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Straßenzeitung Freiburg

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26. Jahrgang<br />

März 2024<br />

2,10 €, davon 1,- €<br />

für die VerkäuferInnen<br />

UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />

ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />

JOURNALISMUS<br />

IST KEIN<br />

VERBRECHEN!<br />

PRESSEFREIHEIT IST UNANTASTBAR<br />

Journalismus darf nicht kriminalisiert werden<br />

STOCHERN IM KERNFRAGENNEBEL<br />

Was ist der Sinn unseres Lebens?<br />

DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />

Ein Blick hinter die Kulissen des Bio-Hofladens


INHALT<br />

3<br />

VORWORT<br />

24<br />

VERKÄUFER MARCO<br />

4<br />

RECHT AUF STADT<br />

25<br />

MITMACHSEITE<br />

6<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

26<br />

BUCHTIPPS<br />

10<br />

WAS IST DER SINN DES LEBENS?<br />

27<br />

KOCHEN<br />

12<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

28<br />

SPORT<br />

14<br />

DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />

30<br />

RÄTSEL<br />

18<br />

FREIE BERICHTERSTATTUNG<br />

31<br />

ÜBER UNS<br />

22<br />

AUF DÜNNEM EIS<br />

OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />

GEHT ES NICHT<br />

Liebe LeserInnen,<br />

um weiterhin eine<br />

interessante Straßenzeitung<br />

produzieren und Menschen<br />

durch ihren Verkauf einen<br />

Zuverdienst ermöglichen<br />

zu können, benötigen<br />

wir Ihre Hilfe.<br />

Vielen Dank!<br />

Spendenkonto:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />

BIC: GENODE61FR1<br />

Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />

und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />

2<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


Liebe LeserInnen,<br />

ich sitze hier in meinem Wagen, habe Tür und Fenster auf<br />

und genieße Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen.<br />

Da macht das Schreiben des Vorworts doch gleich<br />

mehr Spaß!<br />

Weniger Spaß machte mir eine Nachricht, die ich erfuhr,<br />

als ich letztens auf dem Weg in unsere Redaktion war. Das<br />

„Café Satz“ und „S‘Einlädele“ im Stühlinger schließen im<br />

März. Das ist schade, gehörten doch beide Einrichtungen<br />

fest zum Stühlinger dazu.<br />

„Café Satz“ repräsentierte irgendwie auch die Gemütlichkeit,<br />

die den Stadtteil immer noch prägt. Auch für mich<br />

persönlich gibt es Konsequenzen, denn wie oft habe ich<br />

mir in dem kleinen Café noch schnell meinen Kuchen<br />

geholt, bevor ich nach Hause fuhr. Auch in dem kleinen<br />

Bücherladen am Café habe ich ziemlich oft herumgestöbert<br />

und meistens etwas gefunden. Der war zwar echt<br />

sehr klein, aber mir hat es darin gefallen. Man hatte Ruhe<br />

und Zeit, sich etwas herauszukramen, und konnte dabei<br />

noch gemütlich einen Kaffee trinken. Zwar habe ich noch<br />

mehr als genug Bücher daheim herumliegen, die ich noch<br />

lesen will und soll, aber das Herumstöbern in dem kleinen<br />

Bücherladen wird mir fehlen.<br />

Ein Café soll es laut Hauseigentümern wohl dort wieder<br />

geben; wie es ankommt, wird man sehen. Für das „S‘Einlädele“<br />

gibt es noch eine minimale Hoffnung, dass es<br />

bleiben kann, da laufen noch Gespräche. Der Laden lag<br />

natürlich sehr günstig, direkt an einer gut frequentierten<br />

Tram-Haltestelle in einem bunten Stadtteil. Hauptbahnhof<br />

und Innenstadt nicht weit entfernt, über mangelnde<br />

Kundschaft konnte man sich nicht beklagen. Und wie<br />

für den Stühlinger nicht ungewohnt, kommt ein großer<br />

Teil des Geschäftserlöses einem guten Zweck zugute, der<br />

Ukraine. Und das übrigens schon lange vor dem Überfall<br />

Putins. Es bleibt zu hoffen, dass es für beide Einrichtungen<br />

eine adäquate Lösung geben wird!<br />

Kommen wir zu etwas anderem, zur Freiheit. Wir haben<br />

sie laut Verfassung zugesichert. Vor allem die Pressefreiheit<br />

ist uns ein hohes Gut. Jedenfalls wird das bei jeder<br />

Gelegenheit betont. Wir sind auch immer schnell dabei,<br />

uns aufzuregen, wenn es in anderen Ländern anders<br />

gehandhabt wird. Wir gehen auf die Barrikaden, wenn in<br />

Russland, China, Weißrussland und anderswo Regimekritiker<br />

mundtot gemacht werden, wenn sie verfolgt, eingesperrt<br />

und vielleicht sogar ermordet werden. Dann stellen<br />

wir uns hin, verteidigen die KritikerInnen und klagen die<br />

Unrechtsregierungen an. Das ist gut und richtig so!<br />

Nur warum trauen wir uns das nicht, wenn es um die USA<br />

geht? Warum traut sich kein politisches Schwergewicht<br />

in Europa, einmal aufzustehen und die USA anzuklagen?<br />

Wegen Verletzung der Menschenrechte, wegen Missachtung<br />

der Presserechte und der Meinungsfreiheit? Denn<br />

wie anders soll man das bezeichnen, was die USA im Fall<br />

Julien Assange veranstalten? Der wird auf Betreiben der<br />

Amerikaner weltweit mit Haftbefehl gesucht. Bei Ergreifung<br />

kommt er in den USA vor Gericht, wo ihm dann eine<br />

Haftstrafe von bis zu 175(!) Jahren droht. Assange hat<br />

niemanden umgebracht, niemanden vergewaltigt und er<br />

hat auch keine Bank ausgeraubt. Ja, er hat ja nicht einmal<br />

seine eigene Meinung öffentlich gemacht! Das Einzige,<br />

was Julien Assange „verbrochen“ hat ist, er hat unwiderlegbare<br />

Beweise für Kriegsverbrechen der USA vorgelegt.<br />

Für die USA ist das Verrat!<br />

Doch wie kann das sein? Assange ist kein Amerikaner, also<br />

ist er den USA gegenüber zu nichts verpflichtet. Als Journalist<br />

aber ist er der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet,<br />

die Wahrheit zu sagen oder zu schreiben. Und nichts<br />

anderes hat er gemacht. Das darf nicht strafbar sein! So<br />

richtig es ist, die Kriegsverbrechen von Putins Truppen<br />

in der Ukraine zu verfolgen und die Täter vor Gericht zu<br />

bringen, genauso richtig muss es sein, amerikanische<br />

Kriegsverbrechen zu verfolgen und auch hier die Täter vor<br />

Gericht zu stellen. Noch dazu, wenn man so exakte Beweise<br />

in Wort und Bild vorliegen hat.<br />

Im Moment läuft in Großbritannien ein Gerichtsverfahren,<br />

in dem es darum geht, Assange in die USA auszuliefern<br />

oder nicht. Ich habe keine Ahnung, welche Richter<br />

aus welchen Beweggründen dort entscheiden werden,<br />

wie es mit Assange weiter gehen wird. Liefert man ihn<br />

aus, wird man ihn nie wieder sehen. Mit einer Freilassung<br />

wäre der Gerechtigkeit gedient. Denn dann hätte man<br />

die Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Statt mit dem<br />

Verkünder der Wahrheit könnte man sich endlich mit der<br />

Wahrheit selbst beschäftigen. Man könnte seine Beweise<br />

überprüfen, einem internationalen Gericht vorlegen und<br />

die Schuldigen bestrafen.<br />

Dann muss man sich auch nicht mehr so falsch und<br />

verlogen vorkommen, wenn man andere eines Kriegsverbrechens<br />

beschuldigt. Ich wünsche mir von der deutschen<br />

Regierung, dass sie endlich mal den Mut hat, so etwas<br />

in der Öffentlichkeit zu sagen und dann auch dazu zu<br />

stehen!<br />

So, das war es schon wieder für heute. Wir wünschen<br />

Ihnen, liebe LeserInnen, wie immer viel Spaß beim<br />

Lesen und beim Rätseln und einen schönen Start in den<br />

Frühling!<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 3


FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />

BEI DEN DEMOS GEGEN RECHTS DÜRFEN WIR NICHT<br />

AUFHÖREN<br />

Seitdem im Januar das Geheimtreffen mit AfD-Politikern,<br />

Nazis, finanzstarken Unternehmern, Mitgliedern der CDU<br />

und Martin Sellner von der Identitären Bewegung aufgeflogen<br />

ist, bei dem u. a. über die Massendeportation von<br />

„Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht – und nicht<br />

assimilierten Staatsbürgern’“ gesprochen wurde, gehen<br />

bundesweit viele Millionen Menschen gegen rechts auf<br />

die Straße. Das ist ein wichtiges Signal und stärkt diejenigen,<br />

die durch diese Pläne existenziell bedroht werden.<br />

Gerade Opfer von rassistischer Gewalt können sich<br />

dadurch evtl. gestärkt und weniger alleine fühlen. Die<br />

riesigen Demos dürfen aber nur ein Anfang sein. Wir haben<br />

es nämlich nicht mit einem einzelnen Geheimtreffen<br />

zu tun und auch nicht mit einem plötzlichen Rechtsruck,<br />

sondern mit einer langjährigen Rechtsentwicklung, der<br />

wir auch eine auf längerfristige Perspektiven ausgerichtete<br />

Organisierung entgegenstellen müssen.<br />

Gerade in Freiburg gibt es dafür einige niedrigschwellige<br />

Möglichkeiten. Z. B. kann man sich bei Aktion Bleiberecht<br />

engagieren. Die Gruppe setzt sich z. B. seit Jahren ebenso<br />

wie die Initiative LEA Watch kritisch mit der Landeserstaufnahmestelle<br />

für Flüchtlinge in der Müllheimer Straße<br />

auseinander. Denn, um es klar zu sagen, solche Massenlager<br />

sind eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung<br />

von fürchterlichen Massendeportationsphantasien<br />

und stellen damit eine Vorstufe der faschistischen Modelle<br />

dar, selbst wenn das Niveau des Schreckens mit einer<br />

AfD in Machtpositionen noch einmal ein ganz anders<br />

wäre. Wir sollten uns aber auch jetzt gegen die Selektion<br />

von Menschengruppen stellen, für die das eingezäunte<br />

Erstaufnahmelager symbolisch steht. Die BewohnerInnen<br />

kommen nur nach vorheriger Leibesvisitation herein,<br />

Privatsphäre gibt es nicht, dafür Dauerkontrolle durch<br />

Securitys.<br />

Ausdruck der stetigen Rechtsentwicklung ist auch die<br />

kommende Bezahlkarte für Menschen, die unter das<br />

Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Das sind zahlreiche<br />

Menschen, auch viele, die schon einige Jahre hier leben.<br />

Gerade der Einkauf in kleineren Läden oder Kiosken, die<br />

keine Visa-Karten akzeptieren oder auch Online-Einkäufe,<br />

die oft günstiger sind, wären voraussichtlich unmöglich.<br />

RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />

Wer Infos will, einfach E-Mail an:<br />

info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />

Eine solidarische Art, dem etwas entgegenzusetzen, wäre<br />

es, im großen Stil gemeinsames Einkaufen zu organisieren.<br />

Also selber eigene Einkäufe über die Karte erledigen,<br />

um den Betroffenen mindestens den entsprechenden<br />

Geldbetrag bar zu geben.<br />

Auch der bis zu den Grünen verbreitete „Nützlichkeitsdiskurs“<br />

ist Teil der Rechtsentwicklung. Die Auslese von<br />

Menschen nach solchen Kriterien erzeugt ungute Assoziationen<br />

mit der dunklen deutschen Geschichte und ist verachtenswert.<br />

Es gibt viele gute Gründe dafür, dass Menschen<br />

hier sein können sollen, auch wenn sie nicht in der<br />

Pflege den alten weißen Rassisten den Arsch abwischen<br />

oder unseren Müll wegputzen. Für den Klimawandel<br />

trägt der Kapitalismus des Nordens die Hauptverantwortung.<br />

Warum sollen Menschen, deren Lebensgrundlagen<br />

durch unser Wirtschaftsmodell zerstört werden, nicht<br />

hierherkommen? Und wollen wir wirklich Menschen, die<br />

aufgrund schwerer Krankheiten nicht arbeiten können,<br />

sagen, sie müssen Deutschland verlassen und in Länder<br />

gehen, in denen es evtl. kein Gesundheitssystem gibt,<br />

was sie versorgen kann, z. B. weil wir das medizinische<br />

Fachpersonal abgeworben haben oder schlicht das Geld<br />

fehlt? Wie schnell der Nützlichkeitsdiskurs nicht „nur“ Geflüchtete,<br />

sondern auch andere Gruppen der Bevölkerung<br />

treffen kann, zeigt der neoliberale Extremist der sogenannten<br />

Freiburger Schule Bernd Raffelhüschen. Er will,<br />

dass BürgergeldempfängerInnen nur noch Geld erhalten,<br />

wenn sie aufstocken. Wer nicht irgendeinen miesen<br />

Minijob hat, soll nach seinem Willen nur noch Gutscheine<br />

für das Existenzminimum erhalten – die Bezahlkarte für<br />

BürgergeldempfängerInnen sozusagen.<br />

Es gibt vieles, wogegen wir kämpfen müssen. Auch im<br />

Alltag sollten wir rechten Aussagen im Betrieb, auf der<br />

Straße und im eigenen Umfeld laut widersprechen.<br />

Fit machen kann man sich z. B. bei den Workshops für<br />

StammtischkämpferInnen des Freiburger Bündnisses<br />

gegen rechts. An Möglichkeiten, sich langfristig gegen<br />

rechts zu organisieren, mangelt es nicht.<br />

4<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. JANUAR BIS 15. FEBRUAR)<br />

