21.08.2024 Aufrufe

Startup Academy Story

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FLORIAN BLUMER<br />

DIE<br />

STARTUP<br />

ACADEMY<br />

STORY<br />

Eine Non-Profit-Organisation<br />

schafft 1000 Arbeitsplätze


Diese Publikation wurde mit Mitteln folgender Organisationen ermöglicht:<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

© 2024 Friedrich Reinhardt Verlag, Basel<br />

Projektleitung: Alfred Rüdisühli<br />

Korrektorat: Daniel Lüthi<br />

Gestaltung: Siri Dettwiler<br />

ISBN 978-3-7245-2730-5<br />

Der Friedrich Reinhardt Verlag wird vom Bundesamt für Kultur<br />

mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.<br />

www.reinhardt.ch


FLORIAN BLUMER<br />

DIE<br />

STARTUP<br />

ACADEMY<br />

STORY<br />

STORY<br />

Eine Non-Profit-Organisation<br />

schafft 1000 Arbeitsplätze<br />

Friedrich Reinhardt Verlag


INHALT<br />

12 VORWORT<br />

UND DANK<br />

EINLEITUNG<br />

22<br />

VORGESCHICHTE<br />

UND GRÜNDUNG<br />

58<br />

BETEILIGTE<br />

16<br />

KERNTEAM<br />

34<br />

STARTJAHRE<br />

(2O1O–2O2O)<br />

86


REGIONALE<br />

NETZWERKE<br />

132<br />

FAZIT<br />

148<br />

168<br />

196<br />

116<br />

GEGENWART<br />

UND AUSBLICK<br />

AUFBAU EINES<br />

NEUEN LOKALEN<br />

VEREINS<br />

STARTUPS<br />

DER STARTUP<br />

ACADEMY SCHWEIZ<br />

190<br />

VERZEICHNIS


VORWORT UND DANK<br />

Kurz vor meinem zehnjährigen Dienstjubiläum<br />

wurde das Konzept des Sabbaticals an<br />

der Hochschule für Wirtschaft (HSW) Basel<br />

der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

(FHNW) umgestaltet. In den Genuss eines Sabbaticals<br />

kam nicht mehr, wer 10, 20 oder mehr Jahre für<br />

dieselbe Arbeitgeberin gearbeitet hatte, sondern wer<br />

in «einem Leistungsbereich regelmässig bedeutend<br />

mehr» leistete oder wer «weitere Aufgaben im Zusammenhang<br />

mit dem Aufbau der Fachhochschule»<br />

übernommen hatte.<br />

Kurz vor meinem zwanzigjährigen Dienstjubiläum<br />

formulierte ich meine erste Antragsidee für ein<br />

Sabbatical, um meine historischen Kompetenzen zu<br />

aktivieren, auszubauen und für die Hochschule für<br />

Wirtschaft Basel FHNW zu nutzen. Konkret wollte<br />

ich ab Frühlingssemester 2021 im neuen Integrationsmodul<br />

des Bachelor-Lehrgangs den Teil «Zeitund<br />

Wirtschaftsgeschichte» konzipieren, realisieren,<br />

evaluieren und als wichtigen Teil in das<br />

Betriebsökonomiestudium integrieren. Damit würde<br />

allen Absolvierenden ein zeitgeschichtlicher Kontext<br />

zum betriebswirtschaftlichen Fokus vermittelt.<br />

Denn – so meine Überzeugung – (nur) so konnte der<br />

Anspruch eingelöst werden, innovative und verantwortungsbewusste<br />

Fach- und Führungskräfte für<br />

eine vernetzte und dynamische Welt auszubilden.<br />

Wie jede<br />

grosse Idee zog<br />

die <strong>Startup</strong><br />

<strong>Academy</strong> weite Kreise<br />

und motivierte<br />

viele Personen,<br />

die sich aktiv<br />

einbrachten und<br />

mithalfen.<br />

Für die Bedeutung und Weiterentwicklung der FHNW<br />

ist es relevant, den Studierenden über die betriebsökonomischen<br />

Fach- und Methodenkompetenzen<br />

hinaus ein breiteres Allgemeinwissen zu vermitteln,<br />

das ihnen helfen würde, in einem grösseren historischen<br />

