Festspielzeit Sommer 2024 -1
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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FESTSPIEL<br />
ZEIT<br />
DAS MAGAZIN DER<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
AUSGABE 3 | BREGENZER FESTSPIELE 17. JULI – 18. AUGUST <strong>2024</strong><br />
SCHAURIG-SCHÖNER<br />
BÜHNENZAUBER<br />
Alter Stoff, gut durchgelüftet:<br />
Philipp Stölzls Der Freischütz<br />
auf der Seebühne<br />
DIE TÜCKEN DER<br />
LEICHTIGKEIT<br />
Warum »lustig« gar nicht<br />
so leicht ist: Dirigent<br />
Leo McFall im Interview<br />
EINSAMKEIT TRIFFT<br />
SPRACHLOSIGKEIT<br />
Auf der Suche nach dem<br />
Miteinander: Das Musiktheater<br />
Unmögliche Verbindung
4<br />
Schaurig-schöner<br />
Bühnenzauber<br />
Alter Stoff, gut durchgelüftet:<br />
Philipp Stölzls Der Freischütz<br />
auf der Seebühne<br />
10<br />
»Es ist spannend, wenn<br />
man nicht weiß, ob man<br />
lachen oder weinen soll«<br />
Jan Philipp Gloger über seine<br />
Ideen für die Oper im Festspielhaus<br />
Tancredi<br />
18<br />
Der Festspielsommer<br />
im Überblick<br />
Der Spielplan der Bregenzer<br />
Festspiele <strong>2024</strong><br />
INHALT<br />
14<br />
Gedichte für die<br />
»Wunderorgel«<br />
Japanische Gedichte, für Chor<br />
und Orchester vertont: Thomas<br />
Larchers Love and the Fever<br />
7<br />
Von tierischen<br />
Gefährten und<br />
neuen Sofabezügen<br />
Carl Maria von Weber – abseits<br />
der großen Bühnen<br />
20<br />
»Realistische<br />
Situationen<br />
langweilen mich«<br />
Skurrile Figuren und singende<br />
Papageien: Josef Maria<br />
Krasanovskys Mondmilch trinken<br />
2
24<br />
Laute Einsamkeit trifft<br />
sprachlose Gesellschaft<br />
Unmögliche Verbindung – von<br />
Kommunikation in Situationen<br />
emotionaler Überforderung<br />
30<br />
Die Tücken der<br />
Leichtigkeit<br />
Warum »lustig« gar nicht so<br />
leicht ist: Dirigent Leo McFall<br />
im Interview<br />
Impressum<br />
BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />
Platz der Wiener Symphoniker 1<br />
6900 Bregenz | Austria<br />
T +43 5574 407-6<br />
www.bregenzerfestspiele.com<br />
Herausgeber Bregenzer Festspiele GmbH<br />
Intendantin Elisabeth Sobotka<br />
Redaktion Florian Amort, Babette Karner, Kathrin Grabher<br />
Gestaltung moodley brand identity |<br />
Bregenzer Festspiele – Kathrin Grabher<br />
Druck Vorarlberger Verlagsanstalt GmbH<br />
INHALT<br />
Lektorat Thorsten Bayer Text<br />
Tex te Kathrin Grabher (S. 4 ff.,) | Carl-Maria-von-Weber-<br />
Gesamtausgabe / Kathrin Grabher (S. 7 l.) | Dallmayr (S. 7 r.) |<br />
Ingrid Lughofer (S. 10 ff., S. 30 ff.) | Anselm Cybinski / red.<br />
(S. 14 ff.) | Ö1 (S. 17 u.) | Elisabeth Merklein (S. 20 ff.) |<br />
Florian Amort (S. 24 ff.) | Mercedes-Benz Österreich (S. 28) |<br />
Ondřej Adámek / Florian Amort (S. 29)<br />
Abbildungsnachweise Anja Köhler (Titelbild – Bühnenbild<br />
Der Freischütz, S. 2 r. o., S. 4, S. 8, S. 32) | Eva Cerv (S. 2 l. o.) |<br />
akg-images (S. 2 r. u.) | moodley brand identity (S. 2 r. m., S. 3 l. o.,<br />
S. 3 r. u., S. 12) | shutterstock (S. 2 r. u., S. 22) | Guillaume Chauvin,<br />
34<br />
Kartenübersicht<br />
Musica Strasbourg 2014 (S. 3 r. u., S. 29) | Lisa Mathis (S. 3 r. o.) |<br />
Dietmar Mathis (S. 6, S. 16, S. 28) | Dallmayr (S. 7) | Konrad<br />
Forster (S. 10) | Richard Haughton (S. 14) | Ö1 (S. 17) | Christian<br />
Ariel Heredia (S. 21) | Theater KOSMOS (S. 23) | Christian Wiehle<br />
(S. 24) | Adobe Stock (S. 26) | Benjamin Ealovega (S. 31)<br />
29<br />
Erfinderischer<br />
Klangpionier<br />
Kategorien und Preise<br />
im Überblick<br />
Erschienen im Juni <strong>2024</strong>. Es gelten die AGB<br />
sowie die Datenschutzerklärung der Bregenzer<br />
Festspiele GmbH. Änderungen vorbehalten.<br />
Wir möchten darauf hinweisen, dass uns alle<br />
Geschlechter gleich wichtig sind, selbst wenn es<br />
uns manchmal nicht gelingen sollte, dies auch<br />
schriftlich auszudrücken.<br />
Der Komponist Ondřej<br />
Adámek im Porträt<br />
Die QR-Codes in diesem Heft erweitern Artikel<br />
um Videos und Tonaufnahmen oder führen zu Webseiten<br />
mit weiteren spannenden Infos zum Thema.<br />
Mit diesem Link zum Beispiel gelangen Sie in die<br />
Online-Bibliothek der Bregenzer Festspiele, in der<br />
auch alle Ausgaben des Magazins »<strong>Festspielzeit</strong>«<br />
zu finden sind.<br />
bregenzerfestspiele<br />
3
SPIEL AUF DEM SEE
SCHAURIG-SCHÖNER<br />
BÜHNENZAUBER<br />
GRUSELIG, ROMANTISCH UND INHALTLICH GUT<br />
DURCHGELÜFTET INSZENIERT PHILIPP STÖLZL DIESEN SOMMER<br />
SEINEN GANZ EIGENEN FREISCHÜTZ AUF DER SEEBÜHNE<br />
DER FREISCHÜTZ<br />
Eine winterliche, kahle Landschaft,<br />
halb überschwemmt,<br />
halb in Schnee und Eis erstarrt,<br />
kalter Wind pfeift durch tote<br />
Bäume. Auf den ersten Blick scheint<br />
Philipp Stölzls Bühnenkonzept<br />
für Carl Maria von Webers Oper<br />
Der Freischütz so gar nicht das zu<br />
transportieren, wofür die Bregenzer<br />
Festspiele weltweit berühmt sind:<br />
laue <strong>Sommer</strong>abende, riesige Bühnenbauten<br />
und magische Operninszenierungen<br />
im warmen Licht<br />
der untergehenden Abendsonne.<br />
Was hat es in Bregenz nicht<br />
schon alles gegeben – spektakuläre<br />
Riesenfüße, fantasievolle Drachenhunde,<br />
eine Armee aus Terrakottakriegern,<br />
zuletzt ein riesiges Blatt<br />
Papier. Jeweils für zwei Jahre prägten<br />
ikonisch gewordene Bühnenskulpturen<br />
das Bodenseeufer<br />
und wurden zu temporären Wahrzeichen<br />
der Stadt.<br />
Statt auf ein einzelnes Monument<br />
zu setzen, entwarf Regisseur und<br />
Bühnenbildner Philipp Stölzl ein<br />
kleines Dorf als Schauplatz für<br />
den Freischütz. Acht windschiefe<br />
Häuser und ein schon halbversunkener<br />
Kirchturm stehen dort<br />
zwischen Geröll und Baumgerippen<br />
auf einem schneebedeckten Hügel.<br />
Ein Spiel mit der Perspektive lässt<br />
die Ortschaft bis weit in den See<br />
hinausragen. Dem Hügel vorgelagert<br />
liegt ein dunkler, gespenstischer<br />
Sumpf. Über allem schwebt<br />
der bleiche Mond.<br />
EMOTIONEN OHNE UMWEGE<br />
Mit dem Freischütz versetzen die<br />
Bregenzer Festspiele ihr Publikum<br />
zurück in die Zeit vor rund 380<br />
Jahren, als auch am Bodensee der<br />
Dreißigjährige Krieg tobte und<br />
Bregenz, Lindau und Konstanz<br />
Schlachtschiffe vom Stapel ließen,<br />
um sich der Eroberung durch die<br />
Schweden zu erwehren.<br />
Die Kriegsjahre gehören im maroden<br />
Kulissendorf auf dem Hügel<br />
zwar der Vergangenheit an, doch<br />
sie haben bei den Einwohner:innen<br />
Spuren hinterlassen. Viele Gebäude<br />
wurden zudem durch eine Flutkatastrophe<br />
zerstört. »Dies Dorf ist ein<br />
verfluchter Ort! Wer gehen kann,<br />
ging längst schon fort«, heißt es<br />
im Prolog der Dialogfassung, die<br />
Jan Dvořák nach dem Konzept von<br />
Philipp Stölzl eigens für Bregenz<br />
geschaffen hat. Stölzls Ziel ist es,<br />
die neuen Texte mit der Musik und<br />
der Bühne zu einem ganz eigenen<br />
Freischütz zu verschmelzen, der das<br />
heutige Publikum in Bann zieht und<br />
zugänglicher ist als die Originalversion<br />
von 1821 mit ihren langen<br />
Biedermeier-Dialogen und ewig wartenden,<br />
dramatisch wenig geformten<br />
Frauenfiguren. Dafür zieht der<br />
gebürtige Münchner alle Register.<br />
»Wir sind so richtig mit dem<br />
Eisenbesen hingegangen«, erklärt<br />
Stölzl, »und erzählen die Figuren<br />
ganz neu und hoffentlich sehr<br />
heutig.« Damit steht er im Einklang<br />
mit der Opernpraxis des 19. Jahrhunderts,<br />
die Bühnenwerke stets<br />
den aktuellen Produktionsbedingungen<br />
und Rezeptionshaltungen<br />
anpasste. Klar und nachvollziehbar<br />
soll es sein. Modern, aber dennoch<br />
märchenhaft. »Es ist, wie wenn man<br />
ein Haus entkernt. Man muss an die<br />
Substanz ran, ohne dass die Fassade<br />
zusammenfällt.« In zahlreichen<br />
Arbeitsstunden wurde die neue<br />
Dialogfassung immer wieder angepasst<br />
und perfekt auf die szenische<br />
Umsetzung abgestimmt.<br />
Auch das Bühnenbild, das bis an<br />
die erste Reihe der Tribüne heranreicht,<br />
soll ein intensives Opernerlebnis<br />
vermitteln. »Dadurch<br />
zieht es das Publikum richtig in die<br />
Geschichte hinein. Man bekommt<br />
das Gefühl, mit den Leuten aus dem<br />
5
SPIEL AUF DEM SEE<br />
Der Architekt des Freischütz-Dorfs: Philipp Stölzl beim Bühnen-Richtfest im April.<br />
SPIEL AUF DEM SEE<br />
DER FREISCHÜTZ<br />
Carl Maria von Weber<br />
Dorf gemeinsam in diesem schrecklichen<br />
Sumpf zu sitzen«, so Stölzl.<br />
Der »schreckliche Sumpf« ist ein<br />
künstliches, schwarz verkleidetes<br />
Wasserbecken, das dank ausgefeilter<br />
Bühnentechnik nach Bedarf<br />
blubbern, leuchten und rauchen<br />
kann. Etwa 1.400 Quadratmeter<br />
misst der Tümpel und ist mit rund<br />
500.000 Liter Seewasser gefüllt –<br />
viel Platz, um schauerliche Überraschungen<br />
darin zu verbergen …<br />
Vor allem in der Wolfsschlucht-<br />
Szene wird es »ganz viel Bühnenzauber«<br />
geben, verrät Stölzl. Das<br />
Libretto – im Original und in der<br />
Bregenzer Fassung – sieht für die<br />
verwunschene Schlucht jede Menge<br />
gespenstische Visionen und Irrlichter<br />
vor, die den Erbförsterei-Anwärter<br />
Max beim Gießen der Freikugeln<br />
in Angst und Schrecken versetzen.<br />
Doch das Stück soll dem Publikum<br />
nicht nur durch Mark und Bein<br />
gehen, sondern auch ins Herz.<br />
Wie zum Aufatmen blitzen zwischen<br />
all dem Dunkel auch Momente der<br />
Hoffnung und Romantik durch –<br />
denn letztlich bewegt ein nobler<br />
Grund Max dazu, den Pakt mit dem<br />
Teufel zu schließen: seine Liebe<br />
zu Agathe. Die wiederum träumt mit<br />
ihrer Freundin Ännchen von einem<br />
besseren Leben – vielleicht auch<br />
anderswo, weit weg von patriarchalen<br />
Traditionen. Besonders die zwei<br />
Frauenfiguren hat Stölzl in seiner<br />
Fassung ordentlich »entstaubt«.<br />
»DAS GANZE FÜLLHORN<br />
DES THEATERS«<br />
Fürchten muss sich vor dem Schauermärchen<br />
also niemand. Und der<br />
Zauber der Seebühne wird auch in<br />
diesem Jahr seine Wirkung nicht<br />
verfehlen, ist Stölzl überzeugt:<br />
»Ich glaube, mit den gesprochenen<br />
Dialogen, kinohaften Toneffekten<br />
und was wir sonst noch alles haben,<br />
wird der Freischütz ein ganz toller,<br />
mitreißender Abend. Wir erkunden<br />
etwas Neues in diesem <strong>Sommer</strong>.<br />
Das Schöne an der Seebühne ist,<br />
dass sie eben mit allem arbeitet:<br />
Man braucht tolle Figuren, ein tolles<br />
Spiel, es muss irre gut musiziert<br />
und gesungen sein, du willst aber<br />
auch ein tolles Licht haben, tolle<br />
Kostüme, es soll brennen und<br />
dampfen … das ganze Füllhorn des<br />
Theaters soll sich hier auftun.«<br />
