BOKU Magazin 3/2024
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<strong>BOKU</strong> Mag<br />
Nr. 3 | September <strong>2024</strong><br />
ISSN: 2224-7416<br />
Handlungsfähig<br />
trotz Climate Anxiety<br />
Wie man die richtige Balance findet<br />
→ Michaela Zint im Interview<br />
zu Klima-Angst<br />
→ Buch „Rettet die Böden“<br />
→ Student Spaces refurbed
INHALT<br />
Editorial 3<br />
Interview Michaela Zint<br />
zu „Climate Anxiety“ 4<br />
4<br />
Zersiedelung in Österreich<br />
stark angestiegen 8<br />
DANIEL SINGER<br />
Buch „Rettet die Böden“ 11<br />
Mit Erasmus+ in der Mongolei 14<br />
Wohin die Reise geht 16<br />
<strong>BOKU</strong>-Studierende bei<br />
Boehringer Ingelheim 18<br />
11 14<br />
Forschung an der <strong>BOKU</strong> University<br />
hautnah erleben 21<br />
Gender & Diversity 22<br />
Das <strong>BOKU</strong>-KINO startet in<br />
das neue Wintersemester! 23<br />
Citizen Science 24<br />
Universität der Zukunft,<br />
Ort des Lernens 25<br />
<strong>BOKU</strong> Lehrpreis: Recht humorvoll 28<br />
30<br />
Vorlesung Umweltgeschichte: Die<br />
Soziale Ökologie des Anthropozän 30<br />
Die erneuten Student Spaces<br />
im Schwackhöfer-Haus 34<br />
MATEJ HAKÁR<br />
Splitter 37<br />
Kick-off meeting of ProCleanLakes 39<br />
Neue Plattform <strong>BOKU</strong> MATERIALS 40<br />
Neuer FDM-Support am<br />
Forschungsservice stellt sich vor 42<br />
34<br />
40
EDITORIAL<br />
<strong>BOKU</strong>/GEORG WILKE<br />
Handlungsfähig<br />
trotz Klimakrise<br />
EVA SCHULEV-STEINDL<br />
Rektorin<br />
Sehr geehrte Leser*innen, liebe Studierende und Kolleg*innen!<br />
Willkommen im neuen Semester! Ich freue mich<br />
jedes Jahr darauf, wenn unsere Studierenden<br />
nach dem Sommer wieder an die <strong>BOKU</strong><br />
zurückkehren und auf die vielen neuen Gesichter der<br />
Erstsemestrigen. Seien Sie, liebe Studierende, versichert:<br />
Sie werden Ihre Entscheidung, hier bei uns zu studieren,<br />
nicht bereuen – neben einer zukunftsorientierten Ausbildung<br />
erwartet Sie jene lebendige und unterstützende<br />
Community, die die <strong>BOKU</strong> University auszeichnet.<br />
Der heurige Sommer war wieder extrem heiß. Viele von<br />
uns – vielleicht auch Sie – empfinden angesichts des<br />
Klimawandels Sorge und Angst. Es ist völlig normal, sich<br />
überwältigt oder ängstlich zu fühlen, wenn man mit<br />
einer solchen globalen Krise konfrontiert wird. Doch<br />
wie können wir die Climate Anxiety, ausgelöst durch die<br />
weltumspannende Dimension und die reale Dringlichkeit,<br />
die Erderwärmung in den Griff zu bekommen, in<br />
ziel führende Aktivitäten umsetzen? Michaela Zint, Professorin<br />
an der University of Michigan und <strong>BOKU</strong>-Unirätin,<br />
erläutert im Interview auf den nachfolgenden Seiten,<br />
was Climate Anxiety von anderen Ängsten unterscheidet,<br />
welche Menschen besonders davon betroffen sind<br />
und wie wir die richtige Balance finden können, um an<br />
effizienten Lösungen mitzuarbeiten. Auch der diesjährige<br />
Nachhaltigkeitstag am 20. November, zu dem ich Sie<br />
herzlich einladen möchte, widmet sich dem Thema unter<br />
dem Motto „Climate Minds: Aktiv & Resilient gegen Angst<br />
und Ohnmacht!“<br />
Es gibt auch Grund zur Freude: Unser Projekt „IDEENBÖR-<br />
SE - Plan your <strong>BOKU</strong>!“ hat eine Sonderwürdigung im Rahmen<br />
des Staatspreises Ars Docendi <strong>2024</strong> erhalten. Für die<br />
bauliche Weiterentwicklung des <strong>BOKU</strong>-Standorts Türkenschanze<br />
haben wir gemäß unserer Nachhaltigkeitsstrategie<br />
einen innovativen und partizipativen Planungsprozess ins<br />
Leben gerufen. Forschende, Lehrende, Studierende und<br />
Mitarbeitende konnten sich unter dem Motto „Gemeinsam<br />
lernen, gemeinsam Ideen entwickeln, gemeinsam Zukunft<br />
gestalten“ aktiv in die Campusentwicklung einbringen. Der<br />
mehrstufige Prozess wurde durch verschiedene Lehrveranstaltungen<br />
zu spezifischen Themengebieten ergänzt,<br />
die nun ausgezeichnet wurden.<br />
Dieses Projekt ist auch ein gutes Beispiel für unser Selbstverständnis:<br />
Die <strong>BOKU</strong> sieht sich als ein Ort des Wissens<br />
und Lernens, aber auch als Gemeinschaft, die zusammenarbeitet<br />
– und die Ausbildung, die Sie bei uns erhalten<br />
sowie das Miteinander, das Sie bei uns erleben,<br />
sind mächtige Werkzeuge im Kampf gegen die Klimakrise.<br />
Ich wünsche allen Studierenden und Mitarbeitenden einen<br />
guten und erfolgreichen Semesterbeginn!<br />
Eva Schulev-Steindl<br />
IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: <strong>BOKU</strong> University, Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien Chefredaktion: Bettina Fernsebner-Kokert<br />
Redaktion: Hermine Roth Autor*innen: Nora Bses, Daniel Dörler, Lada Fialova, Nikolaus Handig, Florian Heigl, Anna-Laetitia Hikl, Lisa Kargl, Astrid Kleber,<br />
Ela Posch, Ruth Scheiber-Herzog, Martin Schmid, Hanni Schopfhauser, Daniel Stamminger, Alexandra Strauss-Sieberth, Verena Vlajo, Andreas Zitek,<br />
Claudia Zefferer Lektorat: Michaela Kolb Grafik: Patricio Handl Coverfoto: <strong>BOKU</strong> University/APA-Fotoservice/Juhasz Druck: Druckerei Berger Auflage:<br />
6.000 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie: Das <strong>BOKU</strong> Mag versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, Absolvent*innen, Freund*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> University und soll die interne und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete<br />
Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht<br />
übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge<br />
senden Sie bitte an: public.relations@boku.ac.at Bei Adressänderung wenden Sie sich bitte an: alumni@boku.ac.at<br />
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<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
3
“We have to present our students<br />
solutions to empower them to<br />
envision a positive future”<br />
Prof. Michaela Zint gives an insight on the specifics of climate anxiety and the<br />
importance of finding the right balance to be able to participate in effective actions.<br />
By Bettina Fernsebner-Kokert<br />
What exactly is climate anxiety and<br />
how does it differ from general environmental<br />
anxiety or concern?<br />
Zint: One popular definition of climate<br />
anxiety by the American Psychological<br />
Association is worry or concern<br />
about climate change and its effect.<br />
Some researchers call it climate distress<br />
which I actually think is a better<br />
term because it is a psychological<br />
response to an exterior influence and<br />
it does lead to cognitive, emotional<br />
and physiological that can disrupt<br />
daily functioning. Climate anxiety or<br />
distress is one type of environmental<br />
anxiety. The latter can be the result<br />
of any environmental sustainability<br />
concern such as biodiversity, pollution,<br />
etc.<br />
What can these symptoms look like?<br />
Worry, rumination, lack of sleep because<br />
your mind and/or heart may be<br />
racing, and your stomach might be<br />
upset – so you might get the similar<br />
symptoms as you do with anxiety. But<br />
climate anxiety is not considered an<br />
illness like generalized anxiety. They<br />
