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Straßenzeitung Freiburg
Straßenzeitung Freiburg
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26. Jahrgang<br />
März 2024<br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für die VerkäuferInnen<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
JOURNALISMUS<br />
IST KEIN<br />
VERBRECHEN!<br />
PRESSEFREIHEIT IST UNANTASTBAR<br />
Journalismus darf nicht kriminalisiert werden<br />
STOCHERN IM KERNFRAGENNEBEL<br />
Was ist der Sinn unseres Lebens?<br />
DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />
Ein Blick hinter die Kulissen des Bio-Hofladens
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
24<br />
VERKÄUFER MARCO<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
25<br />
MITMACHSEITE<br />
6<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
26<br />
BUCHTIPPS<br />
10<br />
WAS IST DER SINN DES LEBENS?<br />
27<br />
KOCHEN<br />
12<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
28<br />
SPORT<br />
14<br />
DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
18<br />
FREIE BERICHTERSTATTUNG<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
22<br />
AUF DÜNNEM EIS<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
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DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
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und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
Liebe LeserInnen,<br />
ich sitze hier in meinem Wagen, habe Tür und Fenster auf<br />
und genieße Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen.<br />
Da macht das Schreiben des Vorworts doch gleich<br />
mehr Spaß!<br />
Weniger Spaß machte mir eine Nachricht, die ich erfuhr,<br />
als ich letztens auf dem Weg in unsere Redaktion war. Das<br />
„Café Satz“ und „S‘Einlädele“ im Stühlinger schließen im<br />
März. Das ist schade, gehörten doch beide Einrichtungen<br />
fest zum Stühlinger dazu.<br />
„Café Satz“ repräsentierte irgendwie auch die Gemütlichkeit,<br />
die den Stadtteil immer noch prägt. Auch für mich<br />
persönlich gibt es Konsequenzen, denn wie oft habe ich<br />
mir in dem kleinen Café noch schnell meinen Kuchen<br />
geholt, bevor ich nach Hause fuhr. Auch in dem kleinen<br />
Bücherladen am Café habe ich ziemlich oft herumgestöbert<br />
und meistens etwas gefunden. Der war zwar echt<br />
sehr klein, aber mir hat es darin gefallen. Man hatte Ruhe<br />
und Zeit, sich etwas herauszukramen, und konnte dabei<br />
noch gemütlich einen Kaffee trinken. Zwar habe ich noch<br />
mehr als genug Bücher daheim herumliegen, die ich noch<br />
lesen will und soll, aber das Herumstöbern in dem kleinen<br />
Bücherladen wird mir fehlen.<br />
Ein Café soll es laut Hauseigentümern wohl dort wieder<br />
geben; wie es ankommt, wird man sehen. Für das „S‘Einlädele“<br />
gibt es noch eine minimale Hoffnung, dass es<br />
bleiben kann, da laufen noch Gespräche. Der Laden lag<br />
natürlich sehr günstig, direkt an einer gut frequentierten<br />
Tram-Haltestelle in einem bunten Stadtteil. Hauptbahnhof<br />
und Innenstadt nicht weit entfernt, über mangelnde<br />
Kundschaft konnte man sich nicht beklagen. Und wie<br />
für den Stühlinger nicht ungewohnt, kommt ein großer<br />
Teil des Geschäftserlöses einem guten Zweck zugute, der<br />
Ukraine. Und das übrigens schon lange vor dem Überfall<br />
Putins. Es bleibt zu hoffen, dass es für beide Einrichtungen<br />
eine adäquate Lösung geben wird!<br />
Kommen wir zu etwas anderem, zur Freiheit. Wir haben<br />
sie laut Verfassung zugesichert. Vor allem die Pressefreiheit<br />
ist uns ein hohes Gut. Jedenfalls wird das bei jeder<br />
Gelegenheit betont. Wir sind auch immer schnell dabei,<br />
uns aufzuregen, wenn es in anderen Ländern anders<br />
gehandhabt wird. Wir gehen auf die Barrikaden, wenn in<br />
Russland, China, Weißrussland und anderswo Regimekritiker<br />
mundtot gemacht werden, wenn sie verfolgt, eingesperrt<br />
und vielleicht sogar ermordet werden. Dann stellen<br />
wir uns hin, verteidigen die KritikerInnen und klagen die<br />
Unrechtsregierungen an. Das ist gut und richtig so!<br />
Nur warum trauen wir uns das nicht, wenn es um die USA<br />
geht? Warum traut sich kein politisches Schwergewicht<br />
in Europa, einmal aufzustehen und die USA anzuklagen?<br />
Wegen Verletzung der Menschenrechte, wegen Missachtung<br />
der Presserechte und der Meinungsfreiheit? Denn<br />
wie anders soll man das bezeichnen, was die USA im Fall<br />
Julien Assange veranstalten? Der wird auf Betreiben der<br />
Amerikaner weltweit mit Haftbefehl gesucht. Bei Ergreifung<br />
kommt er in den USA vor Gericht, wo ihm dann eine<br />
Haftstrafe von bis zu 175(!) Jahren droht. Assange hat<br />
niemanden umgebracht, niemanden vergewaltigt und er<br />
hat auch keine Bank ausgeraubt. Ja, er hat ja nicht einmal<br />
seine eigene Meinung öffentlich gemacht! Das Einzige,<br />
was Julien Assange „verbrochen“ hat ist, er hat unwiderlegbare<br />
Beweise für Kriegsverbrechen der USA vorgelegt.<br />
Für die USA ist das Verrat!<br />
Doch wie kann das sein? Assange ist kein Amerikaner, also<br />
ist er den USA gegenüber zu nichts verpflichtet. Als Journalist<br />
aber ist er der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet,<br />
die Wahrheit zu sagen oder zu schreiben. Und nichts<br />
anderes hat er gemacht. Das darf nicht strafbar sein! So<br />
richtig es ist, die Kriegsverbrechen von Putins Truppen<br />
in der Ukraine zu verfolgen und die Täter vor Gericht zu<br />
bringen, genauso richtig muss es sein, amerikanische<br />
Kriegsverbrechen zu verfolgen und auch hier die Täter vor<br />
Gericht zu stellen. Noch dazu, wenn man so exakte Beweise<br />
in Wort und Bild vorliegen hat.<br />
Im Moment läuft in Großbritannien ein Gerichtsverfahren,<br />
in dem es darum geht, Assange in die USA auszuliefern<br />
oder nicht. Ich habe keine Ahnung, welche Richter<br />
aus welchen Beweggründen dort entscheiden werden,<br />
wie es mit Assange weiter gehen wird. Liefert man ihn<br />
aus, wird man ihn nie wieder sehen. Mit einer Freilassung<br />
wäre der Gerechtigkeit gedient. Denn dann hätte man<br />
die Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Statt mit dem<br />
Verkünder der Wahrheit könnte man sich endlich mit der<br />
Wahrheit selbst beschäftigen. Man könnte seine Beweise<br />
überprüfen, einem internationalen Gericht vorlegen und<br />
die Schuldigen bestrafen.<br />
Dann muss man sich auch nicht mehr so falsch und<br />
verlogen vorkommen, wenn man andere eines Kriegsverbrechens<br />
beschuldigt. Ich wünsche mir von der deutschen<br />
Regierung, dass sie endlich mal den Mut hat, so etwas<br />
in der Öffentlichkeit zu sagen und dann auch dazu zu<br />
stehen!<br />
So, das war es schon wieder für heute. Wir wünschen<br />
Ihnen, liebe LeserInnen, wie immer viel Spaß beim<br />
Lesen und beim Rätseln und einen schönen Start in den<br />
Frühling!<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
BEI DEN DEMOS GEGEN RECHTS DÜRFEN WIR NICHT<br />
AUFHÖREN<br />
Seitdem im Januar das Geheimtreffen mit AfD-Politikern,<br />
Nazis, finanzstarken Unternehmern, Mitgliedern der CDU<br />
und Martin Sellner von der Identitären Bewegung aufgeflogen<br />
ist, bei dem u. a. über die Massendeportation von<br />
„Asylbewerbern, Ausländern mit Bleiberecht – und nicht<br />
assimilierten Staatsbürgern’“ gesprochen wurde, gehen<br />
bundesweit viele Millionen Menschen gegen rechts auf<br />
die Straße. Das ist ein wichtiges Signal und stärkt diejenigen,<br />
die durch diese Pläne existenziell bedroht werden.<br />
Gerade Opfer von rassistischer Gewalt können sich<br />
dadurch evtl. gestärkt und weniger alleine fühlen. Die<br />
riesigen Demos dürfen aber nur ein Anfang sein. Wir haben<br />
es nämlich nicht mit einem einzelnen Geheimtreffen<br />
zu tun und auch nicht mit einem plötzlichen Rechtsruck,<br />
sondern mit einer langjährigen Rechtsentwicklung, der<br />
wir auch eine auf längerfristige Perspektiven ausgerichtete<br />
Organisierung entgegenstellen müssen.<br />
Gerade in Freiburg gibt es dafür einige niedrigschwellige<br />
Möglichkeiten. Z. B. kann man sich bei Aktion Bleiberecht<br />
engagieren. Die Gruppe setzt sich z. B. seit Jahren ebenso<br />
wie die Initiative LEA Watch kritisch mit der Landeserstaufnahmestelle<br />
für Flüchtlinge in der Müllheimer Straße<br />
auseinander. Denn, um es klar zu sagen, solche Massenlager<br />
sind eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung<br />
von fürchterlichen Massendeportationsphantasien<br />
und stellen damit eine Vorstufe der faschistischen Modelle<br />
dar, selbst wenn das Niveau des Schreckens mit einer<br />
AfD in Machtpositionen noch einmal ein ganz anders<br />
wäre. Wir sollten uns aber auch jetzt gegen die Selektion<br />
von Menschengruppen stellen, für die das eingezäunte<br />
Erstaufnahmelager symbolisch steht. Die BewohnerInnen<br />
kommen nur nach vorheriger Leibesvisitation herein,<br />
Privatsphäre gibt es nicht, dafür Dauerkontrolle durch<br />
Securitys.<br />
Ausdruck der stetigen Rechtsentwicklung ist auch die<br />
kommende Bezahlkarte für Menschen, die unter das<br />
Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Das sind zahlreiche<br />
Menschen, auch viele, die schon einige Jahre hier leben.<br />
Gerade der Einkauf in kleineren Läden oder Kiosken, die<br />
keine Visa-Karten akzeptieren oder auch Online-Einkäufe,<br />
die oft günstiger sind, wären voraussichtlich unmöglich.<br />
RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />
Wer Infos will, einfach E-Mail an:<br />
info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Eine solidarische Art, dem etwas entgegenzusetzen, wäre<br />
es, im großen Stil gemeinsames Einkaufen zu organisieren.<br />
Also selber eigene Einkäufe über die Karte erledigen,<br />
um den Betroffenen mindestens den entsprechenden<br />
Geldbetrag bar zu geben.<br />
Auch der bis zu den Grünen verbreitete „Nützlichkeitsdiskurs“<br />
ist Teil der Rechtsentwicklung. Die Auslese von<br />
Menschen nach solchen Kriterien erzeugt ungute Assoziationen<br />
mit der dunklen deutschen Geschichte und ist verachtenswert.<br />
Es gibt viele gute Gründe dafür, dass Menschen<br />
hier sein können sollen, auch wenn sie nicht in der<br />
Pflege den alten weißen Rassisten den Arsch abwischen<br />
oder unseren Müll wegputzen. Für den Klimawandel<br />
trägt der Kapitalismus des Nordens die Hauptverantwortung.<br />
Warum sollen Menschen, deren Lebensgrundlagen<br />
durch unser Wirtschaftsmodell zerstört werden, nicht<br />
hierherkommen? Und wollen wir wirklich Menschen, die<br />
aufgrund schwerer Krankheiten nicht arbeiten können,<br />
sagen, sie müssen Deutschland verlassen und in Länder<br />
gehen, in denen es evtl. kein Gesundheitssystem gibt,<br />
was sie versorgen kann, z. B. weil wir das medizinische<br />
Fachpersonal abgeworben haben oder schlicht das Geld<br />
fehlt? Wie schnell der Nützlichkeitsdiskurs nicht „nur“ Geflüchtete,<br />
sondern auch andere Gruppen der Bevölkerung<br />
treffen kann, zeigt der neoliberale Extremist der sogenannten<br />
Freiburger Schule Bernd Raffelhüschen. Er will,<br />
dass BürgergeldempfängerInnen nur noch Geld erhalten,<br />
wenn sie aufstocken. Wer nicht irgendeinen miesen<br />
Minijob hat, soll nach seinem Willen nur noch Gutscheine<br />
für das Existenzminimum erhalten – die Bezahlkarte für<br />
BürgergeldempfängerInnen sozusagen.<br />