Musikalische Leitung<br />
Enrique Mazzola, Erina Yashima<br />
Insze nie rung | Bühne Philipp Stölzl<br />
Kostüme Gesine Völlm<br />
Wired Aerial Theatre<br />
Bregenzer Festspielchor<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Wiener Symphoniker<br />
PREMIERE<br />
17. Juli <strong>2024</strong> – 21.15 Uhr<br />
Seebühne | Festspielhaus,<br />
Großer Saal<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
Die Spieltermine finden Sie<br />
in der Heftmitte.<br />
DER PODCAST DER<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
HÖR-SPIELE<br />
Regisseur und Bühnenbildner<br />
Philipp Stölzl über seine<br />
Faszination für Bregenz und<br />
seine Ideen für den Freischütz.<br />
6
CARL MARIA VON WEBER –<br />
ABSEITS DER GROSSEN BÜHNEN<br />
VON TIERISCHEN GEFÄHRTEN<br />
UND NEUEN SOFABEZÜGEN<br />
Kaffee trifft<br />
immer<br />
Ein Enthusiasmus wie er hier<br />
fast nie erlebt ist, begleitete<br />
die erste Vorstellung. […]<br />
Ich am Ende herausgerufen mit<br />
Blumen, Lorbeerkränzen und Gedichten<br />
überschüttet. [...] Der Aufführung<br />
kann ich übrigens nicht<br />
dankbar genug sein. Die Liebe mit<br />
der Alle spielten und sangen war<br />
sichtbar.« So berichtete Carl Maria<br />
von Weber seinem »lieben Freund«<br />
Gottlob Rothe am 21. Juni 1821 in<br />
einem Brief vom großen Erfolg<br />
seines Freischütz.<br />
Nicht nur in Berufliches, auch<br />
in sein Privatleben gewähren<br />
Webers Briefe und Tagebücher<br />
tiefe Einblicke. Er schreibt ausführlich<br />
über Reisen, Treffen mit<br />
Kollegen und Freund:innen, über<br />
Konzertbesuche und gesundheitliches<br />
Wohlbefinden. Auch Einnahmen<br />
und Ausgaben hält Weber<br />
in seinem Journal fest – Reparaturkosten<br />
für einen Regenschirm, Ausgaben<br />
für »Zukker und Zitronen«,<br />
zwölf Groschen für einen neuen<br />
Sofabezug. Am 20. Oktober 1820<br />
notiert er kurz: »Nach Altona<br />
gefahren. Affen gekauft«.<br />
TIERISCHE MENAGERIE<br />
Die Haustiere der Familie Weber<br />
tauchen immer wieder in Schriftstücken<br />
auf, lassen namentlich<br />
Grüße ausrichten oder werden<br />
gegrüßt. Seine » Liebhaberei für<br />
alles Lebende« überlieferte auch<br />
Webers Sohn Max Maria. So sei<br />
Weber immer wieder verleitet<br />
gewesen, »auf dem Lande noch<br />
mehrere Thiere anzuschaffen, von<br />
denen er sich dann in der Stadt<br />
nicht mehr trennen mochte und<br />
die dort zur wahren Plage der<br />
Hausfrau wurden.« So hatten die<br />
Webers eine Katze, eine Hündin<br />
und mehrere Vögel. Mit seinen<br />
Pferden Hans und Grete, in Briefen<br />
oft »die Hottos« genannt,<br />
konnte Weber einige seiner<br />
zahlreichen Reisen mit eigenem<br />
Gespann bestreiten. Der in Hamburg<br />
erstandene Affe »Schnuff«<br />
blieb allerdings nur wenige Jahre<br />
in der Familie. An ihn erinnert<br />
ein Gedenkstein an der Kirchenmauer<br />
der Kirche Maria am Wasser<br />
in Hosterwitz/Dresden mit<br />
der Aufschrift: »Schnuff Weber.<br />
Ein Freund aus der Neuen Welt.«<br />
EIN LEBEN ZUM NACHLESEN<br />
Vom 26. Februar 1810 bis zum<br />
3. Juni 1826 – unmittelbar vor<br />
seinem Tod – führte Carl Maria<br />
von Weber akribisch Tagebuch<br />
und verfasste in dieser Zeit nahezu<br />
6.000 Briefe. Dieser Nachlass<br />
wird im laufenden Projekt<br />
»Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe«<br />
untersucht, eingeordnet,<br />
verknüpft und laufend<br />
publiziert. Das Projekt ist von<br />
der Akademie der Wissenschaften<br />
und der Literatur in Mainz<br />
gefördert und hat das Ziel, den<br />
gesamten schriftlichen Nachlass<br />
des Komponisten bis zu dessen<br />
200. Todestag 2026 in einer<br />
Gesamtausgabe vorzulegen.<br />
Wer darin schmökern und mehr<br />
über Carl Maria von Weber erfahren<br />
möchte, findet die Ausgabe<br />
online direkt über den QR-Code.<br />
Zauber, Geister und Magie:<br />
1821 brachte Der Freischütz<br />
Carl Maria von Weber den<br />
Durchbruch. Endlich war Schluss<br />
mit der ständigen Suche nach lukrativen<br />
Jobs, mit all den Geldnöten<br />
und einem undankbaren Publikum.<br />
Sein Werk wurde als Nationaloper<br />
bejubelt und mischte die Opernwelt,<br />
die damals von Italien dominiert<br />
wurde, gehörig auf. Als prägende<br />
Figur der Romantik schrieb der<br />
Komponist Musikgeschichte ... und<br />
außerdem unzählige Briefe an seine<br />
Frau Caroline, sein »vielgeliebtes<br />
Muks«. In einem davon berichtet<br />
er voller Freude, dass sie zur Hochzeit<br />
von Jacob Hertz Beer – einem<br />
Zuckerfabrikanten und Mäzen –<br />
104 Pfund Kaffee sowie 108 Pfund<br />
Zucker geschenkt bekämen, ein<br />
Vorrat für etwa zwei Jahre.<br />
Vielleicht beflügelte genau dieser<br />
Kaffee Carl Maria von Weber bei<br />
der Komposition seines grandiosen<br />
Hauptwerks? Sicher ist, dass das<br />
Glück oft im Kleinen zu finden ist:<br />
ein liebevolles Wort, schöne Musik<br />
und eine gute Tasse Kaffee.<br />
Dallmayr wünscht Ihnen viel Genuss<br />
und eine wunderbare <strong>Festspielzeit</strong>!<br />
DER FREISCHÜTZ | PARTNER<br />
7
Blick in die<br />
Trickkiste<br />
INHALT<br />
Während Kaspar und Max<br />
im Freischütz für die<br />
Herstellung der sieben<br />
Freikugeln mit schwarzer Magie,<br />
zerbrochenen Kirchenfenstern und<br />
Quecksilber hantieren, nutzten Techniker:innen<br />
für den Bau des Bühnenbilds<br />
weitaus handfestere Materialien:<br />
Mit Stahl, Holz, Mörtel und Fassadenputz<br />
zauberten sie in monatelanger<br />
Arbeit ein Stück immerwährenden<br />
Winter an das Bregenzer Bodenseeufer.<br />
Mit allerlei technischen Kabinettstücken,<br />
versteckten Lautsprechern,<br />
Licht- und Feuereffekten wird<br />
das verschneite Dorf im <strong>Sommer</strong> zum<br />
Auftrittsort für rund 80 Sänger:innen,<br />
Stuntleute, Tänzer:innen und<br />
Statist:innen.<br />
Wer sich schon immer einmal gefragt<br />
hat, wie das große Zusammenspiel<br />
aus Kunst und Technik auf der<br />
Seebühne funktioniert, kann das bei<br />
einer Führung hinter die Kulissen<br />
herausfinden. Die Bregenzer Festspiele<br />
nehmen Interessierte mit auf<br />
eine spannende Reise ins Innere des<br />
Theaterbetriebs, lüften Geheimnisse<br />
der Inszenierung und bieten die<br />
Möglichkeit, selbst einmal die größte<br />
Seebühne der Welt zu betreten.<br />
Bis zum 16. Juli finden Führungen<br />
jeden Montag, Mittwoch und Freitag<br />
um 16.00 Uhr statt, vom 18. Juli bis<br />
18. August täglich zwischen 10.30 und<br />
15.30 Uhr im Stundentakt. Wichtig:<br />
Zum Schutz der Bühnenoberfläche<br />
und zur eigenen Sicherheit darf die<br />
Seebühne nur mit festen Schuhen<br />
ohne Absätze betreten werden.<br />
8
Gute Unterhaltung wünschen die Hauptsponsoren<br />
INHALT
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
»ES IST IMMER SPANNEND,<br />
WENN MAN NICHT WEISS, OB MAN<br />
LACHEN ODER WEINEN SOLL«
Jan Philipp Gloger, Regisseur und zukünftiger Intendant des<br />
Wiener Volkstheaters, kommt eigentlich vom Schauspiel. Und doch kann<br />
er die Finger nicht von der Oper lassen, wie er selbst sagt. Was ihn daran fasziniert,<br />
warum er in Tancredi Kreuzritter durch Drogenbosse ersetzt und was er sich<br />
sonst noch für die Oper im Festspielhaus überlegt hat, erzählt er im Interview.<br />
Herr Gloger, Sie sind derzeit<br />
Schauspieldirektor in Nürnberg,<br />
werden aber bald in<br />
Österreich leben?<br />
Jan Philipp Gloger: Ja, die Leitung<br />
des Wiener Volkstheaters wird meine<br />
erste Intendanz sein. Ein Haus<br />
als Gesamtereignis gestalten zu<br />
dürfen, ist für mich eine große Freude.<br />
Dass ich das noch dazu in der<br />
sensationellen Musik- und Theaterstadt<br />
Wien machen darf, freut mich<br />
ganz besonders.<br />
Sie sind Anfang 40 und inszenieren<br />
sowohl im Schauspiel- als auch im<br />
Opernbereich an den besten Häusern,<br />
unter anderem in Amsterdam,<br />
Hamburg, London, Zürich, Dresden<br />
und Bayreuth. In Ihrer neuen Wahlheimat<br />
waren Sie schon am Burgtheater<br />
und an der Volksoper tätig.<br />
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?<br />
Ich habe eine große Liebe zu den<br />
Werken, eine Offenheit ihnen<br />
gegenüber. Das Werk spricht zu dir<br />
und nicht du zu den Werken. Ich<br />
möchte mit grandiosen Stücken,<br />
mit grandiosen Komponist:innen<br />
und Autor:innen über unsere Welt<br />
nachdenken und das Eigene im<br />
Fremden finden. Uns und unsere<br />
Gegenwart kann man ebenso mit<br />
eigenen Kreationen wie mit den<br />
Werken des Repertoires befragen<br />
und öffnen. Dabei geht es mir<br />
nicht um Stil, sondern um Inhalte<br />
und Erzählweisen.<br />
Wie bereiten Sie sich auf die unterschiedlichen<br />
Genres vor?<br />
Bei der Oper muss man wissen,<br />
warum man sie erzählen will.<br />
Der Vorlauf ist länger, da gilt es,<br />
früh konzeptionelle Entscheidungen<br />
zu treffen. Im Schauspiel bin<br />
ich nicht so sehr konzept-, sondern<br />
eher besetzungszentriert, denn<br />
jede:r Schauspieler:in macht aus<br />
einer Rolle etwas anderes. Da muss<br />
ich immer bereit sein, meinen Plan<br />
zu verwerfen. In der Oper liebe ich<br />
es, nicht alleinverantwortlich zu<br />
sein und im Dialog mit der musikalischen<br />
Leitung zu stehen. Deswegen<br />
kann ich die Finger nicht von der<br />
Oper lassen, auch wenn meine Herkunft<br />
im Schauspiel liegt. Allerdings<br />
war es einmal mein Berufswunsch,<br />
Musiker zu werden. Ich habe früher<br />
viel Musik gemacht und spiele heute<br />
noch hobbymäßig Klavier. In der<br />
Oper kommen die Liebe zur Musik<br />
und zum Schauspiel zusammen.<br />
Bei den Bregenzer Festspielen inszenieren<br />
Sie die Oper im Festspielhaus:<br />
Tancredi, Giaochino Rossinis erste<br />
Opera seria. Kurz zusammengefasst<br />
geht es darin um zwei Adelsfamilien<br />
im Clinch, dazu noch Angriffe von<br />
außen und mittendrin eine junge<br />
Frau, die aus Friedensgründen verheiratet<br />
werden soll, deren Herz<br />
aber bereits vergeben ist. In dieser<br />
Oper mit ihrem, lassen Sie es mich so<br />
formulieren, unglücklich geratenen<br />
Libretto handeln Kreuzritter und<br />
muslimische Sarazenen. Wie gelingt<br />
es Ihnen, diese Geschichte für uns<br />
heute packend zu erzählen?<br />
Wir verlegen den Schauplatz in<br />
ein nicht klar definiertes Land, in<br />
dem Drogenkartelle wüten und<br />
sich rivalisierende kriminelle Clans<br />
bekriegen. Grob assoziieren wir damit<br />
Südamerika, wobei es natürlich<br />
um ein rein theatrales Setting geht,<br />
das uns in eine andere Welt zieht<br />
und die im Stück vorkommenden<br />
Konflikte und Energien greifbar<br />
wie dringlich macht. Bei uns sieht<br />
man nicht zwei Akte lang im Spalier<br />
stehende Ritter, sondern man erlebt<br />
eine spannungsvolle Geschichte, die<br />