[BE] ERFOLG GEGEN EIGENBEDARFSKÜNDIGUNG<br />

Das Berliner Landgericht hat im Fall einer Eigenbedarfskündigung<br />

ein hoffentlich wegweisendes Urteil gefasst.<br />

Obwohl das Gericht feststellte, dass die Kündigung<br />

wirksam sei, ordnete es die Fortsetzung des Mietverhältnisses<br />

für die Dauer von zwei Jahren an. Den beklagten<br />

MieterInnen sei es in dem vorliegenden Fall nicht möglich<br />

gewesen, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren<br />

Bedingungen zu beschaffen. Die MieterInnen hatten<br />

sich nach der Eigenbedarfskündigung fast zwei Jahre lang<br />

auf eine Vielzahl von Wohnungen im gesamten Berliner<br />

Stadtgebiet beworben, jedoch aufgrund der angespannten<br />

Lage auf dem Wohnungsmarkt mit ihren Bewerbungen<br />

keinen Erfolg gehabt. Zudem stellte das Gericht fest,<br />

dass der Eigenbedarf der Vermieterin nicht besonders<br />

dringlich gewesen sei. Somit wandte das Landgericht<br />

Paragraph 574 des Bürgerlichen Gesetzbuches an, der<br />

u. a. erklärt, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses<br />

möglich ist, „wenn die Beendigung des Mietverhältnisses<br />

für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen<br />

seines Haushalts eine Härte bedeuten würde,<br />

die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen<br />

des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist (…) Eine Härte<br />

liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu<br />

zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.“<br />

Diese Sozialklausel gegen Eigenbedarfskündigungen<br />

sollte auch in Städten wie Freiburg anwendbar sein.<br />

.<br />

[FR] PLÖTZLICH WACHSENDE WOHNUNGEN IM<br />

RIESELFELD?<br />

Im Rieselfeld haben im Sommer über 300 Wohnungen<br />

und ein halbes Dutzend Gewerbeeinheiten den Besitzer<br />

gewechselt. Die SOKA-BAU, eine Einrichtung der Tarifvertragsparteien<br />

der Bauwirtschaft, hatte die Häuser als<br />

Kapitalanlage erbaut, um „Renten der Beschäftigten zu<br />

sichern“, und dann an die Deutsche Invest Immobilien<br />

AG (d.i.i.) weiterverkauft. Dass solche Investoren immer<br />

auf Rendite aus sind, zeigt sich nun wieder einmal.<br />

Im Sommer bekamen 209 Haushalte eine Mieterhöhungsankündigung.<br />

Leider nichts Außergewöhnliches.<br />

Doch im Rieselfeld sind die Wohnungen nach einer<br />

Neuberechnung teilweise nun auch noch um bis zu 15 m2<br />

größer geworden, sodass die Mieterhöhungen deutlich<br />

gravierender ausfallen. Die Betroffenen sollten sich auf<br />

jeden Fall Rat einholen. Ansonsten gilt: d.i.i. enteignen<br />

und Wohnraum vergesellschaften!<br />

[FR] GUTACHTEN ZUM AUGGENER WEG<br />

In den Vonovia-Häusern im Auggener Weg in Freiburg-<br />

Weingarten soll nun ein unabhängiges Gutachten zum<br />

Abschluss der Sanierungsarbeiten, auf die sich Stadt und<br />

Vonovia geeinigt hatten, erstellt werden. Eine BewohnerInnenbefragung<br />

des Mietenbündnisses kam zum<br />

Ergebnis, dass etwa 40 Prozent der Wohnungen unter<br />

Schädlingsbefall leiden, mehr als die Hälfte der Parteien<br />

mit einer Heizung kämpft, die dauerhaft läuft oder<br />

sich kaum regulieren lässt, und die Probleme mit den<br />

Aufzügen immer größer werden. Die Vonovia hat derweil<br />

angekündigt, nach Abschluss der Sanierungsarbeiten die<br />

Mieten zu erhöhen.<br />

[FR] KEIN MILIEUSCHUTZ IN ZÄHRINGEN<br />

Im Jahr 2022 hatte der Gemeinderat die Aufstellung einer<br />

sozialen Erhaltungssatzung für den Bereich „Brühl/Zähringen<br />

– beiderseits der Zähringer Straße“ beschlossen,<br />

mit der eine Verdrängung der bisherigen BewohnerInnen<br />

verhindert werden sollte. Nun aber kam ein Gutachten<br />

zum Ergebnis, dass die rechtlichen Voraussetzungen für<br />

eine Milieuschutzsatzung nicht ausreichen würden. Zwar<br />

gebe es Aufwertungspotenzial, zum Beispiel viele Mietwohnungen,<br />

die in Eigentumswohnungen umgewandelt<br />

werden könnten und auch Verdrängungspotenzial, weil<br />

85 Prozent der Haushalte Mieterhaushalte sind und auf<br />

preiswerten Wohnraum angewiesen sind. Es fehle aber an<br />

der dritten notwendigen Bedingung, dem Verdrängungsdruck.<br />

Zugezogene hätten zum Beispiel kein signifikant<br />

höheres Einkommen als die bisherigen BewohnerInnen<br />

und es gebe nur eine geringe Spreizung der Mietpreise<br />

zwischen modernisierten und nicht-modernisierten<br />

Wohnungen. Heißt übersetzt: Wenn auch nicht modernisierte<br />

Wohnungen teuer vermietet werden und alle, auch<br />

die Zugezogenen, wenig Geld haben, nennt sich das nicht<br />

Verdrängungsdruck und es kann keine Milieuschutzsatzung<br />

erlassen werden, mit der z. B. die Umwandlung in<br />

Eigentumswohnungen oder Luxussanierungen verhindert<br />

werden könnten. Wieder zeigt sich: Das Einzige, was<br />

hilft, ist, Häuser dauerhaft dem Markt zu entziehen und<br />

möglichst unter Kontrolle der MieterInnen zu bringen.<br />

[FR] SUVs VERLIEREN LUFT<br />

Mitte Februar wurde an zahlreichen geparkten SUVs in<br />

Freiburg die Luft abgelassen. Das Anti-Luxus-Kollektiv<br />

hatte sich zu den Aktionen bekannt. Es sollen Flyer mit<br />

„Achtung, Ihr Spritfresser ist tödlich“ hinterlassen worden<br />

sein. Berichtet wurde von 150 Fällen. Mit dem Titel „Mit<br />

Linsen gegen SUVs“ hatte die taz kürzlich ausführlich<br />

über das Ablassen von Luft aus den Reifen von SUVs<br />

berichtet. Auch in der Green City nimmt die Zahl dieser<br />

„Panzer“ rasant zu. In Paris müssen BesucherInnen mit<br />

Autos ab 1,6 Tonnen zukünftig 18 € pro Stunde an Parkgebühren<br />

zahlen. Für sechs Stunden werden 225 € fällig.<br />

Weiterführende Links zu den Meldungen<br />

findet Ihr wie immer auf der Homepage:<br />

www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />

Aktuelle Termine: tacker.fr<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 5


Abb.: Die Vorsteher der Tuchmacherzunft (Rembrandt van Rijn)<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 36)<br />

Foto: wikipedia<br />

In der letzten <strong>Ausgabe</strong> ging es überwiegend um die Eingliederung<br />

Freiburgs in das Großherzogtum Baden und<br />

die damit verbundenen Umstellungen für die Stadt und<br />

ihre EinwohnerInnen. Diesmal geht es um die Entwicklung<br />

Freiburgs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

und das Aufkommen des Liberalismus.<br />

NEUE STRUKTUREN IN DER STADT<br />

Beim letzten Mal endete ich mit dem neuen Freiburger<br />

Bürgerrecht und dessen Handhabungen bei den verschiedenen<br />

Gruppierungen der Einwohnerschaft. Durch<br />

diese Unterteilungen und Trennungen tauchten viele<br />

BewohnerInnen Freiburgs erst gar nicht in den amtlichen<br />

Bürgerlisten auf. Im Adresskalender von 1806 z. B. sind<br />

1.107 Bürger, 189 Witwen, 209 Guldenbürger und Hintersassen<br />

aufgeführt, was ungefähr 1.500 Personen sind. Die<br />

wirkliche Einwohnerzahl Freiburgs lag in dem Jahr allerdings<br />

bei etwa 8.500! Die Organisation der Bürgerschaft<br />

in Zünften wurde beibehalten. Es gab weiterhin 12 Zünfte<br />

in Freiburg und da die Zünfte die gesamte Bürgerschaft<br />

repräsentieren sollten, mussten sich nun auch Nichthandwerker<br />

in einer Zunft registrieren lassen. So findet man<br />

beispielsweise in der Küferzunft „Zum Oftinger“ nicht<br />

nur Küfer, sondern auch niedere Staatsdiener, städtische<br />

Angestellte, aber auch Professoren mit Bürgerrecht wie<br />

Carl von Rotteck. Besonders „bunt“ war die Tuchmacherzunft<br />

„Zum Rosbaum“, wo neben den Textilarbeitern auch<br />

Menschen mit „nichtgewerblichen Berufen“ eingetragen<br />

waren. Dazu gehörten unter anderem Münsterturmwächter,<br />

Gerichtsdiener oder Kaminfeger.<br />

Durch das bereits erwähnte sechste Konstitutionsedikt<br />

wurde die gesellschaftliche Rolle der Zünfte nun aber<br />

merklich eingeschränkt. Vor allem die gewerblichen Rechte<br />

der Zünfte wurden mehr und mehr den neuen wirtschaftlichen<br />

Gegebenheiten angepasst, vor allem an die<br />

entstehenden und schnell wachsenden Manufakturen.<br />

Auch die innere Hierarchie in den Zünften wurde jetzt von<br />

anderen beeinflusst. Die Zunftmitglieder selbst durften<br />

jetzt nur noch die „Untervorsteher“ und die „Obermeister“<br />

6<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


wählen, die allerdings noch der Bestätigung durch den<br />

Stadtdirektor bedurften. Die „Obervorsteher“, also die<br />

Zunftkommissare, wurden von den Polizeibehörden ausgesucht<br />

und den Zünften praktisch vor die Nase gesetzt.<br />

Einzig die Funktion als Gewerbeaufsichtsorgan durften<br />

die Zünfte noch uneingeschränkt ausüben.<br />

Durch Kontributionen, Einquartierung und Rekrutierungen<br />

von Soldatenkontingenten während der Napoleonischen<br />

Kriege hatte die Stadt bis 1815 Schulden von etwas<br />

mehr als 450.000 Gulden angehäuft. Zwar belief sich das<br />

Gesamtvermögen der Stadt auf mehr als 570.000 Gulden,<br />

doch bei lediglich 14.000 Gulden jährlicher Einnahmen<br />

blieb der Schuldenberg für viele Jahre die Hauptsorge für<br />

die Stadtverwaltung. So musste der bei der Regierungsübernahme<br />

1806 versprochene Wohlstand noch warten.<br />

Im Rechtswesen wurde das „Neue Stadtrecht“ von Ulrich<br />

Zasius aus dem Jahre 1520 abgelöst und 1810 durch Napoleons<br />

„Code Civil“ ersetzt. Es sollte bis ins Jahr 1900 als<br />

„Badisches Landrecht“ gültig bleiben.<br />

Nach außen hin bot Freiburg in dieser Zeit das Bild einer<br />

idyllischen Kleinstadt. Besucher fanden die Stadt „sehr<br />

lieb“ und „sehr heiter“, machten sich aber auch über die<br />

„kleinstädtische Langeweile“ in Freiburg lustig. Mit leichten<br />

Schwankungen stieg jetzt auch die Einwohnerzahl der<br />

Stadt wieder an. Um das Jahr 1820 waren es bereits mehr<br />

als 12.000 Einwohner, bis zur Mitte des Jahrhunderts<br />

sollten es über 15.000 sein. Das Stadtbild war geprägt von<br />

einer hohen Anzahl an Staatsbediensteten, die bei den<br />

zahlreichen Behörden der Stadt und bei der Universität<br />

angestellt waren. Auch den Handwerkern, Dienstboten<br />

und anderen Gewerben ging es in dieser Zeit recht gut,<br />

im Vergleich zu anderen Städten. Das wird daran gelegen<br />

haben, dass ihre Berufe in der Stadt noch nicht überbelegt<br />

waren und sie noch genügend Arbeit in der Stadt hatten.<br />

Doch mit den steigenden Einwohnerzahlen sollte sich das<br />

ändern. Mittlerweile wuchs Freiburg deutlich schneller<br />

als andere Städte in Baden und das lag zum größten Teil<br />

an einem höheren Zuzug auswärtiger Menschen. Was<br />

allerdings diese besondere Anziehungskraft Freiburgs auf<br />

die Menschen auslöste, darüber gibt es nur Vermutungen.<br />

Die wahrscheinlichste dürfte sein, dass der soziale<br />

und wirtschaftliche Wandel und die damit verbundene<br />

Eröffnung von Fabriken und Manufakturen ein Auslöser<br />

für den starken Zuwachs der Bevölkerung waren.<br />

Obwohl die Einwohnerzahl nun ständig wuchs, wurde<br />

das Stadtgebiet lange Zeit nicht vergrößert. Freiburg verblieb<br />

innerhalb der alten Festungsanlagen und nur einige<br />

wenige freie Plätze wurden überbaut. Doch irgendwann<br />

war der Zuzug zu groß, der Wohnraum wurde knapp und<br />

die Stadt musste handeln. Seit 1819 lagen dem Magistrat<br />

Pläne des Kreisbaumeisters Christoph Arnold vor,<br />

Abb.: Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von<br />

1789 ist eine positive Kodifizierung des Naturrechts.<br />

nach denen die Gegend vor dem Christophstor bebaut<br />

werden sollte; die sogenannte Zähringer Vorstadt sollte<br />

hier entstehen. Sieben Jahre später wurden diese und<br />

weitere Vergrößerungspläne umgesetzt und z. B. auch<br />

das Gebiet zwischen Martinstor und Dreisam, die Stephanienvorstadt,<br />

wurde errichtet. Fast in Rekordzeit wurde<br />

dieses Baugebiet fertiggestellt und bald sollten die ersten<br />

Einwohner ihr Heim beziehen. Doch weder in der Stephanienvorstadt<br />

noch in der Zähringer Vorstadt sollten die<br />

„einfachen, normalen Einwohner Freiburgs“ Wohnraum<br />

finden. Gerade sie, die am meisten unter der immer größer<br />

werdenden Enge zu leiden hatten, mussten draußen<br />

bleiben! Durch neu erdachte Vorschriften und Regelungen<br />

war es nur den wohlhabenden Bürgern möglich, sich<br />

in einer der beiden Neubausiedlungen niederzulassen. So<br />

mussten sich trotz Stadterweiterung zahlreiche Freiburger<br />

mit erbärmlichen Wohnverhältnissen begnügen.<br />

Der Freiburger Historiker und Geschichtsschreiber Heinrich<br />

Schreiber (1793-1872) schrieb dazu folgendes: „Auf<br />

die schlechtesten unter denselben (Wohnungen) sind die<br />

Armen angewiesen, von welchen nicht selten eine zahlreiche<br />

Familie in einer einzigen Stube wohnt, in die niemals<br />

ein Sonnenstrahl dringt, und nie eine reine Luft; denn bei<br />

Oeffnung der Fenster füllt sie sich mit den Ausdünstungen<br />

Foto: wikipedia<br />

Foto: Wikipedia<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 7


Foto: Augustinermuseum<br />

Abb.: Die Kaiserstraße südlich des Martinstors (Stephanienvorstadt), 1860. Im Fokus steht das Martinstor, während<br />