Es gibt vieles, wogegen wir kämpfen müssen. Auch im<br />
Alltag sollten wir rechten Aussagen im Betrieb, auf der<br />
Straße und im eigenen Umfeld laut widersprechen.<br />
Fit machen kann man sich z. B. bei den Workshops für<br />
StammtischkämpferInnen des Freiburger Bündnisses<br />
gegen rechts. An Möglichkeiten, sich langfristig gegen<br />
rechts zu organisieren, mangelt es nicht.<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. JANUAR BIS 15. FEBRUAR)<br />
[BE] ERFOLG GEGEN EIGENBEDARFSKÜNDIGUNG<br />
Das Berliner Landgericht hat im Fall einer Eigenbedarfskündigung<br />
ein hoffentlich wegweisendes Urteil gefasst.<br />
Obwohl das Gericht feststellte, dass die Kündigung<br />
wirksam sei, ordnete es die Fortsetzung des Mietverhältnisses<br />
für die Dauer von zwei Jahren an. Den beklagten<br />
MieterInnen sei es in dem vorliegenden Fall nicht möglich<br />
gewesen, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren<br />
Bedingungen zu beschaffen. Die MieterInnen hatten<br />
sich nach der Eigenbedarfskündigung fast zwei Jahre lang<br />
auf eine Vielzahl von Wohnungen im gesamten Berliner<br />
Stadtgebiet beworben, jedoch aufgrund der angespannten<br />
Lage auf dem Wohnungsmarkt mit ihren Bewerbungen<br />
keinen Erfolg gehabt. Zudem stellte das Gericht fest,<br />
dass der Eigenbedarf der Vermieterin nicht besonders<br />
dringlich gewesen sei. Somit wandte das Landgericht<br />
Paragraph 574 des Bürgerlichen Gesetzbuches an, der<br />
u. a. erklärt, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses<br />
möglich ist, „wenn die Beendigung des Mietverhältnisses<br />
für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen<br />
seines Haushalts eine Härte bedeuten würde,<br />
die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen<br />
des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist (…) Eine Härte<br />
liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu<br />
zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.“<br />
Diese Sozialklausel gegen Eigenbedarfskündigungen<br />
sollte auch in Städten wie Freiburg anwendbar sein.<br />
.<br />
[FR] PLÖTZLICH WACHSENDE WOHNUNGEN IM<br />
RIESELFELD?<br />
Im Rieselfeld haben im Sommer über 300 Wohnungen<br />
und ein halbes Dutzend Gewerbeeinheiten den Besitzer<br />
gewechselt. Die SOKA-BAU, eine Einrichtung der Tarifvertragsparteien<br />
der Bauwirtschaft, hatte die Häuser als<br />
Kapitalanlage erbaut, um „Renten der Beschäftigten zu<br />
sichern“, und dann an die Deutsche Invest Immobilien<br />
AG (d.i.i.) weiterverkauft. Dass solche Investoren immer<br />
auf Rendite aus sind, zeigt sich nun wieder einmal.<br />
Im Sommer bekamen 209 Haushalte eine Mieterhöhungsankündigung.<br />
Leider nichts Außergewöhnliches.<br />
Doch im Rieselfeld sind die Wohnungen nach einer<br />
Neuberechnung teilweise nun auch noch um bis zu 15 m2<br />
größer geworden, sodass die Mieterhöhungen deutlich<br />
gravierender ausfallen. Die Betroffenen sollten sich auf<br />
jeden Fall Rat einholen. Ansonsten gilt: d.i.i. enteignen<br />
und Wohnraum vergesellschaften!<br />
[FR] GUTACHTEN ZUM AUGGENER WEG<br />
In den Vonovia-Häusern im Auggener Weg in Freiburg-<br />
Weingarten soll nun ein unabhängiges Gutachten zum<br />
Abschluss der Sanierungsarbeiten, auf die sich Stadt und<br />
Vonovia geeinigt hatten, erstellt werden. Eine BewohnerInnenbefragung<br />
des Mietenbündnisses kam zum<br />
Ergebnis, dass etwa 40 Prozent der Wohnungen unter<br />
Schädlingsbefall leiden, mehr als die Hälfte der Parteien<br />
mit einer Heizung kämpft, die dauerhaft läuft oder<br />
sich kaum regulieren lässt, und die Probleme mit den<br />
Aufzügen immer größer werden. Die Vonovia hat derweil<br />
angekündigt, nach Abschluss der Sanierungsarbeiten die<br />
Mieten zu erhöhen.<br />
[FR] KEIN MILIEUSCHUTZ IN ZÄHRINGEN<br />
Im Jahr 2022 hatte der Gemeinderat die Aufstellung einer<br />
sozialen Erhaltungssatzung für den Bereich „Brühl/Zähringen<br />
– beiderseits der Zähringer Straße“ beschlossen,<br />
mit der eine Verdrängung der bisherigen BewohnerInnen<br />
verhindert werden sollte. Nun aber kam ein Gutachten<br />
zum Ergebnis, dass die rechtlichen Voraussetzungen für<br />
eine Milieuschutzsatzung nicht ausreichen würden. Zwar<br />
gebe es Aufwertungspotenzial, zum Beispiel viele Mietwohnungen,<br />
die in Eigentumswohnungen umgewandelt<br />
werden könnten und auch Verdrängungspotenzial, weil<br />
85 Prozent der Haushalte Mieterhaushalte sind und auf<br />
preiswerten Wohnraum angewiesen sind. Es fehle aber an<br />
der dritten notwendigen Bedingung, dem Verdrängungsdruck.<br />
Zugezogene hätten zum Beispiel kein signifikant<br />
höheres Einkommen als die bisherigen BewohnerInnen<br />
und es gebe nur eine geringe Spreizung der Mietpreise<br />
zwischen modernisierten und nicht-modernisierten<br />
Wohnungen. Heißt übersetzt: Wenn auch nicht modernisierte<br />
Wohnungen teuer vermietet werden und alle, auch<br />
die Zugezogenen, wenig Geld haben, nennt sich das nicht<br />
Verdrängungsdruck und es kann keine Milieuschutzsatzung<br />
erlassen werden, mit der z. B. die Umwandlung in<br />
Eigentumswohnungen oder Luxussanierungen verhindert<br />
werden könnten. Wieder zeigt sich: Das Einzige, was<br />
hilft, ist, Häuser dauerhaft dem Markt zu entziehen und<br />
möglichst unter Kontrolle der MieterInnen zu bringen.<br />
[FR] SUVs VERLIEREN LUFT<br />
Mitte Februar wurde an zahlreichen geparkten SUVs in<br />
Freiburg die Luft abgelassen. Das Anti-Luxus-Kollektiv<br />
hatte sich zu den Aktionen bekannt. Es sollen Flyer mit<br />
„Achtung, Ihr Spritfresser ist tödlich“ hinterlassen worden<br />
sein. Berichtet wurde von 150 Fällen. Mit dem Titel „Mit<br />
Linsen gegen SUVs“ hatte die taz kürzlich ausführlich<br />
über das Ablassen von Luft aus den Reifen von SUVs<br />
berichtet. Auch in der Green City nimmt die Zahl dieser<br />
„Panzer“ rasant zu. In Paris müssen BesucherInnen mit<br />
Autos ab 1,6 Tonnen zukünftig 18 € pro Stunde an Parkgebühren<br />
zahlen. Für sechs Stunden werden 225 € fällig.<br />
Weiterführende Links zu den Meldungen<br />
findet Ihr wie immer auf der Homepage:<br />
www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Aktuelle Termine: tacker.fr<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 5
Abb.: Die Vorsteher der Tuchmacherzunft (Rembrandt van Rijn)<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 36)<br />
Foto: wikipedia<br />
In der letzten <strong>Ausgabe</strong> ging es überwiegend um die Eingliederung<br />
Freiburgs in das Großherzogtum Baden und<br />
die damit verbundenen Umstellungen für die Stadt und<br />
ihre EinwohnerInnen. Diesmal geht es um die Entwicklung<br />
Freiburgs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
und das Aufkommen des Liberalismus.<br />
NEUE STRUKTUREN IN DER STADT<br />
Beim letzten Mal endete ich mit dem neuen Freiburger<br />
Bürgerrecht und dessen Handhabungen bei den verschiedenen<br />
Gruppierungen der Einwohnerschaft. Durch<br />
diese Unterteilungen und Trennungen tauchten viele<br />
BewohnerInnen Freiburgs erst gar nicht in den amtlichen<br />
Bürgerlisten auf. Im Adresskalender von 1806 z. B. sind<br />
1.107 Bürger, 189 Witwen, 209 Guldenbürger und Hintersassen<br />
aufgeführt, was ungefähr 1.500 Personen sind. Die<br />
wirkliche Einwohnerzahl Freiburgs lag in dem Jahr allerdings<br />
bei etwa 8.500! Die Organisation der Bürgerschaft<br />
in Zünften wurde beibehalten. Es gab weiterhin 12 Zünfte<br />
in Freiburg und da die Zünfte die gesamte Bürgerschaft<br />
repräsentieren sollten, mussten sich nun auch Nichthandwerker<br />
in einer Zunft registrieren lassen. So findet man<br />
beispielsweise in der Küferzunft „Zum Oftinger“ nicht<br />
nur Küfer, sondern auch niedere Staatsdiener, städtische<br />
Angestellte, aber auch Professoren mit Bürgerrecht wie<br />
Carl von Rotteck. Besonders „bunt“ war die Tuchmacherzunft<br />
„Zum Rosbaum“, wo neben den Textilarbeitern auch<br />
Menschen mit „nichtgewerblichen Berufen“ eingetragen<br />
waren. Dazu gehörten unter anderem Münsterturmwächter,<br />
Gerichtsdiener oder Kaminfeger.<br />
Durch das bereits erwähnte sechste Konstitutionsedikt<br />
wurde die gesellschaftliche Rolle der Zünfte nun aber<br />
merklich eingeschränkt. Vor allem die gewerblichen Rechte<br />
der Zünfte wurden mehr und mehr den neuen wirtschaftlichen<br />
Gegebenheiten angepasst, vor allem an die<br />
entstehenden und schnell wachsenden Manufakturen.<br />
Auch die innere Hierarchie in den Zünften wurde jetzt von<br />
anderen beeinflusst. Die Zunftmitglieder selbst durften<br />
jetzt nur noch die „Untervorsteher“ und die „Obermeister“<br />
6<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
wählen, die allerdings noch der Bestätigung durch den<br />
Stadtdirektor bedurften. Die „Obervorsteher“, also die<br />
Zunftkommissare, wurden von den Polizeibehörden ausgesucht<br />
und den Zünften praktisch vor die Nase gesetzt.<br />
Einzig die Funktion als Gewerbeaufsichtsorgan durften<br />
die Zünfte noch uneingeschränkt ausüben.<br />
Durch Kontributionen, Einquartierung und Rekrutierungen<br />
von Soldatenkontingenten während der Napoleonischen<br />
Kriege hatte die Stadt bis 1815 Schulden von etwas<br />
mehr als 450.000 Gulden angehäuft. Zwar belief sich das<br />
Gesamtvermögen der Stadt auf mehr als 570.000 Gulden,<br />
doch bei lediglich 14.000 Gulden jährlicher Einnahmen<br />
blieb der Schuldenberg für viele Jahre die Hauptsorge für<br />
die Stadtverwaltung. So musste der bei der Regierungsübernahme<br />
1806 versprochene Wohlstand noch warten.<br />
Im Rechtswesen wurde das „Neue Stadtrecht“ von Ulrich<br />
Zasius aus dem Jahre 1520 abgelöst und 1810 durch Napoleons<br />
„Code Civil“ ersetzt. Es sollte bis ins Jahr 1900 als<br />
„Badisches Landrecht“ gültig bleiben.<br />
Nach außen hin bot Freiburg in dieser Zeit das Bild einer<br />
idyllischen Kleinstadt. Besucher fanden die Stadt „sehr<br />
lieb“ und „sehr heiter“, machten sich aber auch über die<br />
„kleinstädtische Langeweile“ in Freiburg lustig. Mit leichten<br />
Schwankungen stieg jetzt auch die Einwohnerzahl der<br />
Stadt wieder an. Um das Jahr 1820 waren es bereits mehr<br />
als 12.000 Einwohner, bis zur Mitte des Jahrhunderts<br />
sollten es über 15.000 sein. Das Stadtbild war geprägt von<br />
einer hohen Anzahl an Staatsbediensteten, die bei den<br />
zahlreichen Behörden der Stadt und bei der Universität<br />
angestellt waren. Auch den Handwerkern, Dienstboten<br />
und anderen Gewerben ging es in dieser Zeit recht gut,<br />
im Vergleich zu anderen Städten. Das wird daran gelegen<br />
haben, dass ihre Berufe in der Stadt noch nicht überbelegt<br />
waren und sie noch genügend Arbeit in der Stadt hatten.<br />
Doch mit den steigenden Einwohnerzahlen sollte sich das<br />
ändern. Mittlerweile wuchs Freiburg deutlich schneller<br />
als andere Städte in Baden und das lag zum größten Teil<br />
an einem höheren Zuzug auswärtiger Menschen. Was<br />
allerdings diese besondere Anziehungskraft Freiburgs auf<br />
die Menschen auslöste, darüber gibt es nur Vermutungen.<br />
Die wahrscheinlichste dürfte sein, dass der soziale<br />
und wirtschaftliche Wandel und die damit verbundene<br />
Eröffnung von Fabriken und Manufakturen ein Auslöser<br />
für den starken Zuwachs der Bevölkerung waren.<br />
Obwohl die Einwohnerzahl nun ständig wuchs, wurde<br />
das Stadtgebiet lange Zeit nicht vergrößert. Freiburg verblieb<br />
