KOMM 5/2024
KOMM ist das Mitgliedermagazin der Bundesfachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
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<strong>KOMM</strong><br />
05/<strong>2024</strong> WWW.IKT.VERDI.DE<br />
MEDIA BROADCAST GMBH<br />
Foto: ©sweasy – stock.adobe.com<br />
TASCHENSPIELERTRICKS<br />
Auf ihrer Internetseite präsentiert<br />
sich die Media Broadcast als Top-<br />
Arbeitgeber. Bewerber*innen werden<br />
mit 32-Arbeitsstunden bei einer<br />
Vier-Tage-Woche, 24 Tagen Urlaub<br />
und einem attraktiven Gehalt dank<br />
Haustarifvertrag mit ver.di umgarnt.<br />
Zumindest bei Letzterem sollte die<br />
Media Broadcast noch an der eigenen<br />
Performance arbeiten.<br />
VON SILKE LEUCKFELD<br />
Das Angebot der Media Broadcast in der<br />
vierten Verhandlungsrunde am 26. Juni<br />
<strong>2024</strong> kann kaum als „großer Wurf“ bezeichnet<br />
werden. Das Angebot aus der<br />
zweiten Verhandlungsrunde wurde nur<br />
um 0,4 Prozentpunkte pro Jahr verbessert,<br />
wenn die Inflationsausgleichsprämie<br />
in Höhe von insgesamt 1600 Euro nicht<br />
berücksichtigt wird. Diese wird nur zeitlich<br />
befristet gezahlt und ist kein dauerhafter<br />
Bestandteil der Gehaltstabellen.<br />
Zusätzlich will die Arbeitgeberin die<br />
Erhöhung noch mit deutlichen Kürzungen<br />
verbinden. So will sie unter anderem ihre<br />
jährlichen Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge<br />
von 2,5 auf 1,25 Prozent des<br />
Jahresgehalts halbieren. Die Verzinsung<br />
des angesparten Kapitals soll von 3,5 auf<br />
2,5 Prozent sinken. Bei der variablen Vergütung<br />
will sie kürzen. ver.di hat dieses<br />
Angebot abgelehnt. Ein neuer Termin<br />
wurde nicht vereinbart.<br />
Attraktive Arbeitgeberin?<br />
Auf ihrer Internetseite präsentiert die<br />
Media Broadcast stolz, dass sie vom<br />
Bewertungsportal kununu.com als<br />
„Top-Arbeitgeber <strong>2024</strong>“ ausgezeichnet<br />
wurde. Ein Blick auf die Plattform, auf der<br />
Bewerber und Beschäftigte ihre Arbeitgeber<br />
bewerten können, lässt bei dieser<br />
Einschätzung zumindest ein Fragezeichen<br />
zu. Dort finden sich Jubelmeldungen wie<br />
„Von Bewerbung bis zur Einstellung: alles<br />
TOP!“. Doch wie beim Kauf einer Waschmaschine<br />
und dem vorherigen Blick<br />
auf Bewertungsportale gilt auch bei<br />
kununu.com: Schlechte Bewertungen<br />
sind meist die ehrlichen. Kritisiert wird<br />
mangelnde Wertschätzung, keine echte<br />
Lohnerhöhung, die Vier-Tage-Woche sei<br />
längst verrechnet mit Reallohnkürzungen<br />
und: „Tarifverhandlungen mit ver.di sind<br />
jedes Mal wie ein rotes Tuch.“<br />
Und was den Bewerber*innen als Information<br />
dort vorenthalten wird: Die<br />
Media Broadcast GmbH will die Gehaltstabellen<br />
bei Neueinstellungen um zehn<br />
Prozent absenken und erst nach zwölf<br />
Monaten an das übliche Niveau heranführen.<br />
<br />
Weiter auf der Seite 5
2<br />
INHALT VER.DI IT-NETZWERKKONFERENZ <strong>2024</strong><br />
2 ver.di IT-Netzwerkkonferenz<br />
<strong>2024</strong><br />
Tech-Branche: Zwischen<br />
Fachkräftemangel und<br />
Beschäftigungssicherung<br />
3 Editorial<br />
3 Mobilfunk<br />
Frequenzverlängerung<br />
in Reichweite<br />
4 STRABAG PFS<br />
Tarifeinigung erzielt<br />
5 Media Broadcast GmbH<br />
Einigungswille nicht<br />
erkennbar<br />
6 Gute Arbeit<br />
Arbeitsraum neu denken?<br />
Gute Gestaltung statt<br />
Sparzwang<br />
7 Magenta Office:<br />
Die Büroadresse ist flexibel<br />
8 DFMG Deutsche Funkturm<br />
GmbH<br />
1300 Euro gezahlt<br />
8 Tarifrunde Telekom <strong>2024</strong><br />
Inflationsprämie gezahlt<br />
8 ISS Communication<br />
Services<br />
Zahltag für ver.di-Mitglieder<br />
9 DAX-40-Betriebsräte<br />
Berliner Luft<br />
Tech-Branche: Zwischen Fachkräftemangel<br />
und Beschäftigungssicherung<br />
Die ver.di IT-Netzwerkkonferenz nimmt<br />
am 8. und 9. Oktober in Berlin den Fachkräftemangel<br />
in der Tech-Branche ins<br />
Visier und setzt das in Unternehmen der<br />
Tech-Branche vielfach verschriene Thema<br />
„Strategische Personal- und Qualifizierungsplanung“<br />
prominent auf die betriebs-<br />
und gewerkschaftspolitische Agenda.<br />
Aus beschäftigungs- und gewerkschaftspolitischer<br />
Perspektive schwankt<br />
die Branche zwischen den Extremen: Einem<br />
teils eklatanten Fachkräftemangel<br />
stehen Beschäftigungs abbau und Verlagerungspläne<br />
gegenüber. Das Werkzeug<br />
der strategischen Personal-, Qualifizierungs-<br />
und Ausbildungsplanung wird jedoch<br />
gerade in projektgetriebenen (internationalen)<br />
IT-Unternehmen von Geschäftsführungen<br />
oftmals als vermeintlich<br />
wesensfremd verpönt.<br />
VER.DI-BUNDESFACHGRUPPE IKT<br />
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Die diesjährige IT-Netzwerkkonferenz<br />
legt den Fokus auf gewerkschafts- sowie<br />
betriebspolitische Gestaltungsstrategien<br />
und Handlungsoptionen, Erfahrungsaustausch<br />
und Best Practices, die dieses<br />
Spannungsfeld zugunsten der Beschäftigten<br />
auflösen können. Die Konferenzsprachen<br />
sind Deutsch und Englisch.<br />
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10 Beamt*innen-Versorgung<br />
Versorgungsfreibetrag sinkt<br />
langsamer<br />
11 Beamt*innen<br />
Lücken füllen – Pension und<br />
Arbeit anpassen<br />
11 Tarif- und Besoldungsrunde<br />
ÖD 2025<br />
Beschäftigtenbefragung<br />
gestartet<br />
12 JAV-Wahlen<br />
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IMPRESSUM<br />
<strong>KOMM</strong> Nr. 5/<strong>2024</strong><br />
24. Jahrgang<br />
ver.di_IKT zur Netzpolitik<br />
https://twitter.com/verdi_Netzpol<br />
Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundes vorstand: Frank Werneke<br />
Christoph Schmitz-Dethlefsen, Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Telefon: 030 6956-0 Internet: https://ikt.verdi.de<br />
Erscheinungsweise: 8 Ausgaben pro Jahr<br />
Redaktion: Silke Leuckfeld (sil) E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />
Layout: datagraphis GmbH, Wiesbaden-Nordenstadt Internet: https://datagraphis.de<br />
Gedruckt auf GraphoSilk FSC® 80g/m 2<br />
Druck: Schaffrath DruckMedien GmbH Auflage: 75 780<br />
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Telefon: 030 6956-2442<br />
E-Mail: redaktion.komm@verdi.de<br />
Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 15. September <strong>2024</strong>
3<br />
<strong>KOMM</strong> 05/<strong>2024</strong><br />
EDITORIAL<br />
Diese Ausgabe ...<br />
... erläutert den Stand der Tarifverhandlungen bei der Media Broadcast GmbH. In der<br />
vierten Verhandlungsrunde hat die Arbeitgeberin ein neues Angebot vorgelegt. Zum<br />
Ablauf von Tarifverhandlungen gehört es, dass sich die Tarifparteien annähern und<br />
meist nach mehreren Terminen einen Kompromiss finden. Dass ein Unternehmen ein<br />
neues Angebot vorlegt, das bei genauerer Betrachtung nur 0,4 Prozent plus über dem<br />
mageren vorherigen Angebot liegt, aber reichlich Einbußen an anderer Stelle bedeuten<br />
würde, ist ein Fall, der uns bisher nicht untergekommen ist. Im ver.di-Tarifinfo heißt es<br />