sich rechts die Adelhauser Straße erstreckt. Das Foto wurde 1860 von Gottlieb Theoder Hase angefertigt.<br />

der unter dem Fenster liegenden Dunggrube und der<br />

nahen Schweineställe, in welcher ferner die Wände von<br />

Feuchtigkeit triefen, und ein Qualm von der Ausdünstung<br />

der Bewohner und des an dem Ofen getrocknetem Weißzeugs<br />

den engen Raum erfüllt.“<br />

Doch außer diesem „Anprangern“ der Missstände geschah<br />

nicht viel. Die Reichen, welche sich die neuen<br />

Wohnungen oder Häuser leisten konnten, wollten unter<br />

sich bleiben und duldeten niemanden aus den niederen<br />

Klassen neben sich. Die Armen und Besitzlosen hatten<br />

auch hier wieder das Nachsehen. Sie hatten nur die Wahl<br />

zwischen eigentlich unzumutbaren, aber trotzdem teuren<br />

Wohnungen oder einem der Armenhäuser der Stadt.<br />

Neu gebaut wurde für sie nicht. Das galt damals und gilt<br />

leider heute noch genauso! Doch trotz all der beschriebenen<br />

Enge gab es noch genügend Platz für die Tierhaltung<br />

in der Stadt. Allein 700 Milchkühe, dazu noch Schweine,<br />

Schafe, Ziegen und Kleinvieh hielten sich Freiburgs EinwohnerInnen<br />

zu dieser Zeit. Die räumliche Enge, die daraus<br />

entstehenden Probleme und vor allem die Probleme<br />

der schnell um sich greifenden Industrialisierung sollten<br />

noch größer werden.<br />

DER LIBERALISMUS IN FREIBURG ALS VORBEREITER<br />

DER REVOLUTION<br />

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchte in Freiburg, in<br />

ganz Baden und fast in ganz Deutschland der Liberalismus<br />

auf. Es war eine politische Bewegung, die nach und<br />

nach versuchte, in Europa und der Welt an Einfluss zu<br />

gewinnen. Besonders in den USA fand sie viele Anhänger.<br />

Einer der prominentesten Vertreter des deutschen<br />

Liberalismus, Theodor Mundt, definierte die Ziele so:<br />

„Der Liberalismus will nichts anderes als die Zukunft der<br />

Geschichte!“<br />

Foto: Wikipedia<br />

Liberalismus kommt vom lateinischen Wort liber, was<br />

soviel wie frei oder freiheitlich bedeutet. Der Liberalismus<br />

war eine Weltanschauung, die die Freiheit und damit die<br />

freie Entfaltung des einzelnen Menschen in den Mittelpunkt<br />

rückte. Nach jahrhundertelanger wirtschaftlicher<br />

und politischer Bevormundung durch verschiedene<br />

Obrigkeiten forderten die Liberalisten nun eine Beschränkung<br />

der staatlichen Macht gegenüber den BürgerInnen.<br />

Sie forderten auch die Durchsetzung der Menschenrechte,<br />

die Meinungs- und Pressefreiheit und die Gleichheit aller<br />

Menschen vor dem Gesetz. Im Idealfall würde das einen<br />

8<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


demokratischen Rechtsstaat bedeuten, in dem auch Minderheiten<br />

bis hin zum kleinsten Individuum respektiert<br />

werden. Der Staat sollte Garant für die Rechtsordnung<br />

sein und über sein Handeln regelmäßig Rechenschaft<br />

ablegen. Der Liberalismus nimmt starken Bezug auf die<br />

Freiheitsdefinition der Französischen Revolution von 1789,<br />

in welcher die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“<br />

festgeschrieben wurde. „Die Freiheit besteht darin, alles<br />

tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat<br />

die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen<br />

nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft<br />

den Genuss der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen<br />

können allein durch das Gesetz festgelegt werden.“ Diese<br />

Epoche der Geschichte wird auch als Vormärz bezeichnet.<br />

Das ist die Zeit zwischen der Julirevolution 1830 in Frankreich<br />

und der Revolution 1848/49 in Deutschland. Neben<br />

dem Liberalismus haben viele andere politische, kulturelle<br />

und freireligiöse Bewegungen und Strömungen ihren<br />

Ursprung in Freiburg.<br />

Zwei Vertreter des Liberalismus in Freiburg waren Carl<br />

von Rotteck (1775-1840) und Carl Theodor Welcker (1790-<br />

1869). Rotteck stammte aus einer sehr angesehenen Freiburger<br />

Familie, in der es eine große Anzahl von Klerikern,<br />

Ärzten und hohen Staatsbeamten gab. Rotteck begann<br />

bereits mit 15 Jahren ein Studium der Rechtswissenschaften,<br />

konnte sich jedoch mit der Juristerei nie anfreunden.<br />

Er sah sich eher als Historiker und durch den väterlichen<br />

Einfluss erhielt er eine Professur für „Allgemeine Weltgeschichte“<br />

an der Universität Freiburg. Hier nahm er sein<br />

großes, viel beachtetes historisches Werk in Angriff. Er<br />

schrieb sein neun Bände umfassendes Werk „Allgemeine<br />

Geschichte“, welches zwischen 1812 und 1827 im Verlag<br />

des berühmten Freiburger Verlegers Bartholomä Herder<br />

herausgegeben wurde. Bis zu Rottecks Tod wurde die „Allgemeine<br />

Geschichte“ mehr als 100.000-mal verkauft, was<br />

ihn zum erfolgreichsten Historiker seiner Zeit machte. Der<br />

Unterschied zu anderen Geschichtsbüchern war, dass hier<br />

die Weltgeschichte als kontinuierliche Abfolge dargestellt<br />

wurde, bis zur damaligen Gegenwart. Rotteck zeigte die<br />

Entfaltung immer größer werdender Freiheit auf und<br />

stellte das als gesetzmäßig dar. Er erklärte den Staat als<br />

vertragliches Konstrukt und war der Auffassung, dass<br />

die „res publica“ die Summe aller BürgerInnen und ihres<br />

politischen Verstandes sei.<br />

Nicht immer waren Rottecks Ansichten so frei und<br />

fortschrittlich. Beim Wahlrecht war er beispielsweise<br />

für Beschränkungen desselben. So sollten die unteren,<br />

besitzlosen Klassen, der „Pöbel“, besser nicht wählen.<br />

Auch in der Frage der „Judenemanzipation“ blieb Rotteck<br />

bei Beschränkungen, war damit aber in seiner Zeit nicht<br />

allein. In den 1830er Jahren hatten die Juden in Baden<br />

zwar Gewerbefreiheit, steuerliche Gleichberechtigung<br />

Foto: wikipedia<br />

Abb.: Porträt Carl Theodor Welcker (1790-1869), Lithographie<br />

um 1848 nach einer Zeichnung von Valentin Schertle<br />

und auch ihre Konfession wurde prinzipiell anerkannt,<br />

doch sie hatten nicht die gleichen Orts- und Staatsbürgerrechte.<br />

Sie durften nicht wählen, noch durften sie gewählt<br />

werden; sie durften nicht an Gemeindeversammlungen<br />

teilnehmen und keine öffentlichen Ämter bekleiden. In<br />

den sogenannten „Judendebatten“ im Landtag von 1831<br />

und 1833 betonte Carl von Rotteck sogar das „antisoziale<br />

Wesen“ der „jüdischen Nation“. Leider war das aber auch<br />

die Ansicht der meisten seiner Kollegen.<br />

Carl Theodor Welcker wurde in Hessen geboren und auch<br />

er kam nach dem Studium der Rechtswissenschaften an<br />

die Uni Freiburg und erhielt hier 1822 einen Lehrstuhl.<br />

Wie Rotteck auch kam er Anfang der 1830er Jahre in den<br />

Landtag nach Karlsruhe. Welcker setzte sich vor allem für<br />

die Freiheit der Presse ein und veröffentlichte 1830 eine<br />

Petition darüber.<br />

In der nächsten <strong>Ausgabe</strong> berichte ich darüber, wie Welcker<br />

und Rotteck zusammenkamen und wie sie versuchten,<br />

den Liberalismus zu verbreiten. Weiter erkläre ich,<br />

wie der Liberalismus letztendlich zur Revolution führte.<br />

Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg, beim Alemannischen<br />

Institut Freiburg, der Waisenhausstiftung, Gerlinde<br />

Kurzbach, Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 9


STOCHERN IM KERNFRAGENNEBEL<br />

Was ist der Sinn unseres Lebens?<br />

Foto: Arne Bicker<br />

Was sagte noch gleich der 2018 verstorbene Boxer Graciano<br />

Rocchigiani sinngemäß auf die Frage nach dem<br />

Sinn des Lebens: „Wat braucht der Mensch außer Glotze<br />

gucken, een bisschen bumsen und een bisschen<br />

Anerkennung.“<br />

Ja, schlagfertig war er einfach, dieser schillernde Sportler,<br />

nicht nur im Supermittel- und Halbschwergewicht. Wenn<br />

ich mich aber selbst nach meinem Lebensmotto befrage,<br />

egal ob fliegen- oder schwergewichtig, und kontemplativ<br />

in mich gehe – was ist dann der Kern meines Wesens? Die<br />

Frage nach dem Sinn des Lebens steckt latent auch in mir<br />

drin; und wenn ein naher Verwandter oder ein Freund<br />

stirbt, so wie ich es hier in Freiburg erst vor wenigen Wochen<br />

erlebt habe, dann wird die Tür zu dieser Kernfrage<br />

aufgestoßen – aber eine schnelle Antwort fand ich mal<br />

wieder nicht.<br />

Diesmal suche ich. Zum Tod von Bruno Ganz (2019) finde<br />

ich in einem Interview in dem evangelischen Magazin<br />

‚Chrismon‘ einen Absatz, in dem der großartige Schauspieler<br />

die explizite Frage beantwortet hatte, ob das Leben<br />

einen Sinn habe. Ganz sagte demnach: „Nein. Aber<br />

mich beschäftigt das auch nicht so. Ich frage mich eher:<br />

Was machst du mit der Zeit, die dir gegeben ist von Geburt<br />

bis Tod? Was machst du mit deiner Begabung? […]<br />

Ich bin froh, wenn ich sagen kann: Ich habe wirklich getan,<br />

was ich konnte, mehr war nicht drin.“<br />

Und wieder frage ich mich: Was wäre meine Antwort gewesen?<br />

Und wieder finde ich in mir drin keine Antwort,<br />

stattdessen in meinem Bücherregal das verstaubte Taschenbuch<br />

des renommierten, britischen Gegenwarts-Philosophen<br />

Julian Baggini (55) mit dem Titel „Der Sinn des<br />

Lebens“ (Piper, 2006). Die Frage nach dem Sinn sei eigentlich<br />

ein Platzhalter für mehrere Fragen, schreibt Baggini,<br />

nach dem Warum, dem Glück, einem höheren Zweck, dem<br />

Eigensinn oder der Hilfe für andere – unter anderem.<br />

Das klingt zumindest nicht allzu geheimnisvoll. Worum<br />

geht es also? Um Erfolg, Glück, Reichtum? Für mich oder<br />

ein paar oder für alle Menschen, oder auch für andere Lebewesen?<br />

Oder vielleicht um Selbstständigkeit oder das<br />

Streben nach Wahrheit? Oder ergibt sich der Sinn allein<br />

aus einem gesunden Selbstvertrauen? Geht es um einen<br />

schönen Körper, tollen Sex? Oder ist das Leben per se sinnlos,<br />

weil wir ja eh alle irgendwann sterben?<br />

Je länger ich las, desto mehr entfernte ich mich von einer<br />

einfachen Antwort. Die Frage lasse sich nicht durch<br />

die Entdeckung neuer Fakten beantworten, so Baggini,<br />

vielmehr durch pures Nachdenken. Und der französische<br />

10<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


Philosoph Jean-Paul Sartre meinte, dem menschlichen<br />

Leben wohne nicht per se ein im Voraus festgelegter Sinn<br />

inne. Deshalb müsse sich jeder einzelne der Verantwortung<br />

stellen, sich einen Sinn zu schaffen. Ist es vielleicht<br />

das, was die vielen Flüchtlingshelfer hier in Deutschland<br />

antreibt? Aber was ist dann der Lebenssinn radikaler<br />

Nationalisten?<br />

Und was wäre mit einer Maxime, frei nach Kant: Tu, was<br />

zu einem besseren Leben für alle führt? Der maximale<br />

Anspruch. Er ließe sich problemlos in eine Säulenhalle<br />

einsortieren zwischen Artikel 14 unseres Grundgesetzes<br />

(Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem<br />

Wohle der Allgemeinheit dienen.), dem christlichen Gebot<br />

zur Nächstenliebe und etlichen anderen wohlmeinenden<br />

Anregungen.<br />

Nur, wer hält sich daran? Der Glaube an einen höheren<br />

Zweck jedenfalls sei wohl vergebens, wenn auch verführerisch,<br />

schreibt Baggini. Und auch mit Blick in die Niederungen<br />

des Alltags hält er fest: „Für die meisten von uns<br />

verbessert sich das Leben nicht wesentlich, wenn wir unsere<br />

CDs mit einer besseren Stereoanlage abspielen oder<br />

statt eines Ford einen Jaguar fahren.“<br />

Der altgriechische Philosoph Aristoteles betonte den Unterschied<br />

zu anderen Lebewesen: Der Sinn des menschlichen<br />

Lebens sei es, Mensch zu sein und seine Vernunft<br />

auszubilden. In eine ähnliche Richtung dachte auch der<br />

niederländische Philosoph Baruch de Spinoza (1632-1677):<br />

„Sein, was wir sind, und werden, was wir werden können,<br />

das ist das Ziel unseres Lebens.“<br />

Schon sehr viel früher hatte der Römer Seneca (1-65) den<br />

zeitlichen Aspekt der Fragestellung untersucht: „Wir haben<br />

nicht zu wenig Zeit, wir verschwenden zu viel davon.<br />

Auch zur Vollbringung der größten Dinge ist das Leben<br />

lang genug, wenn es nur gut angewendet wird.“ Wow!<br />

Die durchschnittliche Lebenserwartung seiner Zeit lag<br />

deutlich unter fünfzig Jahren. Dafür gab es damals weder<br />

Fernsehen noch Handys.<br />