Identifikationspotenzial hat.<br />
Der Bühnenbildner Ben Baur<br />
hat eine Villa nachgebaut, den Sitz<br />
eines Drogenbosses – in unserem<br />
Fall ist das Argirio, der Vater von<br />
Amenaide. Sein Clan stellt die<br />
vornehmeren Edelgangster dar,<br />
die sich mit den Orbazzanen, einer<br />
noch brutaleren, paramilitärisch<br />
agierenden Schlägertruppe, zusammentun<br />
müssen. Es gibt nämlich im<br />
Stück einen gemeinsamen Feind,<br />
eine Bedrohung von außen, das<br />
sind die Sarazenen – bei uns die<br />
Polizei. Diese Zwangsgemeinschaft<br />
der verfeindeten Männergruppen<br />
entwickelt Sprengpotential.<br />
Bitte keinen Tarantino-Film erwarten,<br />
aber in seinen Filmen<br />
schwingt bei aller Brutalität und<br />
Tragik ein bisschen Komik mit.<br />
TANCREDI<br />
11
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
»Man kommt an diesem Abend mit<br />
einer Frage in Berührung, die uns<br />
alle beschäftigen sollte: Wie gehen wir<br />
mit der Vielfalt der Menschen<br />
in unserer Gesellschaft um?«<br />
JAN PHILIPP GLOGER<br />
12
Die Komik hat mit sozialen Rollenspielen<br />
zu tun, die sich in dieser<br />
von Narzissmus und von toxischer<br />
Männlichkeit aufgeladenen Welt<br />
ereignen. Lächerlich und gefährlich<br />
kann man gleichzeitig sein.<br />
Das bildet Justina Klimczyk mit<br />
großer Lust in ihren Kostümen ab.<br />
Abgesehen davon ist alles das<br />
Setting für eine berührende und<br />
tragische Liebesgeschichte.<br />
Zwischen Amenaide und Tancredi.<br />
Tancredi ist eigentlich ein Mann,<br />
der aber als Hosenrolle schon bei<br />
der Uraufführung von einer Frau<br />
gesungen wurde. Bei der Konzeption<br />
der Inszenierung haben wir<br />
uns gefragt, wie wir diese Beziehung<br />
brisant und für heute relevant erzählen<br />
können: als queere Liebesgeschichte<br />
zwischen zwei Frauen<br />
in einer von Drogen und Gewalt<br />
geprägten Welt. Deshalb ist<br />
Tancredi bei uns eine Frau, und<br />
wir gehen davon aus, dass sich<br />
Amenaide und Tancredi in dieser<br />
männlichen, katholischen, restriktiven<br />
Welt ineinander verliebt<br />
haben. Tancredi verkleidet sich<br />
als Kämpfer, um in der Männerwelt<br />
überhaupt agieren zu können.<br />
Eigentlich ist sie aber die heimliche<br />
Geliebte einer Gangstertochter.<br />
Diese Erzählweise macht verständlich,<br />
warum Tancredi so verletzlich<br />
und dünnhäutig ist und so<br />
schnell durch einen behaupteten<br />
Brief eine Eifersuchtssituation<br />
entsteht. Eine Frau, die sich ständig<br />
verstecken muss, die ihre Sexualität<br />
nicht ausleben kann, aber voller<br />
Aktivismus ist, die reibt sich auf in<br />
dieser Welt.<br />
Tancredi macht im Lauf der Oper<br />
also eine Entwicklung durch. Und die<br />
anderen Personen?<br />
Keine Figur verlässt die Bühne so,<br />
wie sie gekommen ist. Wenn man<br />
sieht, wie eine dramatische Handlung<br />
Menschen verändern kann,<br />
ist Theater spannend. Für mich<br />
zählt vor allem das, was zwischen<br />
den Figuren passiert.<br />
Und der aktuelle Ansatz ist<br />
klar erkennbar.<br />
Ja, Queerfeindlichkeit ist bei uns<br />
leider noch vorhanden. Deshalb<br />
kommt man an diesem Abend in<br />
Berührung mit einer dringlichen<br />
Frage, die uns beschäftigen sollte:<br />
Wie gehen wir mit der Vielfalt der<br />
Menschen in unserer Gesellschaft<br />
um – und sind wir wirklich so weit<br />
weg von diesen grobschlächtig und<br />
heißblütig agierenden, in ihren eigenen<br />
Machtstrukturen gefangenen<br />
Menschen?<br />
Haben Sie für dieses stimmige Regiekonzept<br />
musikalisch viel verändert?<br />
Wir haben manche Rezitative gekürzt<br />
beziehungsweise gestrichen,<br />
in die musikalischen Nummern<br />
allerdings kaum eingegriffen. Ich<br />
möchte auf keinen Fall das Werk<br />
zurechtbiegen, um eine eigene<br />
Geschichte zu erzählen, sondern ich<br />
möchte versuchen, eine Geschichte<br />
zu finden, die das Werk öffnet und<br />
ihm Dringlichkeit verleiht.<br />
Wie sehen Sie den Bogen zwischen<br />
Rossinis wunderbarer Belcanto-<br />
Musik und dem tragischen Inhalt<br />
der Oper?<br />
Ich liebe das Spannungsverhältnis<br />
zwischen Leichtigkeit und Tragik,<br />
deshalb bin ich ein großer Fan<br />
von Wolfgang Amadeus Mozart<br />
und Richard Strauss. Das ungebrochen<br />
Tragische ist mir meistens<br />
etwas suspekt. In dieser Tancredi-<br />
Inszenierung darf man, wie gesagt,<br />
schmunzeln. Die Menschen und<br />
ihre Welt, die wir abbilden, haben<br />
etwas Selbstdarstellerisches und<br />
Blumig-Theatrales, was in der Musik<br />
seine Entsprechung findet und<br />
sich gleichzeitig mit der Härte der<br />
Handlung reibt. Es geht mir darum,<br />
Tragik und Komik kollidieren zu lassen.<br />
Es ist immer spannend, wenn<br />
man nicht weiß, ob man lachen oder<br />
weinen soll und einem im besten<br />
Fall manchmal das Lachen im Hals<br />
stecken bleibt.<br />
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
TANCREDI<br />
Gioachino Rossini<br />
Musikalische Leitung<br />
Yi-Chen Lin<br />
Insze nie rung Jan Philipp Gloger<br />
Bühne Ben Baur<br />
Kostüme Justina Klimczyk<br />
Stunt-Factory<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Wiener Symphoniker<br />
PREMIERE<br />
18. Juli <strong>2024</strong> – 19.30 Uhr<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
21. Juli – 11.00 Uhr<br />
29. Juli – 19.30 Uhr<br />
Festspielhaus | Großer Saal<br />
TANCREDI<br />
13
ORCHESTERKONZERTE<br />
SEINE OPER DAS JAGDGEWEHR WURDE 2018 BEI DEN BREGENZER<br />
FESTSPIELEN IN DER REGIE VON KARL MARKOVICS URAUFGEFÜHRT,<br />
NUN IST ERNEUT EIN WERK DES TIROLER KOMPONISTEN<br />
THOMAS LARCHER IN BREGENZ ZU ERLEBEN: LOVE AND THE FEVER,<br />
EINE VERTONUNG VON GEDICHTEN DES JAPANERS MIJAZAWA<br />
KENJI – UND EINE MEDITATION ÜBER DAS DASEIN UND DEN TOD.<br />
14
GEDICHTE FÜR DIE<br />
»WUNDERORGEL«<br />
Herr Larcher, Ihr neues Werk<br />
für Chor und Orchester<br />
Love and the Fever wurde<br />
am 10. März <strong>2024</strong> im Gewandhaus<br />
Leipzig uraufgeführt. Im August ist<br />
es als Österreich-Premiere bei den<br />
Bregenzer Festspielen zu erleben,<br />
am Pult steht der Chefdirigent der<br />
Wiener Symphoniker, Petr Popelka.<br />
Was erwartet das Publikum, was ist<br />
Love and the Fever für ein Werk?<br />
Thomas Larcher: Ich vertone Gedichte<br />
des Japaners Mijazawa Kenji.<br />
Aufgrund des inhaltlichen Bogens<br />
vom ersten bis zum achten und<br />
letzten Gedicht könnte man wahrscheinlich<br />
von einer Art Requiem<br />
sprechen – im Sinne einer Meditation<br />
über das Dasein und den Tod.<br />
Das bestimmende Thema ist die<br />
Krankheit des Dichters und seiner<br />
Schwester. In »The Morning of Last<br />
Farewell« wendet sich der Dichter<br />
ganz direkt an seine Schwester, die<br />
mit Tuberkulose im Sterben liegt.<br />
Er saust aus ihrem stickigen Zimmer<br />
nach draußen und holt ihr zur<br />
Kühlung Schnee von den Bäumen.<br />
Kenji selbst ist 1933, mit nur 37<br />
Jahren, an der gleichen Krankheit<br />
gestorben. »My Heart Now« bezieht<br />
sich auf sein eigenes Schicksal, in<br />
»Love and the Fever « erscheinen<br />
die Krankheiten von Bruder und<br />
Schwester ineinander gespiegelt.<br />
Die Gedichte entstammen einem<br />
Band mit Übertragungen ins Englische<br />
von Roger Pulvers. Wie haben<br />
Sie Ihre Auswahl getroffen?<br />
Kenji trug immer Notizbücher bei<br />
sich, und während er seine recht bekannten<br />
Kurzgeschichten, die eine<br />
stärker pädagogische Note haben,<br />
offenbar mehr für die Öffentlichkeit<br />
bestimmte, ist seine Lyrik radikal<br />
persönlich. Neben den Krankheitsund<br />
Todesgedichten stehen starke,<br />
leuchtende Naturgedichte. Oft ist<br />
die Natur darin wild und rau. Meine<br />
Auswahl hat sich so ergeben, dass<br />
die ersten fünf Gedichte kürzer<br />
sind, quasi stroboskopartig aufblitzen,<br />
während Nr. 6 und 7 mit ihren<br />
Textmengen große Bögen spannen.<br />
Welche spezifischen Herausforderungen<br />
stellt dieses Projekt an einen<br />
Komponisten, der gerne mit extremen<br />
Ausdruckskontrasten arbeitet?<br />
Die Texte sind sehr lyrisch und<br />
sprechen stark aus einer Innenschau<br />
heraus, das wirkt sich auf<br />
die expressive Gestaltung aus.<br />
Andererseits konnte ich bei der<br />
Komposition von einem stark<br />
besetzten Chor ausgehen, der sich<br />
gut mit dem Orchester kombinieren<br />
lässt. Mir gefiel der Gedanke,<br />
WIENER SYMPHONIKER<br />
15
ORCHESTERKONZERTE<br />
Zusammen mit Werken von Carl Maria von Weber und Robert Schumann bringen<br />
die Wiener Symphoniker Thomas Larchers Love and the Fever ins Festspielhaus.<br />
So entsteht ein ganz anderer Beleuchtungskontext<br />
als bei einer<br />
einzelnen Stimme. Bei der Entstehung<br />
dieses Werks sind viele<br />
Aspekte zusammengekommen,<br />
die alle ihren Einfluss darauf<br />
genommen haben. Zum einen ging<br />
es darum, eine Chorpartitur zu<br />
schreiben, die nicht nur für einen<br />
Profichor umsetzbar ist, sondern<br />
so mit der tonalen Tradition verbunden<br />
ist, dass auch ein sehr guter<br />
Laienchor sie realisieren kann.<br />
Gleichzeitig wünschte sich der<br />
MDR ein großes Stück von entsprechendem<br />
Umfang.<br />
Während Sie die technischen Ansprüche<br />
an den Chor also bewusst<br />
begrenzt haben, verfügt das Orchester<br />
über alle auch sonst in Ihren<br />
symphonischen Werken vorkommenden<br />
Mittel?<br />
dass alles aus dem Chor kommt und<br />
nicht noch eine dritte Ebene von<br />
Solist:innen dagegengestellt wird.<br />
Den Chor als Klangkörper empfinde<br />
ich grundsätzlich als so ausdrucksreich<br />
und charakteristisch, dass er<br />
keine pathetisch-heroische Überhöhung<br />
braucht.<br />
Wie sind Sie überhaupt auf Mijazawa<br />
Kenji gekommen, diesen Dichter,<br />
der in Japan eine Art Kultfigur ist,<br />
hierzulande aber eigentlich kaum<br />
rezipiert wird?<br />
Es gibt tatsächlich ein paar deutschsprachige<br />
Autoren, die sich auf<br />
Kenjis berühmtestes Gedicht<br />
»Strong in the Rain« bezogen<br />
haben, daher wusste ich davon.<br />
Ich selbst hatte insbesondere<br />
mit diesem Gedicht stets meine<br />
Probleme, weil es einen so starken<br />
moralischen Imperativ formuliert<br />
und unbedingte Genügsamkeit<br />
und Anspruchslosigkeit fordert.<br />
Ich fand das doch sehr streng und<br />
rigide. Auf der anderen Seite hat<br />
Kenji aber auch etwas Zwingendes<br />
in seiner wirklich allumfassenden<br />
Akzeptanz der Natur. Er ist sogar<br />
von ihrer Brutalität fasziniert.<br />
Und er ist ganz rücksichtslos auch<br />
sich selbst gegenüber. Viele seiner<br />
Gedichte aus den 1920er-Jahren<br />
stehen im Zusammenhang mit seiner<br />
Tätigkeit als Landwirtschaftsingenieur.<br />
Auf den japanischen<br />