dazu diplomatisch: Ein Einigungswille sei bei den Vertretern der Arbeitgeberin nicht<br />
zu erkennen. Wir lassen das mal unkommentiert so stehen.<br />
Wir alle – Unternehmen wie auch ver.di – freuen uns, wenn wir den Zuspruch durch<br />
junge Beschäftigte erhalten. Junge ver.di-Mitglieder sitzen bei Tarifverhandlungen mit<br />
am Verhandlungstisch, sie entscheiden mit über Tarifforderungen und ihre Wünsche<br />
haben besonderes Gewicht. Unsere Jugend vertritt selbstbewusst ihre Interessen und<br />
darüber freuen wir uns. Das ist in den ver.di-Gremien, aber auch in den Unternehmen<br />
wichtig. Im Herbst stehen die (J)AV-Wahlen an. Unsere Bitte an die jungen Kolleginnen<br />
und Kollegen: Kandidiert auf den ver.di-Listen! Es ist wichtig, dass ihr euch und eure<br />
Vorstellungen einbringt. Und ganz unkommentiert können wir die Ideen der Arbeitgeberin<br />
Media Broadcast GmbH dann doch nicht stehen lassen. Sie will bei Neueinstellungen<br />
den Tarif um zehn Prozent für die Dauer von zwölf Monaten absenken. Das<br />
würde auch und gerade viele junge Beschäftigte betreffen. Bei 100 Prozent Leistung<br />
nur 90 Prozent Gehalt? Wir finden: Geht gar nicht!<br />
<br />
Die <strong>KOMM</strong>-Redaktion<br />
www.mitgliedwerden.verdi.de<br />
TERMINE DER BETRIEBSGRUPPEN<br />
Foto: geralt/pixabay<br />
Sie sind online zu finden unter:<br />
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Service<br />
Treffpunkte<br />
Oder einfach den<br />
QR-Code scannen<br />
Foto: Sven Guski<br />
MOBILFUNK<br />
Frequenzverlängerung in Reichweite<br />
ver.di kritisiert seit zwei Jahrzehnten<br />
die übliche Praxis, knappe Frequenzen<br />
für den Mobilfunk mittels einer<br />
Versteigerung zu vergeben. Frequenzen<br />
sind im Mobilfunk die Luft zum<br />
Atmen. Umso mehr man davon hat,<br />
umso schneller und weiter kann man<br />
laufen, sprich umso mehr und desto<br />
besser kann man Kunden versorgen.<br />
Nun schlägt die Bundesnetzagentur<br />
(BNetzA) vor, wichtige Frequenzen<br />
fünf Jahre zu verlängern, anstatt neu<br />
zu versteigern.<br />
VON CHRISTOPH HEIL<br />
In den letzten Jahren konnte man immer<br />
wieder beobachten, dass die Versteigerungen<br />
für Mobilfunkfrequenzen durch<br />
Christoph Heil<br />
ver.di-Bereich<br />
Mitbestimmung<br />
und<br />
Branchenpolitik<br />
die Decke schossen. In der Sorge, nicht<br />
genug davon zu bekommen, boten die<br />
Netzbetreiber sehr viel Geld. Am Ende<br />
strich der Staat viele Hundert Millionen<br />
Euro von den Bietern ein und denen fehlte<br />
dann das Geld für den notwendigen<br />
Ausbau der Infrastruktur. Das führte zum<br />
einen dazu, dass der Kostendruck zum<br />
Risiko für die Arbeitsplätze wurde und<br />
zum anderen es bis heute keine optimale<br />
Versorgung mit Mobilfunk in Deutschland<br />
gibt. Das soll sich nun ändern.<br />
Nichts gibt es umsonst!<br />
Derzeit laufen die zeitlich befristeten<br />
Lizenzen für die Frequenzen in den Bereichen<br />
800 Megahertz (MHz), 1800 MHz<br />
und 2600 MHz Ende 2025 aus. Diese<br />
Frequenzen sind sehr wichtig für den aktuellen<br />
Mobilfunkstandard im 5G-Bereich.<br />
Momentan haben Telefónica, Vodafone<br />
und die Deutsche Telekom entsprechende<br />
Lizenzen. Die müssen nun nach Vorschlag<br />
der BNetzA nicht durch eine Versteigerung<br />
neu vergeben, sondern die Laufzeiten<br />
können ausnahmsweise verlängert<br />
werden. Bedingung dafür ist jedoch, dass<br />
die Netzbetreiber den Netzausbau deutlich<br />
voranbringen. Das heißt, wer in den<br />
Genuss einer Verlängerung für fünf Jahre<br />
kommen möchte, muss sich verpflichten,<br />
in dieser Zeit eine sehr hohe Flächendeckung<br />
und eine exzellente Versorgung<br />
mit Mobilfunk im ländlichen Raum zu<br />
garantieren. Auch die Mobilfunkversorgung<br />
an Straßen, Wasser- und Schienenwegen<br />
müsse deutlich verbessert werden.<br />
Dafür müssen die drei Netzbetreiber<br />
viel Geld investieren und ihr Netz deutlich<br />
optimieren.<br />
ver.di begrüßt den Vorschlag<br />
ver.di begrüßt den Vorschlag der BNetzA,<br />
diese wichtigen Frequenzen um weitere<br />
fünf Jahre zu verlängern. Die hohen Auflagen<br />
dafür sind prinzipiell richtig. Das<br />
hat ver.di auch in einer Stellungnahme<br />
zum Entwurf bei der BNetzA kundgetan.<br />
Allerdings müssen der Bund und die Kommunen<br />
ihre Hausaufgaben machen. Genehmigungen<br />
für neue Funktürme oder<br />
notwendige Tiefbauarbeiten müssen<br />
schneller erteilt werden. Zudem muss<br />
man sich genau überlegen, ob eine<br />
Flächen deckung wirklich gewollt ist. Das<br />
hieße, dass gegebenenfalls Funktürme<br />
auch in Wäldern oder naturgeschützten<br />
Zonen installiert werden müssten.
4<br />
Foto: ©Sodel Vladyslav – stock.adobe.com<br />
STRABAG PFS<br />
Tarifeinigung erzielt<br />
In der dritten Verhandlungsrunde<br />
Mitte Juli konnte ver.di ein Ergebnis<br />
für die STRABAG PFS in der Tarifrunde<br />
<strong>2024</strong> erreichen. Danach steigen<br />
die Einkommen der Beschäftigten<br />
in drei Stufen. Über die Annahme<br />
des Tarifergebnisses entscheidet die<br />
ver.di-Tarifkommission, zuvor werden<br />
die ver.di-Mitglieder befragt.<br />
Die unteren Entgeltgruppen steigen<br />
zweistellig und für die Auszubildenden<br />
und dual Studierenden konnte ver.di<br />
überproportionale Erhöhungen erreichen.<br />
Zusätzlich werden Heiligabend und Silvester<br />
zukünftig arbeitsfrei.<br />
Reallöhne angehoben<br />
„Mit dem Verhandlungsergebnis steuern<br />
die Entgelte in der STRABAG PFS wieder<br />
in Richtung Reallohnsteigerung. In Summe<br />
werden Erhöhungen von 300 bis 445<br />
Euro im Monat für alle Lohn- und Gehaltsgruppen<br />
im Tarifvertrag erzielt“,<br />
sagte ver.di-Verhandlungsführer Pascal<br />
Röckert. Allerdings beinhaltet das Verhandlungsergebnis<br />
eine Laufzeit des neuen<br />
Tarifvertrags von 30 Monaten. „Die<br />
lange Laufzeit schmerzt uns; diese war<br />
angesichts des angestrebten Gesamtvolumens<br />
allerdings nicht kürzer zu gestalten“,<br />
stellt Pascal Röckert fest.<br />
Mehrfach nachgebessert<br />
Zu Beginn der Verhandlungen legten die<br />
Arbeitgeber ein neues Angebot vor, das für<br />
ver.di aber nicht akzeptabel war. Es enthielt<br />
zwar substanzielle Verbesserungen, insgesamt<br />
fand es aber keine Akzeptanz bei der<br />
ver.di-Verhandlungskommis sion. Nicht berücksichtigt<br />
war der von ver.di geforderte<br />
Mindestbetrag und es enthielt eine sehr<br />
große Spreizung zwischen den verschiedenen<br />
Lohn- und Gehaltsgruppen. Die Verhandlungen<br />
wurden dann in Sondierungen<br />
fortgesetzt, um Lösungsoptionen zu erarbeiten.<br />
ver.di bekräftigte dabei, dass der<br />
geforderte Mindestbetrag am Ende für alle<br />
Tabellenwerte erreicht werden müsse. Die<br />
Arbeitgeberseite bestand weiterhin auf einer<br />
langen Laufzeit.<br />
Kompromiss erreicht<br />
Die Arbeitgeberseite brachte schließlich<br />
erneut ein verbessertes Angebot ein, das<br />
sich in wesentlichen Punkten weiter auf<br />
die ver.di-Forderungen zubewegte. Dieses<br />
„finale“ Angebot der Arbeitgeber<br />
