UMWELT JOURNAL 2023-6
UMWELT JOURNAL Nr. 6/2023 mit den Themen: COVER: Energienetze - Themen: Green Energy Lab, ENERGIETAGE 2023, ECOMONDO 2023, E-World energy & water, FORUM VERKEHR, Regenwasser, Trinkwasser, Staatspreis Innovation, Österreichische Post, SMATRICS, ÖBB RailCargo, Energiebilanz Glasflaschen; Buch: Bau - The Real Deal; Ausbildungen, Seminare, Kongresse
UMWELT JOURNAL Nr. 6/2023 mit den Themen: COVER: Energienetze - Themen: Green Energy Lab, ENERGIETAGE 2023, ECOMONDO 2023, E-World energy & water, FORUM VERKEHR, Regenwasser, Trinkwasser, Staatspreis Innovation, Österreichische Post, SMATRICS, ÖBB RailCargo, Energiebilanz Glasflaschen; Buch: Bau - The Real Deal; Ausbildungen, Seminare, Kongresse
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ABS.: <strong>UMWELT</strong> <strong>JOURNAL</strong> | RUDOLF-KASSNER-GASSE 3 | 1190 WIEN | AUSTRIA<br />
EINZELAUSGABE: 8,00 €<br />
Heft 6/<strong>2023</strong><br />
Das Netz<br />
der Zukunft<br />
Energienetze<br />
Green Energy Lab<br />
Wasseraufbereitung<br />
Green Logistics
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S2<br />
INHALT<br />
6/<strong>2023</strong><br />
02 Inhalte<br />
03 Editorial, Stories<br />
04 Aktuelles<br />
06 Energie<br />
06 Green Energy Lab<br />
10 COVER<br />
12 APG: Milliardenpaket für den Netzausbau<br />
14 Wasser<br />
16 Regenwasser für den Garten<br />
20 Trinkwasser für eine ganze Region<br />
Kongress<br />
24 Energietage <strong>2023</strong>, Nachbericht<br />
26 ECOMONDO <strong>2023</strong>, Nachbericht<br />
30 E-World 2024, Rahmenprogramm<br />
32 Forum Verkehr 2024, Vorschau<br />
22 Messtechnik<br />
34 Staatspreis Innovation<br />
22 Green Logistics<br />
36 Österreichische Post: mehr Umsatz, mehr grün<br />
40 SMATRICS: Smart Charging-Ökosystem<br />
44 Schifffahrt: Ritter der Au<br />
22 Abfallwirtschaft<br />
49 Energiebilanz von Glasflaschen<br />
50 Ausbildungen, Seminare, Partner<br />
Bibliothek<br />
51 The Real Deal - Post-Fossil Construction ...<br />
06<br />
Energie<br />
Das Green Energy<br />
Lab ist eine Testregion<br />
für innovative<br />
Energielösungen mit<br />
rund fünf Millionen<br />
Endverbraucher:innen.<br />
Die Forschungsinitiative<br />
ist damit<br />
Österreichs größtes<br />
Innovationslabor<br />
für eine nachhaltige<br />
Energiezukunft.
12<br />
Energienetze<br />
Ausbau: Netzbetreiber APG legt<br />
ein Milliardenpaket auf den Tisch<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Werte Kunden!<br />
Wieder einmal ein Klimagipfel. In Dubai. Soso.<br />
Politik und Wirtschaft haben ein Stelldichein<br />
und es erweckt den Eindruck, dass es nur darum geht,<br />
wer an Maßnahmen zum Klimaschutz etwas verdienen<br />
will und wer dafür geschmiert wird. So werden wir die<br />
Klimakrise nicht geeignet bekämpfen können!<br />
16<br />
Abwasser<br />
Die Branche boomt, beim Neubau<br />
ebenso wie im Bestand. Werbung<br />
braucht das Thema nicht. Die zurückliegenden<br />
Jahre mit ihren langen<br />
Perioden ohne Niederschlag<br />
haben dafür gesorgt, dass Eigentümer<br />
von Grundstücken und Gebäuden<br />
Anlagen zur Nutzung des<br />
Regenwassers bestellen.<br />
36<br />
Green Logistics<br />
Die Österreichische Post AG setzt<br />
ihren wirtschaftlichen Erfolg auch<br />
im 3. Quartal des Geschäftsjahres<br />
<strong>2023</strong> fort. Und so ganz nebenbei<br />
wird der Logistikkonzern mit<br />
Hauptsitz in Wien auch zu einem<br />
durchaus nachhaltigen Unternehmen<br />
umgebaut.<br />
Es besteht ein Zwiespalt. Die einen sagen: Nur die<br />
Wirtschaft kann die Klimakrise lösen, denn sie hat die<br />
Mittel - sowohl das Kapital als auch die Lösungen. Die<br />
anderen sagen: Es braucht strenge Vorgaben seitens<br />
der Politik, an die sich vor allem die Wirtschaft halten<br />
wird müssen. Denn sie ist der größte Verursacher von<br />
Treibgasen und Emissionen aller Art.<br />
Tatsächlich braucht es einen intelligenten Mix<br />
an Maßnahmen. Nicht das Kapital kann den Weg<br />
vorgeben. Wo das hingeführt hat, sehen wir jedes<br />
Jahr umso mehr. Aber auch die Politik allein kann<br />
nicht bestimmend sein. Es muss die Gesellschaft<br />
insgesamt sein - also wir alle. Dazu braucht es<br />
mehr Bildung, mehr Aufklärung und ein stärkeres<br />
Bewusstsein in Richtung Nachhaltigkeit!<br />
Das <strong>UMWELT</strong> <strong>JOURNAL</strong> ist seit vielen Jahren ein<br />
Wegbegleiter der Nachhaltigkeit – auch beim Thema<br />
Energie. Wir zeigen regelmäßig auf, wer nachhaltig<br />
arbeitet, welche Modelle angewendet werden und<br />
welche Arbeitsweisen langfristig sinnvoll sind.<br />
In diesem Sinne bedanke ich mich für <strong>2023</strong> - bei<br />
unseren Kunden und bei unseren Lesern, online wie<br />
auch offline. Bleiben Sie uns gewogen.<br />
Viel Lesevergnügen,<br />
Ihr Peter R. Nestler<br />
Herausgeber
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S4<br />
NEWS<br />
Management säumig bei der Integration von ESG-Faktoren<br />
Die Studie „Treibt Nachhaltigkeit Innovation“, die in Zusammenarbeit<br />
mit TLGG, Exxeta, der SINE Foundation und Peter Borchers<br />
(ESCP Business School, pbo.vc) umgesetzt und durch das Markforschungsinstitut<br />
Statista durchgeführt wurde, beleuchtet das<br />
Engagement deutscher Unternehmen in Bezug auf die ESG-Faktoren,<br />
also im Hinblick auf die Umwelt (Environment), soziale Gerechtigkeit<br />
(Social) und Unternehmensführung (Governance). Befragt<br />
wurden mehr als 150 Personen, aus C-Level-Positionen und<br />
Führungskräfte sowie ESG-Verantwortliche aus dem Mittelstand<br />
und Konzernen. Anlass der Studie ist die 2024 in Kraft tretende<br />
CSRD-Pflicht, wodurch bis 2029 die Zahl der berichtspflichtigen<br />
Unternehmen in Deutschland von 500 auf etwa 15.000 steigen<br />
wird. Auf EU-Ebene sind sogar 50.000 Unternehmen von der neuen<br />
Gesetzesänderungen betroffen.<br />
Bis zum Jahr 2029 wird<br />
die Zahl der ESG-berichtspflichtigen<br />
Unternehmen<br />
in Deutschland<br />
von derzeit 500 auf<br />
voraussichtlich 15.000<br />
steigen.<br />
Ein Großteil der Führungskräfte<br />
(88 Prozent)<br />
sieht sich gut vorbereitet<br />
auf ESG-Reportings<br />
und findet ESG-Faktoren<br />
wichtig (83 Prozent),<br />
jedoch geben nur 17<br />
Prozent an, dass ESG-<br />
Kriterien aktuell bereits eine tragende Rolle in der Geschäftsstrategie<br />
spielen<br />
Die Studie zeigt, dass 83 Prozent der Führungskräfte das Erfüllen<br />
von ESG-Kriterien zwar als strategisch wichtig erachten. Dennoch<br />
geben nur 17 Prozent an, dass diese Faktoren bereits eine tragende<br />
Rolle in der Geschäftsstrategie spielen. Diese Ergebnisse unterstreichen<br />
das steigende Bewusstsein deutscher Unternehmen<br />
für die Bedeutung von Nachhaltigkeit, aber auch den bestehenden<br />
Handlungsbedarf. Gleichzeitig gibt der Großteil der Führungskräfte<br />
(88 Prozent) an, sich gut auf die sich ändernden ESG-Reportings<br />
vorbereitet zu fühlen.<br />
ESG-Kriterien entlang der Lieferkette erfüllen und<br />
Geschäftsmodelle nachhaltig gestalten<br />
Laut der Studie spielen die Lieferketten eine zentrale Rolle bei der<br />
Erfüllung der ESG-Kriterien. Acht von zehn Befragten geben an, aktiv<br />
den Austausch hinsichtlich der Erfüllung der ESG entlang der<br />
Wertschöpfungskette mit ihren Lieferanten zu pflegen oder dies zu<br />
planen. Derzeit gibt es dort noch blinde Flecken: Fast 25 % der Befragten<br />
kennen nicht einmal das Produktionsland ihrer Zulieferer.<br />
Auch die Bedeutung innovativer technologischer Lösungen und<br />
digitaler Wertschöpfungsketten wird durch die Studie betont: 87<br />
Prozent der Befragten sehen das Potenzial digitaler Lösungen,<br />
um Umweltauswirkungen zu reduzieren, Kosten zu senken und<br />
die Produktqualität zu verbessern. Geschäftsmodelle, die auf<br />
Nachhaltigkeit abzielen, wie Closed-Loop-Systeme und Second<br />
Use Retail, gewinnen an Bedeutung und erschließen neue Wertschöpfungspotenziale:<br />
69 Prozent der Befragten geben an, Closed-Loop-Systeme,<br />
also die Rückgabe von genutzten Komponenten<br />
an den Zulieferbetrieb, im eigenen Unternehmen etablieren zu<br />
wollen. 56 Prozent haben sich bereits aktiv mit der Dynamik von<br />
verifizierten Second-Hand-Märkten auseinandergesetzt.<br />
Die digitale Transformation der Lieferkette rückt ebenfalls stärker<br />
in den Fokus: Ganze 46<br />
Prozent der Entscheidungstragenden<br />
planen<br />
eine digitalisierte Lieferkette.<br />
Obwohl bereits<br />
57 Prozent der Nachhaltigkeitsinitiativen<br />
in<br />
den befragten Unternehmen<br />
stark oder sehr<br />
stark digitalisiert sind,<br />
erweist sich der damit<br />
verbundene Datenaustausch<br />
als komplex. Nur<br />
16 Prozent der Befragten<br />
geben an, dass es<br />
keine oder nur geringe<br />
Probleme bereitet,<br />
Daten von ihren Lieferant:innen zu erhalten. Diese Herausforderungen<br />
sind unter anderem auf fehlende übergreifende Standards<br />
und eine segmentierte IT-Landschaft zurückzuführen.<br />
Inspiration vom Startup-Markt<br />
Bei der effizienten Umsetzung der ESG-Kriterien können Start-ups<br />
Unternehmen unterstützen. So geben 42 Prozent der Befragten<br />
an, bereits heute in diesem Bereich mit Start-ups zusammenzuarbeiten<br />
oder Start-up-Lösungen zu nutzen. Immerhin rund ein<br />
Drittel (34 Prozent) der befragten Unternehmen, die heute noch<br />
nicht mit Start-ups zusammenarbeiten, planen eine zukünftige Kooperation.<br />
Dies entspricht rund 20 Prozent aller Befragten.<br />
Kevin Krüger, Head of Growth bei TLGG: „Nachhaltigkeit ist nicht<br />
länger eine Wahl, sondern eine treibende Kraft für Innovation<br />
und den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen im<br />
DACH-Raum. Unsere Studie bietet erste Ansatzpunkte wie der<br />
Übergang zu nachhaltigen Geschäftsmodellen gelingen kann.“<br />
Die kompletten Studienergebnisse stehen hier zum Abruf bereit:<br />
http://pathfinder-study.com/
Schlund neu bei Fraunhofer<br />
bezahlte Anzeige<br />
Mit 1. Dezember <strong>2023</strong> trat Fraunhofer Austria-Mitbegründer<br />
und langjähriger Geschäftsführer Wilfried Sihn die Pension an.<br />
Auf ihn folgt Sebastian Schlund, der nun gemeinsam mit Dieter<br />
Fellner die Geschäftsführung innehat.<br />
2008 wurde die Fraunhofer Austria Research GmbH als erste<br />
unabhängige europäische Auslandsgesellschaft der Fraunhofer-Gesellschaft<br />
gegründet. Gründer waren Wilfried Sihn, Professor<br />
an der TU Wien, und Dieter W. Fellner, Professor an der<br />
TU Darmstadt. Mit 1. 12. <strong>2023</strong> tritt Sebastian Schlund, Professor<br />
an der TU Wien, die Nachfolge von Wilfried Sihn an. Er wird den<br />
Forschungs-Fokus insbesondere auf die Twin Transition industrieller<br />
Wertschöpfung legen – also die Digitalisierung und nachhaltige<br />
Gestaltung von Unternehmen zugleich vorantreiben.<br />
Eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen heute<br />
ist die Transformation der Industrie hin zu einer nachhaltigen<br />
Produktionsweise unter der gleichzeitigen Beibehaltung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich. Dies erfordert<br />
fundamentale Veränderungen heutiger Produktions- und<br />
Logistikprozesse und Mut zu Innovationen auf dem Weg dorthin.<br />
So steht Positive Impact Production als eines der zentralen<br />
Leuchtturmthemen, denen sich Fraunhofer Austria unter Sebastian<br />
Schlund widmen wird, für zukunftsfeste Produktionssysteme,<br />
die im Sinne der Nachhaltigkeit nicht einfach nur klimaneutral<br />
sind, sondern die eine positive Auswirkung auf Wirtschaft,<br />
Umwelt und Gesellschaft haben. Eine entscheidende Rolle<br />
spielen dabei Digitalisierung und Automatisierung, deren Umsetzung<br />
seit jeher ein Schwerpunkt von Fraunhofer Austria ist.<br />
„Mein Ziel für Fraunhofer Austria ist es, die inhaltliche Exzellenz<br />
in Forschung und Anwendung zu erhalten und zu verstärken,<br />
sodass wir in unseren Themen Ansprechpartner Nummer eins<br />
in Österreich bleiben“, beschreibt Sebastian Schlund die zukünftige<br />
Entwicklung. Auch in Zukunft soll Fraunhofer Austria<br />
so nah an der Industrie bleiben wie bisher. Stärken und Kompetenzen<br />
der vier Standorte sollen besser und integrierter genutzt<br />
werden und auch internationale Vernetzung, vor allem innerhalb<br />
der EU, werde eine noch größere Rolle spielen.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S7<br />
ENERGIE<br />
Österreichs größtes Innovationslabor<br />
für eine nachhaltige Energiezukunft<br />
Innovation map<br />
60<br />
Projekte befinden sich im<br />
Portfolio von Green Energy Lab.<br />
Grafik © Green Energy Lab<br />
Das Green Energy Lab ist eine Testregion für innovative<br />
Energielösungen mit rund fünf Millionen Endverbraucher:innen.<br />
Die Forschungsinitiative ist damit Österreichs<br />
größtes Innovationslabor für eine nachhaltige Energiezukunft.<br />
Ziel der Europäische Union ist es, bis zum Jahr 2050 klimaneutral<br />
zu werden. Dies bedeutet, dass es keine Netto-Emissionen<br />
von Kohlendioxyd (CO2) mehr geben darf. Österreich hat sich<br />
sogar noch ehrgeizigere Ziele gesteckt und peilt die Klimaneutralität<br />
bereits im Jahr 2040 an.<br />
Kohlendioxyd entsteht vor allem bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen,<br />
also insbesondere durch Erdölprodukte, Kohle<br />
und Erdgas. Aktuell sind die Energiesysteme noch in hohem<br />
Maße von diesen fossilen Energieträgern abhängig. Will man die<br />
CO2-Emissionen senken, muss folglich auch die Energieerzeugung<br />
auf nachhaltige Energiequellen umgestellt werden.<br />
Forschung für die Energiewende<br />
Die Dekarbonisierung der Energieversorgung – also die Abkehr<br />
von Kohle, Erdöl und Erdgas – ist eine Jahrhundertaufgabe.<br />
Dazu bedarf es einerseits der Erschließung und des Ausbaus erneuerbarer<br />
Energien, wie etwa Sonnenenergie und Windkraft.<br />
Andererseits müssen diese Energieerzeuger auch sinnvoll in<br />
das Gesamtsystem integriert werden. Das ist eine große Herausforderung,<br />
denn erneuerbare Energieträger sind äußerst volatil:<br />
nicht immer bläst der Wind und auch die Sonneneinstrahlung<br />
schwankt. Im Sommer steht mehr Energie zur Verfügung, als benötigt<br />
wird, im Winter hingegen steigt der Verbrauch aufgrund<br />
des Heizwärmebedarfs an.<br />
Im Green Energy Lab werden deshalb neue Lösungen für eine<br />
nachhaltige Energieversorgung entwickelt und direkt im Netz<br />
getestet. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Integration erneuerbarer<br />
Energiequellen in bestehende Energienetze, insbesondere<br />
im Bereich Strom und Fernwärme.<br />
Wachsende Bedeutung gewinnt auch der Themenbereich „Upgrading<br />
Buildings“ mit der Entwicklung nachhaltiger Lösungen<br />
für den Gebäudesektor, der insgesamt einer der größten Energieverbraucher<br />
ist.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S8<br />
ENERGIE<br />
Innovative Ansätze<br />
Wie können Abwärmequellen, etwa aus Industrieprozessen oder<br />
dem Abwasser, für die Fernwärme genutzt werden? Wie lassen<br />
sich unterirdische Thermalwasservorkommen zur saisonalen Speicherung<br />
von Energie für das Wärmenetz nutzen? Könnten die<br />
gebündelten Akkukapazitäten von E-Fahrzeugen das Stromnetz<br />
stabilisieren und Fahrzeugbetreiber damit vielleicht sogar Geld verdienen?<br />
Und wie kann mit der Digitalisierung des Stromnetzes eine<br />
intelligente Lastverteilung im Zusammenspiel mit schwankenden<br />
Energiemengen aus Wind- und Solarkraftwerken gelingen?<br />
Genau solche Fragestellungen und Ideen werden im Green Energy<br />
Lab erforscht und die entsprechenden Technologien praktisch<br />
erprobt. Die Forschungspartner profitieren dabei vom gemeinsamen<br />
Engagement der Energieunternehmen Wien Energie, EVN,<br />
Burgenland Energie und Energie Steiermark, die zusammen die<br />
Energieversorgung von mehr als fünf Millionen Endverbraucher:innen<br />
sicherstellen. Sie haben gemeinsam die Forschungsinitiative<br />
Green Energy Lab gegründet, eine Vorzeigeregion die mehr als<br />
die Hälfte des österreichischen Energiemarkts umfasst. Damit<br />
ist das Green Energy Lab Österreichs größtes Innovationslabor.<br />
Neue technologische Lösungen können unter realen Bedingungen<br />
getestet und bei Bedarf auch rasch in großem Maßstab umgesetzt<br />
werden. „Das Green Energy Lab steht für Innovation durch<br />
Kooperation – unsere lebendigen Netzwerke und aktiven Partner<br />
finde ich als wichtige Zutat zum Gelingen der Energiewende“, sagt<br />
Mathias Schaffer, Vorstandssprecher des Green Energy Lab.<br />
Gemeinsames Engagement für die Energiewende<br />
Bei der letzten Generalversammlung des Green Energy Labs bekräftigten<br />
die Energieversorgungsunternehmen Wien Energie, EVN,<br />
Burgenland Energie und Energie Steiermark ihr Engagement für eine<br />
nachhaltige Energiezukunf. EVN Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz<br />
freute sich, weiterhin Teil von Österreichs größtem Innovationslabor<br />
zu sein: „Auf dem Weg in eine erneuerbare Energiezukunft<br />
müssen wir die Kräfte bündeln.“ Das betonte auch Michael Strebl,<br />
Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung: „Den Herausforderungen<br />
der Energiewende aktiv in einem großen Zusammenschluss<br />
mit innovativen Ideen aus der Praxis zu begegnen, ist ein wichtiger<br />
gemeinsamer Schritt in Richtung nachhaltige Energiezukunft“.<br />
STEFAN SZYSZKOWITZ<br />
VORSTANDSSPRECHER<br />
EVN<br />
MICHAEL STREBL<br />
VORSITZENDER DER<br />
WIEN ENERGIE<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG<br />
„Auf dem Weg in<br />
eine erneuerbare<br />
Energiezukunft müssen<br />
wir unsere Kräfte<br />
bündeln.“<br />
„Den Herausforderungen<br />
der Energiewende<br />
aktiv in<br />
einem großen Zusammenschluss<br />
mit innovativen<br />
Ideen aus der<br />
Praxis zu begegnen,<br />
ist ein wichtiger gemeinsamer<br />
Schritt in<br />
Richtung nachhaltige<br />
Energiezukunft.“<br />
Dabei geht es im Green Energy Lab nicht nur um abstrakte<br />
Grundlagenforschung, sondern vor allem um die praktische Anwendung<br />
und Integration neuer Lösungen in bestehende Energienetze.<br />
„Es ist wichtig, dass unsere entwickelten Innovationen<br />
nicht im ‚Labor‘ stecken bleiben und in den Markt zu den Kunden<br />
kommen. Daher setzen wir einen großen Schwerpunkt auf die<br />
Marktintegration unserer Projekte“, erklärt Stephan Sharma, Vorstandsvorsitzender<br />
der Burgenland Energie.<br />
Bild © EVN / Wurnig<br />
Bild © Wien Energie / Martina Draper<br />
Bild © Stephanie Weinhappel / Green Energy Lab<br />
MATHIAS SCHAFFER<br />
VORSTANDSSPRECHER<br />
GREEN ENERGY LAB<br />
„Das Green Energy<br />
Lab steht für Innovation<br />
durch Kooperation<br />
– unsere lebendigen<br />
Netzwerke und<br />
aktiven Partner finde<br />
ich als wichtige Zutat<br />
zum Gelingen der<br />
Energiewende.“<br />
Durch die Bündelung von Synergien in der Forschung kann die<br />
Energiewende sogar noch schneller vorangetrieben werden Auf<br />
diese Weise kann die Energieversorgung der Zukunft auch noch<br />
ökologischer gestaltet werden.<br />
„Nur mit vereinten Kräften kann es gelingen, das nötige Innovationspotenzial<br />
zu mobilisieren, um neu entwickelte Technologien<br />
so rasch wie möglich zur Marktreife zu bringen, damit sie einen<br />
substanziellen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energiesektors<br />
leisten können. Dies ist das primäre Ziel unserer gemeinsamen<br />
Initiative“, erklärte Christian Purrer, Vorstandssprecher der Energie<br />
Steiermark.