Nordinseln wollte Kenji mit neuen<br />
Technologien gegen die häufigen<br />
Hungersnöte ankämpfen, was durch<br />
Stürme und harte Winter jedoch<br />
oft vereitelt wurde. Er spielte Cello<br />
und war überhaupt ein Bewunderer<br />
westlicher Kultur und Technik.<br />
Gleichzeitig aber war er ein recht<br />
fanatischer Anhänger der strengen<br />
Nichiren-Schule des Buddhismus.<br />
Ich denke, er muss ein kompletter<br />
Außenseiter gewesen sein.<br />
Chor und Orchester: Haben Sie bei<br />
dieser Besetzung eher oratorische<br />
oder symphonische Assoziationen?<br />
Oder ist Love and the Fever am Ende<br />
vielleicht ein Liederzyklus?<br />
Genau wie ein Orchester die tausendfache<br />
Auffächerung von etwas<br />
Mikroskopischem darstellen kann,<br />
so kann auch der Chor ein lyrisches<br />
Ich ausdifferenzieren und derart<br />
vergrößern, dass ein:e Zuhörer:in<br />
es deutlicher vor sich sieht.<br />
16<br />
Ja. Bei der Verwendung von Stimme<br />
ist mir wichtig, dass die Ausführenden<br />
die Fakturen durchhören können<br />
und sich beim Singen wohlfühlen.<br />
Ich möchte Freiräume anbieten,<br />
in denen sie ihre eigene Musikalität<br />
einbringen können und nicht bis zur<br />
letzten Probe mit der rhythmischen<br />
Genauigkeit und der technischen<br />
Umsetzung der Partitur beschäftigt<br />
sind. Auch mit Blick aufs Orchester<br />
bin ich zunehmend auf der Suche<br />
nach einer Notation , die den Musiker:innen<br />
echte Gestaltungsmöglichkeiten<br />
eröffnet.<br />
Vielleicht mögen Sie ein Wort sagen<br />
zur speziellen Form der Tonmalerei<br />
in Ihren Vertonungen? Alle vermeintlich<br />
physikalischen Vorgänge, sei<br />
es Tau, der von einem Baum tropft,<br />
das Singen der Vögel oder das Brausen<br />
eines Blizzards sind doch immer<br />
auch innere Geschehnisse ...<br />
Als Komponist stand ich eigentlich<br />
immer ein bisschen im Bann der<br />
Forderung Arnold Schönbergs,<br />
quasi »gegen« den Text zu komponieren.<br />
Demnach solle die Musik den<br />
Text also gerade nicht illustrieren,<br />
sondern eine Übereinstimmung
auf einer mehr geistigen Ebene<br />
anstreben. Deshalb war es mir stets<br />
wichtig, dass es eine Vielzahl von<br />
Textbehandlungen gibt – abseits<br />
einer Tonmalerei. Aber natürlich<br />
gibt es auch in Love and the Fever<br />
direkte Entsprechungen zwischen<br />
Wort und Musik. Für die Vertonung<br />
von »Strong in the Rain« mit seiner<br />
stark spirituellen Dimension war<br />
das allerdings keine Option mehr.<br />
Ich konnte hier auf Material aus<br />
meinem früheren Doppelkonzert<br />
zurückgreifen, das ich 2023 für<br />
den ersten Satz meines fünften<br />
Streichquartetts weiter ausgearbeitet<br />
hatte. Ich habe dabei eine<br />
Art Parodieverfahren im Stile<br />
Bachs verwendet: Die Musik aus<br />
dem Quartett passte nicht nur<br />
frappierend exakt auf den Text des<br />
berühmten Kenji-Gedichts,<br />
sie transportiert auch wirklich<br />
das, was ich hier brauchte.<br />
Das Besondere an Ihrer Musik ist<br />
vielleicht auch, dass Sie wirklich<br />
existenzielle Nöte thematisieren,<br />
dass Sie dies aber nicht mit betont<br />
rauem, geräuschartigem Material<br />
tun, sondern expressiv aufgeladene,<br />
eher kommunikative Mittel wählen.<br />
Ja, früher habe ich tatsächlich<br />
sehr stark auf Kontraste gesetzt.<br />
Hier laut, hart dissonant, dort leise,<br />
weich, a-Moll. Inzwischen interessieren<br />
mich die Übergänge zwischen<br />
den Polen immer mehr – die Art, wie<br />
sich Energien steigern oder auch<br />
wieder abbauen lassen. In dieser<br />
Hinsicht ist das Orchester ja wirklich<br />
eine Wunderorgel!<br />
WIENER SYMPHONIKER<br />
Dirigent Petr Popelka<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Carl Maria von Weber Ouvertüre<br />
zur Oper Euryanthe<br />
Robert Schumann Symphonie Nr. 3<br />
(»Rheinische«) Es-Dur, op. 97<br />
Thomas Larcher Love and the Fever<br />
für Chor und Orchester nach acht<br />
Gedichten von Miyazawa Kenji<br />
5. August – 19.30 Uhr<br />
Auftragswerk des Mitteldeutschen<br />
Rundfunks, der Bregenzer Festspiele,<br />
der Filharmonie Brno und der NTR<br />
ZaterdagMatinee<br />
Die Orchesterkonzerte werden<br />
präsentiert von<br />
WIENER SYMPHONIKER | PARTNER<br />
Ö1 – DER FESTSPIELSENDER<br />
Von Oper bis Jazz, vom<br />
großen Orchesterkonzert<br />
bis zum Liederabend,<br />
von World Music bis Kammermusik,<br />
von Uraufführung bis historische<br />
Aufführungspraxis. Mehr als<br />
160 Übertragungen von über<br />
30 österreichischen Festivals<br />
stehen heuer auf dem Programm<br />
von Ö1, darunter Konzertmitschnitte<br />
und zwei Opernübertragungen<br />
von den Bregenzer Festspielen.<br />
Am 18. Juli um 19.30 Uhr bringt Ö1<br />
Gioachino Rossinis Tancredi live<br />
aus dem Festspielhaus Bregenz,<br />
mit den Wiener Symphonikern,<br />
Dirigentin Yi-Chen Lin und dem<br />
Prager Philharmonischen Chor.<br />
Ondřej Adámeks Oper Unmögliche<br />
Verbindung, ein Auftragswerk<br />
der Bregenzer Festspiele und des<br />
Ensemble Modern, können Sie am<br />
27. Juli um 20.00 Uhr in Ö1 hören.<br />
Eine Übersicht aller Übertragungen<br />
finden Sie unter oe1.ORF.at.<br />
EXKLUSIVER KULTURGENUSS<br />
FÜR Ö1 CLUB-MITGLIEDER!<br />
Ö1 Club-Mitglieder können mehr<br />
als 250 Festivals in ganz Österreich<br />
ermäßigt erleben, auch alle Veranstaltungen<br />
der Bregenzer Festspiele<br />
(10 Prozent, beim Spiel auf dem<br />
See Der Freischütz von Sonntag bis<br />
Freitag in den Kategorien 3 bis 7).<br />
Die Ermäßigung gilt immer für<br />
zwei Personen. Außerdem haben<br />
Ö1 Club-Mitglieder die Chance<br />
auf hochkarätige Karten und unvergessliche<br />
Kulturmomente bei<br />
speziell für den Ö1 Club zusammengestellten<br />
Veranstaltungen.<br />
Alle Informationen dazu finden<br />
Sie online im Ö1 Kalender unter<br />
oe1.ORF.at/kalender.<br />
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unter oe1.ORF.at/club, telefonisch unter<br />
+43 1 501 70-370 oder per E-Mail an<br />
oe1.club@orf.at.<br />
17
DER FESTSPIELSOMMER<br />
IM ÜBERBLICK<br />
SPIEL AUF DEM SEE<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
SPIELPLAN <strong>2024</strong><br />
DER FREISCHÜTZ<br />
Carl Maria von Weber<br />
Musikalische Leitung Enrique Mazzola, Erina Yashima<br />
Inszenierung | Bühne Philipp Stölzl<br />
17., 19., 20., 21., 23., 24., 25., 26., 27., 28.,<br />
30., 31. Juli – 21.15 Uhr<br />
1., 2., 3., 4., 6., 7., 8., 9., 10., 11., 13., 14., 15.,<br />
16., 17., 18. August – 21.00 Uhr<br />
OPER IM FESTSPIELHAUS<br />
TANCREDI<br />
Gioachino Rossini<br />
Musikalische Leitung Yi-Chen Lin<br />
Inszenierung Jan Philipp Gloger<br />
18., 29. Juli – 19.30 Uhr<br />
21. Juli – 11.00 Uhr<br />
THEATER AM KORNMARKT<br />
FRANUI ZU GAST<br />
HOTEL SAVOY<br />
Musicbanda Franui<br />
Musikalische Leitung Andreas Schett<br />
Inszenierung Corinna von Rad<br />
21., 23., 24. Juli – 19.30 Uhr<br />
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
DER EHEVERTRAG<br />
Gioachino Rossini<br />
GIANNI SCHICCHI<br />
Giacomo Puccini<br />
Musikalische Leitung Leo McFall<br />
Inszenierung Brigitte Fassbaender<br />
12., 14., 16., 17. August – 19.30 Uhr<br />
UNMÖGLICHE VERBINDUNG<br />
Ondřej Adámek | Thomas Fiedler<br />
Musikalische Leitung Ondřej Adámek<br />
Inszenierung Thomas Fiedler<br />
27., 28. Juli – 20.00 Uhr<br />
HOLD YOUR BREATH<br />
Éna Brennan | Hugo Canoilas | David Pountney<br />
Musik Éna Brennan<br />
Inszenierung David Pountney<br />
Raum | Kostüme Hugo Canoilas<br />
15., 17. August – 20.00 Uhr<br />
SCHAUSPIEL<br />
THEATER KOSMOS<br />
MONDMILCH TRINKEN<br />
Josef Maria Krasanovsky<br />
Inszenierung | Bühne Josef Maria Krasanovsky<br />
1., 3., 4. August – 20.00 Uhr<br />
KONZERTE<br />
WIENER SYMPHONIKER 1<br />
Dirigentin Giedrė Šlekytė<br />
Violoncello Kian Soltani<br />
Robert Schumann Konzert für Violoncello und<br />
Orchester a-Moll, op. 129<br />
Gustav Mahler Symphonie Nr. 1 (»Titan«) D-Dur<br />
22. Juli – 19.30 Uhr<br />
WIENER SYMPHONIKER 2<br />
Dirigent Enrique Mazzola<br />
Klarinette Sabine Meyer<br />
Emilie Mayer Faust-Ouvertüre, op. 46<br />
Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette<br />
und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73<br />
Modest Mussorgski Eine Nacht auf dem kahlen<br />
Berge. Symphonische Dichtung für Orchester<br />
Igor Strawinski Der Feuervogel. Ballettsuite für<br />
Orchester (1945)<br />
28. Juli – 11.00 Uhr
Das ausführliche Programm der Bregenzer<br />
Festspiele <strong>2024</strong> finden Sie auf unserer<br />
Website www.bregenzerfestspiele.com.<br />
WIENER SYMPHONIKER 3<br />
Dirigent Petr Popelka<br />
Prager Philharmonischer Chor<br />
Carl Maria von Weber Ouvertüre zur Oper Euryanthe<br />
Robert Schumann Symphonie Nr. 3 (»Rheinische«)<br />
Es-Dur, op. 97<br />
Thomas Larcher Love and the Fever für Chor und<br />
Orchester nach acht Gedichten von Miyazawa Kenji<br />
5. August – 19.30 Uhr<br />
WIENER SYMPHONIKER – GANZ PERSÖNLICH<br />
Ohne Frack und ohne Taktstock präsentieren<br />
Mitglieder der Wiener Symphoniker in wechselnden<br />
Kammermusik-Besetzungen ihre Lieblingskompositionen.<br />
Ganz nah, ganz anders, ganz persönlich.<br />
GANZ PERSÖNLICH 1<br />
VIENNA SYMPHONY JAZZ PROJECT<br />
27. Juli – 19.30 Uhr<br />
KONZERT IM KUB<br />
THE PRESENT<br />
Sopran Hanna Herfurtner, Olivia Stahn<br />
Alt Bernadette Beckermann<br />
Tenor Tim Karweick<br />
Bass Felix Schwandtke<br />
6. August – 21.00 Uhr<br />
GANZ PERSÖNLICH 2<br />
MITGLIEDER DER WIENER SYMPHONIKER<br />
3. August – 19.30 Uhr<br />
GANZ PERSÖNLICH 3<br />
HABE QUARTETT<br />
10. August – 19.30 Uhr<br />
SPIELPLAN <strong>2024</strong><br />
ORCHESTERAKADEMIE<br />
der Bregenzer Festspiele und der Wiener<br />
Symphoniker in Zusammenarbeit mit der<br />
Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik<br />
Dirigent Daniel Cohen<br />
Sopran Marlis Petersen<br />
Arnold Schönberg Kammersymphonie Nr. 1 für<br />
großes Orchester, op. 9b<br />
Richard Strauss Ausgewählte Orchesterlieder<br />
Richard Strauss »Die Zeit, die ist ein sonderbar<br />
Ding.« Arie der Feldmarschallin Fürstin Werdenberg<br />
aus dem ersten Akt der Komödie mit Musik<br />
Der Rosenkavalier<br />
Béla Bartók Konzert für Orchester, Sz 116<br />
11. August – 11.00 Uhr<br />
SYMPHONIE ORCHESTER VORARLBERG<br />
Dirigent Leo McFall<br />
Violine Franziska Hölscher<br />
Antonín Dvořák Carneval. Ouvertüre für großes<br />
Orchester, op. 92<br />
Ondřej Adámek Follow me. Konzert für Violine<br />
und Orchester<br />
Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 6 (Pastorale)<br />
F-Dur, op. 68<br />
18. August – 11.00 Uhr<br />
MUSIK & POESIE<br />
MUSIK & POESIE 1<br />
LANDKARTE EINES VERBRECHENS<br />
Erzähler Michael Köhlmeier<br />
Mezzosopran Corinna Scheurle<br />
Bariton Maximilian Krummen<br />
