisch recht gut durch. Die Bretonen sind sehr gastfreundlich.<br />
Man wird nicht ausgelacht, wenn man versucht, ein paar Brocken Französisch anzubringen.<br />
Die Crew der Stravanza. Ingrid und Robert Schnabl starteten im Jahr 2000 mit ihrer damals dreieinhalbjährigen<br />
Tochter von Kroatien aus zu einer Weltumsegelung, die sie nach vier Jahren erfolgreich wieder<br />
in Kroatien beendeten. Es folgten zahlreiche Törns im Mittelmeer und Nordatlantik mit Charterschiffen<br />
oder Überstellungstörns. Mit ihrem zweiten Schiff, einer Alubat Ovni 435, der Stravanza, segeln<br />
die beiden seit drei Jahren im Nordatlantik. Blog online unter è www.stravanza.at<br />
22 4/<strong>2024</strong>
PANORAMA<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Inneres und äußeres Wachstum<br />
Mehr Platz für die Frauscher-Produktion.<br />
NOBELBOOTE. Um der steigenden<br />
Nachfrage gerecht zu werden, erweitert<br />
die Frauscher Bootswerft ihre<br />
Produktionsfläche in Ohlsdorf. Der<br />
Zubau, für den vier Millionen Euro in<br />
die Hand genommen wurden, umfasst<br />
855 m² und beherbergt die Produktion<br />
der Elektroboot-Palette. Ebenfalls verwirklicht<br />
wurden eine neue Sprinkleranlage<br />
für den gesamten Betrieb und<br />
eine Photovoltaikanlage. Neues gibt es<br />
für die oberösterreichische Bootsmanufaktur<br />
auch aus den Niederlanden zu<br />
berichten: Dort hat Messink Yachting<br />
in Loosdrecht, dem südöstlich von<br />
Amsterdam gelegenen Zentrum des<br />
niederländischen Wassersports, die<br />
Frauscher-Vertretung für die Benelux-<br />
Staaten übernommen.<br />
è www.frauscherboats.com<br />
Das Auf und Ab im Griff<br />
TIDEN-ANZEIGE. Ein Tideograph ist<br />
ein Gezeitenmesser. Das Wort Tideograph<br />
gibt es eigentlich gar nicht, ist<br />
aber eine hübsche Erfindung der<br />
Schweizer Uhrenmanufaktur Maison<br />
d’Horlo gerie Baume & Mercier<br />
(ebenfalls ein spannender<br />
Name), die damit ein auf 500 Exemplare<br />
limitiertes Sondermodell der<br />
Reihe Riviera benannt hat. Ebbe und<br />
Flut werden auf einer blauen Scheibe<br />
bei 6 Uhr angezeigt, die natürlich je<br />
nach Ort eingestellt werden kann.<br />
Keine Hexerei, aber allemal ein nettes<br />
Feature. Sonst: Edelstahlgehäuse,<br />
kratzfreies Saphierglas, Automatikwerk,<br />
Gangreserve von 120 Stunden,<br />
Wasserdichtigkeit bis 100 m, Kautschuk-Armband.<br />
Preis: 5.400 Euro.<br />
è www.baume-et-mercier.com<br />
Gut bei Flut: Riviera-Tideograph.<br />
Sonne tanken<br />
Gewand für Entdecker<br />
FALTBARE PANEELE.<br />
Nicht nur in Österreich,<br />
sondern auch in Schweden<br />
gibt es ein Sunbeam, das<br />
allerdings keine Segelyachten,<br />
sondern Solarpaneele<br />
und Lithium-Batterien<br />
herstellt. Wer z. B. vor Anker<br />
in der Bucht autark ein<br />
wenig Sonne auch für<br />
Strom tanken will, für den<br />
könnten die faltbaren Sunbeam-Solarpaneele<br />
in Laptopgröße<br />
interessant sein.<br />
Hergestellt wird die Fold-<br />
Serie, die 12V-Batterien<br />
lädt, mit einem stabilen<br />
Glasfaser-Sandwich-Verbundstoff,<br />
was das Gewicht<br />
niedrig hält und<br />
für Wasserfestigkeit<br />
sorgt. Erhältlich von 21<br />
bis 124,5 W Leistung.<br />
è www.sunbeamsystem.com<br />
OUTDOOR-KLEIDUNG. Die auf<br />
Luxus-Explorer spezialisierte<br />
Werft Arksen mit Sitz in England<br />
und Kanada hat auch eine eigene<br />
Bekleidungslinie. Der Zugang ist<br />
ein hochwer tiger: Hightech-Gewebe,<br />
das allerdings zu 95 Prozent aus<br />
recycelten Materialien stammen<br />
muss, modernes Design, Augenmerk<br />
auf Haltbarkeit (lebenslange<br />
Garantie!) und Produktion<br />
in Europa. Klingt gut, hat aber<br />
natürlich seinen Preis. Das abgebildete<br />
Gilet Joro z. B. kommt<br />
auf rund 530 Euro.<br />
è www.arksenlabs.com<br />
Aufklappbares Kleinkraftwerk.<br />
Warm, wasserdicht & europäisch:<br />
Outdoor-Bekleidung von Arksen.
Hochseeangeln<br />
Das<br />
Glück<br />
am Haken<br />
Unser Mittelmeer-Experte Markus Silbergasser hat lange gebraucht, um heraus zu -<br />
finden, wie man auf hoher See erfolgreich Fische fängt. Hier seine Tipps und Tricks<br />
für das Schleppangeln beim Segeln. Dazu noch ein Blick über die Schultern eines<br />
Profi-Fischers – und Rezepte für die Zubereitung von Thunfischsteaks.<br />
Text und Fotos MARKUS SILBERGASSER<br />
MARKUS SILBERGASSER<br />
ist Fahrtensegler, Reisefotograf,<br />
Vortragsreferent<br />
und freiberuflicher<br />
Yachtredakteur mit<br />
mehr als 48.000 sm im<br />
Kielwasser. Mitfahrmöglichkeiten<br />
im Mittelmeer<br />
und Vortragstermine ab<br />
Herbst/Winter 24/25 auf<br />
seinem Segelblog unter<br />
è www.untersegeln.eu<br />
Als Fahrtensegler genießt<br />
man das autarke Leben<br />
an Bord – und für Kenner<br />
gehört da natürlich<br />
auch das Fischen auf See dazu. In<br />
meinen Lehrjahren als „Fischer“<br />
hatte ich oft tagelang keinen einzigen<br />
Biss, und wenn doch, dann<br />
habe ich meist während des Drills<br />
oder spätestens knapp vor dem<br />
Aufs-Boot-Hieven den Fang samt<br />
Köder wieder verloren.<br />
Das war frustrierend und ging<br />
ganz schön ins Geld. Aber ich ließ<br />
nicht locker und konsultierte viele<br />
Fischereizubehörläden, die auf<br />
meiner Reiseroute lagen, bzw.<br />
fachsimpelte ich mit professionellen<br />
Fischern in Häfen und auf<br />
Bootsmessen.<br />
In der Zwischenzeit habe ich<br />
schon unzählige Fische gefangen<br />
und teile gerne meine Erfahrung<br />
und Vorgangsweise mit euch …<br />
AUSRÜSTUNG UND TECHNIK<br />
Wir sprechen hier vom Schleppfischen,<br />
auch Schleppangeln oder<br />
Trolling genannt – eine Angeltechnik,<br />
bei der ein Köder hinter dem<br />
Boot durchs Wasser gezogen wird.<br />
Elementar dabei sind die richtige<br />
Ausrüstung und Technik.<br />
Die Angel besteht aus einer speziellen<br />
Angelrute für Trolling, einer<br />
Spule mit starker Bremse und einer<br />
dazu passenden Angelschnur. Minimalisten<br />
können stattdessen<br />
auch nur eine Handangel verwenden.<br />
Meine Segelfreunde, die Seenomaden,<br />
verwenden immer noch<br />
eine Handangel anstatt einer richtigen<br />
Angelrute und sind damit genauso<br />
erfolgreich.<br />
Der wichtigste Teil der Ausrüstung<br />
ist meiner Meinung nach der<br />
richtige Köder, auch Wobbler oder<br />
Lures genannt. Ein Wobbler ist ein<br />
künstlicher Köder, der für das Angeln<br />
von Raubfischen verwendet<br />
wird. Der Köder führt dabei im<br />
Einsatz taumelnde Bewegungen<br />
aus und soll einen Fisch beim<br />
Schwimmen imitieren. Für den<br />
Erfolg entscheidend ist die Konstruktionsform,<br />
denn der künstliche<br />
Fisch soll während der Fahrt auf<br />
einige Meter Wassertiefe gehen,<br />
da nur dort ein geeigneter Fisch<br />
zubeißen wird.<br />
Ganz wichtig ist dabei die auf der<br />
Verpackung angegebene Einsatzgeschwindigkeit.<br />
Viele Wobbler funktionieren<br />
nämlich nur bis fünf<br />
Knoten Fahrt durchs Wasser und<br />
das ist zu wenig für uns Segler,<br />
denn sobald man mal eine Welle<br />
absurft, zieht es den Köder an die<br />
Wasseroberfläche und dabei verheddern<br />
sich die Haken gerne an<br />
der eigenen Angelschnur.<br />
So ziehen dann Crews oft ihren<br />
Köder den ganzen Tag hinter dem<br />
24 4/<strong>2024</strong>
Ist der Thun an Bord,<br />
freut sich der Mensch.<br />
Links ein erfolgreicher<br />
Wobbler, eine Spule mit<br />
starker Bremse und ein<br />
Edelstahl-Vorfach mit<br />
kleinen Köderfischen.<br />
Schiff her und wundern sich am<br />
Abend, wieso ihnen kein Fisch an<br />
die Leine gegangen ist.<br />
Wir schleppen den Köder in der<br />
Regel ca. vier bis fünf Bootslängen<br />
hinter uns nach. Bewährt hat sich<br />
meiner Meinung nach auch der<br />
Einsatz eines ausreichend starken<br />
und langen Stahlvorfachs mit Vorfangködern.<br />
Dadurch meint der<br />
sich annähernde Fisch, dass der<br />
Hauptköder einem kleineren<br />
Fischschwarm hinterherjagt, was<br />
ihn zum Biss in den Hauptköder<br />
ver leitet.<br />
EIN FISCH HAT ANGEBISSEN<br />
Die beste Zeit zum Angeln ist bei<br />
Sonnenauf- und -untergang. Dann<br />
jagen die Fische am häufigsten,<br />
und die Wahrscheinlichkeit ist<br />
deutlich höher, einen Biss zu verzeichnen.<br />
Wenn ein Fisch anbeißt, heißt es,<br />
schnell die Segel zu reffen oder den<br />
Motor zu drosseln, auf jeden Fall<br />
aber langsam weiterzufahren, um<br />
Stabilität im Boot zu behalten. Um<br />
den Fisch nach dem Biss komfortabler<br />
einzuholen, empfehle ich<br />
einen Bauchgurt zum Drillen. Ziel<br />
des Drills ist es, den Fisch durch<br />
abwechselndes Schnurgeben und<br />
Heranpumpen zu ermüden, um<br />
ihn schließlich landen zu können.<br />
Zu lange soll das aber auch nicht<br />
dauern, sonst kann es einem passieren,<br />
dass man Haie anlockt, die<br />
auch Interesse an der leichten Beute<br />
zeigen …<br />
Um den schweren und kräftigen<br />
Fisch schlussendlich aus dem Wasser<br />
zu hieven, benötigt ihr unbedingt<br />
noch eine Gaff, das ist ein<br />
Metallhaken an einem Stiel. Hier<br />
gibt es teleskopierbare Stiele, die<br />
4/<strong>2024</strong> 25
Der Drill mit dem<br />
Bauchgurt.<br />
Ein Kiemenschnitt bringt<br />
die schnellste Erlösung.<br />
Bereit zum Ausnehmen.<br />
sich zum Stauen auf Booten gut<br />
eignen.<br />
DIE GIER IST EIN HUND,<br />
ABER KEIN FISCH<br />
Solltet ihr einen jungen oder einen<br />
noch bei weitem nicht ausgewachsenen<br />
Fisch mit nur ein paar Kilo<br />
Lebendgewicht an Bord hieven,<br />
dann gebt ihn bitte nach dem Entfernen<br />
des Wobblers wieder lebend<br />
retour ins Wasser. Unsere Meere<br />
sind ohnehin schon sehr leergefischt,<br />
da soll man keine Jung- oder<br />
gar Babyfische entnehmen!<br />
Oft sehe ich in Postings, dass<br />
Crews gleich mehrere Fische auf<br />
einmal fangen, nur weil sie gerade<br />
in einer Gegend unterwegs sind, in<br />
der sich Fischschwärme befinden.<br />
Auch dieses Verhalten sollte man<br />
kritisch hinterfragen. Eine mehrköpfige<br />
Crew kann in der Regel<br />
von einem halbwegs ausgewachsenen<br />
Fisch mehrere Tage essen, und<br />
da sollte ein Fisch für das Erlebnis<br />
ausreichen!<br />
Übrigens noch ein Hinweis, weil<br />
viele Crews oft Bedenken haben:<br />
Delfine beißen beim Angeln auf<br />
hoher See nicht. Sie sind ganz einfach<br />
zu schlau dafür!<br />
MUSS LEIDER SEIN<br />
Das Töten des Fangs ist immer sehr<br />
emotional und traurig, gehört aber<br />
leider dazu. Unsere SY Nambawan<br />
ist dabei so konstruiert, dass wir<br />
auf der Badeplattform eine große<br />
Backskiste fürs Anlanden des<br />
Fangs freigelassen haben. Da<br />
kommt der Fisch erst einmal hinein<br />
und kann uns nicht mehr entwischen.<br />
Danach muss es schnell<br />
gehen – mit einem langen scharfen<br />
Messer trenne ich seine Hauptnervenstränge<br />
im Bereich der Kiemen<br />
ab (sogenannter Kiemenschnitt),<br />
sodass er nur kurz leiden muss.<br />
Dann kann man den Fisch bei<br />
rauerer See dort ausbluten lassen<br />
und erst später aufarbeiten.<br />
Einige Hobby-Fischer gießen<br />
dem Fisch hochprozentigen Alkohol<br />
in die Kiemen. Wer jedoch<br />
näher recherchiert, erfährt, dass<br />
der Alkohol die Kiemen verätzt,<br />
Rezept 1: Thunfischsteak natur<br />
Die ca. 2,5–3 cm dicken Thunfischsteaks zuschneiden, abtupfen<br />
und mit Salz und Pfeffer würzen.<br />
Eine Pfanne mit etwas Olivenöl erhitzen. Die Thunfischsteaks<br />
in die heiße Pfanne geben und von beiden Seiten 1–2 Minuten<br />
scharf anbraten, bis sie außen kross und innen noch leicht rosa<br />
sind. Den Thunfisch nicht zu lange braten, um ein Austrocknen<br />
zu vermeiden.<br />
Die Steaks aus der Pfanne nehmen und mit frischem Salat und<br />
Weißbrot oder Erdäpfeln servieren.<br />
Außen kross und innen<br />
rosa – so soll es sein!<br />
Rezept 2: Thunfischsteak<br />
mit Sesamkruste<br />
Mit der Sesamkruste bekommt das Thunfischsteak einen besonderen<br />
Schwarz-Weiß-Look. Limette und Zitronengras machen<br />
den Asia-Geschmack perfekt.<br />
Für die Kruste in einer Schüssel weißen und schwarzen Sesam<br />
mischen. Eine Limette heiß abwaschen, abtrocknen und etwas<br />
Schale abreiben. Zitronengras abspülen und sehr fein hacken.<br />
Limettenschale, Zitronengras, Paprikapulver, schwarzen Pfeffer,<br />
roten Pfeffer und Salz zum Sesam geben und alles vermengen.<br />
Den Thunfisch ggf. zuschneiden – jedes Steak sollte circa 2,5–<br />
3 cm dick sein. Die Thunfischsteaks auf beiden Seiten mit Olivenöl<br />
bestreichen und mit allen Seiten einmal in die Sesam-Mischung<br />
drücken, sodass der Fisch rundherum mit Sesam bedeckt ist.<br />
Dabei dürfen aber auch Lücken zu sehen sein.<br />
Etwas Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Ist die Pfanne heiß, die<br />
Thunfischsteaks für 1–2 Minuten bei starker Hitze von beiden<br />
Seiten anbraten, um einen saftigen rosa Kern zu erhalten. Die<br />
Bratzeit etwas erhöhen, wenn der Fisch nur noch zartrosa sein<br />
soll. Aber nicht zu lange braten, damit die Steaks nicht trocken<br />
oder gar zäh werden.<br />
26 4/<strong>2024</strong>
Die Innereien und der<br />
Kopf sind entfernt.<br />
„Ich finde den sogenannten Kiemenschnitt<br />
als das ethisch vertretbarste Mittel.“<br />
und der Fisch dadurch qualvoll erstickt.<br />
Einige glauben auch, man<br />
könnte so ein glitschiges, ums Überleben<br />
kämpfendes Tier mit der Winschkurbel<br />
per Schlag auf den Kopf<br />
betäuben – das ist aber eher Theorie!<br />
Zusammenfassend finde ich den sogenannten<br />
Kiemenschnitt als das<br />
ethisch vertretbarste Mittel.<br />
ZUBEREITUNG AN BORD<br />
Meistens ist dann der Fang zu groß<br />
für die Crew an Bord, auch wenn wir<br />
ihn gerne mehrmals in unterschiedlicher<br />
Form zubereiten. Wir essen den<br />
frischen Fang in der Regel zuerst einmal<br />
roh (Sashimi) mit Ingwer, Wasabi<br />
und Sojasauce oder als Tatar mit<br />
gerade an Bord befindlichen passendem<br />
Gemüse dazu wie Avocado, Tomate,<br />
Paprika usw. Danach gerne als<br />
kurz angebratene Steaks (siehe Rezepte)<br />
mit Weißbrot oder Erdäpfeln<br />
und Salat, mit Pasta, als Wokgericht<br />
oder auch in einer Paella verarbeitet.<br />
Im Kühlschrank hält der Fisch bedenkenlos<br />
mehrere Tage, danach hat<br />
man sich aber in der Regel wieder<br />
einmal von der köstlichen Zutat sattgegessen<br />
und freut sich auf fischlose<br />
Speisen. Daher ein Tipp: Wenn ihr<br />
keinen Gefrierschrank an Bord habt,<br />
verschenkt einen Teil des Fangs<br />
gleich am nächsten Ankerplatz. Andere<br />
Crews freuen sich bestimmt<br />
auch über eine Kostprobe, und es<br />
wird nichts von dem wertvollen<br />
Lebensmittel vergeudet!<br />
BEIM PROFI AM WERK<br />
Seit früher Jugend haben mich die<br />
lokalen Fischer und deren Lebensweise<br />
fasziniert. Durch die vielen<br />
Monate, die ich seit Jahren an abgelegenen<br />
Küstenorten verbringe, ergibt<br />
sich gelegentlich die Möglichkeit,<br />
die dort lebenden Menschen ungeschminkt<br />
kennenzulernen. So durfte<br />
Eines von vier Filet -<br />
stücken je Fisch.<br />
Ihr Partner<br />
für Yachtcharter,<br />
Yachtkauf &<br />
Yachthandel<br />
Mit eigenen Basen in Kroatien<br />
& Yachtcharter weltweit<br />
Platz für tolle Fischgerichte ist<br />
selbst in der kleinsten Bordküche.<br />
+43 (0)5332 / 74291<br />
charter@trend-travel-yachting.com<br />
trend-travel-yachting.com<br />
© excess-catamaran
Hochseeangeln<br />
„Professionelles Fischen ist eine<br />
harte Arbeit mit viel Zeit auf <br />
wand und wenig Ertrag.“<br />
Fischer Michalis aus Gramvousa/Kreta<br />
ich mehrmals in den letzten Jahren<br />
meinen griechischen Freund Michalis<br />
aus Gramvousa auf Kreta beim<br />
Fischen begleiten. Er weiß nur zu<br />
gut: „Fischen ist eine harte Arbeit<br />
mit viel Zeitaufwand und wenig<br />
Ertrag“.<br />
Das beginnt mit dem Ausbringen<br />
der Treibnetze am Vorabend. Am<br />
Tag darauf heißt es dann sehr früh<br />
aufstehen, denn die jeweils mehrere<br />
hundert Meter langen Netze<br />
werden, unterstützt durch eine<br />
hydraulisch angetriebene Winde,<br />
bereits im Morgengrauen wieder<br />
eingeholt und im Anschluss ausgenommen.<br />
Die sich im Netz verfangenen<br />
Meerestiere müssen dann in mühsamer<br />
Kleinarbeit herausgearbeitet<br />
werden. Danach muss das Netz<br />
teilweise wieder von Hand nachgenäht<br />
und von Algen und Muscheln<br />
gereinigt werden, bevor es nochmals<br />
neu und systematisch aufgelegt<br />
wird, sodass es beim nächsten<br />
Auslegen wieder problemlos verwendet<br />
werden kann.<br />
Nun muss der Tagesfang – in<br />
unserem Fall ein Lobster, ein Oktopus<br />
und in etwa zwei Dutzend Rotbarben<br />
– erst einmal aussortiert,<br />
gereinigt, entschuppt und ausgenommen<br />
werden. Natürlich waren<br />
auch ungenießbare und gefährliche<br />
Fische wie Muränen dabei, die wir<br />
wieder zurück ins Meer gaben.<br />
Den hochgiftigen Hasenkopf-Kugelfisch,<br />
der über den Suezkanal<br />
ins Mittelmeer gelangte, haben wir<br />
getötet und entsorgt.<br />
AM GABENTISCH<br />
Nach mindestens sechs Stunden<br />
Arbeit (und einem Verbrauch von<br />
ca. 12 Litern Diesel), war die Ausbeute<br />
also ein Lobster, ein Oktopus<br />
und zwei Kilogramm Rotbarben.<br />
Wer einmal bei so einer Arbeit<br />
mit dabei war, versteht sehr gut,<br />
warum Fisch aus Wildfang so teuer<br />
ist! Am Abend bereiteten wir aus<br />
unserem spärlichen Fang mit Bedacht<br />
eine Fischsuppe zu und danach<br />
gab es noch die frittierten<br />
Rotbarben. Einfach himmlisch! <br />
Michalis bei der Arbeit: Nachbearbeitung des Netzes und beim Einholen desselben.<br />
Im Fang dabei: ein schöner großer Oktopus. Fischsuppe nach Michalis-Art.<br />
Angelsport an Bord<br />
Welche Fische fängt man in der Regel auf hoher See? Thunfische, Schwertfische<br />
und Mahi Mahi – auch Goldmakrele genannt.<br />
Ist Schleppangeln überall erlaubt? Vorschriften sind von Land zu Land unterschiedlich.<br />
In Kroatien benötigt man z. B. eine kostenpflichtige Lizenz.<br />
è www.sea-help.eu/ratgeber/angeln-schein-kroatien-genehmigung/<br />
In Naturschutzgebieten und Nationalparks ist das Fischen verboten. Manche Länder im<br />
Mittelmeerraum sehen das Angeln im Freizeitbereich nicht so streng – heißt, dort ist es<br />
noch ohne Lizenz möglich. Unbedingt vor Törnbeginn abklären!<br />
Einkaufen. Z. B. bei Gerhard Drescher, einem deutschsprachigen Hochseefischer-Experten<br />
mit hochwertigem Angelzubehör im Onlineshop. è www.big-game-fishing.de<br />
28 4/<strong>2024</strong>
PANORAMA<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Hopp on/off<br />
Donau-Kat<br />
ZWEIRUMPF-NACHWUCHS.<br />
Mehr Katamarane braucht der<br />
Markt. Z. B. aus Bulgarien. Die<br />
in Silistra am Donau-Ufer liegende<br />
Werft Elica hat angekündigt,<br />
an einer neuen Luxus-Motorkat-Serie<br />
namens<br />
Omaya zu arbeiten. Erstes Modell<br />
soll die Omaya 50 sein:<br />
Zeitgemäßes Design, beachtliche<br />
8,40 m Breite, 20,5 t Verdrängung,<br />
Flybridge, ziemlich<br />
große Flächen für Solarpaneele,<br />
vorderes Sonnendeck mit<br />
direktem Zugang vom Salon,<br />
große Eignerkabine an Backbord,<br />
zwei Gäste- und eine<br />
Crewkabine im Steuerbord-<br />
Rumpf. Motorisierungen:<br />
2 x 150 bis 2 x 440 PS starke<br />
Yanmar-Diesel.<br />
è www.omaya-yachts.com<br />
Moderne Kat-Ware aus Bulgarien.<br />
BORDSCHUHWERK. Die fescheste<br />
Neuheit der aktuellen Sommer-Kollektion<br />
von Dubarry ist auch die<br />
komfortabelste. Der Fiji-Mokassin<br />
des irischen Schuhherstellers ist aus<br />
weichem Wildleder mit wasserabweisender<br />
und atmungsaktiver Oberfläche<br />
gefertigt, besitzt eine rutschfeste,<br />
nicht abfärbende Gummilaufsohle<br />
und hat vor allem keine Schuhbandln<br />
– d. h. er lässt sich im Handumdrehen<br />
anund<br />
ausziehen,<br />
was ja für<br />
einen Bordschuh<br />
für die<br />
kleinen Ausflügen<br />
an den Steg ideal ist.<br />
Erhältlich ist der Fiji in Dunkelblau<br />
und -braun in den Größen 41 bis 47<br />
um 179 Euro.<br />
è www.dubarry.com<br />
Fiji in French Navy.<br />
Private Viewing<br />
FLATRATE. Der kroatische Vercharterer<br />
Vitonautika mit Basis in Pomer<br />
hat ein Herz für fußballfanatische<br />
Skipper. Für kurzentschlossene<br />
Kunden bietet das Unternehmen auf<br />
seinen Yachten während der Fußball-<br />
EM eine unlimited Internet-Flatrate.<br />
Damit lassen sich während des Urlaubstörns<br />
nicht nur alle Spiele aus<br />
Deutschland live streamen, sondern<br />
natürlich auch Filme.<br />
Die Flotte der Kroaten klingt ebenfalls<br />
interessant: Verschiedene Kats<br />
von Lagoon und Fountaine Pajot<br />
sowie Einrümpfer aus der Oceanis-<br />
Reihe von Beneteau stehen im Charter-Portfolio.<br />
è www.vitonautika.com<br />
Hoffentlich auch mit<br />
größerem Bildschirm:<br />
EM schauen auf der<br />
Charteryacht.<br />
FOTO: ESTRADA ANTON/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Fünf-Sterne-Törn<br />
Kat de luxe: Spirit of Ponant.<br />
LUXUS-KREUZFAHRTEN. Ponant<br />
ist die auf Polarexpeditionen spezialisierte<br />
und unter französischer<br />
Flagge fahrende Kreuzfahrtreederei<br />
im Luxussegment. Nicht in eiskalte,<br />
sondern in eher warme Reviere<br />
soll es allerdings mit der<br />
neuesten Anschaffung der Franzosen<br />
gehen, dem 24-m-Katamaran<br />
Spirit of Ponant. Die Yacht,<br />
eine Lagoon Seventy 7 mit Platz<br />
für bis zu zwölf Gäste und vier Besatzungsmitglieder,<br />
ist im Juni<br />
vom Stapel gelaufen und wird den<br />
Sommer auf Korsika verbringen,<br />
bevor sie im Winter 2025 zu den<br />
Seychellen segelt.<br />
è https://de.ponant.com<br />
4/<strong>2024</strong> 29
Rätsel der Meere<br />
Sägerochen<br />
Spektakulär, selten, geheimnisvoll<br />
Nur wenige von uns werden je einen Sägerochen in freier Natur gesehen haben. In Großaquarien<br />
werden sie jedoch gehalten, und beim Anblick dieser sonderbaren Fischform mit dem sägeartigen<br />
Rostrum stellt man sich unweigerlich viele Fragen. Ist dieser Fisch ein Rochen oder ein Hai? Wo kommt<br />
er in der Natur vor? Wozu dient die Säge? Diese und andere Fragen soll dieser Artikel beantworten.<br />
Text REINHARD KIKINGER<br />
30 4/<strong>2024</strong>
Pristis pristis, Gewöhnlicher Sägefisch. Das sägeartige<br />
Rostrum, die beiden Augen, die zwei dahinter<br />
liegenden Spritzlöcher, die als Einströmöffnungen<br />
dienen, und die verbreiterten Brustflossen sind bei<br />
diesem Exemplar sehr gut zu sehen.<br />
FOTO: SIMON FRASER UNIVERSITY<br />
Sägerochen sind Meeresbewohner,<br />
die in tropischen<br />
und subtropischen<br />
Gewässern des Indopazifiks<br />
und Atlantiks vorkommen. Sie<br />
bevorzugen flache Meeresküsten<br />
und sind auch an Flussmündungen<br />
und in Brackwasserzonen anzutreffen.<br />
Manche Arten der euryhalinen<br />
Sägerochen schwimmen Flüsse<br />
über weite Strecken hoch und<br />
besiedeln vereinzelt auch Süßwasserseen.<br />
Der Amazonas und Flüsse<br />
in Australien, Afrika, Südostasien<br />
und in Neuguinea zählen zu ihrem<br />
Lebensraum. Der Gewöhnliche Sägefisch<br />
Pristis pristis kommt auch<br />
im Mittelmeer vor.<br />
ROCHEN ODER HAI?<br />
Rochen und Haie zählen zu den<br />
Knorpelfischen (Chondrichthyes),<br />
ihr Skelett ist im Gegensatz zu den<br />
Knochenfischen (Osteichthyes)<br />
nicht verknöchert. Es gibt eine<br />
Reihe weiterer anatomischer und<br />
physiologischer Unterschiede zwischen<br />
Knorpel- und Knochen -<br />
fischen, aber wodurch unterscheiden<br />
sich Haie und Rochen, die ja<br />
beide Knorpel fische sind?<br />
Das beste Unterscheidungsmerkmal<br />
ist die Position der Kiemen.<br />
Bei Haien sind die Kiemen an der<br />
Seite des Kopfes (lateral), bei Rochen<br />
an der Unterseite des Kopfes<br />
(ventral) angelegt. Dieser Hinweis<br />
mag überflüssig erscheinen, wenn<br />
man der Meinung ist, Haie und<br />
Rochen schon an der Gestalt leicht<br />
unterscheiden zu können.<br />
4/<strong>2024</strong> 31
Rätsel der Meere<br />
Wattie Creek. Ein Zubringer des australischen Victoria-Flusses,<br />
800 km südlich von Darwin an der Grenze zur Tanami-Wüste, 500<br />
km von der Mündung des Victoria-Flusses in das Meer entfernt.<br />
Ventral-Ansicht eines Sägefisches. Hinter dem Rostrum befinden sich die Nasenöffnungen und der Mund. Jeweils fünf Kiemenspalten<br />
sind beidseitig nahe der Basis der großen Brustflossen ausgebildet. An der Innenseite der anschließenden Bauchflossen sind die<br />
röhrenförmigen Klasper (Begattungsorgane) noch in Entwicklung, es handelt sich um ein juveniles Männchen.<br />
Lisa Smiler zeigt das Rostrum des Sägefisches, den sie 2017 im<br />
Wattie Creek beim Fischen fing. Der Fisch war 2,7 m lang und<br />
ist der am weitesten im australischen Inland gefangene und<br />
dokumentierte Sägefisch.<br />
Das ist aber trügerisch, denn es<br />
gibt auch Sägehaie. Sie sehen Sägerochen<br />
ähnlich, unterscheiden sich<br />
jedoch von diesen durch Größe,<br />
Lebensraum, Vorkommen und<br />
anatomische Details wie eben die<br />
Lage der Kiemen und die Größe<br />
der Zähne am Rostrum.<br />
ARTENZAHL UND<br />
NAMENSGEBUNG<br />
Wissenschaftlich sind fünf Arten<br />
von Sägerochen beschrieben:<br />
Zwergsägerochen, Spitzkopfsägerochen,<br />
Schmalzahnsägerochen,<br />
Langkammsägerochen und der<br />
Gewöhnliche Sägefisch. Größe,<br />
Vorkommen und Details des<br />
Körperbaus sind von Art zu Art<br />
unterschiedlich. Die größte Art<br />
der Sägerochen ist Pristis pristis,<br />
der bis zu sieben Meter lange<br />
Gewöhnliche Sägefisch.<br />
Umgangssprachliche Namen<br />
sind oft verwirrend. Pristis pristis<br />
wird in älterer Literatur als Süßwassersägerochen<br />
beschrieben,<br />
englisch auch „carpenter shark“<br />
genannt (obwohl er ein Rochen<br />
ist) und heißt gegenwärtig „Gewöhnlicher<br />
Sägefisch“.<br />
LEBENSWEISE UND<br />
FORTPFLANZUNG<br />
Sägerochen sind rar und vielerorts<br />
ausgestorben, dementsprechend<br />
gering ist die Kenntnis über zahlreiche<br />
Aspekte ihrer Biologie. Die<br />
Zusammenarbeit mit Fischern, in<br />
deren Netzen sich diese Rochen<br />
mit ihrer Säge verfangen, ist wichtig<br />
für die Erfassung von Vorkommen,<br />
Artzugehörigkeit, Größe und<br />
Häufigkeit dieser Fische. Dabei<br />
kommen erstaunliche Erkenntnisse<br />
