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2023<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Einsatz des Kommunikationsstandards<br />
OPC UA in der<br />
klebtechnischen Fertigung
Einsatz des<br />
Kommunikationsstandards<br />
OPC UA in der<br />
klebtechnischen Fertigung<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 21.681 N<br />
DVS-Nr.: 08.3385<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V.<br />
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik<br />
und Angewandte Materialforschung<br />
IFAM - Klebtechnik und Oberflächen<br />
Technische Universität Braunschweig<br />
Institut für Füge- und Schweißtechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 21.681 N / DVS-Nr.: 08.3385 der Forschungsvereinigung<br />
Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf,<br />
wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen<br />
Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund<br />
eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2023 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 593<br />
Bestell-Nr.: 170703<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-home.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Schlussbericht<br />
zu IGF-Vorhaben Nr. 21681N<br />
1. Thema<br />
Einsatz des Kommunikationsstandards OPC UA in der klebtechnischen Fertigung<br />
2. Berichtszeitraum<br />
01.03.2021 bis 31.08.2023<br />
3. Forschungsvereinigung<br />
Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
4. Forschungseinrichtung(en)<br />
1. Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM), Bremen<br />
2. TU Braunschweig Institut für Füge- und Schweißtechnik (ifs), Braunschweig
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21681N<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Thema ................................................................................................................................. 1<br />
2. Berichtszeitraum .................................................................................................................. 1<br />
3. Forschungsvereinigung ....................................................................................................... 1<br />
4. Forschungseinrichtung(en) .................................................................................................. 1<br />
1. Einleitung ............................................................................................................................ 5<br />
1.1. Kommunikation im Unternehmen ................................................................................. 6<br />
1.2. OPC – Die Geschichte von „The Industrial Interoperability Standard“ .......................... 8<br />
1.3. OPC UA – Eigenschaften und Aufbau .......................................................................... 9<br />
2. Stand der Technik ............................................................................................................. 11<br />
3. Durchgeführte Arbeiten und Ergebnisse im Berichtszeitraum ............................................ 13<br />
Projektziel und -verlauf ......................................................................................................... 13<br />
AP 1: Grundanforderung ...................................................................................................... 15<br />
AP 2: Prozessparameter ...................................................................................................... 17<br />
AP 3: Informationsmodell ..................................................................................................... 20<br />
AP 4+5: Applikationsanlagen und Inbetriebnahme ............................................................ 23<br />
Software-Systeme ............................................................................................................. 29<br />
Kommunikationszentrale ................................................................................................... 29<br />
Feldanlagen ...................................................................................................................... 36<br />
Praxistest und Evaluierung ................................................................................................ 38<br />
AP 6: Vertikale Datenerfassung und Visualisierung ............................................................. 40<br />
AP 7: Horizontale Datennutzung .......................................................................................... 42<br />
AP 8: Handlungsempfehlung ............................................................................................... 46<br />
4. Ausblick ............................................................................................................................. 49<br />
5. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den Zielen des<br />
Projektes ........................................................................................................................... 51<br />
6. Dokumentation .................................................................................................................. 55<br />