Als der Modezar Karl Lagerfeld (1933-2015) 85-jährig das<br />

Zeitliche segnete, hinterließ er in einem Interview mit<br />

dem ‚Tagesspiegel‘ die Worte: „Es wird Milliarden von<br />

Leuten vor uns oder Milliarden nach uns geben. Man soll<br />

seinen persönlichen Fall nicht so dramatisieren. Denn der<br />

Sinn des Lebens ist das Leben, und damit hat sich's." Kann<br />

das wirklich so einfach sein? Immerhin hatte sich so ähnlich<br />

auch schon Goethe geäußert: „Der Sinn des Lebens ist<br />

das Leben selbst.“<br />

Zur Sicherheit ziehe ich noch den dänischen Philosophen<br />

Søren Kierkegaard zurate. Er soll gesagt haben: „So viel ich<br />

das Leben betrachte, ich kann keinen Sinn hineinbringen.<br />

Ich glaube, mir hat ein böser Geist eine Brille auf die Nase<br />

gesetzt, von deren Gläsern das eine in ungeheurem Maßstab<br />

vergrößert, während das andere im selben Maßstab<br />

verkleinert.“<br />

Mein Zwischenfazit: Es bleibt schwierig. Wenn ich sage,<br />

der Sinn des Lebens sei es, ein erfülltes Leben zu haben,<br />

oder zu tun, was mir wirklich wichtig ist, dann verschiebe<br />

ich nur die Fragestellung. Ich denke vielmehr, der Sinn des<br />

Lebens ist am Ende so etwas wie eine Matrix, ein Puzzle,<br />

das ich mir selbst aus fast unendlich vielen Faktoren<br />

in individueller Gewichtung zusammensetzen kann, in<br />

einem mir persönlich menschenwürdig erscheinenden<br />

Wertesystem.<br />

Dazu können gehören Glück- und Freiheitssuche, Fortpflanzung,<br />

Verantwortung oder vielleicht göttliche Bestimmung,<br />

aber auch mein Weg durch etliche Antipoden<br />

wie Hedonismus und Altruismus. Ich kann also meine<br />

Werte (und deren von mir anzustrebende Umsetzung)<br />

selber festlegen, wie die Regler einzelner Kanäle auf einem<br />

Mischpult. Da kann ich dann meinen Lebenssinn<br />

einstellen, zum Beispiel zwischen Großzügigkeit und<br />

Gier, Engstirnigkeit und Toleranz, Verzicht und Konsum,<br />

Ehrlichkeit und Desinformation, Liebe und Hass, Wissenschaft<br />

und Verschwörungsglaube, zwischen Elektroauto<br />

und Verbrenner, Tempo-Limit oder mehr Toten und stärkerer<br />

Umweltschädigung und so weiter, wohin mein Blick<br />

sich wendet.<br />

Mein (Master-) Sinn des Lebens ist dann ein Bündel aus<br />

sehr vielen, einzelnen Lebenssinnen, etwa wie ein Überseekabel<br />

mit hunderten Teilfasern. Der Philosoph Christian<br />

Uhle schreibt in seinem Buch „Wozu das Alles – Eine<br />

philosophische Reise zum Sinn des Lebens“ (S. Fischer Verlage,<br />

2023) es gebe nicht einen Sinn, sondern unterschiedliche<br />

Sinnquellen, dazu in die Zukunft gerichtete sinnvolle<br />

Visionen. Das bestätigt meine neue, individuell-pluralistisch-diversifizierende<br />

Sichtweise.<br />

Das mit dem Sinn des Lebens ist nicht einfach, aber ich<br />

selbst kann und sollte diesen beeinflussen, wenn nicht<br />

gar festlegen, mit meinem virtuellen Mischpult. Und<br />

dann möglichst gut danach handeln. Das erscheint mir<br />

handfest. Mein Nebel hat sich gelichtet.<br />

Arne Bicker<br />

Arne Bicker ist Journalist und Autor in Freiburg und<br />

Mitbegründer der Lesebühne „Die Glyphenreiter“ und<br />

der ersten Freiburger Buchmesse freiBUCH<br />

(3. – 5. Mai 2024 / www.freibuch.de)<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 11


Menschen, die auf der Straße leben, vielleicht nicht so haben.<br />

Eine Straßenzeitung ist von den Themen anders als<br />

andere Medien, dieses Soziale finde ich sehr wichtig, gerade<br />

für Menschen mit wenig Einkommen.<br />

Welche Aufgaben übernimmst Du in der Redaktion?<br />

In erster Linie bin ich sozusagen das „Tür-Mädchen“. Wenn<br />

jemand klingelt, ob jetzt VerkäuferIn oder irgendwelche<br />

Gäste, bin ich meist der erste Kontakt. Ich halte den zwei<br />

Redakteuren mehr oder weniger den Rücken frei, damit sie<br />

frei arbeiten können. Ich kümmere mich um die Belange<br />

der VerkäuferInnen und gebe Zeitungen aus. Am Ende des<br />

Monats bin ich unterstützend in der Korrekturarbeit tätig.<br />

Du bist Bindeglied zwischen der Redaktion und den<br />

VerkäuferInnen?<br />

Wenn irgendwas sein sollte, bin ich der erste Ansprechpartner.<br />

Ich bespreche das anschließend mit meinen zwei Kollegen,<br />

um dann vielleicht Lösungen für die jeweiligen VerkäuferInnen<br />

zu finden oder Unterstützungswege aufzuzeigen.<br />

Wenn Probleme auftauchen, kann man sich jederzeit gerne<br />

an uns in der Redaktion wenden. Wir sehen uns als eine<br />

Ergänzung zu sozialen Anlaufstellen, wo manche vielleicht<br />

auch ein bisschen Scheu vor haben.<br />

Foto: E. Peters<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

Karsten Koeleman<br />

Wir finden, es ist an der Zeit für ein Gespräch mit unserem<br />

Karsten. Karsten Koeleman ist seit 2012 Verkäufer<br />

des FREIeBÜRGER und seit Mitte 2013 Teil der FREIeBÜR-<br />

GER-Redaktion. Er ist VerkäuferInnen-Sprecher und zuständig<br />

für einen gelungenen Start aller neuen VerkäuferInnen,<br />

die Zuweisung der Verkaufsplätze, und wenn<br />

bei dem einen oder anderen mal der Schuh drückt, ist<br />

er sofort mit Rat und Tat zur Stelle. Des Weiteren ist er<br />

Redaktionsassistent.<br />

Lieber Karsten, wie geht es Dir?<br />

Ich hatte leider im Januar eine schwere Grippe, und da fehlt<br />

es mir halt im Moment noch so ein bisschen an Energie.<br />

Aber ansonsten geht es mir wieder gut. Danke!<br />

Du bist seit über zehn Jahren Teil des FREIeBÜRGER-<br />

Teams. Was bedeutet Dir die Arbeit für eine Straßenzeitung?<br />

In erster Linie finde ich das Projekt Straßenzeitung sehr<br />

wichtig, weil es vielen Menschen Möglichkeiten gibt, sich<br />

etwas finanziell dazuzuverdienen, aber halt auch vor allem<br />

eine Struktur im Leben aufzubauen, was einige, gerade<br />

25 Jahre FREIeBÜRGER wurden letztes Jahr gefeiert. Dein<br />

Kommentar dazu?<br />

Grandios! 25 Jahre unabhängig, mit vielen Höhen und Tiefen,<br />

aber immer wieder in die Stabilität zurückgekommen.<br />

Das ist schon eine große Nummer für eine unabhängige,<br />

kleine Straßenzeitung.<br />

Du verkaufst selbst seit über einem Jahrzehnt. Wie hat<br />

sich für Dich in der Zeit das Bild der Freiburger Innenstadt<br />

in Bezug auf obdachlose Menschen verändert?<br />

Es ist schwieriger geworden für obdachlose Menschen, weil<br />

meines Erachtens immer mehr Vertreibung und Verdrängung<br />

aus der Innenstadt stattfindet. Die Stadt bemüht sich,<br />

ein sauberes Bild der Innenstadt darstellen zu wollen, was<br />

für viele Obdachlose natürlich schwierig ist, weil sie ja gerade<br />

auch in der Innenstadt viele Anlaufmöglichkeiten haben,<br />

sich aber großartig nicht aufhalten dürfen.<br />

Spielen die hohen Mietpreise Deiner Meinung nach auch<br />

eine Rolle bei der Zahl der Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit<br />

bedrohten Menschen?<br />

Das mit Sicherheit auch. Die hohen Mietpreise, aber auch<br />

der geringe Anteil an wirklich sozialen Wohnungen. Die<br />

Wohnungen, die es im Sozialbereich gibt, sind meistens<br />

belegt.<br />

Was war Dein schönstes Erlebnis beim Verkauf?<br />

Das war 2016, als mich eine ältere Dame für zehn Tage nach<br />

Jerusalem eingeladen hat. Über Monate hinweg haben wir<br />

12<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


engen Kontakt auf der Straße aufgebaut. Die Reise war ein<br />

Dankeschön für meine moralische Unterstützung ihr gegenüber.<br />

Das war in meinen Augen das größte Kino, was ich<br />

überhaupt erlebt habe.<br />

Siehst Du in Freiburg die Ausgrenzung obdachloser<br />

Menschen?<br />

Sehe ich definitiv. Die Menschen werden immer weiter an<br />

den Stadtrand getrieben, müssen sich Zeltlager im Wald,<br />

mehr oder weniger auch illegal, einrichten. Die Möglichkeiten<br />

für Notunterkünfte sind weit außerhalb der Stadt oder<br />

am Stadtrand. Diese Containerdörfer, die sie mittlerweile<br />

eingerichtet haben, das ist auch eine Art Ausgrenzung.<br />

Was kann die Bürgerschaft tun, um Obdachlosen zu helfen,<br />

und was müsste die Stadt Freiburg dringendst in Angriff<br />

nehmen?<br />

Die letzten Jahre wurde immer mal wieder versucht, in den<br />

Wintermonaten obdachlosen Menschen tagsüber Aufenthaltsmöglichkeiten<br />

zu geben. Aber in erster Linie ist es ganz<br />

klar notwendig, mehr in sozialen Wohnungsbau zu investieren<br />

und die Menschen auch aus diesen Unterkünften, die<br />

teilweise überbelegt sind und wo verschiedenste Charaktere<br />

aufeinanderprallen, zu holen und so die prekäre Lage<br />

dort ein bisschen zu entschärfen.<br />

Was sollte Deiner Meinung nach weltweit umgehend abgeschafft<br />

werden?<br />

Jede Art von Waffen, Hungersnot und Obdachlosigkeit.<br />

Viele wissen, Dein Fußballer-Herz schlägt für den FC. St.<br />

Pauli. Aufstieg in die erste Liga? Die Chancen stehen ja<br />

gut. Was meinst Du?<br />

Mein Herz schlägt seit 35 Jahren für den FC St. Pauli. Nach<br />

13 Jahren mal wieder aufzusteigen, wäre natürlich schön.<br />

Wenn ich das realistisch sehe, besteht natürlich die Möglichkeit,<br />

wir sind Tabellenführer, wir spielen eine grandiose<br />

Saison, aber ich weiß halt auch: Der Weg ist noch weit. Es<br />

ist noch ein Drittel der Saison zu spielen, da ist noch viel Arbeit.<br />

Aber ich wünsche es mir, und ich bin auch davon überzeugt,<br />

dass die Mannschaft vom FC St. Pauli das Potenzial<br />

hat, diesen Sprung zu machen und mal wieder ein, vielleicht<br />

auch zwei oder drei Jahre in der Ersten Liga zu spielen.<br />

Ich freue mich!<br />

Wie oft bist Du für das echte Fanfeeling bei einem Heimspiel<br />

im Millerntor-Stadion?<br />

Das hat leider ein bisschen nachgelassen. Vor einigen Jahren,<br />

als meine Tochter noch schulpflichtig war, bin ich regelmäßig<br />

in den Ferien bei ihr in Hamburg gewesen. Jetzt<br />

mittlerweile hat sie ausgelernt, hat ihr eigenständiges Leben,<br />

und ich bin nicht mehr so oft da. In dieser Saison tatsächlich<br />

erst einmal live am Millerntor, das war beim Hamburger<br />

Stadt Derby. Das Rückspiel habe ich auch im Visier.<br />

Ansonsten versuche ich, was im Moment in dieser Saison<br />

nicht so einfach ist, in der Region immer mal auch zu einem<br />

Auswärtsspiel zu fahren.<br />

Was machst Du in Deiner Freizeit?<br />

Am liebsten chillen, mich mit Leuten treffen. Manchmal,<br />

am Wochenende zum Beispiel, gehe ich gerne raus ins Rieselfeld<br />

zu meinen Freunden auf dem Bauwagen-Platz, um<br />

da einfach gemütlich ein paar nette Gespräche zu haben,<br />

abends am Lagerfeuer zu sitzen, Bierchen dazu zu trinken<br />

und einfach zu entspannen. Und ansonsten, ganz klar, Woche<br />

für Woche, wenn es dann stattfindet, bemühe ich mich,<br />

die Spiele des FC St. Pauli zumindest auf dem Fernseher live<br />

verfolgen zu können.<br />

Worüber kannst Du lachen und was macht Dich wütend?<br />

Zum Lachen gibt es viele Sachen, und ich bin, glaube ich,<br />

ein sehr freundlicher, humoristischer Mensch. Wütend machen<br />

mich Ungerechtigkeiten, Ausgrenzung und gewalttätige<br />

Menschen zum Beispiel.<br />

Hast Du noch Ziele in Deinem Leben?<br />

Ja, ich möchte schon noch ein paar Jahre für den FREIeBÜR-<br />

GER weiterhin aktiv sein. Ich habe in den letzten Jahren angefangen,<br />

innerhalb Europas immer mal wieder ein paar<br />

Tage Urlaub zu machen, das will ich weiterhin, und vielleicht<br />

mal eine Fernreise nach Mittel- oder Südamerika.<br />

Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />

Und welcher der hässlichste?<br />

Der schönste Ort ist ganz klar gegen Abend in der Dämmerung<br />

der Kanonenplatz am Schlossberg. Und der hässlichste<br />

Ort ist in meinen Augen der Vorplatz am Hauptbahnhof<br />

mit den riesigen Glasbauten, zum Beispiel dem neuen<br />

Volksbankgebäude.<br />

Was wünschst Du Freiburg?<br />

Ich wünsche Freiburg, dass es weiterhin so offen, tolerant<br />

und bunt bleibt, und ja, dass es in diesen sozialen Ungerechtigkeiten,<br />

die es teilweise gibt, vielleicht ein paar Verbesserungen<br />

geben könnte.<br />

Möchtest Du noch irgendwas sagen?<br />

Ja, in diesem Sinne möchte ich mich grundsätzlich noch<br />

mal bei allen Kundinnen und Kunden bedanken, die mich<br />

regelmäßig in der Stadt beim Verkaufen sehen und mir<br />

stets auch immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und weiterhin<br />