Zusammenhang vernetzt und kritisch zu denken.<br />

Dieses Projekt realisierte ich – nicht in Form<br />

eines Sabbaticals, sondern im üblichen Rahmen<br />

meiner Anstellung –, aber nach zwei Jahren wurde<br />

es trotz grossem Erfolg wieder ausgesetzt.<br />

Ende 2020 stellte ich dann den formellen Sabbatical-Antrag<br />

auf eine Publikation mit dem Arbeitstitel<br />

«<strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> – erstes Spin-off der HSW Basel<br />

FHNW». Ich begründete dies so: Die aus dem Sabbatical<br />

resultierende Publikation sei für die FHNW relevant,<br />

weil in der Öffentlichkeit die Bedeutung der<br />

Hochschule für Wirtschaft bei der Gründung und<br />

Weiterentwicklung der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> nicht bekannt<br />

sei. Persönlich würde ich als Antragssteller<br />

neue Kenntnisse, Erfahrungen, und Kompetenzen<br />

in fachlicher Hinsicht und in der Lehre erwerben.<br />

Denn nach vielen Online- und Print-Publikationen<br />

in diesem Themenfeld stelle für mich das Verfassen<br />

einer umfassenden Monografie eine neue Herausforderung<br />

dar. Die Monografie solle die vielen<br />

Verbindungen zwischen der HSW FHNW und der<br />

Start up <strong>Academy</strong> aufzeigen und am Ende publiziert<br />

werden.<br />

Nun liegt diese Monografie vor, und ich danke<br />

allen, die das unterstützt und möglich gemacht haben.<br />

Aufseiten der HSW FHNW danke ich Regula Altmann,<br />

Ruedi Nützi, Michele Canonico und Christian<br />

Tanner. Aufseiten der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> danke ich<br />

meinen Kollegen der ersten Stunde: Danny Friedmann,<br />

Rainer Kirchhofer und Felix Wenger. Initiierung<br />

und Ausbau der Initiative <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong><br />

Schweiz wären ohne Markus Fischer, Markus Kindle<br />

und (den leider verstorbenen) Martin Steinbach unmöglich<br />

gewesen. Wie jede grosse Idee, die Gestalt<br />

annimmt, zog die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> weite Kreise und<br />

motivierte viele Personen, die sich aktiv einbrachten<br />

und mithalfen, dass aus einem nicht-gewinnorientierten<br />

Konzept eine wirtschaftliche Kraft wurde,<br />

die bis in die Gegenwart 1000 Arbeitsplätze in der<br />

Schweiz schuf.<br />

Überzeugt davon, dass Gutes selbsterklärend ist,<br />

gaben wir nie Geld aus, um für unser Projekt Werbung<br />

zu machen, dennoch fanden Menschen mit<br />

Geschäftsideen den Weg zu uns. Weil unser Konzept<br />

auf Freiwilligen beruhte, dienten unsere Aktivitäten<br />

nicht dem Eigennutz, sondern blieben auf die (Bedürfnisse<br />

der) <strong>Startup</strong>s ausgerichtet. Kamen Anfragen<br />

aus der Wirtschaft, prüften wir, ob sie für unsere


<strong>Startup</strong>s einen Mehrwert haben würden. Oft war dies<br />

nicht der Fall.<br />

Die Initialisierung unserer gemeinnützigen Initiative<br />

war nur über Stiftungen möglich, denen wir<br />

auch an dieser Stelle für ihre unaufgeregte, verbindliche<br />

und grosszügige Art danken: Stiftung GBB/<br />

HWV, Christoph Merian Stiftung, Gebert Rüf Stiftung,<br />

UBS Stiftung für Soziales und Ausbildung,<br />

Ernst Göhner Stiftung, Avina-Stiftung und MBF foundation.<br />

Die rasche Ausdehung der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong><br />