are correlated though. People with<br />
generalized anxiety or depression<br />
are more likely to experience climate<br />
anxiety. Why is climate anxiety not<br />
considered a mental illness? If you<br />
have anxiety, for example, regarding<br />
small spaces, the cause of the anxiety<br />
is only real to you. Whereas climate<br />
change is real, it is happening. Psychiatrics<br />
do not consider it an illness<br />
because we should worry about climate<br />
change – it is real – you are<br />
responding appropriately by reacting<br />
with distress to an actual threat.<br />
Is there a generational difference<br />
when it comes to climate anxiety?<br />
Many studies that suggest that younger<br />
people are more worried about<br />
climate change than other generations,<br />
but I just read another study<br />
that said not so much. I’ve also heard<br />
about a movement called “Fossils<br />
against Fossil Fuels”. So, I would be<br />
hesitant about that. What we do know<br />
is that generally women are more anxious<br />
than men, because women are<br />
more likely to be negatively impacted<br />
by climate change. For example:<br />
If you are migrating, the chances of<br />
negative experiences for women, like<br />
rape, are much higher – so in many<br />
places women will experience the<br />
effects more severely than their male<br />
counterparts. So, we can see that it<br />
is justified that women are more anxious<br />
than men. Similarly, children and<br />
the elderly will be more negatively<br />
impacted by climate change. Thus,<br />
though most studies have focused<br />
on young people, I would also expect<br />
the elderly to express great concern.<br />
Are there particular groups who are<br />
affected more by climate anxiety? If<br />
so, why?<br />
In the USA Hispanics have the highest<br />
levels of climate anxiety, followed by<br />
African Americans, with whites have<br />
the lowest. We suspect this is the<br />
case for two reasons: One in the USA<br />
it’s the Hispanics that work outside in<br />
the fields in the hot sun, they directly<br />
experience the rising temperatures.<br />
And we also know that migrants from<br />
South or Middle America are already<br />
experiencing more severe effects than<br />
those in North America. One of the<br />
misperceptions that is often conveyed<br />
by the media is that whites or those<br />
who are more privileged are more concerned<br />
about climate change and have<br />
more climate anxiety. Studies suggest<br />
that this is not true. For example,<br />
the international study “Global Worry<br />
about Climate Change” shows that<br />
residents in countries like India, those<br />
4 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
FOTOS: <strong>BOKU</strong> / CHRISTOPH GRUBER<br />
in South and Middle America and even<br />
Spain experience more climate anxiety,<br />
probably because of the impacts<br />
they have already experienced. And<br />
another study that looked at the youth<br />
shows that young people from the<br />
Philippines, India are extremely worried<br />
about climate change which is<br />
consistent with finding from the World<br />
Risk Report suggesting that these two<br />
countries will face some of the highest<br />
impacts of climate change.<br />
So, it’s not a cultural thing but<br />
rather of impact?<br />
Yes, those individuals who are more<br />
vulnerable tend to be more anxious.<br />
They recognize that they have a higher<br />
likelihood of experiencing both negative<br />
physical and mental health impacts.<br />
It’s interesting that in the USA<br />
media often portray climate anxiety<br />
as white privilege and that’s not the<br />
case. I have my own idea which is that<br />
it feeds the idea that if whites have<br />
the problem than we have to support<br />
them rather than, for example,<br />
migrant workers.<br />
Which shows that the climate<br />
anxiety is first and foremost a<br />
social issue, right?<br />
Most of the research on climate<br />
anxiety has indeed focused on the<br />
individual, suggesting that it is the<br />
individual who has a problem and<br />
that the individual has to learn to<br />
cope and manage it. The Australian<br />
scientist Blanche Verlie refers to this<br />
as “greenhouse gaslighting”. My point<br />
is that climate anxiety is a social phenomena.<br />
If we keep framing climate<br />
anxiety as an individual’s problem<br />
that plays into powerful interests.<br />
Whereas if you recognize that the<br />
reason we have climate change and<br />
thus, climate anxiety is because of<br />
powerful individuals and organizations,<br />
then it would point to them as<br />
the source of the problem.<br />
How can we then support and<br />
empower young people within our<br />
educational systems?<br />
Because most of the literature focuses<br />
on individuals, we know a lot<br />
about how we can support individuals<br />
experiencing climate anxiety. We<br />
know less about what we can do with<br />
a classroom as an educator. Research<br />
by a Finnish scholar, however, provides<br />
us with a great starting point.<br />
Dr. Pihkala suggests that we start by<br />
not being aware of the climate crises.<br />
Then at some point we learn about<br />
it, and reach a state of shock, trauma<br />
even. In my case, for example, it<br />
was reading the first IPCC report and<br />
seeing the actual data.<br />
So, then Dr. Pihkala suggests that<br />
individuals try to manage what they<br />
learned about the climate crisis.<br />
During this phase, we usually act in<br />
some way, we get engaged with activities<br />
that might not really address<br />
the problem like recyling, but we feel<br />
like we’re doing something. And we<br />
also grieve all the things we expect<br />
to lose, and we may also engage in<br />
“distancing” to distract us and allow<br />
us not to think about the crisis<br />
facing us. Ideally, as educators, we<br />
want to help our students to get to<br />
the next stage, that of living with the<br />
climate crisis. At that stage we are<br />
engaging in actions, but they are effective,<br />
for instance working together<br />
with others on mitigation and adaptation.<br />
So, we’re picking actions more<br />
thoughtfully, ones that are more likely<br />
to have an actual impact, particularly<br />
when engaged in collectively. We<br />
no longer focus solely on losses and<br />
grieving but we have a better sense<br />
of the full range of emotions associated<br />
with the climate crisis including<br />
what we typically view as positive<br />
emotions such as hope. Over time,<br />
there is also less distancing and more<br />
selfcare. I love this model because it<br />
gives some very concrete advice on<br />
how you might get from where you<br />
are to where you want to go – focus<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
5
on learning about all of your climate<br />
emotions, on recognizing that you are<br />
not alone, engage in self-care and in<br />
working with others toward making<br />
a difference in addressing the crisis.<br />
But how do we really get from A to B?<br />
That’s where the part the of instructor<br />
comes. You have to get a certain<br />
self-awareness which means you<br />
need instruction to understand what<br />
is happening with you. I taught a class<br />