viel Erfolg für die redaktionelle Arbeit beim FREIeBÜRGER.<br />

Dass wir noch viele Jahre so weitermachen<br />

können!<br />

Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke für alles, Keule!<br />

Oliver, Ekki & Conny<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 13


DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />

Ein Blick hinter die Kulissen des Bio-Hofladens<br />

Foto: E. Peters<br />

Jana Diebold ist freischaffende Texterin, Slow-Content-<br />

Marketing-Beraterin und seit Juni 2023 Inhaberin des<br />

Hofladens Flotte Schalotte in der Egonstraße 45, wo es<br />

ausschließlich hochwertige Bio- und Demeter-Produkte<br />

zu kaufen gibt, zu 90 % aus der Region rund um Freiburg.<br />

Daneben betreibt sie einen Blog und bietet Onlinekurse<br />

im Bereich Heilpflanzen an. Eine sympathische Allrounderin,<br />

die möchten wir Ihnen einfach nicht vorenthalten!<br />

Wir konzentrieren uns heute auf die Flotte Schalotte.<br />

Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Hofladen zu<br />

eröffnen?<br />

Ich bin seit fast zehn Jahren als freie Texterin tätig, hatte<br />

viele Kundentermine vor Ort und war viel unterwegs. Dann<br />

kam Corona. Alles fand nur noch online statt. Mir ist die<br />

Decke auf den Kopf gefallen und ich wollte meinem Leben<br />

eine neue Richtung geben. So kam die Idee, samstags als<br />

Marktverkäuferin bei der Bio-Gärtnerei Witt in Emmendingen<br />

anzufangen. Eines Tages habe ich beschlossen, ein zweites<br />

Unternehmen zu gründen: einen Hofladen. Der Chef der<br />

Bio-Gärtnerei Witt wollte mich unterstützen und mit Ware<br />

beliefern – und so hatte ich schon den ersten Kontakt.<br />

Wie kamst Du auf den Namen Flotte Schalotte?<br />

Ich wollte unbedingt einen lustigen und einprägsamen Namen<br />

wählen. Meine beste Freundin wohnt in Berlin und<br />

immer, wenn ich sie besuche, fallen mir die witzigen Namen<br />

der Läden, Bars und Restaurants auf. Das hat mich<br />

inspiriert.<br />

Stehst Du täglich selbst im Laden, machst Du alles alleine?<br />

Oder hast Du MitarbeiterInnen und wenn ja, wie<br />

viele?<br />

Ich habe ca. sechs Monate alles alleine gemacht. Im November<br />

2023 haben dann meine ersten beiden Mitarbeiterinnen<br />

angefangen. Und ab März 2024 sind wir mit mir nun<br />

schon zu fünft. Dadurch kann ich die Öffnungszeiten erheblich<br />

erweitern und habe ab dem 13.03.2024 von dienstags<br />

bis freitags von 9 bis 19 Uhr und samstags von 9 bis 14 Uhr<br />

geöffnet.<br />

Woher beziehst Du Deine Ware? Achtest Du auf kurze<br />

Transportwege?<br />

Ja, ich achte sehr auf kurze Transportwege. Ich arbeite persönlich<br />

mit fünf Bio-Höfen und Gärtnereien aus der Region,<br />

14<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


die mich beliefern. Produkte, die diese Höfe nicht haben,<br />

bestelle ich beim Bio-Großhändler Rinklin in Eichstetten.<br />

Ich möchte die hochwertige Bio-Ware von den ErzeugerInnen<br />

aus dem Freiburger Umland in die Stadt holen.<br />

Was hast Du alles in Deinem Sortiment?<br />

Der Fokus liegt auf Bio-Obst & -Gemüse aus der Region.<br />

Daneben biete ich auch Tee, Eier, Honig, Aufstriche, Essige,<br />

Öle und mehr an – alles Bio. Ich produziere jetzt auch selbst<br />

und werde ab März Eingemachtes, Eingelegtes und Eingekochtes<br />

in Gläsern mit Pfandsystem anbieten. Meine Kundinnen<br />

und Kunden können dann z. B. Bio-Kartoffelsuppe<br />

im Glas kaufen, zu Hause verzehren und mir das Glas wieder<br />

zurückbringen. So sparen wir 100 % Verpackungsmüll.<br />

Wie lockst Du Deine KundInnen an?<br />

Ich habe einfach die Türe geöffnet. Auch über Mund-zu-<br />

Mund-Propaganda hat sich die Eröffnung herumgesprochen.<br />

Das reicht nicht aus, deshalb habe ich eine Website<br />

und einen Instagram-Account erstellt: www.flotte-schalotte.de<br />

und www.instagram.com/flotteschalotte/. Hier habe<br />

ich wichtige Informationen wie die Öffnungszeiten platziert<br />

und über Instagram möchte ich zukünftig einen Blick<br />

hinter die Fassade ermöglichen.<br />

Was passiert mit Waren, die Du nicht verkaufst?<br />

Ich bestelle sehr gründlich meine Ware, mehrmals die Woche.<br />

So kann ich garantieren, dass immer alles frisch ist und<br />

ich nichts wegwerfen muss. Sollte etwas übrig bleiben, essen<br />

wir es selbst oder ich verteile es an die Kunden. Wir sind<br />

außerdem bei „Too Good To Go“ angemeldet.<br />

Du hast mittlerweile drei berufliche Standbeine. Bleibt<br />

da überhaupt noch Zeit für Privates? Und wie erholst Du<br />

Dich in Deiner Freizeit?<br />

Dadurch, dass ich selbstständig bin, kann ich mir meine<br />

Zeit frei einteilen. Für mich ist das alles keine „Arbeit“, sondern<br />

Dinge, die mir Spaß machen. Zudem ist mein Ehemann<br />

auch selbstständig, so können wir unsere freien Tage<br />

aufeinander abstimmen. Wir haben zwei Hunde, mit denen<br />

verbringen wir unsere Freizeit in der Natur. Im Urlaub<br />

campen wir, genießen die Ruhe und tanken neue Energie.<br />

Auch ein abendlicher Spaziergang mit den Hunden hilft<br />

mir, den Tag Revue passieren zu lassen und damit abzuschließen.<br />

So kann ich abends gut entspannen und freue<br />

mich morgens auf den neuen Tag.<br />

Vielen Dank, liebe Jana, für das tolle informative Gespräch.<br />

Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg mit der<br />

Flotten Schalotte.<br />

Oliver & Ekki<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 15


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16<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


Wiedereröffnung am 13.03.2024<br />

Hofladen<br />

Regionales & saisonales Bio-Obst und -Gemüse<br />

Öffnungszeiten: Di. – Fr.: 9 – 19 Uhr, Sa.: 9 – 14 Uhr<br />

Egonstr. 45 (Ecke Eschholzstr.) • www.flotte-schalotte.de<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 17


