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RA 09/2024 - Entscheidung des Monats

Das eigenhändig errichtete Testament führt wegen der Formstrenge des § 2247 BGB zu vielen Rechtsstreitigkeiten, weil Laien regelmäßig überfordert sind. Nicht selten kommt es z.B. zur Kombination aus Maschinenschrift und handschriftlichen Passagen.

Das eigenhändig errichtete Testament führt wegen der Formstrenge des § 2247 BGB zu vielen Rechtsstreitigkeiten, weil Laien regelmäßig überfordert sind. Nicht selten kommt es z.B. zur Kombination aus Maschinenschrift und handschriftlichen Passagen.

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<strong>09</strong>/<strong>2024</strong><br />

ENTSCHEIDUNGDESMONATS<br />

ZIVILRECHT<br />

Unterschrifti.S.d.§2247BGB


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<strong>RA</strong> <strong>09</strong>/<strong>2024</strong><br />

Zivilrecht<br />

463<br />

Problem: Unterschrift i.S.d. § 2247 BGB<br />

Einordnung: Erbrecht<br />

OLG München, Beschluss vom <strong>09</strong>.08.<strong>2024</strong><br />

33 Wx 115/24 e<br />

EINLEITUNG<br />

Das eigenhändig errichtete Testament führt wegen der Formstrenge <strong>des</strong><br />

§ 2247 BGB zu vielen Rechtsstreitigkeiten, weil Laien regelmäßig überfordert<br />

sind. Nicht selten kommt es z.B. zur Kombination aus Maschinenschrift und<br />

handschriftlichen Passagen.<br />

SACHVERHALT<br />

Der geschiedene Erblasser war britischer Staatsangehöriger und lebte in<br />

Deutschland. Er hinterließ als einzigen Abkömmling einen Sohn (K) sowie<br />

6 weitere Angehörige (B1-6). Nach dem Tod <strong>des</strong> Erblassers lieferten die B1-6<br />

beim Nachlassgericht ein Schriftstück im Format A4 ab. Der Text befindet<br />

sich dabei allein in der oberen Blatthälfte, die untere Blatthälfte ist leer. Das<br />

Schriftstück ist in Maschinenschrift überschrieben mit dem Text: „LAST WILL<br />

AND TESTAMENT for [Name <strong>des</strong> Erblassers]. Es folgen handschriftlich zunächst<br />

die Namen der Angehörigen mit Prozentangaben, nämlich „B2 40%“, „K 25%“,<br />

“B4 10%“, “B3 10%“ und dann rechts neben dieser Auflistung der Name <strong>des</strong><br />

Erblassers. Darunter folgt der Name „B1 5%“ und eine Ortsangabe. Wiederum<br />

darunter befindet sich der Name „B6 5%“ mit einer Tages-, <strong>Monats</strong>angabe und<br />

das Jahr 2022, und schließlich der Name „B5 5%“. Die B1 bis 6 meinen, Miterben<br />

geworden zu sein. K hingegen ist der Ansicht, als einziger Abkömmling<br />

Alleinerbe geworden zu sein, weil das Schriftstück keine formwirksame Verfügung<br />

von To<strong>des</strong> wegen darstelle. Zu Recht?<br />

Anmerkung: Nur deutsches Recht ist anwendbar.<br />

LÖSUNG<br />

A. Alleinerbenstellung <strong>des</strong> K<br />

K wäre als einziger Abkömmling gem. § 1924 BGB gesetzlicher Erbe 1. Ordnung und<br />

damit gem. § 1922 BGB Alleinerbe, wenn das Schriftstück vom 24.03.2022, in dem<br />

andere Angehörige als Miterben bezeichnet werden, kein formgültiges Testament<br />

i.S.d. §§ 1937, 2247 I, III BGB wäre. § 2247 BGB verlangt einen Testierwillen, sowie<br />

ein eigenhändig geschriebenes und eigenhändig unterschriebenes Testament.<br />

I. Testierwille<br />

Es bestehen schon Zweifel am Vorliegen eines Testierwillens <strong>des</strong> Erblassers, weil<br />

sich das Schriftstück aus einem handschriftlichen und einem maschinenschriftlichen<br />