where we reviewed the literature<br />
what individuals can do to manage<br />
their anxiety. Interestingly, that was<br />
before I knew about the model by<br />
the Finnish scholar, we came up with<br />
very similar conclusions: emotional<br />
coping, selfcare, and collective action.<br />
A lot of the people who are really<br />
troubled by climate change feel like<br />
they can’t stop working to address<br />
the crisis, but you also have to rest<br />
and trust in the fact that you are not<br />
alone. Other people are working on<br />
the crisis while you are taking necessary<br />
breaks. You also need to actively<br />
cultivate hope and seek joy,<br />
because the media including movies<br />
tend to share apocalyptic images and<br />
ideas. Then there is this whole action<br />
component, taking action helps us<br />
manage our anxiety. Moreover, when<br />
we work with others, we also build a<br />
support system.<br />
When it comes turning anxiety into<br />
action the literature is mixed, partly<br />
because researchers measure anxiety<br />
and action in different ways. However,<br />
when you are too anxious about<br />
something, like the climate crisis, you<br />
are likely not able to do anything –<br />
and – when you are not worried at<br />
all there is no reason to do anything.<br />
What the “window of tolerance”, a<br />
term which comes from psychology,<br />
suggests is that we need medium<br />
levels of anxiety. When it comes to<br />
climate change you need to worry, but<br />
not be hyper aroused, so that you are<br />
not in a state of fight, flight or freeze.<br />
If you are at the mid-level, you tend<br />
to feel in control and empowered<br />
and you can act effectively and make<br />
appropriate choices. So, scaring individuals<br />
is not the best tactic. Instead,<br />
we need to provide students with the<br />
skills to manage their anxiety so that<br />
they can act appropriately.<br />
Which means to take actions as<br />
part of a group?<br />
Yes, I’d say collective action is key.<br />
Given the scale of the challenge,<br />
including associated emotions, it is<br />
important to work with others. What<br />
that means is that those who are<br />
able to provide the necessary structures<br />
to allow this to happen need<br />
to do that. As an educator, if you are<br />
teaching about climate change in your<br />
classroom you should also provide<br />
information about where and how<br />
your students can get involved in climate<br />
action. Universities can support<br />
in instructors as well. My university<br />
for instance has an infrastructure<br />
to link faculty, external clients, with<br />
groups of interdisciplinary students<br />
to work on a range of sustainability<br />
challenges including climate change.<br />
I personally think that working on an<br />
individual thesis is appropriate if you<br />
6 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
INKCINCT CARTOONS<br />
Scaring individuals is not the best tactic.<br />
Instead, we need to provide students with<br />
the skills to manage their anxiety so that<br />
they can act appropriately.<br />
ABOUT<br />
Prof. Michaela Zint PhD MBA is Arthur<br />
F. Thurnau Professor of Environmental<br />
Education at School<br />
for Environment and Sustainability<br />
(SEAS), Associate Dean of Academic<br />
Affairs, SEAS University of Michigan<br />
(U-M) and member of Universitätsrat<br />
at <strong>BOKU</strong> University.<br />
want to continue a career in academia,<br />
but other than that students<br />
need interdisciplinary problem solving<br />
experiences that allow them to have<br />
an impact and gain confidence that<br />
they can make a difference.<br />
Traditionally, in academic circles we<br />
focus on problematizing, we don’t<br />
talk enough about what individuals<br />
can actually do. We have to present<br />
our students with solutions that can<br />
empower them and help them envision<br />
a positive future. But none of<br />
these things typically happens in a<br />
traditional climate science classroom.<br />
We share the “doom and gloom,” but<br />
not a vision of how society could be<br />
different. That’s not helpful.<br />
How can we convince those who<br />
are simply not worried about the<br />
climate crisis?<br />
It is true that we often think about or<br />
focus on how we can convince people<br />
who currently don’t care about climate<br />
change. There is a theory called<br />
“diffusion of innovation”, however,<br />
that suggests and alternative. What<br />
we want to do it is focus on those<br />
individuals who actually want to do<br />
something or are unsure and then<br />
empower them to make a difference.<br />
That will have a bigger and faster impact<br />
because of the societal changes<br />
that will result.<br />
On another note, there was an interesting<br />
study done recently that is<br />
really fascinating: It showed that children<br />
who have conservative parents<br />
who are not concerned about climate<br />
change can have an influence on their<br />
parents. Specifically, it showed that<br />
when daughters learned about climate<br />
change in schools, they were<br />
able to influence the perspectives of<br />
their conservative dads. Intergenerational<br />
learning can be very powerful,<br />
if designed in appropriate ways.<br />
Let me conclude that we have long<br />
focused on the climate science in<br />
order to address the climate crisis.<br />
There is no question that we need to<br />
continue to do so. What social scien-<br />
tists, however, have helped us understand<br />
is that emotions may also play<br />
a critical role. As educators, we have<br />
a duty, to not just convey the science<br />
but to empower and support students<br />
in their efforts to turn their anxiety<br />
into effective actions, toward a vision<br />
of a sustainable future. ■<br />
Die <strong>BOKU</strong> bietet ihren Studierenden<br />
und Mitarbeitenden Beratungsangebote,<br />
zögern Sie nicht<br />
professionelle Hilfe in Anspruch<br />
zu nehmen:<br />
Psychosoziale Beratungsstelle für<br />
<strong>BOKU</strong> Studierende / Psychosocial<br />
Counseling for <strong>BOKU</strong> Students:<br />
https://short.boku.ac.at/psychosoziale_Beratung<br />
Arbeitspsychologische Beratung<br />
für <strong>BOKU</strong> Mitarbeitende / Occupational<br />
Psychological Consulting:<br />
https://short.boku.ac.at/Arbeitspsychologische_Beratung<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
7
We’re on the Highway to Sprawl:<br />
Rasanter Anstieg der Zersiedelung in Österreich, stark<br />
zersiedelte Flächen haben sich seit 1975 verfünffacht<br />
Eine präzise Analyse, erstmals durchgeführt von der <strong>BOKU</strong> und dem Leibniz-Institut für<br />
ökologische Raumentwicklung (IÖR), zeigt – außer in Wien – alarmierende Entwicklungen in<br />
allen Bundesländern von 1975 bis 2020: Die Fläche, die als hoch und sehr hoch zersiedelt gilt,<br />
stieg von rund 1.100 km² auf etwa 5.800 km². Die größten Veränderungen wurden in Oberösterreich,<br />
Kärnten und der Steiermark verzeichnet.<br />
Von Astrid Kleber<br />
Zersiedelung in Österreich 2020<br />
Der rasante Bodenverbrauch<br />
ist in Österreich ein heiß diskutiertes<br />
Thema. Eine im Juni<br />
veröffentlichte Studie liefert in diesem<br />