zutage, wie der Fang eines Sägerochens<br />
durch eine australische Eingeborene<br />
in einem Fluss 500 Kilometer<br />
entfernt von der Mündung<br />
ins Meer bewies. Es war bekannt,<br />
„ Seitliche Schläge mit der Säge sind eine<br />
mächtige Waffe. Sie wird zur Verteidigung<br />
und auch zur Jagd eingesetzt.“<br />
dass Sägerochen Flüsse hinaufschwimmen,<br />
aber derart weit im australischen<br />
Inland wurden sie nicht<br />
vermutet. Genaue Daten zu Wander -<br />
ver halten und Wegstrecken werden<br />
durch markierte Tiere gewonnen,<br />
und auch da gab es Überraschungen.<br />
Einer der Rochen überquerte in zwei<br />
Monaten den gesamten Golf von<br />
Carpentaria und legte eine Wegstrecke<br />
von 1.000 Kilometern zurück.<br />
Systematische Stellung innerhalb einer großen<br />
Geigenrochenklade nach Aschliman u. a. (2012)<br />
Rochen (Batoidea)<br />
Rajiformes<br />
Zitterrochenartige (Torpediniformes)<br />
Trygonorrhinidae<br />
Rhinopristiformes<br />
Innere Systematik nach Faria u. a. (2012)<br />
Sägerochen (Pristidae)<br />
Rhinobatos<br />
Sägerochen (Pristidae)<br />
Glaucostegidae<br />
Rhinidae<br />
Stechrochenartige (Myliobatiformes)<br />
Anoxypristis<br />
Spitzkopf-Sägerochen (Anoxypristis cuspidata)<br />
Pristis<br />
Zwergsägerochen (Pristis clavata)<br />
Schmalzahn-Sägerochen<br />
(Pristis pectinata)<br />
Langkamm-Sägerochen<br />
(Pristis zijsron)<br />
Gewöhnlicher Sägefisch (Pristis pristis)<br />
Für Spezialisten: die systematische Stellung der Sägerochen.<br />
QUELLE: WIKIPEDIA<br />
32 4/<strong>2024</strong>
FOTOS: REINHARD KIKINGER (2), FELICITY MEAKINS (2), CSIRO AUSTRALIA (1), JACKSON, SHARKS AND RAYS AUSTRALIA (1)<br />
Die Säge. Sie ist<br />
anatomisch gesehen<br />
eine knorpelartige<br />
Verlängerung des Körpers,<br />
die als Rostrum<br />
bezeichnet wird. Bei<br />
Sägefischen haben<br />
sich seitlich an diesem<br />
Rostrum verknöcherte<br />
Zähne entwickelt, welche<br />
sich aus Schuppen<br />
gebildet haben.<br />
Sägerochen sind getrenntgeschlechtlich<br />
und wie bei den Haien<br />
ist ein deutlicher Sexualdimorphismus<br />
ausgeprägt. Männchen haben<br />
die beiden Bauchflossen zu röhrenförmigen<br />
Begattungsorganen, den<br />
Klaspern, entwickelt. Die Befruchtung<br />
erfolgt intern.<br />
Aus den befruchteten Eiern<br />
schlüpfen noch im Muttertier die<br />
Jungen, sie werden lebend geboren.<br />
Diese Form der Entwicklung wird<br />
Ovo viviparie genannt. Etwa 20<br />
Junge kommen pro Wurf zur Welt.<br />
Zum Glück für die gebärenden<br />
Weibchen sind die Sägen der Jungtiere<br />
bei der Geburt von einer<br />
Knorpelmembran eingehüllt und<br />
weich, sie härten erst später aus.<br />
STRUKTUR UND<br />
VERWENDUNG DER SÄGE<br />
In der Biologie werden spitze oder<br />
schwertartige Körperfortsätze als<br />
Rostrum bezeichnet. Dementsprechend<br />
wird die Säge der Sägerochen<br />
auch Rostrum genannt. Dieses Rostrum,<br />
eine schwertartige Verlängerung<br />
des Oberkiefers, ist an beiden<br />
Rändern mit einer Reihe von Zähnen<br />
besetzt. Wie entstehen diese<br />
Zähne und woraus bestehen sie?<br />
Sie sind umgewandelte Schuppen,<br />
genauer gesagt umgewandelte<br />
Plakoidschuppen, die für Knorpelfische<br />
charakteristisch sind.<br />
Die Sägezähne sind an ihrer<br />
Ober fläche mit einer schmelz -<br />
artigen Substanz überzogen und<br />
dadurch sehr hart. Verlorengegangene<br />
Zähne wachsen wieder<br />
nach. Sägerochen sind langsame<br />
Schwimmer, die sich gerne in Bodennähe<br />
sandiger und schlammiger<br />
Küstengewässer aufhalten.<br />
Das Rostrum dient zum Aufstöbern<br />
von Beutetieren wie kleinen<br />
wirbellosen Organismen und<br />
Fischen. Es wird vermutet, dass<br />
über Rezeptoren im Rostrum<br />
Prachtexemplar. Dieser junge Sägefisch hat eine<br />
geeignete Größe, um in einem Meerwasser-<br />
Schau aquarium zu landen. Nur mit spezieller<br />
Genehmigung dürfen die streng geschützten Fische<br />
für diese Zwecke der Natur entnommen werden.<br />
Quellen<br />
Verfangen. In Fischernetzen bleiben Sägefische mit ihrem<br />
gezähnten Rostrum leicht hängen und es ist nicht ungefährlich,<br />
diese großen und wehrhaften Fische aus dem Netz zu befreien.<br />
auch elek trische Felder vergrabener<br />
Tiere wahrgenommen werden können.<br />
Seitliche Schläge mit dem sägeartigen<br />
Rostrum sind eine mächtige<br />
Waffe. Sie wird zur Verteidigung<br />
und auch zur Jagd eingesetzt, indem<br />
Schwarmfische verletzt, erbeutet<br />
und gefressen werden.<br />
è www.saveourseas.com/project-leader/barbara-wueringer/<br />
è www.nespmarinecoastal.edu.au/story/world-first-data-show-giant-threatened-sawfish-go-the-distance/<br />
è www.abc.net.au/news/2018-04-16/sawfish-find-surprise-indigenous-rock-art/9662032<br />
è de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4gerochen<br />
4/<strong>2024</strong> 33
Rätsel der Meere<br />
Arafurasee<br />
DARWIN<br />
Gewaltig. Dieser Fang zeigt ein besonders großes<br />
Exemplar eines Sägefisches mit 5,81 m Länge.<br />
HOHER GEFÄHRDUNGSSTATUS<br />
Laut IUCN, der Internationalen<br />
Union zur Bewahrung der Natur,<br />
sind alle Arten der Sägerochen entweder<br />
stark gefährdet oder vom<br />
Aussterben bedroht. Die Ursachen<br />
dafür sind vielfältig. Sägerochen<br />
erreichen ein hohes Alter, werden<br />
spät geschlechtsreif und bekommen<br />
nur wenige Junge. Der Verlust<br />
jedes einzelnen Exemplars ist daher<br />
kritischer als bei Fischarten,<br />
die tausende Eier ablaichen.<br />
Dazu kommt, dass ihr Lebensraum<br />
flache Küstengewässer sind,<br />
die häufig befischt werden. Verfängt<br />
sich die Säge im Netz, kann<br />
sich der Rochen nicht befreien und<br />
wird zum Beifang. Kooperiert der<br />
Fischer mit Forschern, ist der Fang<br />
dank Datenerhebung ein Gewinn<br />
für die Wissenschaft. Steht monetäres<br />
Interesse im Vordergrund, wird<br />
dem Rochen die Säge abgetrennt,<br />
die als „Medizin“ in China oder als<br />
Souvenir etwas Geld bringt. Der<br />
verstümmelt zurückgeworfene<br />
Fisch ist wahrscheinlich nicht<br />
mehr überlebensfähig. Souvenirs<br />
dieser Art sollte man keinesfalls<br />
kaufen.<br />
„ Dem Rochen wird die Säge abgetrennt,<br />
die als ,Medizin‘ in China oder als<br />
Souvenir etwas Geld bringt.“<br />
AUSTRIA MEETS AUSTRALIA<br />
Eine österreichische Meeresbiologin<br />
forscht in Nordaustralien zu Biologie,<br />
Gefährdung und Schutz der regionalen<br />
Sägerochen-Population.<br />
Barbara Würinger dissertierte in<br />
Cairns über Sinnesphysiologie und<br />
Fressverhalten der Sägerochen und<br />
entwickelt nun Schutzkonzepte.<br />
Langfristig können Schutzstrategien<br />
Australien<br />
Markierung<br />
Abfall der Markierung<br />
Bergung der Markierung<br />
Weg des Sägerochens<br />
Abdrift der abgefallenen Markierung<br />
Fang für wissenschaftliche Zwecke. Vieles zur Biologie der<br />
Sägerochen ist noch unbekannt. Um ihr Wanderverhalten zu<br />
erforschen, ist es nötig, sie zu markieren.<br />
Wegstrecke. Ein 5,7 m langer Sägerochen wurde in Nordaustralien<br />
an der Westseite von Kap York markiert und freigelassen.<br />
Er überquerte den Golf von Carpentaria und legte<br />
in zwei Monaten eine Strecke von 1.000 km zurück.<br />
nur erfolgreich sein, wenn sie auf<br />
wissenschaftlicher Basis gegründet<br />
sind und zusätzlich das Verständnis<br />
und die Unterstützung der lokalen<br />
Bevölkerung gewonnen werden<br />
können. Auf genau diesem Weg<br />
arbeitet die österreichische Biologin<br />
in Australien: Sie kombiniert professionelle<br />
Wissenschaft mit Citizen<br />
Science und bindet Volunteers<br />
sowie Reiseveranstalter ein, um<br />
mehr Wissen über einen der enigmatischsten<br />
Meeresbewohner zu<br />
generieren: den Sägerochen. <br />
DR. BARBARA WÜRINGER<br />
erforscht in Australien<br />
Verbreitung und<br />
Populationsstärke der<br />
Sägerochen und initiiert<br />
Programme zum Schutz<br />
dieser stark gefährdeten<br />
Fische.<br />
Markiert zur Datenerfassung. Die Sonde löst sich nach<br />
zwei Monaten und steigt an die Wasseroberfläche. Sobald<br />
sie gefunden und geborgen wurde, können Wegstrecke,<br />
Schwimmtiefe und Wassertemperatur ausgelesen werden.<br />
FOTOS: SHARKS AND RAYS AUSTRALIA (1), CSIRO AND CHARLES DARWIN UNIVERSITY (2), SAVEOURSEAS.COM (1)<br />
34 4/<strong>2024</strong>
GREEN MILE<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
FOTO: HIEU NGHIA/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Nachhaltiger Fischfang erwünscht.<br />
Halbierter Schutz<br />
Öko-Schäume<br />
NACHHALTIGES MATERIAL. In<br />
den Verbund-Werkstoffen seiner<br />
Eco-Reihe will Sunreef Yachts<br />
nun Strukturschaum aus recycelten<br />
PET-Flaschen verwenden.<br />
Die polnische Katamaran-Werft<br />
verspricht sich davon nicht nur mehr<br />
Nachhaltigkeit, sondern auch bautechnische<br />
Vorteile – wie außergewöhnliche<br />
chemische Beständigkeit,<br />
starke Haftung und bessere mechanische<br />
Eigenschaften.<br />
UNSERE MEERE. Bei der Mitte April<br />
in Athen abgehaltenen internationalen<br />
Meeresschutzkonferenz Our<br />
Ocean wurden Investitionen von<br />
9,4 Milliarden Euro für den Schutz<br />
der Weltmeere zugesichert. Klingt<br />
großzügig, ist aber nur halb so viel<br />
wie bei der Vorgängerkonferenz 2023<br />
in Panama. Die EU hat 40 Projekte<br />
im Gesamtvolumen von 3,5 Milliarden<br />
Euro angekündigt, die großteils<br />
in nachhaltige Fischerei und Aquakultur<br />
fließen sollen. Gastgeber Griechenland<br />
will außerdem zwei neue<br />
Meeresparks mit einer Fläche von<br />
mehr als 4.000 Quadratkilometern<br />
einrichten sowie bis 2030 in allen<br />
Meeresschutzgebieten die Grundschleppnetzfischerei<br />
verbieten.<br />
è www.ourocean<strong>2024</strong>.gov.gr<br />
Für den Bau eines 80-Fuß-Segelkatamarans<br />
werden etwa 2,4 Tonnen<br />
dieses Schaumkerns benötigt, was<br />
dem Recycling von etwa 600.000<br />
PET-Flaschen entspricht.<br />
è www.sunreef-yachts.com<br />
Wir waren 60.000 PET-Flaschen.<br />
Stromausfall<br />
GOLFSTROM. Laut einer im Fachblatt<br />
„Science Advances“ veröffentlichten<br />
Studie ist es einem niederländischen<br />
Forschungsteam<br />
gelungen, anhand des Salzgehalts<br />
des Wassers ein Frühwarnsystem<br />
für das Kippen des Golfstroms zu<br />
entwickeln. Wann die atlantische<br />
„Wärmepumpe“ kollabiert, kann allerdings<br />
nicht genau vorhergesagt<br />
werden. Dänische Forscher prognostizierten<br />
im Vorjahr einen Stillstand<br />
zwischen 2025 und 2095, der<br />
Weltklimarat IPCC geht hingegen<br />
von einem längeren Bestehen des<br />
Strömungssystems aus. Die Folgen<br />
wären enorm: Der letzte Zusammenbruch<br />
des Golfstroms vor etwa<br />
12.000 Jahren löste eine etwa 1.000<br />
Jahre andauernde Kälteperiode<br />
rund um den Nordatlantik aus.<br />
è www.science.org<br />
Nordamerika<br />
Südamerika<br />
Der Golfstrom beschert West- und<br />
Nordeuropa ein milderes Klima.<br />
Europa<br />
Afrika<br />
ILLUSTRATION: PETER HERMES FURIAN/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Botschafter der Meere<br />
Zwei TF35-Flugkatamarane im<br />
Einsatz für den Meeresschutz.<br />
FAMILIENPROJEKT. Ihr Engagement<br />
für den Schutz der Meere ist ebenso eindrucksvoll<br />
wie ihre seglerischen Leistungen.<br />
So hält Skipperin Dona Bertarelli<br />
z. B. die drittbeste Zeit in der Jules Verne<br />
Trophy – und lobbyiert über ihre Fondation<br />
Bertarelli für den Schutz von über<br />
2,7 Millionen km 2 Ozean. Neu in der<br />
Sails of Change-Flotte der Milliardärin<br />
ist jetzt ein zweiter TF35-Flugkatamaran,<br />
den in der Saison <strong>2024</strong> ihr Sohn Duncan<br />
Späth segeln soll. Auch er wird das Logo<br />
#30x30 (30 % der Ozeane als Naturschutzgebiet)<br />
in den Segeln führen und<br />
für dieses ganz große Ziel kämpfen.<br />
è www.sailsofchange.com<br />
è https://tf35.org<br />
4/<strong>2024</strong> 35
Dampf und Segel<br />
Mai 1890:<br />
Iaorana! Liebesgrüße<br />
aus Tahiti<br />
Aus den Reisebriefen von Onkel Alfred. Der Seekadett berichtet jeweils über die vergangenen<br />
Tage und Wochen auf der SMS Fasana (von September 1889 bis Dezember 1890).<br />
Die Originalschreibweise ist beibehalten, der Text beschränkt sich auf Ausschnitte.<br />
Von 11. bis 19. Mai 1890 liegt<br />
die SMS Fasana in Papeete,<br />
der Hauptstadt von Tahiti,<br />
vor Anker. Die Tahitianische Inselgruppe<br />
ist zu diesem Zeitpunkt<br />
noch ein formal unabhängiges Königreich,<br />
wobei Frankreich durch<br />
diverse politische Maßnahmen bereits<br />
die Übernahme der Souveränität<br />
der Inselgruppe in den Status<br />
einer französischen Kolonie vorbereitet<br />
hat. Seekadett Alfred beschreibt<br />
die politische Vorgeschichte<br />
in einem Brief vom 11. Mai 1890 so:<br />
Die Insel wurde im Jahre 1790 von<br />
französischen Kaufleuten besucht<br />
und diese bildeten mit einigen Missionaren<br />
bald eine kleine Ansiedelung.<br />
Sie vertrugen sich mit den Kanaken*)<br />
ganz gut. Ein Jahrzehnt später landeten<br />
englische Missionare auf der anderen<br />
Seite der Insel und begannen,<br />
gegen die Franzosen zu intrigieren.<br />
Dem regierenden König von Tahiti,<br />
Pomare, war das nicht recht und er<br />
ließ die Störer entfernen. Da kamen<br />
einige englische Kriegsschiffe und<br />
setzten Truppen wie auch weitere<br />
Missionare gewaltsam an Land. Der<br />
König konnte sich nicht anders helfen,<br />
als dass er die Franzosen zu Hilfe<br />
rief. Diese schickten eine starke Flottenabteilung<br />
nach Tahiti, welche die<br />
Engländer zum Rückzug bewog. Zum<br />
Dank dafür räumte der König den<br />
Franzosen gewisse Rechte ein. Im<br />
Laufe der Zeit wurden diese Rechte<br />
größer und der gegenwärtige Stand<br />
der Dinge ist folgender: Der König<br />
Pomare V. von Tahiti ist gleichzeitig<br />
auch französischer Prinz. Er hat das<br />
Recht, einen Hofstaat zu halten, das<br />
Begnadigungsrecht, das Gesetzgebungsrecht<br />
mit Beistimmung Frankreichs.<br />
Nach seinem Tode folgt ihm<br />
sein Sohn nicht auf den Thron, sondern<br />
das Haus Pomare erlischt als<br />
Königsfamilie, während der Prinzentitel<br />
aber erblich ist.<br />
Die Insel Tahiti beschreibt Alfred<br />
von Anfang an enthusiastisch und<br />
voller Begeisterung. Möglicherweise<br />
ist aber der „paradiesische“ Gesamteindruck,<br />
den Alfred mitgenommen<br />
hat, durch einen besonderen Umstand<br />
beeinflusst: Er hat sich verliebt.<br />
Teura heißt die geheimnisvolle<br />
Schönheit, vermutlich wird das wie<br />
„Tee-Ura“ ausgesprochen. Geheimnisvoll<br />
deshalb, weil die Begegnungen<br />
mit der jungen Frau sehr oft beobachtet<br />
werden und nicht selten<br />
heften sich Verfolger an die Spuren<br />
des Paares. Die erste Begegnung mit<br />
Teura beschreibt Alfred so:<br />
Jeden Mittwoch und Samstag<br />
abends wird auf dem Platz vor dem<br />
königlichen Palast ein Tanz aufgeführt,<br />
der „Upa-Upa“ heißt. Ich habe<br />
selten so eine Riesenhetz mitgemacht,<br />
welche eigentlich kindisch ist. In der<br />
Mitte des Platzes steht ein kleiner<br />
Musikpavillon, um ihn herum war<br />
der Boden ganz ausgetreten. Um diesen<br />
graslosen Ring lagerten auf dem<br />
Boden die Kanaken. Ein Halbkreis<br />
wurde von den Kanakinnen gebildet,<br />
die Blumen verkauften. Vor ihnen<br />
auf einem Tuch waren schöne Kränze,<br />
Sträußchen, Rewa-Rewa und ein-<br />
CHRISTIAN WINKLER<br />
ist Fahrtensegler und<br />
Autor. Der Vortrag in<br />
seiner Reihe „1890: Mit<br />
Dampf und Segel um die<br />
Welt – aus den Reisebriefen<br />
von Onkel Alfred<br />
(Teil 1)“ dauert eineinhalb<br />
Stunden und enthält<br />
neben Original-<br />
Passagen auch historische<br />
Bilder, Hintergrundinfos,<br />
Grafiken,<br />
Anekdoten u. v. m.<br />
www.moresail.at<br />
zelne Blumen ausgebreitet, welche<br />
um einen Franc verkauft wurden.<br />
Bei jedem Tuch stand eine brennende<br />
Kerze oder Lampe, welche mit Kokosnussöl<br />
gefüllt war und so war der<br />
Platz ziemlich hell erleuchtet. Der<br />
Männer gab es wenige, viele trugen<br />
Kränze auf dem Hut oder um den<br />
Hals. Sie standen mehr im Hintergrund.<br />
Von Frauen waren größtenteils<br />
die Mädchen vertreten und<br />
lagerten am Boden oder standen<br />
gruppenweise beisammen. Sie waren<br />
noch reicher mit Blumen geschmückt.<br />
Es war ein reizender Anblick, diese<br />
malerischen Gruppen zu betrachten.<br />
Die „Upa-Upa“, wie sie hier getanzt<br />
wurde, ist eigentlich kein Tanz, denn<br />
sie besteht darin, dass Reihen von 2<br />
bis 5 Tänzern im Wechselschritt um<br />
den Pavillon springen. Alles, was in<br />
den Weg kommt, wird ostentativ angerannt.<br />
Namentlich die Mädchen<br />
entwickelten eine Lustigkeit, die sie<br />
Bacchantinnen ähnlich machte. In<br />
allen möglichen Variationen bewegten<br />
sie die Arme und rissen ihre Begleiter<br />
wie rasend mit sich fort, dabei<br />
erfüllte ein Gelächter, Stimmengewirr<br />
und Lärm die Luft, sodass der Zu-<br />
* Kanake oder Kanaker ist zur Zeit von Alfred Winkler kein Schimpfwort und auch nicht<br />
rassistisch gemeint. Vielmehr ist es in der Tahitianischen Sprache das Wort für<br />
„Mensch“, und wird auch in anderen Gegenden Polynesiens so verstanden. Die abwertende<br />
Bedeutung erhielt das Wort erst in Europa in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts,<br />
die Gründe für die Bedeutungsänderung sind nicht bekannt. Alfred verwendet die<br />
Bezeichnung Kanake – oder in der weiblichen Form Kanakin – nicht abwertend, sondern<br />
wertneutral als Bezeichnung der einheimischen Bevölkerung aller polynesischen<br />
Inseln.<br />
** Hier müssen wir versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen: Die Briefe an die Familie<br />
konnten wegen der strengen Sitten natürlich keine amourösen Elemente enthalten,<br />
aber was vor sich geht, wenn drei jungen Paare nachts unter Palmen „ruhen“, können<br />
wir uns gut vorstellen …<br />
36 4/<strong>2024</strong>
ILLUSTRATION: MORPHART CREATION/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Regierungspalast, Kaserne der Marinesoldaten und Haus des ehemaligen Königs auf Tahiti. Bild rechts: Tahitianerinnen ver kaufen Blumen vor dem Haus des Königs,<br />
wo traditionell auch der „Upa-Upa“-Tanz aufgeführt wird. Quelle: Stiche aus dem Journal des Voyages (Reisetagebuch, 1880–1881).<br />
schauer sich in einer anderen Welt<br />
glaubte. Die schöne Natur und ihre<br />
noch schöneren Kinder, welche trotz<br />
aller Ausgelassenheit immer eine gewissen<br />
Anmut bewahren, sind ganz<br />
dazu geschaffen, den Europäer in eine<br />
fremde Sphäre zu versetzen und jede<br />
Kritik hinwegzulachen.<br />
SPIONE UNTER PALMEN<br />
Im Zuge dieser Tanzveranstaltung<br />
lernt Alfred schließlich Teura kennen:<br />
Im Zuge des Gespräches machte<br />
ich die überraschende Wahrnehmung,<br />
dass Teura eine ganz bedeutende Bildung<br />
besaß, welche es mir ermöglichte,<br />
über die verschiedensten Dinge mit<br />
ihr zu sprechen. Ich erkundigte mich<br />
genauer nach ihren Verhältnissen<br />
und sie erzählte mir, dass sie an einer<br />
Schule in Papeete Lehrerin sei, welche<br />
Stellung mir einigermaßen ihre Bildung<br />
erklärte.<br />
Während der Unterhaltung bemerkt<br />
Alfred, dass verschiedene<br />
Männer und Knaben das Paar beobachten.<br />
Teura sagt, das wären Cousins,<br />
die wollen, dass sie nach Hause<br />
gehe. Diese Erklärung genügt Alfred<br />
vorerst, der sich allerdings wundert,<br />
denn die Tahiti-Mädchen sind sehr<br />
frei, zu machen, was sie wollen.<br />
Der Abend endet mit der Vereinbarung<br />
einer Wagenpartie (Mietkutsche,<br />
Anmerkung) am nächsten Tag.<br />
Zwei weitere Kadetten haben ebenfalls<br />
Bekanntschaft geschlossen und<br />
so gibt es nun drei Paare, die gemeinsame<br />
Unternehmungen machen.<br />
Die Fahrt war sehr schön, wir sangen<br />
alle möglichen Lieder und staunten,<br />
dass die Mädchen viele derselben,<br />
namentlich Operettenlieder, kannten.<br />
Ja, Teura fragte mich sogar nach der<br />
5. Symphonie von Beethoven und setzte<br />
mich dadurch in Verlegenheit. Immer<br />
tiefer ging es in den Palmenwald<br />
hinein und ich schlug schließlich vor,<br />
auszusteigen und zu Fuß die Partie<br />
fortzusetzen. Es war wirklich schön,<br />
in der Dunkelheit unter den Palmen<br />
zu wandeln und noch schöner, dort zu<br />
ruhen**). Vor dem Aufbrechen tanzten<br />
wir nach einigem Gesang einen Walzer<br />
und fuhren um 10 Uhr (abends, Anmerkung)<br />
wieder nach Papeete, wo wir<br />
der Spione wegen sehr vorsichtig manövrierten<br />
und die einzelnen Paare<br />
sich trennten. Ich setzte mich mit<br />
Teura in ein Boot, worin wir bis 2 Uhr<br />
morgens plauderten. Ich befragte sie<br />
über die Spione und sie wollte mir keine<br />
bestimmte Antwort geben. Es seien<br />
Leute, die ihr Cousin ausgeschickt<br />
habe, um sie zu beschützen. Teura versprach,<br />
am folgenden Abend in einem<br />
Kanu an Bord zu kommen, da ich<br />
Wache hatte.<br />
Das vereinbarte Rendezvous an<br />
Bord der Fasana muss in Hinblick auf<br />
die Dienstverpflichtung natürlich geheim<br />
bleiben, und so müssen sich Alfred<br />
und Teura – genau wie an Land<br />
wegen der „Spione“ – auch hier verstecken.<br />
Die Paare unterhalten sich<br />
unentdeckt in den Beibooten des<br />
Schiffes, die „an den Backspieren<br />
vertäut“ sind, d. h. sie schaukeln im<br />
Windschatten (Lee) des Schiffes im<br />
Wasser. Bei einem zweiten Besuch<br />
der Mädchen an Bord werden diese<br />
immerhin schon in das „Karree“<br />
(Aufenthaltsraum) der Kadetten<br />
eingeladen.<br />
Um 9 Uhr hätten die Gäste das<br />
Schiff verlassen sollen, da zu dieser<br />
Stunde an Bord eines Kriegsschiffes<br />
keine Fremden sein dürfen, ohne dass<br />
der erste Leutnant hiervon Kenntnis<br />
hätte. Wir begaben uns daher heimlich<br />
auf die Brücke, wo wir uns im Kartenhäuschen<br />
versteckten, bis die General-<br />
Ronde (Kontrollgang) vorüber war.<br />
Beim letzten Treffen der drei Paare<br />
erfährt Alfred schließlich die Lösung<br />
für das Rätsel der „Spione“, wie hier<br />
in seinen eigenen Worten wiedergegeben:<br />
Kurz vor dem Auslaufen hatte<br />
ich durch verschiedene Umstände erfahren,<br />
dass Teura die Schwester der<br />
Königin von Tahiti und der Bora-Bora-Inseln<br />
war. Dies erklärte mir auch<br />
alles, was ich früher nicht begreifen<br />
konnte.<br />
Alfred wird noch angeboten, Teura<br />
zu heiraten und in Tahiti zu bleiben,<br />
was er („… nach hartem Kampf …“)<br />
ablehnt, denn natürlich träumt er von<br />
einer glänzenden Karriere bei der<br />
Marine.<br />
Irgendwie schade, meine ich. Aber<br />
wer weiß, vielleicht stellt sich<br />
ja einmal heraus, dass die Winklers<br />
noch Verwandte in Tahiti haben. <br />
In der nächsten Ausgabe:<br />
Im Land der Amokläufer.<br />
4/<strong>2024</strong> 37
Die erste Weltumsegelung<br />
Magellan und die<br />
ersten Weltumsegler<br />
Wie ein Portugiese für den Erzfeind Spanien die Reichtümer Asiens auf<br />
der Westpassage erschließen wollte, mit dieser Mission gleichzeitig Erfolg<br />
hatte und spektakulär scheiterte, und schließlich trotzdem als einer der<br />
größten Seefahrer aller Zeiten in die Geschichte einging. Der erster von<br />
drei Teilen über Ferdinand Magellans bahnbrechende Entdeckerfahrt.<br />
Text WOLFGANG HAUSNER<br />
Bei der Wahl der bedeutendsten<br />
Seefahrer der Geschichte<br />
hätte Ferdinand Magellan<br />
wohl beste Chancen, unter<br />
die Top 3 zu kommen. Auf seiner Entdeckungsfahrt<br />
zu den Gewürzinseln<br />
in Asien führte er seine Flotte von<br />
fünf Schiffen über den Südatlantik<br />
und fand den Weg durch die später<br />
nach ihm benannte Magellan straße,<br />
um in die unendliche Weite des<br />
Pazifiks stechen zu können.<br />
Gemessen an den Meutereien, Stürmen<br />
in den kalten, südlichen Breiten<br />
und den fast unvorstellbaren Entbehrungen<br />
kann man im Vergleich dazu<br />
die erste Reise von Kolumbus über<br />
den Atlantik nur als eine Sonntagsspazierfahrt<br />
bezeichnen.<br />
Nur zwei der fünf Schiffe erreichten<br />
die Gewürzinseln. Ein Schiff lediglich,<br />
die Victoria, beendete die Weltumsegelung,<br />
und nur 18 der ursprünglichen<br />
265 Seefahrer kehrten nach<br />
Spanien zurück. Allerdings ohne<br />
Magellan, der auf den Philippinen<br />
sein Leben verlor.<br />
HERKUNFT UND JUGEND<br />
Geboren wurde Ferdinand Magellan,<br />
sein portugiesischer Name lautete<br />
Fernão de Magalhães, um 1480 in Sabrosa/Portugal,<br />
als Sohn einer Adelsfamilie.<br />
Schon als junger Mann nahm<br />
er an mehreren Expeditionen nach Indien,<br />
Südostasien und Afrika teil. Im<br />
Jahr 1513 schloss er sich einer Strafexpedition<br />
gegen die marokkanische<br />
Stadt Azemmour an. Die Portugiesen<br />
überwältigten ihre Gegner mit Leichtigkeit,<br />
aber Magellan wurde in einer<br />
Schlacht schwer verwundet und hinkte<br />
danach für den Rest seines Lebens.<br />
Zu dieser Zeit wurde er auch des<br />
illegalen Handels beschuldigt, was<br />
seinem Ruf schadete und ihm die<br />
Missgunst des portugiesischen<br />
Königs einbrachte.<br />
GEWÜRZE DOMINIERTEN DEN<br />
WELTHANDEL<br />
Im 16. Jh. standen Gewürze im Mittelpunkt<br />
der Weltwirtschaft, so ähnlich<br />
wie heute das Öl. Zimt, Nelken, Muskatnüsse<br />
und vor allem schwarzer<br />
Pfeffer wurden zum Würzen und<br />
Konservieren von Lebensmitteln sowie<br />
zur Maskierung des Geschmacks<br />
von schlecht gewordenem Fleisch sehr<br />
geschätzt und waren äußerst wertvoll.<br />
Da in Europa keine Gewürze angebaut<br />
werden konnten, wurden keine<br />
Mühen gescheut, um Seewege zu den<br />
Gewürzinseln zu finden. Portugal und<br />
Spanien führten den Wettbewerb um<br />
eine frühzeitige Kontrolle über diese<br />
wichtige Handelsware an.<br />
Die Portugiesen versuchten die arabischen<br />
Händler zu verdrängen, die<br />
die Gewürze zu exorbitanten Preisen<br />
an die Venezianer verkauften. Die<br />
Europäer hatten die Gewürzinseln<br />
entdeckt, indem sie über Südafrika<br />
nach Osten vorstießen, aber noch war<br />
38 4/<strong>2024</strong><br />
Ferdinand Magellan und seine Armada de Molucca. Vorne die<br />
Victoria, eine 85 t schwere und mit 45 Mann besetzte Galeone.