auf drei Sprachregionen in der Schweiz und ins Ausland<br />

hätte ohne den Migros-Pionierfonds möglicherweise<br />

nicht stattgefunden, sicherlich hätte er aber<br />

sehr viel länger gedauert. Ein grosses Dankeschön<br />

an alle diese positiv denkenden und an eine Zukunft<br />

glaubenden Institutionen, die Innovationen möglich<br />

machen. Vonseiten unserer Wirtschaftspartner können<br />

hier nur die zwei wichtigsten genannt werden:<br />

UBS und Basler Kantonalbank.<br />

Ein kompromissloses Einstehen für Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer, die wir auch immer<br />

gegen Einflussnahme von aussen und finanzielle<br />

Übernahmen durch Dritte zu schützen versuchten,<br />

ist nur mit vielen Verbündeten möglich, die ähnlich<br />

denken und von denen inzwischen viele Freunde geworden<br />

sind. Ich führe sie nach Standorten alphabethisch<br />

auf – in der Hoffnung, niemanden vergessen<br />

zu haben (die Initianten an erster Stelle, danach<br />

alphabethisch die weiteren, ohne bereits oben erwähnte<br />

Personen) …<br />

… in Basel: Erich Bucher; Evelyn Blum, Rolf Bühler,<br />

Ute Dehn, Trudi Hämmerli, Urs Kamber, Esther<br />

Keller, Martin Kodde, Daniel Meier, Catherine Nertz-<br />

Buxtorf, Florian Schib, Hans Martin Tschudi; im Baselland:<br />

Beat Andrist, Hans Jörg Luchsinger; Fabian<br />

Cortesi, Laura Grazioli, Catherine Hof, Marianne<br />

Ingold, Moritz Kistenmacher und Roman Laubscher;<br />

in Bern: Anthony Smith; Dominique Gottret, Raphael<br />

Karlen, Thierry Kneissler, Karin Mathys und Gerhard<br />

Schwab; in La Côte: Robert Jenefsky, Yvan Rueff;<br />

Samuel Devanthéry, Laura Ostendorf, Anke Pfitzer,<br />

Manon Verjus und Tonja Tabrizi; in Lörrach: Rolf<br />

Folk; Anna-Christina Baden, Francesco Grieco,<br />

Rüdiger Melinat, Lutz Weber, Marion Ziegler-Jung<br />

und Franciska Bährle; im Mittelland: Heino Verhoek;<br />

Peter Frei, Christoph Kalt, Urs Koller, Christine<br />

Liechti, Indra Mara Schneier-Hunziker, Alexander<br />

Serre, Thomas Wälchli und Stefanie Wyss Abad Murillo;<br />

im Tessin: Alessandro Marrarosa; Gabriele<br />

Amadò, Romano de Vivo, Patrick Garbini, Valeria<br />

Monteleone und Marco Vaghi; in der Zentralschweiz:<br />

Simon Thalmann; Mathias Dick, Isabelle Öhri und<br />

Jörg Schmitt; in Zürich: Jürgen Grünig, Ralph Keller;<br />

Überzeugt<br />

davon, dass<br />

Gutes<br />

selbsterklärend<br />

ist, gaben wir<br />

nie Geld aus, um<br />

für unser Projekt<br />

Werbung zu<br />

machen,<br />

dennoch fanden<br />

Menschen mit<br />

Geschäftsideen<br />

den Weg<br />

zu uns.<br />

Mario Ban, Mathias Eglin, Katharina Gericke, Angela<br />

Lötscher, Sev Oeztas, Tanja Pfammater, Thefilos<br />

Sidiropoulos, Hans peter Steiger, Lydia Stjepanovic,<br />

David Tassi und Isabelle Weber.<br />

Ihnen allen danke ich von Herzen, ebenso allen<br />

Mitarbeitenden in den Geschäftsstellen, allen Mentorinnen<br />

und Mentoren, allen Expertinnen und Experten,<br />

allen Studierenden, Praktikanten und den<br />

Personen, die im Kernteam Kommunikation mit<br />

dabei waren: Catherine Riesen, Lukas Blumer und<br />