Zusammenhang neue Erkenntnisse<br />
über den Anstieg der Zersiedelung,<br />
ein bisher wenig beachtetes<br />
Problem. Zersiedelung beschreibt<br />
die Ausbreitung von Siedlungen in<br />
die Landschaft außerhalb kompakter<br />
Siedlungsstrukturen und in geringer<br />
Dichte – insbesondere durch freistehende<br />
Einfamilienhäuser, großflächige<br />
Gewerbegebiete und Einkaufszentren.<br />
Diese Art der Bebauung<br />
verursacht einen besonders hohen<br />
Flächenverbrauch pro Person und ist<br />
äußerst ressourcenintensiv. Der Grad<br />
der Zersiedelung wird quantifiziert<br />
durch den Anteil der bebauten Fläche,<br />
die räumliche Streuung dieser<br />
Flächen sowie die Nutzungsdichte<br />
(Zahl der Einwohner*innen pro Flächeneinheit).<br />
In der Schweiz ist etwa<br />
der Grad der Zersiedelung Teil des<br />
Umweltmonitorings. Bislang konnte<br />
die Zersiedelung in Österreich noch<br />
nicht über einen längeren Zeitraum<br />
mit hoher räumlicher und zeitlicher<br />
Auflösung systematisch erfasst und<br />
dargestellt werden.<br />
Das Institut für Soziale Ökologie der<br />
<strong>BOKU</strong> University hat zusammen mit<br />
dem Leibniz-Institut für ökologische<br />
Raumentwicklung, Dresden (IÖR), die<br />
neuesten Daten des Global Human<br />
Settlement Layer (Joint Research<br />
Centre) genutzt, um den Grad der<br />
Zersiedelung in Österreich von 1975<br />
bis 2020 in Fünfjahresschritten zu<br />
kartieren. Mit einer Rasterzellenauflösung<br />
von 100 m x 100 m zeigen die<br />
Karten eindrucksvoll den rasanten<br />
Anstieg der hoch zersiedelten Flächen<br />
und identifizieren die Gebiete<br />
mit der stärksten Zunahme.<br />
„Zwischen 1975 und 2020 wuchs<br />
die Fläche der bebauten, exakt einen<br />
Hektar großen Rasterzellen in<br />
Österreich von rund 9.000 auf etwa<br />
12.700 km² – nahezu die Fläche des<br />
Burgenlands. Der Anteil der bebauten<br />
Rasterzellen am Dauersiedlungsraum<br />
stieg damit bis 2020 auf 39 %. 1975<br />
waren noch 73 % der bebauten Flä-<br />
8 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
chen gering oder sehr gering zersiedelt,<br />
2020 waren es nur noch 35 %.<br />
Im gleichen Zeitraum wuchs die hoch<br />
und sehr hoch zersiedelte Fläche um<br />
das Fünffache – von etwa 1.100 km²<br />
auf rund 5.800 km². „Wir befinden<br />
uns in Österreich auf einem Highway<br />
to Sprawl“, so Studienautorin Anna-<br />
Katharina Brenner vom IÖR und dem<br />
Institut für Soziale Ökologie an der<br />
<strong>BOKU</strong> bei der Präsentation der Studienergebnisse.<br />
Sie kommt zu dem<br />
Schluss, dass „der rapide Anstieg der<br />
Zersiedelung in Österreich das Resultat<br />
einer Politik ist, die jahrzehntelang<br />
den Bau von Einfamilienhäusern,<br />
großflächigen Gewerbegebieten und<br />
Einkaufszentren auf der grünen Wiese<br />
zugelassen hat.“<br />
Animation:<br />
https://www.youtube.<br />
com/watch?v=YKVrTYNjvpA<br />
DYNAMISCHE DETAILKARTEN<br />
ALLER ÖSTERREICHISCHEN<br />
BUNDESLÄNDER<br />
Der Bundesländervergleich zeigt signifikante<br />
Veränderungen in Oberösterreich,<br />
Kärnten und der Steiermark.<br />
In diesen Bundesländern vergrößerte<br />
sich die Fläche der bebauten<br />
Rasterzellen, die als sehr hoch<br />
zersiedelt gelten können, im Untersuchungszeitraum<br />
um das Acht- bis<br />
Dreizehnfache.<br />
Alpin geprägte Bundesländer weisen<br />
insgesamt einen relativ geringeren<br />
Grad der Zersiedelung auf als die<br />
anderen Bundesländer, mit Ausnahme<br />
Wiens. Dennoch nahm auch in<br />
diesen Regionen der Grad der Zersiedelung<br />
zwischen 1975 und 2020<br />
stark zu, insbesondere im Verhältnis<br />
zum Dauersiedlungsraum, der in den<br />
gebirgigen Bundesländern nur einen<br />
geringen Anteil an der Landesfläche<br />
ausmacht.<br />
Im Jahr 2020 waren das Burgenland,<br />
Niederösterreich und Oberösterreich<br />
die am stärksten zersiedelten Bundesländer.<br />
In diesen Regionen können<br />
mehr als 50 % der bebauten Rasterzellen<br />
als potenziell hoch und sehr<br />
hoch zersiedelt angesehen werden.<br />
Zersiedelungsentwicklung in Österreich<br />
Im Verhältnis zum Dauersiedlungsraum<br />
ist der Anteil der potenziell<br />
hoch und sehr hoch zersiedelten<br />
bebauten Fläche in Oberösterreich<br />
mit 20 % am stärksten ausgeprägt,<br />
verglichen mit dem Burgenland und<br />
Niederösterreich.<br />
ZERSIEDELUNGSGRAD UND<br />
BEBAUUNGSTRENDS<br />
In Österreich steht die Reduzierung<br />
und Unterbindung der Zersiedelung<br />
seit Jahren im Fokus politischer Diskussionen<br />
(BMK 2023, ÖROK 2023).<br />
„Zersiedelte Strukturen gefährden<br />
die Erreichung von Klima- und Naturschutzzielen.<br />
Sie sind eine ökologisch<br />
besonders belastende Form der<br />
Bebauung: Für jede neue Wohnung,<br />
für jeden neuen Arbeitsplatz wird die<br />
meiste Landfläche benötigt“, betonte<br />
Helmut Haberl vom Institut für Soziale<br />
Ökologie an der <strong>BOKU</strong>. Ihre Errichtung<br />
sei besonders ressourcenintensiv, da<br />
längere Verkehrswege gebaut werden<br />
müssten. Auch die Nutzung führe zu<br />
höheren Emissionen, beispielsweise<br />
durch den hohen Mobilitätsbedarf<br />
und die erschwerte Versorgung mit<br />
klimaverträglicher Energie wie Fernwärme,<br />
so Haberl weiter. „Die Studie<br />
zeigt, dass fast 40 % der einen Hektar<br />
großen Rasterzellen im Dauersiedlungsraum<br />
bebaut sind, was bisher<br />
unbekannt war. Besonders besorgniserregend<br />
ist, dass die landfressendste<br />
und ressourcenintensivste Form<br />
der Bebauung, also jene mit einem<br />
sehr hohen Zersiedelungsgrad, am<br />
schnellsten wächst.“<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
9
<strong>BOKU</strong> / CHRISTOPH GRUBER<br />
V. l.: Anna-Katharina Brenner, Gernot Stöglehner,<br />
Katharina Rogenhofer und Helmut Haberl bei der<br />
Präsentation der Studie<br />
Zersiedelung: Feldkirchen in Kärnten, Nordwestansicht,<br />
Flugaufnahme<br />
Kompakte und historisch gewachsene<br />
Dorfstrukturen: Maria Raisenmarkt,<br />
Gemeinde Alland<br />
Stadtzentren: Wien, Luftaufnahme<br />
Einzelne Betriebe in der Landschaft: ÖAV<br />
Winklerner Hütte, Mölltal<br />
BEDEUTUNG DER ZERSIEDELUNG<br />
FÜR DEN KLIMASCHUTZ<br />
Täglich verliert Österreich rund zwölf<br />
Hektar an natürlichem Boden. Mehr<br />
als die Hälfte davon wird asphaltiert<br />
oder zubetoniert. „Das hat erhebliche<br />
Auswirkungen auf das Klima:<br />
Böden binden Treibhausgase aus der<br />
Atmosphäre“, so Katharina Rogenhofer<br />
vom Kontext Institut für Klimafragen.<br />
Besonders effektiv seien dabei<br />
intakte Moore, aber auch Grünland,<br />
Wälder und nachhaltig bewirtschaftete<br />
Äcker können CO2 speichern. Gut<br />
bewässerte Böden kühlen zudem gemeinsam<br />
mit der Vegetation die Umgebung.<br />
„Die Bedeutung funktionsfähiger<br />
Böden zeigte sich besonders<br />
in den vergangenen Wochen: Sie sind<br />
entscheidend, damit Wasser gut versickern<br />
kann. Fehlen sie, werden Katastrophen<br />
wie Überschwemmungen<br />
und Muren häufiger und gravierender.“<br />
MASSNAHMEN ZUR EINDÄMMUNG<br />
„Trotz einiger Anstrengungen in den<br />
letzten Jahren konnten noch immer<br />
keine signifikanten Erfolge bei der<br />
Lösung dieses Problems erzielt werden.<br />
Es wird weiterhin gebaut und<br />