Verwendung der Zuwendung ............................................................................................ 55<br />
Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ............................................... 56<br />
Darstellung des wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Nutzens der erzielten<br />
Ergebnisse insbesondere für KMU sowie ihres innovativen Beitrags und ihrer industriellen<br />
Anwendungsmöglichkeiten ................................................................................................ 56<br />
Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft ...................................................................... 57<br />
7. Anhang: ............................................................................................................................. 61
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21681N<br />
Parameterliste Kleben 4.0 ................................................................................................. 61<br />
PA Umfrage zum Stand der eigenen OPC UA Validierung und Implementierung .............. 67<br />
Definition von Begrifflichkeiten........................................................................................... 69
Seite 5 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21681N<br />
1. Einleitung<br />
Im Falle der industriellen Revolution gab es bereits viermal disruptive Entwicklungen, welche<br />
nachhaltig die Welt verändert haben [1]. Die erste industrielle Revolution wird mit der<br />
Massenproduktion durch den Einsatz von Maschinen verbunden. Wasser- und Dampfkraft<br />
lieferten mechanische Energie für z.B. Webstühle und auch Eisenbahnen. Mit Hilfe von Akkordund<br />
Fließbandarbeiten, der zweiten industriellen Revolution, gelang es unter anderem Henry Ford<br />
im Jahr 1908 sein Model T kostengünstig herzustellen und zu vertreiben. 1969 wurde nicht nur<br />
der Mond betreten, sondern auch die dritte industrielle Revolution eingeläutet, indem elektrische<br />
und computergestützte Systeme verwendet wurden, um die Automatisierung nach vorn zu<br />
bringen. Im Zusammenhang mit der Raumfahrt sei der Einsatz des IBM7090 zu nennen, welcher<br />
unter anderem die Berechnung des Landekorridors der Raumkapsel durchführte [2]. Heutzutage<br />
befinden wir uns in der vierten Revolution, der Digitalisierung von Prozessen, von Geräten und<br />
der virtuellen Verarbeitung von sogenannten digitalen Zwillingen.<br />
Das Projekt Kleben 4.0 zielte darauf ab, die Digitalisierung im Bereich der Klebtechnik unter dem<br />
Aspekt der Verwendung des Kommunikationsstandards OPC UA zu untersuchen. Dass die<br />
Digitalisierung in vielen Bereichen voranschreitet, zeigt die Einstufung des Internet of Things (IoT)<br />
als eines der Schlüsselelemente des 21. Jahrhunderts [3]. Der vermehrte Einsatz von Sensoren<br />
bedeutet für Prozesse eine bessere Überwachung, Qualitätskontrolle und auch das frühzeitige<br />
Erkennen und Beheben von Fehlern (Stichwort: Predictive Maintenance). Kombiniert birgt das<br />
ein hohes Potential für die Effizienz von Produktionsprozessen. Das reine Digitalisieren im Sinne<br />
von IoT, oder im Zuge von Industrie 4.0 jedoch ist nur eine kurzsichtige Herangehensweise und<br />
kommt dem lokalen Sammeln von BigData gleich. Vielmehr müssen auf informationeller Ebene<br />
Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für Ordnung und Struktur sorgen, um eine<br />
Kommunikation zwischen einzelnen Stationen zu ermöglichen. Die Möglichkeit Computerchips<br />
und logische Schaltungen kleiner und günstiger herzustellen, ermöglicht einen einfachen Einsatz<br />
von Sensoren. Somit kann eine Vielzahl an Prozessparametern erfasst und dank smarter<br />
Sensoren bereits vor Ort ausgewertet werden. Die Bedeutung der anschließenden<br />
Kommunikation mit weiteren Einheiten, oder anderen Ebenen innerhalb der<br />
Unternehmensstruktur wächst kontinuierlich [4]. Der Kommunikationsstandard OPC UA stellt für<br />
den Datenaustausch zwischen mehreren Geräten solche Richtlinien zur Verfügung.<br />
Dass der Schritt vom Datensammeln hin zur Datenauswertung in der deutschen Industrie noch<br />
lange nicht vollzogen ist, zeigt eine Studie zum Potential zum Thema BigData in der Produktion<br />
[5]. Demnach wird häufig noch auf Methoden zurückgegriffen, bei denen die Daten händisch<br />
erhoben werden. Dennoch hat sich Deutschland als ein innovativer Industriestandort etabliert und<br />
die Implementierung neuer Technologien kann dessen Wettbewerbsfähigkeit weiter erhöhen.<br />
Die Herangehensweise für dieses Projekt war unüblich im Vergleich zu anderen, eher praktisch<br />
orientierten Forschungsvorhaben im Bereich der Klebtechnik, bei denen die meisten Ergebnisse<br />
durch das Herstellen und Prüfen von Proben erzielt werden. Neben der Ertüchtigung der beiden<br />
Demonstratoren um den OPC UA Kommunikationsstandard und die Ausarbeitung einer<br />
Parameterliste für klebtechnische Applikationssysteme, gab es noch ein weiteres Kernziel.<br />
Dieses Kernziel war die Aufarbeitung der OPC UA Thematik, um KMU und weiteren<br />
Interessierten eine erste Annäherung an die im Umfeld der Klebtechnik neue Thematik zu<br />
ermöglichen.
