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Noor Inayat Khan: Gesamtwerk in 4 Bänden - Band 4: König Akbar und seine Tochter-Leseprobe

Fantastische Gestalten … aus dem Reich der Feen und Trolle, dem Königreich der Winde, aus der listigen Gedankenwelt des Tricksters Reineke Fuchs und von seltsamen Fabeltieren … aus der spannenden Welt der edlen Ritter … bevölkern dieses Buch. Die Autorin, passionierte Vorleserin, Geschichtenerzählerin und Kinderpsychologin gibt den Ängsten und Sehnsüchten der kindlichen Seele in uns eine Stimme. Mit didaktischem Geschick und Humor bietet sie überraschende, heilsame und zukunftsfrohe Lösungen. Die meisten der Geschichten spielen in Europa, einige stammen aus Indien, und eine ist dem „Masnavi“ von Rumi entnommen. Alle wollen sie erfreuen und inspirieren und enden überwiegend glücklich. – Dr. Zia Inayat Khan

Fantastische Gestalten … aus dem Reich der Feen und Trolle, dem Königreich der Winde, aus der listigen Gedankenwelt des Tricksters Reineke Fuchs und von seltsamen Fabeltieren … aus der spannenden Welt der edlen Ritter … bevölkern dieses Buch.

Die Autorin, passionierte Vorleserin, Geschichtenerzählerin und Kinderpsychologin gibt den Ängsten und Sehnsüchten der kindlichen Seele in uns eine Stimme. Mit didaktischem Geschick und Humor bietet sie überraschende, heilsame und zukunftsfrohe Lösungen.
Die meisten der Geschichten spielen in Europa, einige stammen aus Indien, und eine ist dem „Masnavi“ von Rumi entnommen. Alle wollen sie erfreuen und inspirieren und enden überwiegend glücklich.
– Dr. Zia Inayat Khan

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Dieser Band ist Teil des

Gesamtwerks in 4 Bänden:

Band 1: Leben und Werk

Band 2: Zwanzig Jataka-Erzählungen

Band 3: Aède von Ozean und Land

Band 4: König Akbar und seine Tochter


Noor Inayat Khan

König Akbar

und seine

Tochter

Illustriert von

Natsuyo Koizumi


Titel der englischen Originalausgabe: „Dream Flowers“

The Collected Works of Noor Inayat Khan

© Published by Sulūk Press, an imprint of Omega Publications, Inc., 2020

Gesamtwerk in 4 Bänden von Noor Inayat Khan

Band 4: Noor Inayat Khan – König Akbar und seine Tochter

Übersetzung Karla Reimert Montasser

Lektorat: Kerstin Fatiha Streuff

Korrektorat: Hans-Peter Baum

Redaktion: Uta Maria Baur

Illustrationen: Natsuyo Koizumi

Umschlag und Schuber: Martina Berge

Innenlayout: Hauke Jelaluddin Sturm

1. Ausgabe 2024

Diese Publikation wurde durch eine Verlagsprämie

des Freistaats Bayern 2021 ausgezeichnet

Der Verlag dankt auch den vielen Spenderinnen und Spendern, die

die Realisierung dieses aufwendigen Werkes ermöglicht haben.

Verlag Heilbronn

D-82398 Polling

Verkehrsnummer 14894

www.verlag-heilbronn.de

info@verlag-heilbronn.de

ISBN: 978-3-936246-54-4

Alle Rechte vorbehalten, © Verlag Heilbronn

Gedruckt in Tschechien


Inhalt

Einführung 6

König Akbar und seine Tochter

Der kleine Schutzengel 9

Die Maus und das Kamel 12

Die Hosen des Victor Hugo 14

Das kleine Zauberschiff 16

Der Bauer und der Tiger 20

Schneebällchen 25

Als der Weihnachtsmann nicht kam 28

Weihnachten bei den Trollen 31

Der Kleine Weihnachtsmann und die zwei Rotkehlchen 37

Echo oder „Was im Wald manchmal zu hören ist“ 41

Baldur 45

Im Königreich der Winde 48

Zeb-un-Nisa 60

Mira Bhai 63

König Akbar und seine Tochter 68

Die Geschichte von Reineke Fuchs 73

Huon von Bordeaux 94

Prinzessin Wanda 126

Die weißen Adler Polens 131

Zwyrtala 134

Schneeglöckchen 1 136

Schneeglöckchen 2 142


Einführung

D

ie Titelgeschichte „König Akbar und seine Tochter”