4/<strong>2024</strong> 39<br />
ILLUSTRATIONEN: SHUTTERSTOCK.COM – PAUL AND PAULA, NACI YAVUZ
Die erste Weltumsegelung<br />
keiner von Europa aus nach Westen<br />
gesegelt, um die andere Seite der<br />
Erde zu erreichen. Magellan war fest<br />
entschlossen, das als Erster zu tun.<br />
Inzwischen ein erfahrener Seemann,<br />
wandte er sich an König Manuel<br />
von Portugal, um ihn eine Expeditionsreise<br />
nach Westen zu den<br />
Gewürzinseln schmackhaft zu machen.<br />
Der König lehnte das sowie<br />
auch die Erhöhung seines Gehalts<br />
ab, gab ihm aber die Erlaubnis,<br />
einem anderen Herrn zu dienen.<br />
1517 zog Magellan nach Spanien,<br />
um dort sein Glück zu versuchen.<br />
MAGELLAN IN SPANIEN<br />
Als Magellan in Sevilla ankam, hatte<br />
er keine Verbindungen und sprach<br />
nur wenig Spanisch. Bald lernte er<br />
einen Landsmann namens Diogo<br />
Barbosa kennen und heiratete innerhalb<br />
eines Jahres dessen Tochter<br />
Beatriz. Die gut vernetzte Familie<br />
Barbosa machte Magellan mit Offizieren<br />
bekannt, die für Spaniens maritime<br />
Erkundungen verantwortlich<br />
waren, und schon bald erhielt Magellan<br />
einen Termin für eine Audienz<br />
mit dem spanischen König.<br />
Carlos I. (bei uns besser bekannt<br />
als Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen<br />
Reiches), ein 18-jähriger,<br />
aus Flandern stammender Jüngling<br />
aus dem Hause Habsburg, war bereit,<br />
Magellan zu unterstützen, der<br />
ihm seinerseits versprach, dass<br />
seine Seereise nach Westen zu den<br />
Die Muskatnuss wuchs damals nur auf den<br />
Banda-Inseln im Archipel der Molukken.<br />
Gewürzinseln Spanien große Reichtümer<br />
bescheren würde.<br />
Wie konnte sich Magellan so sicher<br />
sein, in Asien auf Reichtümer<br />
zu stoßen? Zum einen, weil er selbst<br />
schon in Malakka, der damaligen<br />
Drehscheibe des Handels in Südostasien,<br />
gewesen war. Und zum anderen,<br />
weil ihm sein Freund Francisco<br />
Serrão in Briefen die Schönheit und<br />
den Reichtum der Gewürzinseln beschrieben<br />
hatte.<br />
Serrão hatte eines von drei Schiffen<br />
befehligte, die 1511 von Malakka<br />
ausgesandt worden waren, um die<br />
Insel Banda in den Molukken zu finden.<br />
Banda war die weltweit einzige<br />
Quelle für Muskatnüsse. Auf dem<br />
Weg dorthin heiratete er in Java eine<br />
lokale Frau und nahm sie mit auf die<br />
weitere Seereise. Später blieb Francisco<br />
Serrão auf der Insel Ternate auf<br />
den Molukken, wo er ein Vertrauter<br />
des Sultans Bayan Sirrullah wurde.<br />
Er kehrte nicht mehr nach Malakka<br />
zurück und war so etwas wie der<br />
erste europäische Aussteiger.<br />
AUFBRUCH<br />
Mit Unterstützung der spanischen<br />
Krone stach Magellan am 20. September<br />
1519 in See, um in Richtung<br />
Westen einen Weg nach Asien zu<br />
finden. Warum war eigentlich Magellan<br />
so besessen, eine neue Route<br />
zu den Gewürzinseln finden, wenn<br />
doch der Seeweg von Europa über<br />
Südafrika nach Asien bereits erschlossen<br />
war? Der Grund dafür ist<br />
in dem Vertrag von Tordesillas von<br />
1494 zu finden, der von Papst Alexander<br />
VI. initiiert worden war, um<br />
den Streit zwischen den beiden iberischen<br />
Königreichen zu beenden.<br />
Damit wurde praktisch die Neue<br />
Welt zwischen den führenden Seefahrtsnationen,<br />
Spanien und Portugal,<br />
aufgeteilt. Es wurde eine Nord-<br />
FRANCISCO SERRÃO,<br />
Freund Magellans und<br />
der vermutlich erste<br />
europäische Aussteiger.<br />
FOTOS: SHUTTERSTOCK.COM –<br />
FABIO LAMANNA, JEANNETTE LAMBERT<br />
Samar 16. März 1521<br />
Pazifischer<br />
Ozean<br />
San Pablo Island (Vostok oder Flint)<br />
4. Februar 1521<br />
Sharks’ Islands (Puka-Puka)<br />
21. Jänner 1521<br />
><br />
Atlantischer<br />
Ozean<br />
19. November 1519<br />
Kapverden<br />
9. Juli 1522<br />
><br />
><br />
><br />
Sanlúcar de Barrameda<br />
20. September 1519<br />
6. September 1522<br />
Kanarische Inseln<br />
26. September 1519<br />
Santa Lucia Bay (Rio de Janeiro)<br />
13. Dezember 1520<br />
><br />
Río de Solis 12. Jänner 1520<br />
Kap der Guten Hoffnung<br />
19. Mai 1522<br />
Indischer<br />
Ozean<br />
><br />
Palawan<br />
Brunei<br />
Mactan 27. April 1521<br />
Cebu 7. April 1521 †<br />
Tidore 8. November 1521<br />
Ambon 29. Dezember 1521<br />
Timor 25. Jänner 1522<br />
><br />
Ladrones Islands (Marianen)<br />
6. März 1521<br />
><br />
Bohol<br />
Limasawa 28. März 1521<br />
†<br />
><br />
Homonhon 17. März 1521<br />
Von Magellan geführte Route<br />
Von Elcano geführte Route<br />
Zwischenstopps<br />
Passierte Wegpunkte<br />
Magellans Tod<br />
Cabo Deseado<br />
28. November 1520<br />
Magellanstraße<br />
Puerto San Julián 31. März 1520<br />
Jungfrauenkap (Cabo Virgenes)<br />
21. Oktober 1520
Juan de Cartageña wird auf Befehl Magellans<br />
festgesetzt (Kupferstich von 1909).<br />
Süd-Demarkationslinie im Atlantik<br />
gezogen, etwa 100 Meilen westlich<br />
der Kapverdischen Inseln.<br />
Das entspricht nach dem heute<br />
üblichen geografischen Koordinatensystem<br />
einem Meridian von 46° 37‘<br />
westlicher Länge. Alle Gebiete östlich<br />
davon wurden Portugal zugeteilt, alles<br />
westlich davon Spanien. Für Spanien<br />
galt es also, eine neue Handelsroute zu<br />
den Molukken zu finden, da der Weg<br />
über Südafrika bereits fest in den Händen<br />
der Portugiesen war.<br />
Magellans Flotte, die Armada de<br />
Molucca, bestand aus vier Galeonen<br />
und einer Karavelle. Die Galeonen waren<br />
besser für schweres Wetter geeignet,<br />
wogegen die kleinere Karavelle<br />
unter Lateinersegel äußerst wendig<br />
und daher wie geschaffen für Erkundungsfahrten<br />
war. Die Besatzung dieser<br />
Schiffe bestand aus einem bunten<br />
Gemisch von 265 Mann, die hauptsächlich<br />
aus Spanien und Portugal<br />
stammten, aber auch aus anderen europäischen<br />
Nationen und Nordafrika.<br />
Der Italiener Antonio Pigafetta darf<br />
nicht unerwähnt bleiben. Er führte ein<br />
Tagebuch für Magellan, und ihm sind<br />
die meisten Informationen aus erster<br />
Hand zu verdanken – auch wenn er oft<br />
dazu neigte, zu übertreiben und manche<br />
wichtigen Begebenheiten gar nicht<br />
zu erwähnen.<br />
RIVALITÄTEN<br />
Von den fünf Kapitänen waren nur<br />
Ferdinand Magellan und João Serrão<br />
Portugiesen, der Rest waren Spanier,<br />
was bald zu großen Problemen führte.<br />
Magellan konnte zwar den jungen<br />
König von seinem Vorhaben überzeugen,<br />
nicht aber den katalanischen<br />
Hof, dem es ein Dorn im Auge war,<br />
dass dieser so schweigsame, kleinwüchsige,<br />
hinkende Portugiese eine<br />
spanische Flotte anführen sollte.<br />
Um Magellan unter Kontrolle zu<br />
halten, wurde Juan de Cartageña –<br />
weniger Kapitän als ein Buchhalter<br />
ohne jegliche Seeerfahrung – zum<br />
Kapitän der größten Galeone sowie<br />
zum Generalinspekteur der Flotte ernannt.<br />
Cartageña war ein Vertrauter<br />
und sogenannter „Neffe“, aber höchstwahrscheinlich<br />
der uneheliche Sohn<br />
von Erzbischof Juan Rodríguez de<br />
Fonseca, der ihm auch diesen Posten<br />
zugeschanzt hatte.<br />
Diese Beziehung war den Offizieren<br />
der Armada bekannt und Magellan<br />
musste das auch bis zu einem gewissen<br />
Maß respektieren. Der erste Konflikt<br />
ergab sich bereits vor der Atlantiküberquerung.<br />
Einmal auf See, widersetzte<br />
sich Cartageña offen Magellans<br />
Auto rität, worauf dieser ihn verhaften<br />
und für den Rest der Reise nach Südamerika<br />
einsperren ließ.<br />
IN SÜDAMERIKA<br />
Die Flotte überquerte den Atlantik<br />
und erreichte am 13. Dezember Santa<br />
Lucia in Brasilien, die malerische<br />
Bucht, in der sich das heutige Rio de<br />
Janeiro befindet. Es war eine willkommene<br />
Gelegenheit, frische Nahrungsmittel<br />
zu bunkern, und gab auch der<br />
Mannschaft, die fast drei Monate auf<br />
See verbracht hatte, Gelegenheiten,<br />
Kontakte mit der weiblichen Bevöl -<br />
kerung zu schließen, die fast nackt<br />
herumlief.<br />
„ Wer an der Küste bleibt, kann<br />
keine neuen Ozeane entdecken.“<br />
Ferdinand Magellan (1480–1521), eigentlich Fernão de Magalhães,<br />
portugiesischer Seefahrer und Namensgeber der Magellanstraße<br />
FOTO: DONALD THOREBY/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Mit frischen Kräften segelte die Flotte<br />
weiter nach Süden, in der Hoffnung,<br />
El Paso zu erreichen, die sagenumwobene<br />
Meerenge, die in den Pazifik führen<br />
sollte. Am 11. Jänner wurde eine<br />
von drei Hügeln markierte Landzunge<br />
gesichtet, hinter der sich ein breites<br />
Gewässer in südwestlicher Richtung<br />
erstreckte. Magellan glaubte, El Paso<br />
gefunden zu haben, allerdings stellte<br />
sich nach mehrwöchigen Erkundungsfahrten<br />
heraus, dass es sich nur um ein<br />
riesiges Flussdelta handelte – die Mündung<br />
des Río de la Plata.<br />
Am 3. Februar fuhr die Flotte entlang<br />
der Küste weiter nach Süden.<br />
Magellan hoffte noch immer, dass sie<br />
bald entweder El Paso oder den südlichen<br />
Endpunkt des Kontinents finden<br />
würden, den bis dahin noch niemand<br />
umsegelt hatte. Stürme und sinkende<br />
Temperaturen erschwerten dieses Vorhaben<br />
und zwangen die Flotte acht<br />
Wochen später, in der Bucht von San<br />
Julian in Patagonien zu überwintern.<br />
DIE MEUTEREI<br />
Zu diesem Zeitpunkt war Cartageña<br />
immer noch in Gefangenschaft,<br />
wurde<br />
aber einen Tag nach<br />
der Ankunft von spanischen<br />
Offizieren befreit.<br />
Sofort stachelte<br />
Magellans Flotte<br />
Die Armada de Molucca bestand aus fünf Schiffen:<br />
Galeone und Flaggschiff Trinidad, 110 t, Admiral und<br />
Oberbefehlshaber Ferdinand Magellan<br />
Galeone San Antonio, 120 t, Kapitän Juan de Cartageña<br />
Galeone Concepcion, 90 t, Kapitän Gaspar de Quesada<br />
Galeone Victoria, 85 t, Kapitän Luiz Mendoza<br />
Karavelle Santiago, 75 t, Kapitän João Serrão<br />
Ein in Punta Arenas, Chile, liegender Nachbau der Victoria.<br />
Die von João Serrão<br />
geführte Santiago.<br />
Quelle: Livro das<br />
Armadas.<br />
4/<strong>2024</strong> 41
Die erste Weltumsegelung<br />
FOTOS: SHUTTERSTOCK.COM – IRENA V, GUADALUPE POLITO<br />
Glücklicher Zwischenstopp in Santa Lucia, dem heutigen Rio de Janeiro.<br />
Im Mündungsgebiet des Río de la Plata fand Magellan nicht<br />
die erhoffte Durchfahrt in den Pazifik.<br />
er wieder einen Aufstand an und<br />
erlangte die Kontrolle über sein ehemaliges<br />
Schiff, wobei alle Portugiesen<br />
der Mannschaft in Ketten gelegt<br />
wurden. Damit befanden sich die<br />
San Antonio, die Concepción und<br />
die Victoria in der Gewalt der Meuterer,<br />
also drei Galeonen gegen Magellans<br />
Flaggschiff Trinidad und die<br />
kleine Santiago.<br />
Nach wie vor stellten die kastilischen<br />
Kapitäne Magellans Führung<br />
in Frage und warfen ihm vor, die<br />
Besatzung und die Schiffe der Flotte<br />
rücksichtslos zu gefährden. Aus der<br />
Sicht der aufrührerischen Kapitäne<br />
war Magellans Situation fast aussichtslos.<br />
Sie hatten aber nicht mit<br />
seiner List gerechnet. Außerdem<br />
besaß er weitaus mehr Kampferfahrung<br />
als seine Widersacher und<br />
erkannte sofort den Schwachpunkt<br />
der Rebellen: Sie waren nicht zum<br />
Äußersten entschlossen.<br />
Diesen Umstand nutzte er, obwohl<br />
er zahlenmäßig weit unterlegen<br />
war, und ging zum Gegenangriff<br />
über. Zuerst beschlagnahmte<br />
Magellan ein Landungsboot der San<br />
Antonio und ließ die Mannschaft<br />
einsperren. Mit dem gekaperten<br />
Boot schickte er seinen Waffenmeister<br />
Gonzales Gomez de Espinosa<br />
und fünf Männer nicht wie erwartet<br />
zur San Antonio, sondern zur Victoria,<br />
um dem meuterischen Kommandanten<br />
Luis de Mendoza einen<br />
Brief zu überbringen. Alle Männer<br />
hatten Waffen unter ihren Kleidern<br />
verborgen. Als de Mendoza den<br />
Brief las und über Magellans Einladung<br />
zum Flaggschiff lachte, stieß<br />
ihm de Espinosa einen Dolch in die<br />
Kehle. Während die Mannschaft der<br />
Victoria voller Schrecken auf den<br />
in seinem Blut liegenden Kapitän<br />
starrte, zückten die Gefährten von<br />
de Espinosa ihre Schusswaffen und<br />
hielten sie in Schach. Zur selben<br />
Zeit hatte sich das Ruderboot der<br />
Trinidad herangepirscht, dessen<br />
Crew das Schiff übernahm.<br />
Damit hatte sich das Blatt gewendet,<br />
und die zwei verbliebenen spanischen<br />
Kapitäne fanden sich in<br />
einer ausweglosen Situation: Eine<br />
Flucht war nicht mehr möglich, da<br />
Magellans drei Schiffe die Mündung<br />
versperrten. Jeder Widerstand auf<br />
den Schiffen der Meuterer erlosch,<br />
als die bewaffneten Truppen Magellans<br />
an Bord kamen.<br />
TOD UND GNADE<br />
Magellan ließ nach einem schnell<br />
einberufenen Kriegsgericht mehrere<br />
Meuterer hinrichten. Cartageña<br />
wurde nicht geköpft, wahrscheinlich<br />
wegen seiner Beziehung zu Erzbischof<br />
Fonseca. Stattdessen wurde er<br />
zusammen mit dem Priester Pedro<br />
Sánchez de la Reina, einem der Rebellen,<br />
auf einer kleinen Insel mit<br />
einem Vorrat an Schiffszwieback<br />
und Wein ausgesetzt. In dieser unwirtlichen<br />
und kalten Gegend hatten<br />
sie keine Chance zu über leben.<br />
Gegenüber anderen Aufwieglern,<br />
wie etwa dem Schiffsmeister Juan<br />
Sebastián Elcano, der später eine<br />
wichtige Rolle spielen sollte, ließ<br />
Magellan Gnade walten. Der Grund<br />
war pure Vernunft: Er konnte nicht<br />
alle Schuldigen über die Klinge<br />
springen lassen, denn damit hätte er<br />
nicht genug Offiziere und Matrosen<br />
gehabt, um seine Flotte weitersegeln<br />
zu können.<br />
<br />
Lesen Sie im zweiten Teil, wie<br />
Magellan die Durchfahrt zum Pazifik<br />
fand, diesen in einer unbeschreiblichen<br />
Leidensfahrt überquerte und<br />
die Gewürzinseln erreichte.<br />
JUAN SEBASTIÁN<br />
ELCANO zählte zu den<br />
Meuterern und nahm im<br />
weiteren Reiseverlauf<br />
eine wichtige Rolle ein.<br />
„Die Kirche sagt: Die Erde ist eine Scheibe. Ich aber weiß, dass sie<br />
rund ist, da ich ihren Schatten auf dem Mond gesehen habe; und<br />
ich habe mehr Vertrauen in einen Schatten als in die Kirche.“<br />
Ferdinand Magellan<br />
42 4/<strong>2024</strong>
Meerwert<br />
Wahre Härte<br />
Michael Guggenberger, der Drittplatzierte des Golden Globe Race 2022, über seine ganz persönlichen<br />
Erfahrungen auf seiner Reise – 249 Tage einhand und nonstop rund um die Welt.<br />
Les Sables-d‘Olonn. Es ist der<br />
4. September 2022. Nach drei<br />
Jahren Vorbereitungsphase<br />
und einem unglaublichen Showdown<br />
stehe ich an Deck meiner<br />
schönen Nuri und werde von Yannick<br />
Moreau (Bürgermeister), Don<br />
McIntyre (Race Director des Golden<br />
Globe Race) und Sir Robin<br />
Knox-Johnston vom Steg abgestoßen.<br />
Soeben habe ich das letzte Mal<br />
vor meiner langen Fahrt die Leinen<br />
losgeworfen. Vor mir das Golden<br />
Globe Race 2022, die Solo-Non-<br />
Stop-Weltumsegelung im Retro-<br />
Stil. Mit mir brechen 15 andere<br />
Menschen auf.<br />
14 Männer und eine Frau sind<br />
es, die sich ebenfalls dieser Challenge<br />
stellen. Wir segeln zwar gegeneinander,<br />
doch haben wir gemeinsam<br />
dieses eine Ziel vor<br />
Augen: eine Runde um die ganze<br />
Welt zu schaffen. Die Einen werden<br />
schneller sein, die Anderen langsamer.<br />
Aber alle haben diese unglaublich<br />
harte Zeit der Vorbereitung<br />
hinter sich. Alle träumen den<br />
gleichen Traum. Laut Protokoll 16<br />
Konkurrenten, und doch sind wir<br />
uns vom Start weg die Nächsten.<br />
Niemand kann in diesem Moment<br />
so gut verstehen, was in mir vorgeht,<br />
wie diese 15 anderen Personen.<br />
Immer wieder wird mir und<br />
auch meinen Mitstreitern gesagt,<br />
dass wir zu den härtesten Menschen<br />
der Welt zählen. Wir wissen<br />
sehr gut, worauf wir uns eingelassen<br />
haben. Dass wir durch besonders<br />
harte Zeiten gehen werden.<br />
Und dass keiner weiß, was diese<br />
Unternehmung aus ihm/ihr machen<br />
wird. Doch wir alle wollen es<br />
wissen – wir wollen es erfahren.<br />
FOTO: HARRI SKRACH<br />
MICHAEL GUGGENBERGER<br />
ist Skipper und Ausbildner.<br />
In der kroatischen<br />
Adria bietet er spezielle<br />
Segeltrainings an.<br />
www.captaingugg.com<br />
FOTO: MARTIN KADLEZ<br />
MEER ERFAHREN<br />
Viele der unvermeidlichen Unannehmlichkeiten<br />
konnten wir vor<br />
dem Rennen zum Guten wenden.<br />
Gutes Essen und viele Treats, um<br />
sich selbst positiv und am Laufen<br />
zu halten, gut schlafen, gute Bücher,<br />
gute Musik, gute Navigationsunterlagen.<br />
Das Zuhause aufgeräumt<br />
ver- und keine ungelösten<br />
Zwischenmenschlichkeiten hinterlassen,<br />
um frei von belastenden<br />
Gedanken in unser Abenteuer zu<br />
gehen. Mit dem, was nicht zu ändern<br />
war, mussten wir lernen, umzugehen.<br />
Genau darin liegt meiner<br />
Meinung nach der Schlüssel zum<br />
Erfolg.<br />
Es mag zutreffen, dass wir drei<br />
Finalisten – Kirsten Neuschäfer,<br />
Abhilash Tomy und ich – zu den<br />
Härtesten zählen. Aber von weit<br />
größerer Bedeutung war die instinktive<br />
Fähigkeit, festzustellen,<br />
wie es uns geht. Wir alle waren uns<br />
bewusst, dass Freude, Trauer, Wut,<br />
Stolz, Einsamkeit, Schmerz (physisch<br />
und psychisch), Glücksgefühl<br />
und mehr in uns ist. Oft kam mehreres<br />
zugleich zum Vorschein.<br />
Was uns zu wirklich harten Persönlichkeiten<br />
macht, ist das Wissen,<br />
dass wir neben der Härte auch<br />
unsere weichen und sehr menschlichen<br />
Seiten haben. Diese Kausa lität<br />
war zu Beginn wohl für niemanden<br />
so klar erkennbar, unbewusst waren<br />
wir aber bereit, es herauszufinden.<br />
Wir haben gelernt, mit dem Ozean<br />
auch unser persönliches Innerstes<br />
zu erfahren und nicht vor uns<br />
selbst wegzulaufen. Die Dinge, die<br />
mich eigentlich vor mir selbst<br />
flüchten lassen würden, als Teil von<br />
mir zu sehen und vielleicht auf ein<br />
wenig verspielte Art und Weise darüber<br />
innerlich zu lächeln. Das ist<br />
es, was es mich hat schaffen lassen,<br />
durchzuhalten und meinen lang<br />
geträumten Traum zu verwirklichen.<br />
<br />
Michael Guggenberger auf<br />
dem Weg rund um die Welt<br />
– und zu sich selbst.<br />
4/<strong>2024</strong> 43
Kanusegeln<br />
Mit den Wellen<br />
auf Augenhöhe<br />
Paddeln und Segeln in einem: Segelkanus sind eine kostengünstige und sehr flexible Möglichkeit, Wind und<br />
Wellen hautnah zu erleben. Neben den sehr sportlichen Versionen – Taifun- und IC-Klasse – gibt es auch die<br />
gemütlicheren Faltboote, die zum entschleunigten Reisen einladen. Ein deutsches Unternehmen an der Ostsee<br />
stattet die Kanus mit der nötigen Segeltechnik aus.<br />
Vor 200 Jahren wurde der<br />
schottische Rechtsanwalt<br />
John MacGregor geboren,<br />
der sich die Reiseschriftstellerei zum<br />
Hobby machte. In den 1850er-Jahren<br />
lernte er auf einer Reise nach<br />
Nordamerika die dortigen Kajaks<br />
kennen und ließ sich in England<br />
eines nachbauen.<br />
Und weil in England damals<br />
kaum ein Boot ohne Segel ausgerüstet<br />
wurde, bekam auch MacGregors<br />
Kajak eines. Was sich als gute Idee<br />
herausstellte, weil es für den Schotten<br />
das ideale Fahrzeug war, um die<br />
Küsten, Flüsse und Seen Mitteleuropas,<br />
der baltischen Staaten und sogar<br />
den Nahen Osten zu bereisen.<br />
MacGregors Resümee: „Zu Fuß<br />
wird einem durch jedes Meer und<br />
jeden Fluss, und in einem gewöhnlichen<br />
Segelboot durch jede Untiefe<br />
und jedes Ufer Grenzen gesetzt. Ein<br />
Kanu aber kann gepaddelt oder gesegelt,<br />
gezogen oder über Land oder<br />
Wasser getragen werden.“<br />
SPORT VERSUS REISE<br />
Die Segelkanus wurden populär, es<br />
gab bald Nachfolger MacGregors,<br />
die mit Kanu, Paddel und Segel ausgerüstet<br />
quer durch Europa reisten,<br />
ab 1882 wurden auch Regatten ausgetragen.<br />
Der Schwerpunkt bewegte<br />
sich im Laufe der Jahre immer mehr<br />
in Richtung Sport. Heute haben sich<br />
die Taifun- und die IC-Klasse etabliert,<br />
deren Boote mit 5,2 Metern<br />
nicht länger als Jollen, aber mit eine<br />
Meter Breite viel schmaler sind. Vor<br />
allem aber besitzen sie anstatt eines<br />
Spiegelhecks ein Spitzheck.<br />
Das Segelkanu als Reisemittel ist<br />
hingegen etwas aus dem Fokus des<br />
Mainstreams gerückt. Es gibt aber<br />
noch Individualisten, die der wohl<br />
spartanischsten Art des Segelns erlegen<br />
sind. Kein Stress mit Slippen,<br />
Kranen, Trailern, Liegeplatz oder<br />
Winterlager. In kürzester Zeit ist das<br />
Fortbe wegungsmittel vom Autodach<br />
oder Kofferraum auf dem<br />
Wasser und segelfertig. Und wenn<br />
der Wind mal Pause macht, wech-<br />
44 4/<strong>2024</strong>
Mit seinen Segelkanus<br />
nimmt Ingo Müller Kurs<br />
auf die Individualisten<br />
des Wassersports.<br />
selt man einfach zum Paddel. Es ist<br />
die Flexibilität, die die Anhänger<br />
begeistert!<br />
VOM ZELT ZUM RIGG<br />
Paddelboote in Form von Kanus<br />
(etwas breiter und mit Verdeck)<br />
oder Kajaks (schmaler, ohne Verdeck)<br />
gibt es reichlich. Beim Rigg<br />
hingegen sind meist Eigenbau und/<br />
oder individuelle Lösungen gefragt.<br />
So war es auch bei Ingo Müller, der<br />
noch zu DDR-Zeiten ein Faltboot<br />
erstand und jeden Sommer Paddeltouren<br />
für Freunde organisierte.<br />
„Schon damals nutzen wir jede Gelegenheit,<br />
den Wind für uns arbeiten<br />
zu lassen. Egal, ob Regenschirm<br />
oder Plane – wenn er günstig stand,<br />
wurde gesegelt“, erzählt Müller.<br />
Sein erstes provisorisches Segel<br />
baute sich Ingo Müller aus einer alten<br />
Angel und einem kaputten Zelt.<br />
„Das funktionierte sogar recht gut“,<br />
erinnert er sich. „Zurück musste ich<br />
allerdings paddeln, weil mit dem<br />
Segel ein Kreuzen nicht möglich<br />
war.“<br />
Grund genug für den Maschinenbauer,<br />
sich intensiv mit Segeltechnik<br />
zu beschäftigen. „Irgendwann kam<br />
mir die Idee, das schnellste Faltboot<br />
der Welt zu segeln, was sich zu einem<br />
ernsthaften Spleen entwickelte,<br />
Kajaks regattatauglich zu machen.“<br />
Müllers Boot bekam einen zweiten<br />
Mast, die Masten wurden höher<br />
und die Segel größer, Ausleger wurden<br />
nötig. Das Projekt erhielt den<br />
schönen Namen „(K)Enterprise“,<br />
ein dezenter Hinweis auf die mitunter<br />
recht wackelige Wasserlage dieser<br />
Bootsklasse.<br />
ALLES AUS EINER HAND<br />
Die (K)Enterprise segelte immer<br />
besser, die Teilnahme an Regatten<br />
sorgte für Aufmerksamkeit und<br />
weckte den Wunsch bei anderen<br />
Faltboot-Besitzern nach ähnlicher<br />
Segelausrüstung. Über Faltbootesegel-Bastelworkshops<br />
entstand<br />
schließlich ein eigenes Unternehmen,<br />
das heute unter em² firmiert<br />
und dessen Produktpalette Segeltechnik<br />
für Kajaks und Kanadier in<br />
vielen Varianten umfasst.<br />
Die Boote, also den Rumpf, lässt<br />
man sich von renommierten Herstellern<br />
wie Lettmann liefern. Rigg,<br />
Ruder, Ausleger, Segel und Schwerter<br />
kommen dann von em² und<br />
können individuell angepasst werden.<br />
Das Segelkajak Summerwind<br />
lässt sich beispielsweise als Einmaster<br />
mit Mistral- oder Albatros-Rigg<br />
oder als Zweimaster takeln.<br />
Müller hat seine Segelkanus für<br />
eine breite Palette von Gewässern<br />
ausgelegt. Sie eignen sich für stille<br />
Binnenseen, bieten jedoch auch die<br />
nötige Robustheit und Sicherheitsreserven<br />
für herausforderndere Bedingungen,<br />
wie sie beispielsweise<br />
auf der Ostsee herrschen. An der<br />
Ostsee, nämlich in Sundhagen am<br />
Strelasund, liegt auch der em² Campus,<br />
wo man das Segelequipment<br />
erleben und kaufen kann und auch<br />
Kurse und Events (wie z. B. am 20.<br />
Juli die 2. Faltbootsegel-WM) organisiert<br />
werden.<br />
„Ich wollte etwas erschaffen, das<br />
nicht nur leistungsfähig, sondern<br />
auch für den durchschnittlichen<br />
Menschen zugänglich und handhabbar<br />
ist“, sagt Ingo Müller. „Dabei<br />
spielte der Umweltaspekt für mich<br />
immer eine große Rolle. Segelsport<br />
ist meist teuer und verbraucht viele<br />
Ressourcen. Nicht so beim Segeln<br />
mit kleinen Booten. Mit unseren<br />
Segelkanus, die dazu im Vergleich<br />