innerhalb der alten Festungsanlagen und nur einige<br />
wenige freie Plätze wurden überbaut. Doch irgendwann<br />
war der Zuzug zu groß, der Wohnraum wurde knapp und<br />
die Stadt musste handeln. Seit 1819 lagen dem Magistrat<br />
Pläne des Kreisbaumeisters Christoph Arnold vor,<br />
Abb.: Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von<br />
1789 ist eine positive Kodifizierung des Naturrechts.<br />
nach denen die Gegend vor dem Christophstor bebaut<br />
werden sollte; die sogenannte Zähringer Vorstadt sollte<br />
hier entstehen. Sieben Jahre später wurden diese und<br />
weitere Vergrößerungspläne umgesetzt und z. B. auch<br />
das Gebiet zwischen Martinstor und Dreisam, die Stephanienvorstadt,<br />
wurde errichtet. Fast in Rekordzeit wurde<br />
dieses Baugebiet fertiggestellt und bald sollten die ersten<br />
Einwohner ihr Heim beziehen. Doch weder in der Stephanienvorstadt<br />
noch in der Zähringer Vorstadt sollten die<br />
„einfachen, normalen Einwohner Freiburgs“ Wohnraum<br />
finden. Gerade sie, die am meisten unter der immer größer<br />
werdenden Enge zu leiden hatten, mussten draußen<br />
bleiben! Durch neu erdachte Vorschriften und Regelungen<br />
war es nur den wohlhabenden Bürgern möglich, sich<br />
in einer der beiden Neubausiedlungen niederzulassen. So<br />
mussten sich trotz Stadterweiterung zahlreiche Freiburger<br />
mit erbärmlichen Wohnverhältnissen begnügen.<br />
Der Freiburger Historiker und Geschichtsschreiber Heinrich<br />
Schreiber (1793-1872) schrieb dazu folgendes: „Auf<br />
die schlechtesten unter denselben (Wohnungen) sind die<br />
Armen angewiesen, von welchen nicht selten eine zahlreiche<br />
Familie in einer einzigen Stube wohnt, in die niemals<br />
ein Sonnenstrahl dringt, und nie eine reine Luft; denn bei<br />
Oeffnung der Fenster füllt sie sich mit den Ausdünstungen<br />
Foto: wikipedia<br />
Foto: Wikipedia<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 7
Foto: Augustinermuseum<br />
Abb.: Die Kaiserstraße südlich des Martinstors (Stephanienvorstadt), 1860. Im Fokus steht das Martinstor, während<br />
sich rechts die Adelhauser Straße erstreckt. Das Foto wurde 1860 von Gottlieb Theoder Hase angefertigt.<br />
der unter dem Fenster liegenden Dunggrube und der<br />
nahen Schweineställe, in welcher ferner die Wände von<br />
Feuchtigkeit triefen, und ein Qualm von der Ausdünstung<br />
der Bewohner und des an dem Ofen getrocknetem Weißzeugs<br />
den engen Raum erfüllt.“<br />
Doch außer diesem „Anprangern“ der Missstände geschah<br />
nicht viel. Die Reichen, welche sich die neuen<br />
Wohnungen oder Häuser leisten konnten, wollten unter<br />
sich bleiben und duldeten niemanden aus den niederen<br />
Klassen neben sich. Die Armen und Besitzlosen hatten<br />
auch hier wieder das Nachsehen. Sie hatten nur die Wahl<br />
zwischen eigentlich unzumutbaren, aber trotzdem teuren<br />
Wohnungen oder einem der Armenhäuser der Stadt.<br />
Neu gebaut wurde für sie nicht. Das galt damals und gilt<br />
leider heute noch genauso! Doch trotz all der beschriebenen<br />
Enge gab es noch genügend Platz für die Tierhaltung<br />
in der Stadt. Allein 700 Milchkühe, dazu noch Schweine,<br />
Schafe, Ziegen und Kleinvieh hielten sich Freiburgs EinwohnerInnen<br />
zu dieser Zeit. Die räumliche Enge, die daraus<br />
entstehenden Probleme und vor allem die Probleme<br />
der schnell um sich greifenden Industrialisierung sollten<br />
noch größer werden.<br />
DER LIBERALISMUS IN FREIBURG ALS VORBEREITER<br />
DER REVOLUTION<br />
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchte in Freiburg, in<br />
ganz Baden und fast in ganz Deutschland der Liberalismus<br />
auf. Es war eine politische Bewegung, die nach und<br />
nach versuchte, in Europa und der Welt an Einfluss zu<br />
gewinnen. Besonders in den USA fand sie viele Anhänger.<br />
Einer der prominentesten Vertreter des deutschen<br />
Liberalismus, Theodor Mundt, definierte die Ziele so:<br />
„Der Liberalismus will nichts anderes als die Zukunft der<br />
Geschichte!“<br />
Foto: Wikipedia<br />
Liberalismus kommt vom lateinischen Wort liber, was<br />
soviel wie frei oder freiheitlich bedeutet. Der Liberalismus<br />
war eine Weltanschauung, die die Freiheit und damit die<br />
freie Entfaltung des einzelnen Menschen in den Mittelpunkt<br />
rückte. Nach jahrhundertelanger wirtschaftlicher<br />
und politischer Bevormundung durch verschiedene<br />
Obrigkeiten forderten die Liberalisten nun eine Beschränkung<br />
der staatlichen Macht gegenüber den BürgerInnen.<br />
Sie forderten auch die Durchsetzung der Menschenrechte,<br />
die Meinungs- und Pressefreiheit und die Gleichheit aller<br />
Menschen vor dem Gesetz. Im Idealfall würde das einen<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
demokratischen Rechtsstaat bedeuten, in dem auch Minderheiten<br />
bis hin zum kleinsten Individuum respektiert<br />
werden. Der Staat sollte Garant für die Rechtsordnung<br />
sein und über sein Handeln regelmäßig Rechenschaft<br />
ablegen. Der Liberalismus nimmt starken Bezug auf die<br />
Freiheitsdefinition der Französischen Revolution von 1789,<br />
in welcher die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“<br />
festgeschrieben wurde. „Die Freiheit besteht darin, alles<br />
tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat<br />
die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen<br />
nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft<br />
den Genuss der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen<br />
können allein durch das Gesetz festgelegt werden.“ Diese<br />
Epoche der Geschichte wird auch als Vormärz bezeichnet.<br />
Das ist die Zeit zwischen der Julirevolution 1830 in Frankreich<br />
und der Revolution 1848/49 in Deutschland. Neben<br />
dem Liberalismus haben viele andere politische, kulturelle<br />
und freireligiöse Bewegungen und Strömungen ihren<br />
Ursprung in Freiburg.<br />
Zwei Vertreter des Liberalismus in Freiburg waren Carl<br />
von Rotteck (1775-1840) und Carl Theodor Welcker (1790-<br />
1869). Rotteck stammte aus einer sehr angesehenen Freiburger<br />
Familie, in der es eine große Anzahl von Klerikern,<br />
Ärzten und hohen Staatsbeamten gab. Rotteck begann<br />
bereits mit 15 Jahren ein Studium der Rechtswissenschaften,<br />
konnte sich jedoch mit der Juristerei nie anfreunden.<br />
Er sah sich eher als Historiker und durch den väterlichen<br />
Einfluss erhielt er eine Professur für „Allgemeine Weltgeschichte“<br />
an der Universität Freiburg. Hier nahm er sein<br />
großes, viel beachtetes historisches Werk in Angriff. Er<br />
schrieb sein neun Bände umfassendes Werk „Allgemeine<br />
Geschichte“, welches zwischen 1812 und 1827 im Verlag<br />
des berühmten Freiburger Verlegers Bartholomä Herder<br />
herausgegeben wurde. Bis zu Rottecks Tod wurde die „Allgemeine<br />
Geschichte“ mehr als 100.000-mal verkauft, was<br />
ihn zum erfolgreichsten Historiker seiner Zeit machte. Der<br />
Unterschied zu anderen Geschichtsbüchern war, dass hier<br />
die Weltgeschichte als kontinuierliche Abfolge dargestellt<br />
wurde, bis zur damaligen Gegenwart. Rotteck zeigte die<br />
Entfaltung immer größer werdender Freiheit auf und<br />
stellte das als gesetzmäßig dar. Er erklärte den Staat als<br />
vertragliches Konstrukt und war der Auffassung, dass<br />
die „res publica“ die Summe aller BürgerInnen und ihres<br />
politischen Verstandes sei.<br />
Nicht immer waren Rottecks Ansichten so frei und<br />
fortschrittlich. Beim Wahlrecht war er beispielsweise<br />
für Beschränkungen desselben. So sollten die unteren,<br />
besitzlosen Klassen, der „Pöbel“, besser nicht wählen.<br />
Auch in der Frage der „Judenemanzipation“ blieb Rotteck<br />
bei Beschränkungen, war damit aber in seiner Zeit nicht<br />
allein. In den 1830er Jahren hatten die Juden in Baden<br />
zwar Gewerbefreiheit, steuerliche Gleichberechtigung<br />
Foto: wikipedia<br />
Abb.: Porträt Carl Theodor Welcker (1790-1869), Lithographie<br />
um 1848 nach einer Zeichnung von Valentin Schertle<br />
und auch ihre Konfession wurde prinzipiell anerkannt,<br />
doch sie hatten nicht die gleichen Orts- und Staatsbürgerrechte.<br />
Sie durften nicht wählen, noch durften sie gewählt<br />
werden; sie durften nicht an Gemeindeversammlungen<br />
teilnehmen und keine öffentlichen Ämter bekleiden. In<br />
den sogenannten „Judendebatten“ im Landtag von 1831<br />
und 1833 betonte Carl von Rotteck sogar das „antisoziale<br />
Wesen“ der „jüdischen Nation“. Leider war das aber auch<br />
die Ansicht der meisten seiner Kollegen.<br />
Carl Theodor Welcker wurde in Hessen geboren und auch<br />
er kam nach dem Studium der Rechtswissenschaften an<br />
die Uni Freiburg und erhielt hier 1822 einen Lehrstuhl.<br />
Wie Rotteck auch kam er Anfang der 1830er Jahre in den<br />
Landtag nach Karlsruhe. Welcker setzte sich vor allem für<br />
die Freiheit der Presse ein und veröffentlichte 1830 eine<br />
Petition darüber.<br />
In der nächsten <strong>Ausgabe</strong> berichte ich darüber, wie Welcker<br />
und Rotteck zusammenkamen und wie sie versuchten,<br />
den Liberalismus zu verbreiten. Weiter erkläre ich,<br />
wie der Liberalismus letztendlich zur Revolution führte.<br />
Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg, beim Alemannischen<br />
Institut Freiburg, der Waisenhausstiftung, Gerlinde<br />
Kurzbach, Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 9
STOCHERN IM KERNFRAGENNEBEL<br />
Was ist der Sinn unseres Lebens?<br />
Foto: Arne Bicker<br />
Was sagte noch gleich der 2018 verstorbene Boxer Graciano<br />
Rocchigiani sinngemäß auf die Frage nach dem<br />
Sinn des Lebens: „Wat braucht der Mensch außer Glotze<br />
gucken, een bisschen bumsen und een bisschen<br />
Anerkennung.“<br />
Ja, schlagfertig war er einfach, dieser schillernde Sportler,<br />
nicht nur im Supermittel- und Halbschwergewicht. Wenn<br />
ich mich aber selbst nach meinem Lebensmotto befrage,<br />
egal ob fliegen- oder schwergewichtig, und kontemplativ<br />
in mich gehe – was ist dann der Kern meines Wesens? Die<br />
Frage nach dem Sinn des Lebens steckt latent auch in mir<br />
drin; und wenn ein naher Verwandter oder ein Freund<br />
stirbt, so wie ich es hier in Freiburg erst vor wenigen Wochen<br />
erlebt habe, dann wird die Tür zu dieser Kernfrage<br />
aufgestoßen – aber eine schnelle Antwort fand ich mal<br />
wieder nicht.<br />
Diesmal suche ich. Zum Tod von Bruno Ganz (2019) finde<br />
ich in einem Interview in dem evangelischen Magazin<br />
‚Chrismon‘ einen Absatz, in dem der großartige Schauspieler<br />
die explizite Frage beantwortet hatte, ob das Leben<br />
einen Sinn habe. Ganz sagte demnach: „Nein. Aber<br />
mich beschäftigt das auch nicht so. Ich frage mich eher:<br />
Was machst du mit der Zeit, die dir gegeben ist von Geburt<br />
bis Tod? Was machst du mit deiner Begabung? […]<br />
Ich bin froh, wenn ich sagen kann: Ich habe wirklich getan,<br />
was ich konnte, mehr war nicht drin.“<br />
Und wieder frage ich mich: Was wäre meine Antwort gewesen?<br />
Und wieder finde ich in mir drin keine Antwort,<br />
stattdessen in meinem Bücherregal das verstaubte Taschenbuch<br />
des renommierten, britischen Gegenwarts-Philosophen<br />
Julian Baggini (55) mit dem Titel „Der Sinn des<br />
Lebens“ (Piper, 2006). Die Frage nach dem Sinn sei eigentlich<br />
ein Platzhalter für mehrere Fragen, schreibt Baggini,<br />