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21681N<br />
Abbildung 1: Insel der Digitalisierung als Darstellung für den Start-Ziel Bereich des Projekts<br />
Kleben 4.0 und dem letztendlichen Vorteil, den die Ergebnisse, bzw. der Nutzen der hierbei<br />
generierten Ergebnisse liefern kann.<br />
Die Metapher „Insel der Digitalisierung“ beschreibt diese Absicht der Forschenden. Mit der<br />
Metapher soll verdeutlicht werden, was im Projektverlauf erarbeitet wurde und wie sich aus den<br />
Ergebnissen des Projekts für Folgeprojekte eine wesentlich schnellere Zielführung ergibt<br />
(Abbildung 1).<br />
1.1. Kommunikation im Unternehmen<br />
Die klassische digitale Kommunikation wie sie heutzutage in der Industrie vorherrscht, besteht<br />
aus mehreren verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Aufgaben. Für die hierarchische<br />
Beschreibung von Steuerungs- und Automatisierungsebenen wurde in den 1980ern der Begriff<br />
der “Automatisierungspyramide”, bzw. Computer Integrated Manufacturing (CIM) -Pyramide<br />
etabliert. Grundlegend erleichtert diese visualisierte Darstellung die Übersicht und das<br />
Verständnis der einzelnen Kommunikationsmöglichkeiten innerhalb eines industriellen<br />
Netzwerks. Dabei wird heutzutage überbegrifflich zwischen der operativen Technologie (OT) und<br />
der informationellen Technologie (IT) unterschieden. Der Bereich OT umfasst die unteren Ebenen<br />
wie den Anlagenbereich (Feldebene) mit Sensoren und Aktoren sowie die zugehörige<br />
Steuerungsebene. Die hier aufkommenden Datenmengen sind eher gering, um<br />
Regelungsvorgänge kurz und die Kommunikationszyklen (Dauer zwischen dem<br />
Senden/Abfragen des jeweiligen Zustands) kurz zu halten [6]. Die informationelle Technologie<br />
hingegen ist mehr darauf ausgerichtet, Informationen in Form von Daten zu sammeln,<br />
auszuwerten und zur Verfügung zu stellen. Dabei steht die Geschwindigkeit, mit der die Daten<br />
bereitgestellt werden, nicht im Vordergrund. Neben speziellen auf die Datenverarbeitung<br />
ausgelegten Softwarelösungen sind die vermutlich bekanntesten Tools verschiedene Office<br />
Lösungen (Excel und PowerPoint). In der dargestellten Automatisierungspyramide (Abbildung 2)<br />
findet sich dieser Bereich in dem oberen Segment wieder.<br />
Zur Steuerungsebene zählen Geräte wie z.B. Computer und Speicherprogrammierbare-<br />
Steuerungen (SPS). Hauptaufgabe dieser Ebene ist die Steuerung der realen physikalischen<br />
Prozesse. In der übergeordneten Prozess- und Leitebene werden Daten aus den unteren Ebenen
Seite 7 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 21681N<br />
verarbeitet. Durch Systeme wie die Supervisory Control and Data Acquisition (SCADA) erfolgt die<br />
Überwachung der gesamten Feld- und Steuerungsebenen. Ein weiteres Ziel dieser Systeme ist<br />
es, eine möglichst benutzerfreundliche Schnittstelle zwischen Prozess und Menschen zu<br />
ermöglichen. Häufig wird das durch sogenannte Human Machine Interfaces (HMI), bzw. grafische<br />
Oberflächen erreicht, in denen der Prozess dargestellt wird [7].<br />
In der Betriebsleitebene kommen sogenannte Manufacturing Executive Systeme (MES) zum<br />
Einsatz. Hierbei steht die übergeordnete Verwaltung und Optimierung der Prozesse im<br />
Vordergrund, mit dem Ziel der Effizienzsteigerung. In dieser Ebene findet auch das<br />
Qualitätsmanagement und die langfristige Datenerfassung/-speicherung statt. Zusammengefasst<br />
sind SCADA Systeme für Echtzeitprozesse zuständig, während MES mehr für eine langfristige<br />
Planung und Analyse eingesetzt werden.<br />
Die Unternehmensebene besteht hauptsächlich aus dem Bereich, in dem strategische Planungen<br />
vorgenommen werden. In einem Enterprise Ressource Planing (ERP) System laufen die Daten<br />
aus den verschiedensten Abteilungen zusammen. Die Detailansicht der Produktion ist für die<br />
Unternehmensführung weniger von Bedeutung, weshalb für diese Ebene die Daten kompaktiert<br />
und aufbereitet werden.<br />
Bildbeschreibung: Automatisierungspyramide mit unterschiedlichen Ebenen sowie operativer und<br />
informationeller Technik<br />
Eine weitere Betrachtungsweise der „Betriebskommunikation“ kann in vertikale und horizontale<br />
Kommunikation unterteilt werden. Horizontale Kommunikation wird als Interaktion einzelner<br />
Geräte innerhalb einer Ebene verstanden. Die Kommunikation ist dabei nicht auf die Steuerungen<br />
innerhalb eines Geräts beschränkt, sondern kann auch maschinen- und zellenübergreifend<br />
stattfinden.<br />
Abbildung 2: Automatisierungspyramide in der Industrieproduktion. Auf der unteren Ebene<br />
ist die operative Technologie (OT) ab der Feld- bis zur Leitebene angeordnet. Im oberen<br />
Bereich der Automatisierungspyramide ist die informationelle Technologie (IT) zu finden.