sehr günstig und trotzdem vollwertige<br />
Segelboote sind, möchte ich den<br />
Segelsport einem breiten Publikum<br />
näher bringen.“<br />
Was für ihn den Reiz des Kanusegelns<br />
ausmacht? „Der größte Vorteil<br />
gegenüber traditionelleren Segelbooten<br />
wie Jollen, Katamaranen<br />
oder Yachten liegt natürlich in der<br />
unkomplizierten Handhabung und<br />
Transportfähigkeit. Segelkanus bieten<br />
die Freiheit, spontan und flexibel<br />
auf unterschiedlichsten Gewässern<br />
zu segeln, ohne auf kostspielige<br />
Liegeplätze oder komplizierte Logistik<br />
angewiesen zu sein. Die größte<br />
Inspiration für mich ist aber die<br />
Natur. Kanusegeln ermöglicht eine<br />
direktere Interaktion mit den Elementen<br />
Wind und Wasser. Man ist<br />
näher an der Oberfläche, was das<br />
Segelerlebnis intensiver<br />
und persönlicher<br />
macht – man<br />
segelt sozusagen<br />
mit den Wellen auf<br />
Augenhöhe.“ <br />
Summerwind Segelkajak mit em 2 Mistral-Rigg<br />
Länge<br />
Breite<br />
Gewicht segelfertig<br />
Preis netto<br />
Preis Zweimaster netto<br />
Bezugsquelle: em² Campus, Am Strelasund 1,<br />
18519 Sundhagen, OT Neuhof<br />
è www.em2.de<br />
5,0 m<br />
0,85 m<br />
47 kg<br />
ab 4.890 Euro<br />
ab 6.110 Euro<br />
4/<strong>2024</strong> 45
Sailing Poetry<br />
Flaneur an<br />
europäischen Küsten<br />
Als Autor der -Kolumne „Sailing Poetry“ berichtete Alfred Zellinger sechs Jahre lang von seinen<br />
persönlichen Erfahrungen im Mittelmeer – aufgrund des knappen Raums stets mit verkürztem Kurs.<br />
Nun aber hat er all seine literarischen Etappen in voller Länge in ein Logbuch gesteckt.<br />
Mein 15. Buch ist eben erschienen;<br />
im renommierten<br />
Löcker Verlag.<br />
Erzähle von einer Italienischen<br />
Reise/nicht wie jene Goethes mit<br />
Pferd & Kutsche/sondern mit meinem<br />
Boot, der Katawa, einer<br />
Grand Soleil 46.3,/festgemacht in<br />
Venedigs Marina Sant’Elena./Wofür<br />
ich aus meinen Logbüchern<br />
schöpfte/und die ich einst für<br />
erstmals niederschrieb:/<br />
die Kolumne „Sailing Poetry“, in limitierter<br />
Kurzform/ehe ich sie nun<br />
umfänglicher fasste für dieses<br />
Buch./Dazu Geschichten mit<br />
Odysseus und Aeneas/deren Kurse<br />
ich kreuzte/und mit Gilgamesch,<br />
der auf der Suche ist/nach dem<br />
ewigen Leben.<br />
Aus 36 wurden so 300 Seiten./Es<br />
ist eine Reise, die in Rapallo beginnt/um<br />
Italien herum, zwischendurch<br />
zu einer dalmatinischen<br />
wird/gelegentlich an den Lacus Felix<br />
führt/wie die Römer den Traunsee<br />
nannten/und schließlich auf/<br />
Londons Themse beschlossen<br />
wird;/unter Segel zwischen Greenwich<br />
und Westminster.<br />
Schrieb darüber in den Häfen<br />
des Mittelmeeres,/das die “Wiege<br />
Europas“ genannt wird,/vom Cap<br />
Circeo bis Ithaka/von der Mündung<br />
des Tiber/zum Felsen der<br />
Scylla/von Kalypsos Ogygia/zu<br />
Nausikaas Strand von Scheria/von<br />
Dantes Ravenna/zu Joycens Triest.<br />
Traf Nietzsche in Rapallo/Byron<br />
in Viareggio/Circe am Kap Circeo/<br />
eine Sirene in Ventotene/Goethe in<br />
Palermo/Odysseus, Aeneas und<br />
Gilgamesch am Avernus,/wie die<br />
Römer den Eingang zur Unterwelt<br />
nannten,/Nausikaa im Land der<br />
Phäaken/in Brindisi den sterbenden<br />
Vergil/auf einem Boot des Augustus/die<br />
Aeneis im Gepäck/den<br />
Gründungsmythos des römischen<br />
Reiches/traf Dante in Ravenna,<br />
Joyce in Triest,/Thomas Mann am<br />
Lido/Hemingway in Harrys Bar,<br />
Venezia/Riccardo Wagner im<br />
Palazzo Vendramin-Calergi/wo er<br />
am Parsifal schreibt/Peggy Guggenheim<br />
am Canal Grande/die den<br />
Kunstkanon ihres Jahrhunderts bestimmt/Aretino<br />
am Rialto, wo er<br />
launige Verse verfasst/über den Sex<br />
der Nonnen und der hohen Kleriker,/weshalb<br />
das offizielle Venedig<br />
ihm bis heute/keine Gedenktafel<br />
widmet.<br />
Beim Boot des Odysseus gehen<br />
wir längsseits/vor dem Vulkan<br />
Stromboli, den man/Leuchtfeuer<br />
der Antike nannte,/am Traunsee<br />
begegnen wir Schönberg mit seinem<br />
Kreis/und wir segeln auf meinem<br />
alten 30er, konstruiert 1908/<br />
mit den fathers of minimalism/Terry<br />
Riley und Michael Nyman/denen<br />
ich gestehe, meine Literatur/ist<br />
wie ihre Musik: minimal prose.<br />
In Londons eleganter Yachtmarina<br />
St. Katharina Docks/treffen wir<br />
Flaneur an europäischen<br />
Küsten, erschienen im<br />
Löcker Verlag, € 22,–,<br />
www.loecker-verlag.at<br />
Banker, City Boys, auf ihren Booten/wir<br />
ehren Admiral Nelson/der<br />
uns die Manöver erklärt/mit denen<br />
er vor Trafalgar die Schlacht gewann/ehe<br />
wir in Greenwich den<br />
Fuß auf den Nullmeridian setzen/<br />
um unsere Navigation zu justieren.<br />
ICH BIN SEGLER, EUROPÄER<br />
UND SCHRIFTSTELLER<br />
Als Segler entstand meine europäische<br />
Identität/als Schriftsteller<br />
schreibe ich darüber/und wenn ich<br />
am Kai einer Hafenstadt/festgemacht<br />
habe/treffe ich gegenüber in<br />
der Hafenbar/Künstler und Schriftsteller/deren<br />
Werke ich kenne/und<br />
mit denen ich dann bei einer Flasche<br />
Wein/launige Gespräche zu<br />
führen vermag/ – von denen ich<br />
hier erzähle/wie Segler seit je ihre<br />
Geschichten erzählt haben/von<br />
Hafen zu Hafen.<br />
Und ich stand schon in der Tür,<br />
als mir der Verlagschef – inspirierend<br />
– nachrief: Und das wird<br />
dann wohl auch die Geschichte<br />
Ihrer persönlichen Odyssee! <br />
ALFRED ZELLINGER<br />
ist Schriftsteller und<br />
erlernte das Segeln in<br />
der O-Jolle des Vaters<br />
auf dem Traunsee. Dort<br />
segelt er heute einen<br />
30er-Schärenkreuzer,<br />
auf dem Meer eine<br />
46er Grand Soleil.<br />
46 4/<strong>2024</strong>
Neues von<br />
Newson<br />
BÜCHERSCHAPP<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
ter langen „Nausicaä“ des japanischen<br />
Milliardärs und Kunstsammlers<br />
Yusaku Maezawa (siehe Foto).<br />
Die drei Projekte werden in der<br />
Monografie „Marc Newson. Works<br />
84–24“ präsentiert, das alle bisherigen<br />
Arbeiten des Gestalters vorstellt.<br />
Jede Beschreibung geht auf<br />
die Entstehungsgeschichte und<br />
Herstellung des Stücks ein und enthält<br />
ausführliche Zitate des Stardesigners<br />
selbst. Mit fast 500 Seiten<br />
und fünf Kilogramm sicherlich ein<br />
Schwergewicht unter den diesjährigen<br />
Coffee-Table-Bänden.<br />
Alison Castle: Marc Newson. Works<br />
84–24. Taschen, 496 Seiten, € 150,–.<br />
è www.taschen.com<br />
MONOGRAFIE. Von Autos, Koffern,<br />
Kleidung, Schmuck, Möbeln<br />
und Restaurants bis hin zu<br />
Flugzeugen und Raumschiffen:<br />
Der australische<br />
Allround-Designer Marc<br />
Newson setzt sich mit seinen<br />
sinnlichen und gleichzeitig<br />
futuristischen Entwürfen<br />
über<br />
herkömmliche Grenzen<br />
hinweg und wurde<br />
so zum Superstar seiner<br />
Zunft. Solch ein gestalterisches<br />
Megatalent blieb<br />
natürlich auch den Edel-<br />
Werften nicht verborgen,<br />
und tatsächlich konnte<br />
sich Newson schon an nautischen<br />
Luxusprojekten versuchen, wie z. B.<br />
an der Aquariva (2010) oder der Solaris<br />
Megayacht (2021). Derzeit ist<br />
der Australier wieder mit einer<br />
Super yacht beschäftigt, der 114 Meverlost<br />
unter allen Teilnehmern<br />
ein Exemplar des Buchs<br />
„Marc Newson. Works 84–24“! Einfach<br />
eine E-Mail mit Betreff-Zeile<br />
„Newson“ an gewinnen@<strong>ocean7</strong>.<br />
at senden und mit etwas Glück gewinnen!<br />
Einsendeschluss ist der<br />
14. Juli <strong>2024</strong>, die Gewinner werden<br />
per E-Mail verständigt.<br />
Mit Ihrer Teilnahme am Gewinnspiel<br />
erklären Sie sich einverstanden, den<br />
-Newsletter (jederzeit<br />
kündbar) per E-Mail zu erhalten. Ihre<br />
Daten werden nicht an Dritte weitergegeben.<br />
Keine Bar ablöse. Der Rechtsweg<br />
ist ausgeschlossen.<br />
Schweigen ist Gold<br />
MORDSEE. „Der Retter“ heißt der dritte<br />
Kriminalroman des holländischen Autors<br />
Mathijs Deen, der seinen wortkargen<br />
Kommissar Liewe Cupido auf den<br />
ost- und westfriesischen Insel ermitteln<br />
lässt. Der eigentliche Hauptdarsteller ist<br />
aber wieder das Wattenmeer, das den<br />
Roman – atmosphärisch dicht in all seiner<br />
Schön- und Wildheit beschrieben –<br />
beherrscht.<br />
Der Fall spielt diesmal im Milieu der<br />
Seenotretter, ein noch schweigsamerer<br />
Menschenschlag als der Kommissar<br />
selbst. Wie Deen die Handlung aus<br />
wechselnden Perspektiven und mit unterschiedlichen<br />
Textsorten (u. a. Autopsieberichte,<br />
Zeitungsartikel oder Kurznachrichten)<br />
in aller Ruhe und ohne ein<br />
einziges Mal ins Klischee-Näpfchen zu<br />
treten entwickelt, ist hohe Schriftstellerkunst.<br />
Unbedingte Leseempfehlung!<br />
Mathijs Deen: Der Retter. Mare,<br />
384 Seiten, € 24,50.<br />
è www.mare.de<br />
„ Ich habe nicht die Hälfte von dem erzählt, was ich gesehen habe,<br />
weil keiner mir geglaubt hätte.“<br />
Marco Polo (1254–1324), italienischer Seefahrer und Entdecker<br />
4/<strong>2024</strong> 47
Regatta-Legenden<br />
Der Herr der<br />
1.000 Seemeilen<br />
Kurt Ecker war nicht nur der Urvater des Vercharterns und des Skippertrainings in<br />
Österreich, sondern auch der Erfinder einer anspruchsvollen Hochseeregatta für Hobby-<br />
Segler. Das Regelwerk für das 1.000-Meilen-Race war so durchdacht und die Organisation<br />
so engagiert, dass bis heute keine annähernd vergleichbare Regatta-Serie stattgefunden hat.<br />
Text BOBBY SCHENK | Fotos GEORG GINDL<br />
Motoren? Jede Stunde kostet die dreifache Zeit! Empfangskomitee in Ägypten. Platz für 50 Yachten plus Begleitschiff. Einsatzbesprechung.<br />
48 4/<strong>2024</strong>
Fahrtensegler träumen doch<br />
alle davon, einmal auf einer<br />
Hochsee-Segelregatta mitzusegeln,<br />
groß in der Zeitung<br />
herauszukommen und als<br />
Seehelden gefeiert zu werden. Der<br />
Realisierung stehen leider in der Regel<br />
ein paar große Kleinigkeiten im<br />
Wege – die Finanzierung, der Zeitaufwand,<br />
die Erfahrung, die Kontakte!<br />
Kurzum, bei großen Hochsee-<br />
Rennen teilzunehmen, ist für den<br />
Normalo unter den Seglern ein unerfüllbarer<br />
Traum.<br />
Ein großes Aber! Mit Kurt Ecker<br />
gab es einen Österreicher, der diesen<br />
Traum vom Breitensport-Hochsee-Regattasegeln<br />
verwirklicht hat.<br />
DER BEGINN DER<br />
CHARTER-AGENTUR<br />
Kurt Ecker segelte mit einer solchen<br />
Begeisterung, dass er bald begann,<br />
auf seiner Yacht Gäste mitzunehmen.<br />
Auf seinen Törns entdeckte er,<br />
dass er eine Menge Segler glücklich<br />
machen kann, die sich keine eigene<br />
Yacht leisten konnten. So entstand<br />
Anfang der 1980er-Jahren seine eigene<br />
Charter-Agentur – Ecker<br />
Yachting.<br />
Voller Enthusiasmus stürzte sich<br />
Ecker in dieses Geschäft, das eigentlich<br />
für ihn mehr Hobby war.<br />
Seine Firma wuchs und wuchs und<br />
wurde dank des guten Namens,<br />
den die Firma wegen des hervorragenden<br />
Service und der guten Betreuung<br />
der Gäste errang, bald zur<br />
größten deutschsprachigen Charter-Agentur.<br />
Ecker war einer der<br />
Ersten, der eigene Stützpunkte im<br />
Mittelmeer und in der deutschen<br />
Ostsee einrichtete, und schließlich<br />
hatte Ecker Yachting an die 200<br />
Schiffe im Angebot.<br />
DIE ERFINDUNG DES<br />
SKIPPERTRAININGS<br />
Allerdings stellte Kurt Ecker schon<br />
sehr bald etwas fest, was jeder Fahrtensegler<br />
bestätigen kann: Ist das<br />
Urlaubssegeln an und für sich nicht<br />
sehr aufregend, so liegen doch meist<br />
die Nerven blank, wenn die Yacht<br />
wieder in den Hafen einfährt.<br />
So kam Ecker als Erster auf die<br />
Idee, nicht nur Chartertörns zu<br />
veranstalten, sondern seinen Gästen<br />
nach Möglichkeit auch die<br />
schwierigsten Punkte beim Fahrtensegeln<br />
beizubringen – nämlich<br />
das An- und Ablegen im Hafen, am<br />
Ankerplatz oder auch an der Boje.<br />
Er bot Skippertrainings an, bei<br />
denen die Segler an zwei oder drei<br />
Tagen nichts anderes zu tun hatten,<br />
als An- und Ablegemanöver zu<br />
üben. Aus diesen Skippertrainings<br />
gingen mehrere tausend – keine<br />
Übertreibung – Segler hervor, die<br />
bei diesen Intensivlehrgängen<br />
praktisch lernten, wie man die<br />
Yacht sicher ablegt und wieder<br />
unbeschädigt nach Hause bringt.<br />
EINE HOCHSEEREGATTA<br />
FÜR FREIZEITSEGLER<br />
Aber das war an Erfolg nicht genug<br />
für Kurt Ecker. Er wollte dem „normalen“<br />
Fahrtensegler etwas ganz<br />
besonderes bieten: eine Fahrten-<br />
Hochsee-Segelregatta für jedermann!<br />
Wichtigster Punkt dabei: Ecker<br />
wollte die hoch bezahlten Profis von<br />
der Wettfahrt fernhalten, um den<br />
Österreichische Crews<br />
mischten kräftig mit,<br />
darunter viele Granden<br />
des Yacht Club Austria.<br />
„ Wie sorgt man dafür,<br />
dass Profis keine Lust<br />
auf eine Regatta haben?<br />
Man verbietet Spinnaker!“<br />
Sextant statt GPS. Offroad unterwegs. Pannenhilfe. Damals noch ohne Drohne.<br />
4/<strong>2024</strong> 49
Regatta-Legenden<br />
übrigen Seglern nicht die Freude<br />
an dem großartigen Erlebnis einer<br />
Hochseeregatta zu nehmen.<br />
Die Lösung war ebenso genial wie<br />
einfach: Kurt Ecker verbot bei seinen<br />
Regatten die Verwendung der<br />
Spinnacker. Denn normalerweise<br />
braucht man für die Bedienung eines<br />
Spinnackers, wenn es also um<br />
den Speed des Bootes geht, eine gut<br />
geschulte Mannschaft und vielfach<br />
ein aus giebiges Training vor dem<br />
Rennen. Um diesen Vorteil beraubt,<br />
verloren die Profis rasch das Interesse.<br />
Regattieren im Herbst, da passen<br />
auch Wind und Wetter gut dazu.<br />
1.000 MEILEN MÜSSEN SEIN<br />
Eckers zweiter genialer Schachzug<br />
war: Die Regatta musste mindestens<br />
1.000 Seemeilen weit gehen,<br />
also zu ihrem Ziel weit hinterm<br />
Horizont führen. Zur Erinnerung:<br />
Segler auf Urlaubstörn segeln in<br />
den zwei, drei Wochen Urlaub im<br />
Jahr selten mehr als 200 bis 300<br />
Seemeilen.<br />
Zudem sollte die Regatta aber<br />
im Mittelmeer stattfinden, einem<br />
Revier, das von den umliegenden<br />
Ländern schnell erreichbar ist. Mit<br />
dem Zirkel – auf 1.000 Seemeilen<br />
eingestellt – war ein entsprechendes<br />
Ziel von Kroatien aus leicht<br />
zu finden: Ägypten. Genauer: die<br />
Hafenstadt Alexandria.<br />
Außerdem sollte so eine Regatta<br />
vom Wetter her anspruchsvoll sein,<br />
und damit wäre das sommerlich<br />
windarme Mittelmeer sicher nicht<br />
die richtige Wahl. Aber eine Wettfahrt<br />
im späten Oktober würde zu<br />
einer sehr anspruchsvollen Regatta<br />
werden.<br />
Mit 108 Metern das größte<br />
Ecker-Cup-Begleitschiff<br />
überhaupt: die Khersones.<br />
CLEVERES REGELWERK<br />
Bevor der erste Ecker-Cup 1990<br />
gesegelt wurde, galt es noch zahlreiche<br />
Fragen zu lösen. Zum Beispiel:<br />
Wo finden sich gut 50 Liegeplätze<br />
fürs Regattafeld im<br />
Spätherbst? Die Ägypter versprachen,<br />
das Problem zu lösen, und<br />
sie hielten ihr Versprechen.<br />
Sollten nur Ecker-Yachten teilnehmen?<br />
Nein, jeder konnte mit<br />
einer beliebigen Yacht antreten.<br />
Die einzige Voraussetzung für die<br />
Teilnahme war: kein Spinnaker!<br />
Sollte man den Einsatz von Hilfsmotoren<br />
erlauben? Ja, aber die<br />
„Zeitstrafen“ wurden so hoch angesetzt,<br />
dass sich nur rentieren<br />
würde, möglichst viel zu segeln.<br />
Würde man einen Zwischenstopp<br />
benötigen? Ja, nach ca. 500 Seemeilen<br />
in Griechenland, um unterwegs<br />
den Yachten einen Rund-um-Service<br />
bieten zu können.<br />
Willi Lettner (im Rollstuhl)<br />
gewinnt das Race 1992.<br />
Zwischen Anlegern und<br />
Heurigengarnituren. Laufende Berichterstattung. Begleitschiff SY Amorina.<br />
50 4/<strong>2024</strong>
Volle Wäsche, nur der<br />
Spinnacker war verboten.<br />
PRESSE UND SPONSOREN?<br />
72 Kadetten bringen<br />
die Khersones in Fahrt.<br />
JA, BITTE!<br />
Noch drei bemerkenswerte Details,<br />
die nicht unwesentlich zum Erfolg<br />
des Ecker Cups beitrugen: Die Öffentlichkeit<br />
sollte erstens ebenso an<br />
der Regatta teilnehmen und die<br />
Cracks auf hoher See bewundern<br />
können. Was Kurt Ecker daraufhin<br />
veranlasste, ein ganzes Fernsehteam<br />
vom ORF (es waren neben<br />
den Kameraleuten allein drei Tontechniker<br />
hierfür abgestellt) auf<br />
den Begleitschiffen mitzunehmen.<br />
So konnten später Familien und<br />
Freunde zuhause die Rennen um<br />
Steter Rummel<br />
um Kurt Ecker.<br />
In die Box zur<br />
Segelreparatur.<br />
die Pokale im Fernsehen bewundern<br />
und begleiten, und zwar auf<br />
einem ganz prominenten Sendeplatz,<br />
nämlich nachmittags an Silvester<br />
auf ORF und später dann<br />
auch auf 3sat.<br />
In der Außenwirkung sollte es<br />
zweitens ähnlich zugehen wie bei<br />
den berühmten, ganz großen Rennen<br />
der Profis. Werbung und damit<br />
Sponsoren wurden je nach Einfallsreichtum<br />
der Teilnehmer praktisch<br />
unbeschränkt zugelassen. Zwar waren<br />
auf den Yachten nicht die Embleme<br />
von Mercedes, Oracle oder<br />
RWE zu sehen, aber an der Reling<br />
flatterten Banderolen von der Sparkasse<br />
XY-Dorf oder vom Power-<br />
Brot für Segler vom Dorfbäcker.<br />
Die Teilnehmer haben kein Vermögen<br />
verdient, die Werbeeinnahmen<br />
beschränkten sich vielleicht auf<br />
eine Ladung Konser vendosen, ein<br />
paar Kisten Bier oder eine Spende<br />
für T-Shirts mit dem Schiffsnamen<br />
drauf. Aber immerhin!<br />
MIT BEGLEITUNG<br />
Eine dritte geniale Idee Kurt Eckers<br />
war, dass er nicht nur ein paar Dutzend<br />
Hochseeyachten ins Rennen<br />
schickte, sondern auch Familien<br />
und Freunden ermöglichte, gegen<br />
ein maßvolles Entgelt ihre Teilnehmer<br />
beim Reiten über das Meer verfolgen<br />
und beobachten zu können.<br />
Die dafür notwendigen Begleitschiffe,<br />
die neben den Zuschauern<br />
auch Service-Mannschaft, Schiedsgericht,<br />
Rennleitung, Kamerateams,<br />
Presse, später auch Sitzgelegenhei-<br />
Mit Blasmusik. Ein Stück Heimat: Leberkäse und Bier. Ein Cup, eine Community.<br />
Regattaleiter und YCA-Mitglied<br />
Wolfgang „Lazy“ Legenstein.<br />
4/<strong>2024</strong> 51
Regatta-Legenden<br />
Dream-Team Bitte Bitte Ecker Bildunügen Yachting.<br />
Ecker Yachting – die Erfolgsgeschichte von Kurt Ecker<br />
1981 wurde Ecker Yachting im oberösterreichischen Ried gegründet<br />
(damals unter dem Namen Ecker Yacht Charter, Umbenennung 1992).<br />
Ecker Cups. 1990 wurde das erste 1.000-Meilen-Race veranstaltet –<br />
noch unter dem Titel „Ecker Ägypten Cup“, mit Start im kroatischen Zadar,<br />
Zwischenstopp im griechischen Pylos und Ziel in Alexandria/Ägypten.<br />
1991 wurde der Start des zweiten Cups aufgrund des Bürgerkrieges im<br />
damaligen Jugoslawien nach Marmaris verlegt. Die Route: Marmaris–<br />
Pylos–Alexandria.<br />
1992 Cup Nr. 3, Marmaris–Pylos–El Kantaoui/Tunesien.<br />
1993 Cup Nr. 4, Marmaris–Pylos–Monastir/Tunesien.<br />
1994 Cup Nr. 5, Marmaris–Pylos–Ashkelon/Israel.<br />
1995 Cup Nr. 6, Zadar–Pylos–Malta.<br />
1996 Cup Nr. 7, Marmaris–Pylos–Monastir/Tunesien.<br />
1998 Cup Nr. 8, Zadar–Pylos–Kusadasi/Türkei.<br />
2000 Cup Nr. 9, Zadar–Rethymnon/Kreta–Lavrion/Griechenland. Aufgrund<br />
von extremen Wetterverhältnissen durfte das Feld aus Rethymnon einige<br />
Tage nicht auslaufen. Die zweite Teilstrecke musste verkürzt werden,<br />
um im Zeitplan zu bleiben. Das Ziel wurde kurzfristig von Porto Carras/<br />
Griechenland auf Lavrion/Griechenland geändert.<br />
2003 Cup Nr. 10, Zadar–Preveza/Griechenland–Göcek/Türkei.<br />
2007 Cup Nr. 11, Zadar–Katakolon/Griechenland–Samos/Griechenland.<br />
2011 ging Kurt Ecker in den wohlverdienten Ruhestand und war beim<br />
letzten Cup 2012 (Zadar–Kalamata/Griechenland–Alanya/Türkei) nicht<br />
mehr dabei.<br />
Charterstützpunkte. Von Kurt Ecker bis 2011 aufgebaute Basen:<br />
Kroatien – Veruda, Punat, Zadar, Trogir, Dubrovnik.<br />
Griechenland – Lefkas, Achilleion, Samos.<br />
Türkei – Orhaniye, Göcek.<br />
Skippertrainings. 1988 hat Kurt Ecker erstmals das Intensiv-Skippertraining<br />
veranstaltet – damals gab es nichts Vergleichbares. Das Besondere<br />
war, dass in jeweils drei Tagen intensiv vor allem Hafenmanöver trainiert<br />
wurden. Diese drei Tage wurden von den Freizeitskippern genutzt, um die<br />
Yacht während des Urlaubstörns möglichst gut zu beherrschen. Zudem war<br />
es im Frühjahr auch ein idealer Auftakt für<br />
die neue Segelsaison. Das Skippertraining<br />
war eine großartige Erfolgsgeschichte, von<br />
der im Laufe der Jahre mehr als 10.000<br />
Segler profitieren konnten.<br />
Weitere Meilensteine. 1987 bot Ecker<br />
Yachting erste Mitsegeltörns von Zadar über<br />
Malta nach Tunesien an – jeweils mit zwei<br />
Yachten. Kurt Ecker: „Diese Törns waren genau<br />
genommen die Vorläufer für den nachfolgenden<br />
Ecker Cup und liefen unter dem<br />
Titel ,So nah ist Afrika‘ über drei Jahre.“<br />
1988 und 1989 skipperte eine der beiden<br />
Yachten der legendäre Segler und Autor Karl<br />
Vettermann. Sein Buch „Barawitzka segelt<br />
nach Malta“ war damals wohl auch der Ideengeber<br />
für diese Törns zum jeweiligen Saisonende.<br />
KURT ECKER<br />
ist Gründer von Ecker<br />
Yachting und führte die<br />
Agentur mit Sitz in Ried<br />
über 30 Jahre lang.<br />
Ab 1989 hatte Ecker Yachting auch Flüge im Programm. Mit gecharterten<br />
50-sitzigen Flugzeugen vom Typ Dash-8 von Tyrolean Airways wurden während<br />
der Saison jeweils an Samstagen Flüge nach Zadar, Split, Dubrovnik<br />
und Preveza angeboten. Auch das eine absolute Erfolgsgeschichte: „Der<br />
Gedanke dazu war, unsere Chartergäste günstig und komfortabel zu unseren<br />
Stützpunkten zu bringen und wurde von diesen auch begeistert angenommen.<br />
Die Passagiere bestanden ausschließlich aus Seglern und schon<br />
während des Fluges wurden Tipps und Ratschläge für den anstehenden<br />
Törn ausgetauscht.“<br />
1996 startete die Ecker-Yacht Sarita, eine Solitaire 52, ihre Weltumsegelung<br />
– in Etappen für Mitsegler.<br />
2008 verkaufte Kurt Ecker sein Lebenswerk und ging 2011 in den Ruhestand.<br />
2013 musste die neue Geschäftsführung Konkurs anmelden.<br />
Heute lebt Kurt Ecker 77-jährig nach wie vor in Ried und kümmert sich um<br />
Haus, Hund und Garten.<br />
„ Die vielen erzählenswerten Geschichten bei diesem<br />
Rennen würden einen ganzen Roman füllen.“<br />
ten für die Sieger ehrung transportierten,<br />
mussten immer größer<br />
werden, um dem expandierenden<br />
Regattafeld gerecht zu werden. Sie<br />
fingen beim ersten Rennen mit einer<br />
25-m-Yacht an und wuchsen<br />
dann über eine 35- und 50-m-Motoryacht<br />
bis zu einem Rahsegler mit<br />
108 m Länge.<br />
GO, BACHMANNING, GO!<br />
Mit zwölf 1.000-Meilen-Races deckte<br />
der umtriebige Kurt Ecker einigermaßen<br />
das Mittelmeer ab. Nur<br />
Zypern musste ausgelassen werden,<br />
nachdem im Ecker-Yachting-Büro<br />
in Ried Terrordrohungen eingegangen<br />
waren. Die Zusammensetzung<br />
der Mannschaften war international<br />
– fast jede Segelnation war vertreten.<br />
Die Gesamtsieger aller Ecker<br />
Cups kamen u. a. aus den USA,<br />
Deutschland, Kroatien und selbstverständlich<br />
aus Österreich.<br />
Es haben sich unendlich viele erzählenswerte<br />
Geschichten bei diesem<br />
Rennen abgespielt, die einen<br />
ganzen Roman füllen würden. Zum<br />
Beispiel der Mastbruch auf gerade<br />
jenem Schiff, auf dem die gesamte<br />
Tochter Sonja Ecker:<br />
Skipperin und Ausbildnerin.<br />
Sportlich Segeln und Fischen.<br />
Autor Bobby Schenk, Kurt Ecker,<br />
<strong>ocean7</strong>-Gründer Thomas Dobernigg.<br />
Auch logistisch war das<br />
1.000-Meilen-Race eine Challenge.<br />
52 4/<strong>2024</strong>
Mit Kurt Ecker kamen auch die Skippertrainings für sichere<br />
Hafenmanöver im Sinne einer guten Seemannschaft.<br />
Kamera-Crew vom ORF drauf war.<br />
Oder, mehrmals, das Übersteigen von<br />
Ärzten bei rauer See wegen Notfällen<br />
in der Mannschaft – und das bei fünf<br />
oder sechs Windstärken!<br />
Vielleicht am bemerkenswertesten<br />
aber war die Geschichte der wackeren<br />
Segler aus Bachmanning, der „kleinsten<br />
Gemeinde Österreichs“, beim<br />
Ecker Cup 1992 von Marmaris nach<br />
El Kantaoui. Wie die beherzte Crew<br />