Foto: iStock / South agency<br />

JOURNALISMUS IST KEIN VERBRECHEN<br />

Es wäre kriminell, uns die Freiheit der Berichterstattung wegzunehmen<br />

Die ‚Trust Conference‘ der Thomas Reuters Foundation<br />

mahnte eindringlich, wie anspruchsvoll die Welt des<br />

Journalismus heutzutage ist. Mike Findlay-Agnew, Geschäftsführer<br />

des International Network of Street Papers,<br />

stellt einige herausragende Aspekte vor.<br />

Journalismus ist kein Verbrechen und sollte auch nicht als<br />

solches angesehen werden. Dies war nur eine der vielen<br />

eindringlichen Botschaften, die hunderte Medienexperten,<br />

Journalisten und Redakteure, Politiker, Regierungsvertreter,<br />

Juristen und andere im Oktober auf der ‚Trust<br />

Conference‘ der Thomas Reuters Foundation in London zu<br />

hören bekamen.<br />

Das ‚Vertrauen‘ (Anm.d.Red.: Englisch ‚Trust‘) bezieht sich<br />

in diesem Kontext nicht nur auf das Vertrauen in Journalisten,<br />

sondern erstreckt sich auch auf das Vertrauen in<br />

die Regierungen und Bürger, oder manchmal viel mehr<br />

und präziser auf den Mangel an Vertrauen zwischen<br />

diesen Gruppen als Grundursache vieler Menschenrechtsverletzungen<br />

und Konflikte.<br />

Es ist eine ernüchternde und harte Realität, dass viele<br />

Journalisten während der Berichterstattung vor Ort getötet<br />

werden. Nur wenige Tage vor der Konferenz wurde<br />

Issam Addallah, ein Reuters Videojournalist, an der Front<br />

der Israelisch-Libanesischen Grenze von einer israelischen<br />

Rakete getötet.<br />

Laut dem Komitee zum Schutz von Journalisten, das sich<br />

für das Recht von Journalisten einsetzt, sicher und ohne<br />

Angst vor Repressalien über Nachrichten zu berichten, ist<br />

Issam einer von mindestens 21 Journalisten, die seit dem<br />

Ausbruch des Israel-Gaza-Krieges getötet wurden.<br />

Die türkische Akademikerin und Nahost-Expertin Hatice<br />

Cengiz gab ihre persönliche Erklärung über den Mord<br />

an ihrem Verlobten, dem saudischen Journalisten Jamal<br />

Khashoggi: „Jamal hat sich für das Exil entschieden, weil<br />

er seine Feder nicht benutzen konnte und wegen seiner<br />

beruflichen Erfahrung nicht respektiert wurde“, bemerkte<br />

sie.<br />

18<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


JOURNALISTEN IM EXIL UND IN GEFANGENSCHAFT<br />

Wir erfuhren direkt von der Präsidentin des Komitees<br />

zum Schutz von Journalisten, Jodie Ginsberg, wie Journalisten<br />

wie Jamal ins Exil gezwungen werden, nur weil sie<br />

ihren Job machen.<br />

Viele Länder schaffen kein Umfeld, in dem sich Medien<br />

im Exil entfalten können, und in den letzten Jahren hat<br />

der Bedarf an Unterstützung für Journalisten in solchen<br />

Situationen zugenommen, was die wachsende Zahl von<br />

Journalisten widerspiegelt, die aus ihrem Heimatland<br />

fliehen.<br />

Sie sagte: „Wir erkennen, dass es an einem förderlichen<br />

Umfeld fehlt, das Journalisten die Arbeit ermöglicht. Es<br />

kommt häufig vor, dass ein Journalist mit einer Art Notvisum<br />

in ein Land einreist, aber keine Arbeitserlaubnis hat.“<br />

„Viele der Journalisten, mit denen wir arbeiten, berichten,<br />

dass dies in das Narrativ der Regierung passt, die sie im<br />

Wesentlichen ins Exil gezwungen hat, da die Regierung<br />

im Endeffekt sagen kann: Seht euch diese Person an, sie<br />

kann nicht länger als Journalist arbeiten. Es trägt zur<br />

Verleumdungskampagne gegen den Journalisten/ die<br />

Journalistin bei. Sie müssen etwas anderes tun.“<br />

„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Regierungen<br />

Wege finden, um diesen Journalisten ein günstiges<br />

Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Und noch mal, das ist<br />

leider nichts, was wir nicht häufig oder regelmäßig sehen.<br />

Regierungen könnten dies für ein bestimmtes Land tun,<br />

wie die Ukraine oder Russland, aber tun nicht dasselbe<br />

bei z. B. afghanischen Journalisten.“<br />

Während der Konferenz hörten wir viele Berichte über<br />

rechtliche Bedrohungen für Journalisten und wie kollektive<br />

Bemühungen zur Verteidigung der Medienfreiheit und<br />

Demokratie eingesetzt werden können.<br />

An das Publikum richtete sich Sebastian Lai, Sohn des<br />

berühmten pro-demokratischen Kämpfers, Medienunternehmers<br />

und Schriftstellers Jimmy Lai.<br />

Jimmy Lai war es, der Next Digital und Apple Daily, die<br />

beliebte unabhängige chinesischsprachige Zeitung in<br />

Hongkong, gründete, welche 2021 von den Behörden in<br />

Hongkong gewaltsam stillgelegt wurde. Der britische<br />

Staatsbürger Jimmy Lai ist seit Dezember 2020 in Hongkong<br />

im Gefängnis und wartet nun auf seinen Prozess,<br />

welcher zu seiner lebenslangen Inhaftierung führen<br />

könnte.<br />

Sein Sohn Sebastian sprach darüber, wie das Ausmaß und<br />

die Tragweite der ‚gesetzlichen Verfolgung‘, die gegen<br />

Foto: Marek Pospisil<br />

Abb.: Thomson Reuters Foundation ‚Trust Conference‘<br />

Journalisten geführt wird, die kritische Berichterstattung<br />

über die Wahrheit unterdrücken. Er befindet sich in<br />

einem andauernden Kampf zur Befreiung seines Vaters,<br />

der bisher über 1.000 Tage in Hongkong inhaftiert war.<br />

Sebastian führt die internationale #FreeJimmyLai-Kampagne<br />

an, um die Entlassung seines Vaters zu erwirken.<br />

Sebastian kommentiert: „Es bricht mir das Herz, dass man<br />

diesen Mann, der alles gegeben hat, um für die Freiheit<br />

einzutreten, rechtfertigen muss…“<br />

„Wenn Sie in einem anderen Land zu Unrecht inhaftiert<br />

werden, liegt dies in ihrer Verantwortung. Es spielt keine<br />

Rolle, ob Sie Verleger oder Journalist sind. Im Hinblick auf<br />

den Schutz von Journalisten vor Straftaten ist die Meinungsfreiheit<br />

die Freiheit der freien Presse. Die Medien<br />

sind die Grundlage unserer Demokratie.“<br />

„Ein Land, das seine Bürger nicht beschützt, schützt auch<br />

seine Journalisten nicht vor gesetzlicher Verfolgung, denn<br />

das bedeutet, dass man, wenn man einen Pass eines freien<br />

Landes besitzt, in einem anderen Land nicht geschützt<br />

ist, wenn man verhaftet wird. Ich hoffe wirklich, dass sich<br />

die britische Regierung für meinen Vater einsetzt und<br />

seine Freilassung fordert.“<br />

MOMENTE DES NACHDENKENS<br />

Einer der bewegendsten Augenblicke der ‚Trust Conference‘<br />

war die Präsentation von Bildern, aufgenommen von<br />

Reuters' Fotografin Clodagh Kilcoyne, welche die Macht<br />

der Bildberichterstattung erforschte, um bei der Übersetzung<br />

der Realität von grenzübergreifenden Konflikten zu<br />

helfen.<br />

Sie beschrieb die verheerenden Kosten, die Menschen bei<br />

Konflikten und Naturkatastrophen erleiden: „Zivilisten<br />

geraten immer ins Kreuzfeuer und es ist maßgeblich, ihre<br />

Geschichten zu erzählen, denn sie zahlen den höchsten<br />

Preis.“<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 19


Abb.: Internationales Minenräumzentrum in Syrien<br />

Foto: Wikipedia Commons<br />

Ein Beispiel dafür ist die Bergung einer ukrainischen Frau,<br />

Katarina, die unter einem Gebäude lag, das während des<br />

Konflikts in Schutt und Asche gelegt wurde. Nach einer<br />

zermürbenden fünfstündigen Bergung durch Rettungskräfte<br />

bemerkt Clodagh: „Es war ein Augenblick großer<br />

Hoffnung für alle vor Ort. Aber wie so oft in der Ukraine<br />

geht die Hoffnung mit einer schrecklichen Tragödie<br />

einher.“<br />

„Wir erfuhren später, dass Katarina taub ist und daher<br />

nicht nach Hilfe rufen konnte. Sie hörte nicht, wie die Rettungsdienste<br />

nach ihr riefen. Später fanden wir heraus,<br />

dass auch ihr Mann und ihr einjähriges Kind nur wenige<br />

Meter von ihr entfernt tot lagen. Sie verbrachte drei Tage<br />

bei Minusgraden und überlebte irgendwie.“<br />

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (KI) UND<br />

ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN<br />

Im vergangenen Jahr haben generative KI-Tools die<br />

Schlagzeilen dominiert und waren der Mittelpunkt vieler<br />

Nachrichtenberichte auf der ganzen Welt. Ängste vor den<br />

Risiken der Übernahme unserer Arbeitsplätze durch KI,<br />

der Manipulation der Wahrheit, Falschmeldungen und<br />

uns mittelmäßige Menschen zu beherrschen sind nur<br />

allzu bekannt.<br />

Die Kühnheit und Raffinesse der KI-generierten Technologie<br />

sorgte für einige Lacher im Publikum, als wir uns<br />

das berüchtigte, aber gefälschte Bild des Papstes in einer<br />

weißen Kapuzenjacke ansahen: eine Mahnung an uns,<br />

dass auch wir getäuscht werden können und dass die KI<br />

hier ist, um zu bleiben.<br />

Wir hörten von Charlie Beckett, Medienprofessor an der<br />

London School of Economics & Political Science (LSE) und<br />

Leiter des journalistischen Expertengremiums der LSE<br />

Polis, dass das gängige ‚Risiko-‘Narrativ über KI infrage<br />

gestellt wird.<br />

Er sagte: „Das ist wohl eine Art Existenzbedrohung.<br />

Aber offen gesagt, ist der Journalismus seit Jahrzehnten<br />

existenziell bedroht. Und bei diesen Bedrohungen geht<br />

es nicht nur um Technik, sondern oft auch um bösartige<br />

Politiker und repressive Regime. Und zunehmend schlechte<br />

Schauspieler, die populistische Politiker sind, setzten<br />

medienfeindliche Memes sozusagen zu ihrem Vorteil ein.“<br />

20<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


„Ich denke, viele dieser Gefahren sind wichtig und müssen<br />

angegangen werden. Sie können beispielsweise Richtlinien<br />

für ihre Nachrichtenredaktion aufstellen, sodass<br />

ihre Mitarbeiter die Risiken kennen, aber auch die besten<br />

Praktiken, um Schaden zu vermeiden, und auch, um ihr<br />

Publikum zu beruhigen und der Öffentlichkeit zu zeigen,<br />

dass sie sich dieser Risiken bewusst sind.“<br />

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die ‚Trust Conference‘<br />

eine eindringliche Erinnerung daran lieferte, wie anspruchsvoll<br />

die Welt des Journalismus momentan ist.<br />

Beim Verlassen der Konferenz herrschte jedoch eine optimistische<br />

Stimmung hinsichtlich der zukünftigen Rolle<br />

des Journalismus und wie wir unsere demokratischen<br />

Rechte und Freiheiten verteidigen können.<br />

Für meine eigene Organisation und mein Netzwerk – welches<br />

aus circa 260 Journalisten und Redakteuren besteht,<br />

die 93 separate Straßenzeitungsorganisationen in 35<br />

verschiedenen Ländern leiten, mit dem gemeinsamen<br />

Ziel, Obdachlosigkeit und Armut zu bekämpfen – gibt es<br />

viele Erkenntnisse, die wir mitnehmen können.<br />

Keine Scheu vor Zukunftstechnologien haben und sich<br />

nicht bedroht fühlen. Fortführung unserer verantwortungsvollen<br />

Berichterstattung über wichtige soziale<br />

Themen wie Konflikte, Klimawandel und juristische Auseinandersetzungen.<br />

Uns für unterrepräsentierte Gruppen<br />

und Menschen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt und<br />

‚anders‘ behandelt werden, einzusetzen.<br />

Und was vielleicht am wichtigsten ist, Regierungen und<br />

Behörden zur Verantwortung zu ziehen.<br />

Journalismus ist kein Verbrechen, aber es wäre kriminell,<br />

uns die Freiheit der Berichterstattung wegzunehmen.<br />

Mike Findlay-Agnew<br />

Übersetzt von Translators Without Borders<br />

Mit freundlicher Genehmigung von INSP.ngo<br />

Anzeige<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 21


AUF DÜNNEM EIS<br />

Pleiten, Pech und Pannen bei der Wohnungssuche<br />

Foto: Arek Socha / Pixabay<br />

Anfang Oktober kam ich durch einen hilfreichen Tipp von<br />

meiner Arbeitsvermittlerin des Jobcenters zu einer kirchlichen<br />

Einrichtung, bei der ich schließlich in das Begleitete<br />

Wohnen einziehen konnte. Das Begleitete Wohnen wird<br />

vom zuständigen Landratsamt finanziert und es muss ein<br />

individueller Hilfeplan vorgelegt werden. Einmal in der<br />

Woche findet ein verpflichtendes Gespräch mit einer zugeteilten<br />

Sozialarbeiterin statt, um aktuelle Themen und<br />

den Hilfebedarf zu besprechen.<br />

Im Begleiteten Wohnen war ich sieben Wochen. Im Nachhinein<br />

hätte ich definitiv dort bleiben sollen, doch ich<br />

fühlte mich erneut aus meinem Leben herausgerissen<br />

und konnte mich nicht auf die neue Situation einlassen.<br />

Eine Sozialarbeiterin, Frau H., die ihrer Aussage nach ausschließlich<br />

für meine beruflichen Anliegen zuständig ist<br />

und mit dem kirchlichen Träger nichts zu tun hat, stellte<br />

einen Kontakt zwischen einer ihrer Klientinnen, die umzog,<br />

und mir her.<br />

Es verging eine Weile, bis ich letztendlich am 5. Dezember<br />

in die Wohnung einziehen konnte. Mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln eine Stunde von meinem Arbeitsort und<br />

Begleitetem Wohnen entfernt, was für mich ein nerviges<br />

Hindernis war. Kurzum in Hintertupfing! Am Tag des Umzuges<br />

hatte ich innerlich ein eindringliches, warnendes<br />

und trauriges Gefühl. Frau H. holte mich beim Begleiteten<br />

Wohnen ab und fuhr mich mit meinen paar Sachen<br />

zur neuen Wohnung, die komplett unmöbliert war. Zu<br />

meiner negativen Überraschung sagte sie zu mir, dass sie<br />

die nächsten eineinhalb Wochen nicht erreichbar ist. Am<br />

Abend fiel mir auf, wie dunkel die Wohnung war. Ich spürte<br />

eine so tiefergreifende Kälte, welche nicht nur mit den<br />

defekten Heizkörpern zu tun hatte. Dazu nahm ich einen<br />

überaus intensiven und unangenehmen Geruch wahr.<br />

Das Schlimmste jedoch war für mich, dass ich das allererste<br />

Mal in meinem Leben eine fremde, brummende<br />

Stimme hörte, die aus dem Heizkörper im Wohnzimmer<br />

22<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


zu kommen schien. Der Türgriff der Badezimmertür sah<br />

aus wie ein Entenschnabel und die hässliche Lampe wie<br />

ein Hirschgeweih. Um diesem einschlagenden Erlebnis<br />

etwas Humor zu verleihen, taufte ich die Lampe auf den<br />

Namen Rudolf. Aus ärztlicher Sicht waren das angeblich<br />

akustische und optische Illusionen.<br />

Es vergingen für mich schreckliche Tage, da ich komplett<br />

auf mich alleine gestellt war und das allererste Mal in<br />

meinem Leben dermaßen überfordert. Wenigstens hatte<br />

ich keine finanziellen Sorgen. Ich schlief drei Nächte auf<br />

dem kalten Parkettboden, da ich weder ein Bettgestell<br />

noch eine Matratze hatte. Eine hilfsbereite Kollegin brachte<br />

mir an einem Nachmittag eine relativ neue Matratze<br />

vorbei und nahm, ohne dass ich ihr davor etwas davon gesagt<br />

hatte, den anhaltenden hartnäckigen Geruch wahr.<br />

Gegen den half mehrmaliges Reinigen des Bodens nichts.<br />

Das Jobcenter hatte die Mietkaution direkt an die Vermieterin<br />

überwiesen und an mich Geld für die Erstausstattung.<br />

Doch dieser Betrag war deutlich zu wenig. Unter<br />

500 €. Das war kein Fehler des Jobcenters, sondern lag daran,<br />

dass die gemeinsam erstellte Liste mit Frau H. mangelhaft<br />

gewesen war und einiges gefehlt hatte, wie eine<br />

Waschmaschine und Trockner, wie mir beim Begleiteten<br />

Wohnen erklärt wurde. Für das Waschen und Trocknen<br />

der Wäsche musste ich eine Stunde zu einem SB-Waschsalon<br />

fahren. Obendrein fielen mir erst bei genauem Hinsehen<br />

weitere Mängel neben der kaputten Heizung auf.<br />

Meine Vormieterin hatte sämtliche Löcher in der Wand<br />

überstrichen, anstatt diese mit Spachtel zu stopfen, und<br />

durch die eingetrocknete Farbe wurden diese sichtbar. Die<br />

Wände wurden offensichtlich nicht gestrichen und der uralte<br />

Fliesenboden war stellenweise zerbrochen. Da ich bei<br />

der Wohnungsabgabe nicht anwesend gewesen war und<br />

die Vormieterin bei der Besichtigung noch in der Wohnung<br />

gewohnt hatte, fielen mir diese Makel zu spät auf.<br />

Es war wohl mein großes Glück, dass das Landratsamt<br />

einen Brief für mich an das Begleitete Wohnen sendete.<br />

Eine Sozialarbeiterin von dort, mit der ich gut zurechtkam,<br />

nahm Kontakt mit mir auf und ich fuhr hin, um meine<br />

Post abzuholen. Vor Ort ergab sich ein aufschlussreiches<br />

Gespräch mit zwei Sozialarbeiterinnen über meine<br />

verheerende Wohnsituation und ich konnte zeigen, wie<br />

schlecht es mir psychisch ging und ich mich (immer noch)<br />

für meine Fehlentscheidung bis auf die Knochen schämte.<br />

Als Nachschlag bekam ich zu allem auch noch körperliche<br />

Beschwerden, die nach zweimaliger ärztlicher Untersuchung<br />

zur Abwechslung nicht psychisch bedingt sind.<br />

Ich ließ nicht locker und äußerte mehrfach und unergiebig<br />

gegenüber den Sozialarbeiterinnen des Begleiteten<br />

Wohnens und Frau H, mit der ich erst nach zweieinhalb<br />

Wochen nach meinem Einzug wieder Kontakt hatte, den<br />

ausdrücklichen Wunsch, wieder in das Begleitete Wohnen<br />

zurückkehren zu wollen und ich nicht in der Wohnung<br />

bleiben kann und will. Mein Arzt unterstützte mich dabei<br />

und hatte die gleiche Ansicht.<br />

Bei einem Gespräch zu viert stimmten dann ebenfalls<br />

die Sozialarbeiterinnen des Begleiteten Wohnens zu. Ich<br />

könne bereits Anfang Februar wieder in meine alte Wohngemeinschaft<br />

zurückziehen. Zu meinem Entsetzen wollte<br />

die Schwester meiner Vermieterin jedoch, dass ich die<br />

dreimonatige Kündigungsfrist einhielt und es aus ihrer<br />

Sicht keinen Anlass gab, dass ich nicht in der Wohnung<br />

bleiben konnte. Von meiner Vermieterin erfuhr ich ehrlicherweise,<br />

dass sie bereits seit Dezember einen potenziellen<br />

Nachmieter hatte und ich im Falle, dass er die Wohnung<br />

nehmen würde, wie geplant ausziehen kann.<br />

Anstatt eine Abrissbirne zu bestellen, beschloss ich, die<br />

Wohnung für die Besichtigung ordentlich sauberzumachen<br />

und hübsch herzurichten, was mich einiges an<br />

Energie und Runden bei diversen preiswerten Geschäften<br />

kostete. Und ich entdeckte nebenbei meine Fähigkeiten<br />

als Handwerkerin. Es war eine für mich so extrem erleichternde<br />

Nachricht, als mir die Vermieterin schrieb, dass der<br />

Mietinteressent der Wohnung zugesagt hatte.<br />

Ich packte die für mich notwendigsten Sachen ein und<br />

konnte am 30. Januar wieder in das Begleitete Wohnen<br />

einziehen. Bedauerlicherweise zählen die leidvollen acht<br />

Wochen in der eiskalten Wohnung zum Hilfebedarf dazu,<br />

weshalb meine Zeit im Begleiteten Wohnen überschaubar<br />

sein wird. Aus der ganzen Misere habe ich für mich<br />

gelernt, dass ich das nächste Mal nur noch auf mich<br />

hören werde, bei der Wohnungsabgabe anwesend sein<br />

möchte und fragen werde, ob es möglich ist, eine Nacht<br />

zur Probe zu schlafen. Vielleicht habe ich die Wohnung<br />

nur angenommen, um Frau H. einen Gefallen zu tun, da<br />

meine prekäre Wohnsituation immer wieder Thema bei<br />

gemeinsamen Terminen gewesen war. Eventuell werde<br />

ich irgendwann erfahren, welchen Sinn das Ganze hatte.<br />

Ich selbst habe die Hoffnung auf eine eigene kleine Wohnung<br />

nach vielen Fehlversuchen aufgegeben.<br />

Rose Blue<br />

Anm.d.Red.: Liebe LeserInnen, wenn Sie eine kleine<br />

Wohnung in oder um Konstanz zu vermieten haben,<br />

würden wir uns über Ihre Kontaktaufnahme freuen.