Teil zusammensetzt.<br />

[24] Der handschriftlich errichtete Teil <strong>des</strong> Schriftstücks erschöpft sich in<br />

einer Namensliste und dahinter vermerkten Prozentangaben. Ohne die<br />

maschinenschriftliche Überschrift lässt sich dieser Liste nicht entnehmen,<br />

dass der Erblasser damit von To<strong>des</strong> wegen einen oder mehrere Rechtsnachfolger<br />

in wirtschaftlicher Hinsicht bestimmen wollte. Hintergrund einer<br />

solchen Liste könnte jeder beliebige Umstand, der eine Aufteilung zwischen<br />

mehreren Personen erfordert ist, sein. Ohne die Überschrift ist aus der<br />

Liste selbst ein Testierwille nicht einmal ansatzweise zu erkennen.<br />

LEITSATZ<br />

1. Befindet sich der Namenszug <strong>des</strong><br />

Erblassers neben dem übrigen<br />

Text, obwohl unterhalb <strong>des</strong><br />

Textes ausreichend Raum für eine<br />

Unterschrift wäre, stellt dieser<br />

Namenszug keine Unterschrift<br />

gemäß den Anforderungen zur<br />

Errichtung eigenhändiger Testamente<br />

dar.<br />

2. Kann erst unter Zuhilfenahme<br />

<strong>des</strong> formunwirksamen Teils einer<br />

Verfügung (hier: Überschrift<br />

„Last will“) der Schluss gezogen<br />

werden, dass es sich um eine Verfügung<br />

von To<strong>des</strong> wegen handeln<br />

soll, lässt sich ein Testierwille<br />

daraus nicht ableiten (Anschluss<br />

an: BayObLG, Beschluss vom<br />

<strong>09</strong>.03.2005, 1Z BR 112/04).<br />

Eine Verfügung von To<strong>des</strong> wegen ist<br />

hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn sie<br />

den Formerfordernissen <strong>des</strong> Staates<br />

entspricht, in dem der Erblasser letztwillig<br />

verfügt hat oder dem er im<br />

Zeitpunkt seines To<strong>des</strong> angehörte,<br />

Art. 1 Abs. 1 lit. b Haager Testamentsformabkommen<br />

(Nieder/Kössinger,<br />

Handbuch der Testamentsgestaltung,<br />

6. Auflage 2020, § 5 Rn. 43).<br />

Auch nach englischem Recht liegen<br />

die Voraussetzungen nach sec. 9<br />

Wills Act 1837 nicht vor, denn es<br />

fehlt jedenfalls die gleichzeitige<br />

Anwesenheit von zwei Zeugen bei<br />

der Errichtung, die dies durch ihre<br />

Unterschriften bestätigen (NK-BGB/<br />

Odersky, 6. Aufl. 2022, Länderbericht<br />

Großbritannien, Rn. 44).<br />

Die Kombination aus einem handschriftlichen<br />

und einem maschinenschriftlichen<br />

Teil kommt in der<br />

Praxis häufig vor. Ob in diesem Fall<br />

überhaupt ein gültiges Testament<br />

vorliegt und welche Passagen gegebenenfalls<br />

gültig sind, hängt von<br />

den Umständen <strong>des</strong> Einzelfalles ab.<br />

Hier liegt das Problem darin, dass<br />

die Namensliste an sich keinen Aufschluss<br />

gibt, was eigentlich mit den<br />

Namen und den Prozentangaben<br />

gemeint ist. Nur durch die Überschrift<br />

wird ein Testierwille erkennbar, diese<br />

ist jedoch maschinenschriftlich verfasst<br />

worden, was nicht § 2247 BGB<br />

entspricht. Dadurch ist unklar, ob das<br />

Schriftstück vom Erblasser stammt,<br />

ob es also seinen Testierwillen enthält.<br />

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464 Zivilrecht <strong>RA</strong> <strong>09</strong>/<strong>2024</strong><br />

Die Formvorschriften <strong>des</strong> Erbrechts<br />

dienen zum einen der Feststellung,<br />

ob das Testament vom Erblasser<br />

stammt (Identitätsfunktion).<br />

So das BayObLG im Beschluss vom<br />

<strong>09</strong>.03.2005, 1Z BR 112/04, auf den<br />

das OLG München hier Bezug nimmt<br />

Entscheiden<strong>des</strong> Argument gegen<br />

das Vorliegen eines Testierwillens<br />

[25] Etwas anderes mag gelten, wenn man die Überschrift hinzunimmt.<br />

Dies ist aber <strong>des</strong>wegen nicht möglich, weil diese maschinenschriftliche<br />

Überschrift nicht den Formerfordernissen <strong>des</strong> § 2247 Abs. 1 BGB entspricht<br />

und ihre Authentizität nicht überprüft werden kann. (…).<br />

Allerdings könnte man vertreten, dass eine maschinell erstellte Überschrift<br />