nach dem Warum, dem Glück, einem höheren Zweck, dem<br />
Eigensinn oder der Hilfe für andere – unter anderem.<br />
Das klingt zumindest nicht allzu geheimnisvoll. Worum<br />
geht es also? Um Erfolg, Glück, Reichtum? Für mich oder<br />
ein paar oder für alle Menschen, oder auch für andere Lebewesen?<br />
Oder vielleicht um Selbstständigkeit oder das<br />
Streben nach Wahrheit? Oder ergibt sich der Sinn allein<br />
aus einem gesunden Selbstvertrauen? Geht es um einen<br />
schönen Körper, tollen Sex? Oder ist das Leben per se sinnlos,<br />
weil wir ja eh alle irgendwann sterben?<br />
Je länger ich las, desto mehr entfernte ich mich von einer<br />
einfachen Antwort. Die Frage lasse sich nicht durch<br />
die Entdeckung neuer Fakten beantworten, so Baggini,<br />
vielmehr durch pures Nachdenken. Und der französische<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
Philosoph Jean-Paul Sartre meinte, dem menschlichen<br />
Leben wohne nicht per se ein im Voraus festgelegter Sinn<br />
inne. Deshalb müsse sich jeder einzelne der Verantwortung<br />
stellen, sich einen Sinn zu schaffen. Ist es vielleicht<br />
das, was die vielen Flüchtlingshelfer hier in Deutschland<br />
antreibt? Aber was ist dann der Lebenssinn radikaler<br />
Nationalisten?<br />
Und was wäre mit einer Maxime, frei nach Kant: Tu, was<br />
zu einem besseren Leben für alle führt? Der maximale<br />
Anspruch. Er ließe sich problemlos in eine Säulenhalle<br />
einsortieren zwischen Artikel 14 unseres Grundgesetzes<br />
(Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem<br />
Wohle der Allgemeinheit dienen.), dem christlichen Gebot<br />
zur Nächstenliebe und etlichen anderen wohlmeinenden<br />
Anregungen.<br />
Nur, wer hält sich daran? Der Glaube an einen höheren<br />
Zweck jedenfalls sei wohl vergebens, wenn auch verführerisch,<br />
schreibt Baggini. Und auch mit Blick in die Niederungen<br />
des Alltags hält er fest: „Für die meisten von uns<br />
verbessert sich das Leben nicht wesentlich, wenn wir unsere<br />
CDs mit einer besseren Stereoanlage abspielen oder<br />
statt eines Ford einen Jaguar fahren.“<br />
Der altgriechische Philosoph Aristoteles betonte den Unterschied<br />
zu anderen Lebewesen: Der Sinn des menschlichen<br />
Lebens sei es, Mensch zu sein und seine Vernunft<br />
auszubilden. In eine ähnliche Richtung dachte auch der<br />
niederländische Philosoph Baruch de Spinoza (1632-1677):<br />
„Sein, was wir sind, und werden, was wir werden können,<br />
das ist das Ziel unseres Lebens.“<br />
Schon sehr viel früher hatte der Römer Seneca (1-65) den<br />
zeitlichen Aspekt der Fragestellung untersucht: „Wir haben<br />
nicht zu wenig Zeit, wir verschwenden zu viel davon.<br />
Auch zur Vollbringung der größten Dinge ist das Leben<br />
lang genug, wenn es nur gut angewendet wird.“ Wow!<br />
Die durchschnittliche Lebenserwartung seiner Zeit lag<br />
deutlich unter fünfzig Jahren. Dafür gab es damals weder<br />
Fernsehen noch Handys.<br />
Als der Modezar Karl Lagerfeld (1933-2015) 85-jährig das<br />
Zeitliche segnete, hinterließ er in einem Interview mit<br />
dem ‚Tagesspiegel‘ die Worte: „Es wird Milliarden von<br />
Leuten vor uns oder Milliarden nach uns geben. Man soll<br />
seinen persönlichen Fall nicht so dramatisieren. Denn der<br />
Sinn des Lebens ist das Leben, und damit hat sich's." Kann<br />
das wirklich so einfach sein? Immerhin hatte sich so ähnlich<br />
auch schon Goethe geäußert: „Der Sinn des Lebens ist<br />
das Leben selbst.“<br />
Zur Sicherheit ziehe ich noch den dänischen Philosophen<br />
Søren Kierkegaard zurate. Er soll gesagt haben: „So viel ich<br />
das Leben betrachte, ich kann keinen Sinn hineinbringen.<br />
Ich glaube, mir hat ein böser Geist eine Brille auf die Nase<br />
gesetzt, von deren Gläsern das eine in ungeheurem Maßstab<br />
vergrößert, während das andere im selben Maßstab<br />
verkleinert.“<br />
Mein Zwischenfazit: Es bleibt schwierig. Wenn ich sage,<br />
der Sinn des Lebens sei es, ein erfülltes Leben zu haben,<br />
oder zu tun, was mir wirklich wichtig ist, dann verschiebe<br />
ich nur die Fragestellung. Ich denke vielmehr, der Sinn des<br />
Lebens ist am Ende so etwas wie eine Matrix, ein Puzzle,<br />
das ich mir selbst aus fast unendlich vielen Faktoren<br />
in individueller Gewichtung zusammensetzen kann, in<br />
einem mir persönlich menschenwürdig erscheinenden<br />
Wertesystem.<br />
Dazu können gehören Glück- und Freiheitssuche, Fortpflanzung,<br />
Verantwortung oder vielleicht göttliche Bestimmung,<br />
aber auch mein Weg durch etliche Antipoden<br />
wie Hedonismus und Altruismus. Ich kann also meine<br />
Werte (und deren von mir anzustrebende Umsetzung)<br />
selber festlegen, wie die Regler einzelner Kanäle auf einem<br />
Mischpult. Da kann ich dann meinen Lebenssinn<br />
einstellen, zum Beispiel zwischen Großzügigkeit und<br />
Gier, Engstirnigkeit und Toleranz, Verzicht und Konsum,<br />
Ehrlichkeit und Desinformation, Liebe und Hass, Wissenschaft<br />
und Verschwörungsglaube, zwischen Elektroauto<br />
und Verbrenner, Tempo-Limit oder mehr Toten und stärkerer<br />
Umweltschädigung und so weiter, wohin mein Blick<br />
sich wendet.<br />
Mein (Master-) Sinn des Lebens ist dann ein Bündel aus<br />
sehr vielen, einzelnen Lebenssinnen, etwa wie ein Überseekabel<br />
mit hunderten Teilfasern. Der Philosoph Christian<br />
Uhle schreibt in seinem Buch „Wozu das Alles – Eine<br />
philosophische Reise zum Sinn des Lebens“ (S. Fischer Verlage,<br />
2023) es gebe nicht einen Sinn, sondern unterschiedliche<br />
Sinnquellen, dazu in die Zukunft gerichtete sinnvolle<br />
Visionen. Das bestätigt meine neue, individuell-pluralistisch-diversifizierende<br />
Sichtweise.<br />
Das mit dem Sinn des Lebens ist nicht einfach, aber ich<br />
selbst kann und sollte diesen beeinflussen, wenn nicht<br />
gar festlegen, mit meinem virtuellen Mischpult. Und<br />
dann möglichst gut danach handeln. Das erscheint mir<br />
handfest. Mein Nebel hat sich gelichtet.<br />
Arne Bicker<br />
Arne Bicker ist Journalist und Autor in Freiburg und<br />
Mitbegründer der Lesebühne „Die Glyphenreiter“ und<br />
der ersten Freiburger Buchmesse freiBUCH<br />
(3. – 5. Mai 2024 / www.freibuch.de)<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 11
Menschen, die auf der Straße leben, vielleicht nicht so haben.<br />
Eine Straßenzeitung ist von den Themen anders als<br />
andere Medien, dieses Soziale finde ich sehr wichtig, gerade<br />
für Menschen mit wenig Einkommen.<br />
Welche Aufgaben übernimmst Du in der Redaktion?<br />
In erster Linie bin ich sozusagen das „Tür-Mädchen“. Wenn<br />
jemand klingelt, ob jetzt VerkäuferIn oder irgendwelche<br />
Gäste, bin ich meist der erste Kontakt. Ich halte den zwei<br />
Redakteuren mehr oder weniger den Rücken frei, damit sie<br />
frei arbeiten können. Ich kümmere mich um die Belange<br />
der VerkäuferInnen und gebe Zeitungen aus. Am Ende des<br />
Monats bin ich unterstützend in der Korrekturarbeit tätig.<br />
Du bist Bindeglied zwischen der Redaktion und den<br />
VerkäuferInnen?<br />
Wenn irgendwas sein sollte, bin ich der erste Ansprechpartner.<br />
Ich bespreche das anschließend mit meinen zwei Kollegen,<br />
um dann vielleicht Lösungen für die jeweiligen VerkäuferInnen<br />
zu finden oder Unterstützungswege aufzuzeigen.<br />
Wenn Probleme auftauchen, kann man sich jederzeit gerne<br />
an uns in der Redaktion wenden. Wir sehen uns als eine<br />
Ergänzung zu sozialen Anlaufstellen, wo manche vielleicht<br />
auch ein bisschen Scheu vor haben.<br />
Foto: E. Peters<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Karsten Koeleman<br />
Wir finden, es ist an der Zeit für ein Gespräch mit unserem<br />
Karsten. Karsten Koeleman ist seit 2012 Verkäufer<br />
des FREIeBÜRGER und seit Mitte 2013 Teil der FREIeBÜR-<br />
GER-Redaktion. Er ist VerkäuferInnen-Sprecher und zuständig<br />
für einen gelungenen Start aller neuen VerkäuferInnen,<br />
die Zuweisung der Verkaufsplätze, und wenn<br />
bei dem einen oder anderen mal der Schuh drückt, ist<br />
er sofort mit Rat und Tat zur Stelle. Des Weiteren ist er<br />
Redaktionsassistent.<br />
Lieber Karsten, wie geht es Dir?<br />
Ich hatte leider im Januar eine schwere Grippe, und da fehlt<br />
es mir halt im Moment noch so ein bisschen an Energie.<br />
Aber ansonsten geht es mir wieder gut. Danke!<br />
Du bist seit über zehn Jahren Teil des FREIeBÜRGER-<br />
Teams. Was bedeutet Dir die Arbeit für eine Straßenzeitung?<br />
In erster Linie finde ich das Projekt Straßenzeitung sehr<br />
wichtig, weil es vielen Menschen Möglichkeiten gibt, sich<br />
etwas finanziell dazuzuverdienen, aber halt auch vor allem<br />
eine Struktur im Leben aufzubauen, was einige, gerade<br />
25 Jahre FREIeBÜRGER wurden letztes Jahr gefeiert. Dein<br />
Kommentar dazu?<br />
Grandios! 25 Jahre unabhängig, mit vielen Höhen und Tiefen,<br />
aber immer wieder in die Stabilität zurückgekommen.<br />
Das ist schon eine große Nummer für eine unabhängige,<br />
kleine Straßenzeitung.<br />
Du verkaufst selbst seit über einem Jahrzehnt. Wie hat<br />
sich für Dich in der Zeit das Bild der Freiburger Innenstadt<br />
in Bezug auf obdachlose Menschen verändert?<br />
Es ist schwieriger geworden für obdachlose Menschen, weil<br />
meines Erachtens immer mehr Vertreibung und Verdrängung<br />
aus der Innenstadt stattfindet. Die Stadt bemüht sich,<br />
ein sauberes Bild der Innenstadt darstellen zu wollen, was<br />
für viele Obdachlose natürlich schwierig ist, weil sie ja gerade<br />
auch in der Innenstadt viele Anlaufmöglichkeiten haben,<br />
sich aber großartig nicht aufhalten dürfen.<br />
Spielen die hohen Mietpreise Deiner Meinung nach auch<br />
eine Rolle bei der Zahl der Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit<br />
bedrohten Menschen?<br />
Das mit Sicherheit auch. Die hohen Mietpreise, aber auch<br />
der geringe Anteil an wirklich sozialen Wohnungen. Die<br />
Wohnungen, die es im Sozialbereich gibt, sind meistens<br />
belegt.<br />
Was war Dein schönstes Erlebnis beim Verkauf?<br />
Das war 2016, als mich eine ältere Dame für zehn Tage nach<br />
Jerusalem eingeladen hat. Über Monate hinweg haben wir<br />
12<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
engen Kontakt auf der Straße aufgebaut. Die Reise war ein<br />
Dankeschön für meine moralische Unterstützung ihr gegenüber.<br />
Das war in meinen Augen das größte Kino, was ich<br />
überhaupt erlebt habe.<br />
Siehst Du in Freiburg die Ausgrenzung obdachloser<br />
Menschen?<br />
Sehe ich definitiv. Die Menschen werden immer weiter an<br />
den Stadtrand getrieben, müssen sich Zeltlager im Wald,<br />
mehr oder weniger auch illegal, einrichten. Die Möglichkeiten<br />
für Notunterkünfte sind weit außerhalb der Stadt oder<br />
am Stadtrand. Diese Containerdörfer, die sie mittlerweile<br />
eingerichtet haben, das ist auch eine Art Ausgrenzung.<br />
Was kann die Bürgerschaft tun, um Obdachlosen zu helfen,<br />
und was müsste die Stadt Freiburg dringendst in Angriff<br />
nehmen?<br />
Die letzten Jahre wurde immer mal wieder versucht, in den<br />
Wintermonaten obdachlosen Menschen tagsüber Aufenthaltsmöglichkeiten<br />
zu geben. Aber in erster Linie ist es ganz<br />
klar notwendig, mehr in sozialen Wohnungsbau zu investieren<br />
und die Menschen auch aus diesen Unterkünften, die<br />
teilweise überbelegt sind und wo verschiedenste Charaktere<br />
aufeinanderprallen, zu holen und so die prekäre Lage<br />