Stéphanie Greiner. Ausserdem den Personen, ohne<br />

deren schöne Fotografien dieses reich illustrierte<br />

Buch nicht machbar gewesen wäre: Pascale Amez,<br />

Raphaël Leibundgut, Timea Lütte und Markus Seiser.<br />

Ein letzter grosser Dank geht an unsere <strong>Startup</strong>s,<br />

aber auch an alle Menschen mit Geschäftsideen, die<br />

uns bei der Entwicklung, dem Aufbau und dem Ausbau<br />

unserer gemeinnützigen Organisation ihr Vertrauen<br />

geschenkt haben.<br />

13


FLORIAN<br />

BLUMER<br />

Als wir starteten, standen wir vor derselben Herausforderung<br />

wie jedes <strong>Startup</strong>: Um die eigene Geschäftsidee<br />

zu realisieren, muss man Jahre opfern. Vierzehn Jahre<br />

später, nachdem wir mit 246 Volunteers und 230 Studierenden<br />

359 <strong>Startup</strong>s begleitet und dabei über 1000<br />

Voll- und Teilzeitstellen geschaffen haben, behaupte<br />

ich: Die Herausforderung wurde bewältigt. Wir mussten<br />

viel dafür tun und noch mehr dabei lernen. Und da<br />

auch alles kläglich hätte scheitern können, weiss ich:<br />

Wer Grosses wagt, muss mutig sein.<br />

Als die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> 2010 gegründet wurde, hatte<br />

sie bereits eine zehnjährige Vorgeschichte, und wir hatten<br />

ambitionierte Ziele. Salopp formuliert lauteten sie so:<br />

die Mauern zwischen Theorie und Praxis einreissen, Studierende<br />

in der Wirtschaft auswildern und Hochschulen<br />

und Gesellschaft verschmelzen. Dass es am Ende ein<br />

gemeinnütziger Verein wurde, mit dem wir <strong>Startup</strong>s mit<br />

Wirtschaft und Hochschulen vernetzten, war alles andere<br />

als zufällig. Beflügelt vom Erfolg wuchsen wir über Basel<br />

hinaus. Meine eigene Rolle war dabei diejenige des Anund<br />

Vorantreibers, und zwar konzeptionell, wirtschaftlich<br />

und geografisch. Unser Begleitmodell sollte <strong>Startup</strong>s<br />

unterstützen, sie vor Übergriffen schützen und multiplizierbar<br />

sein. So bauten wir eine «eigene» Plattform, um<br />

«fremden» Geschäftsideen zum Erfolg zu verhelfen.<br />

Ob wir dabei eine «ideale Welt» geschaffen haben,<br />

wie das eine aufmerksame Besucherin vor zehn Jahren<br />

formulierte, kommentiere ich nicht. Tatsache ist aber,<br />

dass in unseren Netzwerken nur aktive, motivierte und<br />

interessierte Menschen zu finden sind. Sie sind von den<br />

neuen Ideen, der Aufbruchstimmung und dem persönlichen<br />

Austausch auf Augenhöhe fasziniert – und<br />

deswegen bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren.<br />

Florian Blumer,<br />

1959, Historiker<br />

und Germanist mit<br />

einem Doktorat der<br />

Universität Basel.<br />

Langjährige Consultingerfahrungen<br />

in Grossunternehmen<br />

und KMU, seit<br />

25 Jahren Professor<br />

für Wirtschaftskommunikation<br />

an der Hochschule<br />

für Wirtschaft<br />

Basel FHNW. Gründungsmitglied<br />

der<br />

<strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong><br />

Basel und Schweiz,<br />

in beiden Vereinen<br />

langjähriger<br />

Vizepräsident.