Marcus Nigsch Landkarte eines Verbrechens<br />
Liederzyklus auf Gedichten von Michael Köhlmeier<br />
für Mezzosopran, Bariton, Erzähler:in, Klarinette,<br />
Streichtrio und Kontrabass – Uraufführung<br />
28. Juli – 19.30 Uhr<br />
MUSIK & POESIE 2<br />
DER FREISCHÜTZ. EINE VOLKSSAGE<br />
Lesung Sarah Viktoria Frick<br />
Klavier Sergey Tanin<br />
4. August – 19.30 Uhr<br />
MUSIK & POESIE 3<br />
»ICH PFEIF' AUF DIE SOBOTKA«<br />
Kunstpfeifen Nikolaus Habjan<br />
Klavier Ines Schüttengruber<br />
11. August – 19.30 Uhr
THEATER KOSMOS<br />
»REALISTISCHE<br />
SITUATIONEN<br />
LANGWEILEN MICH«<br />
»Deal or no deal?« So lautete das Thema des Wettbewerbs der<br />
Österreichischen Theaterallianz, angelehnt an den Pakt mit dem Teufel in<br />
Carl Maria von Webers Oper Der Freischütz. In seinem Siegerstück<br />
Mondmilch trinken katapultiert Autor und Regisseur Josef Maria Krasanovsky<br />
das 200 Jahre alte Werk in die Gegenwart: Im Gespräch verrät der gebürtige<br />
Salzburger, warum wir uns alle einen Schluck Mondmilch gönnen sollten –<br />
und was Knut Hamsun und ein flugunfähiger Papagei damit zu tun haben.<br />
20
MONDMILCH TRINKEN
THEATER KOSMOS<br />
Die Bregenzer Festspiele stehen<br />
dieses Jahr ganz im Zeichen<br />
von Webers Der Freischütz,<br />
und auch Ihr neues Theaterstück<br />
Mondmilch trinken ist angelehnt<br />
an die Geschichte der magischen<br />
Gewehrkugeln, die nie ihr Ziel verfehlen.<br />
Bei Ihnen treiben die Kugeln<br />
allerdings Gymnastik, essen Eis und<br />
wären manchmal lieber ein Dreieck.<br />
Herr Krasanovsky, wie viel Freischütz<br />
steckt in Ihrem Werk?<br />
Josef Maria Krasanovsky: Das Stück<br />
assoziiert sich sehr frei durch den<br />
Bilder- und Themenkosmos des<br />
Freischütz und schreibt ihn in die<br />
Gegenwart hinein. Der erste Teil<br />
bedient sich am Figurenrepertoire<br />
der Oper und verhandelt ihre<br />
thematische Ausgangsposition:<br />
Wer bin ich und wer möchte ich sein?<br />
»Ich wollte die ganze<br />
Welt auf der Bühne aufmarschieren<br />
lassen.«<br />
JOSEF MARIA KRASANOVSKY<br />
einzelner Max durch die Schlucht,<br />
sondern eine Schar an Figuren,<br />
die angetrieben durch ihre Sehnsucht<br />
versuchen, die Welt und ihre<br />
Lebensrealität zu manipulieren.<br />
Und ihre Waffe heißt nicht Freikugel,<br />
sondern Veränderung. Am Ende<br />
wendet sich das Stück dem Motiv<br />
der Freischütz-Hochzeit zu und<br />
katapultiert sie in die Zukunft.<br />
Und dort in der Zukunft, da spielt<br />
sich etwas sehr Intimes ab – etwas,<br />
das immer da sein wird, solange<br />
wir auch da sein werden.<br />
Was hat Sie am Freischütz als Inspirationsquelle<br />
gereizt?<br />
Was mir den Freischütz hoch sympathisch<br />
macht, ist diese enorme<br />
Sehnsucht des Protagonisten, das<br />
Faktische zu überwinden und in<br />
die eigene Wunschrealität zu überführen.<br />
Und seine Sehnsucht ist so<br />
unendlich, dass er sich dafür auf<br />
Dinge einlässt, die ihm komplett<br />
fremd sind und die ihm entgleiten,<br />
und so wird er schleichend zu einem<br />
anderen Menschen.Wenn man<br />
ehrlich mit sich selbst ist, fühlt man<br />
sich da doch sofort zugehörig, weil<br />
wir diesen Kampf ja ständig ausfechten,<br />
im Alltäglichen und weniger<br />
Alltäglichen.Insofern ist dieses<br />
Stück für mich auch ein großer<br />
Abend über Sehnsucht – und wie<br />
weit man dafür zu gehen bereit ist.<br />
»Milch des Mondes fiel aufs Kraut«,<br />
heißt es in Friedrich Kinds Libretto.<br />
Sie lassen der Mondmilch eine besondere<br />
Bedeutung zukommen: Was hat<br />
es mit diesem Getränk auf sich?<br />
So wie Max im Freischütz stemmt<br />
sich die Figur des Polygon gegen<br />
die gesellschaftliche Norm und will<br />
seine Wirklichkeit gegen die Widerstände<br />
aller verändern.<br />
Der zweite Teil bringt eine Wolfsschlucht<br />
auf die Bühne – doch statt<br />
Hexen, Teufeln und Eulen schickt<br />
Mondmilch trinken die Gegenwart in<br />
den Ring. Da kämpft sich nicht ein<br />
22<br />
Bei all den Nachrichten, Meinungen<br />
und Propagandasätzen, die täglich<br />
ungefragt auf uns einströmen und<br />
zu denen wir uns permanent verhalten<br />
sollen – da hätte ich manchmal<br />
gern ein Mittel, das mich beruhigt<br />
und mir den Stress nimmt, mich allem<br />
gegenüber korrekt zu verhalten.<br />
Und dieses Mittel ist im Stück das<br />
Getränk der Mondmilch. Man könnte<br />
sagen: Sie ist eine positive Droge<br />
gegen Überforderung.
Ihre Besetzungsliste ist lang, sie<br />
reicht von neuseeländischen Kakapos<br />
und bengalischen Katzen über das<br />
Ehepaar Ilse und Werner bis zu<br />
Knut Hamsun. Wie kam es zu dieser<br />
Gemengelage?<br />
Realistische Situationen und<br />
psychologische Figuren langweilen<br />
mich als Autor sehr. Insofern habe<br />
ich versucht, Figuren zu finden,<br />
die Lust auf das Thema machen,<br />
das sie auf der Bühne verhandeln.<br />
Mondmilch trinken arbeitet sich<br />
ja durch eine Vielzahl an Inhalten,<br />
die uns gegenwärtig beschäftigen:<br />
Verteilungsfragen, individuelle<br />
Lebensführung, Artensterben,<br />
Gendergap, Klima – diese Vielfalt an<br />
Themen spiegelt sich in der großen<br />
Besetzungsliste wider. Ich wollte die<br />
ganze Welt auf der Bühne aufmarschieren<br />
lassen: die Menschen, die<br />
Tiere, das Klima, den Weltraum ...<br />
Man kann das ja durchaus mal probieren,<br />
so einen Marsch.<br />
Welche Gedanken treiben Ihre<br />
Figuren um, was beschäftigt sie?<br />
So unterschiedlich ein flugunfähiger<br />
Papagei und ein Literaturnobelpreisträger<br />
mit nationalistischer<br />
Vergangenheit auch sind – alle<br />
Figuren haben eines gemeinsam:<br />
Sie stemmen sich mit aller Kraft<br />
gegen ihre Lebensumstände und<br />
wollen der Welt unbedingt ihr persönliches<br />
Stück Glück abringen.<br />
Singende Kakapos und alllerlei andere skurrile Figuren machen sich diesen <strong>Sommer</strong><br />
das Theater KOSMOS zur Bühne für ihr Plädoyer gegen den Weltschmerz.<br />
also sagen: Seine große Weltoffenheit<br />
kostet ihn seine Existenz.<br />
Das hat mich schon sehr berührt,<br />
wenn ich ehrlich bin.<br />
Sie werden Ihr preisgekröntes Stück<br />
selbst inszenieren: Worauf freuen Sie<br />
sich dabei am meisten?<br />
Auf das Schauspiel-Ensemble.<br />
Ich hatte das Glück, ein Team aus<br />
Schauspieler:innen zusammenstellen<br />
zu können, mit denen mich eine<br />
intensive langjährige Zusammenarbeit<br />
verbindet beziehungsweise<br />
mit denen ich schon lange zusammenarbeiten<br />
wollte. Mehr kann man<br />
sich als Regisseur kaum wünschen.<br />
Und natürlich auf den Umstand,<br />
dass die Produktion nach ihrer Uraufführung<br />
in Bregenz durch ganz<br />
Österreich touren wird.<br />
Klar gibt es Bilder, die ich für bestimmte<br />
Momente im Kopf habe –<br />
aber nachdem ich vor allem an die<br />
kollektive Kraft eines Teams glaube,<br />
wird das meiste bei der Arbeit im<br />
Proberaum entstehen.<br />
Was würden Sie jemandem raten,<br />
der befürchtet, Mondmilch trinken<br />
vielleicht nicht zu verstehen?<br />
Ich glaube, dass es in diesem<br />
Sinne nichts zu verstehen gibt.<br />
Es ist ein Abend, der das Publikum<br />
an die Hand nimmt und in eine<br />
absurd-schräge Welt führt – die<br />
der unseren nicht so unähnlich ist.<br />
Und als Regisseur würde ich vielleicht<br />
noch anmerken, dass Humor<br />
ein Trumpf ist, den Mondmilch trinken<br />
immer und immer wieder spielt.<br />
MONDMILCH TRINKEN<br />
Ist Ihnen eine Figur besonders ans<br />
Herz gewachsen?<br />
Vielleicht ein wenig der bereits<br />
angesprochene Kakapo. Bei einer<br />
Population von knapp 250 Papageien<br />
muss man kein Wissenschaftler<br />
sein, um zu wissen, was die Zukunft<br />
für den Vogel bringen wird.<br />
Es ist seine große Neugier, die ihn<br />
in diese Situation gebracht hat,<br />
denn er hat keinerlei Berührungsängste<br />
mit der ihn umgebenden<br />
Welt – und das hat die Welt in Form<br />
von Raubtieren und Jäger:innen<br />
fleißig ausgenutzt. Man könnte<br />
Wo sehen Sie bei der Inszenierung<br />
die größte Herausforderung? Gibt es<br />
eine Stelle, die für Sie noch ein großes<br />
Fragezeichen ist? Oder hatten<br />
Sie beim Schreiben die Inszenierung<br />
bereits genau vor Augen?<br />
Das Stück hat enorm viele Ortsund<br />
Figurenwechsel: Da schiebt<br />
sich die halbe Welt auf die Bühne<br />
und löst sich gleich wieder auf.<br />
Das liegt mir als Regisseur sehr,<br />
diese fast unmögliche Anforderung<br />
an Bühne und Schauspieler:innen.<br />
Diese Unmöglichkeit ist für mich ein<br />
Katapult für die Kraft des Theaters.<br />
THEATER KOSMOS<br />
MONDMILCH TRINKEN<br />
Josef Maria Krasanovsky<br />
Insze nie rung | Bühne | Kostüme<br />
Josef Maria Krasanovsky<br />
PREMIERE<br />
1. August <strong>2024</strong> – 20.00 Uhr<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
3., 4. August – 20.00 Uhr<br />
23
LAUTE EINSAMKEIT<br />
TRIFFT SPRACHLOSE<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
GESELLSCHAFT<br />
Eine Szene aus dem Bühnenbild-Modell: Für Unmögliche Verbindung entwarf der Kostüm- und Bühnenbildner Christian Wiehle<br />
einen wandelbaren Versammlungsort für die Musiker:innen des Ensemble Modern.<br />
24
In ihrem neuen performativen<br />
Musiktheater<br />
Unmögliche Verbindung<br />
blicken der tschechische<br />
Komponist und Dirigent<br />
Ondřej Adámek und der<br />
deutsche Regisseur und<br />
Autor Thomas Fiedler<br />
auf eine Menschheit,<br />
die danach sucht, mit<br />
sich selbst in Kontakt<br />
zu bleiben.<br />
Es waren laute Rufe, die das<br />
Interesse von Ondřej Adámek<br />
weckten und ihn nicht mehr<br />
loslassen sollten: Am Rande der<br />
Parkanlage Planten un Blomen in<br />
Hamburg standen Frauen vor einem<br />
gemauerten Sichtschutz und versuchten<br />
– trotz Verbot –, mit ihren<br />
in der Untersuchungshaftanstalt am<br />
Holstenglacis einsitzenden Männern<br />
zu kommunizieren. Viel Banales und<br />
Alltägliches kam zur Sprache, aber<br />
auch tief empfundene Emotionen.<br />
»Frauen schreien Intimitäten gegen<br />
die Wand« wurde schnell zum geheimen<br />
Motto des neuen performativen<br />
Musiktheaters Unmögliche<br />
Verbindung, einem Auftragswerk<br />
der Bregenzer Festspiele und des<br />
Ensemble Modern, das im <strong>Sommer</strong><br />
<strong>2024</strong> auf der Bregenzer Werkstattbühne<br />
seine Uraufführung feiert<br />
und anschließend in einer Fassung<br />
für den Konzertsaal in der Kölner<br />
Philharmonie zu erleben ist.<br />
In dem Werk erprobt Ondřej<br />
Adámek eine für ihn neue Art des<br />
Komponierens: »In meinen früheren<br />
Musiktheaterwerken habe ich,<br />
anknüpfend an die französische<br />
Bedeutung des théâtre musical,<br />
versucht, nicht nur musikalisch,<br />