Bild © Burgenland Energie / Roman Zach-Kiesling<br />
STEPHAN SHARMA<br />
VORSTANDSVORSITZENDER<br />
BURGENLAND ENERGIE<br />
„Es ist wichtig, dass<br />
unsere entwickelten<br />
Innovationen nicht im<br />
‚Labor‘ stecken bleiben<br />
und in den Markt<br />
zu den Kunden kommen.<br />
Daher setzen wir<br />
einen großen Schwerpunkt<br />
auf die Marktintegration<br />
unserer<br />
Projekte.“<br />
Wärme aus dem Abwasser<br />
Bild © Abwasserverband Gleisdorfer Becken<br />
Bild © Energie Steiermark<br />
CHRISTIAN PURRER<br />
VORSTANDSSPRECHER<br />
ENERGIE STEIERMARK<br />
ÜBER DAS GREEN ENERGY LAB<br />
„Nur mit vereinten<br />
Kräften kann es<br />
gelingen, das nötige<br />
Innovationspotenzial<br />
zu mobilisieren,<br />
um neu entwickelte<br />
Technologien so<br />
rasch wie möglich zur<br />
Marktreife zu bringen,<br />
damit sie einen<br />
substanziellen Beitrag<br />
zur Dekarbonisierung<br />
des Energiesektors<br />
leisten können.“<br />
Green Energy Lab ist eine Forschungsinitiative für nachhaltige<br />
Energielösungen und Teil der österreichischen Innovationsoffensive<br />
„Vorzeigeregion Energie“ des Klima- und<br />
Energiefonds. 360 teilnehmende Partner aus Forschung,<br />
Wirtschaft und der öffentlichen Hand entwickeln gemeinsam<br />
mit den Landesenergieversorgern Wien Energie, EVN, Burgenland<br />
Energie und Energie Steiermark bedarfsorientierte,<br />
skalierbare Lösungen – vom Prototyp bis zur Marktreife. In<br />
rund 60 innovativen Projekten werden neue technologische<br />
Lösungen für eine nachhaltige Energiezukunft entwickelt<br />
und erprobt. Bis 2025 werden dabei über 150 Mio. Euro<br />
investiert.<br />
www.greenenergylab.at<br />
In der Kläranlage Gleisdorf werden täglich sechs Millionen Liter<br />
Abwasser gereinigt und mit einer durchschnittlichen Temperatur<br />
von 15° Celsius in die Raab eingeleitet. Im Rahmen der Forschungsinitiative<br />
Green Energy Lab wurde im Projekt ThermaFLEX<br />
das energetische Potenzial dieses Abwassers für die Fernwärme<br />
nutzbar gemacht. Nach der Kläranlage wird ein Teilstrom des gereinigten<br />
Abwassers entnommen und dient als Energiequelle für<br />
eine Wärmepumpe mit einer Leistung von 800 kW. Angetrieben<br />
mit erneuerbarem Strom kühlt diese Wärmepumpe das Abwasser<br />
und entzieht ihm dabei Wärmeenergie, die mit einem Temperaturniveau<br />
von 85 Grad in das regionale Fernwärmenetz eingespeist<br />
wird. Das Konzept liefert rund 4.320 Megawattstunden thermische<br />
Energie pro Jahr, versorgt damit über 330 Haushalte und<br />
spart somit über 1.000 Tonnen CO 2 ein.<br />
Im zweiten Anwendungsfall von ThermaFLEX in Wien erfolgt die<br />
Nutzung der Wärmeenergie aus dem Abwasser bereits vor der<br />
Kläranlage in der Kanalisation. In der Unternehmenszentrale von<br />
Wien Kanal in Wien-Blumental kommt dafür eine Kombination aus<br />
Wärmetauscher- und Wärmepumpensystemen zum Einsatz. Mit<br />
maximal 450 kW für Heizung und Warmwassererzeugung sowie<br />
maximal 500 kW für die Kühlung wird eine nachhaltige Energieversorgung<br />
des Gebäudes sichergestellt. Die Wärmetauscherelemente<br />
wurden in einen bestehenden Abwasserkanalstrang über<br />
eine Länge von 80 m integriert.<br />
Allein in Österreich gibt es tausende Kanalisationseinheiten und<br />
hunderte Kläranlagen unterschiedlicher Größe. Die in ThermaFLEX<br />
entwickelten Lösungen zur thermischen Nutzung von Abwasser<br />
haben somit ein hohes Multiplikationspotenzial in vielen österreichischen<br />
aber auch europäischen Städten und Regionen sowie Industriebereichen.<br />
„Aktuell könnten in Österreich bis zu 24 Prozent,<br />
davon insgesamt 10 bis 14 % durch Nutzung vor der Kläranlage und<br />
6 bis 10 % nach der Kläranlage, der Gebäude mit dieser Technologie<br />
umweltfreundlich beheizt werden“, schätzt ThermaFLEX- Projektleiter<br />
Joachim Kelz von AEE INTEC. Die Nutzung von Abwasser<br />
könnte somit einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des<br />
Wärmesektors leisten und damit zur Energiewende beitragen.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S10<br />
ENERGIE<br />
Flexibilisierung als Schlüssel<br />
zum Erfolg in der Energiewende<br />
Erneuerbare Energieträger wie Wind und Sonne sind äußerst volatil – die Flexibilität<br />
der Energienetze ist daher auch wesentlich für den Erfolg der Energiewende.<br />
Für den Erfolg der Energiewende braucht es Lösungen, um<br />
Energie lokal zu verbrauchen, flexibel zu speichern oder<br />
durch Kopplung unterschiedlicher Energiesektoren so effizient<br />
wie möglich zu nutzen. Mit diesen Herausforderungen beschäftigt<br />
sich die angewandte Forschung im Green Energy Lab. Ziel des<br />
Innovationslabors ist die Entwicklung von Musterlösungen, die als<br />
Blaupause für eine großflächige Umsetzung dienen können und so<br />
zur Ökologisierung des gesamten Energiesystems beitragen.<br />
In einem Energiesystem – sei es nun das Stromnetz oder ein Fernwärmesystem<br />
– müssen die verfügbare Energie und der Verbrauch<br />
stets im Gleichgewicht sein. Hierzu sind entsprechende Steuerungsprozesse<br />
nötig. In klassischen Systemen mit fossilen Energieträgern<br />
wird im Falle erhöhten Energieverbrauchs – vereinfacht<br />
gesprochen – das Feuer im Kessel angefacht, um den Bedarf zu<br />
decken. Wind und Sonne lassen sich aber nicht einfach per Knopfdruck<br />
ein und ausschalten und es kommt erzeugerseitig zu erheblichen<br />
Schwankungen: Bei gleichzeitigem Sonnenschein und starkem<br />
Wind ist mit Produktionsüberschüssen zu rechnen. Bei Windstille<br />
und starker Bewölkung sinkt die Erzeugung hingegen signifikant<br />
und es kommt in Folge zu einem Mangel an Energie im System.<br />
Diese wechselnden Zustände von Energieüberschuss und Mangel<br />
gilt es flexibel auszugleichen, damit das Netz insgesamt stabil bleibt.<br />
„Green the Flex“ entwickelt als Kooperationsprojekt von Green<br />
Energy Lab innovative Ansätze zur Steigerung der Flexibilität.<br />
Die Idee ist dabei, den Stromverbrauch<br />
von Haushalten in Zeiten zu verschieben,<br />
in denen ausreichend Ökostrom<br />
zur Verfügung steht. Im Fokus liegen<br />
die typischen Großverbraucher eines<br />
Haushaltes wie zum Beispiel Warmwasserboiler,<br />
Wärmepumpe, Batteriespeicher<br />
oder E-Auto. Wird eine große<br />
Anzahl von Haushalten eingebunden,<br />
so kann rasch Energie in der Größenordnung<br />
eines Kraftwerks eingespart<br />
und damit das Netz gezielt entlastet<br />
werden. Bis 2025 ist deshalb geplant,<br />
im Rahmen von „Green the Flex“ rund<br />
3.000 Haushalte in Schwarmspeichern<br />
zu bündeln.<br />
Ähnliche Ziele verfolgen auch die Green Energy Lab-Projekte Car2Flex<br />
und GAMES, bei denen vor allem die Elektromobilität im Fokus ist.<br />
Car2Flex erprobt, wie sich durch bidirektionales Laden die Batterien<br />
von Elektrofahrzeugen als flexible Energiespeicher für das Stromnetz<br />
nutzen lassen. Das Projekt GAMES geht wiederum der Frage nach,<br />
wie die Digitalisierung E-Flotten in die Lage versetzen kann, sowohl<br />
Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen als auch gleichzeitig neue Erlöse<br />
durch die Bereitstellung von Flexibilitätsdiensten zu schaffen, indem<br />
sie die Kapazitäten ihrer Fahrzeugbatterien für das Netz zur Verfügung<br />
stellen. Anhand digitaler Daten wird GAMES die Kompatibilität<br />
von gemeinsam genutzten E-Fahrzeugflotten mit dem Energiemarkt<br />
bewerten und den Mehrwert, der aus der Koppelung der Sektoren Mobilität<br />
und Strom entsteht, evaluieren.<br />
Kopplung von Windkraft und Fernwärme<br />
Das Projekt „Hybrid District Heating“ befasst sich mit der Kopplung<br />
von Windkraftanlagen mit Fernwärmenetzen. In der Region<br />
Parndorf, einer der windreichsten Binnenregionen Europas, transportiert<br />
eine Direktleitung nicht wirtschaftlich nutzbare Stromüberschüsse<br />
aus dem Windpark zum nahegelegenen Heizwerk in Neusiedl<br />
am See. Dort wird der Strom mittels einer Großwärmepumpe<br />
in thermische Energie umgewandelt und in das regionale Fernwärmenetz<br />
eingespeist oder in dezentralen Heißwasserspeichern gepuffert.<br />
Zuletzt wurde die Anlage um einen Elektrolyseur erweitert,<br />
wodurch Stromüberschüsse auch in Wasserstoff umgewandelt und<br />
somit gespeichert werden können.<br />
Bild © Keitma – stock.adobe.com
Die neuen SE/SL-<br />
Abwasserpumpen der<br />
Baugröße 56 von Grundfos<br />
Transforming water, together<br />
Höchste Betriebssicherheit und Energieeffizienz<br />
Die ständig wechselnden Bedingungen in Abwassernetzen und die kontinuierliche Notwendigkeit,<br />
die Betriebskosten zu senken und Energie einzusparen, führen zu einer steigenden Nachfrage nach<br />
betriebssicheren und energieeffizienten Abwasserpumpenlösungen.<br />
Die neuen SE/SL-Pumpen der Baugröße 56 wurden mit dem Ziel entwickelt, auch die schwierigsten<br />
Bedingungen mit großen Mengen Fasern, Textilresten und Feststoffen zu bewältigen. Sie sind<br />
ausgestattet mit dem innovativen und selbstreinigenden Open S-tube® Laufrad und hocheffizienten IE4-<br />
Motorkomponenten. Zudem wurden sie in Laboren und in der Praxis unter echten Betriebsbedingungen<br />
getestet, sodass die neue und erweiterte Abwasserpumpenbaureihe höchste Betriebssicherheit und einen<br />
marktführenden Gesamtwirkungsgrad bietet.<br />
grundfos.at
<strong>UMWELT</strong>journal 2/<strong>2023</strong> 6/<strong>2023</strong> | S12<br />
Energienetze<br />
Österreichs Energiewende<br />
auf der Überholspur<br />
Ein 9 Mrd. Euro schweres Investitionsprogramm liegt nun seitens des österreichischen Netzbetreibers<br />
Austrian Power Grid (APG) auf dem Tisch. Dessen Wirksamkeit ist aber von den gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
abhängig. Als zentraler Akteur der Energiewirtschaft ebnet die APG mit ihrer Strominfrastruktur<br />
den Weg für die versorgungssichere Energiewende Österreichs. Dies ist die Voraussetzung,<br />
um die Klima- und Energieziele des Landes auch erreichen zu können.<br />
Österreichs Energieziele wurden durch die<br />
amtierende Bundesregierung klar festgelegt:<br />
Bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch<br />
Österreichs von rund 80 TWh aus erneuerbaren<br />
Energien stammen bzw. die gesamte<br />
erneuerbare, installierte Leistung von rund 36.000<br />
MW managebar sein. Bis 2040 gilt es Österreich<br />
klimaneutral zu machen. „Die Erreichung der Ziele<br />
ist eine Mammutaufgabe, bei der es neben der Dekarbonisierung<br />
der Erzeugung auch die Transformation<br />
des Gesamtsystems versorgungssicher zu<br />
managen gilt. Damit diese gelingt müssen erneuerbare<br />
Anlagen und das überregionale Stromnetz<br />
im Rahmen einer Gesamtsystemplanung inklusive<br />
Speicherstrategie koordiniert ausgebaut werden“,<br />
sagt Gerhard Christiner, Vorstand von Austrian Power<br />
Grid (APG, siehe Bilder).<br />
Aktueller Befund:<br />
Stromsystem ist am Anschlag<br />
Das Bestandsnetz der APG sowie die aktuellen<br />
gesetzlichen bzw. energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
sind diesen Anforderungen<br />
nicht gewachsen. Fehlende Anschlusskapazitäten<br />
für die erneuerbaren Energien, stetig steigender<br />
Redispatchbedarf (<strong>2023</strong>: 125 Mio. € im<br />
Vergleich zu 94 Mio. € im Gesamtjahr 2022),<br />
spürbare Strompreisdifferenz zwischen Österreich<br />
und dem benachbarten Ausland (rd. € 26/<br />
MWh 2022 mit einem volkswirtschaftlichen Schaden<br />
von rd. €2 Mrd. €), fallweise notwendiges<br />
Abriegeln von Wasserkraft- oder Windkraftwerken<br />
zur Vermeidung von Netzüberlastungen, viel<br />
zu lange Genehmigungsverfahren, mangelhafte<br />
digitale Vernetzung der Akteure des Energiesystems<br />
sowie das Fehlen einer abgestimmten<br />
Gesamtsystemplanung inkl. einer Speicherstrategie<br />
seien hierfür beispielhaft angeführt.<br />
9 Mrd. € schweres APG-Zukunftsnetz:<br />
Schlüssel für versorgungssichere Energiewende<br />
Im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Netzplanung hat APG die aktuellen Defizite analysiert,<br />
die hohen Anforderungen an das APG-<br />
Netz eingearbeitet und die notwendigen Investitionsprojekte<br />
– als Weiterentwicklung unserer<br />
Bestandsinvestitionen – geplant. Bis 2034 wird<br />
mit diesem 9 Mrd. € schweren Investitionsprogramm<br />
die Trafokapazität auf 57.000 MVA nahezu<br />
verdoppelt, die Anzahl der Umspannwerke<br />
um rd. 39 Prozent auf 90 bzw. der Trafos um<br />
rd. 74 Prozent auf 165 erhöht, es erfolgt eine<br />
gesamtsystemische Verstärkung der West-Ost-<br />
Achse durch den Neubau, die Umstellung oder<br />
die Verstärkung von rd. 500 km 380-kV bzw. rd.<br />
400 km 220-kV an Stromleitungen. Damit wird<br />
die Basis geschaffen, die rd. 500.000 Produktionsanlagen<br />
physikalisch und digital managebar<br />
zu machen.<br />
Zusätzlich zu den aktuell bereits in Verfahren<br />
befindlichen Projekten wie u.a. das Projekt sichere<br />
Stromversorgung Zentralraum Oberösterreich,<br />
die Salzburg- bzw. Deutschlandleitung<br />
kommen der Netzraum Kärnten bzw. der Projektcluster<br />
Österreich Ost als Schlüsselprojekte<br />
hinzu. „Mit diesem Investitionsprogramm geben<br />
wir nicht nur die netztechnische Antwort auf die
energiewirtschaftlichen Ziele bis 2030ff, sondern<br />
setzen auch wesentliche Impulse für Österreich<br />
als Wirtschafts- und Lebensstandort. Dem<br />
Ausbau des Stromnetzes bzw. aller Projekte der<br />
APG muss höchste Priorität eingeräumt werden.<br />
Jede verfahrenstechnische Verzögerung oder<br />
Unsicherheit ist nicht nur eine Gefahr für die<br />
Versorgungssicherheit, sondern verzögert auch<br />
den Netzanschluss der Erneuerbaren oder die<br />
Dekarbonisierung der Industrie. Das aktuelle<br />
Beispiel des Projekts sichere Stromversorgung<br />
Zentralraum Oberösterreich zeigt, dass die bestehenden<br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
der Bedeutung von Netzprojekten zur Dekarbonisierung<br />
bzw. der Energiewende nicht gerecht<br />
werden. Dies muss umgehend saniert werden<br />
– die Beschlussfassung des Elektrizitätswirtschaftsgesetz<br />
(ElWG) sowie des Erneuerbaren-<br />
Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) sind<br />
somit das Gebot der Stunde“, fordert Christiner.<br />
Der Netzentwicklungsplan <strong>2023</strong>-2034 der APG<br />
wird nach Genehmigung mittels Bescheids der<br />
E-Control gegen Jahresende <strong>2023</strong> publiziert.<br />
Aktionsplan für eine<br />
versorgungssichere Energiewende<br />
Neben der umgehenden Umsetzung aller<br />
Netzausbauprojekte auf Verteiler- und Übertragungsnetzebene<br />
fordert APG einen Aktionsplan,<br />
um eine leistbare bzw. versorgungssichere<br />