dort ein bisschen zu entschärfen.<br />
Was sollte Deiner Meinung nach weltweit umgehend abgeschafft<br />
werden?<br />
Jede Art von Waffen, Hungersnot und Obdachlosigkeit.<br />
Viele wissen, Dein Fußballer-Herz schlägt für den FC. St.<br />
Pauli. Aufstieg in die erste Liga? Die Chancen stehen ja<br />
gut. Was meinst Du?<br />
Mein Herz schlägt seit 35 Jahren für den FC St. Pauli. Nach<br />
13 Jahren mal wieder aufzusteigen, wäre natürlich schön.<br />
Wenn ich das realistisch sehe, besteht natürlich die Möglichkeit,<br />
wir sind Tabellenführer, wir spielen eine grandiose<br />
Saison, aber ich weiß halt auch: Der Weg ist noch weit. Es<br />
ist noch ein Drittel der Saison zu spielen, da ist noch viel Arbeit.<br />
Aber ich wünsche es mir, und ich bin auch davon überzeugt,<br />
dass die Mannschaft vom FC St. Pauli das Potenzial<br />
hat, diesen Sprung zu machen und mal wieder ein, vielleicht<br />
auch zwei oder drei Jahre in der Ersten Liga zu spielen.<br />
Ich freue mich!<br />
Wie oft bist Du für das echte Fanfeeling bei einem Heimspiel<br />
im Millerntor-Stadion?<br />
Das hat leider ein bisschen nachgelassen. Vor einigen Jahren,<br />
als meine Tochter noch schulpflichtig war, bin ich regelmäßig<br />
in den Ferien bei ihr in Hamburg gewesen. Jetzt<br />
mittlerweile hat sie ausgelernt, hat ihr eigenständiges Leben,<br />
und ich bin nicht mehr so oft da. In dieser Saison tatsächlich<br />
erst einmal live am Millerntor, das war beim Hamburger<br />
Stadt Derby. Das Rückspiel habe ich auch im Visier.<br />
Ansonsten versuche ich, was im Moment in dieser Saison<br />
nicht so einfach ist, in der Region immer mal auch zu einem<br />
Auswärtsspiel zu fahren.<br />
Was machst Du in Deiner Freizeit?<br />
Am liebsten chillen, mich mit Leuten treffen. Manchmal,<br />
am Wochenende zum Beispiel, gehe ich gerne raus ins Rieselfeld<br />
zu meinen Freunden auf dem Bauwagen-Platz, um<br />
da einfach gemütlich ein paar nette Gespräche zu haben,<br />
abends am Lagerfeuer zu sitzen, Bierchen dazu zu trinken<br />
und einfach zu entspannen. Und ansonsten, ganz klar, Woche<br />
für Woche, wenn es dann stattfindet, bemühe ich mich,<br />
die Spiele des FC St. Pauli zumindest auf dem Fernseher live<br />
verfolgen zu können.<br />
Worüber kannst Du lachen und was macht Dich wütend?<br />
Zum Lachen gibt es viele Sachen, und ich bin, glaube ich,<br />
ein sehr freundlicher, humoristischer Mensch. Wütend machen<br />
mich Ungerechtigkeiten, Ausgrenzung und gewalttätige<br />
Menschen zum Beispiel.<br />
Hast Du noch Ziele in Deinem Leben?<br />
Ja, ich möchte schon noch ein paar Jahre für den FREIeBÜR-<br />
GER weiterhin aktiv sein. Ich habe in den letzten Jahren angefangen,<br />
innerhalb Europas immer mal wieder ein paar<br />
Tage Urlaub zu machen, das will ich weiterhin, und vielleicht<br />
mal eine Fernreise nach Mittel- oder Südamerika.<br />
Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />
Und welcher der hässlichste?<br />
Der schönste Ort ist ganz klar gegen Abend in der Dämmerung<br />
der Kanonenplatz am Schlossberg. Und der hässlichste<br />
Ort ist in meinen Augen der Vorplatz am Hauptbahnhof<br />
mit den riesigen Glasbauten, zum Beispiel dem neuen<br />
Volksbankgebäude.<br />
Was wünschst Du Freiburg?<br />
Ich wünsche Freiburg, dass es weiterhin so offen, tolerant<br />
und bunt bleibt, und ja, dass es in diesen sozialen Ungerechtigkeiten,<br />
die es teilweise gibt, vielleicht ein paar Verbesserungen<br />
geben könnte.<br />
Möchtest Du noch irgendwas sagen?<br />
Ja, in diesem Sinne möchte ich mich grundsätzlich noch<br />
mal bei allen Kundinnen und Kunden bedanken, die mich<br />
regelmäßig in der Stadt beim Verkaufen sehen und mir<br />
stets auch immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und weiterhin<br />
viel Erfolg für die redaktionelle Arbeit beim FREIeBÜRGER.<br />
Dass wir noch viele Jahre so weitermachen<br />
können!<br />
Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke für alles, Keule!<br />
Oliver, Ekki & Conny<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 13
DIE FLOTTE SCHALOTTE<br />
Ein Blick hinter die Kulissen des Bio-Hofladens<br />
Foto: E. Peters<br />
Jana Diebold ist freischaffende Texterin, Slow-Content-<br />
Marketing-Beraterin und seit Juni 2023 Inhaberin des<br />
Hofladens Flotte Schalotte in der Egonstraße 45, wo es<br />
ausschließlich hochwertige Bio- und Demeter-Produkte<br />
zu kaufen gibt, zu 90 % aus der Region rund um Freiburg.<br />
Daneben betreibt sie einen Blog und bietet Onlinekurse<br />
im Bereich Heilpflanzen an. Eine sympathische Allrounderin,<br />
die möchten wir Ihnen einfach nicht vorenthalten!<br />
Wir konzentrieren uns heute auf die Flotte Schalotte.<br />
Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Hofladen zu<br />
eröffnen?<br />
Ich bin seit fast zehn Jahren als freie Texterin tätig, hatte<br />
viele Kundentermine vor Ort und war viel unterwegs. Dann<br />
kam Corona. Alles fand nur noch online statt. Mir ist die<br />
Decke auf den Kopf gefallen und ich wollte meinem Leben<br />
eine neue Richtung geben. So kam die Idee, samstags als<br />
Marktverkäuferin bei der Bio-Gärtnerei Witt in Emmendingen<br />
anzufangen. Eines Tages habe ich beschlossen, ein zweites<br />
Unternehmen zu gründen: einen Hofladen. Der Chef der<br />
Bio-Gärtnerei Witt wollte mich unterstützen und mit Ware<br />
beliefern – und so hatte ich schon den ersten Kontakt.<br />
Wie kamst Du auf den Namen Flotte Schalotte?<br />
Ich wollte unbedingt einen lustigen und einprägsamen Namen<br />
wählen. Meine beste Freundin wohnt in Berlin und<br />
immer, wenn ich sie besuche, fallen mir die witzigen Namen<br />
der Läden, Bars und Restaurants auf. Das hat mich<br />
inspiriert.<br />
Stehst Du täglich selbst im Laden, machst Du alles alleine?<br />
Oder hast Du MitarbeiterInnen und wenn ja, wie<br />
viele?<br />
Ich habe ca. sechs Monate alles alleine gemacht. Im November<br />
2023 haben dann meine ersten beiden Mitarbeiterinnen<br />
angefangen. Und ab März 2024 sind wir mit mir nun<br />
schon zu fünft. Dadurch kann ich die Öffnungszeiten erheblich<br />
erweitern und habe ab dem 13.03.2024 von dienstags<br />
bis freitags von 9 bis 19 Uhr und samstags von 9 bis 14 Uhr<br />
geöffnet.<br />
Woher beziehst Du Deine Ware? Achtest Du auf kurze<br />
Transportwege?<br />
Ja, ich achte sehr auf kurze Transportwege. Ich arbeite persönlich<br />
mit fünf Bio-Höfen und Gärtnereien aus der Region,<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
die mich beliefern. Produkte, die diese Höfe nicht haben,<br />
bestelle ich beim Bio-Großhändler Rinklin in Eichstetten.<br />
Ich möchte die hochwertige Bio-Ware von den ErzeugerInnen<br />
aus dem Freiburger Umland in die Stadt holen.<br />
Was hast Du alles in Deinem Sortiment?<br />
Der Fokus liegt auf Bio-Obst & -Gemüse aus der Region.<br />
Daneben biete ich auch Tee, Eier, Honig, Aufstriche, Essige,<br />
Öle und mehr an – alles Bio. Ich produziere jetzt auch selbst<br />
und werde ab März Eingemachtes, Eingelegtes und Eingekochtes<br />
in Gläsern mit Pfandsystem anbieten. Meine Kundinnen<br />
und Kunden können dann z. B. Bio-Kartoffelsuppe<br />
im Glas kaufen, zu Hause verzehren und mir das Glas wieder<br />
zurückbringen. So sparen wir 100 % Verpackungsmüll.<br />
Wie lockst Du Deine KundInnen an?<br />
Ich habe einfach die Türe geöffnet. Auch über Mund-zu-<br />
Mund-Propaganda hat sich die Eröffnung herumgesprochen.<br />
Das reicht nicht aus, deshalb habe ich eine Website<br />
und einen Instagram-Account erstellt: www.flotte-schalotte.de<br />
und www.instagram.com/flotteschalotte/. Hier habe<br />
ich wichtige Informationen wie die Öffnungszeiten platziert<br />
und über Instagram möchte ich zukünftig einen Blick<br />
hinter die Fassade ermöglichen.<br />
Was passiert mit Waren, die Du nicht verkaufst?<br />
Ich bestelle sehr gründlich meine Ware, mehrmals die Woche.<br />
So kann ich garantieren, dass immer alles frisch ist und<br />
ich nichts wegwerfen muss. Sollte etwas übrig bleiben, essen<br />
wir es selbst oder ich verteile es an die Kunden. Wir sind<br />
außerdem bei „Too Good To Go“ angemeldet.<br />
Du hast mittlerweile drei berufliche Standbeine. Bleibt<br />
da überhaupt noch Zeit für Privates? Und wie erholst Du<br />
Dich in Deiner Freizeit?<br />
Dadurch, dass ich selbstständig bin, kann ich mir meine<br />
Zeit frei einteilen. Für mich ist das alles keine „Arbeit“, sondern<br />
Dinge, die mir Spaß machen. Zudem ist mein Ehemann<br />
auch selbstständig, so können wir unsere freien Tage<br />
aufeinander abstimmen. Wir haben zwei Hunde, mit denen<br />
verbringen wir unsere Freizeit in der Natur. Im Urlaub<br />
campen wir, genießen die Ruhe und tanken neue Energie.<br />
Auch ein abendlicher Spaziergang mit den Hunden hilft<br />
mir, den Tag Revue passieren zu lassen und damit abzuschließen.<br />
So kann ich abends gut entspannen und freue<br />
mich morgens auf den neuen Tag.<br />
Vielen Dank, liebe Jana, für das tolle informative Gespräch.<br />
Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg mit der<br />
Flotten Schalotte.<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 15
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16<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
Wiedereröffnung am 13.03.2024<br />
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FREIeBÜRGER 03 | 2024 17
Foto: iStock / South agency<br />
JOURNALISMUS IST KEIN VERBRECHEN<br />
Es wäre kriminell, uns die Freiheit der Berichterstattung wegzunehmen<br />
Die ‚Trust Conference‘ der Thomas Reuters Foundation<br />
mahnte eindringlich, wie anspruchsvoll die Welt des<br />
Journalismus heutzutage ist. Mike Findlay-Agnew, Geschäftsführer<br />
des International Network of Street Papers,<br />
stellt einige herausragende Aspekte vor.<br />
Journalismus ist kein Verbrechen und sollte auch nicht als<br />
solches angesehen werden. Dies war nur eine der vielen<br />
eindringlichen Botschaften, die hunderte Medienexperten,<br />
Journalisten und Redakteure, Politiker, Regierungsvertreter,<br />
Juristen und andere im Oktober auf der ‚Trust<br />
Conference‘ der Thomas Reuters Foundation in London zu<br />
hören bekamen.<br />
Das ‚Vertrauen‘ (Anm.d.Red.: Englisch ‚Trust‘) bezieht sich<br />
in diesem Kontext nicht nur auf das Vertrauen in Journalisten,<br />
sondern erstreckt sich auch auf das Vertrauen in<br />
die Regierungen und Bürger, oder manchmal viel mehr<br />
und präziser auf den Mangel an Vertrauen zwischen<br />
diesen Gruppen als Grundursache vieler Menschenrechtsverletzungen<br />
und Konflikte.<br />
Es ist eine ernüchternde und harte Realität, dass viele<br />
Journalisten während der Berichterstattung vor Ort getötet<br />
werden. Nur wenige Tage vor der Konferenz wurde<br />
Issam Addallah, ein Reuters Videojournalist, an der Front<br />
der Israelisch-Libanesischen Grenze von einer israelischen<br />
Rakete getötet.<br />
Laut dem Komitee zum Schutz von Journalisten, das sich<br />
für das Recht von Journalisten einsetzt, sicher und ohne<br />
Angst vor Repressalien über Nachrichten zu berichten, ist<br />
Issam einer von mindestens 21 Journalisten, die seit dem<br />
Ausbruch des Israel-Gaza-Krieges getötet wurden.<br />
Die türkische Akademikerin und Nahost-Expertin Hatice<br />
Cengiz gab ihre persönliche Erklärung über den Mord<br />
an ihrem Verlobten, dem saudischen Journalisten Jamal<br />
Khashoggi: „Jamal hat sich für das Exil entschieden, weil<br />