verbaut“, betonte Gernot Stöglehner<br />
vom Institut für Raumplanung,<br />
Umweltplanung und Bodenordnung<br />
an der <strong>BOKU</strong>. Dabei seien wirksame<br />
Maßnahmen längst bekannt: „In der<br />
Raumplanung könnten beispielsweise<br />
überörtliche Baulandgrenzen für<br />
alle Ortschaften im Rahmen einer<br />
gestärkten Regionalplanung festgelegt<br />
werden. Innerhalb dieser Baulandgrenzen<br />
sollten Wohnen, Arbeiten,<br />
Einkaufen, Erholung und Bildung<br />
nach dem Prinzip der kurzen Wege<br />
und in maßvoller Dichte angesiedelt<br />
werden. Der Nutzung von Baulücken<br />
und Nachverdichtungspotenzialen,<br />
etwa durch Aufstockung, sollte Vorrang<br />
vor dem Bauen ,auf der grünen<br />
Wiese‘ gegeben werden.“ Um dies zu<br />
ermöglichen, müsse die Verfügbarkeit<br />
von Bauland erhöht werden. „Die<br />
Belassung von Baulücken und Leerstand<br />
sollte Kosten verursachen, insbesondere<br />
durch eine eigene Grundsteuerkategorie.<br />
Ein quantitatives<br />
Bodenschutzziel ist notwendig, um<br />
wirksame Strategien zur Reduktion<br />
der Flächeninanspruchnahme zu etablieren.“<br />
In diesem Zusammenhang<br />
sei die hier vorgelegte Messung des<br />
Zersiedelungsgrades hilfreich. ■<br />
Genauere Infos finden Sie im<br />
Social-Ecological Working Paper:<br />
https://boku.ac.at/en/<br />
wiso/sec/publikationen/<br />
social-ecology-workingpapers<br />
10 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Warum wir auch beim Boden<br />
ein Netto-Null-Ziel brauchen<br />
Gernot Stöglehner legt mit seinem soeben erschienenen Sachbuch „Rettet die Böden“ eine<br />
umfassende Bilanz unseres verschwenderischen Umgangs mit der Ressource Boden vor und<br />
plädiert für neue und nachhaltige Ansätze in der Raumplanung. Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />
Was Fachleuten bereits seit<br />
Jahrzehnten Sorgen bereitet,<br />
wird uns als Gesellschaft<br />
nun ebenfalls bewusst: Wir<br />
gehen mit der Ressource Boden um,<br />
als wäre sie unerschöpflich. Gleich<br />
aussehende Einkaufszentren mit<br />
überdimensionierten Parkflächen<br />
auf der ehemals grünen Wiese, ausgelagerte<br />
Gewerbegebiete, der Traum<br />
vom Einfamilienhaus, der zum Alptraum<br />
Bodenversiegelung wird und<br />
weitere Straßen, um von dort überhaupt<br />
zum nächstgelegenen Shoppingcenter<br />
zu gelangen. Eine österreichweite<br />
Bodenschutzstrategie,<br />
seit 2020 Teil des schwarz-grünen<br />
Regierungsprogramms, scheiterte<br />
bisher daran, dass sich Gemeinden,<br />
Länder und der Bund partout nicht<br />
auf das dort angepeilte 2,5-Hektar-<br />
Ziel einigen konnten.<br />
In seinem soeben im Falter-Verlag<br />
erschienenen Sachbuch „Rettet die<br />
Böden“ zeigt Gernot Stöglehner, Professor<br />
für Raumplanung an der <strong>BOKU</strong>,<br />
nicht nur auf, wie vielfältig das Problem<br />
der Bodenversiegelung und wie<br />
komplex die Erklärungsmuster sind,<br />
welche negativen Auswirkungen es<br />
für das Klima, die Biodiversität, Naturgefahren<br />
und damit für uns alle<br />
hat, sondern er liefert auch konkrete<br />
Lösungsvorschläge. Sein Buch ist daher,<br />
so der Untertitel, „ein Plädoyer<br />
für eine nachhaltige Raumentwicklung“.<br />
WACHSTUM ODER BODENSCHUTZ<br />
Denn ohne radikal neue, nachhaltige<br />
Ansätze wird es nicht gehen und „ein<br />
Netto-Null-Bodenverbrauchsziel ist<br />
unabdingbar“, wie der Autor schreibt,<br />
wenn wir unsere Krisensicherheit in<br />
Bezug auf Ernährung und Rohstoffe<br />
gewährleisten wollen. „Den Bodenverbrauch<br />
wirksam zu reduzieren,<br />
greift in die Funktionsweise von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft ein und erfordert<br />
neue Regeln, eine andere Art<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
11
<strong>BOKU</strong><br />
Gernot Stöglehner mit seinem Buch „Rettet die Böden“<br />
der Besteuerung von Grund und Boden<br />
sowie andere Prinzipien, wie wir<br />
uns als Gesellschaft und Wirtschaft<br />
den Raum aneignen, als die bisher<br />
verfolgten.“ Denn unser derzeitiges<br />
Wachstumsdogma stehe in einem<br />
Zielkonflikt mit dem Bodenschutz.<br />
WIR HABEN FERTIG<br />
Österreich ist, was den Bodenverbrauch<br />
betrifft, fertig gebaut. 35 Prozent<br />
der nutzbaren Fläche wird für<br />
die Verkehrsinfrastruktur gebraucht,<br />
57 Prozent des Bodens nutzen wir für<br />
Wohnen und Arbeiten. Doch während<br />
beispielsweise Deutschland seinen<br />
Zuwachs an Bodenverbrauch zwischen<br />
2012 und 2018 um 20 Prozent<br />
gesenkt hat, ist er hierzulande in<br />
derselben Zeitspanne um 17 Prozent<br />
gestiegen. Wie es zu diesem „amorphen<br />
Siedlungsbrei“ in Österreich gekommen<br />
ist, erklärt Stöglehner und<br />
schlägt Maßnahmen vor, die ein Wohnen,<br />
Arbeiten und Leben ermöglichen,<br />
bei denen Zufußgehen oder das Fahrrad<br />
die erste Wahl der Fortbewegung<br />
sein können.<br />
NEUE PARAMETER<br />
Dazu gehöre unter anderem auch,<br />
so der Autor, dass in der Raumplanung<br />
dem Baulandbedarf auch<br />
jeweils ein entsprechender Bedarf<br />
an biologisch produktivem Grünland<br />
als Bezugsgröße gegenübergestellt<br />
werde. Zudem spricht sich Stöglehner<br />
für begleitende Eingriffe auf dem<br />
Bodenmarkt aus: „Eine Besteuerung<br />
von jenen Teilen des Bodenwertes,<br />
die nicht einer widmungsgemäßen<br />
Nutzung, sondern der Spekulation<br />
dienen.“ Ebenso fordert er gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen, die mehr<br />
Verpflichtungen zu einer nachhaltigen<br />
Raumplanung beinhalten und<br />
bricht eine Lanze für partizipative<br />
Prozesse. Die Menschen sollten –<br />
insbesondere bei der Entwicklung<br />
belebter Ortskerne – eingebunden<br />
werden, wenn es darum geht, Raumordnungsziele<br />
zu formulieren, aber<br />
auch sie umzusetzen, denn die Bevölkerung<br />
und die Wirtschaft müssen<br />
von den Maßnahmen überzeugt sein<br />
und diese mittragen.<br />
Gernot Stöglehner legt mit „Rettet<br />
die Böden“ ein populärwissenschaftliches<br />
Buch im allerbesten Sinne vor.<br />
Er gibt fundierte, mit beeindruckenden<br />
Zahlen untermauerte Einblicke<br />
in die Komplexität von Raumplanung<br />
und Bodenschutz, verpackt die wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse seiner<br />
langjährigen Forschungstätigkeit in<br />
klare Sprache und bietet griffige bildliche<br />
Vergleiche (wussten Sie, dass<br />
das Zentrum von Freistadt drei Mal<br />
in den Autobahnknoten Linz passen<br />
würde?). Mit seinem 216 Seiten starken<br />
Buch gibt er jenen Leser*innen<br />
Argumentationshilfen und Lösungsansätze<br />
in die Hand, denen der Erhalt<br />
der Böden und eine über den<br />
eigenen Gartenzaun hinausgehende<br />
Raumplanung am Herzen liegen.■<br />
Gernot Stöglehner,<br />
„Rettet die Böden. Ein Plädoyer für eine<br />
nachhaltige Raumentwicklung“<br />
© Falter Verlag <strong>2024</strong>, 216 Seiten,<br />
Softcover oder E-Book<br />
EAN 978-3-99166-011-8<br />
Preis: Softcover € 24,90, E-Book € 19,99<br />
Jetzt erhältlich auf faltershop.at und im<br />
Buchhandel.<br />
12 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
<strong>BOKU</strong> Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
13
FOTOS: DANIEL SINGER<br />
Impressionen aus der Mongolei<br />
Forschen in atemberaubender<br />