sondern auch szenisch zu denken<br />
und diese Überlegungen in der Partitur<br />
niederzuschreiben. Das ist<br />
ein Verständnis von Musiktheater,<br />
das beispielsweise Georges Aperghis,<br />
Heiner Goebbels, Simon<br />
Steen-Andersen, aber auch Karlheinz<br />
Stockhausen verkörpern.<br />
Für die szenische Realisierung habe<br />
ich dann oftmals mit dem Choreographen<br />
Eric Oberdorff oder mit<br />
meinem Bruder, dem Regisseur Jiří<br />
Adámek Austerlitz, zusammengearbeitet.<br />
Was ich jetzt mit Thomas<br />
Fiedler mache, ist etwas völlig anderes:<br />
Die Ebene des Textes und die<br />
theatrale Dimension sind so wichtig<br />
wie die musikalische. Wir denken<br />
von Anfang an alles zusammen.<br />
Es gibt eigentlich kaum ein Element,<br />
das nur seins oder nur meins ist.«<br />
Auch für Thomas Fiedler ist<br />
Unmögliche Verbindung etwas<br />
Neues, erhielt er doch zuerst nur<br />
mehrere Videodateien. Dabei handelt<br />
es sich um Mitschnitte zweier<br />
Tryouts, die im Juli 2021 und kurz<br />
vor Weihnachten 2022 in Frankfurt<br />
stattfanden. Es waren die Musiker:innen<br />
des Ensemble Modern, die<br />
intensive Workshops mit Adámek<br />
vorgeschlagen hatten. »Eigentlich<br />
hatte ich eine andere Vorstellung<br />
von dem Projekt. Es sollte wieder<br />
eine Art inszeniertes Konzert werden.<br />
Doch das Ensemble Modern<br />
wollte eine neue Herangehensweise.<br />
Die Musiker:innen haben starke<br />
Persönlichkeiten und haben mir<br />
in einem Tryout gezeigt, was sie<br />
alles können. Wir haben für mehrere<br />
Tage verschiedene Dinge ausprobiert,<br />
szenisch wie musikalisch.<br />
Das zweite Tryout im Dezember<br />
2022 war dann schon mit ersten<br />
Skizzen. Einen Mitschnitt einzelner<br />
Szenen hat Thomas bekommen,<br />
der im Frühjahr 2023 dazustieß.«<br />
Thomas Fiedler hatte nun die<br />
Aufgabe, die Ergebnisse der<br />
Tryouts zu sichten und auf dieser<br />
Grundlage aufbauend dem zukünftigen<br />
Werk eine Struktur zu geben.<br />
»Ich habe mich erst einmal mit dem<br />
Material vertraut gemacht. Ondřej<br />
schreibt eine sehr körperliche Musik,<br />
die viel mit Atem, aber auch mit<br />
Sprache spielt und dadurch bereits<br />
szenisch und gestisch gedacht ist.<br />
Ende Februar 2023 haben wir uns<br />
dann in Rom kennengelernt, wo<br />
Ondřej für ein Jahr als Stipendiat<br />
der Villa Massimo lebte. Wir sprachen<br />
über das Material, über gemeinsame<br />
Interessensgebiete und<br />
haben uns so einander angenähert.<br />
Ondřej beschäftigt sich seit mehreren<br />
Jahren mit Kommunikation.<br />
Wie entsteht überhaupt eine Verbindung<br />
zwischen Menschen? Wie kann<br />
man mit sich selbst, mit dem Gegenüber<br />
oder mit einem Verstorbenen in<br />
Kontakt treten? Das sind Fragen, die<br />
auch mich umtreiben. Am Ende unseres<br />
Treffens hatten wir also einen<br />
ganzen Themenkomplex.«<br />
DIE SUCHE NACH DER FORM<br />
An diesen Schnittstellen, an<br />
denen Kommunikation scheitert,<br />
erschwert oder verhindert wird,<br />
möchte Unmögliche Verbindung<br />
ansetzen. Doch welche Form soll<br />
das Musiktheater haben? »Ich habe<br />
UNMÖGLICHE VERBINDUNG<br />
25
Bregenz einstudiert wird, spricht in<br />
seinen gleichnishaften Einzelszenen<br />
jede:n Zuschauer:in persönlich an.<br />
Zu Beginn des Musiktheaters sieht<br />
man ein Individuum, das versucht,<br />
mit der Seele eines Verstorbenen in<br />
Kontakt zu treten. Bald kommt ein<br />
zweites Individuum hinzu, später<br />
versuchen Gruppen und ganze<br />
Nationen, miteinander ins Gespräch<br />
zu kommen.<br />
DIE FRAGE NACH DEM<br />
MITEINANDER<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
»<br />
Trotz Smartphones<br />
und<br />
aller Technik<br />
ist der Mensch<br />
am Ende dann<br />
doch allein<br />
mit sich.<br />
«<br />
nach unserem Treffen immer wieder<br />
mit Ondřej gesprochen, schließlich<br />
ein Storyboard erstellt und mit den<br />
Ergebnissen der Tryouts kombiniert.<br />
Uns war schnell klar, dass wir<br />
diese Fülle an Themen nicht anhand<br />
einer durchgehenden Geschichte<br />
mit konkreten Figuren erzählen<br />
können und wollen. Wir arbeiten<br />
stattdessen mit Kapitelüberschriften<br />
und beschreiben – sich in ihrer<br />
Komplexität steigernd – unterschiedliche<br />
Aspekte von Kommunikation.<br />
Diese Struktur hat wiederum<br />
Ondřej geholfen, die Partitur zu<br />
schreiben. Das war ein sehr spannender<br />
und ungewohnter Prozess<br />
für mich. Nun haben wir ein Werk<br />
vor uns, das einen großen erzählerischen,<br />
metaphorischen Bogen<br />
spannt und doch in viele einzelne<br />
Kapitel eingeteilt ist. Oder anders<br />
formuliert: Verschiedene Einzelstücke<br />
– mal sich steigernd, mal krass<br />
gebrochen – sind wie ein Puzzle<br />
in eine dramaturgisch schlüssige<br />
Großform eingebettet.«<br />
Das Werk, dem Ende Mai bei<br />
einem dritten und letzten Tryout<br />
in Frankfurt der letzte Schliff gegeben<br />
wurde, bevor es im Vorfeld<br />
der Uraufführung in Frankfurt und<br />
Der Titel Unmögliche Verbindung<br />
deutet schon an, dass das Duo mit<br />
Sorge auf unsere Gegenwart blickt.<br />
»Unser Musiktheater ist aktuell«,<br />
betont Fiedler, »doch wir wollen<br />
keine Tagespolitik betreiben.<br />
Vielmehr steht die Frage im Raum,<br />
wie eine so individualistische und<br />
säkulare Gesellschaft wie die unsere<br />
mit bestimmten Fragen umgeht<br />
wie: Wer bin ich? Wie stelle ich eine<br />
Verbindung zu mir selbst, zu meinen<br />
Wünschen, zu meinen Träumen<br />
her? Wie gehe ich mit existenziellen<br />
Erfahrungen wie dem Tod einer<br />
nahen Person um? Wie verhalte ich<br />
mich in Diskussionen mit verhärteten<br />
Fronten? Und wie können die<br />
großen Aufgaben der Menschheit<br />
in diesem Umfeld gelöst werden?<br />
Das sind Fragen, die dort, wo es<br />
keine starken religiösen oder traditionellen<br />
Strukturen im Weltbild<br />
mehr gibt, schwierig zu beantworten<br />
sind – als Individuum ebenso<br />
wie als Gesellschaft. Es ist mehr<br />
ein Suchen. Vielleicht sollten wir<br />
hinter den Titel noch ein Fragezeichen<br />
setzen. Musiktheater ist<br />
immer ein utopischer Raum, in dem<br />
man im besten Fall für den Moment<br />
etwas an Emotionalität oder auch<br />
Erfahrung spürbar machen kann.<br />
Was das Publikum für sich selbst<br />
daraus mitnimmt und wie es das<br />
überträgt, vielleicht auf eine eigene<br />
Realität, das bleibt jedem selbst<br />
überlassen. Wir bieten Impulse<br />
für Assoziationen, Erfahrungen<br />
und Gefühle.«<br />
Adámek ergänzt: »Unser Stück<br />
handelt von der Zerbrechlichkeit<br />
26
und Vergänglichkeit des Menschen,<br />
aber auch von Gewalt, die in einer<br />
Gruppe entstehen kann. Wir sehen<br />
beides nebeneinander, ohne moralisierenden<br />
Kommentar. Wir zeigen<br />
alle Dimensionen von Kommunikation<br />
– aber am Ende, und das finde<br />
ich das Spannendste, ist der Mensch<br />
dann doch allein mit sich, trotz<br />
Smartphone und aller technischen<br />
Entwicklungen.«<br />
Die Einteilung in Kapitel, die auch<br />
zu Beginn einer jeden Szene angesagt<br />
werden, erlaubt es Thomas<br />
Fiedler und Ondřej Adámek, die<br />
unterschiedlichsten Texte zu<br />
benutzen: Reflexionen von René<br />
Descartes und Leonardo da Vinci,<br />
Verordnungen, Debatten, aber auch<br />
ein Gedicht des zeitgenössischen<br />
deutschen Schriftstellers Arne<br />
Rautenberg und eigene Texte der<br />
beiden. In seinem diskursiven Charakter<br />
schlägt das Musiktheater<br />
bezeichnenderweise auch eine<br />
Brücke in die frühe Gattungsgeschichte<br />
der Oper, beispielsweise<br />
zu Emilio de’ Cavalieris Rappresentatione<br />
di Anima, et di Corpo, die<br />
erste vollständig erhaltene Oper<br />
aus dem Jahr 1600.<br />
RAUS AUS DER KOMFORTZONE<br />
Damals waren die Musiker noch<br />
nicht in einem Orchestergraben,<br />
sondern für das Publikum sichtbar<br />
platziert. Unmögliche Verbindung<br />
geht sogar noch einen Schritt<br />
weiter, denn die Musiker:innen<br />
des Ensemble Modern musizieren<br />
auf der Bühne nicht nur auf ihren<br />
jeweiligen Hauptinstrumenten,<br />
sondern auch auf ungewöhnlichen<br />
Nebeninstrumenten. Zudem singen,<br />
sprechen und spielen sie szenisch<br />
auf der Bühne. Das neue Werk<br />
darf als ein künstlerisches Porträt<br />
des Ensembles gelten. »Ich kenne<br />
das Ensemble Modern ganz gut«,<br />
lächelt Adámek verschmitzt, »und<br />
ich habe in den Tryouts beobachten<br />
können, wann die Musiker:innen besonders<br />
interessant sind. Ich hoffe,<br />
ich habe alle individuellen Fähigkeiten<br />
in meiner Partitur entsprechend<br />
berücksichtigt. Es ist aber<br />
auch klar, dass ich von ihnen auch<br />
zum Teil etwas anderes möchte als<br />
sie selbst. Manchmal muss man sie<br />
aus ihrer Komfortzone locken, um<br />
etwas zu erleben, was man noch nie<br />
erlebt hat. Auch deshalb waren die<br />
Tryouts sehr wertvoll.«<br />
Insgesamt stehen 13 Musiker:innen<br />
des Ensemble Modern auf der<br />
Bühne, hinzu kommen die Sopranistin<br />
Tara Khozein, die Schauspielerin<br />
Hanni Lorenz und ein<br />
kleines Vokalensemble, bestehend<br />
aus Mitgliedern des Bregenzer<br />
Festspielchores. Es ist eine Herausforderung<br />
für Thomas Fiedler und<br />
seinen Kostüm- und Bühnenbildner<br />
Christian Wiehle, mit so vielen<br />
Menschen zusammenzuarbeiten,<br />
die ganz unterschiedliche szenische<br />
Erfahrungen mitbringen: »Es gibt<br />
in dem Stück sehr große Teile, die<br />
man erstmal organisieren muss, um<br />
dadurch einen Raum zu schaffen, in<br />
dem sich die Musiker:innen entfalten<br />
können. Auch das ist eine Form<br />
von szenischer Arbeit. Dazwischen<br />
gibt es aber auch Bereiche, wo man<br />
etwas ausprobieren und Freiraum<br />
für Unvorhergesehenes schaffen<br />
kann. Schön ist, dass die Musik<br />
selbst häufig der szenische Inhalt<br />
ist, durch pantomimische Angaben<br />
oder Atemanweisungen. Somit<br />
ist die Arbeit am musikalischen<br />
Material und an der musikalischen<br />
Aufführung im Prinzip auch die<br />
szenische Arbeit.«<br />
DER PODCAST DER<br />
BREGENZER FESTSPIELE<br />
HÖR-SPIELE<br />
Die neue Podcast-Folge<br />
zu Unmögliche Verbindung<br />
mit Komponist Ondřej Adámek<br />
und Regisseur Thomas Fiedler.<br />
WERKSTATTBÜHNE<br />
UNMÖGLICHE VERBINDUNG<br />
Ondřej Adámek<br />
Stimme Tara Khozein<br />
Stimme Hanni Lorenz<br />
Musikalische Leitung Ondřej Adámek<br />
Inszenierung Thomas Fiedler<br />
Bühne | Kostüme Christian Wiehle<br />
Mitglieder des Bregenzer<br />
Festspielchores<br />
Ensemble Modern<br />
PREMIERE<br />
27. Juli <strong>2024</strong> – 20.00 Uhr<br />
WEITERE VORSTELLUNG<br />
28. Juli – 20.00 Uhr<br />
Werkstattbühne<br />
Auftragswerk der Bregenzer Festspiele<br />