Energiewende auf den Weg zu bringen:<br />
- Massive Beschleunigung der Genehmigungsverfahren:<br />
Umsetzung aktueller Gesetzesnovellen<br />
ElWG, EABG, Umsetzung RED III in AG<br />
- ÖNIP als Ausbaugrundlagenpapier mit großer<br />
Wirkungskraft etablieren inkl. einer „sup’ierung“<br />
- Umfassende Gesamtsystemplanung, die die<br />
Produktions- und Verbrauchsziele mit einer<br />
Speicher- und Netzausbaustrategie auf allen gebietskörperschaftlichen<br />
Ebenen verbindet<br />
- Investitionsförderndes Regulierungsregime mit<br />
marktkonformer Kapitalverzinsung<br />
- Vereinheitlichung von Grenzwerten bzw.<br />
Schutz von Planungs- und Bestandstrassen<br />
- Genügend Ressourcen für die Behörden (Personal,<br />
Sachverständige etc.)<br />
APG-Vorstand Gerhard Christiner: „Das APG-Zukunftsnetz<br />
liegt auf dem Tisch. Wir wissen was<br />
zu tun ist. Jetzt braucht es den dringend nötigen<br />
Rückenwind von Gesellschaft und Politik, damit<br />
alle Speicher-, Digitalisierungs- und Netzausbauprojekte<br />
im Sinne einer umgehenden versorgungssicheren<br />
Energiewende vom Plan in<br />
die Realität überführt werden können. Gelingt<br />
das nicht, steht die Zukunft Österreichs auf dem<br />
Spiel. Für den Wirtschaftsstandort Österreich<br />
wären die Folgen unabsehbar.“<br />
Über Austrian Power Grid (APG)<br />
Als unabhängiger Übertragungsnetzanbieter<br />
verantwortet Austrian Power Grid (APG) die sichere<br />
Stromversorgung Österreichs. Mit ihrer<br />
leistungsstarken und digitalen Strominfrastruktur,<br />
sowie der Anwendung von State-of-theart-Technologien<br />
werden die erneuerbaren<br />
Energien integriert. Zugleich fungiert die APG<br />
als Plattform für den Strommarkt, schafft Zugang<br />
zu preisgünstigem Strom für Österreichs<br />
Konsumenten und bildet so die Basis für einen<br />
versorgungssicheren sowie zukunftsfähigen<br />
Wirtschafts- und Lebensstandort. Das APG-Netz<br />
erstreckt sich auf einer Trassenlänge von etwa
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S14<br />
3.400 km, welches das Unternehmen mit einem<br />
Team von rund 733 Spezialist:innen betreibt, instand<br />
hält und laufend den steigenden Anforderungen<br />
der Elektrifizierung von Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Industrie anpasst. Auch 2022 lag<br />
die Versorgungssicherheit, dank der engagierten<br />
Mitarbeiter:innen, bei 99,99 Prozent und somit<br />
im weltweiten Spitzenfeld. Die Investitionen<br />
der APG in Höhe von 490 Millionen Euro <strong>2023</strong><br />
(2022: 370 Mio. Euro) sind Wirtschaftsmotor und<br />
wesentlicher Baustein für die Erreichung der<br />
Klima- und Energieziele Österreichs. Insgesamt<br />
wird APG bis 2034 rund 9 Milliarden Euro in den<br />
Netzaus- und Umbau investieren.
Sonnige Aussichten<br />
für Ihr Unternehmen<br />
und die Energiewende.<br />
Vorreiter:<br />
Johann Eggerth<br />
Geschäftsführer<br />
Vetropack<br />
Austria GmbH<br />
Photovoltaik-Strom für<br />
Ihren Eigenverbrauch,<br />
ohne Mehrkosten, ohne<br />
wirtschaftliches Risiko.<br />
Eine Photovoltaik-Großanlage von VERBUND liefert neben erneuerbarer Energie<br />
viele weitere Vorteile für Ihr Unternehmen: Sie tragen kein wirtschaftliches oder<br />
technisches Risiko und müssen sich nicht um Planung, Errichtung, Betrieb oder<br />
Wartung kümmern. Gleichzeitig leisten Sie einen aktiven Beitrag zur Energiewende.<br />
Profitieren Sie jetzt von Ihrem eigenen Photovoltaik-Strom.<br />
verbund.com/gross-pv
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S16<br />
ABWASSER<br />
Regenwasser<br />
für den Garten,<br />
griffbereit<br />
Die Branche boomt, beim Neubau ebenso<br />
wie im Bestand. Werbung braucht das Thema<br />
nicht. Die zurückliegenden Jahre mit ihren langen<br />
Perioden ohne Niederschlag haben dafür<br />
gesorgt, dass Eigentümer von Grundstücken<br />
und Gebäuden Anlagen zur Nutzung des Regenwassers<br />
bestellen.<br />
Text: Klaus W. König, Überlingen<br />
Vorausschauende Städte und Gemeinden<br />
werben dafür nach dem Motto: „Wasser<br />
gibt es bei uns genug, Regen auch. Trinkwasser<br />
zu sparen und Regenwasser zu nutzen<br />
macht trotzdem Sinn. Langfristig spart das Geld<br />
und schont die Grundwasservorräte. Aber es<br />
werden auch die Mischwasserkanäle entlastet,<br />
Gewässer vor Schadstoffeinträgen geschützt und<br />
Keller vor Überschwemmung bewahrt.“<br />
Gesetzliche Rahmenbedingungen<br />
Regenwasser kann durch unterschiedliche Filter<br />
im Zulauf einfach gereinigt und problemlos gelagert<br />
werden. Der kalkfreie Rohstoff hilft, für<br />
Toilettenspülung, Waschmaschine und Bewässerung<br />
Trinkwasser zu sparen – in Einzelfällen bis<br />
zu 50 %. Eine Anlage zur Regenwassernutzung<br />
ist Stand der Technik. Sie besteht aus Sammelleitungen<br />
mit Filter und Speicher/Überlauf, einem<br />
Leitungssystem zu den Verbrauchsstellen sowie<br />
der Pumpentechnik mit automatischer Trinkwasser-Nachspeisung.<br />
Wer nur den Garten bewässert,<br />
kann auf die Nachspeisung verzichten.<br />
Ertrag und Bedarf gegenüberstellen<br />
In Österreich regnet es zu jeder Jahreszeit. Doch<br />
von Woche zu Woche variieren Menge, Intensität<br />
und zeitliche Verteilung des Niederschlags. Berechnungen<br />
des Regenwasserertrags basieren auf<br />
regionalen Wetterdaten der Vergangenheit. Mit<br />
der Prüfung, ob Ertrag und Bedarf in einem guten<br />
Verhältnis stehen, beginnt die Planung einer Anlage<br />
zur Nutzung von Niederschlagswasser.<br />
Hier ein Beispiel:<br />
62,5 m³ Regenertrag sammelt ein Einfamilienhaus<br />
mit Ziegeldach pro Jahr in Linz/Oberösterreich,<br />
aus Multiplikation von:<br />
• Jahresniederschlag in Linz 800 mm = 0,8 m (1<br />
mm entspricht 1 Liter pro m²)<br />
• Gebäudemaß mit Dachüberstand: Traufe 13,4<br />
m, Giebel 8,1 m (Auffangfläche = horizontale<br />
Dachprojektion, hier 108,5 m²)<br />
• Ertragsbeiwert, bei Ziegeldach 0,8 (d.h. um 20<br />
% geringerer Ertrag durch Verspritzen, Aufsaugen,<br />
Verwehen)<br />
• Hydraulischer Wirkungsgrad, ohne spezielle<br />
Regenwasserbehandlung 0,9 (d. h. um 10 % geringerer<br />
Ertrag durch gelegentlichen Speicherüberlauf)<br />
57 m³ Jahresbedarf besteht für die Bewässerung<br />
bei 950 m² Garten. Laut langjähriger Erfahrung<br />
von Landschaftsgärtnern<br />
• benötigt ein Quadratmeter Nutzgarten/Grünanlage<br />
zusätzlich zum Niederschlag pro Jahr 60
Bild: © Mall<br />
Liter (0,06 m³/m²). Bei 950 m² sind das 950 m²<br />
x 0,06 m³/m² = 57,0 m³ pro Jahr. Doch Vorsicht,<br />
je nach Bodenart (sandig, locker) und Mikroklima<br />
(viel Wind oder warm) variiert der Bewässerungsbedarf<br />
bis zum 4-fachen des hier angenommenen<br />
Wertes!<br />
Trockenzeiten bedenken<br />
Wie ergibt sich nun die Speichergröße? Gemäß<br />
ÖNORM EN 16941-1:2018-07-01, vereinfachtes<br />
Verfahren in Anhang A.2.1, wird von Ertrag und<br />
Bedarf das kleinere Volumen, hier 57 m³, gewählt.<br />
Dann wird der daraus resultierende Regenwasserbedarf<br />
von 156 Liter/Tag (57.000 Liter/<br />
Jahr geteilt durch 365 Tage) mit 21 Tagen multipliziert.<br />
Dieser Zeitraum gilt als Dauer der statistisch<br />
für Deutschland ermittelten Trockenperiode. Das<br />
Ergebnis ist ein Nutzvolumen von 3,3 m³, bei zuvor<br />
vollem Speicher theoretisch ausreichend für<br />
drei niederschlagsfreie Wochen. Dass Ertrag und<br />
Bedarf nicht weit auseinander liegen und der Ertrag<br />
der größere Wert ist, sind gute Voraussetzungen.<br />
Dann wird bei starkem Niederschlag der<br />
Speicher gelegentlich überlaufen, in der Regel ist<br />
aber genug Vorrat da.<br />
Korrekturbedarf bei der Speichergröße besteht<br />
allerdings, wenn das Sommerhalbjahr betrachtet<br />
wird. Die oben genannte überschlägige<br />
Berechnung geht von einem gleichmäßigen<br />
Niederschlag und einem gleichbleibenden Bewässerungsbedarf<br />
im Jahresverlauf aus. Tatsächlich<br />
aber wird im Winter nichts und in der<br />
Vegetationszeit eine höhere Tagesmenge für<br />
den Garten gebraucht. Ein Zuschlag von 0,5 m³<br />
macht in diesem Fall Sinn, und bei Annahme von<br />
fünf statt drei Wochen Trockenperiode sind es<br />
weitere 2,5 m³, ergibt zusammen eine Speichergröße<br />
von 6,3 m³. Wer das Ergebnis schneller<br />
haben möchte, nutzt ein Online-Bemessungsprogramm,<br />
zum Beispiel www.mall-zisterne.at.<br />
Speicherüberlauf bevorzugt versickern<br />
Wohin mit dem überlaufenden Niederschlagswasser<br />
bei vollem Speicher? Früher war der Anschluss<br />
der Regenwasserleitung an den Kanal<br />
der Kommune vorgeschrieben und kostenlos.<br />
Heute wird das untersagt, und falls ausnahmsweise<br />
zugelassen, wird dafür Gebühr verlangt.<br />
Deshalb sollte die Überlaufmenge nach Möglichkeit<br />
versickert und die erforderliche Größe<br />
der Sickermulde gemäß Angabe des örtlichen<br />
Tiefbau- oder Umweltamtes bemessen werden:<br />
• 10-15 % der Dachgrundfläche ist bei sandigen<br />
Böden oft die erforderliche Muldenfläche, um zu<br />
gewährleisten, dass auch bei Starkregen mit der
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S18<br />
ABWASSER<br />
vorhandenen ortsspezifischen Bodendurchlässigkeit<br />
das Rückstauvolumen von 30 cm Muldentiefe<br />
ausreicht und die Mulde nach spätestens 24<br />
Stunden leer ist.<br />
• Fehlt ein Hinweis der Kommune, wird die Größe<br />
der Sickermulde nach den technischen Regeln<br />
errechnet, z. B. durch Sachverständige unter Berücksichtigung<br />
des ÖWAV-Regelblattes 45 (2015)<br />
und der ÖNORMEN B 2506, Teile 1-3 (2016, 2012,<br />
2018).<br />
• Trotz vorhandenem Regenspeicher gilt die<br />
komplette Dachfläche als Bemessungsgrundlage,<br />
da im schlechtesten Fall von einem vollen<br />
Speicher ausgegangen werden muss.<br />
• Kann oder darf ausnahmsweise nicht versickert<br />
werden, mündet der Überlauf mit<br />
Erlaubnis der zuständigen Behörden in<br />
die Kanalisation.<br />
Einbau, Inbetriebnahme, Instandhaltung<br />
Der Einbau eines Regenspeichers aus<br />
Beton ist einfach, wenn der komplette Behälter<br />
mit Abdeckung vom Kran des Lieferfahrzeugs<br />
in die vorbereitete Baugrube<br />
versetzt werden kann. Der Transport<br />
erfolgt in der Regel direkt ab Herstellerwerk,<br />
zum vereinbarten Zeitpunkt, ohne<br />
Zwischenlagerung. Ein Sand- oder Splittbett<br />
genügt als Auflage in der Baugrube.<br />
Zum Verfüllen darf Material des Aushubs<br />
wiederverwendet werden. Werden diese<br />
Aspekte in die Kalkulation einbezogen,<br />
bestehen oft Preisvorteile gegenüber<br />
anderen Speicherwerkstoffen. Sind für<br />
die Rohrverbindungen bereits Öffnungen<br />
mit Dichtungsmanschetten im Fertigteilbehälter<br />
vorhanden, erleichtert das die<br />
Montage. Von Marktführern wird Zubehör<br />
wie Filter-, Pumpen- und Entnahmetechnik<br />
gleich mitgeliefert, auf Wunsch auch<br />
Material zur Kennzeichnung von Leitun-
gen und Entnahmestellen. Was davon nötig und<br />
hilfreich ist, nennt ÖNORM EN 16941-1:2018-07-<br />
01 in den Kapiteln 8-11.<br />
Technik braucht grundsätzlich Inspektion und<br />
Wartung, um dauerhaft zu funktionieren. Das gilt<br />
auch für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser,<br />
obwohl der Aufwand für die Instandhaltung<br />
von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weniger geworden<br />
ist. Der richtige Zeitpunkt für die jährliche Wartung<br />
ist der Herbst. Vor der Frostperiode sollte<br />
die Anlage zur Regenwassernutzung winter-<br />
fest gemacht werden. Es lohnt sich dann auch,<br />
den Filter nochmals von Laub zu befreien und<br />
gründlich zu reinigen. Was sonst zu tun ist, steht<br />
auf einer zweiseitigen Liste im Anhang D der<br />
ÖNORM EN 16941-1:2018-07-01.<br />
Weitergehende Informationen:<br />
1. ÖNORM EN 16941-1:2018-07-01. Vor-Ort Anlagen<br />
für Nicht-Trinkwasser - Teil 1: Anlagen für die<br />
Verwendung von Regenwasser. Komitee 122.<br />
2. fbr-Wissen. Regenwasser sammeln und nutzen.<br />
Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung<br />
e. V. (fbr). Darmstadt, April 2019. Download<br />
kostenlos unter www.fbr.de/publikationen.<br />
3. Prospekt „Regenwassernutzung“ und Film „Regenspeicher<br />
im Garten“, kostenfrei erhältlich unter<br />
https://mall-umweltsysteme.at/downloads/.<br />
ÜBER DEN AUTOR<br />
Dipl.-Ing. Klaus W. König war 20 Jahre als<br />
Architekt selbstständig und ist heute Fachjournalist<br />
und Buchautor, speziell zur wasserorientierten<br />
Stadtplanung und zur energiesparenden<br />
Bautechnik. Er ist Mitarbeiter im<br />
deutschen DIN-Ausschuss Wasserrecycling/<br />
Regen- und Grauwassernutzung sowie<br />
Gründungsmitglied des gemeinnützigen<br />
Bundesverbandes für Betriebs- und Regenwasser<br />
e. V. (www.fbr.de).<br />
www.klauswkoenig.de
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S20<br />
WASSER<br />
Sauberes, günstiges<br />
Trinkwasser für<br />
eine ganze Region<br />
Gleitschieberventile optimieren Belgiens größte Anlage zur<br />
Trinkwasseraufbereitung per Umkehrosmose. Damit kann rasch und<br />
zuverlässig sauberes Trinkwasser weit über den gesetzlichen Vorgaben<br />
für eine ganze Region zur Verfügung gestellt werden. Maßgeblich<br />
dazu beitragen Ventile von einem deutschen Hersteller.<br />
Im belgischen Ostende hat Veolia Water Technologies<br />
eine hochmoderne Anlage zur Trinkwassergewinnung<br />
errichtet. In einem mehrstufigen<br />
Filtrationsprozess produziert der dortige<br />
Wasserversorger nun Trinkwasser in hervorragender<br />
Qualität – weit über den gesetzlichen Anforderungen.<br />
An entscheidenden Stellen des<br />
Prozesses – bei der Umkehrosmose, der Filtrierung<br />
mit Aktivkohle und der Remineralisierung<br />
des Wassers – übernehmen Gleitschieberventile<br />
von Schubert & Salzer Control Systems die Regelung<br />
von Druck und Durchfluss.<br />
Der Wasserversorger FARYS gewinnt das Trinkwasser<br />
für die Stadt Ostende und ihre Umgebung<br />
aus dem Brackwasser des Brügge-Ostende-Kanals.<br />
In der aktuellen Ausbaustufe des von Veolia<br />
Water Technologies gebauten Wasserwerks können<br />
pro Stunde bis zu 1.200 Kubikmeter Trinkwasser<br />
direkt in das Leitungsnetz eingespeist<br />
werden. Die Anlage des führenden Spezialisten<br />
für Wasseraufbereitung ist die größte belgische<br />
Trinkwasserproduktionsanlage mit Umkehrosmose-Technologie.<br />
Ihre Produktionsgeschwindigkeit<br />
zählt zu den schnellsten der Welt. Einzigartig ist<br />
auch, dass die Anlage sehr flexibel bei unterschiedlichen<br />
Kanalwasserqualitäten eingesetzt<br />
werden kann und der gesamte Prozess mit deutlich<br />
reduzierten Energiekosten abläuft.<br />
Frederik Debaillie, der verantwortliche Projektmanager<br />
bei Veolia Water Technologies Belgium,<br />