Landschaft: Mit Erasmus+ Internationale<br />
Mobilität in der Mongolei<br />
Von Claudia Zefferer und Lisa Kargl<br />
Mit einer mongolischen Familie<br />
quer durch das Land reisen,<br />
gemeinsam zu traditionellen<br />
Pferderennen gehen, die Naturverbundenheit<br />
der Menschen kennenlernen<br />
und gleichzeitig fachliche<br />
Kompetenzen ausbauen und einen<br />
Studienfortschritt erzielen? All das ist<br />
möglich, wenn man im Rahmen des<br />
<strong>BOKU</strong>-Studiums einen Auslandsaufenthalt<br />
absolviert.<br />
Daniel Singer, Umwelt- und Bioressourcenmanagement-Student,<br />
hat<br />
diese Chance ergriffen und hat mittels<br />
Erasmus+ Internationaler Mobilität<br />
einen Auslandsaufenthalt in<br />
Ulaanbaatar in der Mongolei verbracht.<br />
Im Rahmen seiner Bachelorarbeit<br />
hat er in Kooperation mit der<br />
Mongolian University of Life Sciences<br />
an einem Feldprojekt zur Untersuchung<br />
der Wurzelökologie von Bäumen<br />
in borealen Wäldern gearbeitet.<br />
Im Zentrum seiner Arbeit standen<br />
die Planung und Durchführung von<br />
Versuchen, die Messung der Wurzelbiomasse<br />
und -morphologie sowie die<br />
Analyse der physikalischen und chemischen<br />
Eigenschaften des Bodens.<br />
Neben der fachlichen Weiterbildung<br />
konnte er in die atemberaubende<br />
Landschaft mit ihren weitläufigen,<br />
unberührten Wäldern und in die mongolische<br />
Kultur mit ihrer Gastfreundschaft<br />
eintauchen.<br />
Ein Auslandsaufenthalt im Rahmen<br />
des Studiums ermöglicht es, die fachliche<br />
Expertise auszubauen, neue Einblicke<br />
zu bekommen und theoretisches<br />
Wissen praktisch anzuwenden<br />
und zu vertiefen. Darüber hinaus erfüllt<br />
man damit auch schon ein Kompetenzfeld<br />
für den Intercultural Skills<br />
Award. In einem immer heterogeneren<br />
Arbeits- und Forschungsumfeld sind<br />
interkulturelle Kompetenzen wichtige<br />
Schlüsselqualifikationen. Der Intercultural<br />
Skills Award wurde 2020<br />
von <strong>BOKU</strong>-International Relations ins<br />
Leben gerufen, um <strong>BOKU</strong>-Studierende<br />
auszuzeichnen, die sich während<br />
ihres Studiums international engagiert<br />
haben und interkulturelle Aktivitäten<br />
nachweisen können. Der Award soll<br />
dazu dienen, ihren Lebenslauf aufzuwerten<br />
und einen Startvorteil für künftige<br />
Bewerbungen bieten. Um mit dem<br />
Intercultural Skills Award ausgezeichnet<br />
zu werden, müssen Bewerber*innen<br />
Nachweise von theoretischen<br />
und praktischen internationalen und<br />
interkulturellen Aktivitäten erbringen<br />
und Kriterien in vier unterschiedlichen<br />
Kompetenzfeldern erfüllen: Studien-<br />
14 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Bunte Jurten, Pferde und<br />
wissenschaftliche Feldforschung<br />
mit Kolleg*innen der Mongolian<br />
University of Life Sciences<br />
relevante internationale Erfahrung,<br />
Fremdsprachen, Lehrveranstaltungen<br />
zu interkultureller Kompetenz und<br />
interkulturelles Engagement. Daniel<br />
Singer, der sich für den Intercultural<br />
Skills Award beworben hat, ist nun im<br />
Masterstudium und absolviert derzeit<br />
seinen zweiten Auslandsaufenthalt –<br />
diesmal an der renommierten Cornell<br />
University in den USA.<br />
Ein Auslandsaufenthalt außerhalb<br />
Europas ist im Bachelor eher die Ausnahme;<br />
zu den gängigen Stipendienprogrammen<br />
zählt hier das klassische<br />
Erasmus+ Auslandssemester an einer<br />
europäischen Partneruni sowie Erasmus+<br />
Praktika. Der Schwerpunkt der<br />
aktuellen Erasmus+ Programmperiode<br />
liegt auf Inklusion & Diversität,<br />
Digitalisierung und ökologischer<br />
Nachhaltigkeit. So sollen zum Beispiel<br />
durch kürzere Mobilitätsaufenthalte<br />
und die Kombination von online und<br />
Präsenzzeiten neue, bisher unterrepräsentierte<br />
Zielgruppen angesprochen<br />
und durch umweltfreundliches<br />
Reisen ein Beitrag zum „European<br />
Green Deal“ geleistet werden. Neben<br />
Erasmus+ gibt es mit CEEPUS eine<br />
eigene Programmschiene für Mittelund<br />
Osteuropa. Im Master sind dem<br />
Studieren und Forschen im Ausland<br />
dann keine Grenzen mehr gesetzt.<br />
Zusätzlich zu Erasmus+ und CEEPUS<br />
kann man mit Joint Study an eine Uni<br />
weltweit gehen – von Kanada, den<br />
USA und Südamerika über Südafrika<br />
bis Asien, Australien und Neuseeland.<br />
Weitere Möglichkeiten bieten Internationale<br />
Masterprogramme oder KUWI,<br />
ein Stipendium für kurzfristige wissenschaftliche<br />
Arbeiten im Ausland<br />
weltweit. ■<br />
LINKS<br />
Intercultural Skills Award<br />
https://short.boku.ac.at/int-out-isaen<br />
Stipendienprogramme von <strong>BOKU</strong>-IR<br />
https://short.boku.ac.at/international.<br />
html<br />
DI in Claudia Zefferer und DI in Mag. a Lisa<br />
Kargl sind Mitarbeiterinnen von <strong>BOKU</strong>-<br />
International Relations.<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
15
Wohin die Reise geht<br />
Bei der „17 th International Conference on Travel Behaviour Research“, die vom<br />
Institut für Verkehrswesen der <strong>BOKU</strong> University organisiert wurde, blickten<br />
Wissenschaft und Praxis gemeinsam auf aktuelle und künftige Veränderungen<br />
in unserem Mobilitätsverhalten.<br />
Von Bettina Fernsebner-Kokert<br />
ADOBE STOCK<br />
Bewegen wir uns wieder von A<br />
nach B wie vor der Covid-Pandemie<br />
oder gibt es doch eine<br />
neue „Mobilitäts-Normalität“? Dieser<br />
und anderen Fragen gingen rund<br />
500 Wissenschaftler*innen zwischen<br />
14. und 18. Juli in Wien bei der 17 th<br />
International Conference on Travel<br />
Behaviour Research: „Transformative<br />
Travel Behaviour Research - Looking<br />
beyond Back-to-Normal“ nach. Die<br />
Konferenz mit Teilnehmer*innen aus<br />
mehr als 40 Ländern war vom Institut<br />
für Verkehrswesen der <strong>BOKU</strong> University<br />
organisiert worden.<br />
„Die zunehmende Digitalisierung<br />
unseres Alltags, Unsicherheiten in<br />
den Versorgungsketten und der wirtschaftlichen<br />
Lage insgesamt sowie<br />
neue Gewohnheiten und Werte, die<br />
während der Pandemie entstanden<br />
sind, stellen unsere Vorstellung von<br />
typischen Mobilitätsmustern ebenso<br />
infrage wie die Annahmen, auf denen<br />
unsere Verkehrsmodelle beruhen“,<br />
erklärt Yusak Susilo vom Institut für<br />
Verkehrswesen der <strong>BOKU</strong>. Was sich<br />
abseits von unserer tagtäglichen Fortbewegung<br />
abzeichnet: Wir sind aktuell<br />
wieder „reisehungriger“, fahren für<br />
längere Zeit fort und das in Richtung<br />
entfernterer Destinationen.<br />
„Wir müssen die Auslöser identifizieren<br />
können, die zu tiefgreifenden und<br />
transformativen Verhaltensänderungen<br />
in unserer Mobilität führen und<br />
die über das hinausgehen, was wir<br />
mit unseren traditionellen Ansätzen<br />
sehen können. Das ist entscheidend,<br />
um unser Ziel der Netto-Null-Emissionen<br />
zu erreichen“, sagt Susilo.<br />
GEWESSLER: SOLIDE<br />
FORSCHUNGSLANDSCHAFT<br />
WICHTIGE GRUNDLAGE<br />
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler,<br />
die die Konferenz eröffnete,<br />
betont: „Die Art und Weise, wie wir<br />
mobil sind, hat große Auswirkungen<br />
auf das Klima. Auch hier gilt: Weg von<br />