mit ihrer Charteryacht rund um Skipper<br />
Willi Lettner, der aufgrund einer<br />
Muskelschwäche auf den Rollstuhl angewiesen<br />
ist, alle Schwierigkeiten mit<br />
Einsatz und Stil meisterte, rang nicht<br />
nur der Konkurrenz, sondern auch<br />
der großen Presse Respekt ab.<br />
Die letzten 30 Stunden übernahm<br />
Skipper Willi das Ruder und ließ sich<br />
von seiner Crew nicht mehr ablösen,<br />
so groß war sein Ehrgeiz, einen guten<br />
Platz zu erreichen. Als das Team aus<br />
Bachmanning in El Kantaoui (Tunesien)<br />
eingelaufen war, erschien seine<br />
Yacht auf dem Siegerboard nicht<br />
nur in seiner Klasse auf Platz eins,<br />
sondern auch das Blaue Band für<br />
den Gesamtsieg gehörte ihm.<br />
UNERREICHT – BIS HEUTE<br />
Die Ecker Cups wurden mit dem<br />
Ende der Firma Ecker Yachting eingestellt.<br />
Jahre zuvor war Kurt Ecker als<br />
Geschäftsführer dieser einstigen Vorzeigefirma<br />
schon ausgeschieden.<br />
Aber die Cups haben eine unvergessliche<br />
Geschichte geschrieben.<br />
Das hatte es noch nirgendwo auf der<br />
Welt gegeben, dass der Hochseeregatta-Sport<br />
für jedermann offen stand.<br />
Von welch einzigartiger Größe Kurt<br />
Eckers Leistungen, sein Ideenreichtum,<br />
seine Weitsicht, seine Einsatzund<br />
seine Risikobereitschaft waren,<br />
zeigt sich allein darin, dass nach es<br />
ihm keinem gelungen ist, eine annähernd<br />
vergleichbare Hochsee-<br />
Segelregatta- Serie auf die Beine zu<br />
stellen.<br />
<br />
Großes Segeln. Ein Ecker-Cup-Pokal. Alle in einem Boot.<br />
TAUSEND GRÜNDE,<br />
EIN PARTNER
Gebirgssegler Cup<br />
Was man neckt,<br />
das streckt sich!<br />
Als ein Eisenerzer vor 17 Jahren den 4. Platz beim Austria Cup belegte, nannte die Seglergemeinde<br />
den Steirer neckisch den „Gebirgssegler“. Mike Hecker, YCA-Commander der Crew Steiermark, ließ<br />
aus diesem Titel spöttischen Ursprungs die „größte Regatta des Yacht Clubs Austria“ erwachsen.<br />
Text und Fotos ANDREA SIKORSKI<br />
Beim ersten Gebirgssegler Cup<br />
(GSC) starteten drei Schiffe.<br />
Heuer kämpften bereits 32<br />
in drei Klassen um den beehrten<br />
Wanderpokal. Rund 2.500 Personen<br />
nahmen in all den Jahren an dieser<br />
Regatta teil.<br />
Gestartet wird immer am Festland.<br />
An vier Wettfahrtstagen finden<br />
Navigationsfahrten zwischen<br />
den Inseln der Kornaten statt. Etappenziele<br />
sind einladende Häfen<br />
oder gut ausgestattete Marinas. Im<br />
Wettfahrtkomitee dabei ist alljährlich<br />
der Kroate Franjo Juric, ein sehr<br />
erfahrener Regattaleiter. Der GSC<br />
zählt zu den Regatten der Austrian<br />
Offshore Trophy. Soweit die sportlichen<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Showeinlagen der einzelnen<br />
Crews, Marketenderinnen in<br />
Tracht, die Lose verkaufen, ein<br />
Zock-Spiel mit Gewinnen, wie ein<br />
Rundflug oder das Nenngeld für die<br />
nächste Regatta, Stegfest mit steirischem<br />
Buffet, Dirndl und Lederhose,<br />
Galaabend mit Siegerehrung<br />
und ein stets gute Laune verbreitender<br />
Mike Hecker als Organisator<br />
machen das „Erfolgs-Rezept“ dieser<br />
Veranstaltung aus.<br />
MOTIVATION STATT DRUCK<br />
Mike beschreibt seine Regatta als<br />
„die größte Familienfeier auf der<br />
Adria“. Am Wasser wird fair „gefightet“,<br />
am Abend sitzen alle<br />
„zam“ und feiern.<br />
In „seiner Regatta-Großfamilie“<br />
treffen sich Jung und Alt, erfahrene<br />
Segler und Neueinsteiger, Fahrtenund<br />
Profiskipper. Auf der „hohen<br />
Kante“ und abends wird genetzwerkt.<br />
Vom Schneeketten-Vertreter<br />
und Versicherungsmakler bis zur<br />
Köchin oder Züchterin von bordtauglichen<br />
Hunden treffen sich<br />
diverse Berufssparten. Günter<br />
Pachschwöll, professioneller Filmproduzent<br />
und begeisterter Hobbysegler,<br />
begleitet per Drohne die<br />
Regatta. Vor der Siegerehrung<br />
präsentiert er jedes Jahr seinen<br />
spektakulären Mitschnitt in bewegten<br />
Bildern.<br />
Der Anteil der Seglerinnen beträgt<br />
beim GSC um die 25 Prozent,<br />
heuer waren 47 Frauen mit dabei.<br />
Acht von ihnen segelten als Damencrew<br />
auf einem eigenen Schiff. Die<br />
Anzahl der Skipperinnen ist allerdings<br />
noch immer verschwindend<br />
klein. Nur Gerhild Dengg und<br />
Claudia Hofer stehen 30 Kapitänen<br />
gegenüber. Beide sind erfahrene<br />
Seglerinnen und selbstständige<br />
54 4/<strong>2024</strong>
Geschäftsfrauen. Gerhild ist Offshore<br />
Sailing Instructor und Skipperin<br />
bei vielen Regatten. Claudia segelt<br />
nicht nur Dickschiffe, sondern<br />
auch Clubregatten gemeinsam mit<br />
Gerhild am Grundlsee.<br />
Beide werden geschätzt wegen<br />
ihrer ruhigen, partnerschaftlichen<br />
Kommunikation an Bord und Fachkompetenz<br />
– sie bewahren auch<br />
Ruhe, wenn es eng wird und der<br />
Wind richtig pfeift, Anlegemanöver<br />
schwierig werden oder technische<br />
Probleme auftreten.<br />
Die Damencrew unter Skipperin<br />
Claudia musste einen Motorschaden<br />
wegstecken. Trotzdem belegte<br />
sie in der Einheitsklasse Bavaria 46<br />
mit Gennaker den fünften Platz von<br />
14, in der Gesamtwertung segelte<br />
sie auf Platz 20.<br />
Zum zweiten Mal dabei ist das Jugendschiff<br />
mit Skipper Pauli Bleyer,<br />
22-jähriger Juniorchef von „Steirerland<br />
Bleyer“. Das Durchschnittsalter<br />
der drei Mädels und vier Buben an<br />
Bord betrugt 21 Jahre. Einer davon<br />
ist Sebastian Bachl (wegen seiner<br />
beachtlichen Größe „Maibaum“<br />
genannt). Er wird 2025 an der<br />
Einhand-Transatlantik-Regatta<br />
„Mini-Transat“ von Frankreich bis<br />
in die Karibik an den Start gehen.<br />
Das Jugendteam um Pauli auf einer<br />
Bavaria 46 belegte in der Gesamtwertung<br />
Platz 26.<br />
Vierfach-Olympiateilnehmer<br />
Nikolaus Resch und Johannes<br />
Rupitz, Bundesliga-Segler im YCA-<br />
Team, waren heuer ebenfalls Teil<br />
von Mike Heckers „Regattafamilie“.<br />
Niko Resch und seine Crew gewannen<br />
in der offenen Klasse den Gebirgssegler<br />
Cup.<br />
Nikos Erfolgsrezept: Positionen<br />
nach Können aufteilen. Kein Wechsel<br />
der Positionen während der<br />
Wettfahrt. Klare, ruhige Kommandos.<br />
Kein Befehlston. Abläufe festlegen,<br />
wenn ein Manöver misslingt<br />
(z. B. wenn der Gen naker als Eieruhr<br />
am Vorstag hängt oder gar im<br />
Wasser landet, ein Fall oder Segel<br />
reißt u. ä.). Motivation statt Druck.<br />
Druck erstickt Können und Wollen<br />
FOTO: GÜNTER PACHSCHWÖLL<br />
Organisator Mike Hecker ist Garant dafür, dass alle Teilnehmer des GSC (siehe Gruppenfoto) segel- und<br />
wassersportlich, aber auch unterhaltsam und kulinarisch mit einer Prise Steiermark verwöhnt werden.<br />
einer Crew. Im Leistungssport als<br />
„Choking- Phänomen“ (Choking =<br />
Abwürgen) bekannt.<br />
Gebirgssegler Cup <strong>2024</strong><br />
AUCH FLAUTE MACH SPASS<br />
Zu den spektakulärsten Anblicken<br />
zählt der Moment, wenn an der<br />
Wendemarke Gennaker und Spinnaker<br />
auf der Regattabühne auftreten<br />
und das „Geschwader“ mit ihren<br />
bunten Zugvögeln weiter über<br />
das Meer zieht.<br />
Geplant waren sechs Wettfahrten<br />
zwischen Murter (Start- und Zielhafen),<br />
Biograd und Veli Iz. Wetterbedingt<br />
erfolgten nur drei Navigationsfahrten.<br />
Die Vierte fiel wegen<br />
Flaute buchstäblich ins Wasser und<br />
endete mit Badespaß auf der Badeplattform<br />
statt Gewichtstrimm auf<br />
der hohen Kante.<br />
Wieder einmal bestimmten maximaler<br />
Speed nach Lee und Luv, taktisch<br />
perfekte Teamarbeit, optimaler<br />
Segel- und Gewichtstrimm, schnelle<br />
Manöver und smarte Einschätzung<br />
der Gegner den Platz auf der Ziellinie.<br />
Fair Winds!<br />
<br />
Die Regatta. Der jährlich ausgetragene Gebirgssegler Cup wurde heuer vom 21.–25. April ab Murter gesegelt. Es gingen<br />
32 Schiffe in drei Klassen an den Start: zehn First 35 mit Spinnaker in der Einheitsklasse, 14 Bavaria 46 mit Gennaker in<br />
der Einheitsklasse, acht Yachten in der ORC mit Beisegel ohne Einheitsgruppe. Drei von sechs Wettfahrten fanden statt.<br />
Die Gewinner. Einheitsklasse First 35: Taurus, Skipper Herbert Nitzlnader. Einheitsgruppe Bavaria 46: MH49,<br />
Skipper Stefan Eder. Offene ORC: Aqua Nomis, Skipper Niko Resch. All over: Aqua Nomis, Skipper Niko Resch.<br />
Nächster Termin: Der 18. Gebirgssegler Cup wird vom 13.–17. April 2025 gesegelt. Anmeldungen werden vom Organisator<br />
Mike Hecker entgegengenommen (Einheitsklasse First 35 bereits ausgebucht). Keine Gruppen ohne Beisegel!<br />
è mike.hecker@yca.at è www.yca.at<br />
Trainingstage. „Nach dem Training gleich an den Start“: Der YCA bietet Trainingstage termingenau vor dem Gebirgssegler<br />
Cup an. Crewtraining mit Coach ermöglicht eine intensive Beschäftigung mit „Segel & Schiff“. Hinter jedem Handgriff<br />
und jedem Manöver steckt eine ausgeklügelte Technik, die immer den Gesetzen der Physik unterliegt. Nur wer diese versteht,<br />
„begreift“ das Spiel mit den Leinen.<br />
4/<strong>2024</strong> 55
Alpe Adria Sailing Week<br />
Internationaler,<br />
weiblicher, jünger<br />
Der Veranstaltungsort? Perfekt! Das Wetter? Ein Traum! Die Stimmung? Geht nicht besser! Die diesjährige<br />
Alpe Adria Sailing Week (AASW), die vom 26. bis 30. Mai in Punat/Krk stattfand, stand heuer in allen<br />
Belangen unter einem guten Stern und sorgte damit nicht nur für spannende Regatten, sondern war auch ein<br />
Fest der Freude und der Begegnungen. Daniel Kirchmeier, Organisator der AASW und Crew-Commander der<br />
YCA-Crew Kärnten, berichtet vom gelungensten Segelevent der vergangenen Jahre.<br />
Text DANIEL KIRCHMEIER | Fotos FRAN KARABAIĆ , TANJA GÜTTERSBERGER<br />
Letztes Jahr fing die AASW für<br />
uns Veranstalter mit der Suche<br />
einer neuen Regatta-Basis etwas<br />
kompliziert an und ging dann während<br />
der Renntage aufgrund einer<br />
Schwarzen Bura, die nur drei kurze<br />
Wettfahrten zuließ, schwierig weiter.<br />
Dieses Jahr: alles von Anfang an top!<br />
MITTEN IM ORT<br />
Nachdem die Veranstaltung im vergangenen<br />
Jahr zum Glück an der Mole im<br />
Zentrum von Punat unterkam, wählten<br />
wir auch heuer wieder diese Lösung.<br />
Mit Erfolg: Die enge Nachbarschaft der<br />
Boote im Zentrum des malerischen<br />
Ortes schuf eine besondere Gemeinschaft<br />
und ermöglichte intensiven Austausch<br />
und ein fröhliches Miteinander<br />
nach dem Motto: Segeln unter Freunden!<br />
Das üppige Rahmenprogramm –<br />
Live-Musik, Abschlussparty u. v. m. –<br />
trug ebenfalls zu sehr guten und<br />
entspannten Stimmung bei.<br />
Das Regattazelt direkt vor der Mole<br />
war zentraler Treffpunkt und Veranstaltungsort<br />
für die Teilnehmer. Ein<br />
weiterer, inzwischen sehr geschätzter<br />
Vorteil der Lage an der Mole: Die Entfernungen<br />
zu allen anderen wichtigen<br />
Einrichtungen sind kurz. Die Segler<br />
konnten mit wenigen Schritten von<br />
ihren Booten aus das Regattabüro erreichen<br />
und erhielten so schnell und<br />
unkompliziert alle Informationen.<br />
Die Vorbereitungen der Regatta verliefen<br />
gleichfalls reibungslos. Im Vorfeld<br />
der Veranstaltung wurde ein Regatta-Training<br />
unter der Leitung von<br />
Olympia-Teilnehmer Niko Resch angeboten.<br />
Zudem hat auch das Überstellungsservice<br />
einwandfrei funktioniert,<br />
die Überstellung der First 35 von Murter/ACI<br />
Marina Jezera nach Punat und<br />
wieder zurück gestaltete sich ohne Probleme<br />
und ermöglichte den Seglern<br />
eine stressfreie An- und Abreise nach<br />
Punat.<br />
Während der AASW <strong>2024</strong> wurde sportlich<br />
gesegelt, präzise (mit Trac Trac)<br />
getrackt, freundschaftlich gefeiert<br />
und mit dem Kärntner Cruising Cup ein<br />
neuer Pokal vergeben.<br />
56 4/<strong>2024</strong>
NEUN WETTFAHRTEN<br />
Ganz anders als im vergangenen Jahr<br />
präsentierten sich Wind und Wetter<br />
– nämlich von ihren besten Seiten.<br />
Damit konnten insgesamt neun<br />
Wettfahrten ausgetragen werden,<br />
darunter acht Up-and-Down-Kurse,<br />
die für Spannung und Dynamik<br />
sorgten, sowie eine Navigationswettfahrt.<br />
Langjährige Teilnehmer konnten<br />
sich nicht erinnern, dass es während<br />
der AASW jemals so viele<br />
Rennen gab.<br />
Die Regatten fanden unter der<br />
bewährten Wettfahrtleitung von<br />
Otmar Petschnig, Ted Weidlich<br />
und Slavko statt. Ihre Erfahrung<br />
und Professionalität trugen wesentlich<br />
zum reibungslosen Ablauf<br />
der Wettbewerbe bei.<br />
Ausgetragen wurde die AASW<br />
<strong>2024</strong> wieder in mehreren Klassen,<br />
die unterschiedliche Aspekte des<br />
Regatta-Segelns abdecken:<br />
· Der Alpe Adria Cup, für Fahrtenyachten<br />
mit Beisegel nach<br />
ORC.<br />
· Der Austria Cup in der Einheitsklasse<br />
First 35.<br />
· Der Kärntner Racing Cup für<br />
Segler der J/70-Klasse.<br />
· Die Kärntner Cruising Trophy<br />
für den besten Kärntner Skipper<br />
mit Crew.<br />
DAS POTENZIAL DES EVENTS<br />
Dieses Jahr nahmen erstmals einige<br />
unserer Teilnehmer am Croatia Cup<br />
teil. Die Siegerehrung fand im Rahmen<br />
der Eröffnung der AASW statt,<br />
und wir durften auch kroatische<br />
Teams bei unserer Veranstaltung begrüßen.<br />
All das verdeutlichte das Potenzial<br />
der Veranstaltung, sich zu einem<br />
nationenübergreifenden Event<br />
zu entwickeln.<br />
Der Name „Alpe Adria Sailing<br />
Week“ könnte somit in Zukunft<br />
zum internationalen Programm<br />
werden und Segelbegeisterte aus<br />
verschiedenen Ländern – wie<br />
Slowenien oder Italien – ebenfalls<br />
motivieren, um zu einem noch<br />
internationaleren Highlight im<br />
Alpe-Adria-Raum zu werden.<br />
Ein bemerkenswertes Merkmal<br />
der Segelwoche war übrigens die<br />
Teilnahme von drei Damencrews.<br />
Und auch auf den anderen Booten<br />
war der Anteil der Frauen durchaus<br />
beachtlich. Dies belegt, dass Frauen<br />
zunehmend im Segelsport präsent<br />
sind und sich aktiv an Regatten beteiligen.<br />
Wir hoffen, bei der AASW<br />
2025 noch mehr Damencrews begrüßen<br />
zu dürfen.<br />
Starke Präsenz auf der AASW<br />
zeigte auch die Jugend, die auf dem<br />
Feld so manchem Salzbuckel den<br />
Schweiß auf die Stirn trieb.<br />
Fazit: Die AASW <strong>2024</strong> war erneut<br />
ein unvergessliches Erlebnis für alle!<br />
Mit spannenden Wettfahrten, unterhaltsamen<br />
Events und der traumhaften<br />
Kulisse der Kvarner Bucht bot<br />
die traditionsreiche Veranstaltung<br />
Wir sind Alpe Adria<br />
S ailing Week!<br />
des Yacht Club Austria alles, was<br />
das Seglerherz erfreut.<br />
Ein besonderer Dank gilt dem<br />
Team von In2theblue mit Basis in<br />
Punat für ihre hervorragende Unterstützung<br />
bei der Organisation.<br />
Die Hilfe und Einsatzbereitschaft<br />
des gesamten Teams haben maßgeblich<br />
zum Erfolg der Veranstaltung<br />
beigetragen.<br />
2025 VOR DER TÜR<br />
Mann kann sich auch schon für<br />
die nächste AASW anmelden! Die<br />
Teilnehmer am heurigen Austria<br />
Cup, der 2025 wieder mit First 35<br />
ausgetragen wird, können sich mit<br />
ihrer verbindlichen Anmeldung<br />
und der Überweisung von 500 Euro<br />
als Anzahlung ihre First 35 sichern.<br />
Bis 1. Juli <strong>2024</strong> bleiben sie für die<br />
diesjährigen Teilnehmer reserviert,<br />
danach gilt das Prinzip: Wer zuerst<br />
kommt …<br />
<br />
Alpe Adria Sailing Week <strong>2024</strong><br />
Die Regatta. Gesegelt wurden neun Wettfahrten in vier<br />
Tagen – acht Up-and-Down- und ein Navigations-Kurs.<br />
Die Bewerbe. Alpe Adria Cup – die Sieger: Aqua<br />
Nomis/Julian Kircher; Joker_O/Christof Dittrich;<br />
Desidera/Christian Horvath.<br />
Austria Cup <strong>2024</strong> (Einheitsklasse First 35) – die Sieger:<br />
Scorpio/Karl Florian; Capricorn/Peter Fritsch;<br />
Aquarius/Erich Monsberger.<br />
Kärntner Racing Cup – die Sieger: In2TheBlue/Martin<br />
Emmer; Boot Tulln/Christian Bayer; Pantaenius<br />
Yachtclub Austria/Emilia Pottinger.<br />
Kärntner Cruising Trophy – die Sieger: Joker/Skipper<br />
Christof Dietrich; Desperado/Skipper Otto Sattmann;<br />
Aquarius/Skipper Erich Monsberger.<br />
Nächster Termin. Die 18. Alpe Adria Sailing Week wird<br />
vom 25.–29. Mai 2025 wieder in Punat und in denselben<br />
Bewerben gesegelt (Stand: Juni <strong>2024</strong>).<br />
è www.aasw.at<br />
4/<strong>2024</strong> 57
FOTO: ALEXANDRE.ROSA/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Ausbildung FB4<br />
Die Kathedrale St. Maria auf der<br />
Burg Eivissa thront hoch über dem<br />
Hafen und der Altstadt von Ibiza.<br />
FB4,<br />
weltweite Fahrt!<br />
1.246 Meilen von Ibiza via Gibraltar nach Teneriffa. Inklusive Ausbildung in Theorie und Praxis für<br />
den Fahrtenbereich 4 samt Prüfung – alles an Bord eines Segelkatamarans. Mein Erfahrungs bericht.<br />
Text ERNST HABUSTA | Fotos ELISABETH CZIEP<br />
Von zwei Freunden aus<br />
meinem Segelverein werde<br />
ich auf dieses Pionier-Projekt<br />
aufmerksam gemacht<br />
– und ich möge mich doch mit dem<br />
Veranstalter über die Details austauschen.<br />
Was ich auf der Bootsmesse<br />
in Tulln auch tue, weil mich<br />
dieses Astronavigations-Thema<br />
nicht loslässt. Und ich heuere an.<br />
Anfangs bin ich nicht ganz überzeugt,<br />
wie sich operative Schiffsführung,<br />
Ausbildung, Üben, Lernen<br />
und die Prüfung vereinbaren lassen.<br />
Das ändert sich aber bald, nachdem<br />
wir an Bord gehen und am Nachmittag<br />
des 29. Oktober im Stadthafen<br />
von Ibiza ablegen.<br />
Zuvor organisieren wir uns und<br />
unsere Reise noch gründlich. Es<br />
werden die Notrollen definiert, besprochen,<br />
geübt und Verantwortlichen<br />
zugeordnet. Wir legen unseren<br />
rotierenden Wacheplan fest, unterhalten<br />
uns über Proviant, kaufen<br />
um satte 1.200 Euro ein, verstauen<br />
nach Plan und bestimmen letztlich<br />
auch noch die „Cooks of the day“.<br />
Alle unsere beschlossenen Regeln<br />
werden auf Papier gebracht und<br />
im Salon, gut sichtbar für jede(n),<br />
ausgehängt.<br />
Wir, das sind zehn Personen an<br />
Bord der Neptuno – der Skipper<br />
Alex Bayr von b3onwater, unser<br />
Prüfer „Little“, wie er sich vorstellte<br />
(alias Prof. DI Dr. Franz Friedreich),<br />
und acht Crew-Mitglieder, von denen<br />
fünf Prüfungsanwärter sind. Ich<br />
kenne bis zu diesem Zeitpunkt niemanden<br />
aus dem Team außer Alex,<br />
und das erhöht die Spannung darauf,<br />
wie sich in den kommenden<br />
zwei Wochen die zwischenmenschliche<br />
Ebene auf See und in Stress-<br />
Situationen entwickeln wird.<br />
Aber es ist auch sehr früh spürbar,<br />
dass sich an Bord sehr viel Erfahrung<br />
und Know-how trifft – ein hoher<br />
seemännischer Level und ausgewogene<br />
Persönlichkeiten. Damit ist<br />
ein angenehmes Zusammenspiel zu<br />
erwarten.<br />
VOLLE UND HALBE SICHT<br />
Bevor wir unsere erste Etappe nach<br />
Gibraltar starten, analysieren wir<br />
natürlich noch die Wetterlage und<br />
den Forecast ausführlich – und der<br />
ist für die nächsten Tage nicht sehr<br />
motivierend. In der Biscaya bauen<br />
sich schon seit Tagen immer wieder<br />
Tiefs auf, die teilweise in die irische<br />
See, aber teilweise auch über das<br />
spanische Festland in das westliche<br />
Mittelmeer ziehen.<br />
Das bedeutet für uns Wind aus<br />
Südsüdwest und damit direkt auf<br />
die Nase. Somit ist klar, dass wir<br />
mit unserer Neptuno (Lagoon 52<br />
mit Selbstwendefock) nicht aufkreuzen,<br />
sondern unter Motor<br />
fahren und Meilen machen wollen,<br />
bevor das Wetter noch unangenehmer<br />
wird.<br />
58 4/<strong>2024</strong>
Als Monohull-Segler mit bisher<br />
wenig Berührungspunkten zu Kats<br />
hat mich das Verhalten und das<br />
Handling des Schiffs unter den zu<br />
erwartenden Bedingungen interessiert.<br />
Er liegt überraschend ruhig in<br />
der rauen See, was sich als großer<br />
Vorteil herausstellt. Denn in diesem<br />
Leg machen wir ausgiebig Theorie,<br />
können relativ ruhig über unseren<br />
Skripten um den Tisch im Salon sitzen,<br />
machen uns mit den zwei Sextanten<br />
(ein Vollsicht-Instrument<br />
von Cassens & Plath und ein Halbsicht<br />
von Freiberger) vertraut, die<br />
wir an Bord haben.<br />
Meine anfängliche Skepsis über<br />
dieses Ausbildungsformat wandelt<br />
sich spätestens jetzt. Das Lehrbuch<br />
ist verständlich aufgebaut, konzentriert<br />
sich auf das Wesentliche, ist gut<br />
illustriert und die Berechnungen erfolgen<br />
auf Basis der Tables des Nautical<br />
Almanac, das den internationalen<br />
Standard darstellt.<br />
Anschließend an die Theorie-Einheiten<br />
wird konsequent geübt – ein<br />
Feature, das sehr vorteilhaft ist, weil<br />
das theoretische Wissen sofort in<br />
die Praxis umgesetzt werden kann<br />
und durch unsere Form der „Isolation“<br />
an Bord Verständnisfragen<br />
unmittelbar behandelt werden können.<br />
Mir gefällt diese Methodik und<br />
ich bin froh, dass ich mich für diesen<br />
Trip entschieden habe.<br />
PRÜFUNG IN GIBRALTAR<br />
So ziehen wir mit einer dichten<br />
Ladung Know-how über Astronavigation<br />
im Gepäck unsere Spuren<br />
durch das westliche Mittelmeer<br />
und kommen am Nachmittag des<br />
1. November in Gibraltar an. Eingecheckt<br />
wird in der Marina des spanischen<br />
Teils.<br />
Tags darauf und die folgenden<br />
Tage werden in der Marina um die<br />
40 kn Wind aus West gemessen und<br />
es regnet. Wir müssen einige Tage<br />
abwettern, ehe wir uns auf die zweite<br />
Etappe machen können. Aber wir<br />
haben eh noch einiges zu tun, ehe es<br />
weitergehen kann. Es muss getankt,<br />
gebunkert, der britische Teil besucht<br />
und der Affenfelsen besichtigt werden.<br />
Und unsere theoretische Prüfung<br />
steht an. Weil sich das Wetter<br />
nicht bessern mag und beständig<br />
starker Westwind durch die Straße<br />
bläst, sitzen wir hier vier Tage fest.<br />
Die einfachste Übung ist das Tanken,<br />
beim Bunkern haben wir diesmal<br />
stark übertrieben. Es hatte auch<br />
niemand damit gerechnet, dass wir<br />
auch Fische fangen werden.<br />
Die Prüfung gestaltet sich umfangreich,<br />
aber nicht unlösbar. Sie<br />
besteht aus der Planung einer Langfahrt<br />
(die zu präsentieren war), 30<br />
Multiple-Choice-Fragen und einem<br />
zusammenhängenden, längeren<br />
Beispiel mit dem Ziel der Ermittlung<br />
der eigenen Position durch Berechnung<br />
und Zeichnung.<br />
Wir dürfen erleichtert aufatmen,<br />
die Prüfung ist gutgegangen – aber<br />
die nächste Herausforderung wartet<br />
bereits auf uns.<br />
FREIFACH ANGELN AUF SEE<br />
Die kommenden Tage beraten Skipper<br />
und Prüfer über eine günstige<br />
Gelegenheit für den Start zur zweiten<br />
Etappe. Am 5. November soll<br />
sich ein kurzes Fenster auftun, der<br />
starke Westwind nachlassen und<br />
trotz der zu erwartenden Restwelle<br />
die Passage der Straße von Gibraltar<br />
mit Hilfe des Gezeitenstroms möglich<br />
sein. Wir legen ab und verlassen<br />
Gibraltar.<br />
Die Rechnung geht auf, es bleibt<br />
zwar die See etwas ruppig, aber wir<br />
kommen gut zurecht. Lediglich ein<br />
Thema, das ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko<br />
darstellt, beschäftigt<br />
uns. Es geht um die Orca-Berichte,<br />
die um dieses Revier kursieren.<br />
Zwei Tage vor unserer Abreise aus<br />
Gibraltar wurden Orca-Sichtungen<br />
auf afrikanischer Seite gemeldet.<br />
Wir entscheiden uns daher, die Straße<br />
im Norden auf der 20-m-Tiefenlinie<br />
zu passieren und nach dem<br />
Ende des Verkehrstrenngebietes im<br />
obligaten 90°-Winkel zu queren.<br />
Wir kommen gut durch und<br />
schnuppern schon Atlantikluft,<br />
als der Skipper mitteilt, dass ab der<br />
FOTO: TIMOTHY KNOX/SHUTTERSTOCK.COM<br />
aktuellen Position gekoppelt wird.<br />
Ab jetzt bestimmen wir unsere Position,<br />
wie wir es gut geübt hatten,<br />
brav mit Sextantenmessungen und<br />
zeichnen wieder. GPS dient uns zur<br />
Kontrolle, aber unsere Messungen<br />
und Berechnungen dienen zur Ermittlung<br />
des Standorts und zur Bestimmung<br />
unseres Kurses.<br />
Damit sind wir aber mitten im<br />
Praxisteil unserer Prüfung und es<br />
Bei einer FB4-Ausbildung<br />
in Theorie und<br />
Praxis an Bord gibt<br />
es viel zu entdecken.<br />
4/<strong>2024</strong> 59
Ausbildung FB4<br />
„ Elisabeth hatte unseren Standort bereits fertig und fehlerfrei<br />