bildet einen bunten Reigen mit zwanzig weiteren

Märchen, Legenden, Tierfabeln, fantastischen Erzählungen,

Mythen aus aller Welt aus dem Nachlass von Noor Inayat Khan.

Die Texte entstanden vermutlich in der Zeit von 1932 bis 1939;

sie wurden von der Schwester der Autorin für die Nachwelt bewahrt.

Nach dem Tod ihres Vaters, des Sufi-Weisen Hazrat Inayat

Khan, hatte Noor Inayat Khan mit zwölf Jahren die Mutterrolle

und Sorge für ihre drei kleinen Geschwister übernommen.

Jede freie Minute ihres mühevollen Alltags nutzte sie,

um sich eine eigene mystische Welt zu erschaffen, in der sie

ihrer Sehnsucht in Form von Musik und Poesie Ausdruck

verlieh. Mit hingebungsvollen kleinen Oden an die kranke

Mutter und heiteren Reimen zu den Festtagen der Familie

begann sie, und mit eigenen märchenhaften Geschichten

aus dem Fantasiereich der Feen, Trolle, Meerjungfrauen und

Nymphen setzte sie ihre schriftstellerische Arbeit fort. Neben

den „Jatakas“ und spirituellen Schriften ihres Vaters waren

die selbstgeschriebenen Texte der Autorin ein sehr willkommener

Vorlesestoff für ihre Geschwister und die kleine Schar

der Nachbarskinder.

Die Erkenntnis, dass Märchen und Sagen bedeutsame Instrumente

der Kindererziehung sind und enorme Wirkkraft entwickeln

können, beruhte auf ihrer eigenen Erfahrung.

6


Während ihres Studiums an der Sorbonne, durchforschte

die angehende Kinderpsychologin die Bibliotheken nach Märchen

und Mythen anderer Länder und Kontinente, vertiefte

sich in kulturhistorische Literatur und gewann wertvolle praktische

Erfahrung beim Vorlesen, Musizieren und Spielen mit

Kindern. Nachdem die Zeitung „Sunday Figaro“ einige ihrer

literarischen Texte akzeptiert hatte, wurde Noor Inayat Khan

1939 zur regulären freien Mitarbeiterin der Kinderseite berufen.

Eine Geschichte dieses Buches „Echo, oder was manchmal

im Wald zu hören ist“ und weitere Texte wurden in der „Kinderstunde“

von Radio Paris gesendet. Die Autorin schmiedete

bereits Pläne für die Herausgabe einer von ihr selbst konzipierten

Kinderzeitung. Doch dann kam der Krieg …

Noor Inayat Khan verstand ihre Geschichten als „Geschichten

für Kinder und Kindgebliebene.“ Bis heute lassen sie sich

in ihrer Gesamtheit als Heldenreise der Seele lesen, beginnend

mit den ersten Freundschaftserfahrungen kleiner Kinder, bis

hin zur emphatischen Teilnahme am inneren Reifungsprozess

junger Erwachsener. Die Texte sind spannend und kurzweilig

zu lesen und strahlen Herzenswärme, mutige Tatkraft, Zuversicht

und liebende Güte aus. Sie zeugen von einem tiefen,

kenntnisreichen Verständnis der Natur und von dem sehnlichen

Wunsch der Autorin nach einem fairen und friedlichen

Umgang mit Mensch und Tier, mit Wald und Wasser, überhaupt

mit allem, was auf dieser Erde lebt.