EINLEITUNG


PROBLEMSTELLUNG<br />

Seit Jahrzehnten boomt in der Schweiz die<br />

Selbstständigkeit. Zwischen 2011 (39 665)<br />

und 2021 (50 537) stieg die grosse Zahl der<br />

Neugründungen um weitere 10 000 pro Jahr. 1<br />

Dabei bleibt unerwähnt, dass viele <strong>Startup</strong>s in den<br />

ersten Jahren scheitern. 2010 gab es erst wenig Anlaufstellen,<br />

an die sich Menschen mit Geschäftsideen<br />

wenden konnten. Eine Unternehmensgründung, die<br />

sich heute online an einem Tag erledigen lässt, dauerte<br />

damals Tage, verbunden mit formalen Auflagen<br />

und juristischen Vorgaben, die einem «Spiessrutenlauf»<br />

glichen. Die Jungunternehmerinnen und -unternehmer<br />

beschäftigten sich weniger mit der Geschäftsidee<br />

im Zentrum als mit den Formalitäten im<br />

Umfeld. Wer eine Geschäftsidee hatte, betrat Neuland.<br />

Es fehlten einfach verfügbare und einfach verständliche<br />

Dokumente, Fachpersonen mit spezifischem<br />

Know-how und ein Netzwerk an Personen,<br />

die dasselbe anpacken wollten. Wettbewerbe füllten<br />

diese Lücke, mit denen Organisatoren vielversprechende<br />

<strong>Startup</strong>s mit (eher bescheidenen) Preisgeldern<br />

auf eine Bühne lockten, um – oft für sich selbst<br />

statt die Preisträger – die mediale Aufmerksamkeit<br />

zu nutzen. Hinzu kam das (leider mehrfach belegte)<br />

Gerücht, dass Business Angels solche Formate auch<br />

dazu nutzten, die kommerziell aussichtsreichen Geschäftsideen<br />

früh zu sichten, um sich rasch deren<br />

Rechte zu sichern.<br />

Anders als die Universitäten «Theorie» stellten<br />

2010 die Schweizer Fachhochschulen «Praxis» in den<br />

Fokus. Praxisarbeiten, wie z. B. Bachelorthesis oder<br />

Projektarbeiten, stellten sicher, dass die Herausforderungen<br />

und Probleme von Wirtschaft, Staat und<br />

Gesellschaft aufgegriffen und von Studierenden der<br />

Fachhochschulen, u. a. der Hochschule für Wirtschaft<br />

FHNW, gelöst wurden. Eine solche Projektarbeit<br />

befasste sich 1995 mit der Realisierung einer<br />

neuartigen Veranstaltungsreihe, die danach im Zwei-<br />

Jahres-Rhythmus als «Management Symposium Basel»<br />

durchgeführt wurde. 1999 übertraf der Erfolg<br />

alle Erwartungen, in den Jahren 2001 und 2003 liess<br />

die Nachfrage aber merklich nach, weshalb über<br />

neue Formate nachgedacht wurde. Die Nicht-Weiterführung<br />

hinterliess mit Blick auf den Praxisbezug<br />

eine Lücke, die schmerzlich war.<br />

In den Studiengängen irritierte, dass die Entrepreneurship-Aktivitäten<br />

theoretische Auseinandersetzungen<br />

blieben. Viele Businesspläne zu vielen<br />

guten Ideen wurden geschrieben, aber sie verschwanden<br />

in Schubladen. Damals stellte die Hochschule<br />

für Wirtschaft FHNW keine Unterstützung zur<br />

Verfügung, um aus diesen Geschäftsideen <strong>Startup</strong>s<br />

zu machen – mit Abgabe und Beurteilung des Businessplans<br />

war alles beendet.<br />

Seither hatte sich einiges getan. Die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>,<br />

als gemeinnütziger Verein gegründet, hatte<br />

sich zunächst in Basel zur grössten Begleitorganisation<br />

für <strong>Startup</strong>s entwickelt und danach lokale Netzwerke<br />

in der ganzen Schweiz eröffnet (eines sogar in<br />

Lörrach). Der Vereinszweck war immer derselbe geblieben,<br />

nämlich «<strong>Startup</strong>s unterstützen und mit<br />

Wirtschaft und Hochschulen vernetzen, um neue<br />

Arbeitsplätze zu schaffen». Anfangs 2024 präsentiert<br />

sich der Leistungsausweis der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> wie<br />

folgt:<br />

<strong>Startup</strong>s: Über 500 Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer<br />

wurden nach Vorgesprächen ins Netzwerk<br />

aufgenommen, aktuell zählen 359 <strong>Startup</strong>s zu<br />

den <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-Alumni resp. befinden sich<br />