und des Ensemble Modern<br />
UNMÖGLICHE VERBINDUNG<br />
27
WENN MUSIK ALLES IST,<br />
IST NICHTS WICHTIGER<br />
ALS DER KLANG<br />
PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE<br />
MERCEDES-BENZ ÖSTERREICH UND DIE BREGENZER FESTSPIELE<br />
Seit der Erfindung des Automobils<br />
durch Carl Benz vor<br />
137 Jahren hat technologischer<br />
Fortschritt die Definition<br />
des Autos maßgeblich verändert.<br />
Es ist mehr als ein reines Fortbewegungsmittel.<br />
Fahrzeuge von<br />
Mercedes-Benz können heute vieles<br />
sein: ein individueller Wellnessbereich,<br />
ein mobiles Office, ein Ort der<br />
persönlichen Sicherheit oder ein<br />
Konzertsaal mit einer neuen Dimension<br />
des immersiven Klangs.<br />
BEGEBEN SICH GEMEINSAM AUF DIE BÜHNE<br />
EIN SOUND-SYSTEM FAST<br />
WIE IM LIVE-KONZERT<br />
Alles begann vor Jahrzehnten<br />
mit einer Kassette. Heute definiert<br />
die Partnerschaft zwischen<br />
Dolby Atmos® und Mercedes-Benz<br />
Musik im Auto neu: Die optionalen<br />
Burmester® Surround-Sound-<br />
Systeme mit bis zu 31 Lautsprechern<br />
verleihen der Musik mehr<br />
Raum, Klarheit und Tiefe. In die<br />
Sitze eingebaut erhalten Audiophile<br />
ein beispielloses Klangerlebnis,<br />
wenn sie das Steuer übernehmen.<br />
Die Technologie ermöglicht es,<br />
einzelne Audioelemente oder<br />
Objekte in einem dreidimensionalen<br />
Klang zu platzieren, der der<br />
ursprünglichen Vision von Künstler:innen<br />
im Studio entspricht.<br />
Dolby Atmos® passt sich jeder<br />
Wiedergabeumgebung an, sodass<br />
Fans Musik mit unvergleichlicher<br />
Klarheit hören können.<br />
DIE VERBINDENDE KRAFT<br />
DER BEGEISTERUNG<br />
Die Bregenzer Festspiele und<br />
Mercedes-Benz Österreich als<br />
Mobilitätspartner blicken beide auf<br />
eine langjährige Geschichte zurück<br />
und beide verstehen es, Menschen<br />
zu begeistern. Diese Begeisterung<br />
gilt es, selbst zu erleben, zu spüren<br />
und zu hören. Denn der Pioniergeist<br />
von Carl Benz wird von Beginn an<br />
stetig auf ein neues Level gebracht:<br />
Defining Class since 1886.<br />
Vielleicht nicht auf den ersten Blick,<br />
und doch haben die Bregenzer Festspiele<br />
und Mercedes-Benz Österreich viel<br />
gemeinsam: »Beide Unternehmen sind<br />
durch den Anspruch vereint, in allem, was<br />
sie tun, höchste Qualität zu liefern«, so<br />
Michael Diem, kaufmännischer Direktor<br />
des <strong>Sommer</strong>festivals.<br />
28
SERIE: DIE KOMPONIST:INNEN DER ORCHESTERKONZERTE<br />
ERFINDERISCHER<br />
KLANGPIONIER<br />
Der Komponist und Dirigent<br />
Ondřej Adámek entwickelt<br />
eine musikalische Sprache,<br />
die sich im Dialog mit entfernteren<br />
Kulturen entfaltet. Direktheit und<br />
fein ausgeformte Ausdrucksmomente<br />
mit kunstvoll komponierten<br />
Klangfarben charakterisieren dabei<br />
seine Werke, die Orchester-, Kammer-,<br />
Vokal- und elektroakustische<br />
Musik umfassen.<br />
Geboren 1979 in Prag, studierte er<br />
Komposition an der Akademie der<br />
musischen Künste in Prag und am<br />
Konservatorium in Paris. Während<br />
längerer Aufenthalte in Frankreich,<br />
Kenia, Spanien, Japan, Indien und<br />
Italien tauchte er in die Musikkulturen<br />
dieser Länder ein, die seine<br />
eigene Musik in der Folge immer<br />
wieder prägten. Auch das Spiel mit<br />
Sprache(n) fließt als strukturgebendes<br />
Element auf vielfältige Weise ein.<br />
Mit dem neuen Musiktheater<br />
Unmögliche Verbindung – eine<br />
Auftragskomposition der Bregenzer<br />
Festspiele und des Ensemble<br />
Modern – erprobt Ondřej Adámek<br />
gemeinsam mit Regisseur und<br />
Autor Thomas Fiedler auch eine für<br />
ihn neue Art des Komponierens:<br />
Die Musiker:innen des Ensemble<br />
Modern sind von Anfang an in den<br />
kreativen Prozess eingebunden<br />
und gestalten experimentell durch<br />
musikalisch neue Ausdrucksmittel<br />
die Komposition entscheidend mit.<br />
Thema des Werks ist die Schwierigkeit<br />
von Kommunikation in Situationen<br />
emotionaler Überforderung.<br />
Mit dem von ihm ins Leben gerufenen<br />
Vokalensemble N.E.S.E.V.E.N.<br />
erforscht Adámek die Authentizität<br />
und Originalität der Stimme ebenso<br />
wie szenische Fragen. Die 2018 beim<br />
Festival in Aix-en-Provence uraufgeführte<br />
A-cappella-Oper Seven<br />
Stones, erneut im Januar 2022 am<br />
Konzerthaus Dortmund gezeigt,<br />
war Initialzündung zur Gründung<br />
des Ensembles. Im September 2022<br />
stand Adámeks Musiktheater Reaching<br />
out als italienische Erstaufführung<br />
auf dem Programm der<br />
Biennale Musica Venezia.<br />
In der vergangenen Spielzeit<br />
erregte seine Komposition Where<br />
are you?, die vom London Symphony<br />
Orchestra unter Sir Simon Rattle mit<br />
der Mezzosopranistin Magdalena<br />
Kožená mit auf Europatournee<br />
genommen wurde, großes Aufsehen.<br />
Das Cellokonzert Illusorische Teile<br />
des Mechanismus wurde zudem von<br />
Jean-Guihen Queyras mit dem Ensemble<br />
Resonanz unter der Leitung<br />
von Ondřej Adámek zur Uraufführung<br />
gebracht und war beim Festival<br />
Acht Brücken in Köln sowie an der<br />
Elbphilharmonie zu erleben.<br />
Follow Me, das 2017 vom Symphonieorchester<br />
des Bayerischen<br />
Rundfunks unter Peter Rundel<br />
uraufgeführte Violinkonzert für Isabelle<br />
Faust, war mit dem Orchestre<br />
de Strasbourg beim Festival Musica<br />
sowie mit dem Helsinki Philharmonic<br />
Orchestra unter Susanna Mälkki<br />
zu erleben. Im kommenden <strong>Sommer</strong><br />
erfolgt im Rahmen der traditionellen<br />
Matinee zum Saisonende der<br />
Bregenzer Festspiele mit dem Symphonieorchester<br />
Vorarlberg und<br />
Chefdirigent Leo McFall die überfällige<br />
österreichische Erstaufführung.<br />
GUMMIHUHN UND AUTOHUPE<br />
ONDŘEJ ADÁMEKS<br />
AIRMACHINE<br />
Ein Instrument aus zwei Staubsaugern,<br />
Gummihandschuhen,<br />
Hupen, Schläuchen und allerlei<br />
Ventilen: Stets auf der Suche<br />
nach neuen Klängen, schuf Ondřej<br />
Adámek in jahrelanger experimenteller<br />
Arbeit das installative<br />
Musikinstrument Airmachine, das<br />
er laufend weiterentwickelt.<br />
Die Apparatur war für das Werk<br />
Körper und Seele entstanden,<br />
das 2014 mit dem SWR Vokalensemble<br />
und dem SWR Symphonieorchester<br />
Baden-Baden und<br />
Freiburg in Donaueschingen<br />
zur Uraufführung kam.<br />
ORCHESTERKONZERTE<br />
29
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
DIE TÜCKEN DER<br />
LEICHTIGKEIT<br />
Gleich zwei Werke kommen diesen <strong>Sommer</strong> im Rahmen des<br />
Bregenzer Opernstudios auf die Bühne am Kornmarkt – und das am<br />
selben Abend: Gioachino Rossinis Der Ehevertrag und Giacomo Puccinis<br />
Gianni Schicchi. Letzteres ist Leo McFalls »Lieblings-Puccini«<br />
und bringt den Chefdirigenten des Symphonieorchesters Vorarlberg<br />
förmlich ins Schwärmen. Ein Interview über virtuosen Humor und<br />
ein Wunder in Noten.
31<br />
DER EHEVERTRAG | GIANNI SCHICCHI
OPERNSTUDIO AM KORNMARKT<br />
Rossini und Puccini an einem<br />
Abend, das wird ein herrliches<br />
italienisches Opernfest!<br />
Wie kommt es zu dieser Kombination,<br />
die das Opernstudio in diesem<br />
Jahr auf die Bühne bringt?<br />
Leo McFall: Gioachino Rossinis<br />
frühe Oper Der Ehevertrag zusammen<br />
mit Giacomo Puccinis Gianni<br />
Schicchi aufzuführen, ist eine wunderbare<br />
Idee der Bregenzer Festspiele.<br />
Gianni Schicchi ist der letzte<br />
Teil des Zyklus Il trittico, aber die<br />
Oper kann auch solo aufgeführt<br />
werden. Sie ist meine Lieblings-<br />
Puccini-Oper, nicht eine Sekunde<br />
zu lang, alles ist flott und es gibt viel<br />
Witz, was bei diesem Komponisten<br />
nicht immer der Fall ist. Wir erleben<br />
an diesem Doppelabend viele Seiten<br />
der Italianità.<br />
Rossini schrieb Der Ehevertrag im<br />
Alter von 18 Jahren. Inhaltlich geht<br />
es darum, dass ein Kaufmann seine<br />
Tochter einem Geschäftspartner<br />
als Braut verhökert, doch selbstverständlich<br />
liebt sie einen anderen.<br />
Es war Rossinis erste aufgeführte<br />
Oper, 1810 in Venedig.<br />
Trotzdem steckt darin schon der<br />
ganze Rossini mit all seinen<br />
Markenzeichen: sein Humor, die<br />
Crescendi, die sprühende Freude –<br />
ein sehr lebendiges Stück. Dabei<br />
muss man bedenken, dass Rossini<br />
ein sehr anspruchsvoller Komponist<br />
ist, der äußerste Präzision verlangt<br />
und wirkliche Leichtigkeit. Es soll<br />
supereinfach klingen. Die Stücke,<br />
die leicht klingen sollen, sind immer<br />
die schwierigsten.<br />
Kammersängerin Brigitte Fassbaender (Regie) und die jungen Sänger:innen des<br />
Opernstudios – Dirigent Leo McFall trifft im Doppelabend Der Ehevertrag | Gianni<br />
Schicchi auf ein bunt gemischtes, hochkarätiges Team.<br />
Szenische Situationskomik zeichnet<br />
die Oper aus. Ist der Humor in der<br />
Partitur ebenso vorhanden?<br />
Humor ist natürlich eine Eigenschaft,<br />
die wir mit Rossini assoziieren,<br />
und tatsächlich sprüht die<br />
Oper auch musikalisch vor Witz und<br />
Esprit. Aber noch mehr. Von den<br />
ersten Noten der Ouvertüre an,<br />
die – typisch für Rossini – sofort<br />
alle Aufmerksamkeit auf sich zieht,<br />
fühlt man sich in den Händen eines<br />
Opernmeisters.<br />
Was macht den 1918 an der Metropolitan<br />
Opera in New York uraufgeführten<br />
Erbschleicher-Einakter<br />
Gianni Schicchi zu Ihrer Lieblings-<br />
Puccini-Oper?<br />
Es ist ein Meisterwerk, virtuos und<br />
farbreich, für die Sänger:innen, und<br />
auch das Orchester. Eine brillante<br />
Komödie mit trockenem Humor,<br />
keine der »klassischen« Puccini-<br />
Tragödien, in denen die weibliche<br />
Hauptrolle im Finale schmerzvoll<br />
stirbt. Hier ist die zentrale Figur<br />
schon zu Beginn der Oper tot.<br />
Die anderen Charaktere reagieren<br />
darauf ganz unterschiedlich.<br />
Das finde ich noch anziehender<br />
als die berühmten »Toscas«,<br />
»Butterflys« und »Bohèmes«.<br />
Ich kann mir gut vorstellen, dass<br />
Puccini diese Kurzoper mit einem<br />
Lächeln komponierte.<br />
Dabei wechseln die ausgedrückten<br />
Gefühle ständig.<br />
Die bringt Puccini so präzise auf den<br />
Punkt wie Mozart. Generell ist er<br />
ein Profi darin, eine Oper von Szene<br />
zu Szene zu konstruieren. Gianni<br />
Schicchi ist ein Wunder im dramaturgischen<br />
Aufbau und in der Steigerung.<br />
Nichts ist zu lang oder zu<br />
kurz, jeder einzelne Moment ist<br />
wichtig und jedes Wort und jede<br />
Note zählen. Die berühmte Arie<br />
»O mio babbino caro« klingt immer<br />
sehr pathetisch, wenn sie bei einer<br />
Gala gesungen wird. Das ist anders<br />
im Kontext der Oper, wo es nach dem<br />
letzten Ton sofort weitergeht.<br />
Besonders wichtig ist für mich<br />