Sonntagstreffs<br />

im März 2024<br />

Engagiert für<br />

wohnungslose Menschen<br />

VERKÄUFER MARCO<br />

Foto: E. Peters<br />

03.03.2024<br />

13 Uhr<br />

10.03.2024<br />

13 Uhr<br />

24.03.2024<br />

13 Uhr<br />

Gemeinde St. Blasius / Zähringen<br />

Gemeindehaus, Burgdorfer Weg 2<br />

Straßenbahn 4 Richtung Zähringen<br />

Halt Reutebachgasse oder Zug bis Bahnhof<br />

Freiburg-Zähringen<br />

Melanchthon-Gemeinde / Haslach<br />

Melanchthonweg 9<br />

Straßenbahn 5 Richtung Rieselfeld<br />

Halt Dorfbrunnen oder Bus 14<br />

Richtung Haid / Halt Scherrerplatz<br />

Gemeinde Br. Klaus / Gundelfingen<br />

Gemeindehaus, Wildtalstraße 15<br />

Straßenbahn 4 Richtung Zähringen<br />

Endhaltestelle Gundelfinger Straße,<br />

dann 10 Min. Fußweg oder Zug bis<br />

Bahnhof Gundelfingen<br />

Anzeige<br />

Schön, dass ich mich Ihnen hier im FREIeBÜRGER vorstellen<br />

kann. Ich heiße Marco und bin im Harz geboren. Dort<br />

bin ich aufgewachsen, zur Schule gegangen und habe<br />

eine Ausbildung zum Koch gemacht. In Freiburg lebe ich<br />

nun schon seit vielen Jahren. Beruflich war ich zuletzt<br />

tätig als Fahrer für Zahner Feinkost und für die Caritas.<br />

Vor fast zwanzig Jahren (während meiner Obdachlosenzeit)<br />

habe ich mit den Freiburger Bürgermeistern Dieter<br />

Salomon und Ulrich von Kirchbach Winterquartiere für<br />

Obdachlose ausgehandelt und war ehrenamtlich in der<br />

Straßensozialarbeit tätig. Den FREIeBÜRGER kenne ich seit<br />

2003 und verkaufe die Straßenzeitung meist von Montag<br />

bis Samstag ab 9 bis 11 Uhr vor dem Fielmann auf der<br />

KaJo. Beim Verkaufen lasse ich mich gerne überraschen,<br />

was so alles passiert. Durch den Verkauf bringe ich wieder<br />

Struktur in meinen Tagesablauf und freue mich über<br />

menschliches Feedback. Anlächeln oder Zulächeln finde<br />

ich toll. Ja, das Lachen ist das A und O beim Verkaufen. In<br />

meiner Freizeit lese ich gerne Fantasyromane, höre gerne<br />

Musik und bin gerne im Wald unterwegs. Aktuell bin ich<br />

arbeitssuchend und würde mich über einen Job als Fahrer<br />

freuen. Jeder Job, der mit Autos zu tun hat, ist willkommen.<br />

Vielleicht hat ja jemand von Ihnen einen Tipp?<br />

MÄRZ 2024<br />

NACHTFLUG W/ ALI DADA (LIVE) + EVE LYN +<br />

FUNKENSCHLEUDER<br />

FR, 1. I 21 H I ELECTRONICA, DOWNBEAT, WORLD<br />

SEX BEAT + YACHTCLUB<br />

SA, 2. I 21 H I UPBEAT POST PUNK, HARDCORE PUNK<br />

SAVE YOUR LAST BREATH +<br />

PATHWALKER + VALARA<br />

MI, 6. I 20 H I METALCORE, HARDCORE METAL<br />

LATURB + LES MILLIONNAIRES<br />

SA, 9. I 21 H I NEW WAVE, SYNTH, CHANSON PUNK<br />

WHÅZHO + TAUSEND AUGEN<br />

MI, 13. I 20 H I POSTPUNK, PROTODUB, KRAUT, PSYCH-SYNTH<br />

POM + DAS KINN<br />

FR, 15. I 21 H I FUZZY INDIE,MINIMAL WAVE PUNK<br />

BÄRLAUCHBUBEN + DER JENZ & LA LIA<br />

SA, 16. I 21 H I LIEDERMACHER, AKKUSTIK-PUNK<br />

POSTCARDS<br />

MO, 18. I 20 H I DREAM POP, SHOEGAZE<br />

AFAR + ERIC PFEIFER + SUM + LEIKA & KONRAD DYCKE<br />

DI, 19. I 20 H I ORGANIC ELECTRONIC<br />

IKAN HYU<br />

DO, 21. I 20 H I ELASTIC PLASTIC POWER POP<br />

In diesem Sinne: Ihnen eine schöne Zeit und vielleicht bis<br />

ganz bald mit einem Lächeln an meinem Verkaufsplatz.<br />

Ihr Marco<br />

VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />

HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />

WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />

24<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


MITMACHSEITE<br />

Lernen Sie uns kennen...<br />

• Diskutieren Sie mit uns<br />

• Erzählen Sie uns Ihre Geschichte<br />

• Schreiben Sie einen Artikel<br />

• Unterstützen Sie unsere Aktivitäten<br />

• Kommen Sie auf ein Käffchen vorbei<br />

Machen Sie mit!<br />

Sagen Sie es weiter!<br />

Wir freuen uns auf Sie...<br />

Ihr FREIeBÜRGER-Team<br />

Engelbergerstraße 3 – 0761/3196525 – info@frei-e-buerger.de<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 25


Sebastian Lörscher<br />

„Schatten der Gesellschaft“<br />

Jaja Verlag<br />

ISBN 978-3-948904-47-0<br />

128 Seiten | 15,00 €<br />

Sabine Roidl<br />

„Ohne Dach, ohne Ofen, ohne Bett“<br />

Allitera Verlag<br />

ISBN 978-3-96233-227-3<br />

88 Seiten | 15,00 €<br />

OBDACHLOSE MENSCHEN<br />

Buchtipps von utasch<br />

„Schatten der Gesellschaft“ nennt der Autor und Zeichner<br />

Sebastian Lörscher sein Buch, in dem er einige Obdachlose<br />

aus Berlin vorstellt. Er packte Skizzenblock und Stifte<br />

ein und ging zu den Orten, an denen Obdachlose Schutz<br />

vor der Winterkälte suchen, um herauszufinden, wie<br />

sie mit ihren Lebensumständen zurechtkommen. Seine<br />

erste Anlaufstelle war der Kältebahnhof Lichtenberg. Im<br />

Rahmen der Kältehilfe durften Obdachlose auf der Zwischenebene<br />

zu den U-Bahn-Gleisen ihre Lager aufschlagen.<br />

Dort traf der Zeichner auf Menschen, die ihm offen<br />

begegneten und sich bereitwillig zeichnen ließen. Einer<br />

von ihnen ist Jensen, der seit 28 Jahren schnorrt und froh<br />

zu sein scheint, sein bürgerliches Leben hinter sich gelassen<br />

zu haben. Der ehemalige Philosophiestudent Dennis<br />

macht sich Gedanken über die Ängste der Menschen und<br />

durchsucht täglich den Duden nach passenden Begriffen,<br />

um seine Theorien besser in Worte fassen zu können. Und<br />

Wilfried, der frühere Bildhauer, findet selbst im größten<br />

Pech kleine Momente des Glücks. Eine weitere Anlaufstelle<br />

war die Notübernachtung im Wärmezelt der Berliner<br />

Stadtmission. Eine Sozialarbeiterin fasste die prekäre<br />

Lebenslage der Obdachlosen so zusammen: „Bei manchen<br />

gibt es Hoffnung auf Besserung. Bei anderen ist das hier,<br />

hart ausgedrückt, betreutes Sterben.“ Sebastian Lörscher<br />

hat die Gesichter, Geschichten und Gefühle mit prägnanten<br />

Zeichnungen und Worten aus dem Schatten der<br />

Gesellschaft ins Licht gerückt. „Deine Zeichnung beweist<br />

mir, dass ich ein Mensch bin. Und das macht mich froh.“,<br />

bedankt sich einer der Porträtierten.<br />

In München war Sabine Roidl für ihr Buch „Ohne Dach,<br />

ohne Ofen, ohne Bett“ mit ihrem Skizzenblock unterwegs<br />

und teilt ihre Eindrücke aus der Welt der Obdachlosen<br />

in Texten und Zeichnungen. Mit offenem Blick geht sie<br />

durch die Stadt, kommt mit manchen Obdachlosen ins<br />

Gespräch, während sie andere nicht behelligt, sondern<br />

zurückhaltend beobachtet und kleine Momentaufnahmen<br />

beschreibt. Es sind rührende, erschreckende Szenen,<br />

die sie schildert. Da gibt es den Bettler, der seinen<br />

gesamten Besitz in vierzehn Plastiktüten mit sich herumschleppt,<br />

den Obdachlosen, der 65 <strong>Ausgabe</strong>stellen für<br />

kostenloses Essen kennt und die Frau, die immer vor der<br />

U-Bahn-Station an der Uni sitzt und alles, was ihr widerfährt,<br />

als Gottes Prüfung betrachtet. Und Roidl trifft den<br />

Lebenskünstler Franz, der am Isartor schläft, wo er auch<br />

an Organversagen stirbt. Roidl schärft den Blick für die<br />

Menschen, die ohne Dach, ohne Ofen und ohne Bett auf<br />

der Straße überleben müssen. Das Buch entstand aus<br />

Neugier und Mitgefühl. Roidl will nicht beurteilen, nicht<br />

verurteilen. In München leben ungefähr eintausend<br />

Menschen auf der Straße. Roidl ruft dazu auf, Geld an<br />

Organisationen oder direkt an Obdachlose zu spenden.<br />

Wir sollten uns trauen, Obdachlose anzusprechen und zu<br />

fragen, was sie brauchen. Und manchmal ist dabei das<br />

verschenkte Geld weniger wichtig als die freundlichen<br />

Worte, die gewechselt werden. Die Bilder und Geschichten<br />

von Sabine Roidl sind voller Emphatie für die Menschen,<br />

bei denen sonst weggeschaut wird und für deren<br />

Leben sich niemand zu interessieren scheint.<br />

26<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


SCHLEMMERTOPF MIT HACK<br />

Foto: E. Peters<br />

Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />

„Ich glaube, es hackt“ oder „Ich mache Hackfleisch aus<br />

Dir“ sind Kraftausdrücke. Wir vom FREIeBÜRGER wollen<br />

lieber was Leckeres mit Hack zwischen den Zähnen. Denn<br />

„Hack geht immer“, behaupten zumindest „eingefleischte“<br />

Fans. Gehacktes, Gewolftes, Hackepeter, Mett, Schabefleisch,<br />

Tatar etc. Hackfleisch hat viele Gesichter, doch<br />

meinen sie alle dieselbe Herstellungsweise. Wer will,<br />

kann Hackfleisch auch selber machen. Die Definition besagt,<br />

dass Hackfleisch aus grob oder fein gehacktem Muskelfleisch<br />

besteht, das maximal 1 % Salzgehalt aufweisen<br />

darf. Vom Burger-Patty, Hackbraten, Mettbrötchen über<br />

Buletten, Köfte, Chili con Carne, Königsberger Klopse etc.<br />

Hackfleisch gibt es in unendlich vielen Variationen. Wir<br />

kochen für Sie kurz vor dem Frühlingserwachen noch mal<br />

deftige Hausmannskost. Für die noch bevorstehenden<br />

kühlen Abende genau das Richtige und so lecker…<br />

Zutaten für 4 Personen:<br />

500 g gem. Bio-Hackfleisch, 700 g Kartoffeln, 2 rote Paprika,<br />

150 g Zucchini, 200 g Möhren, 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen,<br />

1 Dose gewürfelte Tomaten, 1 Glas Rinderfond, 1 TL<br />

Majoran gerebelt, 1 TL Paprikapulver edelsüß, 1 TL Paprikapulver<br />

geräuchert, 1 TL Thymian gerebelt, 1 gute Prise<br />

Zucker, Worcestersauce, Öl zum Braten, Salz & Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