er seine Feder nicht benutzen konnte und wegen seiner<br />
beruflichen Erfahrung nicht respektiert wurde“, bemerkte<br />
sie.<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
JOURNALISTEN IM EXIL UND IN GEFANGENSCHAFT<br />
Wir erfuhren direkt von der Präsidentin des Komitees<br />
zum Schutz von Journalisten, Jodie Ginsberg, wie Journalisten<br />
wie Jamal ins Exil gezwungen werden, nur weil sie<br />
ihren Job machen.<br />
Viele Länder schaffen kein Umfeld, in dem sich Medien<br />
im Exil entfalten können, und in den letzten Jahren hat<br />
der Bedarf an Unterstützung für Journalisten in solchen<br />
Situationen zugenommen, was die wachsende Zahl von<br />
Journalisten widerspiegelt, die aus ihrem Heimatland<br />
fliehen.<br />
Sie sagte: „Wir erkennen, dass es an einem förderlichen<br />
Umfeld fehlt, das Journalisten die Arbeit ermöglicht. Es<br />
kommt häufig vor, dass ein Journalist mit einer Art Notvisum<br />
in ein Land einreist, aber keine Arbeitserlaubnis hat.“<br />
„Viele der Journalisten, mit denen wir arbeiten, berichten,<br />
dass dies in das Narrativ der Regierung passt, die sie im<br />
Wesentlichen ins Exil gezwungen hat, da die Regierung<br />
im Endeffekt sagen kann: Seht euch diese Person an, sie<br />
kann nicht länger als Journalist arbeiten. Es trägt zur<br />
Verleumdungskampagne gegen den Journalisten/ die<br />
Journalistin bei. Sie müssen etwas anderes tun.“<br />
„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Regierungen<br />
Wege finden, um diesen Journalisten ein günstiges<br />
Arbeitsumfeld zu ermöglichen. Und noch mal, das ist<br />
leider nichts, was wir nicht häufig oder regelmäßig sehen.<br />
Regierungen könnten dies für ein bestimmtes Land tun,<br />
wie die Ukraine oder Russland, aber tun nicht dasselbe<br />
bei z. B. afghanischen Journalisten.“<br />
Während der Konferenz hörten wir viele Berichte über<br />
rechtliche Bedrohungen für Journalisten und wie kollektive<br />
Bemühungen zur Verteidigung der Medienfreiheit und<br />
Demokratie eingesetzt werden können.<br />
An das Publikum richtete sich Sebastian Lai, Sohn des<br />
berühmten pro-demokratischen Kämpfers, Medienunternehmers<br />
und Schriftstellers Jimmy Lai.<br />
Jimmy Lai war es, der Next Digital und Apple Daily, die<br />
beliebte unabhängige chinesischsprachige Zeitung in<br />
Hongkong, gründete, welche 2021 von den Behörden in<br />
Hongkong gewaltsam stillgelegt wurde. Der britische<br />
Staatsbürger Jimmy Lai ist seit Dezember 2020 in Hongkong<br />
im Gefängnis und wartet nun auf seinen Prozess,<br />
welcher zu seiner lebenslangen Inhaftierung führen<br />
könnte.<br />
Sein Sohn Sebastian sprach darüber, wie das Ausmaß und<br />
die Tragweite der ‚gesetzlichen Verfolgung‘, die gegen<br />
Foto: Marek Pospisil<br />
Abb.: Thomson Reuters Foundation ‚Trust Conference‘<br />
Journalisten geführt wird, die kritische Berichterstattung<br />
über die Wahrheit unterdrücken. Er befindet sich in<br />
einem andauernden Kampf zur Befreiung seines Vaters,<br />
der bisher über 1.000 Tage in Hongkong inhaftiert war.<br />
Sebastian führt die internationale #FreeJimmyLai-Kampagne<br />
an, um die Entlassung seines Vaters zu erwirken.<br />
Sebastian kommentiert: „Es bricht mir das Herz, dass man<br />
diesen Mann, der alles gegeben hat, um für die Freiheit<br />
einzutreten, rechtfertigen muss…“<br />
„Wenn Sie in einem anderen Land zu Unrecht inhaftiert<br />
werden, liegt dies in ihrer Verantwortung. Es spielt keine<br />
Rolle, ob Sie Verleger oder Journalist sind. Im Hinblick auf<br />
den Schutz von Journalisten vor Straftaten ist die Meinungsfreiheit<br />
die Freiheit der freien Presse. Die Medien<br />
sind die Grundlage unserer Demokratie.“<br />
„Ein Land, das seine Bürger nicht beschützt, schützt auch<br />
seine Journalisten nicht vor gesetzlicher Verfolgung, denn<br />
das bedeutet, dass man, wenn man einen Pass eines freien<br />
Landes besitzt, in einem anderen Land nicht geschützt<br />
ist, wenn man verhaftet wird. Ich hoffe wirklich, dass sich<br />
die britische Regierung für meinen Vater einsetzt und<br />
seine Freilassung fordert.“<br />
MOMENTE DES NACHDENKENS<br />
Einer der bewegendsten Augenblicke der ‚Trust Conference‘<br />
war die Präsentation von Bildern, aufgenommen von<br />
Reuters' Fotografin Clodagh Kilcoyne, welche die Macht<br />
der Bildberichterstattung erforschte, um bei der Übersetzung<br />
der Realität von grenzübergreifenden Konflikten zu<br />
helfen.<br />
Sie beschrieb die verheerenden Kosten, die Menschen bei<br />
Konflikten und Naturkatastrophen erleiden: „Zivilisten<br />
geraten immer ins Kreuzfeuer und es ist maßgeblich, ihre<br />
Geschichten zu erzählen, denn sie zahlen den höchsten<br />
Preis.“<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 19
Abb.: Internationales Minenräumzentrum in Syrien<br />
Foto: Wikipedia Commons<br />
Ein Beispiel dafür ist die Bergung einer ukrainischen Frau,<br />
Katarina, die unter einem Gebäude lag, das während des<br />
Konflikts in Schutt und Asche gelegt wurde. Nach einer<br />
zermürbenden fünfstündigen Bergung durch Rettungskräfte<br />
bemerkt Clodagh: „Es war ein Augenblick großer<br />
Hoffnung für alle vor Ort. Aber wie so oft in der Ukraine<br />
geht die Hoffnung mit einer schrecklichen Tragödie<br />
einher.“<br />
„Wir erfuhren später, dass Katarina taub ist und daher<br />
nicht nach Hilfe rufen konnte. Sie hörte nicht, wie die Rettungsdienste<br />
nach ihr riefen. Später fanden wir heraus,<br />
dass auch ihr Mann und ihr einjähriges Kind nur wenige<br />
Meter von ihr entfernt tot lagen. Sie verbrachte drei Tage<br />
bei Minusgraden und überlebte irgendwie.“<br />
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (KI) UND<br />
ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN<br />
Im vergangenen Jahr haben generative KI-Tools die<br />
Schlagzeilen dominiert und waren der Mittelpunkt vieler<br />
Nachrichtenberichte auf der ganzen Welt. Ängste vor den<br />
Risiken der Übernahme unserer Arbeitsplätze durch KI,<br />
der Manipulation der Wahrheit, Falschmeldungen und<br />
uns mittelmäßige Menschen zu beherrschen sind nur<br />
allzu bekannt.<br />
Die Kühnheit und Raffinesse der KI-generierten Technologie<br />
sorgte für einige Lacher im Publikum, als wir uns<br />
das berüchtigte, aber gefälschte Bild des Papstes in einer<br />
weißen Kapuzenjacke ansahen: eine Mahnung an uns,<br />
dass auch wir getäuscht werden können und dass die KI<br />
hier ist, um zu bleiben.<br />
Wir hörten von Charlie Beckett, Medienprofessor an der<br />
London School of Economics & Political Science (LSE) und<br />
Leiter des journalistischen Expertengremiums der LSE<br />
Polis, dass das gängige ‚Risiko-‘Narrativ über KI infrage<br />
gestellt wird.<br />
Er sagte: „Das ist wohl eine Art Existenzbedrohung.<br />
Aber offen gesagt, ist der Journalismus seit Jahrzehnten<br />
existenziell bedroht. Und bei diesen Bedrohungen geht<br />
es nicht nur um Technik, sondern oft auch um bösartige<br />
Politiker und repressive Regime. Und zunehmend schlechte<br />
Schauspieler, die populistische Politiker sind, setzten<br />
medienfeindliche Memes sozusagen zu ihrem Vorteil ein.“<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
„Ich denke, viele dieser Gefahren sind wichtig und müssen<br />
angegangen werden. Sie können beispielsweise Richtlinien<br />
für ihre Nachrichtenredaktion aufstellen, sodass<br />
ihre Mitarbeiter die Risiken kennen, aber auch die besten<br />
Praktiken, um Schaden zu vermeiden, und auch, um ihr<br />
Publikum zu beruhigen und der Öffentlichkeit zu zeigen,<br />
dass sie sich dieser Risiken bewusst sind.“<br />
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die ‚Trust Conference‘<br />
eine eindringliche Erinnerung daran lieferte, wie anspruchsvoll<br />
die Welt des Journalismus momentan ist.<br />
Beim Verlassen der Konferenz herrschte jedoch eine optimistische<br />
Stimmung hinsichtlich der zukünftigen Rolle<br />
des Journalismus und wie wir unsere demokratischen<br />
Rechte und Freiheiten verteidigen können.<br />
Für meine eigene Organisation und mein Netzwerk – welches<br />
aus circa 260 Journalisten und Redakteuren besteht,<br />
die 93 separate Straßenzeitungsorganisationen in 35<br />
verschiedenen Ländern leiten, mit dem gemeinsamen<br />
Ziel, Obdachlosigkeit und Armut zu bekämpfen – gibt es<br />
viele Erkenntnisse, die wir mitnehmen können.<br />
Keine Scheu vor Zukunftstechnologien haben und sich<br />
nicht bedroht fühlen. Fortführung unserer verantwortungsvollen<br />
Berichterstattung über wichtige soziale<br />
Themen wie Konflikte, Klimawandel und juristische Auseinandersetzungen.<br />
Uns für unterrepräsentierte Gruppen<br />
und Menschen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt und<br />
‚anders‘ behandelt werden, einzusetzen.<br />
Und was vielleicht am wichtigsten ist, Regierungen und<br />
Behörden zur Verantwortung zu ziehen.<br />
Journalismus ist kein Verbrechen, aber es wäre kriminell,<br />
uns die Freiheit der Berichterstattung wegzunehmen.<br />
Mike Findlay-Agnew<br />
Übersetzt von Translators Without Borders<br />
Mit freundlicher Genehmigung von INSP.ngo<br />
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FREIeBÜRGER 03 | 2024 21
AUF DÜNNEM EIS<br />
Pleiten, Pech und Pannen bei der Wohnungssuche<br />
Foto: Arek Socha / Pixabay<br />
Anfang Oktober kam ich durch einen hilfreichen Tipp von<br />
meiner Arbeitsvermittlerin des Jobcenters zu einer kirchlichen<br />
Einrichtung, bei der ich schließlich in das Begleitete<br />
Wohnen einziehen konnte. Das Begleitete Wohnen wird<br />
vom zuständigen Landratsamt finanziert und es muss ein<br />
individueller Hilfeplan vorgelegt werden. Einmal in der<br />
Woche findet ein verpflichtendes Gespräch mit einer zugeteilten<br />
Sozialarbeiterin statt, um aktuelle Themen und<br />
den Hilfebedarf zu besprechen.<br />
Im Begleiteten Wohnen war ich sieben Wochen. Im Nachhinein<br />
hätte ich definitiv dort bleiben sollen, doch ich<br />
fühlte mich erneut aus meinem Leben herausgerissen<br />
und konnte mich nicht auf die neue Situation einlassen.<br />
Eine Sozialarbeiterin, Frau H., die ihrer Aussage nach ausschließlich<br />
für meine beruflichen Anliegen zuständig ist<br />
und mit dem kirchlichen Träger nichts zu tun hat, stellte<br />
einen Kontakt zwischen einer ihrer Klientinnen, die umzog,<br />
und mir her.<br />
Es verging eine Weile, bis ich letztendlich am 5. Dezember<br />
in die Wohnung einziehen konnte. Mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln eine Stunde von meinem Arbeitsort und<br />
Begleitetem Wohnen entfernt, was für mich ein nerviges<br />
Hindernis war. Kurzum in Hintertupfing! Am Tag des Umzuges<br />
hatte ich innerlich ein eindringliches, warnendes<br />
und trauriges Gefühl. Frau H. holte mich beim Begleiteten<br />
Wohnen ab und fuhr mich mit meinen paar Sachen<br />
zur neuen Wohnung, die komplett unmöbliert war. Zu<br />
meiner negativen Überraschung sagte sie zu mir, dass sie<br />
die nächsten eineinhalb Wochen nicht erreichbar ist. Am<br />
Abend fiel mir auf, wie dunkel die Wohnung war. Ich spürte<br />
eine so tiefergreifende Kälte, welche nicht nur mit den<br />
defekten Heizkörpern zu tun hatte. Dazu nahm ich einen<br />
überaus intensiven und unangenehmen Geruch wahr.<br />
Das Schlimmste jedoch war für mich, dass ich das allererste<br />
Mal in meinem Leben eine fremde, brummende<br />