der Text am Ende der Oper, vor den<br />
letzten Takten des Orchesters, den<br />
Gianni Schicchi übrigens spricht und<br />
nicht singt. Dass sich die Titelfigur<br />
dabei direkt ans Publikum wendet,<br />
ist eine wundervolle dramatische<br />
Wendung, die eine direkte Verbindung<br />
herstellt: »Ma, con licenza<br />
del gran padre Dante, / se stasera<br />
vi siete divertiti, / concedetemi voi …<br />
l’attenuante!« (»Aber mit Erlaubnis<br />
32
des großen Vaters Dante, / wenn<br />
ihr euch heute Abend unterhalten<br />
habt, / gewährt ihr mir wohl ...<br />
mildernde Umstände.«)<br />
Puccini nimmt hier Bezug auf die<br />
literarische Vorlage: Dante Alighieris<br />
Inferno, den ersten Teil aus der<br />
Göttlichen Komödie. Der Ehevertrag<br />
und Gianni Schicchi werden in Bregenz<br />
von den Sänger:innen des Opernstudios<br />
präsentiert. Freuen Sie sich<br />
auf den internationalen Nachwuchs?<br />
Ich war viele Jahre Assistenzdirigent<br />
des Gustav Mahler Jugendorchesters<br />
und arbeite sehr gerne mit<br />
jungen Leuten. Ihre Spannung und<br />
Energie, ihr Enthusiasmus und ihre<br />
Leidenschaftlichkeit sind große<br />
Geschenke.<br />
Regie führt Kammersängerin<br />
Brigitte Fassbaender. Hatten Sie<br />
schon miteinander zu tun?<br />
Ich freue mich sehr auf unsere erste<br />
Zusammenarbeit und war am ersten<br />
Tag ihres Meisterkurses dabei.<br />
Ich war fasziniert, wie sie den jungen<br />
Sänger:innen nahelegte, die italienische<br />
Musik ohne Sentimentalität<br />
und Pathos zu gestalten. Genau so<br />
pur und klar sollte diese Musik meiner<br />
Meinung nach klingen.<br />
Müssen Sie sich in der Pause zwischen<br />
den beiden Werken mental umstellen,<br />
da ein anderer Stil gefragt ist?<br />
Oh ja! Jede Oper hat verschiedene<br />
Anforderungen. Wobei es in ein<br />
und demselben Stück ebenfalls<br />
unterschiedliche Details gibt, auf<br />
die ich mich konzentrieren muss.<br />
Aber Puccini wird definitiv anders<br />
gestaltet als Rossini.<br />
Sie leiten die Symphonieorchester<br />
in Vorarlberg und in Thessaloniki<br />
und sind dem Bregenzer Publikum<br />
als Konzertdirigent bekannt. Bei den<br />
Bregenzer Festspielen stehen Sie am<br />
Pult der traditionellen SOV-Matinee<br />
und übernehmen nun zum ersten<br />
Mal die musikalische Leitung<br />
einer Opernproduktion. Ab der<br />
Spielzeit <strong>2024</strong>|25 starten Sie in<br />
Wiesbaden, in einem Mehrspartenhaus,<br />
als Generalmusikdirektor.<br />
Wie ist Ihr Verhältnis zum Musiktheater?<br />
Meine ersten Schritte in diesem<br />
Beruf waren im Opernbereich, in<br />
Glyndebourne. Ein wunderbarer<br />
Ort mit der Philosophie, jungen<br />
Menschen eine Chance zu geben.<br />
Nach meiner Studienzeit war ich<br />
dort für einige <strong>Sommer</strong> musikalischer<br />
Assistent, durfte bald<br />
Vorstellungen dirigieren und dann<br />
eine kleine Produktion selbstständig<br />
betreuen. Auch als erster Kapellmeister<br />
im Staatstheater Meiningen<br />
war ich immer von Oper umgeben.<br />
In der Pandemiezeit wurden einige<br />
Projekte abgesagt und ich widmete<br />
mich mehr der Konzertwelt.<br />
Geliebt habe ich immer beides,<br />
das Konzert und die Oper. Ein guter<br />
Dirigent muss beides dirigieren<br />
können. In den Details sind beide<br />
Genres sehr unterschiedlich. In der<br />
Oper muss man viel mehr organisieren:<br />
einen Chor hinter der Bühne,<br />
die Sänger:innen auf der Bühne –<br />
aber gleichzeitig ist man Teil eines<br />
Teams, es gibt die Regie, das Licht,<br />
die Kostüme, das Bühnenbild. In<br />
einem Konzert sind weniger Menschen<br />
zusammenzubringen, weniger<br />
»Apparatus«, aber man ist exponierter.<br />
Bei einer Symphonie von Brahms<br />
gibt es nur das Orchester und den<br />
Dirigenten, keine Kostüme und<br />
Licht, die unterstützen können.<br />
Ich kann mich noch sehr genau an<br />
mein erstes Operndirigat erinnern:<br />
Carmen in Glyndebourne, ohne eine<br />
einzige Probe. Ich war jung und hatte<br />
noch nie zuvor im Orchestergraben<br />
gestanden. Ich war unglaublich nervös,<br />
konnte in der Nacht zuvor überhaupt<br />
nicht schlafen. Aber als ich<br />
dann ans Pult ging, war ich plötzlich<br />
Teil des Teams. Klar, ein wichtiger<br />
Teil mit viel Verantwortung, aber<br />
ich liebte es. Alle geben ihr Bestes,<br />
damit die Aufführung gelingt!<br />
DER EHEVERTRAG<br />
GIOACHINO ROSSINI<br />
GIANNI SCHICCHI<br />
GIACOMO PUCCINI<br />
Musikalische Leitung<br />
Leo McFall<br />
Insze nie rung Brigitte Fassbaender<br />
Bühne | Kostüme<br />
Dietrich von Grebmer<br />
Solist:innen des Opernstudios<br />
der Bregenzer Festspiele<br />
Symphonieorchester<br />
Vorarlberg<br />
PREMIERE<br />
12. August <strong>2024</strong> – 19.30 Uhr<br />
WEITERE VORSTELLUNGEN<br />
14., 16., 17. August –<br />
19.30 Uhr<br />
Theater am Kornmarkt<br />
Das Opernstudio wird<br />
präsentiert von<br />
In Kooperation mit<br />
DER EHEVERTRAG | GIANNI SCHICCHI<br />
33
KARTENÜBERSICHT<br />
Oper im Festspielhaus Tancredi<br />
PREISE Tancredi<br />
Festspielhaus | Großer Saal<br />
Kategorie 1 2 3 4 5 6 7<br />
EUR 168 148 125 102 72 36 22<br />
Premierenzuschlag<br />
pro Ticket EUR 25 (Kate gorie 1 und 2).<br />
Für die Premiere gilt ein eigener Sitzplan.<br />
Orchesterkonzerte im Festspielhaus<br />
PREISE Wiener Symphoniker<br />
Festspielhaus | Großer Saal<br />
Kategorie 1 2 3 4 5 6 7<br />
EUR 98 82 72 60 50 36 20<br />
PREISE Symphonieorchester Vorarlberg<br />
Festspielhaus | Großer Saal<br />
Kategorie 1 2 3 4 5 6 7<br />
SITZPLÄTZE UND PREISE<br />
EUR 60 50 42 35 28 24 20<br />
PREISE Festspielhaus | Werkstattbühne | KUB | Theater am Kornmarkt | Theater KOSMOS<br />
Hotel Savoy<br />
Theater am Kornmarkt<br />
Kategorie 1 2 3 4<br />
EUR 56 44 34 22<br />
Der zerbrochne Krug<br />
Theater am Kornmarkt<br />
Kategorie 1 2 3 4<br />
EUR 52 42 32 20<br />
Der Ehevertrag | Gianni Schicchi<br />
Theater am Kornmarkt<br />
Kategorie 1 2 3 4<br />
EUR 56 44 34 22<br />
Unmögliche Verbindung<br />
Werkstattbühne<br />
EUR 38<br />
Hold Your Breath<br />
Werkstattbühne<br />
Kategorie 1 2 *<br />
EUR 38 22<br />
* Stehplätze – Zum Wandeln<br />
und unmittelbaren Erleben<br />
Orchesterakademie<br />
Festspielhaus | Großer Saal<br />
Kategorie 1 2 3<br />
EUR 28 22 16<br />
Konzert im KUB<br />
Kunsthaus Bregenz<br />
EUR 20<br />
Mondmilch trinken<br />
Theater KOSMOS<br />
EUR 28<br />
Musik & Poesie<br />
Festspielhaus | Seestudio<br />
EUR 30<br />
FESTSPIEL-ABOS<br />
Mit dem Seeplus-Abo erhalten Festspielbesucher:innen,<br />
die gleichzeitig<br />
mit dem Spiel auf dem See<br />
noch mindestens zwei weitere<br />
Veranstaltungen buchen, für diese<br />
eine Preisreduktion von 30 Prozent.<br />
Die Karten für das Spiel auf dem See<br />
werden zum Vollpreis verrechnet.<br />
Wer gleichzeitig mindestens drei<br />
Orchesterkonzerte bucht, erhält<br />
mit dem Orchesterkonzert-Abo<br />
20 Prozent Ermäßigung.<br />
Weitere Informationen zu Ermäßigungen<br />
finden Sie online auf<br />
www.bregenzerfestspiele.com.<br />
Bitte beachten Sie, dass ermäßigte<br />
Karten online nicht gekauft werden<br />
können. Für Ihre Bestellung erreichen<br />
Sie uns unter +43 5574 407-6.<br />
34
Spiel auf dem See Der Freischütz<br />
A<br />
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ROLLSTUHLPLÄTZE<br />
ROLLSTUHLPLÄTZE<br />
G<br />
H<br />
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2<br />
3<br />
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C<br />
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B<br />
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A<br />
AUFGANG<br />
H<br />
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AUFGANG<br />
FESTSPIEL-LOUNGE<br />
PREISE Der Freischütz<br />
Seebühne, Festspielhaus | Großer Saal<br />
D<br />
PREMIUM - TICKET<br />
AUFGANG<br />
E<br />
AUFGANG<br />
F<br />
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44<br />
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SITZPLÄTZE UND PREISE<br />
Kategorie 1 2 3 4 5 6 7<br />
So–Do EUR 165 150 125 95 70 55 30<br />
Fr EUR 178 163 138 108 83 68 43<br />
Sa EUR 191 176 151 121 96 81 56<br />
Kategorie 1plus* So–Do Fr Sa<br />
EUR 180 193 206<br />
* mit erweiterter Beinfreiheit<br />
Premium-Ticket So–Do Fr Sa<br />
EUR 305 318 331<br />
Festspiel-Lounge So–Do Fr Sa<br />
EUR 415 428 441<br />
WETTERINFORMATION<br />
Die Aufführung auf der Seebühne<br />
ist eine Open-Air-Veranstaltung.<br />
Die Entscheidung, ob die Vorstellung<br />
auf der Seebühne gespielt werden<br />
kann, wird erst kurz vor Beginn<br />
getroffen, da die Wetterentwicklung<br />
trotz hoher Vorhersage-Qualität<br />
nicht völlig genau bestimmt werden<br />
kann und aufgrund der tatsächlichen<br />
Situation entschieden werden<br />
muss. Bitte beachten Sie, dass gegebenenfalls<br />
auch bei Regen gespielt<br />
wird. Wir empfehlen allen unseren<br />
Gästen daher, warmer und regensicherer<br />
Kleidung den Vorzug zu<br />
geben, auf Regenschirme aber zu<br />
verzichten, da diese die Sicht beeinträchtigen.<br />
Das Spiel auf dem<br />
See wird ohne Pause gespielt.<br />
KARTEN DER KATEGORIE 1PLUS,<br />
1, 2, DER FESTSPIEL-LOUNGE UND<br />
PREMIUM-TICKETS<br />
sind bei Absage oder einer Spielzeit<br />
der Seeaufführung unter 90 Minuten<br />
für die halbszenische Aufführung<br />
von Der Freischütz im Festspielhaus |<br />
Großer Saal gültig und werden nicht<br />
rückerstattet. Bei einer Verlegung<br />
der Aufführung ins Festspielhaus<br />
befinden sich die Plätze der Kategorie<br />
1plus und 1 im Parkett, jene<br />
der Festspiel-Lounge, Premium-<br />
Tickets und Kategorie 2 im Rang.<br />
Auf der Seetribüne nebeneinanderliegende<br />
Plätze können aufgrund der<br />
unterschiedlichen Reiheneinteilung<br />
im Festspielhaus getrennt sein.<br />
KARTEN DER KATEGORIE 3 BIS 7<br />
sind nur für die Aufführung auf der<br />
Seebühne gültig. Bei einer Verlegung<br />
der Aufführung ins Festspielhaus<br />
erhalten Besitzer:innen dieser<br />
Karten den Kartenwert rückerstattet<br />
bzw. können nach Verfügbarkeit<br />
auf einen späteren Termin umtauschen,<br />
wenn die Aufführung auf<br />
der Seebühne nicht bzw. kürzer als<br />
60 Minuten gespielt worden ist.<br />
35
Viel Vorfreude wünschen<br />
die Partner der Bregenzer Festspiele.<br />
HAUPTSPONSOREN<br />
GREEN ENERGY<br />
PARTNER<br />
PRODUKTIONSSPONSOREN<br />
GrECo International AG<br />
Hilti Foundation<br />
Wiener Städtische Versicherung AG<br />
CO-SPONSOREN & PARTNER<br />
Coca-Cola<br />
Dallmayr Kaffee<br />
Hendrick’s Gin<br />
Hilcona AG<br />
Kryolan<br />
Leica Camera<br />
METRO<br />
Mohrenbrauerei<br />
Paul Mitchell<br />
Pfanner & Gutmann<br />
Rauch Fruchtsäfte<br />
Red Bull<br />
Römerquelle<br />
Schlumberger (Wein- und<br />
Sektkellerei)<br />
SUBVENTIONSGEBER<br />
PARTNER