beschreibt den Prozess wie folgt: „Das Kanalwasser<br />
wird in acht Stufen behandelt. Bei der Grob-<br />
, Fein- und Mikrofiltration werden zunächst alle<br />
Schwebeteilchen, mikrobiologischen Stoffe und<br />
pathogenen Mikroorganismen entfernt. Bei der<br />
anschließenden Umkehrosmose filtern feinporige,<br />
halbdurchlässige Membranen Mikroverunreinigungen<br />
bis zu Teilchengrößen von 0,1 Nanometer<br />
sowie auch Mineralien und Salze.“ Was übrig<br />
bleibt, sind Wassermoleküle. Dieses Wasser wird<br />
durch Aktivkohlefilter geleitet und nach der Einleitung<br />
von Kohlenstoffdioxid mit Kalkstein remineralisiert.<br />
Schließlich wird es mit UV-Licht desinfiziert<br />
und danach chloriert. Das Ergebnis – Trinkwasser<br />
in höchster Qualität – wird über Pufferspeicher ins<br />
Leitungsnetz eingespeist.<br />
„Der Betreiber des Wasserwerks wollte eine wirtschaftlich<br />
arbeitende Anlage. Überall war also<br />
maximale Energieeffizienz gefragt – auch bei<br />
den Regelventilen“, erläutert Tristan Lejeune, Sales<br />
Manager International bei Schubert & Salzer<br />
Control Systems. „Zugleich handelt es sich bei<br />
der Umkehrosmose und den anschließenden<br />
Prozessstufen um anspruchsvolle Anwendungen.<br />
Hier bestehen besondere Herausforderungen an<br />
Regelpräzision und Reaktionsgeschwindigkeit<br />
der eingesetzten Ventile.“<br />
Gleitschieberventile schützen vor Schäden<br />
„Bei der Umkehrosmose ist die genaue und<br />
schnelle Druckregelung sehr wichtig“, betont
Bilder (5): © Schubert & Salzer Control Systems<br />
In einem mehrstufigen<br />
Filterprozess können<br />
bis zu 1.200 Kubikmeter<br />
Trinkwasser pro Stunde<br />
aus dem Brackwasser des<br />
Brügge-Ostende-Kanals<br />
gewonnen werden.<br />
Veolia-Ingenieur Debaillie. „Die hochempfindlichen<br />
Filterschichten sind in Druckrohren aufgerollt.<br />
Druckstöße und zu große Durchflussmengen<br />
müssen sicher verhindert werden. Selbst<br />
kleinste Überschwingungen bei der Regelung<br />
könnten die teuren Membranen beschädigen.<br />
Deshalb setzen wir in jeder der zwölf Umkehrosmose-Einheiten<br />
je ein DN125- und ein<br />
DN50-Gleitschieberventil von Schubert & Salzer<br />
Control Systems zur Druckregelung ein.“ Sie gewährleisten<br />
die exakte Regelung der hohen Prozessdrücke,<br />
die erforderlich sind, um den osmotischen<br />
Druck des Brackwassers auszugleichen<br />
und die Umkehrosmose in Gang zu halten.<br />
Ausschlaggebend für die hohe Präzision und die<br />
äußerst kurzen Ansprechzeiten der Gleitschieberventile<br />
ist ihr spezielles Konstruktionsprinzip. Die<br />
Gleitschieber-Technologie regelt den Durchfluss<br />
in Millisekunden, indem zwei senkrecht zur Strömungsrichtung<br />
angeordnete, geschlitzte Dichtscheiben<br />
übereinander verschoben werden. Der<br />
pneumatische Antrieb muss ausschließlich die<br />
Gleitreibung zwischen den beiden Scheiben überwinden.<br />
Die benötigte Stellkraft ist dadurch bis zu<br />
90 Prozent geringer als bei anderen Ventilbauarten.<br />
Die Antriebe können entsprechend viel kleiner<br />
dimensioniert und der Bedarf an Steuerluft<br />
reduziert werden. Gleichzeitig schonen die kurzen<br />
Hübe von nur wenigen Millimetern und die geringen<br />
bewegten Massen des Drosselorgans den<br />
Antrieb und die Spindelabdichtung.<br />
Material- und Energieeffizienz<br />
unterstützen Gesamtwirtschaftlichkeit<br />
„Das spezielle Konstruktionsprinzip der Gleitschieberventile<br />
wirkt sich doppelt positiv auf<br />
Gewicht und Abmessungen aus. Einerseits sind<br />
die Ventile durch die Zwischenflanschbauweise<br />
und die kleineren Antriebe kompakter und leichter.<br />
Andererseits erlauben die deutlich besseren<br />
Durchflusseigenschaften aufgrund der besonders<br />
hohen KVS-Werte aber auch den Einsatz<br />
geringerer Nennweiten, wodurch die eingesetzten<br />
Ventile nochmals kompakter und leichter<br />
ausfallen als gängige Alternativlösungen“, erklärt<br />
Lejeune.<br />
So wiegen die 45 Gleitschieberventile in der Anlage<br />
zusammen gerade einmal 1.100 Kilogramm.<br />
Sitzventile hätten im Vergleich ein Gewicht von<br />
rund fünf Tonnen auf die Waage gebracht. Dieser<br />
Unterschied ist erheblich und hat durch Ressourcen-<br />
und CO 2 -Einsparung positive Auswirkungen<br />
über den gesamten Lebenszyklus des<br />
Ventils – von der Herstellung über den Transport<br />
bis zum Betrieb in der Anlage. Auch der<br />
Wartungsaufwand und damit die Betriebskosten<br />
verringern sich durch die kompakteren Abmaße<br />
und das geringe Gewicht.<br />
„Ein ausschlaggebender Punkt waren auch die<br />
langen Standzeiten der Gleitschieberventile.<br />
Diese ergeben sich zum Beispiel aus der Tatsache,<br />
dass sie die schädigenden Folgen der
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S22<br />
WASSER<br />
Kavitation neutralisieren“, schildert Lejeune. In<br />
alternativen Sitzkegelventilen verursachen implodierende<br />
Kavitationsbläschen oft kostenintensiven<br />
Verschleiß durch Erosion. „Durch die<br />
spezielle Konstruktion der Gleitschieberventile<br />
ohne Strömungsumlenkung, implodieren die Kavitationsbläschen<br />
ein bis zwei Meter hinter dem<br />
Ventil in der Rohrleitung. Diese kann problemlos<br />
so gestaltet werden, dass keine schädigende<br />
Wirkung von der Kavitation ausgeht. Dazu reicht<br />
es, das Rohr nach dem Ventil ein kurzes Stück<br />
gerade auszuführen“, ergänzt Lejeune.<br />
„Die Regelventile bleiben auch bei Wasserschlägen<br />
eher unbeeindruckt“, beschreibt Debaillie<br />
einen weiteren Vorteil. Die Kraft eines eventuell<br />
auftretenden Wasserschlags im Rohrleitungsnetz<br />
überträgt sich nicht auf den Antrieb<br />
der Gleitschieberventile, so dass dieser durch<br />
Druckspitzen nicht beschädigt werden kann.<br />
Gleichmäßige Auslastung durch<br />
hochpräzise Stellungsregler<br />
„Bevor das behandelte Wasser ins Leitungsnetz<br />
der Region eingespeist wird, setzen wir DN150-<br />
Gleitschieberventile bei der Aktivkohlefilterung<br />
und der Remineralisierung mit Kalkstein und<br />
CO 2 ein“, fügt Debaillie hinzu.<br />
Auch hier gewährleisten die hochpräzisen Stellungsregler<br />
von Schubert & Salzer in Kombination<br />
mit den Gleitschieberventilen eine äußerst<br />
genaue Durchflussregelung, so dass die acht<br />
Aktivkohlefilter und 13 Remineralisierungstanks<br />
gleichmäßig ausgelastet werden. In dieser Anwendung<br />
erweist sich eine lineare Durchflusskennlinie<br />
als besonders geeignet für die Regelung<br />
der Durchflussmengen, um den Prozess<br />
stabil zu halten.<br />
Sichere, regionale Wasserversorgung<br />
Mit einem Output von durchschnittlich 24.000<br />
Kubikmetern pro Tag leistet die Anlage einen<br />
wichtigen Beitrag zur sicheren und wirtschaftlichen<br />
Trinkwasserversorgung der Menschen in<br />
der Region Ostende. Phasen von Wasserknappheit<br />
– wie Belgien sie in den vergangenen Sommern<br />
erlebt hat und die durch den Klimawandel<br />
noch häufiger auftreten werden – sollen zukünftig<br />
vermieden werden. FARYS plant aus diesem<br />
Grund bereits eine zweite, ähnliche Anlage in<br />
Nieuwpoort.
In jeder der zwölf Umkehrosmose-Einheiten<br />
kommen zur Druckregelung<br />
je ein DN125- und ein<br />
DN50-Gleitschieberventil<br />
zum Einsatz.<br />
Größenvergleich zwischen<br />
einem normalen Sitzventil<br />
und einem Gleitschieberventil<br />
von Schubert &<br />
Salzer. Beide haben dabei<br />
eine identische Nennweite.<br />
Gleitschieberventile von<br />
Schubert & Salzer mit<br />
einem Nenndurchmesser<br />
von 150 Millimetern regeln<br />
den Druck am Auslass der<br />
insgesamt 12 Umkehrosmose-Einheiten.<br />
Auffällig:<br />
die kompakten Abmessungen<br />
von Ventil und elektropneumatischem<br />
Antrieb.<br />
Die präzise Durchflussregelung<br />
der Gleitschieberventile<br />
gewährleistet, dass<br />
jeder der acht Aktivkohlefilter<br />
(hier im Bild)<br />
und die 13 Remineralisierungstanks<br />
gleichmäßig<br />
ausgelastet werden.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S24<br />
ENERGIE<br />
Energietage <strong>2023</strong>:<br />
Es ist viel zu tun<br />
Bei den ENERGIETAGEN <strong>2023</strong> trafen einander Experten<br />
aus der deutschsprachigen Energieszene<br />
zum Gedankenaustausch. Eine große Zahl spannender<br />
Fachvorträge gab Informationen und Einblicke<br />
in viele Bereiche der Energiewirtschaft - inklusive<br />
der rechtlichen Rahmenbedingungen. der<br />
imh Kongress wurde einmal mehr zum Zentrum der<br />
Energiebranche, Networking inklusive.<br />
<strong>UMWELT</strong> <strong>JOURNAL</strong> war bei den Energietagen dabei.<br />
Text: Peter R. Nestler<br />
ENERGIETAGE <strong>2023</strong><br />
Kongresstage:<br />
24.-25.4.<strong>2023</strong><br />
Ort:<br />
Wien<br />
Weitere Infos auf der<br />
Internetseite von imh:<br />
ENERGIETAGE<br />
Nächste Ausgabe:<br />
2024<br />
Auf den Energietagen <strong>2023</strong> wurde eines<br />
ganz klar: Es ist 5 vor 12 im Hinblick auf<br />
die Energiewende und der Umsetzung<br />
der Klimaziele bis 2030. Fakt ist nämlich, dass<br />
<strong>2023</strong> das wärmste Jahr seit Messbeginn ist und<br />
diese Krise menschengemacht ist. Kongressveranstalter<br />
Institut Manfred Hämmerle (imh) schuf<br />
mit den Energietagen eine der wichtigsten Veranstaltungen<br />
rund um alle Energie-Fragen.<br />
Am 14. und 15. November <strong>2023</strong> trafen sich in<br />
Wien um die 100 Experten und Expertinnen aus<br />
der Energie- & Nachhaltigkeitsbranche im DoubleTree<br />
by Hilton Vienna, um gemeinsam an der<br />
Zukunft zu feilen. Was die Besucher erleben durften,<br />
war ein breiter Mix an Themen, quer verteilt<br />
über die gesamte Energiebranche. Es gibt viele<br />
Aufgaben zu bewältigen - insbesondere der<br />
Netzausbau in Österreich und die Umstellung<br />
auf einen noch viel höheren Anteil an Erneuerbarer<br />
Energie in der Stromproduktion. Aber die<br />
Branche hat bereits heute viele Lösungen für die<br />
aktuellen Problemlagen zu bieten.<br />
Die Top-Themen der ENERGIETAGE <strong>2023</strong> waren:<br />
- ELWG im Fokus: Rechtliches Update und erste<br />
Umsetzungsstrategien<br />
- Energiegemeinschaften kommen in Schwung:<br />
Mehrfachteilnahme, Abrechnung, Umsetzung<br />
und Kooperation mit Netzbetreibern<br />
- Zukunftsblick Energiewende: Speichertechnologien,<br />
Wasserstoff, PV und Wärmepumpen<br />
- Notwendigkeit Netzausbau: Wie sieht der Status<br />
quo aus in Investitionen, Projekten und der<br />
tatsächlichen Umsetzung?<br />
- Herausforderungen Strom: Smart Meter, Störfaktoren<br />
und Kundenkommunikation<br />
Die KEYNOTE lieferte Dipl.-Ing. Wolfgang<br />
Anzengruber, kooptierter Vorstand,<br />
CEOs for Future zu den Themen:<br />
- Energie & Umwelt – Transformation des Energiesystems<br />
als Herausforderung für Wirtschaft<br />
und Gesellschaft<br />
- Übersicht des Energiesystems in Österreich<br />
- Ausgangssituation: Strom – Gas – CO2<br />
- Beispiele nationaler Zielsetzungen<br />
- Wesentliche Schritte zur Transformation des<br />
Energiesystems<br />
- Welchen Einfluss hat die österreichische Wirtschaft<br />
auf den Klimawandel?<br />
Auch 2024 wird es wieder spannend. Die Themenrecherche<br />
hat bereits begonnen. Die Energietage<br />
werden auch im nächsten Jahr wieder<br />
eine Doppelveranstaltung:<br />
- Sustainability NOW! – DIE Konferenz, um Nachhaltigkeit<br />
in Ihrem Unternehmen zu verankern!<br />
- Energietage Netze – ein Branchentreff mit den<br />
wichtigsten Vertretern im Netzbereich.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S26<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
ECOMONDO <strong>2023</strong><br />
Alles ist bereit für<br />
den ökologischen<br />
Wandel<br />
Die 26. Ausgabe der Umweltleitmesse ECOMONDO<br />
(die erste ohne KEY) der Italian Exhibition Group<br />
(IEG) endete am 10. November mit einem großen<br />
Sprung nach vorn im Vergleich zu 2022. Die größte<br />
Teilnahme kam aus Spanien, Deutschland, Griechenland,<br />
Serbien, Ägypten und Tunesien. Italiens<br />
Umweltminister Pichetto Fratin über die Ecomondo:<br />
„Vom Pioniermodell zum nationalen Flaggschiff“.<br />
Die global agierende Messegesellschaft<br />
Italian Exhibition Group (IEG) lancierte<br />
diesmal den nach Lorenzo Cagnoni benannten<br />
Preis für grüne Innovatoren. Das passte<br />
gut zu der bislang größten ECOMONDO. Zahlreiche<br />
Aussteller warteten auf eine Rekodzahl an<br />
Besuchern. Die diesjährige Ausgabe zeigte ganz<br />
klar: Die ECOMONDO ist für den notwendigen<br />
ökologischen Wandel bereit.<br />
Der Markt verlangt nach einem ökologischen<br />
Wandel, und die Ecomondo beweist, dass sie<br />
dazu bereit ist. Die internationale Messe für Kreislaufwirtschaft<br />
der Italian Exhibition Group schloss<br />
ihre 26. Ausgabe mit 15 % mehr Besuchern als im<br />
Jahr 2022 ab (eine Zahl, die umso bedeutsamer<br />
ist, als sie im letzten Jahr zur gleichen Zeit wie<br />
die KEY Energy Transition Expo stattfand, die nun<br />
ihren eigenen Platz im Kalender gefunden hat).<br />
150.000 Quadratmeter für mehr als 1.500 ausstellende<br />
Marken, ein Plus von 10 % im Vergleich zum<br />
Vorjahr, für vier äußerst intensive Tage voller Geschäfte<br />
und Networking.<br />
Die digitale Beteiligung über die b2b-Plattform<br />
GreentechInsights war mit 600.000 Aufrufen der<br />
Ausstellerprofile ebenfalls höher. Es gab auch<br />
eine ausgezeichnete Medienberichterstattung:<br />
Plus 10 Prozent mehr als die über 500 Millionen<br />
Kontakte im Jahr 2022 wurden für eine der<br />
größten Auswirkungen auf die italienische und<br />
internationale öffentliche Meinung erzielt.<br />
DEKARBONISIERUNG IST ES WERT<br />
Von der regenerativen Bioökonomie bis zur<br />
blauen Wirtschaft, von Abfall als Ressource bis<br />
zur Bodensanierung, von der Bioenergie bis<br />
zur Umweltüberwachung: Die größte Veranstaltung<br />
seit 26 Jahren gab ein klares Signal:<br />
Kreislauftechnologien sind bereit, Ökosysteme<br />
zu regenerieren und sind rentabel, wenn sie<br />
mit dekarbonisierungsorientierten Maßnahmen<br />
kombiniert werden. Auch die neuesten umweltfreundlichen<br />
Fahrzeuge wurden auf der alle<br />
zwei Jahre gemeinsam mit ANFIA organisierten<br />
SAL.VE-Ausstellung gezeigt.<br />
Neben den Inhalten, die in den Hallen des Rimini<br />
Expo Centre zu sehen waren, bestätigt auch<br />
der Bericht „Die Wirtschaft von morgen: eine dekarbonisierte,<br />
zirkuläre und regenerative grüne<br />
Wirtschaft“, der bei der Eröffnung der Generalstaaten<br />
der grünen Wirtschaft <strong>2023</strong> vorgestellt<br />
wurde, dass Grün für die Wirtschaft profitabel ist.