Stimme hörte, die aus dem Heizkörper im Wohnzimmer<br />
22<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
zu kommen schien. Der Türgriff der Badezimmertür sah<br />
aus wie ein Entenschnabel und die hässliche Lampe wie<br />
ein Hirschgeweih. Um diesem einschlagenden Erlebnis<br />
etwas Humor zu verleihen, taufte ich die Lampe auf den<br />
Namen Rudolf. Aus ärztlicher Sicht waren das angeblich<br />
akustische und optische Illusionen.<br />
Es vergingen für mich schreckliche Tage, da ich komplett<br />
auf mich alleine gestellt war und das allererste Mal in<br />
meinem Leben dermaßen überfordert. Wenigstens hatte<br />
ich keine finanziellen Sorgen. Ich schlief drei Nächte auf<br />
dem kalten Parkettboden, da ich weder ein Bettgestell<br />
noch eine Matratze hatte. Eine hilfsbereite Kollegin brachte<br />
mir an einem Nachmittag eine relativ neue Matratze<br />
vorbei und nahm, ohne dass ich ihr davor etwas davon gesagt<br />
hatte, den anhaltenden hartnäckigen Geruch wahr.<br />
Gegen den half mehrmaliges Reinigen des Bodens nichts.<br />
Das Jobcenter hatte die Mietkaution direkt an die Vermieterin<br />
überwiesen und an mich Geld für die Erstausstattung.<br />
Doch dieser Betrag war deutlich zu wenig. Unter<br />
500 €. Das war kein Fehler des Jobcenters, sondern lag daran,<br />
dass die gemeinsam erstellte Liste mit Frau H. mangelhaft<br />
gewesen war und einiges gefehlt hatte, wie eine<br />
Waschmaschine und Trockner, wie mir beim Begleiteten<br />
Wohnen erklärt wurde. Für das Waschen und Trocknen<br />
der Wäsche musste ich eine Stunde zu einem SB-Waschsalon<br />
fahren. Obendrein fielen mir erst bei genauem Hinsehen<br />
weitere Mängel neben der kaputten Heizung auf.<br />
Meine Vormieterin hatte sämtliche Löcher in der Wand<br />
überstrichen, anstatt diese mit Spachtel zu stopfen, und<br />
durch die eingetrocknete Farbe wurden diese sichtbar. Die<br />
Wände wurden offensichtlich nicht gestrichen und der uralte<br />
Fliesenboden war stellenweise zerbrochen. Da ich bei<br />
der Wohnungsabgabe nicht anwesend gewesen war und<br />
die Vormieterin bei der Besichtigung noch in der Wohnung<br />
gewohnt hatte, fielen mir diese Makel zu spät auf.<br />
Es war wohl mein großes Glück, dass das Landratsamt<br />
einen Brief für mich an das Begleitete Wohnen sendete.<br />
Eine Sozialarbeiterin von dort, mit der ich gut zurechtkam,<br />
nahm Kontakt mit mir auf und ich fuhr hin, um meine<br />
Post abzuholen. Vor Ort ergab sich ein aufschlussreiches<br />
Gespräch mit zwei Sozialarbeiterinnen über meine<br />
verheerende Wohnsituation und ich konnte zeigen, wie<br />
schlecht es mir psychisch ging und ich mich (immer noch)<br />
für meine Fehlentscheidung bis auf die Knochen schämte.<br />
Als Nachschlag bekam ich zu allem auch noch körperliche<br />
Beschwerden, die nach zweimaliger ärztlicher Untersuchung<br />
zur Abwechslung nicht psychisch bedingt sind.<br />
Ich ließ nicht locker und äußerte mehrfach und unergiebig<br />
gegenüber den Sozialarbeiterinnen des Begleiteten<br />
Wohnens und Frau H, mit der ich erst nach zweieinhalb<br />
Wochen nach meinem Einzug wieder Kontakt hatte, den<br />
ausdrücklichen Wunsch, wieder in das Begleitete Wohnen<br />
zurückkehren zu wollen und ich nicht in der Wohnung<br />
bleiben kann und will. Mein Arzt unterstützte mich dabei<br />
und hatte die gleiche Ansicht.<br />
Bei einem Gespräch zu viert stimmten dann ebenfalls<br />
die Sozialarbeiterinnen des Begleiteten Wohnens zu. Ich<br />
könne bereits Anfang Februar wieder in meine alte Wohngemeinschaft<br />
zurückziehen. Zu meinem Entsetzen wollte<br />
die Schwester meiner Vermieterin jedoch, dass ich die<br />
dreimonatige Kündigungsfrist einhielt und es aus ihrer<br />
Sicht keinen Anlass gab, dass ich nicht in der Wohnung<br />
bleiben konnte. Von meiner Vermieterin erfuhr ich ehrlicherweise,<br />
dass sie bereits seit Dezember einen potenziellen<br />
Nachmieter hatte und ich im Falle, dass er die Wohnung<br />
nehmen würde, wie geplant ausziehen kann.<br />
Anstatt eine Abrissbirne zu bestellen, beschloss ich, die<br />
Wohnung für die Besichtigung ordentlich sauberzumachen<br />
und hübsch herzurichten, was mich einiges an<br />
Energie und Runden bei diversen preiswerten Geschäften<br />
kostete. Und ich entdeckte nebenbei meine Fähigkeiten<br />
als Handwerkerin. Es war eine für mich so extrem erleichternde<br />
Nachricht, als mir die Vermieterin schrieb, dass der<br />
Mietinteressent der Wohnung zugesagt hatte.<br />
Ich packte die für mich notwendigsten Sachen ein und<br />
konnte am 30. Januar wieder in das Begleitete Wohnen<br />
einziehen. Bedauerlicherweise zählen die leidvollen acht<br />
Wochen in der eiskalten Wohnung zum Hilfebedarf dazu,<br />
weshalb meine Zeit im Begleiteten Wohnen überschaubar<br />
sein wird. Aus der ganzen Misere habe ich für mich<br />
gelernt, dass ich das nächste Mal nur noch auf mich<br />
hören werde, bei der Wohnungsabgabe anwesend sein<br />
möchte und fragen werde, ob es möglich ist, eine Nacht<br />
zur Probe zu schlafen. Vielleicht habe ich die Wohnung<br />
nur angenommen, um Frau H. einen Gefallen zu tun, da<br />
meine prekäre Wohnsituation immer wieder Thema bei<br />
gemeinsamen Terminen gewesen war. Eventuell werde<br />
ich irgendwann erfahren, welchen Sinn das Ganze hatte.<br />
Ich selbst habe die Hoffnung auf eine eigene kleine Wohnung<br />
nach vielen Fehlversuchen aufgegeben.<br />
Rose Blue<br />
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FREIeBÜRGER 03 | 2024 25
Sebastian Lörscher<br />
„Schatten der Gesellschaft“<br />
Jaja Verlag<br />
ISBN 978-3-948904-47-0<br />
128 Seiten | 15,00 €<br />
Sabine Roidl<br />
„Ohne Dach, ohne Ofen, ohne Bett“<br />
Allitera Verlag<br />
ISBN 978-3-96233-227-3<br />
88 Seiten | 15,00 €<br />
OBDACHLOSE MENSCHEN<br />
Buchtipps von utasch<br />
„Schatten der Gesellschaft“ nennt der Autor und Zeichner<br />
Sebastian Lörscher sein Buch, in dem er einige Obdachlose<br />
aus Berlin vorstellt. Er packte Skizzenblock und Stifte<br />
ein und ging zu den Orten, an denen Obdachlose Schutz<br />
vor der Winterkälte suchen, um herauszufinden, wie<br />
sie mit ihren Lebensumständen zurechtkommen. Seine<br />
erste Anlaufstelle war der Kältebahnhof Lichtenberg. Im<br />
Rahmen der Kältehilfe durften Obdachlose auf der Zwischenebene<br />
zu den U-Bahn-Gleisen ihre Lager aufschlagen.<br />
Dort traf der Zeichner auf Menschen, die ihm offen<br />
begegneten und sich bereitwillig zeichnen ließen. Einer<br />
von ihnen ist Jensen, der seit 28 Jahren schnorrt und froh<br />
zu sein scheint, sein bürgerliches Leben hinter sich gelassen<br />
zu haben. Der ehemalige Philosophiestudent Dennis<br />
macht sich Gedanken über die Ängste der Menschen und<br />
durchsucht täglich den Duden nach passenden Begriffen,<br />
um seine Theorien besser in Worte fassen zu können. Und<br />
Wilfried, der frühere Bildhauer, findet selbst im größten<br />
Pech kleine Momente des Glücks. Eine weitere Anlaufstelle<br />
war die Notübernachtung im Wärmezelt der Berliner<br />
Stadtmission. Eine Sozialarbeiterin fasste die prekäre<br />
Lebenslage der Obdachlosen so zusammen: „Bei manchen<br />
gibt es Hoffnung auf Besserung. Bei anderen ist das hier,<br />
hart ausgedrückt, betreutes Sterben.“ Sebastian Lörscher<br />
hat die Gesichter, Geschichten und Gefühle mit prägnanten<br />
Zeichnungen und Worten aus dem Schatten der<br />
Gesellschaft ins Licht gerückt. „Deine Zeichnung beweist<br />
mir, dass ich ein Mensch bin. Und das macht mich froh.“,<br />
bedankt sich einer der Porträtierten.<br />
In München war Sabine Roidl für ihr Buch „Ohne Dach,<br />
ohne Ofen, ohne Bett“ mit ihrem Skizzenblock unterwegs<br />
und teilt ihre Eindrücke aus der Welt der Obdachlosen<br />
in Texten und Zeichnungen. Mit offenem Blick geht sie<br />
durch die Stadt, kommt mit manchen Obdachlosen ins<br />
Gespräch, während sie andere nicht behelligt, sondern<br />
zurückhaltend beobachtet und kleine Momentaufnahmen<br />
beschreibt. Es sind rührende, erschreckende Szenen,<br />
die sie schildert. Da gibt es den Bettler, der seinen<br />
gesamten Besitz in vierzehn Plastiktüten mit sich herumschleppt,<br />
den Obdachlosen, der 65 <strong>Ausgabe</strong>stellen für<br />
kostenloses Essen kennt und die Frau, die immer vor der<br />
U-Bahn-Station an der Uni sitzt und alles, was ihr widerfährt,<br />
als Gottes Prüfung betrachtet. Und Roidl trifft den<br />
Lebenskünstler Franz, der am Isartor schläft, wo er auch<br />
an Organversagen stirbt. Roidl schärft den Blick für die<br />
Menschen, die ohne Dach, ohne Ofen und ohne Bett auf<br />
der Straße überleben müssen. Das Buch entstand aus<br />
Neugier und Mitgefühl. Roidl will nicht beurteilen, nicht<br />
verurteilen. In München leben ungefähr eintausend<br />
Menschen auf der Straße. Roidl ruft dazu auf, Geld an<br />
Organisationen oder direkt an Obdachlose zu spenden.<br />
Wir sollten uns trauen, Obdachlose anzusprechen und zu<br />
fragen, was sie brauchen. Und manchmal ist dabei das<br />
verschenkte Geld weniger wichtig als die freundlichen<br />
Worte, die gewechselt werden. Die Bilder und Geschichten<br />
von Sabine Roidl sind voller Emphatie für die Menschen,<br />
bei denen sonst weggeschaut wird und für deren<br />
Leben sich niemand zu interessieren scheint.<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
SCHLEMMERTOPF MIT HACK<br />
Foto: E. Peters<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
„Ich glaube, es hackt“ oder „Ich mache Hackfleisch aus<br />
Dir“ sind Kraftausdrücke. Wir vom FREIeBÜRGER wollen<br />
lieber was Leckeres mit Hack zwischen den Zähnen. Denn<br />
„Hack geht immer“, behaupten zumindest „eingefleischte“<br />
Fans. Gehacktes, Gewolftes, Hackepeter, Mett, Schabefleisch,<br />
Tatar etc. Hackfleisch hat viele Gesichter, doch<br />
meinen sie alle dieselbe Herstellungsweise. Wer will,<br />
kann Hackfleisch auch selber machen. Die Definition besagt,<br />
dass Hackfleisch aus grob oder fein gehacktem Muskelfleisch<br />
besteht, das maximal 1 % Salzgehalt aufweisen<br />
darf. Vom Burger-Patty, Hackbraten, Mettbrötchen über<br />
Buletten, Köfte, Chili con Carne, Königsberger Klopse etc.<br />
Hackfleisch gibt es in unendlich vielen Variationen. Wir<br />
kochen für Sie kurz vor dem Frühlingserwachen noch mal<br />
deftige Hausmannskost. Für die noch bevorstehenden<br />
kühlen Abende genau das Richtige und so lecker…<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
500 g gem. Bio-Hackfleisch, 700 g Kartoffeln, 2 rote Paprika,<br />
150 g Zucchini, 200 g Möhren, 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen,<br />
1 Dose gewürfelte Tomaten, 1 Glas Rinderfond, 1 TL<br />
Majoran gerebelt, 1 TL Paprikapulver edelsüß, 1 TL Paprikapulver<br />
geräuchert, 1 TL Thymian gerebelt, 1 gute Prise<br />
Zucker, Worcestersauce, Öl zum Braten, Salz & Pfeffer<br />
Zubereitung:<br />
Zuerst das Gemüse gründlich waschen und schälen. Die<br />
Kartoffeln in mundgerechte Stücke schneiden, während<br />
die Möhren, Paprika und Zucchini in kleine Würfel geschnitten<br />
werden. Als nächstes einen großen Topf aufsetzen<br />
und etwas Öl darin erhitzen. Sobald das Fleisch eine<br />
schöne Bräune angenommen hat, die Hitze reduzieren<br />
und die fein gehackten Zwiebeln sowie den Knoblauch<br />
hinzufügen. Unter gelegentlichem Rühren alles gemeinsam<br />
für 3-4 Minuten anschwitzen, bis die Zwiebeln glasig<br />
sind. Jetzt salzen und pfeffern. Die Dosentomaten und<br />