wurde nach umfangreicher Bewertung<br />
durch die ver.di-Verhandlungskommission<br />
als lösungsfähig angesehen und angenommen.<br />
Zusammenfassend steht ein<br />
Gesamtpaket, das zusätzlich eine deutlich<br />
überproportionale Anhebung der Vergütungen<br />
für Auszubildende und dual Studierende,<br />
eine Erhöhung aller Pauschalen<br />
sowie Heiligabend und Silvester als arbeitsfreie<br />
Tage beinhaltet. „Dies ist ein<br />
gutes Ergebnis für die ver.di-Mitglieder in<br />
der STRABAG PFS“, fasst ver.di-Verhandlungsführer<br />
Pascal Röckert das Verhandlungsergebnis<br />
zusammen.<br />
So geht es weiter<br />
Zum vorliegenden Verhandlungsergebnis<br />
wurde eine Erklärungsfrist bis zum<br />
5. August <strong>2024</strong> vereinbart. Diese wird<br />
ver.di nutzen, um mit den ver.di-Mitgliedern<br />
in die Diskussion zu treten und sie<br />
zum Verhandlungsergebnis zu befragen.<br />
Dazu erfolgt eine Kontaktaufnahme an<br />
alle ver.di-Mitglieder durch die ver.di-Vertrauensleute<br />
in der STRABAG PFS. Die<br />
ver.di-Tarifkommission wird am 5. August<br />
(nach <strong>KOMM</strong>-Redaktionsschluss)<br />
die Ergebnisse der Mitgliederbefragung<br />
analysieren und final über das vorliegende<br />
Verhandlungsergebnis entscheiden.<br />
<br />
RED<br />
Wir informieren unter<br />
www.strabag.verdi.de<br />
DAS VERHANDLUNGSERGEBNIS<br />
■ Vergütung für Auszubildende<br />
und dual Studierende<br />
+ 150 Euro pro Monat<br />
ab 1. Dezember <strong>2024</strong><br />
+ 100 Euro pro Monat<br />
ab 1. Dezember 2025<br />
■ Entgelterhöhung für die Lohngruppen<br />
L3 und L3a<br />
+ 5,0% ab 1. Dezember <strong>2024</strong><br />
+ 4,0% ab 1. Dezember 2025<br />
+ 3,0% ab 1. Dezember 2026<br />
■ Entgelterhöhung für die Lohngruppen<br />
L4 und L5<br />
+ 4,0% ab 1. Dezember <strong>2024</strong><br />
+ 3,0% ab 1. Dezember 2025<br />
+ 3,0% ab 1. Dezember 2026<br />
■ Entgelterhöhung für die Entgeltgruppen<br />
01 bis 07<br />
+ 4,0% ab 1. Dezember <strong>2024</strong><br />
+ 3,0% ab 1. Dezember 2025<br />
+ 3,0% ab 1. Dezember 2026<br />
■ Entgelterhöhung für die Entgeltgruppen<br />
08 bis 10<br />
+ 3,0% ab 1. Dezember <strong>2024</strong><br />
+ 2,0% ab 1. Dezember 2025<br />
+ 2,0% ab 1. Dezember 2026<br />
■ Mindestbetrag: Spätestens zum<br />
01.12.2026 müssen die Entgelte<br />
aller Lohn- und Gehaltstabellen<br />
um mindestens 300 Euro angehoben<br />
worden sein (im Vergleich<br />
zum Ausgangswert 30.06.<strong>2024</strong>)<br />
■ Erhöhung der Pauschalen für<br />
Rufbereitschaft und Herbeiruf,<br />
Erschwerniszuschläge, Betriebsleiterzulage<br />
und Servicepauschale<br />
um 5 Prozent zum<br />
01.12.<strong>2024</strong><br />
■ Die Tage Heiligabend (24.12.)<br />
und Silvester (31.12.) werden<br />
arbeitsfreie Tage<br />
■ Laufzeit: 01.07.<strong>2024</strong> bis<br />
31.12.2026 (30 Monate)
5 <strong>KOMM</strong> 05/<strong>2024</strong><br />
MEDIA BROADCAST GMBH<br />
Einigungswille nicht erkennbar<br />
In der vierten Verhandlung<br />
für die Beschäftigten<br />
der Media Broadcast<br />
GmbH am 26. Juni<br />
legte die Arbeitgeberin<br />
ver.di ein neues Angebot<br />
vor. Darin enthalten<br />
sind sehr viele neue<br />
Komponenten, die sich<br />
gegenseitig beeinflussen<br />
und unter dem<br />
Strich für die Beschäftigten<br />
keine große Verbesserung<br />
darstellen.<br />
Teilweise bedeuten sie<br />
sogar einen Rückschritt. Deshalb<br />
lehnte ver.di ab.<br />
VON SILKE LEUCKFELD<br />
ver.di fordert bei einer Laufzeit von zwölf<br />
Monaten eine tabellenwirksame Erhöhung<br />
der Entgelte von 12,5 Prozent; Auszubildende<br />
sollen pauschal 185 Euro<br />
mehr im Monat bekommen. Davon war<br />
die Arbeitgeberin bereits mit ihrem letzten<br />
Angebot aus der zweiten Verhandlungsrunde<br />
weit entfernt: Angeboten<br />
wurden zum 1. September <strong>2024</strong> eine<br />
line are Erhöhung der Gehälter und der<br />
Tabellenwerte um 1,25 Prozent sowie zusätzlich<br />
individuell und leistungsab hängig<br />
1,25 Prozent. Letzteres hätte eine Verteilung<br />
nach Gutdünken der Arbeitgeberin<br />
bedeutet.<br />
Für die Monate April bis August wollte<br />
die Media Broadcast GmbH jeweils 60<br />
Euro Inflationsausgleichsprämie zahlen,<br />
also insgesamt 300 Euro. Die Ausbildungsvergütungen<br />
sollten ab September<br />
<strong>2024</strong> im Schnitt über alle Ausbildungsjahre<br />
um 30 Euro pro Monat steigen.<br />
Schippe drauf sieht anders aus<br />
ver.di erwartete beim folgenden Termin,<br />
dass die Arbeitgeberin ein neues und wesentlich<br />
verbessertes Angebot vorlegt.<br />
Stattdessen wurde ein neues Angebot<br />
präsentiert, das sehr viele neue Komponenten<br />
beinhaltet. Diese würden sich gegenseitig<br />
beeinflussen und für die Beschäftigten<br />
teilweise weniger bringen als<br />
bereits in der zweiten Verhandlung angeboten.<br />
Ohne Berücksichtigung der Inflationsausgleichsprämie<br />
liegt dieses Angebot<br />
für die individuellen Entgelte nur 0,4 Prozent<br />
pro Jahr über dem ersten Angebot.<br />
Die Erhöhung der Tabelle würde sogar<br />
von 1,25 auf 1,09 Prozent pro Jahr abgesenkt.<br />
Dabei sind die von der Arbeitgeberin<br />
geplanten Streichungen, wie zum Beispiel<br />
ein Minus in Höhe von 1,25 Prozent<br />
bei der betrieblichen Altersvorsorge, nicht<br />
einmal eingerechnet. „Das Verhalten der<br />
Arbeitgeberseite ist beispiellos. Wir drehen<br />
uns hier ohne Fortschritt im Kreis“,<br />
stellte ver.di-Verhandlungsführer Tim Feise<br />
fest. „Dabei sind wir der Arbeitgeberseite<br />
in der letzten Verhandlungsrunde,<br />
was die prozentuale Erhöhung angeht,<br />
ein gutes Stück entgegengekommen.“<br />
Die vielen verschiedenen Komponenten<br />
würden mit ihren Verknüpfungen<br />
dazu führen, dass ein Teil des Entgeltes<br />
von der linken in die rechte Tasche der<br />
Beschäftigten wandert. Zudem will die<br />
Arbeitgeberin, dass die Beschäftigten mit<br />
einem Verlust in der Betriebsrente die ungleiche<br />
Verteilung im Gehaltsüberprüfungsprozess<br />
(GPÜ) finanzieren. Beim<br />
GPÜ entscheidet die Arbeitgeberin, wer<br />
wie viel bekommt („Nasenfaktor“). Zumindest<br />
bei den Auszubildenden und bei<br />
der Inflationsausgleichsprämie waren sie<br />
zu leichten Erhöhungen bereit: Für die<br />
Monate April bis Dezember wollen sie<br />
1600 Euro als Inflationsausgleichsprämie,<br />
auch für die Auszubildenden, zahlen.<br />
Gestaffelt nach Ausbildungsjahr sollen<br />
die Vergütungen zum 1. Januar 2025 zwischen<br />
47 Euro für das erste Ausbildungsjahr<br />
bis 58 Euro für das vierte Ausbildungsjahr<br />
pro Monat steigen. Zum<br />
1. Oktober 2025 sollen Auszubildende im<br />
ersten Jahr weitere 35 Euro erhalten, im<br />
zweiten bis vierten 40 Euro.<br />
„Zusätzlich soll der neue Tarifvertrag<br />
eine Laufzeit von 33 Monaten bis zum<br />
31. Dezember 2026 haben. Durch die Erhöhung<br />
der Laufzeit um<br />
neun Monate gegenüber<br />
dem aus der zweiten Verhandlung<br />
ist das neue Angebot<br />
noch weniger wert als es<br />
aussieht“, erklärt Tim Feise.<br />
Am Ende der Verhandlungsrunde<br />
erklärten die Vertreter<br />