Bild: © IEG<br />
Über einen Zeitraum von zehn Jahren werden<br />
die Vorteile auf 689 Milliarden Euro geschätzt,<br />
gegenüber kumulierten Kosten von 136,7 Milliarden<br />
Euro allein durch das europäische Dekarbonisierungsregelungspaket<br />
„Fit for 55“.<br />
ECOMONDO, INTERNATIONALE PLATTFORM<br />
Die ausländischen Besucher von Ecomondo<br />
kommen aus immer mehr Ländern, vor allem aus<br />
dem Europa-Mittelmeerraum, allen voran Spanien,<br />
Deutschland, Griechenland, Serbien, Ägypten<br />
und Tunesien, gefolgt von Afrika südlich der<br />
Sahara.<br />
Dank der Zusammenarbeit mit der ITA wurden<br />
mehr als 630 ausländische Marktteilnehmer beherbergt.<br />
Italian Trade Agency, des Ministeriums<br />
für auswärtige Angelegenheiten und internationale<br />
Zusammenarbeit, des globalen Netzwerks<br />
regionaler Berater von IEG und auch der Region<br />
Emilia-Romagna, insbesondere für den Sektor<br />
der blauen Wirtschaft, mehr als 630 ausländische<br />
Unternehmen aus Nord- und Subsahara-<br />
Afrika, dem Balkan, Lateinamerika, Nordamerika,<br />
Indien und dem Nahen Osten empfangen.<br />
Diese waren in der Lage, insgesamt 2.700 Geschäftskontakte<br />
herzustellen.<br />
DREHSCHEIBE FÜR INNOVATOREN<br />
Start-ups und Scale-ups, wesentliche Bestandteile<br />
von Ecomondo. In diesem Jahr wurde ein<br />
nach Lorenzo Cagnoni benannter Preis für konsolidierte<br />
und aufstrebende Innovatoren im Ökosystem<br />
der italienischen grünen Unternehmen<br />
eingeführt. Das Podium wurde von Eco Reciclyng<br />
aus Viterbo, HBI aus Treviso und der globalen<br />
Marke AMP Robotics besetzt, während die drei<br />
siegreichen Start-ups 3Bee aus Mailand, Oxoco<br />
aus Bari und Mixcycling aus Vicenza waren. Die<br />
Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen, die<br />
sich am stärksten für Öko-Innovationen engagieren,<br />
wurden mit dem von der Stiftung für nachhaltige<br />
Entwicklung und Ecomondo ausgelobten<br />
Preis für nachhaltige Entwicklung geehrt.<br />
<strong>UMWELT</strong>MINISTER PICHETTO FRATIN:<br />
ECOMONDO NATIONALES AUSHÄNGESCHILD<br />
Am Eröffnungstag war der Minister für Umwelt<br />
und Energiesicherheit, Gilberto Pichetto Fratin,<br />
anwesend, der zusammen mit dem IEG-Vorsitzenden<br />
Maurizio Ermeti, dem Vorstandsvorsitzenden<br />
Corrado Peraboni und der Direktorin<br />
der Weltausstellung, Alessandra Astrolfi,<br />
einen Rundgang durch den Ausstellungsbereich<br />
machte. Seiner Meinung nach hat sich Ecomon-
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S28<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
do „von einem Pioniermodell zu einem nationalen<br />
Flaggschiff entwickelt“. Francesco Corvaro, der<br />
Sonderbeauftragte der italienischen Regierung<br />
für den Klimawandel bei der COP28, der Präsident<br />
der Region Emilia-Romagna, Stefano Bonaccini,<br />
und die Stadträtin für den ökologischen<br />
Wandel von Rimini, Anna Montini, waren ebenfalls<br />
anwesend.<br />
Viele internationale Gäste<br />
Zu den Gästen der viertägigen Veranstaltung<br />
von Ecomondo gehörten die Vizeministerin für<br />
Umwelt und Energiesicherheit, Vannia Gava, der<br />
Unterstaatssekretär des Ministeriums für Umwelt<br />
und Energiesicherheit, Claudio Barbaro, der Unterstaatssekretär<br />
des Ratsvorsitzes, Alessandro<br />
Morelli, und der Unterstaatssekretär des Innenministeriums,<br />
Emanuele Prisco, Mitglieder des parlamentarischen<br />
Ausschusses Ecoreati, der Präsident<br />
der Region Kampanien, Vincenzo De Luca,<br />
und Michele Emiliano aus der Region Apulien.<br />
Die Konsortien der Versorgungskette und die<br />
Unternehmensverbände, die historischen Partner<br />
der Veranstaltung, angefangen bei CONAI,<br />
Utilitalia, Assoambiente und Confindustria, zusammen<br />
mit der Europäischen Kommission, der<br />
OECD, der FAO, der UfM, der EEA und der ISWA,<br />
koordiniert vom technisch-wissenschaftlichen<br />
Komitee der Veranstaltung unter der Leitung von<br />
Professor Fabio Fava von der Universität Bologna,<br />
machen die internationale Umweltleitmesse<br />
Ecomondo zum gemeinschaftlichen Katalysator<br />
der Referenz im Europa-Mittelmeerraum mit einem<br />
prall gefüllten Kalender von mehr als 240<br />
Veranstaltungen.<br />
Nächste Ausgabe<br />
Die von der Italian Exhibition Group veranstaltete<br />
Umweltleitmesse Ecomondo wird in ihrer nächsten<br />
Ausgabe vom 5. bis 8. November 2024 wieder<br />
in Rimini stattfinden. Anmeldungen für Aussteller<br />
können bereits jetzt erfolgen.
Bilder (2): © IEG<br />
ECOMONDO <strong>2023</strong><br />
Internationale Messe<br />
26. Ausgabe<br />
Organisation:<br />
Italian Exhibition Group S.p.A.<br />
Messetage:<br />
7.-10. November <strong>2023</strong><br />
Ort:<br />
Rimini Expo Centre<br />
Weitere Infos auf der Internetseite der Messe:<br />
www.ecomondo.com<br />
sowie in den Social Media<br />
Nächste Ausgabe:<br />
5. - 8. November 2024
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S30<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Rahmenprogramm<br />
der E-world 2024<br />
steht nun fest<br />
Als Europas führende Energiefachmesse versammelt<br />
die E-world energy & water nicht nur alljährlich<br />
internationale Unternehmen der Branche in Essen,<br />
sondern setzt auch mit dem umfangreichen Rahmenprogramm<br />
selbst neue Impulse. Die Programmpunkte<br />
für die kommende E-world vom 20. bis 22.<br />
Februar 2024 stehen bereits fest. Besucherinnen<br />
und Besucher können das Programm ab sofort online<br />
einsehen und ihren Messebesuch planen.<br />
Auf gleich vier Bühnen findet an allen drei<br />
Veranstaltungstagen der E-world 2024<br />
ein umfangreiches und international besetztes<br />
Bühnenprogramm mit Diskussionsrunden,<br />
Vorträgen und Podcast-Aufzeichnungen statt. Die<br />
offenen Fachforen „Future“, „Change“, „Hydrogen<br />
Solutions“ sowie „New Energy Systems“ sind<br />
unmittelbar im Messegeschehen platziert.<br />
Der Zutritt zu allen Foren ist mit einem Messeticket<br />
kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.<br />
Themen sind unter anderem Smart Meter, kommunale<br />
Wärmeplanung und internationale Best<br />
Practices zum Beispiel aus Schweden, Island<br />
oder Großbritannien.<br />
Hochkarätige Referentinnen und Referenten<br />
aus Wirtschaft und Politik<br />
Am Vortag der Messe (Montag, 19. Februar 2024)<br />
findet bereits unter dem Titel „Perspektiven für<br />
die Energiewelt von morgen“ das Führungstreffen<br />
Energie statt. Im Fokus stehen dabei neben<br />
dem Status Quo und den nächsten Schritten der<br />
Energiewende in Deutschland und Europa auch<br />
die zukünftige Wärmeversorgung vor dem Hintergrund<br />
des Gebäudeenergiegesetzes, die Verkehrswende,<br />
die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands<br />
hinsichtlich der Strompreise und die<br />
Digitalisierung der Netzinfrastruktur.<br />
Unter anderem werden Stefan Wenzel, Parlamentarischer<br />
Staatssekretär MdB beim Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Klimaschutz,<br />
Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz<br />
und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />
sowie Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur,<br />
sprechen.<br />
Am ersten Messetag (Dienstag, 20. Februar<br />
2024) folgt dann von 13 bis 17 Uhr das Glasfaserforum.<br />
Inhaltliche Partner sind erneut der Bundesverband<br />
Breitbandkommunikation (BREKO),<br />
die MICUS Strategieberatung sowie der Mitveranstalter<br />
der E-world, die con|energy.<br />
„Das Glasfaserforum geht im Jahr 2024 in die<br />
sechste Auflage und hat sich bereits als fester<br />
Bestandteil in der Glasfaserbranche etabliert. In<br />
mehreren spannenden Vorträgen und mit einem<br />
hochkarätig besetzten Panel werden insbesondere<br />
die Themen innovative Ausbaumodelle<br />
und Nachhaltigkeit beim Ausbau die Schwerpunkte<br />
bilden. Wir freuen uns auf das Zusammenkommen<br />
der Branche im Februar in Essen“,
Bild: © Messe Essen<br />
so Andreas Mescheder, Geschäftsführer der MI-<br />
CUS Strategieberatung GmbH.<br />
BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers ergänzt:<br />
„Das Glasfaserforum NRW bietet eine<br />
Plattform für Netzbetreiber, um ihre innovativen<br />
Ansätze im Glasfaserausbau zu präsentieren<br />
und mit Politik und Verwaltung zu diskutieren.<br />
Damit stärkt das Glasfaserforum die Vielfalt im<br />
Glasfasermarkt und fördert die digitale Transformation<br />
unseres Landes.“<br />
Für beide Konferenzen ist ein Ticket erforderlich.<br />
Messe- und Konferenztickets können im offiziellen<br />
E-world Ticketshop unter ticketshop.eworld-essen.com<br />
erworben werden.<br />
Digitales Kick-off wegweisend für<br />
das Messeprogramm<br />
Einen Ausblick auf die E-world 2024 gab bereits<br />
das digitale Kick-off-Event zu Europas Leitmesse<br />
für Energiewirtschaft, das vom 7. bis 9. November<br />
<strong>2023</strong> stattfand. Die dreitägige digitale<br />
Veranstaltung widmete sich diesmal diversen<br />
aktuellen Energiethemen und bot der Branche<br />
ausgezeichnete Gelegenheit zum Austausch<br />
und Netzwerken.<br />
Die Veranstalter begrüßten an diesen drei Tagen<br />
des Kick-off Eevents zur E-world 2024 unterschiedliche<br />
Vortragende aus Politik, Wissenschaft<br />
und Wirtschaft, die über die thematischen<br />
Schwerpunkte der Fachmesse debattierten.<br />
Neben der Rolle des Staates in der Energieversorgung<br />
wurde ebenso die „Kommunale Wärmeplanung“<br />
thematisiert und ein drohendes Überangebot<br />
von Gas in Europa diskutiert.<br />
Die Aufzeichnungen der drei E-world Kick-off<br />
Veranstaltungen in deutscher und englischer<br />
Sprache sind ab sofort in der Community kostenfrei<br />
abrufbar. Details finden Sie im Web unter:<br />
www.community.e-world-essen.com/home.<br />
Vertieft und weiter diskutiert werden die Themen<br />
des Kick-off sowie viele weitere vom 20.<br />
bis 22. Februar 2024 in der Messe Essen, wenn<br />
die E-world der Branche wieder ihre gewohnte<br />
Networking-Plattform bietet.<br />
Insgesamt wollen die Organisatoren der E-world,<br />
Europas Leitmesse der Energiewirtschaft, bieten<br />
mit der E-world Community ganzjährig eine Informations-<br />
und Netzwerkplattform bieten.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S32<br />
VERANSTALTUNGEN<br />
Forum Verkehr<br />
bringt spannende<br />
Vorträge in Wien<br />
Das Forum Verkehr bringt auch im Jahr<br />
2024 wieder die Crème de la Crème<br />
der Verkehrsexpertinnen und -experten<br />
zusammen. Die Verkehrsbranche trifft sich von<br />
28. bis 29. Februar 2024 im DoubleTree by Hilton<br />
Vienna, um die aktuellsten Themen zu diskutieren.<br />
Im gemeinsamen Plenum zu Beginn<br />
des Kongresses wird nach Beiträgen zur Mobilitätswende<br />
und Wirtschaftsentwicklung eine Diskussionsrunde<br />
zum Thema “Investition in eine<br />
(grüne) Zukunft”, unter hochkarätiger Besetzung<br />
von ÖBB, Rhein-Main-Verkehrsverbund und weiteren,<br />
im Fokus stehen.<br />
Besucher der Veranstaltung in Wien können eintauchen<br />
in lebhafte Diskussionen über nachhaltige<br />
Mobilität, innovative Transportlösungen und die<br />
digitale Revolution im Verkehrswesen. Dieser Kongress<br />
von Institut Manfred Hämmerle (imh) bietet<br />
die einzigartige Gelegenheit, wertvolle Erkenntnisse<br />
zu gewinnen, inspirierende Visionen zu teilen<br />
und wegweisende Partnerschaften zu knüpfen.<br />
Nach dem gemeinsamen Plenum zu Beginn des<br />
Kongresses starten parallel vier Fachkonferenzen.<br />
Folgende Schwerpunktthemen werden dabei<br />
behandelt:<br />
Schieneninfrastruktur:<br />
- Mobilitätswende im Fokus<br />
- Neue Technologien im Fahrzeugbereich<br />