den Fossilen hin zu Energiewende<br />
und klimafreundlicher Mobilität, ob<br />
im Alltag oder im Urlaub. Eine gute<br />
und solide Forschungslandschaft ist<br />
dabei eine wichtige Grundlage. Sie<br />
zeigt neue Lösungen auf, hilft die<br />
Chancen von nachhaltigen Verhaltensänderungen<br />
zu realisieren und<br />
16 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
IVE/<strong>BOKU</strong><br />
V. l.: IATBR-Vorsitzende Charisma Choudhury (Universität Leeds), Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Yusak Susilo und<br />
Astrid Gühnemann (beide Institut für Verkehrswesen, <strong>BOKU</strong> University)<br />
kann so zukunftsfähige Mobilitätskonzepte<br />
weiter stärken. Damit ist<br />
gewährleistet, dass Reisen und unser<br />
Mobilitätsverhalten klimafreundlicher<br />
und mit möglichst niedrigen<br />
Treibhausgasemissionen gelingen<br />
kann.“<br />
„Ein besseres Verständnis des Verkehrsverhaltens<br />
und eine Verbesserung<br />
der Mobilitätslandschaft sind<br />
entscheidend für die Förderung des<br />
Wirtschaftswachstums und die Erreichung<br />
der Ziele einer nachhaltigen<br />
Entwicklung. Vor dem Hintergrund der<br />
technologischen Revolutionen und<br />
der Klimakrise von heute ist es noch<br />
wichtiger geworden, die modernsten<br />
Techniken zur Analyse zu verbessern“,<br />
erklärt die Vorsitzende der<br />
International Association for Travel<br />
Behaviour Research (IATBR), Charisma<br />
Choudhury von der Universität Leeds.<br />
„Nur durch unsere gemeinsamen Anstrengungen<br />
als Forscher*innen und<br />
Praktiker*innen auf dem Gebiet des<br />
Reiseverhaltens können wir unser<br />
Netto-Null-Ziel erreichen, ohne Wirtschaftswachstum<br />
und Wohlstand zu<br />
gefährden.“<br />
Kay W. Axhausen von der ETH Zürich,<br />
der bei der Konferenz mit dem<br />
IATBR Lifetime Achievement Award<br />
<strong>2024</strong> ausgezeichnet wurde, betont<br />
die Bedeutung für unseren Alltag:<br />
„Die Mobilitätsverhaltensforschung<br />
zeigt, wie das tägliche Leben Heim,<br />
Arbeit, Freizeit und Aktivitäten im<br />
Freien miteinander verbindet. Sie<br />
zeigt, wie ein gesundes und soziales<br />
Leben von den Menschen gestaltet<br />
und gelebt wird. Sie zeigt auch, ob<br />
es Probleme für die Bevölkerung gibt<br />
und was getan werden kann, um diese<br />
zu lösen.“<br />
Während also die Unwägbarkeiten<br />
des Nutzer*innenverhaltens und des<br />
Verkehrsangebots die Modellierung<br />
der Mobilitätsnachfrage schwieriger<br />
denn je machen, ermöglichen interdisziplinäre<br />
Forschung und die Weiterentwicklung<br />
von Methoden und<br />
Technologien, neue Ansätze zu entwickeln,<br />
um die menschlichen Entscheidungen<br />
besser zu verstehen und<br />
vorherzusagen – was entscheidend<br />
für die Förderung nachhaltiger Verhaltensänderungen<br />
ist. ■<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
17
Vom Weinstein-Fabrikanten zum<br />
Global Player in der Pharmabranche<br />
Boehringer Ingelheim bietet Top-Jobs für LBT-Absolvent*innen<br />
Von Hanni Schopfhauser<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Schon beim Betreten des Besucherbereichs<br />
wird klar, dass<br />
man hier in eine eigene Welt<br />
eintaucht: Shila, die adrette professionelle<br />
HR-Mitarbeiterin, nimmt uns<br />
in Empfang und die Besucherkarten<br />
werden an die 20 Studierenden, das<br />
Medien-Team und Professorin Renate<br />
Kunert verteilt, auf deren Initiative<br />
diese Exkursion zu einem potenziellen<br />
Arbeitgeber stattfindet. Die Anwesenheitsliste<br />
wird überprüft, unser<br />
Fotograf instruiert, in welchen Bereichen<br />
er Aufnahmen machen darf –<br />
selbstverständlich müssen die Bilder<br />
später auch noch freigegeben werden.<br />
Gemeinsam geht es dann ins nächste<br />
Gebäude in einen klimatisierten Vortragsraum,<br />
wo wir bei Erfrischungen<br />
und Snacks zunächst einen Film über<br />
die Geschichte der Firma und ihren<br />
heutigen Status zu sehen bekommen:<br />
Vor über 135 Jahren wurde das<br />
Unternehmen in Ingelheim gegründet,<br />
wo vorwiegend Weinstein- und<br />
Milchsäure produziert wurde, aber<br />
auch bereits Medikamente wie Morphium<br />
und – Cocain! Bis heute ist<br />
das Familienunternehmen nicht an<br />
der Börse notiert, hat aber Standorte<br />
auf der ganzen Welt. Einer der wichtigsten<br />
– und der erste, der außerhalb<br />
Deutschlands etabliert wurde – ist<br />
der in Wien-Meidling, der seit 1957<br />
besteht.<br />
Die Biotechnology-Studierendengruppe beim Verlassen des Eingangsbereichs für<br />
Besucher*innen<br />
Hier sind rund 3400 Mitarbeiter*innen<br />
in Produktion, Logistik, Qualitätssicherung<br />
sowie Forschung & Entwicklung<br />
beschäftigt. Und es werden<br />
ständig neue Talente gesucht, denn<br />
das Unternehmen expandiert weiter.<br />
Boehringer bietet Jobs auf allen Ausbildungsebenen<br />
vom Bachelor bis zum<br />
Doktorat. Dementsprechend vielfältig<br />
sind auch die Einsatzgebiete, deren<br />
18 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
FOTOS: BOEHRINGER INGELHEIM<br />
Produktion einst (1930) und heute<br />
Drei (Lebensmittel- und) Biotechnologie-Absolvent*innen als „Ambassadors“ für Boehringer Ingelheim sprechen<br />
über ihre Karrieren.<br />
größtes ist natürlich die Produktion.<br />
Es gibt allerdings auch ein Trainee-<br />
Programm für angehende Manager*innen.<br />
Clemens, einer der drei „Ambassadors“,<br />
die uns einen Einblick in ihren<br />
Berufseinstieg und ihre Karriere bei<br />
der Firma geben, hat es absolviert.<br />
„Lebensmittel- und Biotechnologie<br />
ist die ideale Grundlage für die Arbeit<br />
hier“, sagt er, „weil es Technik und<br />
Biologie und Chemie vereint.“<br />
Gerade an der <strong>BOKU</strong> ist es keine Seltenheit,<br />
dass Studierende bereits vor<br />
ihrem Abschluss einschlägig zu arbeiten<br />
beginnen. Im Sinne der eigenen<br />
Karriere rät Clemens aber davon ab:<br />
„Es ist sehr hart, ‚nebenbei‘ zu studieren.<br />
Man sollte schon praktische Erfahrungen<br />
sammeln, aber erst, wenn<br />
man schon eine Vorstellung hat, wo<br />
die Reise hingehen soll, aber eines<br />
nach dem anderen.“ Wichtig sei es,<br />
von vornherein zu wissen, ob man in<br />
der Produktion, der Qualitätskontrolle<br />
oder der Forschung arbeiten möchte.<br />
Ist diese Entscheidung einmal gefallen,<br />
gibt es danach kaum mehr<br />
Möglichkeiten, den Weg zu ändern.<br />
Innerhalb der Bereiche allerdings<br />
fördert Boehringer interne Wechsel,<br />
wofür es am Wiener Standort<br />
aufgrund seiner Größe ausreichend<br />
Möglichkeiten gibt. Unterschiedliche<br />
Produktionsbereiche zu kennen,<br />
erweitert schließlich den Horizont<br />
und eröffnet mehr Aufstiegschancen,<br />
wie Tanja, eine andere Botschafterin,<br />
bestätigt. Auch deshalb ist die<br />
Kommunikation zwischen den Bereichen<br />
wichtig und wird firmenseitig<br />
gefördert, etwa durch gemeinsame<br />
sportliche Aktivitäten wie Radtouren<br />
oder eine Volleyballgruppe.<br />
Während nun die eine Hälfte unserer<br />
Gruppe Gelegenheit hat, den „Am-<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
19
BOEHRINGER INGELHEIM/ JENS WUNDERLICH<br />
Qualitätskontrolle biotechnische Prozessentwicklung Biberach<br />
bassadors“ Fragen zu stellen, wird<br />
die andere von Franz, der als „Strategy<br />