der Media Broadcast,<br />
dass sie das Angebot nur<br />
nachbessern würden, wenn<br />
ver.di bereit sei, weitere Verschlechterungen<br />
bei den<br />
Neben themen hinzunehmen.<br />
ver.di beendete daraufhin die<br />
Gespräche an diesem Tag, ohne einen<br />
neuen Termin zu vereinbaren. In Sondierungsverhandlungen<br />
wurde dann der<br />
Versuch unternommen, einen Weg für<br />
die Fortsetzung der Verhandlungen zu<br />
finden. „Leider ist die Arbeitgeberseite<br />
nicht bereit, auch nur einen Millimeter<br />
von ihren Positionen abzuweichen“, sagt<br />
Tim Feise. Dadurch, dass die Vertreter der<br />
Media Broadcast von Anfang an mit unkonkreten<br />
Komponenten gearbeitet haben,<br />
sei eine objektive Bewertung der<br />
Angebote nicht möglich. Erst nach mehrfacher<br />
Aufforderung von ver.di wurde<br />
eine endgültige Version des Angebots<br />
vorgelegt. Darin wurde ver.di zum ersten<br />
Mal über eine Fußnote mitgeteilt, dass<br />
die Erhöhung für die beurlaubten Beamt*innen<br />
niedriger ausfallen soll. „Ein<br />
Einigungswille ist überhaupt nicht erkennbar“,<br />
stellt Tim Feise fest. „Das zeugt<br />
nicht davon, dass man die Belange der<br />
Beschäftigten ernst nimmt. Es ist beschämend,<br />
wie die extrem hohe Motivation<br />
der Beschäftigten gezielt zunichtegemacht<br />
wird.“<br />
Ein neuer Verhandlungstermin war bis<br />
<strong>KOMM</strong>-Redaktionsschluss nicht vereinbart.<br />
Foto: ©johas – stock.adobe.com<br />
Details zu den Angeboten unter:<br />
www.mediabroadcast.verdi.de<br />
Silke Leuckfeld<br />
freie Journalistin<br />
Foto: privat
6<br />
GUTE ARBEIT<br />
Arbeitsraum neu denken? GUTE G<br />
Der Umgang mit dem betrieblichen<br />
Arbeitsraum wird zurzeit vor allem<br />
dort mit neuer Dringlichkeit diskutiert,<br />
wo ortssouveränes Arbeiten<br />
grundsätzlich möglich ist. Homeoffice<br />
und hybride Arbeitskonzepte,<br />
Desksharing, neue Raumkonzepte<br />
und Flächenreduzierung, Erhalt von<br />
Betriebskultur und „Back to Office“<br />
sind nur einige Schlagworte der aktuellen<br />
Debatten.<br />
VON ASTRID SCHMIDT<br />
Der betriebliche Arbeitsraum ist immer<br />
auch ein sozialer Ort. Wir tauschen uns<br />
mit unseren Kolleginnen und Kollegen<br />
beruflich aus – aber auch privat. Unsere<br />
informellen Netzwerke helfen oft unkompliziert<br />
dabei, ein Problem zu lösen,<br />
zufällige Gespräche bringen uns auf neue<br />
Ideen. Und manchmal ist es motivierend,<br />
dass im Zimmer nebenan an ähnlichen<br />
Themen gearbeitet wird.<br />
Virtuelle Arbeitsräume<br />
Gleichzeitig gilt: Im Zuge der Digitalisierung<br />
wird der betriebliche Arbeitsraum<br />
immer virtueller, zumindest in der Telekommunikations-<br />
und Tech-Branche. Zusammenarbeit<br />
braucht nicht unbedingt<br />
gemeinsame Präsenz – digitale gemeinsame<br />
Räume tun es auch. Das hat Vorteile:<br />
Mehr Ortssouveränität ermöglicht<br />
vielen eine bessere Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Privatleben, spart Wege- und<br />
damit Lebenszeit und verschafft dem<br />
Einzelnen mehr Gestaltungsspielräume.<br />
Ein Nachteil dabei: Arbeitgeber nutzen<br />
die verstärkte Nutzung von Homeoffice<br />
als Argument, um Flächen abzumieten<br />
und Kosten einzusparen. Dabei braucht<br />
es vor allem eine größere Vielfalt an<br />
Raum arten – und attraktive, ergonomische<br />
Arbeitsplätze im Betrieb und im<br />
Home office.<br />
Astrid Schmidt<br />
Referentin im<br />
ver.di-Bereich<br />
Innovation und<br />
Gute Arbeit<br />
sowie in der<br />
Fachgruppe IKT<br />
Foto: Simone M. Neumann<br />
Foto: ©Onchira – stock.adobe.com<br />
Chancen nutzen<br />
Wichtig aus gewerkschaftlicher Sicht: Es<br />
geht um gute Gestaltung hybrider Arbeitskonzepte,<br />
die wir als Gewerkschaft,<br />
als betriebliche Mitbestimmung und auch<br />
als Beschäftigte mitprägen wollen. Chancen<br />
der Digitalisierung sollen genutzt,<br />
Risiken minimiert werden. Neben guter<br />
Arbeitsgestaltung ist auch gute Raumgestaltung<br />
gefragt: Welche Raumarten<br />
braucht es für die verschiedenen Tätigkeitsbestandteile?<br />
Welche Sozialräume<br />
sind wichtig für ein gutes Betriebsklima?<br />
Welche Anforderungen müssen erfüllt<br />
sein, damit wir gesund bleiben? Welche<br />
Kompetenzen brauchen wir für gute Zusammenarbeit,<br />
wenn diese auch digital<br />
und virtuell stattfindet? Und wie organisieren<br />
wir gemeinsame Präsenz, von der<br />
alle Seiten profitieren? Die Realität zeigt<br />
gerade in der IKT-Branche, dass Beschäftigte<br />
oftmals nicht in Büros (zurück)kommen<br />
(wollen), in denen sie sich nicht konzentrieren<br />
können, die mit langen Fahrtzeiten<br />
einhergehen und in denen weder<br />
gemeinsame Präsenz klug organisiert<br />
wird noch eine Möglichkeit für unkomplizierte<br />
Mittagessen vorhanden ist.<br />
Im Praxistest<br />
Die Debatte um Raumkonzepte wird zurzeit<br />
allerorts geführt. Erste Erfahrungen<br />
aus der betrieblichen Praxis zeigen, dass<br />
es sich auszahlt, beteiligungsorientiert<br />
und entlang der Wünsche und Bedarfe<br />
der Beschäftigten an die Sache heranzugehen.<br />
Klar ist, dass nicht jeder Wunsch<br />
erfüllbar ist. Gerade Desksharing bleibt<br />
für viele ein eher ungeliebtes Modell. Es<br />
macht aber einen Unterschied, ob Desksharing<br />
mit Vorteilen wie mehr Souveränität<br />
und einer attraktiven Raumgestaltung<br />
einhergeht oder ob Desksharing<br />
bedeutet, sich in lauten Großraumbüros<br />
an einen Arbeitsplatz zu begeben, an<br />
dem man sich nicht gut konzentrieren<br />
kann. Erfahrungen zeigen, dass sich Qualität<br />
auszahlt. Und auch die Möglichkeit,<br />
eigene Bedarfe und Ideen einzubringen,<br />
ist ein wichtiger Faktor für gelingende<br />
Veränderungsprozesse.<br />
PRAXISBEISPIELE<br />
Eine ver.di-Tagung zum hybriden<br />
Arbeits- und Sozialraum widmete<br />
sich der Frage nach Raumkonzepten<br />
und den damit einhergehenden<br />
Gestaltungsherausforderungen.<br />
Impulse gab es aus der Arbeitsforschung,<br />
dem Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
sowie aus der betrieblichen<br />
Gestaltungspraxis.<br />
Die Atruvia (IT-Dienstleister für Genossenschaftsbanken)<br />
hat 2021 qua<br />
Gesamtbetriebsvereinbarung neue<br />
Raumkonzepte verabredet und darin<br />
auch Beteiligungsprozesse definiert.<br />
Vor der Neukonzeption wurden<br />
die Bedarfe der Beschäftigten<br />
differenziert abgefragt. Zurzeit werden<br />
erste Erfahrungen mit der Umsetzung<br />
ermittelt, um entlang der<br />
Rückmeldungen nachjustieren zu<br />
können.<br />
Bei der Telekom wurde zunächst in<br />
einer Pilotphase getestet, wie durch<br />
eine flexiblere Nutzung der konzerneigenen<br />
Immobilien mehr Ortssouveränität<br />
und kürzere Arbeitswege<br />
ermöglicht werden können. Künftig<br />
werden in 125 größeren Telekom-<br />
Standorten Arbeitsplätze eingerichtet,<br />
die bundesweit von allen Beschäftigten<br />
gebucht werden können.<br />
Die Dokumentation der ver.di-<br />
Online- Tagung zum hybriden Arbeits-<br />
und Sozialraum steht online<br />
zur Verfügung:<br />
kurzlinks.de/9iic