noch im Begleitprogramm.<br />

Ausbildung: Zwei eigene Begleitprogramme wurden<br />

entwickelt, eines für <strong>Startup</strong>s (Jahre eins bis zwei)<br />

und eines für Scale-ups (Jahre drei bis fünf), die mit<br />

einem Zertifikat abgeschlossen werden können.<br />

Wirtschaft: 435 Mentorinnen und Mentoren sowie<br />

Expertinnen und Experten engagierten sich bisher<br />

ehrenamtlich, aktuell sind 246 aktiv; hinzu kommen<br />

zahlreiche Wirtschaftspartner, welche die lokalen<br />

Netzwerke unterstützen.<br />

Hochschulen: 230 Studierende brachten sich bisher in<br />

Form von Praktika oder im Rahmen des Fachmoduls<br />

«Consulting von <strong>Startup</strong>s» ein; die meisten stammen<br />

von der Hochschule der Wirtschaft Basel FHNW und<br />

der Universität Basel, weitere kamen aus anderen<br />

Fachhochschulen und Universitäten der Schweiz.<br />

Politik: An einzelnen Standorten wurde die Leistung<br />

der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> von politischer Seite anerkannt;<br />

die Vereine werden dort im Rahmen der lokalen<br />

Wirtschaftsförderung unterstützt.<br />

Netzwerk: 2384 Personen umfasst die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-Community<br />

aktuell.<br />

Arbeitsplätze: Es wurden bisher rund 1000 Voll- & Teilzeitstellen<br />

(3,05 pro <strong>Startup</strong>) geschaffen, die Wertschöpfung<br />

durch die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> beträgt pro<br />

<strong>Startup</strong> CHF 86 847.<br />

17


FRAGESTELLUNGEN<br />

UND ZIELSETZUNG<br />

Die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> war nicht ein «Spin-off» im Sinne<br />

einer strategischen Ausgliederung einer Organisationseinheit<br />

aus der HSW Basel FHNW. 2 Es handelte<br />

sich weniger um eine «Ausgründung» von oben<br />

als eine Neugründung von unten. Es wurde Knowhow<br />

in eine neue Organisation eingebracht, nicht<br />

aber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn der<br />

gemeinnützige Verein basiert auf ehrenamtlichem<br />

Engagement. Insofern bestand keine wirtschaftliche,<br />

wohl aber eine inhaltliche Verbindung zwischen<br />

den beiden Organisationen.<br />

Die vorliegende Publikation geht den folgenden drei<br />

Fragestellungen nach:<br />

1. Wie entstand die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> aus der<br />

Hochschule für Wirtschaft Basel FHNW und wie<br />

entwickelte sie sich seit ihrer Gründung 2010?<br />

2. Welchen Nutzen schuf die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> für<br />

Wirtschaft, Politik und Hochschulen?<br />

3. Welche Erkenntnisse und Erfahrungen wurden<br />

im Rahmen der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-Initiative<br />

gemacht?<br />

Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, die Hintergründe<br />

sowie den Auf- und Ausbau der Initiative<br />

Star tup <strong>Academy</strong> aufzuarbeiten, was nie geschah.<br />

Vieles ereignete sich vor Jahrzehnten, und manches<br />

ist nur bruchstückhaft rekonstruierbar. Denn die<br />

Vorgeschichte ist nur einem kleinen Personenkreis<br />

bekannt, und viele Quellen sind nicht öffentlich. Darin<br />

besteht auch meine persönliche Motivation: aufarbeiten,<br />

zusammenstellen und sichern, was sonst<br />

verloren gehen würde.<br />

Meine persönliche<br />

Motivation: aufarbeiten,<br />

zusammenstellen<br />

und sichern,<br />

was sonst ve rloren<br />

gehen würde.