„Testament” nicht zur Nichtigkeit <strong>des</strong> handschriftlich geschriebenen Testaments<br />

führt, wenn der eigenhändig geschriebene Teil als selbstständige<br />

Verfügung für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt.<br />

[27] Gemessen an diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall<br />

gerade an einer handschriftlichen Verfügung, die ohne den maschinenschriftlichen<br />

Teil als selbständige Verfügung einen abgeschlossenen Sinn<br />

ergäbe (s.o.). Kann überhaupt erst unter Zuhilfenahme <strong>des</strong> formunwirksamen<br />

Teils einer Verfügung der Schluss gezogen werden, dass es sich<br />

um eine Verfügung von To<strong>des</strong> wegen handeln soll, ist ein Testierwillen<br />

anhand der Urkunde nicht feststellbar. Zwar besteht, wenn eine Urkunde<br />

mit „Testament“, „Mein letzter Wille“, „Letztwillige Verfügung“ etc. überschrieben<br />

und unterzeichnet ist, mangels anderer Anhaltspunkte kein Grund zur Prüfung,<br />

ob nur ein Entwurf vorliegt (…), das gilt aber nur dann, wenn die Verfügung<br />

insgesamt, also einschließlich der Überschrift, formwirksam errichtet wurde.<br />

Außerhalb der Urkunde liegende Umstände, die einen Rückschluss auf einen<br />

Testierwillen <strong>des</strong> Erblassers erlauben, fehlen.<br />

II. Wirksam errichtetes Testament gem. § 2247 BGB<br />

Gem. § 2247I, III BGB ist eine Unterschrift erforderlich. Das Vorliegen einer<br />

solchen ist zweifelhaft.<br />

Die Formvorschriften <strong>des</strong> Erbrechts<br />

dienen zum anderen der Feststellung,<br />

ob der Erblasser tatsächlich<br />

seinen letzten Willen geäußert hat<br />

(Abschlussfunktion).<br />

Ob eine über oder neben dem Text<br />

liegende Namenszeichnung <strong>des</strong> Erblassers<br />

eine Unterschrift ist, muss<br />

anhand <strong>des</strong> Sinns und Zwecks der<br />

o.g. Abschlussfunktion ermittelt<br />

werden.<br />

Daran fehlt es hier, weil sich nicht<br />

sicher feststellen lässt, ob spätere<br />

Zusätze hinzugefügt wurden.<br />

Fazit:<br />

Kann erst unter Zuhilfenahme <strong>des</strong><br />

formunwirksamen Teils einer Verfügung<br />

der Schluss gezogen werden,<br />

dass es sich um eine Verfügung von<br />

To<strong>des</strong> wegen handeln soll, ist ein<br />

Testierwillen anhand der Urkunde<br />

nicht feststellbar.<br />

[20] Eine Unterschrift ist der räumliche Abschluss einer Urkunde. Sie soll sicherstellen,<br />

dass keine späteren Zusätze vorgenommen werden. Sie ist bei der<br />

Errichtung eines Testaments im Sinne <strong>des</strong> § 2247 BGB zwingen<strong>des</strong> Gültigkeitserfordernis,<br />

von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgewichen<br />

werden kann. Sie garantiert die Ernstlichkeit der letztwilligen Verfügung.<br />

Nur die Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss <strong>des</strong> Testaments<br />

durch den Erblasser. (…). Sie hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu<br />

erfolgen. (…). Es kann ausnahmsweise genügen, wenn die Unterschrift<br />

sich in einem solchen räumlichen Verhältnis und Zusammenhang mit<br />

dem Text befindet, dass sie die Erklärung nach der Verkehrsauffassung<br />

als abgeschlossen deckt. Das kann der Fall sein, wenn sie aus Platzmangel<br />

oberhalb <strong>des</strong> Textes oder neben dem Text angebracht ist. (…).<br />

[21] Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei<br />

dem Namenszug rechts neben der Auflistung der einzelnen Namen<br />

nicht um eine Unterschrift im Sinne <strong>des</strong> § 2247 Abs. 1, 3 BGB. Der<br />

Schriftzug befindet sich auf halber Höhe neben dem Text, ohne dass<br />

dafür Gründe, etwa ein Platzmangel, ersichtlich wären. Einen wie<br />

auch immer gearteten Abschluss der Erklärung stellt der Schriftzug<br />

<strong>des</strong> Erblassers an dieser Stelle nicht dar.<br />

Damit steht fest, dass kein Testament vorliegt.<br />

B. Ergebnis<br />

Kraft gesetzlicher Erbfolge ist K gem. §§ 1922, 1924 BGB Alleinerbe.<br />

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