- Wasserstoff und Batteriespeicher im Schienenverkehr<br />
- Kapazität fordert die Branche<br />
PSO & ÖPNV:<br />
- Peripherie vs. urbaner Raum: Verbindende Lösungsansätze<br />
- Investition in eine (grüne) Zukunft: Teuerung,<br />
Förderungen & Maßnahmen der EU<br />
- Ausblick: Autonome On-Demand-Mobilität in<br />
Deutschland<br />
Fuhrparkmanagement:<br />
- E-Mobilität<br />
- Digitales Flottenmanagement<br />
- THG-Quote<br />
- Car Policy<br />
- Intelligente Ladestrategien<br />
Dekarbonisierung im Güterverkehr:<br />
- E-LKW: Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur<br />
- H2: Wirtschaftlichkeit<br />
- Urbane Logistik auf der Letzten Meile<br />
- Förderprogramme für den Güterverkehr
Bild: © imh, Interfoto<br />
Im Detail kommen folgende Themen aufs Tapet:<br />
SCHIENENVERKEHR<br />
- Update TSI: Die neue Richtlinie verständlich<br />
aus behördlicher und Anwender-Sicht<br />
- 4. Eisenbahnpaket: Neue Regelungen in der<br />
Umsetzung und Fahrzeuggenehmigungen<br />
- Neue Technologien im Fahrzeugbereich: Doppelstockwägen,<br />
Autonomes Fahren …<br />
- Alternative Antriebe im Test: Wasserstoff und<br />
Batteriespeicher im Schienenverkehr<br />
- Digitalisierung geht weiter: Die DAK im Fokus<br />
Kapazitätsprobleme fordern die Branche: Fahrzeuge,<br />
Netzausbau, Personal<br />
PSO & ÖPNV<br />
- Direktvergaben & das grüne Vergaberecht<br />
- CVD, Novelle des BVergG & die Schwellenwerte-VO<br />
- Investition in eine (grüne) Zukunft – Teuerung,<br />
Förderungen & Maßnahmen der EU<br />
- Autonome On-Demand-Mobilität in Deutschland<br />
- Peripherie vs. urbaner Raum – verbindende<br />
Lösungsansätze<br />
- Erfahrungsberichte: E-Bus- & Wasserstoffbus-<br />
Flotte<br />
FUHRPARKMANAGEMENT<br />
- Circular Economy im Fuhrparkmanagement:<br />
- Strategien für eine ökologische Unternehmensmobilität<br />
- Ladeinfrastruktur für eine nachhaltige Mobilität:<br />
Intelligente Ladestrategien in der Praxis<br />
- THG-Quote: Preismodelle & rechtliche Neuerungen<br />
direkt von WKO<br />
- Die Zukunft von synthetischen Kraftstoffen:<br />
Lösungen zur Dekarbonisierung im Straßengüterverkehr<br />
- Das Dienstrad-Modell: Der nachhaltige Weg<br />
zum modernen und leistbaren Dienstfahrzeug<br />
DEKARBONISIERUNG IM GÜTERVERKEHR<br />
- Masterplan Güterverkehr 2030 direkt vom<br />
BMK<br />
- Dekarbonisierung im Güterverkehr: Der aktuelle<br />
Stand in Österreich<br />
- Förderprogramme für den Güterverkehr: Förderprogramme<br />
ENIN/LADIN direkt vom FFG<br />
- Ladeinfrastruktur für eine nachhaltige Mobilität<br />
direkt von der ASFINAG<br />
- Wasserstoff für den Güterverkehr: Produktion<br />
& Betankung, Praxiserfahrungen<br />
- Herausforderung Letze Meile: Innovative Lösungen<br />
FORUM VERKEHR 2024<br />
Kongresstage:<br />
28.-29.2.2024<br />
Ort:<br />
Wien<br />
Weitere Infos auf der<br />
Internetseite von imh:<br />
FORUM VERKEHR<br />
Nächste Ausgabe:<br />
2024
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S34<br />
MESSTECHNIK<br />
Staatspreis Innovation<br />
für Primetals Technologies<br />
Austria GmbH<br />
Das österreichische Bundesministerium<br />
für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) verlieh<br />
den Staatspreis Innovation <strong>2023</strong> für das<br />
Projekt „HYFOR® – Hydrogen-Based Fine<br />
Ore Reduction“ an die Primetals Technologies<br />
Austria GmbH aus Oberösterreich.<br />
Neben dieser höchsten staatliche Auszeichnung<br />
für innovative Unternehmen<br />
wurden noch die beiden Sonderpreise<br />
ECONOVIUS und VERENA vergeben.<br />
Der Staatspreis Innovation wird regelmäßig<br />
im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums<br />
für Arbeit und Wirtschaft<br />
von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws)<br />
organisiert und wurde in diesem Jahr bereits zum<br />
43. Mal vergeben. Diesmal hat ein Messtechnik-<br />
Unternehmen aus Oberösterreich abgeräumt -<br />
die Primetals Technologies Austria GmbH.<br />
„Mit dem Staatspreis Innovation zeichnen wir Unternehmen<br />
aus, die aktuelle Herausforderungen<br />
mit innovativem Denken angehen und Lösungen<br />
erarbeiten. Wir wollen diese außergewöhnlichen<br />
Leistungen auf die Bühne holen und sichtbar<br />
machen. Primetals Technologies Austria gelingt<br />
mit ihrem Projekt HYFOR ein wichtiger Schritt in<br />
Richtung der klimafreundlichen Stahlerzeugung,<br />
wozu ich ganz herzlich gratulieren möchte. Die<br />
Strahlkraft dieser höchsten staatlichen Auszeichnung<br />
im Bereich Innovation ist für uns enorm<br />
wichtig: Durch die Innovationskraft der heimischen<br />
Unternehmen entstehen hochqualifizierte<br />
Arbeitsplätze und der Wirtschaftsstandort wird<br />
nachhaltig gestärkt“, so Eva Landrichtinger, Generalsekretärin<br />
Bundesministerium für Arbeit und<br />
Wirtschaft anlässlich der Verleihung des Staatspreises<br />
Innovation <strong>2023</strong>.<br />
CO2-freie Stahlproduktion ausgezeichnet<br />
Die Primetals Technologies Austria GmbH erhält<br />
den diesjährigen Staatspreis Innovation für das<br />
Projekt „HYFOR® – Hydrogen-Based Fine Ore<br />
Reduction“. Erzverarbeitung auf Wasserstoffbasis<br />
steht noch ganz am Anfang: Durch ein radikales<br />
Direktreduktionsverfahren soll diese grüne<br />
Technologie aber bald eine breite Anwendbarkeit<br />
erfahren.<br />
Die Stahlindustrie will und muss grüner werden.<br />
Statt Koks im Hochofen setzt sie daher auf Wasserstoff<br />
und elektrischen Strom. Ein besonders radikales<br />
Verfahren zur CO2-freien Stahlerzeugung<br />
entwickelt die Linzer Primetals Technologies Austria<br />
seit 2016, eine Pilotanlage arbeitet seit 2021.<br />
HYFOR ist ein Direktreduktionsprozess, bei dem<br />
feinkörniges Erz beliebigen Typs – Hämatit, Magnetit<br />
bis Siderit – in einer Wirbelschicht zu Eisenschwamm<br />
metallisiert wird. Bislang unverzichtbare<br />
Pelletieranlagen braucht es keine mehr. Der<br />
Rohstoff vom österreichischen Erzberg bleibt so<br />
weiterhin hoch im Kurs. Gleichzeitig wird klimafreundliche<br />
Stahlerzeugung im großtechnischen<br />
Maßstab möglich: 2024 will Primetals Technologies<br />
auf dem Gelände der voestalpine Linz die<br />
erste industrielle Prototyp-Anlage errichten.
Bild: © Austria Wirtschaftsservice GmbH / APA-Fotoservice / Martin Lusser<br />
Nominierungen für den Staatspreis Innovation<br />
Weitere fünf Unternehmen wurden mit einer Nominierung<br />
ausgezeichnet:<br />
T.I.P.S. Messtechnik GmbH<br />
mit dem Projekt „T.I.P.S. Power KGD – The Next<br />
Generation of High Power Semiconductor Test“:<br />
Das auf Halbleiter-Prüftechnik spezialisierte<br />
Kärntner Familienunternehmen T.I.P.S. ermöglicht<br />
erstmals die skalierbare „Known-Good-Die“<br />
(KGD) Testung von vereinzelten Leistungshalbleitern<br />
der neuesten Generation.<br />
Schwing GmbH<br />
mit dem Projekt „Diamond Wire Saw 4.0“ – Revolution<br />
beim Zerteilen von Natursteinblöcken:<br />
Eine digital gesteuerte und hydraulisch angetriebene<br />
exakte Diamantseilsäge löst herkömmliche<br />
Methoden ab und reduziert Emissionen,<br />
Transporte, Kosten und Verschnitt erheblich.<br />
Qualitätsbeurteilungen vom Material können<br />
schon im Steinbruch vor Ort getätigt werden.<br />
Miba AG<br />
Mit dem Projekt „Miba POWERcloser® – Sicherheitssystem<br />
für E-Fahrzeuge schützt Insassen,<br />
Helfer und Fahrzeugelektrik®“ – Drei Millisekunden<br />
bis zur Sicherheit: Ein pyrotechnischer<br />
Schließer schützt bei Unfällen Insassen und<br />
Ausrüstung von Elektrofahrzeugen vor den Folgen<br />
eines Kurzschlusses.<br />
Dental Manufacturing Unit GmbH<br />
mit dem Projekt „Laserschneidanlage für unsichtbare<br />
Zahnspangen“: Ein in Salzburg entwickelter<br />
Laserschneider mit integrierter Kamera<br />
schafft mit hoher Genauigkeit Zahnschienen mit<br />
runden Kanten – und das vollautomatisch.<br />
Getzner Werkstoffe GmbH<br />
mit dem Projekt „Innovative Schwellensohlen<br />
der nächsten Generation I Sicherheit gegenüber<br />
Gleisverwerfungen“: Diese neu entwickelten<br />
Schwellensohlen sind aus Polyurethan hergestellt<br />
und widerstehen der hitzebedingten<br />
Ausdehnung von Bahngleisen. Entgleisungen<br />
gehen dadurch zurück, genauso wie die damit<br />
verbundenen Kosten.<br />
Sonderpreis<br />
Der Sonderpreis ECONOVIUS <strong>2023</strong> ging in diesem<br />
Jahr an die T.I.P.S. Messtechnik GmbH für<br />
das Projekt „T.I.P.S. Power KGD – The Next Generation<br />
of High Power Semiconductor Test“.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S36<br />
GREEN LOGISTICS<br />
Österreichische<br />
Post AG:<br />
Mehr Umsatz,<br />
mehr grün<br />
Die Österreichische Post AG setzt ihren wirtschaftlichen<br />
Erfolg auch im 3. Quartal des Geschäftsjahres<br />
<strong>2023</strong> fort. Und so ganz nebenbei wird der Logistikkonzern<br />
mit Hauptsitz in Wien auch zu einem durchaus<br />
nachhaltigen Unternehmen umgebaut. Aus gelb<br />
wird grün, wird von Seiten des Managements der<br />
Post immer wieder angemerkt.<br />
Text: Peter R. Nestler, red<br />
GEORG PÖLZL<br />
GENERALDIREKTOR<br />
ÖSTERREICHISCHE POST AG<br />
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelingt<br />
es der Österreichischen Post AG im<br />
Konzern auch im laufenden Geschäftsjahr<br />
<strong>2023</strong> wieder, den Umsatz auszubauen. Und auch<br />
das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zum Teil<br />
liegt der Ursprung des Erfolgs im Ausland, wo Beteiligungen<br />
aufblühen. Aber auch im Inland wird<br />
den Rückgängen im Onlinehandel getrotzt. Der<br />
Umbau von der gelben zur (auch) grünen Post<br />
wird konsequent weiterverfolgt.<br />
Schwierige Rahmenbedingungen<br />
Das Jahr <strong>2023</strong> ist rundherum von herausfordernden<br />
Rahmenbedingungen geprägt.<br />
Die hohe Inflation vor allem in Österreich bei<br />
gleichzeitig schwächer werdender Wirtschaftsleistung<br />
in mehreren Ländern Europas hat negative<br />
Effekte auf das Investitionsverhalten von Menschen<br />
und Unternehmen. Insbesondere der Einzelhandel<br />
verzeichnet stationär aber auch online<br />
aktuell eine rückläufige Nachfrage. Nicht zuletzt<br />
die Pleiten von Leiner und mehrerer Schuhhändler<br />
legten ein spürbares Zeugnis davon ab.<br />
Diese negative Entwicklung betrifft natürlich auch<br />
Kunden der Österreichischen Post im Versandhandel-<br />
und Werbebereich. „Vor dem Hintergrund des<br />
angespannten makroökonomischen Umfeldes<br />
sind wir mit der Entwicklung der Österreichischen<br />
Post sehr zufrieden“, so Generaldirektor Georg<br />
Pölzl. „Das Wachstum im Paketbereich, aber auch<br />
der Anstieg bei Finanzdienstleistungen, konnten<br />
den Rückgang bei Brief- und Werbesendungen<br />
kompensieren“, so Pölzl weiter.<br />
Mehr Umsatz, Ergebnis stabil<br />
Die Umsatzerlöse des Konzerns verbesserten<br />
sich in den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> um 8,5<br />
Prozent auf 1.969,3 Mio. EUR. Dabei zeigte die<br />
Division Paket & Logistik einen Umsatzzuwachs<br />
von 16,6 Prozent auf 1.009,1 Mio. EUR, basierend<br />
auf Volumenzuwächsen in allen Regionen<br />
der Österreichischen Post: In den ersten neun<br />
Monaten <strong>2023</strong> war ein Mengenwachstum von<br />
11 Prozent in Österreich, 25 Prozent in Südostund<br />
Osteuropa sowie 11 % in der Türkei zu verzeichnen.<br />
„Mit der Geschäftsentwicklung in Südosteuropa<br />
und auch in der Türkei sind wir sehr<br />
zufrieden“, sagt Pölzl bei der Präsentation der<br />
Quartalszahlen in Wien. Der Markt und auch das<br />
Wachstum in der Türkei sind allerdings weiterhin<br />
von der im Land herrschenden sehr hohen Inflation<br />
und der ungünstigen Wechselkursentwicklung<br />
beeinträchtigt.