19


METHODISCHES VORGEHEN<br />

Wenn man sich am Satz «Tue Gutes und rede darüber»<br />

orientiert, ist die Initiative <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong><br />

(also das «Tun») schon weit fortgeschritten. Der vorliegende<br />

Text beschränkt sich deswegen auf das<br />

«Reden» resp. das Schreiben. Es soll dokumentiert<br />

werden, wie alles entstand, aufgebaut und weiterentwickelt<br />

wurde.<br />

Das textliche Rohmaterial bezieht sich in grossem<br />

Masse auf Texte, die ich in den vergangenen<br />

zwanzig Jahren verfasst habe. Grob strukturiert handelt<br />

es sich um:<br />

– «Interne Dokumente»: Konzepte, Strategiepapiere<br />

usw.: Sie sind weder online zugänglich<br />

noch öffentlich.<br />

– Handouts, Factsheets, Statusberichte, Checklisten<br />

usw.: Auch hier handelt es sich um<br />

«interne Dokumente», die aber den jeweiligen<br />

Zielgruppen zugänglich sind.<br />

– Jahresberichte (in Print- und Online-Form):<br />

Jede Person kann sie jederzeit online oder in<br />

gedruckter Form lesen.<br />

– News, Online-Texte und Medienmitteilungen:<br />

Sie sind online auf Webseiten verfügbar.<br />

– Zeitungs- und Zeitschriftenartikel: Sie sind als<br />

publizierte Texte bei den jeweiligen Medien<br />

einsehbar.<br />

Auf alle Dokumente wird in der Arbeit über Fussnoten<br />

referenziert, ohne aber zwischen wörtlicher<br />

Wiedergabe (Zitat) und Umformulierung (Paraphrase)<br />

formal zu unterscheiden. Da ich für die <strong>Startup</strong><br />

<strong>Academy</strong> sehr viele Texte unterschiedlichster Sorten<br />

verfasst habe, beziehe ich mich im vorliegenden<br />

Arbeitsbericht permanent auf eigene Informationen.<br />

Anführungs- und Schlusszeichen würden lediglich<br />

signalisieren, dass es sich bei dem Zitat nicht<br />

um eine «aktuelle», sondern um eine «frühere» Textpassage<br />

von mir handelt. Hinzu kommt, dass es zu<br />

allen Texten eine Vielzahl an Versionen gab, die sich<br />

über die Jahre hinweg (manchmal nur minim) veränderten<br />

und nur bei mir selbst archiviert sind. Die<br />

wissenschaftlich orientierte Selbstreferenzierung<br />

eigener Texte würde eine Komplexität schaffen, die<br />

(auch aufgrund der fehlenden öffentlichen Verfügbarkeit<br />

all dieser Dokumente) unangemessen wäre<br />

und die Lesbarkeit erschweren würde. Aber selbstverständlich<br />

bleibt das wissenschaftlich-methodische<br />

Vorgehen gewahrt: Die verwendeten Quelle<br />

werden in den Fussnoten sowie im Quellen- und<br />

Literaturverzeichnis ausgewiesen.<br />

Der Arbeitsbericht ist in acht Kapitel unterteilt:<br />

1. Einleitung: Darlegung von Fragestellungen,<br />

Zielsetzung und methodischem Vorgehen.<br />

2. Kernteam: Porträts der Personen, die (fast)<br />

von Beginn dabei waren.<br />

3. Vorgeschichte und Gründung: Herleitung<br />

der und Gründe für die «Erfindung» der<br />

<strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>.<br />

4. Startjahre: In chronologischer Jahresfolge<br />

werden die wichtigsten Entwicklungsschritte<br />

aufgezeigt.<br />

5. Beteiligte: Von allen vier Stakeholder-Gruppen<br />

(<strong>Startup</strong>s, Studierende, Mentorinnen<br />

und Mentoren sowie Wirtschaftspartner)<br />

legen ausgewählte Personen ihre Sicht auf<br />

sich, die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> und den gemeinsamen<br />