7<br />
<strong>KOMM</strong> 05/<strong>2024</strong><br />
ESTALTUNG STATT SPARZWANG<br />
MAGENTA OFFICE:<br />
Die Büroadresse ist flexibel<br />
München, Frankfurt, Dresden oder<br />
auch mal Paris – Beschäftigte der<br />
Telekom haben viele Optionen bei<br />
der Wahl ihres Arbeitsortes. Unter<br />
dem Namen Magenta Office hat der<br />
Konzernbetriebsrat mit der Arbeitgeberin<br />
zusätzliche Möglichkeiten<br />
für die Arbeitsplatzflexibilität vereinbart.<br />
Für Mitarbeitende des Konzerns<br />
ist diese Konzernvereinbarung<br />
das Startzeichen für frei buchbare<br />
Büroflächen in Telekom-Standorten<br />
in Deutschland sowie für das zeitweise<br />
Arbeiten im EU-Ausland.<br />
Magenta Office soll zugleich die Zusammenarbeit<br />
im Unternehmen über<br />
Abteilungsgrenzen hinaus fördern.<br />
VON KERSTIN MARX<br />
Prozentuale Verteilung der Telekom-<br />
Beschäftigten nach Bundesländern<br />
Starre Arbeitsplatzregeln gehören längst<br />
der Vergangenheit an. Viele kennen solche<br />
nur noch aus Erinnerungen, manche<br />
haben sie selbst nie erlebt. Der Schreibtisch<br />
am Heimatstandort, also die Regelarbeitsstätte,<br />
ist für viele nicht mehr der<br />
einzige Arbeitsort. Angefangen hat die<br />
Entwicklung der Flexibilisierung der Arbeit<br />
bereits Jahre zuvor. Der Konzernbetriebsrat<br />
und die Arbeitgeberin haben mit<br />
„Future Work“ 2014 begonnen, Voraussetzungen<br />
für das zeitweise Arbeiten von<br />
unterwegs und außerhalb des Büros zu<br />
schaffen. 2016 mündeten diese in den<br />
Tarifvertrag „Mobiles Arbeiten“ zwischen<br />
ver.di und der Deutschen Telekom.<br />
Magenta Office ist eine konsequente<br />
Weiterentwicklung. Alle Mitarbeitenden<br />
sind als Teil der Magenta-Familie in den<br />
Telekom-Gebäuden willkommen, diese<br />
als Orte der Begegnung, des Austauschs<br />
und der Vernetzung nutzen zu können,<br />
für konzentriertes und kreatives Arbeiten.<br />
Offene Buchungszonen fördern den informellen<br />
Austausch und die bereichsübergreifende<br />
Kommunikation.<br />
Magenta Office hat im Wesentlichen vier<br />
Säulen:<br />
Aufhebung von Buchungszonen<br />
Ein Großteil der Arbeitsplätze, Besprechungsräume,<br />
Kreativzonen ist für alle<br />
Mitarbeitenden freigegeben und heißen<br />
„Shared Spaces“. Damit ist die bisher für<br />
Abteilungen und Bereiche vorbehaltene<br />
und exklusive Nutzung von Flächen überwiegend<br />
aufgehoben. Mitarbeitende können<br />
einen freien Arbeitsplatz ihrer Wahl<br />
buchen, an ihrem Heimatstandort oder bei<br />
Bedarf an weiteren Standorten in Deutschland.<br />
Vorgesehen ist, gut 100 Standorte<br />
mit mehr als 100 Arbeitsplätzen in Magenta<br />
Offices zu wandeln. Neben den „Shared<br />
Spaces“ gibt es für Abteilungen auch weiterhin<br />
die Möglichkeit, Flächen exklusiv zu<br />
nutzen, etwa wenn die Ausübung sensibler<br />
Tätigkeiten besondere Anforderungen<br />
an einen Arbeitsplatz voraussetzt.<br />
Buchungstool<br />
Mitarbeitende buchen den gewünschten<br />
Arbeitsplatz in den frei verfügbaren Bereichen<br />
ähnlich wie bei der Sitzplatzreservierung<br />
im Flugzeug. Das zentrale Buchungstool<br />
kann sowohl am PC als auch<br />
mit dem Smartphone genutzt werden.<br />
Wohnortnahes Arbeiten<br />
Zudem soll das Konzept „Wohnortnahes<br />
Arbeiten“ ausgebaut werden, indem die<br />
Buchungszonen über Magenta Office hinaus<br />
in weiteren Gebäuden aufgehoben<br />
werden. Die Telekom ist regional stark<br />
vertreten – ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz<br />
in Wohnortnähe kann eine wichtige<br />
Alternative zum mobilen Arbeiten sein<br />
und unterstützt bei dem Ziel, Gebäude<br />
nachhaltig zu nutzen, auch zur Sicherung<br />
von Standorten.<br />
Mobiles Arbeiten im EU-Ausland<br />
Mit Magenta Office steht Mitarbeitenden<br />
die Möglichkeit offen, bis zu 20 Tage im<br />
Jahr im EU-Ausland zu arbeiten, auch als<br />
„Workation“ bekannt. Voraussetzung dafür<br />
sind die Absprache mit der eigenen<br />
Führungskraft und die A1-Bescheinigung,<br />
die für die Sozialversicherung wichtig ist.<br />
„Workation“ ist ein weiterer Baustein der<br />
hybriden Arbeitskultur und stärkt die<br />
Attraktivität als Arbeitgeber, intern wie<br />
extern.<br />
Kerstin Marx<br />
Konzernbetriebsratsvorsitzende<br />
der<br />
Deutschen Telekom<br />
Foto: KBR Telekom
8<br />
DFMG DEUTSCHE FUNKTURM GMBH TARIFRUNDE TELEKOM <strong>2024</strong><br />
1300 Euro gezahlt<br />
Die kürzlich stattgefundenen Gespräche<br />
zwischen ver.di und der Arbeitgeberin<br />
waren in der Tarifrunde<br />
im Jahr 2023 vereinbart worden. Der<br />
Staat hat, um die Inflation abzumildern,<br />
bis zu 3000 Euro steuer- und<br />
abgabenfrei als Inflationsausgleichsprämie<br />
vorgesehen. Diesen Betrag<br />
hatte die DFMG bisher nicht ausgeschöpft.<br />
Die jetzt erfolgte Zahlung<br />
erhalten auch Teilzeitbeschäftigte in<br />
voller Höhe.<br />
Für Kolleg*innen, die im Juni aus familiären<br />
Gründen nicht in einem aktiven Arbeitsverhältnis<br />
waren, wird im November<br />
der Anspruch noch einmal geprüft;<br />
die Auszahlung erfolgt dann im Dezember.<br />
Die ver.di-Tarifkommission begrüßt<br />
insbesondere den zweiten Auszahlungspunkt<br />
im November. So erhalten mehr<br />
Kolleg*innen die verdiente Wertschätzung.<br />
Schließlich leisten auch sie mit<br />
ihrer Arbeit einen wertvollen Beitrag im<br />
Unternehmen. Leider konnte sich die<br />
Verhandlungskommission mit weiteren<br />
Betrachtungszeiträumen und Anspruchsgrundlagen<br />
nicht durchsetzen. Auch<br />
die in der Betriebsversammlung im<br />
März angesprochenen Härtefälle wurden<br />
vom Arbeitgeber nicht in Betracht gezogen.<br />
Scheibchenweise<br />
Die jetzt erfolgte Zahlung ist noch ein<br />
Ergebnis aus der Tarifrunde 2023. Zum<br />
1. Februar erhielten die Beschäftigten<br />
eine tabellenwirksame Erhöhung des<br />
Entgelts in Höhe von 2,3 Prozent. Zu diesem<br />
Zeitpunkt wurden auch 500 Euro<br />
Infla tionsausgleichsprämie ausgezahlt.<br />
Bereits ein Jahr zuvor wurden die Einkommen<br />
um 2,8 Prozent angehoben und<br />
im Mai 2023 eine Inflationsausgleichsprämie<br />
in Höhe von 700 Euro gezahlt.<br />
Für die unteren Entgeltgruppen gab es<br />
zudem 500 Euro Inflationsausgleich im<br />
August 2023.<br />
RED<br />
Inflationsprämie gezahlt<br />
Im Mai <strong>2024</strong> hatte ver.di ein Verhandlungsergebnis in der Tarifrunde <strong>2024</strong><br />
für die Telekom-Gesellschaften erzielt, dem die ver.di-Tarifkommis sion am<br />
7. Juni <strong>2024</strong> zustimmte.<br />
Mit der Juli-Zahlung erhalten alle Beschäftigten<br />
der DTAG, BuyIn, T-Deutschland,<br />
DT Technik, DT Service, DT Außendienst,<br />
DT GK, DT IT, DT Security, DT IoT, DT<br />
MMS, DT ISP und DeTeFleet die vereinbarte<br />
Inflationsausgleichsprämie in Höhe<br />
von 1550 Euro (BuyIn 1050 Euro). Dies<br />
gilt auch für die Beschäftigten der PASM,<br />
der Tiefbau GmbH und Comfortcharge<br />
GmbH, ebenso für Beschäftigte in der aktiven<br />
Phase der Altersteilzeit. Beschäftigte<br />
in Teilzeit bekommen den Betrag anteilig.<br />