Bilder: © Österreichische Post AG<br />
Weniger Briefe und Werbung<br />
Die Division Brief & Werbepost verzeichnete in<br />
den ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> einen Umsatzrückgang<br />
von 2,3 % auf 866,7 Mio. EUR, bedingt<br />
durch eine weitere Abnahme des klassischen<br />
Briefgeschäfts, aber auch durch Volumenrückgänge<br />
im Werbegeschäft. Der klassische Prospekt<br />
habe aber noch lange nicht ausgedient, betonte<br />
Pölzl. „Der ist nach wie vor ungebrochen<br />
beliebt – ohne geht es nicht.“<br />
Ein starkes Umsatzplus von 39,3 Prozent auf<br />
118,6 Mio. EUR generierte die Division Filiale &<br />
Bank, vor allem durch die gestiegenen Zinsen.<br />
„Die Bank99 ist stark, da können wir nicht klagen“,<br />
meint Pölzl stolz.<br />
Ergebnisentwicklung ist gut<br />
Trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
und den kostenseitigen Inflationstrends<br />
konnte die Österreichische Post in den<br />
ersten drei Quartalen <strong>2023</strong> eine Verbesserung<br />
bei den wesentlichen Ergebniskennzahlen verzeichnen.<br />
Das EBITDA steigerte sich um 9,5 Prozent<br />
auf 282,4 Mio. EUR und das Ergebnis vor<br />
Zinsen und Steuern (EBIT) stieg um 4,4 Prozent<br />
auf 130,8 Mio. EUR.<br />
Die Division Brief & Werbepost generierte ein EBIT<br />
von 102,1 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen<br />
<strong>2023</strong> nach 110,7 Mio. EUR im Jahr zuvor (–7,8 %).<br />
Die rückläufigen Volumen konnten nur teilweise<br />
durch Tarifmaßnahmen kompensiert werden.<br />
In der Division Paket & Logistik wurde in den ersten<br />
drei Quartalen <strong>2023</strong> ein EBIT von 60,7 Mio.<br />
EUR nach 58,6 Mio. EUR generiert (+3,5 %).<br />
Die Division Filiale & Bank verzeichnete ein EBIT<br />
von minus 5,6 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen<br />
<strong>2023</strong> nach minus 24,8 Mio. EUR in der<br />
Vorjahresperiode und zeigte somit eine starke<br />
Ergebnisverbesserung von 77,5 %. Wesentlich<br />
dazu beigetragen hat die positive Entwicklung im<br />
Finanzdienstleistungsgeschäft der bank99, basierend<br />
auf dem aus Bankensicht verbesserten<br />
Zinsumfeld.<br />
Das Periodenergebnis steigerte sich in den ersten<br />
drei Quartalen <strong>2023</strong> von 84,8 Mio. EUR auf<br />
90,8 Mio. EUR, daraus ergibt sich ein verbessertes<br />
Ergebnis je Aktie von 1,30 EUR nach 1,25<br />
EUR in der Vorjahresperiode (+4,4 %). Das lässt<br />
Anleger auf eine gute Dividende der Österreichischen<br />
Post AG hoffen.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S38<br />
GREEN LOGISTICS<br />
Positiver Ausblick<br />
Auch für die nächsten Quartale sieht die Führungsriege<br />
der Österreichischen Post AG die<br />
Themen Inflation, Konsumverhalten und die Entwicklung<br />
im Handel als bestimmende Herausforderungen<br />
in den Märkten. Wachstumschancen<br />
zu nutzen und gleichzeitig Effizienzmaßnahmen<br />
umzusetzen, bleibe oberste Priorität, betont Pölzl.<br />
Das Unternehmen behalt daher den bereits früher<br />
geäußerten Ausblick bei und erwartet für das Geschäftsjahr<br />
<strong>2023</strong> ein Wachstum zumindest im mittleren<br />
einstelligen Bereich.<br />
Prognoseschwankungen ergeben sich durch das<br />
Inflationsumfeld in der Türkei sowie durch den<br />
schwankenden Wechselkurs der türkischen Lira.<br />
Das Ziel bleibe aufrecht, <strong>2023</strong> ein Konzernergebnis<br />
(EBIT) auf dem Niveau des Vorjahres zu erreichen.<br />
Und auch für 2024 wird ein Umsatzwachstum – insbesondere<br />
im Paketbereich – angepeilt, um dem<br />
Kostenauftrieb zu begegnen und die langjährige<br />
stabile Ergebnisentwicklung fortzusetzen.<br />
Sortierleistung weiter steigern<br />
Das massive Investitionsprogramm der vergangenen<br />
Jahre mit einer nahezu Verdreifachung der<br />
Sortierleistung in der Paketlogistik in Österreich<br />
befindet sich aktuell mit der Inbetriebnahme des<br />
neuen Paket-Logistikzentrums Wien in der finalen<br />
Phase. Darüber hinaus wird der Ausbau der<br />
E-Mobilität weiter vorangetrieben.<br />
Erklärtes Ziel des Post-Managements ist es, bis<br />
ins Jahr 2030 eine CO2-freie Zustellung in ganz<br />
Österreich zu schaffen. „Wir sind bestrebt, unseren<br />
Kunden nicht nur stets eine hervorragende<br />
Qualität anbieten zu können, sondern wollen<br />
auch weiterhin Vorreiterin in der grünen Logistik<br />
sein“, so Georg Pölzl abschließend.<br />
Erfolge bei der Nachhaltigkeit<br />
Die Aktivitäten der Österreichischen Post AG zum<br />
Thema Corporate Sustainability sind umfassend.<br />
Als Logistikkonzern sind die Anforderungen dabei<br />
hoch, denn gerade die Logistik hat einen<br />
nicht gerade kleinen ökologischen Fußabdruck.<br />
Wie dieser vom Elefanten zur Maus werden soll,<br />
versucht die Post gerade vorzuleben.<br />
Bereits vor mehr als zehn Jahren wurde von der<br />
Österreichischen Post die Initiative „CO2 NEU-<br />
TRAL ZUGESTELLT“ ins Leben gerufen. Bis 2030<br />
will die Post den nächsten großen Meilenstein<br />
ihrer Klimastrategie erreicht haben: Die gesamte<br />
Zustellung in Österreich wird bis auf E-Fahrzeuge<br />
umgestellt und somit CO2-frei sein.<br />
Bilder: © Österreichische Post AG<br />
AMBITIONEN DER ÖSTERREICHISCHEN POST WERDEN GEWÜRDIGT<br />
ALC Award<br />
2022<br />
ESG Reporting<br />
CEO & CFO<br />
des Jahres<br />
<strong>2023</strong> in der<br />
Kategorie ESG<br />
Neuerliche<br />
Aufnahme<br />
CDP A List<br />
2. Platz<br />
Austrian<br />
Sustainability<br />
Reporting<br />
Award<br />
2022<br />
1. Platz<br />
Effective<br />
Sustainability<br />
Communicator<br />
2022<br />
Austria<br />
1
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S40<br />
GREEN LOGISTICS<br />
Die Zukunft liegt im<br />
Smart Charging<br />
Ökosystem<br />
„E-Mobilität ist Teil der Lösung für eine erfolgreiche<br />
Energiewende. Die Technologie zur Rückspeisung<br />
von E-Fahrzeugen in die PV-Anlage eines Hauses<br />
gibt es seit mehr als zehn Jahren. Nur die dazugehörenden<br />
Geschäftsmodelle und der Markt entwickelten<br />
sich langsamer. Was es in Zukunft dringend<br />
braucht – und wir sind uns der Komplexität dessen<br />
durchaus bewusst – ist ein so genanntes Smart<br />
Charging-Ökosystem“, forderte unlängst Hauke<br />
Hinrichs, der CEO von SMATRICS.<br />
Mit dem Smart Charging-Ökosystem können<br />
Ladevorgänge sowohl für Fahrzeugbesitzer:innen<br />
als auch für das<br />
Stromnetz effizient und optimal gestaltet werden,<br />
so Hinrichs. „Es ermöglicht eine intelligente Nutzung<br />
der Energiequellen, minimiert Kosten und<br />
reduziert Belastungen im Stromnetz“, ergänzt er.<br />
E-Mobilität als Unterstützung<br />
für benötigten Speicherausbau<br />
„Für das Stromnetz ist der Ausbau der Erneuerbaren<br />
eine Herausforderung. Wie auch aus dem<br />
integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan<br />
(ÖNIP) ersichtlich, ist ein massiver Ausbau<br />
der erneuerbaren Energien zu erwarten. Besonders<br />
die Photovoltaik hat durch ihre niedrigen<br />
Erzeugungskosten das Potenzial, die Energiewende<br />
signifikant zu beeinflussen“, betont<br />
Robert Spolwind, Head of Portfolio Management<br />
and Energy Economics bei VERBUND.<br />
„Allerdings muss es auch Möglichkeiten geben,<br />
die an sonnigen Tagen gewonnenen Energieüberschüsse<br />
zu speichern. Es braucht daher<br />
Netze und Speichertechnologien, die uns helfen<br />
mit den Schwankungen und Überschüssen sinnvoll<br />
umzugehen. Die Batteriespeicher von E-Autos<br />
sind hier eine hervorragende Ergänzung zu<br />
Pumpspeichern.“<br />
Blick nach Deutschland<br />
„Wir sehen einen Hochlauf sowohl bei den Elektroautos,<br />
als auch den Netzanschlüssen von<br />
Wallboxen und Schnellladern. Die damit verbundene<br />
gigantische Flexibilität von E-Autos kann<br />
es uns ermöglichen unsere „Stromautobahnen“<br />
zu entlasten und Erneuerbare Energien besser<br />
ins Netz zu integrieren,“ erklärt Dr. Henning<br />
Schuster, Geschäftsführer E-Bridge Consulting.<br />
„Um diese Entwicklung weiter zu fördern und<br />
Hürden für die Elektromobilität aus dem Weg<br />
zu räumen, hat das deutsche Bundesministerium<br />
einen Branchendialog zur Beschleunigung<br />
der Netzanschlüsse gestartet. Dieser enthält<br />
ganz konkrete Maßnahmen für einheitliche Anschlussbedingungen,<br />
vereinfachte Verfahren,<br />
die Harmonisierung und Reduzierung der Kosten<br />
und das Erleichtern der Inbetriebnahmen.<br />
Um die Flexibilität der E-Autos vollständig entfalten<br />
zu können, braucht es eine umfassende<br />
Digitalisierung der Stromnetze”, sagt Schuster.<br />
Dies startet in Deutschland jetzt mit konkreten<br />
Digitalisierungsanforderungen durch die Bundesnetzagentur.<br />
Uns ist bewusst, dass die Gestaltung<br />
dieses notwendigen komplexen prozessualen<br />
Rahmens einige Jahre dauern wird.“
Bild: © SMATRICS<br />
Die E-Mobilität ins System bringen<br />
„Der Verkehr trägt rund ein Drittel zum CO 2 -Ausstoß<br />
und Energieverbrauch bei. Daher leistet E-Mobilität<br />
einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und<br />
ist einer der Schlüssel in eine CO 2 -freie Energiezukunft.<br />
Der erwartete höhere Strombedarf durch<br />
E-Autos ist für Österreich zu schaffen, das sehe ich<br />
nicht als große Herausforderung”, so Schuster.<br />
Was es aber dringend braucht, ist ein Upgrade der<br />
Energieinfrastruktur und angepasste Rahmenbedingungen.<br />
Um die Flexibilität im Energiesystem<br />
zu erhöhen, erfordert es digitale Lösungen<br />
für das Lade- und Lastmanagement, um kundenund<br />
marktorientierte Ladeservices entwickeln zu<br />
können und den erforderlichen Netzausbau zu<br />
optimieren. Denn wir können die Zukunft nicht<br />
mit den Regeln der Vergangenheit gestalten“,<br />
betont Barbara Schmidt, Generalsekretärin von<br />
Oesterreichs Energie zum Abschluss.<br />
SMATRICS Generalunternehmer beim Ausbau<br />
der deutschlandweiten Schnellladeinfrastruktur<br />
Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW)<br />
setzt ihre ehrgeizigen Pläne für den Ausbau<br />
der deutschlandweiten Schnellladeinfrastruktur<br />
konsequent fort und hat Ende September als erstes<br />
Unternehmen des Landes den Meilenstein<br />
von 1.000 öffentlichen Schnellladestandorten<br />
erreicht. Der österreichische Full-Service-Provider<br />
SMATRICS, eine Tochtergesellschaft der<br />
EnBW, freut sich, einen entscheidenden Beitrag<br />
zur erfolgreichen Realisierung als Generalunternehmer<br />
bei rund 110 dieser Standorte geleistet<br />
zu haben. Zusätzlich war SMATRICS bei<br />
mehr als 450 weiteren Standortanalysen und<br />
-planungen mit seiner Expertise involviert.<br />
Hauke Hinrichs: „Die EnBW ist Marktführerin im<br />
Bereich E-Mobilität in Deutschland. Wir freuen uns,<br />
ihr als Partner zur Seite zu stehen, um gemeinsam<br />
eine zukunftsfähige Mobilität voranzutreiben.<br />
Die errichteten Ladestandorte stehen nun allen<br />
Elektrofahrer:innen zur Verfügung und tragen<br />
maßgeblich zur Förderung der Elektromobilität bei.“<br />
Damit die Ladeinfrastruktur von Endkund:innen<br />
genutzt werden kann, sind von SMATRICS als<br />
Generalunternehmer zahlreiche Schritte zu<br />
setzen – von der ersten Standortbegehung bis<br />
zur Inbetriebnahme der Ladestandorte. Neben<br />
der technischen Koordination von Dienstleistern<br />
und der baulichen Umsetzung bedarf es<br />
individueller Standortplanung, um lokalen wie<br />
wirtschaftlichen Anforderungen von Auftraggebern<br />
gerecht zu werden.<br />
SMATRICS E-Mobility<br />
Talk (v.l.n.r.): Dipl.-Wirt.-<br />
Ing. Hauke Hinrichs, CEO<br />
SMATRICS, Dr. Henning<br />
Schuster, Geschäftsführer<br />
E-Bridge Consulting,<br />
Deutschland, Dr. Barbara<br />
Schmidt, Generalsekretärin<br />
Oesterreichs Energie, und<br />
Dr. Robert Spolwind, Head<br />
of Portfolio Management<br />
and Energy Economics bei<br />
VERBUND.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S42<br />
GREEN LOGISTICS<br />
ÖBB Rail Cargo<br />
Group bringt Abfall<br />
auf die Schiene<br />
Seit Jahresbeginn 203 ist das novellierte Abfallwirtschaftsgesetz<br />
(AWG) in Österreich in Kraft – und<br />
bietet damit enormes Potenzial für den Klimaschutz<br />
sowie den umweltfreundlichen Transport von Abfällen<br />
auf der Schiene. Abfalltransporte mit einem<br />
Gesamtgewicht von mehr als zehn Tonnen ab<br />
einer Distanz von 300 Kilometern zurückgelegter<br />
Entfernung müssen demnach mit der Bahn transportiert<br />
werden. Die ÖBB Rail Cargo erledigt das.<br />
Anschlussbahnen spielen dabei immer wieder eine<br />
entscheidende Rolle.<br />
In enger Zusammenarbeit mit neuen und bestehenden<br />
Kunden hat die RCG bereits eine<br />
Vielzahl an Logistikkonzepten erarbeitet, die<br />
sowohl betrieblich als auch wirtschaftlich erfolgreich<br />
sind. Zahlreiche Verträge liegen unter Dach<br />
und Fach und eine erste Bilanz zeigt: 200.000<br />
Tonnen, die zuvor mit dem Lkw transportiert wurden,<br />
werden durch das AWG auf die Schiene<br />
verlagert. Das entspricht mehr als 11.400 Lkw-<br />
Fahrten* – würde man die Fahrzeuge ab Wien<br />
aneinanderreihen, entstünde auf der Autobahn<br />
ein 200 Kilometer langer Stau bis nach Graz. Die<br />
Vermeidung der entsprechenden Fahrten bewirkt<br />
also ein unübersehbares Plus für die Umwelt.<br />
Jeder Transport zählt<br />
Die ÖBB Rail Cargo Group (RCG) verfügt bereits<br />
über langjährige Expertise in der Abfallwirtschaft<br />
und bietet Neu- und Bestandskunden effiziente<br />
Logistiklösungen sowohl national in Österreich<br />
als auch international, also über die Landesgrenzen<br />
hinaus.<br />
Drei Beispiele für bereits bestehendeKooperationen<br />
der RCG mit Betrieben:<br />
• Das Entsorgungsunternehmen Böhler Abfall GmbH<br />
erhielt in Verbindung mit einem Schienenlogistik-Konzept<br />
der RCG den Zuschlag bei der<br />
Klärschlamm-Ausschreibung des Vorarlberger<br />
Umweltverbands. Konkret werden jährlich bis zu<br />
12.000 Tonnen Klärschlamm nach Niederösterreich<br />
transportiert.<br />
• Auch bei internationalen Import-, Export- und<br />
Transitverkehren greift das AWG. Für das italienische<br />
Unternehmen DIFE transportiert die<br />
RCG 5.000 Jahrestonnen Siedlungsabfälle für<br />
die thermische Verwertung von Italien in die<br />
Niederlande – einmal quer durch Österreich auf<br />
insgesamt fast 1.600 Schienenkilometern.<br />
• Die LINZ AG ist langjähriger Kunde der ÖBB<br />
RCG. Seit Jahresbeginn fährt die RCG – zusätzlich<br />
zu den 78.000 Jahrestonnen – nochmals 7.500<br />
Tonnen Siedlungsabfälle von Graz nach Linz.<br />
Anschlussbahnen und Ladestellen<br />
beschleunigen Verlagerung<br />
Nicht zuletzt ist das Thema Ladestellen und Anschlussbahnen<br />
in den Fokus der ÖBB-Infrastruktur<br />
AG gerückt. Auch im aktuellen Rahmenplan<br />
sind jährlich zusätzlich rund 4 Millionen Euro für
Bild: © ÖBB, Andreas Scheiblecker<br />
die Modernisierung und den Ausbau von Ladestellen<br />
und privaten Anschlussbahnen vorgesehen.<br />
So können die notwendigen infrastrukturellen<br />
Voraussetzungen geschaffen und der<br />
Umstieg auf die Schiene auch für zukünftige<br />
Partner noch attraktiver gemacht werden.<br />
Die verstärkte Nutzung von Anschlussbahnen<br />
durch Unternehmen ist ein weiterer essenzieller<br />
Schlüssel zur Erreichung der österreichischen<br />
Klimaziele. Erst kürzlich wurde in Niederösterreich<br />
für einen Großkunden die bereits<br />
vierte Anschlussbahn in Betrieb genommen.<br />
2022 wurde gemeinsam mit dem österreichischen<br />
Bundesheer die Anschlussbahn Fliegerhorst<br />
Brumowski / Langenlebarn generalsaniert<br />
und reaktiviert sowie mit der Firma Bau<br />
Beton eine Anschlussbahn im Hafen Freudenau<br />
in Wien errichtet.<br />
Geplante Projekte<br />
Derzeit sind etwa fünf neue Anschlussbahnen<br />
beziehungsweise Reaktivierungen von bestehenden<br />
Anschlussbahnen und acht Modernisierungen<br />
von Ladestellen in konkreter Planung<br />
und späteren Umsetzung.<br />
Rail Cargo Group:<br />
Güterverkehr der ÖBB<br />
Als führender Bahnlogistiker in Europa gestaltet<br />
die ÖBB die Branche mit, 365 Tage im Jahr<br />
– 24 Stunden am Tag. In Europa und bis nach<br />
Asien. Mit ihrer Präsenz in 18 Ländern verbindet<br />
die Rail Cargo Group Menschen, Unternehmen<br />
und Märkte – von der ersten bis zur letzten<br />
Meile. Insgesamt 5.887 Logistikprofis aus 34<br />
Nationen ermöglichen, dass jährlich 448.000<br />
Beziehungsweise täglich rund 1.230 Züge sicher<br />
an ihr Ziel gebracht werden.<br />
Jedes Jahr werden durch effiziente Endto-end-Logistiklösungen<br />
mehr als 88 Millionen<br />
Nettotonnen weltweit transportiert. Ein<br />
Schienenanteil von 27,5 Prozent (vorläufiger<br />
Wert) am Gesamtgüteraufkommen in Österreich<br />
macht die ÖBB RCG zum Spitzenreiter<br />
in Europa. Operative Leitgesellschaft der Rail<br />
Cargo Group innerhalb des ÖBB-Konzerns ist<br />
die Rail Cargo Austria AG.<br />
* Anmerkung:<br />
Bei einer Annahme von 17,5 Tonnen je Lkw laut<br />
Herry-Studie.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S44<br />
GREEN LOGISTICS<br />
Ritter der Au<br />
Was bedeuten die nationalen und europäischen<br />
Biodiversitäts-Initiativen Österreichs für die Wasserstraße,<br />
für die Nasse Logistik und Binnenschifffahrt?<br />
Passt die Nasse Logistik überhaupt in den<br />
„Klimaschutzrahmen“ für den Verkehrssektor, bzw.<br />
hat man für die Binnenschifffahrt in diesem Rahmen<br />
überhaupt einen Platz reserviert?<br />
Text: Peter R. Baumgartner<br />
Wichtige und entscheidende Fragen<br />
auf dem Weg zur Klimaneutralität –<br />
gerade für den Verkehrssektor. Geht<br />
es doch schlicht und ergreifend um einen der<br />
dreckigsten Wirtschaftsbereiche überhaupt und<br />
überall. Gerade deshalb ist man immer wieder<br />
perplex, wenn von „Verkehrsexperten“ und Logistikern<br />
die Frage kommt: What the fuck ist Binnenschifffahrt?<br />
Es herrscht geradezu eine „Wasserstraßen-Phobie“.<br />
In den meisten Ländern und<br />
ganz besonders in Österreich, ist die Nasse Logistik<br />
so etwas wie eine Fußnote, eine Anmerkung,<br />
die aus dem Tagesgeschäft ausgeblendet<br />
wird, um den Textfluss für Bahn und LKW<br />
nicht zu stören. Österreichs Masterplan für den<br />
Güterverkehr 2030 trägt die Grüne Handschrift.<br />
Die als umweltfreundlich ausgewiesene Binnenschifffahrt<br />
soll aber auf Basis 2018 bis 2040<br />
nur um 1 % (EIN Prozent) zulegen. Diese Menge
Bilder: © Österreichische Post AG<br />
könnte man getrost auf der Straße belassen,<br />
wenn es gelingt, deren Leerfahrten zu reduzieren<br />
und die Auslastung wenigstens um fünf<br />
Prozent zu verbessern. Um zu erklären, wie<br />
man auf 1-Prozent-Wachstum nach über 20 Jahren<br />
kommt, braucht es hingegen nur ein paar<br />
richtungsweisende Papiere. Zum Beispiel das<br />
Aktionsprogramm Donau 2030. Auch dieses<br />
Papier trägt die Grüne Handschrift und erklärt,<br />
warum die Binnenschifffahrt eben weiterhin auf<br />
der Grundlinie bleiben soll.<br />
Untiefen für die Nasse Logistik<br />
Das allein reicht aber noch nicht aus. Da behindern<br />
noch ein paar Untiefen die Nasse Logistik.<br />
Zum Beispiel die Ramsar Konvention,<br />
die Vogelschutzrichtlinie, Fauna-Flora-Habitat,<br />
Natura2000, die Auenstrategie Österreich, der<br />
Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan, die<br />
Wasserrahmenrichtlinie und so weiter und so<br />
weiter ...<br />
Doch sowieso liegt es gar nicht in der Hand<br />
Österreichs sein eigenes Infrastrukturpotential<br />
richtig zu nützen, denn dem stehen übergeordnete<br />
Ziele gegenüber, denen man sich als Clubmitglied<br />
zu unterwerfen hat. Ganz wichtig, der<br />
EU-Green Deal, die EU-Biodiversitätsrichtlinie<br />
und natürlich die 17 biblischen Tafeln (SDG) der<br />
Vereinten Nationen, von denen einige nur ganz<br />
ohne Nasse Logistik umsetzbar sind.<br />
Alles auf einen Nenner gebracht ergibt folgerichtig<br />
ein Prozent Wachstum bis 2040 für die<br />
Nasse Logistik. PUNKT. Aber auch ohne diese<br />
Untiefen, die „Nasse Logistik“ und die Binnenschifffahrt<br />
haben viele Fressfeinde. Manche<br />
kommen als Parasiten daher und nützen die<br />
Binnenschifffahrt nur als Wirt. Andere wiederum<br />
machen richtig Jagd auf die Binnenschifffahrt<br />
um sie ohne Tötungsabsicht zu erlegen. Echte<br />
Prädatoren hat die Binnenschifffahrt wenig.<br />
Dafür ist sie selber in einigen Ländern zu groß.<br />
Der Spitzenprädator in Österreich ist aber garantiert<br />
die Politik. Dabei ist es völlig egal, welche<br />
Farbe diese Politik gerade hat. Nur die Politik<br />
ist groß genug, um die Nasse Logistik und die<br />
Binnenschifffahrt zu fressen. Irgendwann gelingt<br />
ihr das auch. Momentan befinden sich die<br />
Kontrahenten (schon seit Jahrzehnten) in einer<br />
Art Koevolution, wo der gegenseitige Nutzen<br />
die Tötungsabsicht verzögert. Dabei mangelt es<br />
nicht an zukunftsorientierten Programme und Initiativen<br />
in den Bereichen Wasserbau, Schiffbau,<br />
Nautik, Schiffstechnik, Schiffs- und Hafenlogistik.