Nutzen dar.<br />

6. Regionale Netzwerke: Kurzporträts dokumentieren<br />

die neun Standorte in den drei<br />

grossen Sprachregionen.<br />

7. Gegenwart und Ausblick: Hier geht es um die<br />

Geschehnisse der letzten drei Jahre sowie<br />

um das Aufzeigen, welcher Nutzen für<br />

Politik, Wirtschaft und Hochschulen geschaffen<br />

wird.<br />

8. Fazit: Es wird dargelegt, welche Erkenntnisse<br />

während des Prozesses und im Rückblick<br />

gemacht wurden; zusätzlich werden Empfehlungen<br />

formuliert.<br />

ZENTRALE BEGRIFFE<br />

Einleitend wichtige, oft wiederkehrende Begriffe, die<br />

im <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-Kontext eine spezifische Bedeutung<br />

haben:<br />

Begleitprogramm: Wer eine Geschäftsidee hat oder<br />

sein neu gegründetes Unternehmen weiterbringen<br />

will, kann sich für das 24 Monate dauernde «<strong>Startup</strong>-<br />

Programm» anmelden. Das «Scale-up-Begleitprogramm»<br />

schliesst sich ans erste Geschäftsjahr an und<br />

dauert 36 bis maximal 60 Monate.<br />

Brown Bag: Ein <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-Event über den Mittag<br />

eines Werktages, bestehend aus Experteninformationen<br />

zu einem spezifischen Thema und einem<br />

kleinen Lunch – jeweils an den verschiedenen Standorten<br />

(zum Teil auch online).<br />

Mentor/in:Dabei handelt es sich um die erste Ansprechperson<br />

eines <strong>Startup</strong>s während 18–24 Monaten<br />

– mit einem zeitlichen Aufwand von 2–4 Stunden<br />

20


Was haben erfolgreiche, aber sehr unterschiedliche <strong>Startup</strong>s wie<br />

«MyCamper», «Vanillaplan», «moveART», «SUAN Conceptual Design»,<br />

«Working Bicycle» oder «The Ninja Concept» gemeinsam?<br />

Sie alle nutzten Begleitprogramm und Netzwerk der <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>.<br />

2010, als die <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong> lanciert wurde, hatte sie bereits<br />

eine zehnjährige Vorgeschichte an der Hochschule für Wirtschaft<br />

FHNW in Basel – und ambitionierte Ziele: Die Mauern zwischen<br />

Theorie und Praxis sollten fallen, Studierende Praxiserfahrungen in<br />

der Wirtschaft sammeln und Hochschulen und Gesellschaft zusammengebracht<br />

werden. Dass es am Ende ein gemeinnütziger Verein<br />

wurde, mit dem <strong>Startup</strong>s mit Wirtschaft und Hochschulen vernetzt<br />

wurden, war alles andere als zufällig. Das Begleitmodell unterstützt<br />

und vernetzt <strong>Startup</strong>s, schützt sie vor Übergriffen und ungewollten<br />

Übernahmen und ist multiplizierbar. Kurzum: ein innovativer Ansatz,<br />

um eine Geschäftsidee realisierbar zu machen.<br />

Beflügelt vom Erfolg und unterstützt von immer mehr ehrenamtlich<br />

motivierten Menschen wuchs die Initiative schnell über Basel hinaus<br />

– mit heute sieben Standorten in der Schweiz und einem in<br />

Deutschland. Vierzehn Jahre später, nachdem mit 246 Volunteers und<br />

230 Studierenden 359 <strong>Startup</strong>s begleitet und dabei über 1000 Voll- und<br />

Teilzeitstellen geschaffen wurden, darf diese Schweizer Initiative als<br />

Erfolg bezeichnet werden.<br />

Das reich illustrierte Buch dokumentiert nicht nur Idee, Geschichte<br />

und Personen der Non-Profit-Initiative, es liefert mit den Checklisten<br />

im Anhang auch eine konkrete Handlungsanleitung: Wer bei der<br />

Lektüre von der Idee überzeugt wird und an einem weiteren Wirtschaftsstandort<br />

im In- oder Ausland ein regionales <strong>Startup</strong> <strong>Academy</strong>-<br />

Netzwerk aufbauen will, ist herzlich dazu eingeladen, die <strong>Startup</strong><br />

<strong>Academy</strong> <strong>Story</strong> weiter zuschreiben.<br />

www.startup-academy.ch<br />

ISBN 978-3-7245-2730-5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!