berechnet, als wir noch dabei waren, unsere Bleistifte zu spitzen.“<br />
bleibt spannend. Auch die gewohnte<br />
Wetterlage bleibt uns erhalten. Wir<br />
haben jetzt achterlichen Grundwind<br />
mit ziemlich konstant 25 kn (in den<br />
Böen bis ca. 33 kn) und Welle zwischen<br />
fünf und sechs Metern, wobei<br />
die Atlantikwelle nicht unangenehm,<br />
weil langgezogen ist.<br />
Es ist kalt in den Wachen. Ich<br />
trage alles, was ich aufbieten kann:<br />
Stiefel, Ölzeug sowieso, Thermo-<br />
Unterwäsche, warme Haube, Neopren-Handschuhe<br />
– ich friere trotzdem<br />
bis zum 30. Breitengrad, wo<br />
wir uns bei den Wachwechseln einreden,<br />
dass es heute wieder viel wärmer<br />
geworden ist.<br />
Und LAT 30° N ist in etwa auch<br />
die Position, an der wir einen Fischfang<br />
zu verzeichnen haben. Ein<br />
Tuna mit ca. acht Kilo hat sich für<br />
uns geopfert. Herbert ist (so wie unser<br />
Skipper Alex) ein passionierter<br />
Fischer und hat das Prachtstück gut<br />
gelandet. Kurze Zeit später gibt es<br />
ein vorzügliches Thunfisch-Ca r-<br />
paccio und frisch gebackenes Brot<br />
aus der Hand unserer Elisabeth.<br />
Sie war es auch, die unseren<br />
Standort bereits fertig und fehlerfrei<br />
berechnet hatte, als wir noch dabei<br />
waren, unsere Bleistifte zu spitzen.<br />
Weiters hat Elisabeth bei voller<br />
Fahrt unser Großfall klariert, das<br />
sich bei einem Anschlag am Mast<br />
nahe des Tops verfangen hatte und<br />
das Großsegel blockierte. Das war<br />
eine Reise mit dem Bootsmannsstuhl<br />
in ca. 25 Meter Höhe bei rauer<br />
See – und das an ihrem Geburtstag!<br />
FOTO: LEOKS/SHUTTERSTOCK.COM<br />
San Miguel de Tajao – ein typisches Fischerdorf<br />
auf Teneriffa nahe der Marina San Miguel.<br />
Portugal<br />
die Marina San Miguel, machen<br />
Klar-Schiff und essen am Abend<br />
zur Abwechslung wieder einmal<br />
an Land. Es werden die Zertifikate<br />
verliehen – alle Anwärter unseres<br />
Schiffes haben bestanden. Skipper<br />
und Prüfer finden berührende und<br />
verbindende Worte.<br />
Eine ungewöhnliche Reise geht<br />
zu Ende und jede Person, die nicht<br />
dabei gewesen wäre, hätte gefehlt.<br />
Die Reise insgesamt und das Ausbildungsformat<br />
sind zu empfehlen.<br />
Wer das FB4-Patent noch auf seiner<br />
Bucket List hat, sollte zugreifen.<br />
Zu guter Letzt kann man sagen,<br />
dass wir uns nun nach den zahlreichen<br />
Messungen und Positionsbestimmungen<br />
per Sextant ganz gut<br />
auf dem Planeten zurechtfinden.<br />
Alle sind wir uns einig: Die Erde ist<br />
keine Scheibe.<br />
<br />
FB4 – die Lizenz für die weltweite Fahrt<br />
Ausbildung: Für den österreichischen IC-konformen FB4<br />
ist neben einer Theorieprüfung (Multiple Choice + Kartenarbeit)<br />
und der Ausarbeitung einer Offshore-Langfahrt<br />
auch eine Praxisprüfung über mindestens 200 nautische<br />
Meilen vorgesehen. Die Seefahrtsschule b3onwater bietet<br />
die vollständige FB4-Ausbildung in Theorie und Praxis als<br />
Modul inkl. Theorie- und Praxisprüfung in nur zwei Wochen<br />
auf dem Lernschiff an. Die Wissensgebiete des FB4 sollen<br />
ein sicheres Befahren von „Blauwasser“, also reine Offshore-Gebiete,<br />
die Planung von Langfahrten und die Navigation<br />
ohne Landsicht, die Astronavigation (Bestimmung<br />
der Position mithilfe der Gestirne), gewährleisten.<br />
Nächster Termin: 23. November bis 7. Dezember <strong>2024</strong>,<br />
Kleingruppe mit maximal 6 TeilnehmerInnen. Weitere Infos<br />
(Schulschiff, Route etc.) inkl. Anmeldemöglichkeit online:<br />
è www.b3-onwater.at<br />
Spanien<br />
Ibiza<br />
Mallorca<br />
Mittelmeer<br />
><br />
ABSCHLUSSZEUGNIS<br />
Nach dem Tausch der defekten<br />
Wasserpumpe durch unser Allround-Experten-Team<br />
Herbert<br />
und Peter kommen wir müde,<br />
aber glücklich in Teneriffa an.<br />
Wir dürfen zufrieden sein –<br />
wir haben gut navigiert und<br />
1.246 Meilen abgespult. Am<br />
10. November erreichen wir<br />
Madeira<br />
Atlantik<br />
><br />
><br />
GIBRALTAR<br />
Marokko<br />
><br />
36° 8‘ N<br />
60 4/<strong>2024</strong><br />
Teneriffa<br />
Gran<br />
Canaria<br />
5° 22‘ W
SEGELYACHTEN<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Breiter Spagat<br />
OBERE MITTELKLASSE. Die Dufour<br />
44 war im Januar auf der Boot Düsseldorf<br />
eine der wichtigsten Weltpremieren,<br />
nun gibt es von der französischen<br />
Mittelklasse-Yacht die ersten<br />
Inwater-Fotos in lustiger Kriegsbemalung.<br />
Die 44 ist für Dufour ein<br />
extrem wichtiges Modell, denn erst<br />
letzten Herbst wurde die Werft auf<br />
La Rochelle von den Charter-Platzhirschen<br />
Sunsail und Moorings als<br />
zukünftiger Zulieferer der Monohull-<br />
Modelle auserkoren. Somit werden<br />
wohl alle künftigen Dufour-Modelle<br />
Dufour 44, ein neuer Charter-Liebling?<br />
noch mehr in Richtung Charter-<br />
Tauglichkeit entwickelt werden, allerdings<br />
will man es sich natürlich<br />
auch nicht mit den privaten Eignern<br />
verscherzen. Ein schwieriger Spagat!<br />
Was beide Zielgruppen mögen, ist<br />
viel Platz an Bord – und den kann<br />
die Dufour 44 dank 4,45 m maximaler<br />
Breite auf 13,10 m Länge liefern.<br />
Das Rumpfvolumen erlaubt auch die<br />
Bugkabine zu splitten, damit verfügt<br />
die Yacht über bis zu vier Doppelkabinen<br />
mit jeweils einer eigenen Nasszelle.<br />
Private Käufer werden wohl<br />
eher zur Drei-Kabinen-Version mit<br />
riesiger Eignerkabine im Bug greifen.<br />
è www.dufour-yachts.com<br />
Die Luxusklasse im Fadenkreuz<br />
CARBON-SEGLER. Die Spezialität<br />
der Werft Yonca in Istanbul sind<br />
eigentlich Patrouillenboote für<br />
den militärischen Bereich und die<br />
Küstenwache. Das über die Jahre<br />
gewonnene Know-how rund um<br />
Sandwich-Kohlenstoff-Verbundwerkstoffe<br />
nutzen die Türken aber<br />
seit kurzem auch, um unter der<br />
Marke Mishi recht luxuriöse Segelyachten<br />
herzustellen. Letztes Jahr<br />
wurde in Cannes die Mishi 88 erstmals<br />
präsentiert, heuer soll ebenfalls<br />
an der Côte d‘Azur eine 102 Fuß<br />
große Schwester folgen. Sehr auffällig<br />
der große Decksaufbau mit<br />
Hardtop-Überdachung, der darauf<br />
hinweist, dass man hier weniger auf<br />
Sportlichkeit und mehr auf Komfort<br />
Wert gelegt hat. Platz genug für acht<br />
Gäste und vier Besatzungsmitglieder<br />
dürfte es auf dem 31 Meter langen<br />
Luxussegler auch geben.<br />
è www.mishiyachts.com<br />
Opulenter Leichtbau: Mishi 102.<br />
Leichte Lässigkeit<br />
Next Generation Y8.<br />
LUXUSSEGLER. Auf der Palma International<br />
Boat Show hat YYachts<br />
ein Nachfolgemodell der Y8 präsentiert.<br />
Die 80-Fuß-Yacht, wie beim<br />
deutschen Hersteller üblich aus Kohlefaserverbundwerkstoffen<br />
gefertigt,<br />
besitzt dank eines breiteren Hecks<br />
mehr Volumen als die Vorgängerin.<br />
Die Eignersuite mit separatem<br />
Salon kann entweder im Bug oder<br />
im Heck mit direktem Zugang zum<br />
Cockpit untergebracht werden.<br />
Selbstwendefock und die verdeckte<br />
Verlegung des laufenden Guts zu den<br />
Steuersäulen machen die Bedienung<br />
komfortabel. Ein tieferer Schwerpunkt<br />
durch die Verlagerung des<br />
Maschinenraums unter den Salonboden<br />
und die Verlegung des Masts<br />
nach achtern sollen die Segeleigenschaften<br />
merklich verbessern.<br />
è www.yyachts.de<br />
4/<strong>2024</strong> 61
Bavaria C46<br />
Eine<br />
für alles!<br />
Die vielseitige Segelyacht mit großem Potenzial ist aus einer neuen Denkweise geboren, welche die<br />
üblichen Bootskategorien, wie Eigner-, Charter-, Fahrten- oder Regattaboot, einfach außer acht<br />
lässt und sich auf den wesentlichen Kern einer modernen Segelyacht fokussiert.<br />
Text DETLEF JENS | Fotos WERFT<br />
Die einhundert Seemeilen<br />
segelte die zweiköpfige<br />
Überführungscrew in<br />
knapp 15 Stunden. Ein<br />
Durchschnitt von fast sieben Knoten,<br />
mit in den Spitzen natürlich<br />
entsprechend mehr Speed. „Tagsüber<br />
sind wir noch gemütlich bei<br />
leichtem Wind an Monaco vorbeigezogen,<br />
aber um Mitternacht<br />
briste es ziemlich auf. Wir hatten<br />
stellenweise 25 Knoten Wind, mit<br />
Böen bis 30“, erklärt Marcus<br />
Schlichting von Bavaria, der das<br />
Schiff mit seinem Kollegen David<br />
Goedde von der Messe in Cannes<br />
zur nächsten Messe nach Genua<br />
überstellt hatte. „Nur unter Großsegel<br />
und Selbstwendefock surften<br />
wir mit elf bis 13 Knoten die Wellen<br />
hinab! Das war einfach beeindruckend,<br />
wie leicht die C46 dann noch<br />
auf dem Ruder lag.“<br />
Auch während der Überführung<br />
von Genua nach Barcelona (350 sm)<br />
kam die Bavaria C46 mit kleiner<br />
Crew aus. Michael Künstler, bei<br />
Bavaria Yachts Chef des Einkaufs,<br />
segelte flott die Côte d’Azur ab:<br />
„8,5 Knoten Speed über Grund bei<br />
elf Knoten Wind nur mit Großsegel<br />
und Selbstwendefock, das ist schon<br />
stark. Auch bei kurzer Welle segelt<br />
das Schiff absolut angenehm. Durch<br />
die Ausstattung mit den sechs Winschen<br />
des Ocean Pakets war ein optimales<br />
Handling auch mit nur drei<br />
Crewmitgliedern bei Flaute bis<br />
Sturm absolut möglich. Und unter<br />
Deck fühlt man sich bei der Freiwache<br />
durch das viele natürliche Licht<br />
sehr wohl.“<br />
GANZ NACH VORGABE<br />
Auf diesen Überführungstörns wie<br />
auch auf etlichen anderen Testfahrten<br />
zeigte die neue Bavaria C46,<br />
dass sie die Vorgaben der Werft auf<br />
den Punkt erfüllt. Das Entwicklungsteam<br />
von Bavaria wollte nichts<br />
weniger als eine gut segelnde und<br />
leicht zu handhabende Segelyacht<br />
von 46 Fuß Länge, die sich für die<br />
unterschiedlichsten Zwecke und<br />
Wünsche konfigurieren lässt.<br />
Zum Beispiel als schnelle und sichere<br />
Fahrtenyacht für lange Reisen.<br />
Oder als komfortables Familienboot<br />
mit vielen Kabinen. Oder für den<br />
Einsatz als Charteryacht – oder zu<br />
welchem Zweck auch immer. Ambitionierte<br />
Segler werden, mit den<br />
entsprechenden Segeln, auch erfolgreich<br />
Regatten segeln können. Kurz:<br />
Diese Yacht ist die perfekt funktionierende,<br />
gut segelnde Basis, auf der<br />
jeder Eigner seine eigenen Vorstellungen<br />
realisieren kann.<br />
In der Einrichtung gibt es etliche<br />
Variationen, aber nicht alle Räume<br />
lassen sich beliebig verschieben, da<br />
viele Schotten strukturell bedingt<br />
wichtig sind. Dennoch können die<br />
einzelnen Kabinen unterschiedlich<br />
ausgestattet und genutzt werden.<br />
Die Gestaltung unter Deck ergibt<br />
sich auch immer aus der Position<br />
des Mastes. Der steht bei der C46<br />
zugunsten der größeren Segelfläche<br />
der Vorsegel wieder etwas weiter<br />
achtern. Das wiederum bestimmt<br />
die Position des Hauptschotts, und<br />
so wurde eine riesige Eignerkabine<br />
vorne möglich – oder zwei große<br />
Kabinen mit je einem eigenen Bad.<br />
Der Salon ist großzügig aufgeteilt<br />
mit einer U-Messe und Bank davor<br />
an Steuerbord und einer großen<br />
Küche gegenüber an Backbord.<br />
Dazu gibt es einen Kartentisch, der<br />
in diesen Raum mit offener Küche<br />
integriert ist und auch als Bordoffice<br />
dienen kann. Achtern gibt es<br />
zwei Kabinen mit je einem eigenen<br />
WC, dazu die Möglichkeit einer<br />
weiteren Kabine mit Stockbetten<br />
oder eines etwas größeren oder<br />
kleineren Technik- oder Wirtschaftsraums.<br />
62 4/<strong>2024</strong>
4/<strong>2024</strong> 63
Bavaria C46<br />
Das Cockpit ist trotz großer Tische<br />
und Bänke fürs Segeln gemacht.<br />
64 4/<strong>2024</strong><br />
Keine störenden Fallen – alle<br />
führen abgedeckt ins Cockpit.<br />
Einfaches Handling,<br />
auch für kleine Crews.<br />
Aber zurück zur Grundlage, den<br />
Segeleigenschaften. Auch diese<br />
lassen sich, ganz nach eigenem Ermessen,<br />
unterschiedlich nutzen –<br />
nicht jeder möchte gleich das volle<br />
Potenzial entfesseln. Bei zahlreichen<br />
Tests haben die Werftcrews<br />
aber genau das getan, sie haben<br />
das Schiff mit dem Code Zero an<br />
die Grenzen gebracht, in sportlich<br />
ambitionierten Manövern die Platzierung<br />
von Winschen und Beschlägen<br />
getestet und dabei immer auch<br />
einen Riesenspaß gehabt.<br />
Solch ein sportliches Segeln ist bei<br />
einer Schiffsgröße von 46 Fuß allerdings<br />
nicht ganz ohne. Vereinfacht<br />
wird es durch den „Code Permanent“,<br />
wie dieses große, auf der<br />
Rolle gefahrene Raum segel von<br />
Elvström genannt wird.<br />
Es ist ein Code Zero aus leichterem<br />
Tuch, welches man permanent<br />
auf jedem Törn angeschlagen lassen<br />
kann. Dank der stabilen Torsionsleine<br />
im Vorstag kann es gut<br />
eingerollt werden und muss beim<br />
Segeln selbst nicht unbedingt gesetzt<br />
oder geborgen werden, da es<br />
ja wie eine große Genua aus- und<br />
eingerollt wird. Die Handhabung<br />
ist einfach und auch das Halsen<br />
verliert alle Dramatik, da das Segel<br />
vor dem Manöver einfach aus dem<br />
Cockpit heraus eingerollt und auf<br />
dem neuen Bug wieder ausgerollt<br />
wird.<br />
Zitat mit Bild Marcs Schlichting.<br />
Bild angefordert.<br />
WINSCH DIR WAS<br />
Der Mast steht ziemlich genau in<br />
der Schiffsmitte, das sorgt für ausgewogenes<br />
Segeln. So entwickelt<br />
aber schon die Selbstwendefock<br />
reichlich Vortriebskräfte, was sich<br />
z. B. beim Testsegeln im aufgewühlten<br />
Seegang vor Barcelona deutlich<br />
zeigt: Nach der Wende kann das<br />
Schiff trotz der kurzen, bremsenden<br />
Wellen sofort wieder Fahrt<br />
aufnehmen. Das ist beeindruckend,<br />
erhöht die Freude am Segeln und<br />
ist letztendlich auch ein Sicherheitsaspekt.<br />
Kurzum: Ein Segelprofi<br />
am Steuer kann sehr viel aus dieser<br />
Yacht herauskitzeln.<br />
Ein zentraler Punkt ist das Winschenlayout<br />
im Cockpit. Maximal<br />
sechs Winschen sorgen für Vielseitigkeit.<br />
Jeweils zwei befinden sich<br />
auf jeder Seite an den Steuerständen,<br />
so kann das Schiff von hier<br />
aus durch den Rudergänger ganz<br />
einfach auch einmal alleine gesegelt<br />
werden. Die Schoten von<br />
Groß- und Vorsegel sind perfekt<br />
zur Hand. Sollen aber doch einmal<br />
schnellere Manöver mit mehr be-
Vier Winschen sind Standard, zwei<br />
weitere (E-)Winschen sind Option.<br />
Die tief öffnende Badeplattform ist<br />
über eine Zwischenstufe erreichbar.<br />
Erleben Sie mit uns<br />
Ihren Traum von der<br />
eigenen Yacht!<br />
Vier Winschen sind Standard,<br />
zwei weitere (E-)Winschen Option.<br />
8,5 kn Fahrt bei 11 kn Wind<br />
segelte schon der Prototyp.<br />
Yachtinvest:<br />
Charter-Kauf<br />
Der auch für Zusatzsegel perfekt<br />
zugeschnittene Bugspriet.<br />
Die wichtigsten Daten auch über<br />
dem Niedergang stets im Blick.<br />
teiligten Personen gefahren werden,<br />
könnte es hier dann schon<br />
mal eng werden. Daher gibt es die<br />
Option, ganz traditionell auch auf<br />
den Cockpitsülls noch je eine<br />
weitere Winsch zu platzieren.<br />
Die Vorsegelschoten lassen sich<br />
so umleiten, dass sie sowohl von<br />
hier als auch von den Steuerständen<br />
aus gefahren werden können.<br />
Zudem kann jedes Fall (die alle<br />
nach achtern ins Cockpit umgelenkt<br />
sind) von jeder beliebigen<br />
Winsch am Steuerstand bedient<br />
werden. Und ja, es gibt die be -<br />
liebte Option, mindestens zwei<br />
Hauptwinden elektrifiziert zu<br />
ordern.<br />
ENDLOS-SCHLEIFE<br />
Die Großschot wird als „German<br />
Mainsheet“ ohne Traveller gefahren.<br />
Vom Baum aus wird sie zum<br />
Mast und von dort aus beiderseitig<br />
nach achtern ins Cockpit geleitet,<br />
wo je ein Ende auf je einer Winsch<br />
bei den Steuerständen landet.<br />
Auch hier gibt es eine einfache<br />
und geniale Variation: Dreht man<br />
die Schot quasi um und belegt die<br />
losen Enden am Baum, hat man<br />
im Cockpit eine „Endlos-Schot“,<br />
vor allem aber hat man ein doppeltes<br />
System, mit dem sich jede<br />
Seite der Schot einzeln einstellen<br />
und der Baum sich somit optimal<br />
trimmen lässt. Ein zusätzliches<br />
„Die Bavaria C46 ist keine Neuerfindung,<br />
aber ein Quantensprung für<br />
uns als Werft – dank einer sehr gut<br />
durchdachten Entwicklung und<br />
einigen wirklich innovativen Ideen.“<br />
Marcus Schlichting, Marketing und PR Bavaria Yachts<br />
Aktuell verfügbare<br />
Kauf-Charter Yachten:<br />
BAVARIA Cruiser 34, 37<br />
BAVARIA C38, C42, C46<br />
Dufour 37, 41, 44, 530<br />
Katamarane aller Marken<br />
Sorgenfreier<br />
Yachtbesitz!<br />
Jetzt Infos einholen:<br />
pitter-yachting.com<br />
pitter-yachting.com
Bavaria C46<br />
FOTO: PITTER YACHTCHARTER<br />
Die neue Bavaria C46 im Regatta-<br />
Modus während des Kornati Cups.<br />
Salon mit großer Küche.<br />
Lichte Details.<br />
U-Messe mit viel Licht.<br />
Schaltzentrale über dem Navi-Tisch.<br />
Plus ergibt sich beim Halsen im<br />
Starkwind, wo der Baum mit beiden<br />
Schoten sich ganz ruhig und kontrolliert<br />
erst in die Schiffsmitte holen und<br />
dann langsam auf der neuen Seite<br />
wieder fieren lässt.<br />
Überhaupt ist dieses Cockpit fürs<br />
Segeln gemacht – was auf den ersten,<br />
flüchtigen Blick wegen der großen Tische<br />
und bequemen Cockpitbänke<br />
nicht direkt ins Auge fällt. Dann aber<br />
sieht man z. B. die Instrumente, die einerseits<br />
für alle gut sichtbar über dem<br />
Niedergang angeordnet sind, aber<br />
auch seitlich an den Steuerpods, speziell<br />
für die Augen des Steuermanns –<br />
der jeweils hinter den Rädern einen<br />
sehr guten Platz bekommen hat. Es<br />
befinden sich noch zwei solide und<br />
große Backskisten hinter den Steuerständen,<br />
was einen weiteren Sitzplatz<br />
(nicht nur auf dem Seitendeck) und,<br />
vor allem, ein beruhigendes Gefühl<br />
der Sicherheit gibt.<br />
ALLES IM GRIFF<br />
Natürlich gibt es auch eine große, ausklappbare<br />
Badeplattform. Dahinter<br />
befindet sich die Bavaria B-Box, ein<br />
Stauraum für alles nasse und sandige<br />
Zeug vom Baden, wie Schnorchelausrüstungen<br />
und Ähnliches. Selbst im<br />
Cockpit gibt es sehr viel Stauraum, sogar<br />
für die losen Enden der Schoten<br />
hinter den Winschen. Die Tische sind<br />
stabil zum Festhalten und Anlehnen,<br />
erwähnenswert wäre hier noch ein feines<br />
Detail: Es gibt ausfahrbare Ambient-Lampen<br />
für den roman tischen<br />
Abend im Cockpit.<br />
Wichtiger für die Sicherheit an Bord<br />
ist der vorbildliche Zugang zum Steuerquadranten<br />
direkt unter dem Cockpitboden<br />
zwischen den Steuerständen.<br />
Dort ist alles zur Hand, die Autopiloten<br />
ebenso wie der Aufsatz für eine<br />
Notpinne. Die zeigt beim Gebrauch<br />
aus Platzgründen nach achtern, hat<br />
aber vor allem auch Ösen am Ende,<br />
dazu gibt es entsprechende Augen im<br />
Cockpit (auch für den Rudergänger<br />
zum Einpicken), damit man sich eine<br />
Talje als Steuerhilfe riggen kann.<br />
FLAGGE ZEIGEN<br />
So ging es in die praktische Erprobung,<br />
nicht nur mit einem, sondern<br />
zwei „Prototypen“, die eigentlich<br />
schon die ersten zwei Serienyachten<br />
sind. Auf der einen wurden alle Segel<br />
und Riggkonfigurationen ausgiebig<br />
getestet, gemeinsam mit den Partnern<br />
von Elvström Sails und Selden-Riggs.<br />
Das andere Schiff durfte, wie erwähnt,<br />
schon längere Touren segeln. Solche<br />
Überführungen sind sehr anspruchsvolle<br />
Intensivtests, da sie in der Regel<br />
mit minimaler Besatzung in sehr begrenzter<br />
Zeit durchgeführt werden.<br />
„Die Bavaria C46 ist keine Neuerfindung,<br />
aber ein kleiner Quantensprung<br />
für uns als Werft – dank einer<br />
sehr gut durchdachten Entwicklung<br />
und einigen wirklich innovativen<br />
Ideen“, resümiert Marcus Schlichting.<br />
Er segelte mit der Bavaria C46<br />
kürzlich auch in die Top-Ten des<br />
von Pitter Yachtcharter organisierten<br />
Kornati Cups. Und das in der<br />
von 31 Sportyachten und professionellen<br />
Regatta-Skippern dominierten<br />
ORC-Klasse, Chapeau! <br />
Bavaria C46<br />
Länge ü. a. / inkl. Bugspriet<br />
Länge Rumpf / Wasserlinie<br />
Breite Rumpf<br />
Tiefgang Standard / Option<br />
Ballast Standard / Option<br />
Verdrängung Standard / Option<br />
Motor Standard / Option<br />
Treibstofftank <br />
Wassertank <br />
14,50 / 14,91 m<br />
13,95 / 13,31 m<br />
4,70 m<br />
2,30 / 1,75 m<br />
2.575 / 2.858 kg<br />
12.730 / 13.013 kg<br />
41,9 / 58,8 kW<br />
244 l<br />
554 / 798 l<br />
Segelfläche 115 m²<br />
Grosssegel Standard / Rollsystem 66 / 62 m²<br />
Selbstwendefock / Genua (106 %) 49,5 / 56,4 m²<br />
Gennaker / Code Zero 192 / 105 m²<br />
Masthöhe (max.) über Wasserlinie<br />
22,05 m<br />
Kabinen 3 / 5<br />
Nasszellen 2 / 4<br />
CE Kategorie<br />
Design<br />
A12 / B14 / C16<br />
Cossutti Yacht Design<br />
Grundpreis netto ab Werft ab € 315.600,–<br />
Bavaria Yachtbau GmbH, D–97232 Giebelstadt,<br />
Tel. +49 9334 9420, info@bavariayachts.com<br />
è www.bavariayachts.com<br />
66 4/<strong>2024</strong>
Amsterdam Open<br />
CABRIOFEELING. Die auf luxuriöse Semi-Custom-Motoryachten<br />
spezialisierte<br />
Werft Focus Motor Yachts aus Amsterdam<br />
hat mit der Focus 3X das erste<br />
Modell seiner neuen X-Reihe präsentiert.<br />
Herausragendes Feature des 37-Fuß-Inborders<br />
(2 x 270 bis 430 PS) sind die zwei<br />
Meter breiten elektrischen Seitenfenster,<br />
die zusammen mit dem Glas-Hardtop<br />
MOTORYACHTEN<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
eine nahtlose Umwandlung von einem<br />
geschlossenen Raum in eine offene Umgebung<br />
ermöglichen.<br />
Weitere Highlights: eine Badeplattform,<br />
die auch als Gangway dient, ein mit<br />
zig Monitoren ausgestattetes Armaturenbrett<br />
im Supercar-Stil sowie zwei verschiedene<br />
Cockpit- und Kabinenlayouts.<br />
è www.focus-motoryachts.com<br />
FOTO: ROK AVSIK<br />
Auf Flexibilität fokussierte Focus 3X.<br />
Flughafen an Bord<br />
LUXUS-EXPLORER. Wie<br />
viel Luxus verträgt eine Superyacht?<br />
Eine ganze Menge,<br />
behauptet das Mailänder<br />
Edelstudio Nauta Design<br />
bei seinem Konzept XP75,<br />
das als fixfertiges Projekt sofort<br />
realisiert werden könnte.<br />
Zu finden sind zwei Heli-<br />
Landeplätze, drei Pools, eine<br />
Garage mit Platz für drei<br />
Tender und ein Mini-<br />
U-Boot, Kabinen für zwölf<br />
Kann zwei Helis: Nauta XP75.<br />
Gäste und 24 Crew-Mitglieder,<br />
begehbare Kühl- und<br />
Gefrierschränke, Sauna,<br />
Schönheitssalon, Hamam<br />
und ein Open-Air-Kino.<br />
Ausgelegt ist die 1.900-Tonnen-Yacht<br />
für Temperaturen<br />
von -20° C bis 40° C. „Meine<br />
Traum-Motoryacht“, meint<br />
Nauta-Projektleiter Martino<br />
Majno, und wir glauben es<br />
ihm aufs Wort.<br />
è www.nautadesign.com<br />
My Fiart<br />
WALKAROUND. Schon seit 1960<br />
baut Fiart (mit r) in Neapel<br />
Sport-Motorboote und hat in den<br />
vergangenen Jahren eine überraschend<br />
breite Produktpalette entwickelt,<br />
die vom 11,50-m-Walkaround<br />
bis zur dreistöckigen<br />
18-m-Luxusyacht reicht.<br />
Neuestes Modell ist eine halb<br />
überdachte Version des Walkaround-Flaggschiffs,<br />
die Seawalker<br />
43 Panorama, bei der ein neues<br />
mit der Glasfrontscheibe verbundenes<br />
Hardtop den überdachten<br />
Außenbereich vergrößert. Interessantes<br />
Detail: Die Heckscheibe<br />
lässt sich mit einem System von<br />
Solarpaneelen ausstatten. Motorisierung:<br />
zwei 380 bis 480 PS<br />
starke Diesel von Volvo Penta.<br />
è www.fiart.com<br />
Hardtop-Erweiterung bei der<br />
Seawalker 43 Panorama.<br />
FOTO: A. MUSCATELLO<br />
Vorne offen, hinten T-Top: Fjord 39 XL.<br />
Einstieg in XL<br />
BOWRIDER. Ende April hat Fjord auf<br />
der Palma International Boat Show erstmals<br />
sein neues Einstiegsmodell Fjord<br />
39 XL in natura vorgestellt. Das 12-m-<br />
Powerboat (zwei Volvo Penta-Motoren<br />
mit bis zu 440 PS) besitzt ein stufenloses<br />
Walkaround-Design, eine große Sonnenliege<br />
im Bug und eine geräumige Badeplattform<br />
mit elektrischer Badeleiter<br />
im Heck. Unter Deck befindet sich eine<br />
Kabine mit Doppelbett, Pantry-Einheit<br />
und Nasszelle.<br />
Das Cockpit gibt es in unterschiedlichen<br />
Layout-Varianten, ein optionales<br />
T-Top reicht vom Steuerstand bis zum<br />
quer eingebauten Deckstisch. Wer Außenborder<br />
bevorzugt, greift zur XP-Variante,<br />