Bei der DT PVG wird die Inflationsausgleichsprämie<br />
im August <strong>2024</strong>, in der DT<br />
SE im Oktober <strong>2024</strong> gezahlt.<br />
Für Auszubildende und dual Studierende<br />
erfolgt im Juli <strong>2024</strong> eine Zahlung in<br />
ISS COMMUNICATION SERVICES<br />
Zahltag für ver.di-Mitglieder<br />
Höhe von 775 Euro. Wer zwischen Juli<br />
und Dezember in ein Arbeitsverhältnis<br />
übernommen wird, erhält die Inflationsausgleichsprämie<br />
in Höhe der Tarifbeschäftigten.<br />
Bezogen auf die Anzahl einbezogener<br />
Unternehmen war die Tarifrunde <strong>2024</strong><br />
die umfassendste Tarifverhandlung der<br />
Konzerngeschichte und konnte mit dem<br />
höchsten Tarifergebnis abgeschlossen<br />
werden. Insgesamt zehn Warnstreiktage<br />
und etliche Aktionen der ver.di-Aktiven<br />
waren dafür notwendig. ver.di dankt allen<br />
Kolleginnen und Kollegen, die sich<br />
eingesetzt haben!<br />
RED<br />
www.trt.verdi.de<br />
In der Tarifrunde <strong>2024</strong> für die ver.di-Mitglieder bei der ISS Communication<br />
Services GmbH hat ver.di verschiedene entgeltwirksame Elemente mit der<br />
Arbeit geberin im Haustarifvertrag vereinbart. Diese kommen jetzt Stück für<br />
Stück in die Wirkung.<br />
JETZT ONLINE BEITRETEN<br />
mitgliedwerden.verdi.de<br />
ver.di-Mitglieder, die sich bis Ende Mai bei<br />
der Arbeitgeberin gemeldet hatten, erhalten<br />
mit der Juli-Entgeltabrechnung die<br />
Mitgliederkomponente in Höhe von 1400<br />
Euro, Auszubildende und dual Studierende<br />
550 Euro, Teilzeitbeschäftigte anteilig.<br />
Zuvor hatten alle Beschäftigten im März<br />
bereits 800 Euro Inflationsausgleichsprämie<br />
erhalten, Auszubildende 400 Euro.<br />
Wer Teilzeit arbeitet, erhielt einen anteiligen<br />
Betrag. Im September erfolgt die Anhebung<br />
der Tabellen um 4,5 Prozent für<br />
alle Beschäftigten im Bereich des Haustarifvertrages.<br />
ver.di-Mitglieder im Vorteil<br />
Für ver.di-Mitglieder bedeutet das, dass<br />
sie in <strong>2024</strong> – je nach Entgeltgruppe –<br />
zwischen fünf Prozent und 9,7 Prozent<br />
mehr Entgelt erhalten. Im Jahr 2025 wirkt<br />
der Abschluss mit 6,3 Prozent bis 8,9 Prozent.<br />
Denn die Mitgliederkomponente<br />
wird dauerhaft gezahlt. Wer noch einsteigen<br />
will, sollte bis um 1. März kommenden<br />
Jahres ver.di-Mitglied werden.<br />
www.iss.verdi.de<br />
Foto: Christian von Polenz
9 <strong>KOMM</strong> 05/<strong>2024</strong><br />
DAX-40-BETRIEBSRÄTE<br />
Berliner Luft<br />
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil<br />
hat die Betriebsräte der DAX-40-<br />
Unternehmen ins Ministerium eingeladen,<br />
um zentrale wirtschaftsund<br />
sozialpolitische Themen zu<br />
disku tieren. Das jüngste Treffen des<br />
DAX-40-Gesprächskreises wurde von<br />
Kerstin Marx, der Vorsitzenden des<br />
Telekom-Konzernbetriebsrats, eröffnet.<br />
Im Mittelpunkt des Treffens<br />
standen das geplante Tariftreuegesetz<br />
sowie die Anforderungen an ein<br />
modernes Betriebsverfassungsgesetz,<br />
insbesondere vor dem Hintergrund<br />
zunehmender Herausforderungen<br />
durch Nutzung von Künstlicher<br />
Intelligenz in Unternehmen.<br />
VON HUSAM AZRAK<br />
Die Vorhaben zum Tariftreuegesetz haben<br />
eine bedeutende Rolle sowohl für die<br />
Wirtschaft als auch für die Arbeitnehmenden.<br />
Es wäre ein wichtiges Instrument zur<br />
Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen<br />
und zur Sicherung fairer Arbeitsbedingungen.<br />
Ein Tariftreuegesetz würde<br />
dafür sorgen, dass alle Unternehmen, die<br />
öffentliche Aufträge erhalten, tarifgebundene<br />
Gehälter zahlen müssen, ohne dadurch<br />
im Wettbewerb benachteiligt zu<br />
werden. Dies würde unlauteren Wettbewerb<br />
verhindern und faire Bedingungen<br />
schaffen, da nicht tarifierte Unternehmen,<br />
die durch niedrige Gehälter<br />
finanzielle Vorteile hätten, keine öffentlichen<br />
Aufträge erhalten. Die damit verbundene<br />
Förderung seriöser und stabiler<br />
Geschäftsmodelle käme dem Wirtschaftsstandort<br />
zugute und kann langfristig zu<br />
einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen.<br />
Gleichzeitig sichere es Arbeitnehmer*innen<br />
faire Arbeitsbedingungen,<br />
wodurch sowohl Motivation als auch<br />
Produktivität steigen können. Zusätzlich<br />
würde das Gesetz die Tarifautonomie<br />
stärken, indem es die Bedeutung von<br />
Tarifver trägen und Gewerkschaften unterstreicht.<br />
Modernes Betriebsverfassungsgesetz<br />
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Kerstin Marx,<br />
Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Deutsche Telekom<br />
Ein weiteres zentrales Thema war die Anpassung<br />
des Betriebsverfassungsgesetzes<br />
an die modernen Anforderungen, insbesondere<br />
durch den zunehmenden Einsatz<br />
von Künstlicher Intelligenz (KI). Die Teilnehmer*innen<br />
betonten die Notwendigkeit,<br />
den Schutz und die Rechte der<br />
Arbeitnehmer*innen in einem digitalen<br />
Arbeitsumfeld zu sichern. Ein modernes<br />
Betriebsverfassungsgesetz sollte erweiterte<br />
Mitbestimmungsrechte beinhalten,<br />
damit Mitbestimmer*innen den Herausforderungen<br />
und Risiken der digitalen<br />
Transformation gerecht werden können<br />
– zum Beispiel mit Strategien für eine<br />
qualitative Personalplanung oder einen<br />
umfassenden Beschäftigtendatenschutz.<br />
Besonders im Fokus stehen dabei Datenschutz<br />
der Belegschaft und die Risiken<br />
der Verhaltens- und Leistungskontrolle<br />
durch KI-Systeme.<br />
„Nur durch erweiterte und damit gestärkte<br />
Mitbestimmungsrechte können wir<br />
faire und transparente Arbeitsbedingungen<br />
im digitalen Zeitalter gewährleisten“,<br />
sagt Kerstin Marx, Vorsitzende des Konzernbetriebsrats<br />
Deutsche Telekom AG.<br />
Politik, Mitbestimmungsorgane und Wirtschaft<br />
müssten eng zusammenarbeiten,<br />
um die Rechte der Arbeitnehmer*innen<br />
zu schützen und eine verantwortungsvolle<br />
Nutzung von KI zu gewährleisten.<br />
Diskussion mit der SPD-Parteiführung<br />
In dem anschließenden Treffen mit der<br />
SPD-Parteiführung wurden diese Themen<br />
weiter vertieft. Mit den beiden Parteivorsitzenden<br />
Saskia Esken und Lars Klingbeil<br />
sowie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert<br />
wurden die Herausforderungen durch Personalabbau<br />
und Offshore diskutiert. Der<br />
Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland<br />
bleibe eine große Herausforderung und<br />
gefährde den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland. Gleichzeitig äußerten die<br />
Betriebsräte ihre Sorgen über die Verlagerung<br />
attraktiver und zukunftssicherer<br />
Arbeitsplätze in Offshoring-Regionen. Besonders<br />
problematisch sei neben der Zerstörung<br />
qualifizierter Arbeitsplätze die<br />
Tatsache, dass die Offshoring-Regionen oft<br />
durch geringe oder fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
und rechtliche Rahmenbedingungen<br />
gekennzeichnet seien.<br />
Risiko Offshore<br />
Vor diesem Hintergrund wächst die<br />
Notwendigkeit, über die Gründung von<br />