Das „Happy End“ der Geschichten ist niemals banal oder

oberflächlich, sondern wirft stets neue, sinnträchtige Fragen in

unseren Herzen auf. Noor Inayat Khan lässt ihre Leserinnen

und Leser nicht müde werden, über die großen Fragen des Lebens

nachzudenken und aus der universellen Weisheit ihrer

wundervollen Märchenwelt zu lernen.

7


8


Der kleine Schutzengel

L

iebe Leserinnen und Leser, in dieser Welt, in der wir

täglich leben, sprechen alle von früheren Abenteuern,

daher, begleitet mich doch ein wenig in die Welt der Träume,

damit ich von den nächtlichen Abenteuern eines sehr kleinen

Mädchens berichten kann.

Um es zu verstehen, müssen wir uns zunächst in die Welt

des Traumes begeben.

Allabendlich tat dies auch das kleine Mädchen, sobald die

Mutter ihr die Löckchen geordnet, sie geküsst, das Licht ausgeschaltet

und gesagt hatte:

„Schlaf gut, meine Kleine.“

Dann, in der ergreifenden Stille der Nacht, wenn alles in

tiefem Schlummer lag, schlug die Standuhr die zweite Stunde;

dies war das Signal. Die Kleine erhob sich, und auf Zehenspitzen

begann sie ihren allnächtlichen Rundgang. Dieser

führte sie nicht immer in denselben Teil des riesigen Hauses.

Manchmal bog sie zum Dachboden ab. Eines Nachts lehnte

sie sich dort aus dem Dachfensterchen, und als sie durch den

Londoner Nebel hindurch den schwarzen Himmel und den

Widerschein der Laternen auf der Straße betrachtete, sagte

sie sich:

„Ist das aber lustig! Heute Nacht sind alle Sterne auf die

Erde gefallen! Morgen muss ich ganz früh aufstehen und sie

aufheben, bevor die Straßenkehrer kommen.“

Dann schlich sie sich in die große Bibliothek.

9


„Die Bücher stehen alle ordentlich an ihrem Platz“, sagte

sie, „auch sie schlafen in der Nacht. Die Einzige, die hier noch

wach ist, das bin ich. Nur schnell die Tür fest schließen, sonst

machen die Bücher noch kleine Spaziergänge durchs Haus.

Und dann gibt es da dieses Licht, es fällt durch das Fenster und

scheint auf die Treppe. Warum? Woher kommt es? Ah! Richtig,

da ist ja immer etwas Licht, damit der kleine Schutzengel des

Hauses nicht die Treppe runterpurzelt.“

Dann, behutsam, mit kleinen Schritten, ging die Kleine auf

die große Eingangstür zu und untersuchte die Schlösser.

„Gut, niemand hat vergessen, sie fest zuzuschließen. Was

aber würde geschehen, wenn ich nicht jede Nacht käme, um

nachzusehen? Ach, wie gerne würde ich jetzt ein wenig nach

draußen gehen, aber die eiserne Kette am Schloss ist viel zu

schwer. Nur große Leute können sie öffnen. Nun aber auf, zu

den Schlafzimmern und vorsichtig die Tür geöffnet. Psst!

Bitte nicht aufwachen, es ist doch nur die kleine Wächterin,

die vorbeischauen möchte! Oh, Mama hat vergessen,

ihre Tür ganz zu schließen, sie steht noch einen Spalt weit

offen! Was täten sie nur alle, wenn ich nachts nicht aufpassen

würde?“

Es schlägt drei Uhr, das Zeichen, zurück ins Bett zu gehen.

„Gehen wir in mein Zimmer ... Oh! Was für ein Wunder,

Oh! Ich bin ja so glücklich, in dieses Bett hat der liebe Gott mir

ein neues Brüderchen gelegt. Schnell! Morgen muss ich ganz

früh aufwachen und Mama Bescheid sagen, dass ein neuer

kleiner Bruder geboren wurde.“

Da wachte im Schlafzimmer die englische Kinderschwester

auf und rief: „Ins Bett jetzt, was treibst du da, du ungezogenes

kleines Mädchen?“

Und jäh erwachte das Kind und erkannte, dass es am Bettchen

seines kleinen Bruders stand. Erschrocken über den plötz-

10


lichen Einbruch der Wirklichkeit kroch es in sein Bett zurück

und schluchzte:

„Wo bin ich bloß, was habe ich die ganze Nacht nur gemacht?“

Das kleine Herz schlug ihm bis zum Hals und es weinte,

bis die ersten Strahlen der Morgendämmerung durch die Vorhänge

fielen und es trösteten.