die mit bis zu zwei 400 PS starken<br />
V10-Motoren bestückt werden kann.<br />
è www.fjordboats.com<br />
4/<strong>2024</strong> 67
De Antonio E23<br />
68 4/<strong>2024</strong>
FOTO: TORVEO<br />
e-DeAntonio<br />
Wie macht man E-Boote schneller und erhöht deren Reichweite? Indem man sie auf Stelzen setzt! Genau das hat<br />
De Antonio bei seinem ersten Elektromodell gemacht, einem 7,2 m langen Katamaran mit integriertem Foil. Das<br />
Konzept ist so gut, dass die E23 von den Organisatoren des America’s Cup zum offiziellen Supportboot gewählt wurde.<br />
Text BERND HOFSTÄTTER | Fotos WERFT
De Antonio E23<br />
Aufgeräumtes Design: oben der mittig platzierte Steuerstand, unten der unter<br />
der Sonnenliege verborgene E-Motor von Torqeedo.<br />
Wer im Sektor der sportlichen<br />
Motorboote bis<br />
gut 15 Metern Länge<br />
einen Fuß in der Tür<br />
zur Zukunft haben möchte, braucht<br />
eher heute als morgen ein E-Modell.<br />
Das wissen natürlich auch Marc De<br />
Antonio und Stanislas Chmielewski,<br />
die Gründer der De Antonio-Werft.<br />
Mit ihrem cleveren Konzept – innovative<br />
Technologien, Fabrika tion im<br />
ebenso professionellen wie günstigen<br />
Polen und dem raffinierten Designtrick,<br />
den Außenbordermotor<br />
unter einer Sonnenliege zu „verstecken“<br />
– gehören sie zu den interessantesten<br />
Newcomern. Deshalb tüftelte<br />
die in Barcelona beheimatete<br />
Werft auch schon seit geraumer Zeit<br />
an einem neuen elektrischen Einstiegsmodell,<br />
der E23.<br />
DAS GRÜNE BOOT<br />
ZUM GRÜNEN CUP<br />
Stichwort Barcelona. Nachdem sich<br />
der Titelverteidiger aus Neuseeland<br />
mit seinem Heimatland nicht auf einen<br />
Austragungsort in Neuseeland<br />
einigen konnte, findet <strong>2024</strong> der 37.<br />
America’s Cup in Europa statt: Im<br />
Oktober wird sich in Barcelona das<br />
Emirates Team New Zealand gegen<br />
das siegreiche Team aus einem Herausforderer-Quintett<br />
um den weltweit<br />
ältesten (und viele meinen<br />
auch: hässlichsten) Wanderpokal<br />
matchen.<br />
Dem ehemaligen Regatta-Segler<br />
Marc De Antonio blieb der neue<br />
Austragungsort des wohl populärsten<br />
Regatta-Events nicht verborgen.<br />
„Wenn ihr für das Rennen in Barcelona<br />
Supportboote braucht, stehen<br />
wir gerne zur Verfügung. Wir können<br />
sogar elektrisch!“, bot er den<br />
Organisatoren an. Und vielleicht<br />
war der letzte Satz entscheidend,<br />
denn der America’s Cup bemüht<br />
sich derzeit sehr, grüner zu werden.<br />
„Seit dem letzten America’s Cup<br />
sind wir uns bewusst, dass wir alles<br />
in unserer Macht Stehende tun<br />
müssen, um Schiffe, die fossile<br />
Brennstoffe verbrauchen, zu ersetzen“,<br />
sagt Grant Dalton, CEO des<br />
America’s-Cup-Events. „Natürlich<br />
sind wir noch nicht in einem Stadium,<br />
in dem wir sie vollständig abschaffen<br />
können, aber wo wir können,<br />
werden wir es tun. Aus diesem<br />
Bowrider heißt: offener<br />
Bug mit Sitz- und Liegemöglichkeiten.<br />
70 4/<strong>2024</strong>
Grund haben wir uns für eine<br />
Partnerschaft mit De Antonio<br />
Yachts und deren E23 als elektrisches<br />
Supportboot entschieden.“<br />
KAT AUF FOIL<br />
Die Zusage sorgte in der Werft für<br />
einen Boost in der Entwicklung<br />
des Modells. Im November 2023<br />
wurde die Kooperation verkündet<br />
und schon in diesem April wurde<br />
in Barcelona die Premiere gefeiert.<br />
Die ersten Serienmodelle werden<br />
ab August dem America’s Cup zur<br />
Verfügung gestellt, danach fängt<br />
die Auslieferung an die zahlende<br />
Kundschaft an.<br />
Der America’s Cup steht ja für<br />
Technik und Innovation, und so<br />
gesehen passt die E23 sehr gut zur<br />
Veranstaltung. Für die markanteste<br />
Neuerung reicht ein Blick auf den<br />
Bug, genauer gesagt unter die Wasserlinie:<br />
Hier entpuppt sich die E23<br />
nämlich als Katamaran, der zwischen<br />
den beiden Rümpfen über<br />
ein fix verbautes Foil verfügt. Dieses<br />
soll für zusätzlichen Auftrieb<br />
sorgen, den Strömungswiderstand<br />
verringern und damit die Geschwindigkeit<br />
erhöhen und die<br />
Reichweite vergrößern.<br />
An sich ist die E23 ein Bowrider<br />
mit dem modernen, zurückhaltenden<br />
Design, das von den anderen<br />
De-Antonio-Modellen bekannt ist.<br />
Der Steuerstand ist mittig platziert,<br />
man kann also beidseitig zum Bug<br />
vorgehen. Die beiden Sitze beim<br />
Steuerstand bieten sehr guten Seitenhalt.<br />
Das Cockpit wurde völlig<br />
überarbeitet und Software und Interface<br />
für den Simrad NSX Monitor<br />
als Multifunktionsdisplay mit<br />
eingebaut, beziehungsweise von<br />
Torqeedo auf das Boot völlig neu<br />
abgestimmt. Der Bildschirm und<br />
die Steuereinheit präsentieren sich<br />
ebenfalls sehr reduziert. Vor dem<br />
Steuerstand kann optional beim<br />
Hochklappen der Sitzgelegenheit<br />
zur chemischen Toilette hinabgestiegen<br />
werden.<br />
Der Bug trägt klassisches Design,<br />
bietet eine Sitzgelegenheit in<br />
U-Form für acht Personen, einen<br />
absenkbaren Tisch, der mit Auflage<br />
zur Sonnenliege umgebaut werden<br />
kann, und viel Stauraum in<br />
den Backskisten. Vom Anker bleibt<br />
ein kleines Stück sichtbar, und<br />
auch im Ankerkasten herrscht viel<br />
Platz. Interessantes Detail: Die<br />
Breite von 2,23 m wurde bewusst<br />
gewählt, um das Modell später in<br />
Containern nach Übersee verschiffen<br />
zu können.<br />
DER VERSTECKTE MOTOR<br />
Hinter den beiden Steuerstand-Sitzen<br />
ist eine Sitzbank für Zwei platziert.<br />
Unter dem Steuerstand bzw.<br />
unter den Sitzen ist die Batterie<br />
verbaut. Gleich dahinter findet sich<br />
eine mit 1,5 m Länge etwas kurze<br />
Sonnenliege, unter der sich, wie<br />
bei De Antonio üblich, der Torqeedo-Deep-Blue-Außenbordmotor<br />
verbirgt. 50 kW leistet dieser, was<br />
für ein 7,2 m langes Boot mit 1,5 t<br />
Trockengewicht völlig ausreicht –<br />
mehr dazu gleich.<br />
Stefan Bayerle von Torqeedo berichtet,<br />
dass es zwar leicht war, den<br />
Motor im vorhandenen Raum einzubauen,<br />
sich aber die Abstimmung<br />
der Motor-Software mit dem<br />
De-Antonio-System knifflig gestaltete.<br />
Die ersten Fahrtest zeigten<br />
dann aber, dass die Konfiguration<br />
sehr gelungen ist.<br />
Die E23 ist übrigens mühelos am<br />
normalen Landstrom zu laden, optional<br />
gäbe es ein 22-kW-Schnellladegerät,<br />
das die Batterien von<br />
10 auf 90 % in nur eineinhalb Stunden<br />
lädt. Die Akkus speichern bis<br />
zu 40 kWh, was für 50 Seemeilen<br />
bei 5 Knoten und 20 Seemeilen bei<br />
30 Knoten reicht.<br />
ERSTE AUSFAHRT<br />
Verlassen wir den Hafenbereich,<br />
wo das Testcenter von De Antonio<br />
daheim ist und wo sich die<br />
America’s-Cup-Teams wie Alinghi<br />
Red Bull gerade auf die ersten<br />
Qualifikationsrennen im August<br />
vorbereiten. Die E23 beschleunigt<br />
wie ein Pfeil und erreicht rasch<br />
„ Die Geburt einer<br />
neuer Klasse: foilender<br />
E-Kat-Bowrider.“<br />
4/<strong>2024</strong> 71
De Antonio E23<br />
Eine De Antonio erkennt man<br />
an ihren Ecken und Kanten.<br />
Und an der Ausstattung.<br />
Schlau gelöster Regen- und Sonnenschutz:<br />
die faltbare Bug-Persenning.<br />
Als Kat ist die E23 auffallend<br />
schmal.<br />
Wirklich nur für dringendste<br />
Bedürfnisse.<br />
Hier geht es zu den Batterien.<br />
die Höchstgeschwindigkeit von ca.<br />
30 Knoten. Interessanter aber ist,<br />
wie das integrierte Foil das Boot<br />
schon bei geringerer Geschwindigkeit<br />
aus dem Wasser hebt und das<br />
Gewicht des Bootes um ca. 70 %<br />
reduziert.<br />
Durch die beiden Rümpfe verbeißt<br />
sich das Boot in enge Kurven<br />
und beschleunigt recht agil wieder<br />
heraus, was den Fahrspaß merklich<br />
erhöht. Sobald das Foil seine Arbeit<br />
übernommen hat, sinkt der<br />
Stromverbrauch deutlich. Der geteilte<br />
Rumpf stellt sich auch den<br />
Wellen in der Bucht von Barcelona<br />
entgegen und taucht sanft in diese<br />
ein. Geradeausfahrt und langgezogene<br />
Kurven kann man richtig genießen,<br />
bevor es heißt, wieder den<br />
Hafen anzusteuern.<br />
WERBUNG FÜR BOOT<br />
UND WERFT<br />
30 Knoten sind für ein Serien-<br />
E-Boot dieser Klasse flott, aber<br />
für die Begleitung der AC75-Renn-<br />
Yachten, die es auf bis zu 50 Knoten<br />
schaffen, reicht es nicht. Das ist<br />
auch nicht der Job der De-Antonio-Supportboote.<br />
Zu deren Aufgabenbereich<br />
wird beispielsweise<br />
die Kontrolle der Bojen zählen.<br />
Eine tolle Werbung, nicht nur für<br />
das Modell, sondern auch für die<br />
Werft, ist die Kooperation allemal<br />
– und darauf wird es der De-Antonio-Führung<br />
ankommen.<br />
Was das Begleiten der Boliden<br />
des America’s Cup betrifft, wurden<br />
die Teams übrigens verpflichtet,<br />
wasserstoffbetriebene Foiling-<br />
Boote zu bauen. Man darf also sehr<br />
gespannt sein, was da noch entwickelt<br />
wird. Aber als Serienmodelle<br />
für die zivile Nutzung werden diese<br />
wasserfesten H 2<br />
-Raketen wohl<br />
nicht auf den Markt kommen. <br />
De Antonio E23<br />
Länge<br />
Breite<br />
Rumpftiefgang (Motor oben)<br />
Motorleistung<br />
Reichweiten:<br />
bei 30 Knoten<br />
bei 20 Knoten<br />
bei 5 Knoten<br />
Trockengewicht mit Motor<br />
7,20 m<br />
2,23 m<br />
0,43 m<br />
50 kW<br />
20 NM<br />
24 NM<br />
50 NM<br />
1.510 kg<br />
Preis netto ab Werft ab € 128.000,–<br />
Händler: Baotic Yachting GmbH, Edisonstraße 6, D-60388<br />
Frankfurt, Tel. +49 69 829 78 80, info@baotic-yachting.de<br />
è www.baotic-yachting.de<br />
72 4/<strong>2024</strong>
Yachtkauf<br />
Episode 7: Versicherung<br />
Augen auf – Kauf ist Kauf, so das bekannte Sprichwort. Doch beim Erwerb einer (gebrauchten)<br />
Yacht können vor allem recht liche Unsicherheiten den Blick trüben. Worauf beim Yacht(ver-)kauf<br />
zu achten ist, verrät aus führlich unser Rechtsexperte Florian Dauser. Sein folgender Beitrag zum<br />
Thema „Versicherungen“ liefert Praxistipps, die von jedermann umgesetzt werden können.<br />
TIPP 1: GUT VERSICHERT<br />
Will man sich eine Yacht kaufen,<br />
stellt sich die Frage, welche Versicherungen<br />
abzuschließen sind und<br />
welche abgeschlossen werden sollten.<br />
Eine Haftpflichtversicherung ist<br />
in den meisten Ländern ohnehin<br />
verpflichtend. Eine Kaskoversicherung<br />
ist optional.<br />
Eine Haftpflichtversicherung haftet<br />
für Schäden, die Dritten durch<br />
den Betrieb einer Yacht entstehen<br />
können. Dabei gibt es unterschiedliche<br />
Versicherungsprodukte, die<br />
einen unterschiedlichen Deckungsumfang<br />
bieten. So können beispielsweise<br />
auch Crew-Mitglieder mitversichert<br />
werden oder Skipper selbst<br />
für geliehene/gecharterte Schiffe<br />
versichert sein.<br />
Bei einer Kaskoversicherung haftet<br />
die Versicherung hingegen für<br />
Schäden an der eigenen Yacht. Auch<br />
hier gibt es große Unterschiede zwischen<br />
den Versicherungsprodukten.<br />
Beispielsweise kann grobe Fahrlässigkeit<br />
mitversichert werden.<br />
Es empfiehlt sich hier jedenfalls,<br />
eine professionelle Beratung in<br />
Anspruch zu nehmen.<br />
TIPP 2: HAFTUNGS -<br />
AUSSCHLÜSSE<br />
Die Haftpflicht- und Kaskoversicherung<br />
unterscheiden sich nicht<br />
nur im Deckungsumfang, sondern<br />
auch in den Haftungsausschlüssen.<br />
Im Rahmen einer privaten Haftpflichtversicherung<br />
ist fahrlässiges<br />
Handeln grundsätzlich nicht schädlich<br />
für eine Versicherungsdeckung.<br />
Dabei spielt es auch keine Rolle, ob<br />
das Verhalten, das zum Schaden geführt<br />
hat, leicht oder grob fahrlässig<br />
war. Vorsätzliches Handeln führt<br />
ILLUSTRATION: TERAVECTOR/SHUTTERSTOCK.COM<br />
hingegen immer zum Haftungsausschluss,<br />
wobei hier Vorsicht geboten<br />
ist, da dies in manchen Fällen beispielsweise<br />
auch beim sogenannten<br />
bedingten Vorsatz der Fall ist. Von<br />
bedingtem Vorsatz spricht man,<br />
wenn ein Täter den schädlichen Erfolg<br />
seines Handelns zwar nicht will,<br />
auch nicht gewiss weiß, dass er eintritt,<br />
ihn jedoch ernstlich für möglich<br />
hält und sich damit abfindet.<br />
Bei der Kaskoversicherung macht<br />
es hingegen für die Versicherungshaftung<br />
– sofern grobe Fahrlässigkeit<br />
nicht explizit mitversichert ist –<br />
einen wesentlichen Unterschied, ob<br />
grob oder leicht fahrlässig gehandelt<br />
wurde.<br />
TIPP 3: YACHTEIGNER-<br />
PFLICHTEN<br />
Die meisten Versicherungen sehen<br />
in ihren Versicherungsbedingungen<br />
vor, dass der Versicherungsnehmer<br />
Maßnahmen zur Schadensminimierung<br />
ergreifen und<br />
bei der Schadensermittlung entsprechend<br />
mitwirken muss. Werden<br />
diese Obliegenheiten verletzt,<br />
könnte dies zu einer (teilweisen)<br />
Haftungsfreiheit der Versicherung<br />
Kasko- oder Haftpflichtversicherung?<br />
Oder<br />
beides für alle Fälle?<br />
FLORIAN DAUSER<br />
ist Rechtsanwalt in<br />
Wien mit Spezialisierung<br />
auf Schifffahrtsund<br />
Seerecht sowie<br />
Versicherungs- und<br />
Arbeitsrecht.<br />
florian.dauser@fwp.at<br />
führen. Bei größeren Schäden ist<br />
es durchaus von Vorteil, wenn ein<br />
eigener Sachverständiger zur Schadensfeststellung<br />
beigezogen wird.<br />
In der Praxis kommt es häufiger<br />
als man denkt zu Problemen wegen<br />
verspäteter Meldungen von Schäden<br />
im Zusammenhang mit der Haftpflichtversicherung.<br />
Hierzu hat der<br />
Oberste Gerichtshof zwar in einer<br />
relativ jungen Entscheidung festgestellt,<br />
dass es jedenfalls ausreichend<br />
ist, wenn die Versicherung rechtzeitig<br />
von einem Schaden erfährt, unabhängig<br />
davon, ob vom Versicherungsnehmer<br />
oder anderweitig. Da<br />
man sich darauf aber in keinem Fall<br />
verlassen sollte, ist dringend anzuraten,<br />
Schäden umgehend zu melden.<br />
<br />
Nachtrag zum Thema „Registrierung“,<br />
erschienen in der Ausgabe<br />
3/<strong>2024</strong>: Zur Vervollständigung des<br />
Beitrags weisen wir darauf hin, dass<br />
nicht nur österreichische Staatsbürger<br />
eine Yacht in Österreich registrieren<br />
können, sondern auch EWR-<br />
Staatsbürger, die ihren Hauptwohnsitz<br />
in Österreich haben.<br />
4/<strong>2024</strong> 73
YACHT CLUB AUSTRIA<br />
News Juli/August <strong>2024</strong><br />
YCA AUF TÖRN<br />
FOTO: AERIAL-MOTION/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Griechenland<br />
im Frühsommer<br />
Alle zwei Jahre stehe ich unseren „Alt-Herren-Fußballern“<br />
vom Nachbarort gerne als Skipper zur Verfügung. Bei den<br />
vergangenen drei Törns waren wir immer in Kroatien auf<br />
einem Katamaran unterwegs. Im Herbst kam der Vorschlag,<br />
doch einmal Griechenland zu besegeln.<br />
Text und Fotos ANDREAS NEUMANN, YCA-CREW STEIERMARK<br />
Ob der Überzeugungskraft<br />
Christians, dem Organisator<br />
des Segeltörns, legten wir<br />
fest, eine Monohull (anstelle eines<br />
Katamarans) zu chartern und auch<br />
keine großen Tagesetappen zu planen.<br />
So buchten wir die Tsuki, eine<br />
Oceanis 51.1 Baujahr 2020. Im Juni<br />
2023 war es dann so weit. Wir flogen<br />
von Wien nach Athen und<br />
fuhren von dort mit einem Bus in<br />
die Olympic-Marina in Lavrion.<br />
Dort angekommen, konnten wir<br />
neben Proviant auch schon unsere<br />
Tsuki zur Übernahme checken.<br />
Pünktlich um 17 Uhr liefen wir aus<br />
und setzten die Segel. Bei prächtigem<br />
Wetter und Wind zwischen<br />
zehn und 15 Knoten segelten wir<br />
südlich vorbei an der langen, kahlen<br />
Insel Makronisos Richtung<br />
Osten, zur Westseite der Insel Kea.<br />
Der Mel temi blies von Nordost,<br />
sodass wir gut geschützt in der<br />
Bucht Pisses vor Anker gingen.<br />
Während der Fahrt zur Bucht<br />
hatte Christian bereits im dortigen<br />
Restaurant Christoforos Taverna<br />
angerufen und für unser Abendessen<br />
reserviert. Nach dieser doch<br />
sehr anspruchsvollen Überfahrt<br />
waren Appetit und Durst der Crew<br />
entsprechend groß. Ein Crewmitglied,<br />
das sich besonders auf dieses<br />
Abendessen gefreut hatte, wurde<br />
vorzeitig von Müdigkeit übermannt<br />
und verschlief dieses glatt.<br />
Bei wenig Wind, der Meltemi<br />
blies mit etwa zehn Knoten von<br />
Nordost, setzten wir am nächsten<br />
Tag die Segel und ließen uns Richtung<br />
Süden tragen. Bei raumen<br />
Wind hielt sich unsere Geschwindigkeit<br />
mit drei bis vier Knoten<br />
diesmal leider in Grenzen. Ich bereute,<br />
keinen Gennaker reserviert<br />
zu haben. Dennoch erreichten wir<br />
am frühen Nachmittag die Westseite<br />
der Insel Kythnos. Wir bargen<br />
die Segel und fuhren unter Motor<br />
in die schöne Bucht Apokousi.<br />
Im Gegensatz zur letzten Bucht<br />
auf Kea, wo nur eine Yacht vor<br />
Anker lag, ankerten hier sehr viele<br />
Boote. Trotzdem fanden wir ein<br />
schönes Plätzchen und konnten auf<br />
ca. zehn Metern Wassertiefe unseren<br />
Anker setzen. Den restlichen<br />
Tag verbrachten wir mit Baden und<br />
Kartenspielen, abends besuchten<br />
wir noch die Strandbar am Ufer.<br />
Nach einem ausgiebigen Frühstück<br />
und einem kurzen Bad im<br />
Meer fuhren wir mit dem Flautenschieber<br />
zunächst Richtung Süden.<br />
Als später etwas Wind aufkam,<br />
setzten wir das Vorsegel und konnten<br />
mit etwas Gas eine gute Geschwindigkeit<br />
halten. Unser Ziel<br />
war die Bucht Vagia auf der Südseite<br />
der Insel Serifos. Die Schönheit<br />
der Bucht war überwältigend, wir<br />
setzten mit großer Freude den Anker.<br />
Zwei Crewmitglieder fuhren<br />
mit dem Beiboot zum Strand mit<br />
der kleinen Taverne und organisierten<br />
ein Abendessen bei herrlichem<br />
Ausblick auf Yacht und Meer<br />
für die gesamte Crew.<br />
Am nächsten Morgen war es erforderlich,<br />
einen Stopp im kleinen<br />
Küstendorf Livadi an der Ostseite<br />
von Serifos einzulegen, um unseren<br />
Wassertank wieder aufzufüllen.<br />
An der Hafenpromenade hießen<br />
uns viele hübsche Kaffees und<br />
Restaurants willkommen.<br />
74 4/<strong>2024</strong>
YACHT CLUB AUSTRIA<br />
COMMODORE<br />
Gottfried „Titzl“ Rieser<br />
+43(0)664 3706027<br />
gottfried.rieser@yca.at<br />
Bucht von Serifos auf der<br />
gleichnamigen Kykladeninsel.<br />
Hoch oben am Berg sahen wir den<br />
Ort Serifos, der schon aus der Ferne<br />
sehr einladend aussah. Spontan beschlossen<br />
wir, mit einem Linienbus<br />
hinauf in diesen Ort zu fahren.<br />
Diese in den Berg hineingebaute<br />
Siedlung ist wahrhaft sehenswert.<br />
So verging auch dieser Tag leider<br />
viel zu schnell.<br />
BEZAHLUNG NICHT ÜBLICH<br />
Am nächsten Morgen wollten wir<br />
beim Hafenmeister unsere Liegegebühr<br />
inklusive Strom und Wasser<br />
bezahlen. Dieser sah uns aber nur<br />
ungläubig an und meinte, dass dies<br />
hier gar nicht üblich ist. Erfreut darüber,<br />
die Bordkasse geschont zu haben,<br />
fuhren wir mit gesetzten Segeln<br />
bei rund 20 Knoten Wind hart am<br />
Wind zur Insel Kithnos mit der<br />
schönen Bucht Agios Stefanos.<br />
Direkt am Ufer befindet sich eine<br />
winzige Kirche mit kleinem Steg, wo<br />
wir mit unserem Beiboot anlanden<br />
konnten. Kulinarisch verwöhnen ließen<br />
wir uns in der Taverna Kantris,<br />
wo wir köstliche lokale Speisen serviert<br />
bekamen.<br />
Die Crew der Tsuki (v. l. n. r.): Helmut, Hans, Andi, Christian („Gigi“), Christian;<br />
unten (v. l. n. r.): Herbert („Obi“), Herbert („Präsi“), Michael und Wolfgang.<br />
Volle Fahrt voraus.<br />
Bucht Apokousi auf der<br />
Kykladeninsel Kithnos.<br />
Auch am nächsten Tag blies der<br />
Meltemi mit Windstärke 6 satt aus<br />
Nordost. Meine Crew veranstaltete<br />
nach dem Frühstück, bedingt durch<br />
hohen Wellengang, eine „Pillenparty“.<br />
Unser Ziel war Korissia auf der<br />
Westseite der Insel Kea, wo wir auch<br />
am frühen Nachmittag im Hafen anlegen<br />
konnten.<br />
Freitagmorgen ließen wir uns mit<br />
dem Auslaufen Zeit, gingen ausgiebig<br />
Frühstücken und verließen Korissia<br />
erst gegen Mittag. Bei wenig<br />
Wind fuhren wir mit Motor Richtung<br />
Westen an der Nordseite der<br />
Insel Makronisos vorbei, wo eine<br />
große Meeresschildkröte neben uns<br />
auftauchte. In der Bucht nördlich<br />
von Lavrion ankerten wir vor der<br />
Bolla Beach Bar. Hier verging die<br />
Zeit leider viel zu schnell, aber wir<br />
schafften es dennoch rechtzeitig vor<br />
17 Uhr zurück in die Olympic Marina<br />
nach Lavrion.<br />
Einstimmiges Resümee der Crew:<br />
gerne wieder und unbedingt in derselben<br />
Konstellation – ganz egal, ob<br />
in Kroatien, Griechenland oder anderswo<br />
im Mittelmeer!<br />
FOTO: TAKIS BKS/SHUTTERSTOCK.COM<br />
FOTO: STUDIO46.AT<br />
FOTO: SABINE UNTERWEGER FOTO: TANJA GÜTTERSBERGER<br />
NAUTISCHES<br />
KOMPETENZ-ZENTRUM<br />
Generalsekretär<br />
Wolfgang Hurch<br />
+43(0)732 781086<br />
wolfgang.hurch@yca.at<br />
AUSBILDUNG<br />
YCA-Ausbildungsleiter<br />
Gerald Truttenberger<br />
+43(0)664 2253313<br />
gerald.truttenberger@yca.at<br />
CREW KÄRNTEN<br />
Crew-Commander<br />
Daniel Kirchmeier<br />
+43(0)664 2131805<br />
daniel.kirchmeier@yca.at<br />
www.yca-crew-ktn.at<br />
CREW OBERÖSTERREICH<br />
Crew-Commander<br />
Thomas Hickersberger<br />
+43(0)676 3067224<br />
thomas.hickersberger@yca.at<br />
CREW SALZBURG<br />
Crew-Commander<br />
Gabi Monz<br />
+43(0)699 11415177<br />
gabi.monz@yca.at<br />
CREW STEIERMARK<br />
Crew-Commander<br />
Mike Hecker<br />
+43(0)676 6086035<br />
mike.hecker@yca.at<br />
CREW TIROL UND VORARLBERG<br />
Crew-Commander<br />
Gabi Gunda<br />
+43(0)650 2602805<br />
gabi.gunda@yca-tirol.at<br />
CREW WIEN, NÖ, BURGENLAND<br />
Crew-Commander<br />
Franz A. Schalk<br />
+43(0)664 2107472<br />
franz.schalk@yca.at<br />
4/<strong>2024</strong> 75
YACHT CLUB AUSTRIA<br />
News Juli/August <strong>2024</strong><br />
YCA-SEGELSPORT<br />
Wir sind auf Kurs!<br />
Die Vorbereitung auf die Segel-Bundesliga <strong>2024</strong> (seit 7. Juni) lief schon seit letztem Jahr auf Hochtouren.<br />
Text MAX SEYDL | Fotos YCA-ARCHIV<br />
Tatsächlich begann die Saison<br />
für das YCA-Bundesliga-<br />
Team schon am Ende der<br />
letzten Sommersaison, also schon<br />
vor der Relegation im Oktober. Die<br />
Relegation ist ja die entscheidende<br />
Regatta-Serie, ob wir überhaupt<br />
dabei sein können! Das Team<br />
wurde umstrukturiert, zur Crew<br />
kamen zwei neue Segler.<br />
Die Relegation haben wir bravourös<br />
gemeistert, wir wurden<br />
vierter von zehn teilnehmenden<br />
Vereinen, und damit schafften wir<br />
die Qualifikation. Max Seydl und<br />
Moritz Strauch bringen Erfahrung<br />
vom Skiff und frischen Wind in<br />
das Projekt. Emilia Pöttinger, Johannes<br />
Rupitz, Elisabeth Rihl und<br />
Manuel Lininger komplettieren<br />
den Kader und bringen ihre Erfahrungen<br />
aus der Bundesliga mit.<br />
So startete unser Team im Dezember<br />
in das Wintertraining.<br />
In2TheBlue in Punat richtete die<br />
Swiss-Winter-League aus. Insgesamt<br />
wurden drei Trainingsblöcke<br />
mit Regatten im Ligaformat im<br />
Monatsabstand bis April absolviert<br />
und halfen dem Team, sich weiterzuentwickeln.<br />
Insgesamt konnten<br />
35 Wettfahrten in der Winterserie<br />
und diverse Übungen im Training<br />
gesegelt werden. So kam unser<br />
Team vor allem im Umpired Fleet<br />
Racing in viele herausfordernde Situationen<br />
und sammelte wertvolle<br />
Erfahrungen. Im Bundesliga-Fleet-<br />
Race-Modus geht es vor allem darum,<br />
wenige Fehler zu machen und<br />
schnell die richtige Entscheidung<br />
zu treffen. Ein Race dauert in der<br />
Regel 15 bis 20 Minuten, da wirkt<br />
sich jedes kleinste Missgeschick<br />
aufs Ergebnis aus.<br />
Von 10. bis 12. Mai fand am Attersee<br />
die Österreichische Meisterschaft<br />
der J70-Klasse statt. Diese Regatta<br />
nutzte unser Team als weiteres<br />
Training für die Bundesliga. Am<br />
ersten Tag der Regatta konnte sich<br />
der YCA mit drei zweiten Plätzen<br />
den Tagessieg sichern. Am zweiten<br />
Tag bei deutlich mehr Wind und<br />
geänderter Mannschaft fiel das<br />
Team nach sieben Wettfahrten auf<br />
den dritten Gesamtrang zurück.<br />
„Leider konnten wir am zweiten<br />
Regattatag unsere Konstanz nicht<br />
halten und mit dem Bootsspeed<br />
vor allem bei mehr Wind nicht<br />
mit den anderen Teams mithalten“,<br />
berichtet Steuermann Max Seydl.<br />