Welt-Betriebsräten nachzudenken. Diese<br />
internationale Arbeitnehmervertretung<br />
könnte dazu beitragen, globale Standards<br />
für Arbeitsbedingungen und Rechte für<br />
Arbeitnehmer*innen durchzusetzen und<br />
den Herausforderungen und Ungerechtigkeiten<br />
des Offshorings entgegenzuwirken.<br />
Ein Welt-Betriebsrat könnte nicht<br />
nur die Mitbestimmung auf globaler Ebene<br />
stärken, sondern auch sicherstellen,<br />
dass Unternehmen ihre soziale Verantwortung<br />
weltweit wahrnähmen, eine<br />
Tarifflucht würde somit erschwert.<br />
Die Treffen des DAX-40-Gesprächskreises<br />
mit Bundesarbeitsminister Hubertus<br />
Heil werden fortgesetzt, um die aktuellen<br />
Herausforderungen zu bewältigen und in<br />
die Zukunft zu denken.<br />
Husam Azrak<br />
Kommunikation und<br />
Sprecher des<br />
Telekom-Konzernbetriebsrats<br />
Foto: KBR Telekom<br />
Foto: Mareen Fischinger
10<br />
BEAMT*INNEN-VERSORGUNG<br />
Foto: ©Юлия Завалишина – stock.adobe.com<br />
Versorgungsfreibetrag<br />
sinkt langsamer<br />
Frohe Kunde: Der Abbau des Versorgungsfreibetrags<br />
und des Zuschlags<br />
zum Versorgungsfreibetrag sinkt<br />
langsamer als ursprünglich geplant.<br />
Grund dafür ist das am 22.03.<strong>2024</strong><br />
beschlossene Wachstumschancengesetz.<br />
Statt bis 2040 wird der<br />
schrittweise Abbau der Steuerfreibeträge<br />
nun bis 2058 gestreckt.<br />
VON ANITA SCHÄTZLE<br />
Versorgungsbezüge sind in voller Höhe<br />
der Lohnbesteuerung unterworfen. Als<br />
Ausgleich wird der Versorgungsfreibetrag<br />
gewährt. Davon bleibt ein nach einem<br />
Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag<br />
begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag)<br />
steuerfrei (§ 19 Abs. 2 EStG).<br />
Kongruent zur stetigen Erhöhung der<br />
Besteuerung der Renten (Rentenreform<br />
2004: für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang<br />
um 1,0 Prozentpunkte höher)<br />
wird der den Pensionär*innen zustehende<br />
Versorgungsfreibetrag schrittweise abgeschmolzen.<br />
Der Versorgungsfreibetrag, 2005 noch<br />
40 Prozent der Versorgungsbezüge –<br />
höchstens 3000 Euro –, sollte seit 2020<br />
um jährlich 0,8 Prozentpunkte abgesenkt<br />
und bis 2040 auf null sein. Gleiches gilt<br />
für den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag.<br />
Dieser wird als Ausgleich für den<br />
seit 2005 weggefallenen Arbeitnehmerpauschbetrag<br />
für die Bezieher von Versorgungsbezügen<br />
gewährt. Der in 2005 gewährte<br />
Zuschlag in Höhe von 900 Euro<br />
wird seither ebenfalls stetig abgeschmolzen.<br />
Zeitliche Streckung nachgezeichnet<br />
Aufgrund des mit dem Wachstumschancengesetz<br />
umzusetzenden langsameren<br />
Anstiegs des Besteuerungsanteils<br />
der Renten aus der Basisversorgung wird<br />
diese Änderung im Bereich der Freibeträge<br />
für Versorgungsbezüge nachgezeichnet.<br />
Beginnend ab 2023 wird der Prozentwert<br />
zur Bemessung des Versorgungsfreibetrages<br />
nur noch um jährlich<br />
0,4 Prozentpunkte verringert. Somit sinkt<br />
der Versorgungsbeitrag um jährlich 30<br />
Euro und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag<br />
um jährlich neun Euro.<br />
Bei Versorgungsbeginn in <strong>2024</strong> beträgt<br />
der Versorgungsfreibetrag 13,6 Prozent,<br />
höchstens 1020 Euro, der Zuschlag<br />
zum Versorgungsfreibetrag 306 Euro. Bei<br />
Versorgungsbeginn in 2025 sind es 13,2<br />
Prozent, höchstens 990 Euro, und der<br />
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 297<br />
Euro. In den nachfolgenden Jahren bis<br />
2058 sollen beide dann auf null abgesenkt<br />
sein. Der im Jahr des Eintritts in den<br />
Ruhestand individuell geltende Versorgungsfreibetrag<br />
und der Zuschlag zum<br />
Versorgungsfreibetrag bleiben für die<br />
Gesamtdauer des Versorgungsbezugs<br />
gleich.<br />
Ab 2058 voll besteuert<br />
Die schrittweise steigende Besteuerung<br />
von Renten erfolgt seit 2023 um 0,5 Prozentpunkte.<br />
Für Renteneintritte in <strong>2024</strong><br />
sind 83 Prozent und in 2025 dann 83,5<br />
Prozent der Rente zu versteuern. Die Versteuerung<br />
zu 100 Prozent erfolgt ab dem<br />
Renteneintrittsjahr 2058. Auch für Rentner*innen<br />
bleibt der steuerfreie Anteil<br />
der Jahresbruttorente auf Dauer gleich.<br />
Kongruent mit der vollständigen Umsetzung<br />
der nachgelagerten Besteuerung<br />
im Bereich der Alterseinkünfte aus der<br />
Basisversorgung sind dann die Freibeträge<br />
für Versorgungsbezüge im Jahr 2058<br />
vollständig abgeschmolzen. Die Versorgungsbezüge<br />
sind somit ab 2058 als Einkünfte<br />
aus nichtselbstständiger Arbeit in<br />
voller Höhe zu versteuern.<br />
Anita Schätzle<br />
Gewerkschaftssekretärin<br />
i. R.<br />
Foto: Manfred Geneschen
11 <strong>KOMM</strong> 05/<strong>2024</strong><br />
BEAMT*INNEN<br />
Lücken füllen – Pension und<br />
Arbeit anpassen<br />
Viele Beschäftigte wollen oder können<br />
einfach nicht bis 67 Jahre arbeiten.<br />
Dafür gibt es unterschiedlichste<br />
Gründe. Zeitpunkt und Übergang in<br />
den Ruhestand müssen gut überlegt<br />
sein. Zwischen dem Einkommen<br />
im aktiven Beamtenverhältnis und<br />
dem Einkommen im Ruhestand<br />
klafft meist eine spürbare Lücke. Neben<br />
der Pension können Beamt*innen<br />
aber ihre finan zielle Grundlage<br />
verbessern, zum Beispiel mit einem<br />
Minijob. Das gilt auch für die Beamt*innen<br />
bei der Telekom.<br />
VON ANITA SCHÄTZLE<br />
Im Gegensatz zu den Änderungen für<br />
Rentner*innen gelten für Beamt*innen<br />
nach wie vor enge Hinzuverdienstgrenzen.<br />
Die gesetzlichen Regelungen dazu<br />
sind vielschichtig und die Fallkonstellationen<br />
zahlreich und komplex.<br />
Minijob<br />
Beamt*innen können Minijobs, auch<br />
mehrere gleichzeitig, ausüben; das Beamtenverhältnis<br />
ist keine (versicherungspflichtige)<br />
Hauptbeschäftigung. Der Gesamtverdienst<br />
aus allen Minijobs darf<br />
insgesamt 538 Euro im Monat nicht übersteigen<br />
(in 2023 520 Euro). Für die Beschäftigung<br />
gelten die gleichen Regelungen<br />
wie für alle anderen Minijobber.<br />
Der Pauschalbeitrag für die Krankenversicherung<br />
entfällt, sofern nicht in einer<br />
gesetzlichen Krankenkasse versichert. Bei<br />
der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht,<br />
von der sich auch Beamt*innen<br />
befreien lassen können. Das Einkommen<br />
muss versteuert werden.<br />
Neben einem Minijob mit Verdienstgrenze<br />
können Beamt*innen auch eine<br />
kurzfristige Beschäftigung ausüben. Die<br />
Zeitgrenze von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen<br />
im Kalenderjahr darf dabei<br />
nicht überschritten werden. Mit Blick auf<br />
Steuern und gegebenenfalls Sozialabgaben<br />
ist eine steuerrechtliche Beratung<br />
empfehlenswert. Da ist der ver.di-Lohnsteuerservice<br />
für ver.di-Mitglieder eine<br />
gute Adresse.<br />
Paradigmenwechsel und<br />
weniger Bürokratie<br />
Bei vorgezogenen Altersvollrenten ist die<br />
Hinzuverdienstgrenze seit dem 1. Januar<br />
2023 ersatzlos entfallen. Das Achte Gesetz<br />