Die Sterne verwandelten sich in Laternen zurück, die

Bücher waren wieder aus Papier und Pappe, und der kleine

Schutzengel verschwand. Mit einem einzigen Wimpernschlag

hatte sich alles Geheimnisvolle aufgelöst. Dies war das Ende all

der herrlichen nächtlichen Abenteuer. Und diese kühne kleine

Schlafwandlerin ... die war ich!

11


Die Maus und das Kamel

W

as war das doch für ein prächtiges Kamel, das da am

Rande der großen Wüste stand!

Eine kleine Maus starrte es bewundernd an. Das Zaumzeug

des Kamels hing lose bis zum Boden herab, denn sein

Herr war in die Stadt gegangen, um Proviant zu besorgen.

„Und warum“, dachte die kleine Maus, „sollte ich nicht mal

die Zügel halten?“

Mit klopfendem Herzen näherte sie sich, ergriff das Zaumzeug

mit beiden Pfötchen, und, zu ihrer größten Verwunderung,

setzt sich das große Kamel sogleich in Bewegung.

„Himmel“, rief die kleine Maus, „wie stark und mächtig ich

nun bin! Kein Elefant auf dieser Welt würde es wagen, sich

meinem Befehl zu widersetzen!“

Doch das große Kamel lächelte in sich hinein, als es daran

dachte, welche Überraschung dem Mäuslein noch bevorstand.

In der Nähe gab es einen Fluss, dessen Wasser tief und wild

war. Das große Kamel konnte ihn gut sehen, aber die Maus war

so klein, dass sie nur die Grashalme wahrnahm, die ihr den

Weg versperrten.

Aber als sie das Flussufer erreichten, blieb die kleine Maus

plötzlich stehen.

„Was ist denn los?“, rief das große Kamel, „man hält doch

nicht einfach so mitten auf der Straße an, gibt es ein Problem,

Herrin?“

„Weißt du“, antwortete die kleine Maus, „dieser Fluss ist

12


doch ziemlich tief.“

„Also, sehr tief ist der Fluss nun nicht“, antwortete das große

Kamel und stieg mit den Beinen hinein, „schau, das Wasser

geht mir nicht mal bis zu den Knien!“

„Für dich, du großer Riese“, gab die kleine Maus hierauf

zurück, „mag der Fluss kaum der Rede wert sein, für mich aber

ist er tief wie ein Ozean“.

„Nun, junge Freundin“, antwortete das große Kamel, „wenn

zwischen uns ein solch großer Unterschied besteht, wie willst

du mich dann sicher durch Steppen und Wüsten führen? Ich

sehe zwischen uns beiden keine Gemeinsamkeit. Weder bist

du eine Prophetin noch eine Königin, also ist es auch nicht an

dir, diese Welt zu lenken und zu leiten.“

Traurig senkte das Mäuschen seinen Kopf.

„Großes Kamel“, sagte es leise, „ich bereue, was ich getan

habe, doch da wir am Ufer eines tiefen Wassers stehen, sei

barmherzig und nimm mich auf deinen Rücken!“

Das große Kamel war sehr gutherzig und voller Mitgefühl,

und so nahm es die kleine Maus auf seinen Rücken.

„Tausende wie dich könnte ich auf meinem Rücken tragen“,

sagte es und lachte dabei.

So erreichte die kleine Maus gesund und munter das andere

Ufer, und nachdem sie sich etwas verlegen bei dem großen

Kamel bedankt hatte, kehrte sie ins Land der kleinen Mäuse

zurück und lebte dort glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

13


Die Hosen des Victor Hugo

V

ictor Hugo war damals noch sehr klein. Wie mancher

Junge seines Alters hatte er eine Vorliebe für Kriegsspiele.