den Rinderfond dazugeben, ebenso alle Gewürze und einen<br />
halben TL Salz. Alles gut verrühren. Anschließend das<br />
gesamte Gemüse zugeben und falls nötig noch 100 ml<br />
Wasser. Das Gemüse sollte von Flüssigkeit bedeckt sein.<br />
Den Deckel fest auf den Topf setzen und alles bei mittlerer<br />
Hitze für 20 Minuten sanft köcheln lassen. Ab und<br />
zu umrühren, um sicherzustellen, dass sich die Zutaten<br />
gleichmäßig verteilen und nichts am Topfboden anhaftet.<br />
Sobald die Kartoffeln weich sind, alles noch mal gut<br />
abschmecken und mit ein paar Spritzern Worcestersauce<br />
abrunden.<br />
Guten Appetit!<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 27
Fall hat Wellinger noch einen Riesenspaß beim Skispringen<br />
und ich hab jede Menge Spaß, ihm zuzuschauen!<br />
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
da bin ich mal wieder mit den neuesten Nachrichten vom<br />
Spocht! Der Winter ist schon fast vorbei und so wird auch<br />
der Wintersport bald wieder vom heimischen Fernseher<br />
verschwinden. Na ja, jedes Jahr dasselbe.<br />
Aber als Fan der deutschen WintersportlerInnen kann<br />
man auch froh sein, dass es zu Ende geht, denn irgendwie<br />
hatte ich in den letzten zwei, drei Wochen so das Gefühl,<br />
denen sind die Kräfte ausgegangen. Darf normalerweise<br />
ja gar nicht sein, die kriegen ja zu Saisonbeginn gesagt,<br />
wie lange der Winter geht, aber von den Leistungen und<br />
den Ergebnissen her kamen die Jungs und Mädels schon<br />
ziemlich kraftlos rüber. Bei der Biathlon-WM wurde das<br />
besonders deutlich. Am Anfang des Winters haben die<br />
einen Podestplatz nach dem anderen erkämpft, sogar<br />
ein paar Siege waren dabei; bei der WM reichte es dann<br />
gerade noch für eine Silber- und zwei Bronzemedaillen. In<br />
manchen Wettbewerben war mit viel Glück mal jemand<br />
unter den besten 15 oder 20. Vielleicht kann man ja mal<br />
den Vorschlag machen, die diversen Weltmeisterschaften<br />
an den Anfang einer Saison zu legen?!<br />
Die deutschen Skispringer scheinen auch schon im Sommerschlaf<br />
zu sein. Alle, bis auf einen! Andreas Wellinger<br />
hat noch genauso viel Lust und Spaß am Springen wie<br />
vor ein paar Monaten. Vor und nach jedem Sprung strahlt<br />
der in die Kamera und gibt lustige Interviews. Und das<br />
Beste daran ist, der springt immer noch ganz vorn in der<br />
Weltspitze mit! Zwei Springen hat er gewonnen, bei der<br />
Vierschanzentournee wurde er Gesamtzweiter, bei der<br />
Skiflug-WM ebenfalls und im Gesamtweltcup in dieser<br />
Saison ist er auch Zweiter. Doch da gibt es ja noch ein paar<br />
Springen, sodass er den ja vielleicht auch noch gewinnt?!<br />
Egal, der Junge hat eine Supersaison hingelegt und wenn<br />
man bedenkt, dass er im letzten Jahr nach zwei Jahren<br />
Verletzung erst wieder in den Weltcup zurückgekommen<br />
ist, muss man das sogar noch höher bewerten. Auf jeden<br />
Nun aber zum Fußball, denn der rollt ja gerade auf<br />
Hochtouren. Als Erstes kommt mal wieder eine traurige<br />
Nachricht, die scheinen zurzeit auch nicht abzunehmen.<br />
Andreas Brehme ist tot! Der Schütze des Elfmetertores<br />
beim Weltmeisterschaftsendspiel 1990 ist mit nur<br />
63 Jahren gestorben. Jeder wird wohl noch das Bild vor<br />
Augen haben, als Brehme gegen Argentinien zum Elfmeter<br />
antritt, den verwandelt und Deutschland zum Weltmeister<br />
macht. Klar, ich auch, das war der größte Erfolg in<br />
Brehmes Karriere. Doch ich habe auch noch den Tiefpunkt<br />
seiner Fußballerlaufbahn vor Augen. Das Bild, als Rudi<br />
Völler den weinenden Andreas Brehme in die Arme nahm<br />
und tröstete. Brehme war mit seinem 1. FC Kaiserslautern<br />
gerade in die Zweite Liga abgestiegen. Weltmeister Brehme<br />
ging als Kapitän mit seinem Verein eine Liga tiefer,<br />
stieg ein Jahr später wieder auf und wurde auf Anhieb<br />
Deutscher Meister. Und Brehme hat die Truppe angeführt!<br />
Sensationell! Ich bin mir sicher, nicht nur in Kaiserslautern<br />
wird man sich gern an diese Momente erinnern.<br />
Ciao Andreas Brehme und wenn es wirklich eine Fußballmannschaft<br />
im Himmel gibt, dann haben die dich auch<br />
aufgenommen!<br />
Fußball wurde aber auch noch gespielt. In der Ersten Bundesliga<br />
wird die Hoffnung für 17 Mannschaften allmählich<br />
zum Glauben. Denn Bayer Leverkusen ist immer noch<br />
Tabellenführer und hat den Vorsprung inzwischen schon<br />
auf acht(!) Punkte ausgebaut. Es wird immer wahrscheinlicher,<br />
dass es nach mehr als zehn Jahren endlich mal<br />
wieder einen Deutschen Meister gibt, der nicht Bayern<br />
München heißt! Aber beim 3:0-Erfolg der Werkself gegen<br />
die Bayern hat man auch gesehen, warum. Leverkusen<br />
spielt schnell und direkt aufs Tor und tritt sehr geschlossen<br />
auf. Bei den Bayern sind es mal wieder ein Haufen<br />
Stars, von denen die eine Hälfte nicht mit der anderen<br />
klarkommt. Da hat man den Eindruck, jeder spielt gegen<br />
jeden und der Trainer bringt mit seltsamen Entscheidungen<br />
auch nicht gerade Ruhe hinein. Ja, mit Trainer Tuchel<br />
haben die Bayern auch mal wieder einen Griff ins Klo<br />
gemacht, aber das habe ich ja schon vor einem Jahr orakelt.<br />
Aber wie sie das mit dem Tuchel jetzt geregelt haben,<br />
verdient natürlich Hochachtung. Die lassen ihn bis zum<br />
Saisonende weitermachen und erst dann trennt man sich<br />
in „gegenseitigem Einvernehmen“. Klar, denen droht eine<br />
völlig ungewohnte Saison ohne Titel. In der Meisterschaft,<br />
wie gesagt, acht Punkte hintendran, im Pokal waren sie<br />
früh raus gegen Saarbrücken und die Champions League<br />
werden sie auch nicht gewinnen. Den einzigen Titel holt<br />
wohl Harry Kane mit der Torjägerkanone. Völliges Desaster<br />
an der Isar. Und wenn die jetzt sofort einen neuen Trainer<br />
hinstellen und es bei null Titeln bleibt, dann kann der vor<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
der neuen Saison gleich wieder gehen. So aber lässt man<br />
Tuchel noch ein bisschen da und hat 'nen super Sündenbock.<br />
Also, die Meisterschaft ist für mich erledigt, die Schale<br />
geht an den Rhein. Vor allem kriegt die Werkself ja<br />
auch noch jede Menge Unterstützung vom Rest der Liga,<br />
selbst Bochum hat die Bayern neulich geschlagen! Die<br />
Bayern kämpfen jetzt noch mit Stuttgart, Leipzig, Frankfurt<br />
und evtl. Lüdenscheid um die restlichen Champions<br />
League-Plätze. Der Sportclub Freiburg liegt knapp hinter<br />
Frankfurt und hat die erneute Teilnahme am Europapokal<br />
fest vor Augen und das werden sie wohl auch schaffen.<br />
Dafür steckt allemal genug Qualität in dieser Mannschaft.<br />
Im diesjährigen Europacup wird es allerdings schwierig,<br />
denn im Achtelfinale geht es jetzt gegen West Ham<br />
United. Schon wieder! In der Gruppenphase hatten die<br />
Freiburger beide Spiele verloren, aber vielleicht dreht der<br />
Sportclub den Spieß diesmal um? Hoffen und Wünschen<br />
darf ja erlaubt sein.<br />
Foto: Ina Fassbender / Pool / REUTERS<br />
Abb.: WM-Held 1990 Andreas Brehme (1960-2024), wurde 2019 in die „Hall of Fame“ aufgenommen<br />
Foto: Kim Hong-Ji / REUTERS<br />
Mönchengladbach. Ich kann mich noch daran erinnern,<br />
wie Vereinslegende Berti Vogts sich damals darüber aufregte.<br />
Da kommt ein Max Eberl auf dem Fahrrad daher<br />
und kriegt den Posten, weil kein anderer da war. Ich hab<br />
mich schlapp gelacht damals. Jedenfalls hat der Max die<br />
Gladbacher mit mäßigem Erfolg gemanagt und irgendwann<br />
kam das Gerücht auf, er wäre zu Höherem berufen,<br />
die Bayern wollen ihn haben. Das hat damals keiner geglaubt<br />
und so einfach wäre es auch nicht gegangen. Dann<br />
bekommt der Max aber einen Burnout und verkündet<br />
unter nicht enden wollenden Tränen seinen Abschied aus<br />
Gladbach. Er kann nicht mehr, er und die Familie brauchen<br />
jetzt Ruhe. Kein halbes Jahr später ist er plötzlich<br />
genesen und fängt für viel Geld bei RB Leipzig an. Nach<br />
einem halben Jahr fliegt er dort aber wieder raus, weil er<br />
sich mit dem Club nicht identifizieren kann. Wie auch, den<br />
Traum von Bayern hat er ja noch im Kopf. Und wie durch<br />
ein Wunder haben die jetzt mal wieder keinen Manager<br />
und nun kann der Max in München für noch mehr Geld<br />
anfangen. Hut ab, vor so viel Hingabe und Vereinstreue!<br />
Und jetzt habe ich noch eine Geschichte aus der Rubrik<br />
„Fußball hat nix mit Geld zu tun“. Es war einmal<br />
ein Max Eberl und der wurde Manager bei Borussia<br />
Das war es für heute, kommt gut in den Frühling...<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIELRÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Tagchen, werte Tüftler!<br />
Diesmal geht's ums Raten nach Zahlen, denn das Zahlen kennen wir ja bereits zur Genüge<br />
und jedes Jahr immer mehr – kleiner böser Scherz am Rande! *räusper* Diesmal beginnt<br />
jedes gesuchte Wort immer mit einer Zahl, allerdings nicht der Reihe nach – sonst wäre es<br />
ja viel zu einfach. Also, auf geht's: Gesucht wird jeweils eine Zahl und anschließend…<br />
1. ...noble Kopfbedeckung<br />
2. ...körperliche Auseinandersetzung<br />
3. ...Ablage<br />
4. ...Schallplatten<br />
5. ...unrund<br />
6. ...Reduktionskost<br />
7. ...Drahtesel<br />
8. ...Schicksal<br />
9. ...akustischer Ton<br />
10. ...Mörder<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
UND:<br />
Im Dezember 2024 wird von ALLEN korrekten<br />
Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />
der eine besondere Überraschung erhält!<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 26. März 2024<br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: STEUEROASE<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. SOZIALSTAAT 2. KABINETTSAAL<br />
3. SCHMIERGELD 4. BUENDNISFALL 5. FREIHANDEL<br />
6. ASYLRECHT 7. REFORMSTAU<br />
8. WAHLKAMPF 9. GEHEIMDIENST 10. HOCHRECHNUNG<br />
Gewonnen haben (aus 69 korrekten Einsendungen):<br />
M. Siebenbaum, Freiburg<br />
D. Schultz, Ehrenkirchen<br />
E. Braun, March<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />
In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />
welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />
gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />
die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />
einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />
und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />
Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />
Presselandschaft bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />
Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: natasaadzic / iStock<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />
auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
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Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
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Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
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Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />
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und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />
gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
28.03.2024<br />
1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />
Öffentliche Redaktionssitzung<br />
FREIeBÜRGER 03 | 2024 31
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