Zuerst das Gemüse gründlich waschen und schälen. Die<br />

Kartoffeln in mundgerechte Stücke schneiden, während<br />

die Möhren, Paprika und Zucchini in kleine Würfel geschnitten<br />

werden. Als nächstes einen großen Topf aufsetzen<br />

und etwas Öl darin erhitzen. Sobald das Fleisch eine<br />

schöne Bräune angenommen hat, die Hitze reduzieren<br />

und die fein gehackten Zwiebeln sowie den Knoblauch<br />

hinzufügen. Unter gelegentlichem Rühren alles gemeinsam<br />

für 3-4 Minuten anschwitzen, bis die Zwiebeln glasig<br />

sind. Jetzt salzen und pfeffern. Die Dosentomaten und<br />

den Rinderfond dazugeben, ebenso alle Gewürze und einen<br />

halben TL Salz. Alles gut verrühren. Anschließend das<br />

gesamte Gemüse zugeben und falls nötig noch 100 ml<br />

Wasser. Das Gemüse sollte von Flüssigkeit bedeckt sein.<br />

Den Deckel fest auf den Topf setzen und alles bei mittlerer<br />

Hitze für 20 Minuten sanft köcheln lassen. Ab und<br />

zu umrühren, um sicherzustellen, dass sich die Zutaten<br />

gleichmäßig verteilen und nichts am Topfboden anhaftet.<br />

Sobald die Kartoffeln weich sind, alles noch mal gut<br />

abschmecken und mit ein paar Spritzern Worcestersauce<br />

abrunden.<br />

Guten Appetit!<br />

Oliver & Ekki<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 27


Fall hat Wellinger noch einen Riesenspaß beim Skispringen<br />

und ich hab jede Menge Spaß, ihm zuzuschauen!<br />

Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />

da bin ich mal wieder mit den neuesten Nachrichten vom<br />

Spocht! Der Winter ist schon fast vorbei und so wird auch<br />

der Wintersport bald wieder vom heimischen Fernseher<br />

verschwinden. Na ja, jedes Jahr dasselbe.<br />

Aber als Fan der deutschen WintersportlerInnen kann<br />

man auch froh sein, dass es zu Ende geht, denn irgendwie<br />

hatte ich in den letzten zwei, drei Wochen so das Gefühl,<br />

denen sind die Kräfte ausgegangen. Darf normalerweise<br />

ja gar nicht sein, die kriegen ja zu Saisonbeginn gesagt,<br />

wie lange der Winter geht, aber von den Leistungen und<br />

den Ergebnissen her kamen die Jungs und Mädels schon<br />

ziemlich kraftlos rüber. Bei der Biathlon-WM wurde das<br />

besonders deutlich. Am Anfang des Winters haben die<br />

einen Podestplatz nach dem anderen erkämpft, sogar<br />

ein paar Siege waren dabei; bei der WM reichte es dann<br />

gerade noch für eine Silber- und zwei Bronzemedaillen. In<br />

manchen Wettbewerben war mit viel Glück mal jemand<br />

unter den besten 15 oder 20. Vielleicht kann man ja mal<br />

den Vorschlag machen, die diversen Weltmeisterschaften<br />

an den Anfang einer Saison zu legen?!<br />

Die deutschen Skispringer scheinen auch schon im Sommerschlaf<br />

zu sein. Alle, bis auf einen! Andreas Wellinger<br />

hat noch genauso viel Lust und Spaß am Springen wie<br />

vor ein paar Monaten. Vor und nach jedem Sprung strahlt<br />

der in die Kamera und gibt lustige Interviews. Und das<br />

Beste daran ist, der springt immer noch ganz vorn in der<br />

Weltspitze mit! Zwei Springen hat er gewonnen, bei der<br />

Vierschanzentournee wurde er Gesamtzweiter, bei der<br />

Skiflug-WM ebenfalls und im Gesamtweltcup in dieser<br />

Saison ist er auch Zweiter. Doch da gibt es ja noch ein paar<br />

Springen, sodass er den ja vielleicht auch noch gewinnt?!<br />

Egal, der Junge hat eine Supersaison hingelegt und wenn<br />

man bedenkt, dass er im letzten Jahr nach zwei Jahren<br />

Verletzung erst wieder in den Weltcup zurückgekommen<br />

ist, muss man das sogar noch höher bewerten. Auf jeden<br />

Nun aber zum Fußball, denn der rollt ja gerade auf<br />

Hochtouren. Als Erstes kommt mal wieder eine traurige<br />

Nachricht, die scheinen zurzeit auch nicht abzunehmen.<br />

Andreas Brehme ist tot! Der Schütze des Elfmetertores<br />

beim Weltmeisterschaftsendspiel 1990 ist mit nur<br />

63 Jahren gestorben. Jeder wird wohl noch das Bild vor<br />

Augen haben, als Brehme gegen Argentinien zum Elfmeter<br />

antritt, den verwandelt und Deutschland zum Weltmeister<br />

macht. Klar, ich auch, das war der größte Erfolg in<br />

Brehmes Karriere. Doch ich habe auch noch den Tiefpunkt<br />

seiner Fußballerlaufbahn vor Augen. Das Bild, als Rudi<br />

Völler den weinenden Andreas Brehme in die Arme nahm<br />

und tröstete. Brehme war mit seinem 1. FC Kaiserslautern<br />

gerade in die Zweite Liga abgestiegen. Weltmeister Brehme<br />

ging als Kapitän mit seinem Verein eine Liga tiefer,<br />

stieg ein Jahr später wieder auf und wurde auf Anhieb<br />

Deutscher Meister. Und Brehme hat die Truppe angeführt!<br />

Sensationell! Ich bin mir sicher, nicht nur in Kaiserslautern<br />

wird man sich gern an diese Momente erinnern.<br />

Ciao Andreas Brehme und wenn es wirklich eine Fußballmannschaft<br />

im Himmel gibt, dann haben die dich auch<br />

aufgenommen!<br />

Fußball wurde aber auch noch gespielt. In der Ersten Bundesliga<br />

wird die Hoffnung für 17 Mannschaften allmählich<br />

zum Glauben. Denn Bayer Leverkusen ist immer noch<br />

Tabellenführer und hat den Vorsprung inzwischen schon<br />

auf acht(!) Punkte ausgebaut. Es wird immer wahrscheinlicher,<br />

dass es nach mehr als zehn Jahren endlich mal<br />

wieder einen Deutschen Meister gibt, der nicht Bayern<br />

München heißt! Aber beim 3:0-Erfolg der Werkself gegen<br />

die Bayern hat man auch gesehen, warum. Leverkusen<br />

spielt schnell und direkt aufs Tor und tritt sehr geschlossen<br />

auf. Bei den Bayern sind es mal wieder ein Haufen<br />

Stars, von denen die eine Hälfte nicht mit der anderen<br />

klarkommt. Da hat man den Eindruck, jeder spielt gegen<br />

jeden und der Trainer bringt mit seltsamen Entscheidungen<br />

auch nicht gerade Ruhe hinein. Ja, mit Trainer Tuchel<br />

haben die Bayern auch mal wieder einen Griff ins Klo<br />

gemacht, aber das habe ich ja schon vor einem Jahr orakelt.<br />

Aber wie sie das mit dem Tuchel jetzt geregelt haben,<br />

verdient natürlich Hochachtung. Die lassen ihn bis zum<br />

Saisonende weitermachen und erst dann trennt man sich<br />

in „gegenseitigem Einvernehmen“. Klar, denen droht eine<br />

völlig ungewohnte Saison ohne Titel. In der Meisterschaft,<br />

wie gesagt, acht Punkte hintendran, im Pokal waren sie<br />

früh raus gegen Saarbrücken und die Champions League<br />

werden sie auch nicht gewinnen. Den einzigen Titel holt<br />

wohl Harry Kane mit der Torjägerkanone. Völliges Desaster<br />

an der Isar. Und wenn die jetzt sofort einen neuen Trainer<br />

hinstellen und es bei null Titeln bleibt, dann kann der vor<br />

28<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


der neuen Saison gleich wieder gehen. So aber lässt man<br />

Tuchel noch ein bisschen da und hat 'nen super Sündenbock.<br />

Also, die Meisterschaft ist für mich erledigt, die Schale<br />

geht an den Rhein. Vor allem kriegt die Werkself ja<br />

auch noch jede Menge Unterstützung vom Rest der Liga,<br />

selbst Bochum hat die Bayern neulich geschlagen! Die<br />

Bayern kämpfen jetzt noch mit Stuttgart, Leipzig, Frankfurt<br />

und evtl. Lüdenscheid um die restlichen Champions<br />

League-Plätze. Der Sportclub Freiburg liegt knapp hinter<br />

Frankfurt und hat die erneute Teilnahme am Europapokal<br />

fest vor Augen und das werden sie wohl auch schaffen.<br />

Dafür steckt allemal genug Qualität in dieser Mannschaft.<br />

Im diesjährigen Europacup wird es allerdings schwierig,<br />

denn im Achtelfinale geht es jetzt gegen West Ham<br />

United. Schon wieder! In der Gruppenphase hatten die<br />

Freiburger beide Spiele verloren, aber vielleicht dreht der<br />

Sportclub den Spieß diesmal um? Hoffen und Wünschen<br />

darf ja erlaubt sein.<br />

Foto: Ina Fassbender / Pool / REUTERS<br />

Abb.: WM-Held 1990 Andreas Brehme (1960-2024), wurde 2019 in die „Hall of Fame“ aufgenommen<br />

Foto: Kim Hong-Ji / REUTERS<br />

Mönchengladbach. Ich kann mich noch daran erinnern,<br />

wie Vereinslegende Berti Vogts sich damals darüber aufregte.<br />

Da kommt ein Max Eberl auf dem Fahrrad daher<br />

und kriegt den Posten, weil kein anderer da war. Ich hab<br />

mich schlapp gelacht damals. Jedenfalls hat der Max die<br />

Gladbacher mit mäßigem Erfolg gemanagt und irgendwann<br />

kam das Gerücht auf, er wäre zu Höherem berufen,<br />

die Bayern wollen ihn haben. Das hat damals keiner geglaubt<br />

und so einfach wäre es auch nicht gegangen. Dann<br />

bekommt der Max aber einen Burnout und verkündet<br />

unter nicht enden wollenden Tränen seinen Abschied aus<br />

Gladbach. Er kann nicht mehr, er und die Familie brauchen<br />

jetzt Ruhe. Kein halbes Jahr später ist er plötzlich<br />

genesen und fängt für viel Geld bei RB Leipzig an. Nach<br />

einem halben Jahr fliegt er dort aber wieder raus, weil er<br />

sich mit dem Club nicht identifizieren kann. Wie auch, den<br />

Traum von Bayern hat er ja noch im Kopf. Und wie durch<br />

ein Wunder haben die jetzt mal wieder keinen Manager<br />

und nun kann der Max in München für noch mehr Geld<br />

anfangen. Hut ab, vor so viel Hingabe und Vereinstreue!<br />

Und jetzt habe ich noch eine Geschichte aus der Rubrik<br />

„Fußball hat nix mit Geld zu tun“. Es war einmal<br />

ein Max Eberl und der wurde Manager bei Borussia<br />

Das war es für heute, kommt gut in den Frühling...<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 29


WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />

WORTSPIELRÄTSEL<br />

von Carina<br />

Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />

Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />

Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />

Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />

Tagchen, werte Tüftler!<br />

Diesmal geht's ums Raten nach Zahlen, denn das Zahlen kennen wir ja bereits zur Genüge<br />

und jedes Jahr immer mehr – kleiner böser Scherz am Rande! *räusper* Diesmal beginnt<br />

jedes gesuchte Wort immer mit einer Zahl, allerdings nicht der Reihe nach – sonst wäre es<br />

ja viel zu einfach. Also, auf geht's: Gesucht wird jeweils eine Zahl und anschließend…<br />

1. ...noble Kopfbedeckung<br />

2. ...körperliche Auseinandersetzung<br />

3. ...Ablage<br />

4. ...Schallplatten<br />

5. ...unrund<br />

6. ...Reduktionskost<br />

7. ...Drahtesel<br />

8. ...Schicksal<br />

9. ...akustischer Ton<br />

10. ...Mörder<br />

Lösungswort:<br />

Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />

1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />

UND:<br />

Im Dezember 2024 wird von ALLEN korrekten<br />

Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />

der eine besondere Überraschung erhält!<br />

Einsendeschluss<br />

ist der 26. März 2024<br />

(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />

E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />

im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />

Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />

Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: STEUEROASE<br />

bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />

1. SOZIALSTAAT 2. KABINETTSAAL<br />

3. SCHMIERGELD 4. BUENDNISFALL 5. FREIHANDEL<br />

6. ASYLRECHT 7. REFORMSTAU<br />

8. WAHLKAMPF 9. GEHEIMDIENST 10. HOCHRECHNUNG<br />

Gewonnen haben (aus 69 korrekten Einsendungen):<br />

M. Siebenbaum, Freiburg<br />

D. Schultz, Ehrenkirchen<br />

E. Braun, March<br />

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />

30<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024


ÜBER UNS<br />

Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />

Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />

Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />

wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />

steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />

mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />

längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />

Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />

Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />

immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />

im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />

Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />

ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />

eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />

In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />

welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />

gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />

zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />

die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />

einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />

und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />

Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />

Presselandschaft bei.<br />

Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />

Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />

MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />

VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />

Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />

hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />

strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />

können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />

unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />

Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />

aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />

Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />

Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />

Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />

Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />

einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />

Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />

in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />

(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />

RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />

Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />

besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />

unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />

unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />

Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />

HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />

die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />

unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />

auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />

SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />

• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />

die Schaltung einer Werbeanzeige<br />

• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />

• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />

• durch Schreiben eines Artikels<br />

• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />

Sozialprojekt rühren<br />

Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />

auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />

anderen Menschen helfen können.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />

Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />

Titelbild: natasaadzic / iStock<br />

Layout: Ekkehard Peters<br />

An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />

Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />

auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />

Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />

Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />

Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />

Kontakt:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

Engelbergerstraße 3<br />

79106 Freiburg<br />

Tel.: 0761 / 319 65 25<br />

E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />

Website: www.frei-e-buerger.de<br />

Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />

Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />

der Straßenzeitungen<br />

Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />

die Veröffentlichung im Internet sind nur nach Rücksprache<br />

und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion wieder.<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />

28.03.2024<br />

1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />

Öffentliche Redaktionssitzung<br />

FREIeBÜRGER 03 | 2024 31


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