Als Schlachtfeld diente ihm der Garten des Hauses

Nummer 12 in der Rue de Feuillantine in Paris. Sein Gefechtsstand

war ein Kaninchenstall. Dort verteidigte sich der junge

Kommandeur Victor gegen seinen Bruder Abel, der als Feind

gegen den Schutzwall des Stalls anstürmte. Sie bekriegten sich

mit Rankenstäben von Hopfenpflanzen, die sie aus den Beeten

rupften.

Nach Beendigung der Kampfhandlungen war die Kleidung

der Jungen immer recht ramponiert, und Madame Hugo ärgerte

sich sehr über die vielen Löcher in den Hosen.

„Diese Art Kinder brauchen Lederhosen. Sie werden

sich zwar schämen, sie zu tragen, aber das wird ihnen eine

Lehre sein“, dachte sie und rief die beiden Lausebengel zu

sich.

„Jungs“, sagte sie, „wenn ihr noch ein einziges Mal Löcher

in eure Hosen reißt, dann mache ich euch welche aus Leder, so

wie die Drachen sie tragen!“

Dies war eine mächtige Drohung, und von jener Stunde an

fand sich auch nicht der kleinste Riss mehr in den Hosen der

Jungen.

Eines Tages jedoch, Victor war gerade auf dem Heimweg

von der Schule, schritt ein Regiment Soldaten in goldgeschmückter

Montur durch die Straßen.

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„Was ist das?“, fragte Victor, „diese Uniformen sehen einfach

toll aus!“

„Das ist ein Dragonerregiment, das Regiment der Drachen“,

antwortete das Kindermädchen.

An diesem Abend verhielt Victor sich mucksmäuschenstill.

Seine Mutter suchte überall nach ihm, vergeblich, er blieb verschwunden.

Endlich fand sie ihn, versteckt im letzten Winkel

des Gartens, wo er in aller Ruhe mit einem Messer Löcher in

seine Hosen stach.

„Was tust du da?“, schrie die Mama.

„Du hast gesagt“, antwortete Victor, „wenn ich nochmal

meine Hosen zerreiße, bekomme ich welche wie die Drachen“.

„Ja, und?“, fragte sie.

„Na ja“, antwortete Victor, „heute habe ich die Dragoner gesehen.

Und jetzt hätte ich so gerne Hosen wie sie!“

15


Das kleine Zauberschiff

„S

chhhhh ... schhh ...“, flüsterten eines Tages die kleinen

Wellen.

Der kleine Shikao hatte seine Schaufel in den schönen silbernen

Sand fallen lassen.

„Die Weiße Fee ist heute spät dran“, dachte er. „Wo bleibt

sie nur? So viele silberne Tropfen tanzen schon auf dem Meer.“

Plötzlich warf sich eine riesige Welle an den Strand, viel

höher als alle anderen, und über der silbernen Tropfenflut erschien

die Weiße Fee.

Die Weiße Fee war die Fee des Meeresschaums, und jeden

Morgen, wenn noch niemand am Strand war, kam sie und

spielte mit Shikao. Sie hatten viel Spaß zusammen, putzten

die Muscheln blitzblank, tollten im Wasser herum und fingen

Sonnenstrahlen.

An diesem Morgen aber standen zwei kleine Tränen in den

Augen der Weißen Fee.

„Was hast du, liebe Fee?“, fragte Shikao.

„Ich muss dich verlassen, mein kleiner Freund“, sagte die

Weiße Fee. „Weit fort werde ich gehen, auf die andere Seite der

Erde, doch lasse ich dieses silberne Schiffchen für dich da. Pass

gut darauf auf, dann wird dir nie ein Unheil widerfahren und

du wirst immer glücklich sein.“

Mit diesen Worten tauchte die Weiße Fee in den Schaum

des Ozeans und Shikao sollte sie nie wiedersehen. Doch neben

ihm lag im silbernen Sand ein winziges silbernes Schiff, nicht

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