So kam es am letzten und dritten<br />
Tag zum finalen Showdown in<br />
einem einzelnen Race. In einem<br />
spannenden letzten Rennen konnte<br />
das Team des YCA als erstes über<br />
die Ziellinie gehen, die Platzierung<br />
änderte sich aber dadurch nicht<br />
mehr. Am Ende trennten die ersten<br />
drei Teams ein Punkt, und unser<br />
Team beendet die Regatta auf dem<br />
undankbaren dritten Platz – punktegleich<br />
mit dem Zweitplatzierten.<br />
Bevor die Bundesligasaison am<br />
7. Juni in Velden am Wörthersee<br />
startete, reisten die Segler nochmals<br />
in das bekannte Punat auf Krk<br />
in Kroatien. Das YCA-Team meldete<br />
sich im Rahmen der AASW<br />
zur Teilnahme am „Kärntner-Racing-Cup“.<br />
Natürlich drückten wir unseren<br />
Regatta-Cracks beide Daumen<br />
und wünschten „Good Wind for<br />
Sailing“.<br />
Hier kann man die Segel-Bundesliga<br />
im Internet verfolgen:<br />
è www.segelbundesliga.at<br />
Emilia Pöttinger<br />
Johannes Rupitz<br />
Das YCA-Bundesliga-Team im Regatta-Modus.<br />
Max Seydl<br />
Moritz Strauch<br />
76 4/<strong>2024</strong>
YCA INTERNATIONAL<br />
„Austria Police“-Crew (v. l. n. r: Gerald,<br />
Isabel, Arnold, Lorenz und Andi.<br />
Gestartet wurde in der Einheitsklasse<br />
Bavaria 46 ohne<br />
Zusatzsegel. Aus Österreich<br />
war ein Team am Start. Auf dem<br />
Programm standen zwölf Wettfahrten<br />
innerhalb von sechs Tagen<br />
im Bereich Biograd/Murter, Kroatien.<br />
Bei der ersten Wettfahrt erwischte<br />
unser Polizei-Team „Austria<br />
Police“ einen guten Start und<br />
konnte diese auch knapp gewinnen.<br />
Bei den folgenden Wettfahrten<br />
waren die Polizisten aus der<br />
Die Skipper von Nordirland, Österreich und<br />
Australien nach der Siegerehrung.<br />
Austria Police beim<br />
Coppers Cup<br />
In der ersten Oktoberwoche 2023 fand mit dem „Coppers Cup“<br />
die alljährliche Polizei-Regatta mit neun Booten aus drei<br />
Kontinenten statt.<br />
Text und Fotos ANDREAS NEUMANN, YCA-CREW STEIERMARK<br />
Schweiz und Bahrain jedoch konstant<br />
stark, und wir Österreicher<br />
konnten nur mehr eine weitere<br />
Wettfahrt gewinnen.<br />
Um Platz 3 war es bis zum<br />
Schluss ein spannender Zweikampf<br />
zwischen „Austria“ und<br />
„Australia“, welchen wir Österreicher<br />
für uns entscheiden konnten.<br />
Auf den weiteren Plätzen landeten<br />
die Polizisten-Crews aus England,<br />
Wales, den Niederlanden, Irland<br />
und Nordirland.<br />
Ausbildung und Events<br />
Ausbildungen in Theorie und Praxis, Clubabende<br />
27. Juni Wien, Alte Donau WNB-Regatta-Race & Sommer-Grill<br />
3. Juli Linz, Winterhafen OÖ Stammtisch, ESPERANZA Schiffsanleger<br />
5. Juli Wien, Humboldt Schule WNB FB2 Präsenz-Wochenkurs<br />
6. Juli Achensee, Club YES T-VBG Sommergrillfest<br />
7. Juli Wien, Humboldt Schule WNB SRC-Funk 1-Tages-Kurs<br />
7. Juli Attersee OÖ Jugend-Sailday <strong>2024</strong><br />
11. Juli Wien, Alte Donau WNB-Regatta-Race & Sommer-Grill<br />
15. Juli Thalersee „Segelabenteuer“ am Thalersee<br />
20. Juli Eisenerz, GH Swatosch Stmk Crewtreffen, Erzberg<br />
25. Juli Wien, Alte Donau WNB-Regatta-Race & Sommer-Grill<br />
8. August Wien, Alte Donau WNB-Regatta-Race & Sommer-Grill<br />
22. August Wien, Alte Donau WNB-Regatta-Race & Sommer-Grill<br />
31. August Attersee „MELGES“ Gennaker- & Trimm-Training<br />
Törns und Events<br />
06. Juli Attersee-Cup „Grand Prix“<br />
12. Juli Portsmouth, UK „Tidal Training im Solent“, 8 Tage<br />
20. Juli Attersee-Cup „East Coast Race“, SVW-YS<br />
26. Juli Segeln Spezial „Mit Plattbodenschiff durch Holland“, 8 Tage<br />
27. Juli Biograd/Sukosan OÖ Jugendtörn <strong>2024</strong>, 8 Tage<br />
3. August Attersee-Cup Lange Wettfahrt „Melges 24“<br />
17. August Segeln Spezial Ostseeküste mit Rügen ab Rostock, 8 Tage<br />
24. August Attersee-Cup YES „Zipfer Grand Prix“<br />
24. August Segeln Spezial Schweden: Stockholmer Schärengürtel, 8 Tage<br />
Allfällige Änderungen vorbehalten.<br />
Sämtliche Veranstaltungen tagesaktuell abrufbar unter<br />
è https://www.yca.at/aktuelles/ganz-viel-vereinsleben/<br />
Crew Kärnten: Clubabende 14-tägig, siehe è www.yca-crew-ktn.at<br />
Falls „ausgebucht”, bitte auf die Warteliste setzen –<br />
es gibt laufend Ausfälle!<br />
Ihr sucht noch Mitsegler für euren nächsten Törn?<br />
Du möchtest ein Boot kaufen oder verkaufen? Besuche<br />
einfach unsere Crewbörse oder unser Schwarzes Brett!<br />
YCA-Services und -Vorteilspartner<br />
Wir bauen laufend unser Netzwerk zu<br />
starken Partnern aus. Damit können wir<br />
unseren YCA-Mitgliedern<br />
attraktivste Konditionen<br />
in vielen Bereichen anbieten,<br />
siehe unsere Service-/Vorteilspartner<br />
auf<br />
è www.yca.at<br />
Marinas: Sondertarif für Tages- bzw.<br />
Jahres-Liegeplätze. Italien: Marina Certosa<br />
(Venedig), Marina Aprilia Marittima<br />
(Lignano*). Kroa tien: Marina Vrsar, Marina<br />
Funtana, Marina Punat, Marina Frapa in<br />
Rogoznica und Dubrovnik. Spanien: Marine<br />
Project Iberia (Barcelona).<br />
Charter: Müller Yachtcharter, Pitter Yachtcharter,<br />
My SeaTime Yachtcharter d.o.o.<br />
(Kroa tien), Ionian Charter (Griechenland),<br />
four seasons yachting GmbH (Deutschland).<br />
Service: MEC-Energietechnik, SeaHelp,<br />
Seemannsladen.at, Thomas Pernsteiner,<br />
Schiffs-Sachverständiger, Magazin,<br />
Marina-Buchungsplattform seasy.at<br />
Versicherung: Pantaenius bietet den YCA-<br />
Mitgliedern Sonderrabatte bei Charter-,<br />
Kasko- und Haftpflichtversicherungen.<br />
YCA-Stützpunkte: Alle Marinas wie links<br />
angeführt + Ionian Charter.<br />
Interessierten Sponsoren und Partnern<br />
bieten wir gerne attraktive Kooperationsformen<br />
und Möglichkeiten für eine<br />
erfolgreiche Zusammenarbeit. Wir freuen<br />
uns auf Ihre Anfragen und Vorschläge:<br />
è marketing@yca.at<br />
* In Kooperation mit der Agenzia Adrianautica und Agenzia Immobiliare-Nautica & Yachting San Marco.<br />
4/<strong>2024</strong> 77
M<br />
V<br />
S<br />
Ö<br />
MOTORBOOTSPORT UND SEEFAHRTS VERBAND ÖSTERREICH<br />
News Juli/August <strong>2024</strong><br />
FOTO: SENSAY/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Vom<br />
A-Schein<br />
zum FB2<br />
beim YCTM<br />
Immer wieder melden sich bei uns (Yachtclub Theresianische Militärakademie – kurz YCTM)<br />
Interessenten, die die Ablegung der Prüfung zum Küstenpatent FB2 anstreben und keine<br />
oder nur sehr wenig Segelerfahrung aufweisen. Sie kommen in den Genuss eines Segeltörns<br />
und melden sich zu einem Ausbildungskurs an.<br />
Text REINHARD STROBL, SEKTIONSLEITER „SEGELN“ IM YCTM<br />
Leider werden Vorkenntnisse<br />
oder Erfahrungsnachweise zu<br />
wenig überprüft. Dieses fast<br />
fahrlässige Vorgehen ist leider häufige<br />
Praxis und ist aus meiner Sicht<br />
völlig abzulehnen. Nur eine solide<br />
Grundausbildung in Form eines<br />
A-Scheines (für Binnengewässer)<br />
kann die Basis für einen weiteren<br />
Schritt zum FB2 (Küste) sein.<br />
Daher ist es für den Kandidaten<br />
unerlässlich, diesen ersten Schritt<br />
zu machen. Auch wenn das bedeutet,<br />
seine FB2-Pläne vorerst hintanzustellen!<br />
Es ist absolut denkbar,<br />
sich parallel zum Binnenkurs auch<br />
mit der Theorie zum FB2 auseinanderzusetzen.<br />
Aber eine Ausbildung<br />
auf dem Meer sollte unbedingt frühestens<br />
im Folgejahr nach einer<br />
Zeit des Übens erfolgen. Die erworbenen<br />
Grundkenntnisse sollten<br />
dabei gefestigt und gleichzeitig Erfahrung<br />
auf dem Meer gesammelt<br />
werden.<br />
Ich versuche hier in der Folge<br />
einen möglichen Ausbildungsweg<br />
Binnen (Modul Binnen) zu skizzieren,<br />
der dann den Schritt zur FB2-<br />
Ausbildung (Modul FB2) erlaubt.<br />
Als Grundlage dafür dient meine<br />
Erfahrung in unserem Club<br />
YCTM.<br />
A-SCHEIN<br />
Der Theorieteil unserer Binnenausbildung<br />
dauert etwa zehn Stunden,<br />
aufgeteilt auf drei Abende. Unterstützt<br />
wird der Vortrag durch animierte<br />
Lehrvideos, welche die<br />
Schüler auch zur Festigung der<br />
Lehrinhalte in Form von USB-<br />
Sticks erhalten. Eine spezielle<br />
Lernsoftware unterstützt dabei<br />
ebenfalls eine erfolgreiche Ausbildung.<br />
LEHRZIELE/LEHRINHALTE<br />
• Bootskunde<br />
• Die verschiedenen Kurse zum<br />
Wind<br />
• Vorrangregeln<br />
• Gesetzeskunde<br />
• Knotenkunde<br />
• Segelmanöver (Wende,<br />
Q-Wende, Halse, Aufschießer)<br />
• Fender-über-Bord-Manöver<br />
• Ruderführung<br />
• Schotführung<br />
• Segeltrimm<br />
• Reffen<br />
• Hafenmanöver unter Segel<br />
• An- und Ablegen (Boje und Steg)<br />
• Richtiges Festmachen<br />
• Sicherheit an Bord<br />
• Grundlagen des Ankerns<br />
• Einführung in die Wetterkunde<br />
Nach einer anschaulichen theoretischen<br />
Behandlung werden die<br />
78 4/<strong>2024</strong>
Lehrinhalte in der Praxis umgesetzt.<br />
Wir beginnen nach Möglichkeit damit,<br />
an unseren Schulbooten bei einem<br />
gemeinsamen Aufriggen die<br />
entsprechenden Teile zu benennen.<br />
Danach üben die Kandidaten zumindest<br />
in der Anfangsphase die<br />
einzelnen Lernschritte nur mit einem<br />
Instruktor. Es ist dabei zu beachten,<br />
dass sich nach Möglichkeit<br />
nie mehr als zwei Schüler auf dem<br />
Schulboot befinden. Man könnte<br />
dabei nach den folgenden Lernschritten<br />
vorgehen:<br />
• Erlernen und Halten der Kurse<br />
„am / halber / raumer Wind“ und<br />
Kurswechsel – Anluven, Abfallen<br />
• Die Wende<br />
• Aufschießen<br />
• An- und Ablegen an und von<br />
der Boje und am und vom Steg<br />
• Vorwindkurs<br />
• Die Halse<br />
• Der Manöverkreis<br />
• Boje über Boot, wir bevorzugen<br />
aus der Q-Wende<br />
• Reffen<br />
• Freies Üben<br />
Die Anzahl und Dauer der Praxiseinheiten<br />
hängt natürlich von eventuell<br />
vorhandenen Vorkenntnissen<br />
und auch vom Wetter ab, sollte aber<br />
in der Regel fünf bis sechs Halbtage<br />
nicht unterschreiten. Die Praxisausbildung<br />
verlangt zeitliche Flexibilität<br />
und seemännisches Verhalten! Eine<br />
entsprechende Adjustierung unter<br />
Berücksichtigung eines Sicherheitsaspektes<br />
ist anzustreben.<br />
Nach positivem Abschluss der<br />
Ausbildung stehen den Absolventen<br />
die Clubboote zwecks Festigung<br />
und Übung des Erlernten bis Saisonende<br />
kostenlos zur Verfügung.<br />
Ich denke, dass dieser Weg eine<br />
optimale Vorbereitung auf den weiteren<br />
Schritt zum FB2 darstellt. In<br />
weiterer Folge versuche ich nun, das<br />
Modul FB2 zu skizzieren.<br />
KÜSTENPATENT FB2<br />
Wir beginnen den FB2-Kurs immer<br />
mit einem Informationsabend Ende<br />
September, wo den Interessenten<br />
ein Überblick über unsere Ausbildungsziele<br />
gegeben wird. In der Folge<br />
findet der Theoriekurs bis Anfang<br />
April für den Befähigungsausweis<br />
des Fahrtenbereichs 2 für Motor-<br />
bzw. Segelyachten statt. Der<br />
Prüfungstörn mit abschließender<br />
Praxisprüfung wird unmittelbar<br />
danach Anfang Mai durchgeführt.<br />
Es ist natürlich Voraussetzung, dass<br />
die Teilnehmer dann eine entsprechende<br />
Praxiserfahrung nachweisen.<br />
Bei einer vorgestaffelten Schulungswoche<br />
können Praxismängel<br />
noch korrigiert werden, um so optimal<br />
vorbereitet in den Prüfungstörn<br />
zu gehen.<br />
Zur FB2-Theorie: Es findet wöchentlich<br />
ein Theorieabend statt,<br />
insgesamt ist mit etwa 75 bis 100<br />
Unterrichtsstunden zu rechnen.<br />
LEHRZIELE/LEHRINHALTE<br />
• Terrestrische Navigation mit<br />
mindestens 20 Kartenbeispielen<br />
• Gezeitenlehre mit Bestimmung<br />
der Wasserhöhe<br />
• Seemannschaft<br />
• Radargrundlagen – Ausweichmanöver<br />
mit Radar<br />
• Wetterkunde<br />
• Motorkunde<br />
• Technische Navigation (GPS)<br />
• Gesetze und Verordnungen<br />
• KVR – Vorrangregeln<br />
Speziell muss erwähnt werden,<br />
dass wir im Rahmen des Theoriekurses<br />
auch eine praktische Anwendung<br />
pyrotechnischer Signalmittel<br />
und eine praktische Brandbekämpfung<br />
und -verhütung durchführen.<br />
Auch ein Kurs zum Erwerb des<br />
UKW-Betriebszeugnisses 2 (SRC)<br />
wird auf freiwilliger Basis angeboten<br />
und von einer lizenzierten Ausbildungsstätte<br />
durchgeführt.<br />
DIE PRAXIS<br />
Nach erfolgtem Nachweis der erforderlichen<br />
praktischen Kenntnisse<br />
findet der einwöchige Ausbildungstörn<br />
in Kroatien statt, wo folgende<br />
Themen behandelt werden:<br />
• Erlernen und praktisches Üben<br />
der verschiedenen An- und Ablegemanöver<br />
• Segelmanöver<br />
• Navigationsfahrten<br />
• Praktische Anwendung der KVR<br />
• Mindestens zwei Nachtfahrten<br />
mit Nachtansteuerungen<br />
• Schlüsse aus der eigenen Wetterbeobachtung<br />
– Auswerten von<br />
Wetterkarten<br />
• Erlernen der Sicherheitsmanöver<br />
• Verwendung von Rettungsmitteln<br />
und Rettungsausrüstung (praktische<br />
Übung mit club eigener Rettungsinsel)<br />
• Praktische Anwendung der<br />
Führungsgrundsätze<br />
• Einführung in den Seefunk<br />
• Umweltschutz – Vermeiden von<br />
Gewässerverschmutzung<br />
• Bedienung eines Radar-Geräts,<br />
Interpretation des Radar bildes<br />
• Wartung und Bedienung von<br />
Schiffsmotoren<br />
• Behebung von kleinen Mängeln<br />
Nun sollte nach positiver Prüfung<br />
den neuen Schiffsführern eigentlich<br />
bei der Ausübung der Sportschifffahrt<br />
nichts mehr im Wege stehen.<br />
Trotzdem möchte ich erwähnen,<br />
dass ein Lernen nie endet. Man<br />
sammelt weiterhin laufend Praxiserfahrungen<br />
und sollte diese mitnehmen.<br />
Jeder Skipper ist in irgendeiner<br />
Weise anders, man kann sich<br />
sehr viele Dinge abschauen und Positives<br />
mitnehmen. Es gibt immer<br />
wieder neue herausfordernde Momente,<br />
und alle diesbezüglichen Erfahrungen<br />
sollten dazu beitragen,<br />
den Wissensstand zu erweitern.<br />
Vorsichtig Routine zu sammeln<br />
sollte stets oberste Priorität haben!<br />
4/<strong>2024</strong> 79
M<br />
V<br />
S<br />
Ö<br />
MOTORBOOTSPORT UND SEEFAHRTS VERBAND ÖSTERREICH<br />
News Juli/August <strong>2024</strong><br />
Elmar und Isabella Windhager Lothar und Barbara Müller Robert Oelinger<br />
Ehrungen<br />
Auch 2023 sind einige MSVÖ-Mitglieder auf den Binnen- oder Küstengewässern unterwegs<br />
gewesen und haben sich eine Anerkennung für ihre sportliche Leistung verdient.<br />
Der MSVÖ hat die Fahrtenskipper<br />
in verschiedenen<br />
Bereichen geehrt:<br />
BINNEN MOTORJACHT<br />
Fahrtenskipper 2023<br />
Gewinnerin Wanderpokal:<br />
Isabella Windhager mit 2.102 km<br />
auf Binnengewässern.<br />
2. Platz: Lothar und Barbara Müller<br />
mit 504 km auf Binnengewässern.<br />
SEE MOTORJACHT<br />
Fahrtenskipper 2023<br />
Gewinner Wanderpokal:<br />
Robert Oelinger mit 1,405 nm.<br />
SEE SEGELJACHT<br />
Fahrtenskipper 2023<br />
keine Einreichung<br />
WEITERE EHRUNGEN<br />
Für die 15- oder 25-jährige ununterbrochene<br />
aktive Mitgliedschaft<br />
bzw. 10- oder 15-jährige<br />
erfolgreiche Ausübung einer<br />
Funktion in einem Club des<br />
MSVÖ wurden im Jahr 2023 folgende<br />
Mitglieder der MSVÖ-Mitgliederclubs<br />
mit dem silbernen bzw.<br />
goldenen Ehrenzeichen geehrt:<br />
Norbert Kisling, Bootsclub<br />
Lilienfeld (Silber)<br />
Gerlinde Schwaiger, Bootsclub<br />
Lilien feld (Gold)<br />
Franz Filzwieser, Bootsclub<br />
Lilienfeld (Gold)<br />
Franz Hofbauer, Bootsclub<br />
Lilienfeld (Gold)<br />
Rudolf Thür, Bootsclub<br />
Lilienfeld (Gold)<br />
Christian Leitner, WSC Emmersdorf<br />
(Silber)<br />
Renate Amrhein-Kreml, Seefahrervereinigung<br />
Strongbow (Silber)<br />
Stefan Kreml, Seefahrer -<br />
vereinigung Strongbow (Silber)<br />
Bálint Kovács, Seefahrervereinigung<br />
Strongbow (Silber)<br />
Peter Czipin, Seefahrervereinigung<br />
Strongbow (Gold)<br />
Claus Ringseis, Seefahrervereinigung<br />
Strongbow (Gold)<br />
Friedrich Ritter, Seefahrervereinigung<br />
Strongbow (Gold)<br />
GOLDENER PROPELLER<br />
Für besondere Verdienste im Motorbootsport<br />
wurde der goldene<br />
Propeller mit Brillanten verliehen<br />
an Franz Hebenstreit, MBC Tulln.<br />
FOTO: ELENA PAVLOVICH/SHUTTERSTOCK.COM<br />
Nachrichten für die<br />
Schifffahrt der OSB<br />
Die Nachrichten können unter è https://nts.doris.<br />
bmk.gv.at abgerufen und als E-Mail abonniert<br />
werden. DoRIS mobile bietet umfassende<br />
Informationen aus dem DoRIS (Donau River Information<br />
Services) System. Die App zeigt zu jeder Zeit<br />
aktuelle Fahrwasserinformationen auf Ihrem Mobilgerät<br />
an und ist somit der ideale Begleiter.<br />
80 4/<strong>2024</strong>
FOTO: NIKLAS FRANK<br />
Fesche finnisch-deutsche Kooperation.<br />
PANORAMA<br />
Tipps, Trends & Neuheiten<br />
Edel getunt<br />
LUXUS-DAYCRUISER. Die finnische<br />
Werft Axopar und der deutsche Edeltuner<br />
Brabus haben wieder einmal<br />
zu einem neuen Modell zusammengefunden.<br />
Und wieder staunt man über<br />
den Namen: Brabus Shadow 1200<br />
Sun-Top Phantom Gray Signature<br />
Edition. Das bislang größte Modell<br />
der Kooperation basiert auf der Axopar<br />
45 und ist mit drei 400 PS starken<br />
5,7 l Mercury Racing V10-Motoren<br />
ausgestattet. Dazu kommen viele<br />
elektronische Helferlein, Hardtop<br />
mit Doppelschiebedach sowie eine<br />
flotte Lederpolsterung in Rot.<br />
è www.brabusmarine.com<br />
In 40 Tagen um die Welt<br />
JULES VERNE TROPHY. 40 Tage,<br />
23 Stunden, 30 Minuten, 30 Sekunden:<br />
So unfassbar wenig Zeit<br />
haben Francis Joyon und seine<br />
Crew 2017 gebraucht, um mit den<br />
Trimaran IdecSport den Globus<br />
zu umsegeln. Damit ist Joyon<br />
derzeitiger Inhaber<br />
der Jules Verne<br />
Trophy für die<br />
schnellste Weltumrundung per<br />
Segelboot. Die IdecSport, die Ende<br />
Mai nach umfangreichen Wartungsarbeiten<br />
wieder zu Wasser<br />
gelassen wurde, soll aber bald<br />
wieder im Einsatz sein – nächstes<br />
Jahr will Skipperin Alexia Barrier<br />
mit einer rein weiblichen Crew<br />
den Rekord brechen.<br />
è www.thefamousproject.io<br />
Alexia Barrier rast 2025 mit der<br />
IdecSport um den Globus.<br />
FOTOS: JEAN-MARIE LIOT, JEAN-LOUIS CARLI<br />
Schläft<br />
sanft<br />
TIEFENENTLADUNG.<br />
Die nächste Generation<br />
seiner Marine &<br />
Hält die<br />
Leisure (M&L) Li-Ion-<br />
Spannung.<br />
Versorgerbatterien stattet Exides mit einer<br />
Ruhemodus-Funktion aus. Diese schaltet sich<br />
automatisch nach 30 Tagen Inaktivität ein und<br />
erhält die Ladung der Batterie weitgehend auf<br />
dem bis dato bestehenden Niveau, eine Tiefenentladung<br />
wird verhindert. Dieser Sleep-<br />
Modus ist somit die ideale Ergänzung für die<br />
meisten Anwendungen in Booten und Yachten,<br />
die über den Winter oder aus anderen Gründen<br />
für längere Zeit ohne Stromanschluss gelagert<br />
werden. Die Batterie-Reihe besitzt zudem<br />
eine Heizfunktion und eine Mobile-App via<br />
Bluetooth. Erhältlich in sieben Modellen von<br />
640 bis 3.800 Wh Speicherkapazität.<br />
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· BLATTLINIE: <strong>ocean7</strong> ist das Lifestyle- Magazin<br />
für Fahrten- und Blauwassersegler, Motoryachtfahrer<br />
und alle Wassersport-Fans. Die Redaktion berichtet in<br />
Zusammenarbeit mit namhaften Autoren aus dem gesamten<br />
deutschsprachigen Raum nicht nur über Yachten<br />
und Reviere weltweit, sondern widmet sich auch den Themen<br />
Charter, Equipment, Lifestyle, Genuss, Reisen, Umwelt<br />
und Meer. <strong>ocean7</strong> erscheint zweimonatlich als Print-<br />
Magazin und ist auch als E-Paper erhältlich. Die laufende<br />
Bericht erstattung inkl. Marketing aktivitäten erfolgt weiters<br />
auch über die Homepage www.<strong>ocean7</strong>.at sowie über<br />
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Beitz, Elisabeth Cziep, Florian Dauser LL.M., Mag. Wolfgang<br />
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Habusta, Wolfgang Hausner, Bernd Hofstätter, Detlef<br />
Jens, Fran Karabaić, Prof. Reinhard Kikinger, Mag. Eszter<br />
Kondor, Eloi Omella, Dr. Bobby Schenk, Ingrid u. Robert<br />
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JURY<br />
4/<strong>2024</strong> 81
Skipper’s Diaries<br />
Weiße Taube, Martinique<br />
Das Türkis des Atlantiks schafft es nicht bis hierher. Aus dem Fenster im Korridor sehe ich<br />
den Yachthafen, die Segelschule und ein Stück der alten Uferstraße. Der Wind fegt böig über<br />
die Bucht und die winzigen Optimisten bewegen sich wie Blattschneideameisen bei ihren<br />
schnellen Wenden unter den blendend weißen Segelchen.<br />
Das Wasser glänzt silbrig, aber<br />
ich weiß, dass nur braungrüne<br />
Tunke zurückbleiben<br />
wird, wenn die Sonne mit ihren<br />
Tricks aufhört. Es ist die ruhigste<br />
Stunde im Krankenhaus. Am späten<br />
Nachmittag herrscht die Stille<br />
sogar über die Sanitäterinnen.<br />
Kraftlos in den Beinen und mit<br />
Schläuchen im linken Arm, kann<br />
ich mich immerhin selbst herumschleppen<br />
und genieße es, hier zu<br />
sitzen und Ingas Besuch entgegen<br />
zu fiebern. Mein tägliches Geschenk.<br />
Eine Stimme hebt sich leicht<br />
über die weiße Stille und formt<br />
sicher und dennoch sanft eine bekannte<br />
Melodie. Es ist eine männliche<br />
Stimme, eine sehr hohe und<br />
zugleich weiche und füllige. Unbeirrt<br />
klettert sie die Strophe entlang<br />
und nimmt die letzte Ecke der gesamten<br />
Etage in Besitz. Als der Refrain<br />
mit seinem unverwechselbaren<br />
„Cou-cou-rou-cou-cou“ da ist<br />
und ich mich endlich erinnere,<br />
ILLUSTRATION: INGA BEITZ<br />
FOTO: SY MAOLIS<br />
VASSIL SVECHTAROV<br />
ist Bühnenbildner,<br />
Puppenspieler, Musiker,<br />
Autor, Weltumsegler.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
Bücher, Musik, Projekte<br />
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welches Lied das ist, ist mein Hals<br />
längst zugeschnürt.<br />
Das Wunder wiederholt sich täglich<br />
und immer spätnachmittags,<br />
wenn die Stille am lautesten ist.<br />
Woher nimmt bloß diese junge<br />
Stimme das ganze Gefühl? Woher<br />
nimmt dieser junge Mensch die Erinnerung<br />
an verlorene Liebe und<br />
die Kälte des Messers der Einsamkeit?<br />
Oder ist es nur die Saite, die<br />
gerade in mir schwingt, in der<br />
sehnsüchtigen Erwartung von<br />
Ingas Besuch?<br />
Tag um Tag verdäch tige ich die<br />
bediensteten Männer und sogar<br />
manch maskuline Sanitäterin, der<br />
geheimnisvolle Besitzer der magischen<br />
Stimme zu sein, komme ihr<br />
aber nicht auf die Schliche.<br />
AUS DER TIEFE<br />
Heute wird man uns nach Fortde-France<br />
zur MRT-Untersuchung<br />
bringen. Der Wagen wartet schon<br />
vor dem Hintereingang, samt seinem<br />
nervösen, hackigen Fahrer.<br />
Ungeduldig weist er mich und den<br />
anderen Patienten auf die Plätze<br />
und zögert nicht, seinen Missmut<br />
in Gesten und Lauten auf die Bühne<br />
zu lassen.<br />
Der andere Patient ist ja auch extrem<br />
träge, etwa gefühlte hundert<br />
Jahre alt, mit faltiger, trockener,<br />
dunkel-brauner Haut und mit von<br />
der Arthritis bis zur Unkenntlichkeit<br />
verformten Händen. Seine Augen<br />
sitzen tief in ihren Höhlen und<br />
verleihen dem schrumpeligen Gesicht<br />
das Aussehen einer Mumie.<br />
Vielleicht fragt sich unser Fahrer,<br />
wozu die Mühe bei diesem Relikt,<br />
bei diesem Fossil von Mensch?<br />
Wenn er solche Worte überhaupt<br />
gebrauchen würde. Jedenfalls fahren<br />
wir irgendwann los und gliedern<br />
die unsrige in die Nervosität<br />
des Straßenverkehrs ein.<br />
Etwa zwei Stunden später sitzen<br />
die Mumie und ich im Vorraum<br />
der MRT-Untersuchung und warten<br />
brav das Ende der Mittagspause<br />
ab. Der Fahrer stillt wahrscheinlich<br />
seinen Hunger irgendwo, wir sind<br />
allein und der allgegenwärtigen<br />
Stille ganz ergeben.<br />
Da kommt sie, aus der Tiefe der<br />
Falten neben mir, die junge Stimme.<br />
Die krüppeligen Hände liegen<br />
ruhig im Schoß, die Augen sind geschlossen.<br />
Was sehen sie? Sehen<br />
sie, wie das Lied, einer weißen Taube<br />
gleich, unbeirrt emporsteigt und<br />
die letzte Ecke der Erinnerung<br />
füllt? Den weißen Strand, den weißen<br />
Stoff ihres Kleides, das Weiß<br />
der Kokosnuss und ihrer Zähne?<br />
Ihr sanftes Lächeln? „Cou-courou-cou-cou<br />
..., Paloma“.<br />
Wenn der Fahrer es nur hätte<br />
hören können.<br />
<br />
82 4/<strong>2024</strong>
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