zur Änderung des Vierten Buches<br />
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze<br />
(8. SGB IV-ÄndG) beinhaltet eine grundlegende<br />
Reform der Hinzuverdienstmöglichkeiten<br />
in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
bei vorgezogenen Altersrenten<br />
und Erwerbsminderungsrenten. Bei einem<br />
vorzeitigen Rentenbeginn ab 63 mit mindestens<br />
35 Beitragsjahren, dürfen künftig<br />
bis zu 46 060 Euro statt 6300 Euro im Jahr<br />
dazuverdient werden. Davon erhofft sich<br />
die Politik zusätzliche Arbeitsanreize und<br />
einen Beitrag zur Arbeits- und Fachkräftesicherung.<br />
Bei den Erwerbsminderungsrenten<br />
sind die Hinzuverdienstgrenzen<br />
deutlich angehoben. Die Regelungen zum<br />
zeitlichen Umfang für einen anrechnungsfreien<br />
Hinzuverdienst ändern sich dabei<br />
nicht (unter drei Stunden täglich bei voller,<br />
unter sechs Stunden bei teilweiser<br />
Erwerbsminderung).<br />
Die innergewerkschaftliche Debatte<br />
und Abstimmung bezüglich einer analogen<br />
gesetzlichen Regelung für die Beamt*innen<br />
des Bundes ist noch nicht<br />
abgeschlossen. ver.di bleibt am Ball.<br />
Foto: ©Andrii Zastrozhnov – stock.adobe.com<br />
TARIF- UND BESOLDUNGSRUNDE ÖD 2025<br />
Beschäftigtenbefragung gestartet<br />
Es ist wieder soweit: Im Januar<br />
2025 starten die Tarifverhandlungen<br />
für die rund<br />
2,5 Millionen Tarifbeschäftigten<br />
von Bund und Kommunen.<br />
Die Vorbereitungen<br />
zur Forderungsdiskussion<br />
sind gestartet und alle Mitglieder<br />
und Beschäftigten<br />
sind aufgefordert, sich zu<br />
beteiligen. Tariferfolge, wie<br />
ver.di sie im öffentlichen Dienst (ÖD) in<br />
den letzten Jahren durchsetzen konnte,<br />
wollen gut vorbereitet sein: Gute Tarifverträge<br />
fallen nicht vom Himmel.<br />
Gemeinsamer Einsatz<br />
Mit ihrer Beschäftigtenbefragung will<br />
ver.di wissen, was ihnen wichtig ist und<br />
Foto: ver.di<br />
für welche Forderung<br />
sie sich einsetzen<br />
möchten. Die Teilnahme<br />
an der Beschäftigtenbefragung<br />
steht in<br />
mehreren Sprachen zur<br />
Verfügung. Sie ist freiwillig<br />
und alle Angaben<br />
sind anonymisiert und<br />
werden entsprechend<br />
den deutschen und europäischen<br />
gesetzlichen Bestimmungen<br />
zum Datenschutz behandelt.<br />
Neben Mitgliederversammlungen in<br />
den Betrieben, Dienststellen und Bezirken<br />
sind die Ergebnisse dieser Befragung die<br />
Grundlage für den Forderungsbeschluss<br />
der ver.di-Bundestarifkommission. Am<br />
9. Oktober <strong>2024</strong> kommen deren gewählte<br />
Mitglieder zusammen, um die konkreten<br />
Forderungen für die Tarifrunde öffentlicher<br />
Dienst Bund/Kommunen 2025<br />
zu beschließen.<br />
Mitmachen – Mitentscheiden<br />
Jede Stimme zählt, insbesondere auch die<br />
der Bundesbeamt*innen. Dem üblichen<br />
Ablauf entspricht es, dass die Besoldungsrunde<br />
Bund der Tarifrunde ÖD/VKA unmittelbar<br />
folgt. Diese bildet die Grundlage<br />
für die ver.di-Forderung nach zeit- und<br />
wirkungsgleicher Übernahme von Tarifergebnissen<br />
auf die Bundesbeamt*innen<br />
und damit auch für die Beamt*innen bei<br />
der Deutschen Telekom. <br />
AS<br />
Link zur Befragung:<br />
https://kurzlinks.de/4c05
12<br />
JAV-WAHLEN<br />
Werde Teil der Jugend- und<br />
Auszubildendenvertretung (JAV)!<br />
Foto: Manfred Geneschen<br />
Hey du,<br />
es ist wieder soweit: Die Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />
(JAV) stehen an! Diese Wahlen sind<br />
nicht nur ein formaler Akt, sondern eine großartige<br />
Chance für dich, aktiv die Arbeits bedingungen und die<br />
Zukunft in deinem Betrieb mitzugestalten. Doch warum<br />
sind die JAV-Wahlen so wichtig und warum solltest gerade<br />
du dich zur Wahl aufstellen lassen?<br />
Warum sind die JAV-Wahlen wichtig?<br />
Die JAV ist die Stimme der jungen Beschäftigten, Auszubildenden<br />
und dual Studierenden im Betrieb. Sie vertritt<br />
deine Interessen gegenüber der Betriebs leitung und setzt<br />
sich für deine Rechte ein. Ob es um die Qualität der Ausbildung,<br />
die Übernahme nach der Ausbildung oder faire<br />
Arbeitszeiten geht – die JAV kämpft für dich und sorgt<br />
dafür, dass deine Anliegen gehört werden.<br />
Die JAV hat das Recht, bei allen Angelegenheiten, die<br />
Jugendliche und Auszubildende betreffen, mit zubestimmen.<br />
Das bedeutet, dass du durch die JAV direkten<br />
Einfluss auf Entscheidungen nehmen kannst, die den Arbeitsalltag<br />
von dir und deinen Kolleg*innen betreffen.<br />
Ohne eine starke JAV könnten viele Pro bleme und Missstände<br />
ungehört bleiben.<br />
Warum solltest du kandidieren?<br />
Mitbestimmung und Einfluss: Als Mitglied der JAV<br />
hast du die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung deines<br />
Arbeitsumfeldes mitzuwirken. Du kannst deine Ideen<br />
einbringen und Veränderungen anstoßen, die den Arbeitsalltag<br />
für dich und deine Kolleg*innen verbessern.<br />
Persönliche Weiterentwicklung: Die Arbeit in der JAV<br />
bietet dir die Chance, wertvolle Erfahrungen zu sammeln<br />
und deine Fähigkeiten in Bereichen wie Kommunikation,<br />
Verhandlung und Organisation zu stärken. Diese Erfahrungen<br />
sind nicht nur im Berufsleben von Vorteil, sondern<br />
auch eine Bereicherung für deine persönliche Entwicklung.<br />
Netzwerken: In der JAV arbeitest du eng mit dem Betriebsrat<br />
und anderen Gremien zusammen. Dadurch<br />
knüpfst du wertvolle Kontakte und baust dir ein Netzwerk<br />
auf, das dir auch in deiner weiteren Karriere nützlich sein<br />
kann. Nebenbei kannst du noch tolle Menschen kennenlernen<br />
und Freundschaften knüpfen.<br />
Gemeinschaft und Solidarität: Als JAV-Mitglied bist du<br />
Teil eines Teams, das sich gemeinsam für die Interessen<br />
der jungen Beschäftigten einsetzt. Du lernst, wie wichtig<br />
Solidarität und Zusammenhalt sind und wie viel man gemeinsam<br />
erreichen kann. #gemeinsamstark<br />
Wie kannst du kandidieren?<br />
Die Kandidatur für die JAV ist einfacher, als du vielleicht<br />
denkst. Kandidieren dürfen alle, die sich noch in der Berufsausbildung<br />
oder dem dualen Studium befinden sowie<br />
alle, die aktiv im Betrieb beschäftigt und jünger als 25<br />
Jahre sind (selbst wenn Ausbildung oder Studium schon<br />
vorbei sind). Informiere dich bei der aktuellen JAV oder<br />
dem Betriebsrat über die genauen Abläufe und Fristen. Sie<br />
stehen dir mit Rat und Tat zur Seite und unterstützen dich<br />
bei deiner Kandidatur.<br />
Fazit<br />
Die JAV-Wahlen sind eine wichtige Gelegenheit für dich,<br />
die Zukunft deines Betriebs aktiv mitzugestalten. Nutze<br />
diese Chance und stell dich zur Wahl! Deine Stimme zählt<br />
und gemeinsam können wir viel bewegen. Engagier dich,<br />
bring deine Ideen ein und sorge dafür, dass die Interessen<br />
der jungen Beschäftigten gehört werden. Werde Teil der<br />
JAV und mach den Unterschied!<br />
Die Zukunft liegt in deinen Händen –<br />
nutze die Möglichkeit und gestalte sie<br />
aktiv mit! Ich freue mich auf dich.<br />
Marta Müller<br />
Vorsitzende der Bundesjugend<br />
der ver.di-Fachgruppe IKT