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S46<br />
GREEN LOGISTICS<br />
Vom Flachwasserschiff über das autonom<br />
fahrende Schiff bis hin zum Wasserstoffantrieb<br />
und naturnahen Wasserbau, der Tisch biegt sich<br />
vor lauter „gesunden“ und ökologischen Programmen.<br />
Ohne Rauch geht’s auch<br />
Tatsächlich wurden in den letzten Jahren auch<br />
schon große technologische Fortschritte erreicht<br />
und man könnte sagen, qualmende Schiffe<br />
gehören der Vergangenheit an.<br />
Von den unzähligen Programmen profitieren<br />
aber hauptsächlich die Wissenschaft und<br />
„Fördernehmer“, deren Business lukrative<br />
Fördertöpfe sind. Daneben die Banken und Versicherungen.<br />
Am wenigsten die Binnenschiffer<br />
selber. Natürlich gibt es auch zahlreiche „Kümmerer“,<br />
die nur das Beste für die Binnenschifffahrt<br />
im Sinn, aber keine Umsetzungsstrategie<br />
haben. Dazu zählt das gesamte Verbandswesen.<br />
Sargnägel der Binnenschiffahrt<br />
Zu den Sargnägeln der Binnenschifffahrt zählen<br />
aber auch staatliche Kümmerer, denen man isoliert<br />
betrachtet sogar gute Motive unterstellen<br />
könnte. In der Gesamtschau sind sie Fressfeinde<br />
der Binnenschifffahrt.<br />
In Holland zum Beispiel, immerhin ein Land mit<br />
guten Voraussetzungen für die Nasse Logistik,<br />
gibt es staatliche Emissionsschnüffler am Ufer.<br />
Man nennt sie liebevoll „Schnuffelpaal“ und<br />
wenn ein vorbeifahrendes Schiff die feine Nase<br />
stört, kommen sofort die bösen Jungs an Bord.<br />
Man stelle sich vor, so einen Schnüffler würde<br />
es auf der Westautobahn geben, der jeden LKW<br />
überwacht.<br />
Die “Ritter der Au”<br />
Das wäre ein Spaß! Man könnte an dieser Stelle<br />
auch aufhören und resignierend zur Kenntnis<br />
nehmen, dass die Binnenschifffahrt in der<br />
Logistik den Platz an der Grundlinie für alle<br />
Ewigkeit gepachtet hat. Zur Vollständigkeit fehlen<br />
aber noch die „Ritter der Au“. Das sind die<br />
natürlichen Feinde der Binnenschifffahrt, die<br />
wegen der gemeinsamen Infrastruktur Wasserstraße,<br />
jeder für sich legitime Ansprüche stellt,<br />
die kaum – oder nur wenig mit der Nassen Logistik<br />
kompatibel sind.<br />
Dazu zählen die Fischerei, die Energieversorger,<br />
die Wassersportler und die Freizeitwirtschaft.<br />
Ein Ruderer kann beispielsweise ganz selbstverständlich<br />
für sich in Anspruch nehmen,<br />
ein Recht auf die Nutzung der Wasserstraße
zu haben. Er darf sogar mit dem Rücken zum<br />
Verkehr, also blind durch die Gegend fahren.<br />
Das ist ganz in Ordnung – stellt nur leider den<br />
10.000 Tonnen-Schubverband vor enorme<br />
Herausforderungen. Komisch – ein Radfahrer<br />
darf auf der Autobahn nicht fahren. Schon gar<br />
nicht rückwärts. Nicht mal schieben darf man<br />
seinen Drahtesel am Pannenstreifen.<br />
Fressfeinde Aktivisten und Klimaschützer<br />
Am ehesten Verständnis kann man noch mit<br />
jenen Fressfeinden der Binnenschifffahrt aufbringen,<br />
die sich unter dem Begriffen Aktivisten,<br />
Klimaschützer oder Anrainer subsumieren<br />
lassen, Sie werden gelegentlich selber<br />
instrumentalisiert oder wissen es oft nicht<br />
besser. Dann kämpfen sie einen Stellvertreterkrieg,<br />
bei dem die Binnenschifffahrt zwar angegriffen,<br />
aber gar nicht der Feind ist. Beispielhaft<br />
soll hier eine Gruppe genannt werden, die<br />
sich tatsächlich „Ritter der Au“ nennt.<br />
der Standort seit über 40 Jahren als Industriestandort<br />
gewidmet, obwohl es sich tatsächlich<br />
um ein schützenswertes Gebiet handelt und Anrainer<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen.<br />
Industriepolitik und Raumordnung gefragt<br />
Grundsätzlich ist ein verladender Produktionsbetrieb<br />
direkt an der Wasserstraße geradezu<br />
ideal für die Binnenschifffahrt und ein Paradebeispiel<br />
dafür, wie Industrieansiedlungspolitik<br />
und Raumordnung funktionieren sollten. Nur,<br />
das besagte Chemiewerk will die direkt verfügbare<br />
Nasse Logistik gar nicht nützen. Stattdessen<br />
will man die Logistik auf der Straße abwickeln<br />
– 60 Gefahrgut-LKW Fahrten pro Tag! Damit<br />
ist es nicht nur perfekt gelungen die Anrainer<br />
auf die Palme zu bringen, der Spitzenprädator<br />
der Nassen Logistik hat zugeschlagen.<br />
Diese Bürgerinitiative bekämpft den Bau eines<br />
Chemiewerkes direkt an der Wasserstraße Donau,<br />
weil das Projekt nach ihrer Meinung Interessen<br />
der Natur und Anrainer arg benachteiligt.<br />
Leider, aus der Sicht der Umweltschützer, ist
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S48<br />
ABFALLWIRTSCHAFT<br />
Energiebilanz von<br />
Glasflaschen:<br />
Was uns schwer<br />
und teuer ist<br />
Die Herstellung von Glas braucht viel Energie und<br />
ist daher von den hohen Beschaffungspreisen besonders<br />
betroffen. Der Bundesverband Glasindustrie<br />
sprach in 2022 von einer Verfünffachung der Kosten.<br />
Die Getränkeindustrie wird die Preissteigerung<br />
an die Verbraucher weitergeben. Eine gute Alternative:<br />
PET-Flaschen. Sogar in mehrfacher Hinsicht.<br />
Heißer als in einem Vulkan geht es bei der Glasherstellung<br />
zu. Bis zu 1.600 Grad Celsius brauchen die Rohstoffe,<br />
darunter Sand, Kalk und Soda, um zu schmelzen.<br />
Selbst bei einem Anteil von 65 % Scherben aus Altglas sind es<br />
immer noch 1.400 Grad Celsius. Hierfür müssen die Glashütten<br />
pausenlos mit Gas oder Öl einheizen, ihre Öfen dürfen keinen<br />
Moment stillstehen, ansonsten gehen sie kaputt. Das hat seinen<br />
Preis, vor allem derzeit – die gestiegenen Energiekosten schlagen<br />
voll durch, trotz staatlicher Preisbremsen.<br />
Rund um die Uhr befeuert: Glas mag es besonders hitzig<br />
Laut Angaben des Deutschen Umweltbundesamts gehört die<br />
Glasherstellung zu den energieintensivsten Industrien überhaupt.<br />
Entsprechend hoch ist daher auch der Versorgungsbedarf<br />
wie auch die Emission von Kohlendioxid, Stickoxid, Schwefeldioxid<br />
und Staub.<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)<br />
macht im „Branchensteckbrief der Glasindustrie“ von 2020 dazu<br />
folgende Angaben: In 2015 benötigte die Glaswirtschaft allein für<br />
den Schmelzprozess 51,93 Petajoule Energie, was rund 14.436<br />
Gigawattstunden entspricht. Zum Vergleich: Eine herkömmliche<br />
Windkraftanlage produziert bei einer Leistung von 6 Megawatt<br />
etwa 10 Gigawattstunden pro Jahr und beliefert damit in diesem<br />
Zeitraum rund 3.500 Haushalte mit Elektrizität. Wollte man daraus<br />
den Energiebedarf der Glasindustrie von 2015 decken,<br />
bräuchte es 1.443 Windräder – was einer jährlichen Stromversorgung<br />
von über 5 Millionen Haushalten gleichkommt.<br />
Parallel hat die Glasindustrie in 2015 insgesamt 4,881 Millionen<br />
Tonnen CO2 emittiert . Angesichts dessen könne die<br />
Glasproduktion auch niemals nachhaltig sein, bemerkt dazu<br />
das Umweltbundesamt. Ein Ausweg: Speziell für Behälterglas<br />
zur Getränkeabfüllung gibt es bereits Alternativen, die weniger<br />
Energie verbrauchen und klimafreundlicher sind. Allen voran<br />
Flaschen aus PET-Kunststoff.<br />
Auf dem Mehrweg oder Einweg: Was läuft ökologisch besser?<br />
Glas- und PET-Flaschen haben Parallelen: Beide Verpackungsformen<br />
werden aus Rohstoffen hergestellt, die abgebaut beziehungsweise<br />
gefördert werden müssen – bei Glas ist es Sand, bei<br />
PET-Erdöl. Allerdings braucht die Produktion von PET-Flaschen<br />
lediglich Temperaturen um die 265 Grad Celsius, über 83 %<br />
weniger Hitze als bei der Glasherstellung.<br />
Aus beiden Materialien werden sowohl Einweg- als auch Mehrwegflaschen<br />
hergestellt, sie können zudem ähnlich gut recycelt<br />
werden. Bei Mehrwegflaschen macht es aus Sicht des Umweltbundesamtes<br />
keinen Unterschied, ob sie aus Glas oder PET sind.<br />
Die Wiederbefüllung – bei Glas bis zu 50-mal, bei PET etwa die<br />
Hälfte – wiegt bei Rohstoffbedarf und Nachhaltigkeit einiges auf.<br />
Eine Neuproduktion verbrauche mehr Energie und Ressourcen<br />
als der Rücktransport und die Reinigung von Mehrwegflaschen,<br />
so das Umweltbundesamt weiter.<br />
Doch die Ansicht wird angezweifelt. „Ein Blick in Ökobilanzen<br />
verrät: Zur Achilles-Sehne von Mehrwegflaschen kann vor allem
Bild: © ALPLA<br />
die Transport-Logistik werden“, bemerkt dazu Dr. Isabell Schmidt<br />
vom Industrieverband Kunststoffverpackungen e.V.<br />
Was das Mehrwegsystem bei Glasflaschen zusätzlich ins Stocken<br />
geraten lässt, sind Individualflaschen. Zu Marketingzwecken<br />
vermehrt von Getränkeherstellern eingesetzt, können sie andere<br />
Abfüller nicht verwenden. Die Fremdflaschen, die einen Anteil<br />
von bis zu 50 % ausmachen können, müssen aussortiert und an<br />
den Ursprungsbetrieb zurückgeführt werden. Das verursacht<br />
zusätzliche Transportkosten und ökologische Nachteile.<br />
Wiegt schwer: Warum die Logistik ins Gewicht fällt<br />
Ohnehin ist der Transport ein bedeutender Faktor in der Energie-<br />
und Emissionsbilanz von Verpackungen, speziell bei Glas.<br />
Die Distanzen zwischen Hersteller, Abfüller und Handel schlagen<br />
zu Buche – je weiter, desto mehr. So auch das Gewicht der<br />
Flaschen: Während eine 1l-PET-Einwegflasche gerade mal 28<br />
Gramm auf die Waage bringt, sind es bei einer 1l-Glasflasche<br />
etwa 550 Gramm, knapp das 20fache mehr. 1 Tonne Gewicht<br />
entspricht 1.800 Glasflaschen und 35.000 Flaschen aus PET.<br />
Umso schwerer das Eigengewicht der Verpackung, entsprechend<br />
aufwändiger und energieintensiver ist die Logistik.<br />
Vor allem bei der Rückführung der Pfandflaschen vom Handel<br />
zum Wiederverwerter wird das Ausmaß sichtbar. Der Bund<br />
Getränkeverpackungen der Zukunft (BGVZ) rechnet vor: 400.000<br />
gepresste PET-Flaschen benötigen zum Transport 1 LKW-Ladung,<br />
bei 400.000 Glasflaschen sind es 26 LKW-Ladungen.<br />
Chancen und Risken für die Zukunft<br />
Laut dem „Branchenausblick 2030+“ für die Glasindustrie, herausgegeben<br />
von der Stiftung Arbeit und Umwelt der IG BCE, sehen<br />
die Glashersteller Chancen und Risiken für ihre Zukunft. Als Belastungen<br />
werden die energieintensive Herstellung und ein erschwerter<br />
Wandel zu Technologien mit geringerem Ausstoß an<br />
Treibhausgasen genannt. Zudem befürchtet die Branche weiterhin<br />
hohe Versorgungskosten und strengere Umweltauflagen.<br />
Aktuelle Zahlen bestätigen die Befürchtungen bereits: Wie das<br />
Statistische Bundesamt mitteilte, verteuerten sich Glasflaschen<br />
besonders stark: Für Flaschen aus ungefärbtem Glas legten die<br />
Erzeugerpreise Anfang <strong>2023</strong> gegenüber Januar 2022 um 40,2<br />
Prozent zu, Flaschen aus Buntglas verzeichnen ein Plus von 37<br />
Prozent. Ursache ist nach wie vor die teure Energie, hinzu kommen<br />
gestiegene Kosten für Rohstoffe zur Glasherstellung: 58,5<br />
Prozent mehr für Soda, 30,4 Prozent für Quarzsand 30,4 und<br />
27,3 Prozent für gemahlenen Kalkstein. Des Weiteren rechnet<br />
die Glasindustrie mit einer starken Konkurrenz durch alternative<br />
Verpackungsmaterialien – wie die Flasche aus PET.<br />
Links zu weiteren Informationen:<br />
1) https://praxistipps.chip.de/wie-viel-strom-produziert-ein-windrad-das-muessen-sie-<br />
wissen_155947<br />
2) (BMWK) im „Branchensteckbrief der Glasindustrie“ aus dem<br />
Jahr 2020.<br />
3) https://umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/essen<br />
trinken/mehrwegflaschen#unsere-tipps
<strong>UMWELT</strong>journal 6/<strong>2023</strong> | S50<br />
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