Implementation Manager“ tätig<br />
ist und uns einen Überblick über<br />
die Niederlassung in Wien-Meidling<br />
gegeben hat, auf das eigentliche<br />
Werksgelände geführt. Hier<br />
ist übrigens Schluss für Christoph,<br />
unseren Fotografen: Selbst an den<br />
für Besucher*innen zugänglichen<br />
Orten auf dem Gelände dürfen keine<br />
Bilder mehr gemacht werden. Wir<br />
ersteigen eine Stahlkonstruktion,<br />
die in einen Außengang mündet, von<br />
wo sich durch mehrere Fenster der<br />
Blick auf einige – zurzeit stillstehende<br />
– Bioreaktoren eröffnet. Nach<br />
ein paar Erklärungen etwa zur Größe<br />
der Tanks, deren Durchsatzraten und<br />
Betriebsdauer, geht es bald zurück<br />
in den wohltemperierten Seminarraum<br />
und die Gruppen werden gewechselt.<br />
Wer nun erwartet hatte, tiefere Einblicke<br />
in die Methoden oder gar<br />
verwendete Zellkulturen bei der<br />
biotechnologischen Produktion zu<br />
erhalten, mag enttäuscht worden<br />
sein: Zu wichtig ist die Wahrung solcher<br />
Firmengeheimnisse in einer so<br />
kompetitiven Branche wie der Pharmaindustrie.<br />
Einen guten Eindruck<br />
von zukünftigen Arbeitsplätzen und<br />
-bedingungen konnte man allemal<br />
erhalten.<br />
Wer keinen der begehrten Exkursionsplätze<br />
ergattert, erhält auf den<br />
Boehringer Ingelheim-Karriereseiten<br />
weitere Einblicke und Informationen<br />
zu dem gleichzeitig modernen und<br />
traditionsreichen, weltweit tätigen<br />
Familienunternehmen:<br />
https://www.boehringer-ingelheim.<br />
com/at/karriere/karrieremoeglichkeiten<br />
20 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Exkursionen, Workshops & Vorträge für Schüler*innen:<br />
Forschung an der <strong>BOKU</strong> University hautnah erleben<br />
CHRISTOPH GRUBER/ <strong>BOKU</strong> UNIVERSITY<br />
Schüler*innen auf<br />
Exkursion im <strong>BOKU</strong>-<br />
Wasserbaulabor<br />
Klimawandel, knappe Ressourcen,<br />
die grüne Transformation<br />
der Industrie: Der Handlungsbedarf<br />
ist groß – und die Nachfrage<br />
nach Life Sciences-Expert*innen ist<br />
noch größer.<br />
Doch was bedeutet es, ein*e solche*r<br />
Expert*in zu sein und wie wird man<br />
das? Diese Frage kann ein Besuch in<br />
der Wirkungsstätte von Absolvent*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> oder an der Universität<br />
selbst beantworten: Von der Klimawandelanpassung<br />
im öffentlichen<br />
Raum über das Recycling von Häusern<br />
bis hin zur biotechnologischen<br />
Produktion von Medikamenten: Forscher*innen<br />
und Absolvent*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> University sind in allen<br />
zukunftswirksamen Fachbereichen<br />
tätig und gewähren Schulklassen im<br />
Rahmen des Projekts Wissen|schafft|<br />
Zukunft Einblick in ihre Arbeit – sei<br />
es bei der Exkursion ins Wasserbaulabor<br />
an der Donau, auf den Straßen<br />
der Stadt oder in der eigenen Schule.<br />
Das Programmangebot von Wissen|<br />
schafft|Zukunft umfasst derzeit 32<br />
verschiedene Exkursionen, Workshops<br />
und Vorträge und richtet sich<br />
an Schüler*innen der 9. bis 13. Schulstufe.<br />
Ziel ist es, Schüler*innen der<br />
Oberstufenklassen für die <strong>BOKU</strong>-Themen<br />
zu begeistern, Wissen zu vermitteln<br />
und die zukunftsorientierten<br />
Studienrichtungen durch spannende<br />
Angebote und interessante Werdegänge<br />
von <strong>BOKU</strong>-Absolvent*innen<br />
bekanntzumachen. Die <strong>BOKU</strong> ist die<br />
einzige Universität in Österreich, die<br />
ihre gesamte Forschung und Lehre<br />
auf Life Sciences ausgerichtet hat<br />
– diese Spezialisierung macht die<br />
<strong>BOKU</strong> University zu einer der führenden<br />
Universitäten für Life Sciences in<br />
Europa. ■<br />
Weitere Informationen<br />
https://short.boku.ac.at/Wissen-<br />
SchafftZukunft<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
21
GENDER & DIVERSITY<br />
Save the Date! Awareness Days <strong>2024</strong><br />
Von Ruth Scheiber-Herzog und Ela Posch<br />
Wir freuen uns, bereits<br />
zum vierten Mal die<br />
<strong>BOKU</strong> Awareness<br />
Days ankündigen zu dürfen.<br />
Vom 4. November bis zum 17.<br />
Dezember erwartet Sie ein abwechslungsreiches<br />
Programm<br />
aus Workshops, Vorträgen und<br />
interaktiven Diskussionen zu den<br />
Themen Gleichstellung, Diversität,<br />
Antidiskriminierung und soziale<br />
Teilhabe sowie Behinderung<br />
und chronische Erkrankung. Jede<br />
dieser Veranstaltungen ist darauf<br />
ausgerichtet, das Verständnis zu<br />
vertiefen, die Kompetenzen zu<br />
erweitern und praktische Ansätze<br />
zur Förderung von mehr Inklusion<br />
und Chancengerechtigkeit zu vermitteln.<br />
Die Awareness Days bieten<br />
eine wertvolle Gelegenheit,<br />
sich intensiv mit den Themen<br />
auseinanderzusetzen und gemeinsam<br />
an einer vielfältigeren,<br />
gerechteren Zukunft zu arbeiten.<br />
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme<br />
und darauf, gemeinsam mit Ihnen<br />
den Weg zu mehr Bewusstsein<br />
und Engagement für diese wichtigen<br />
Anliegen zu beschreiten.<br />
PROGRAMMVORSCHAU<br />
Tagungsveranstaltung zum Thema<br />
Neurodiversität mit drei Fachvorträgen<br />
(hybrid) am 4. 11. in Kooperation<br />
mit der TU Wien und der WU<br />
▶<br />
▶<br />
▶<br />
Input 1: Überblick über das neurodiverse<br />
Spektrum mit Schwerpunkt<br />
Autismus und AD(H)S<br />
[ENG] (Zielgruppe wissenschaftliches<br />
Personal & Interessierte)<br />
Input 2: AD(H)S im Erwachsenenalter<br />
– vom Verdacht zur Diagnose<br />
[ENG] (Zielgruppe Studierende)<br />
Input 3: Studieren im Spektrum<br />
– Unterstützungsangebote [DE]<br />
(Psychologische Studienberatung;<br />
Zielgruppe Studierende)<br />
Österreichische<br />
Gebärdensprache/ÖGS<br />
5. 11. Beginn Basiskurs mit Günter<br />
Roiss, jeweils von 14-17 Uhr an der<br />
TU Wien, Zielgruppe Mitarbeitende.<br />
Weitere Termine: 12. 11., 03. 12. und<br />
10. 12. ÖGS Kommunikations-Café mit<br />
Günter Roiss am 26. 11. und 17. 12. für<br />
leicht Fortgeschrittene der Österreichischen<br />
Gebärdensprache, jeweils<br />
von 14–16.30 Uhr an der TU Wien<br />
<strong>BOKU</strong>-Theater „S[ch]till here“<br />
am 6. 11. mit der Theatergruppe<br />
„die Fremden“ in Kooperation mit dem<br />
<strong>BOKU</strong> Kino<br />
Depressionen bei Studierenden<br />
und Psychosoziale Kompetenzen<br />
im Umgang mit Studierenden<br />
In einem interaktiven Online-Vortrag<br />
für Studierende geht Nadja Springer<br />
am 12. 11. auf das Thema „Depressionen<br />
– Studieren im Ausnahmezustand“<br />
ein. <strong>BOKU</strong>-Lehrende erfahren<br />
am 25. 11. im Rahmen des Fortbildungsprogramms<br />
der Didaktik Wissenswertes<br />
zum „Umgang mit psychischen<br />
Krisen bei Studierenden“<br />
und können ihre Herausforderungen<br />
in der Lehre gemeinsam reflektieren<br />
und diskutieren.<br />
(Non)binary Universities? Geschlechtervielfalt<br />
in der Verwaltung<br />
In einem Workshopformat werden<br />
am 14. 11. von m Horvat allgemeine<br />
Informationen zur gesetzlichen und<br />
22 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
gesellschaftlichen Situation bereitgestellt<br />
sowie gemeinsam mit<br />
den Teilnehmenden Handlungsmöglichkeiten<br />
im eigenen Wirkungsbereich<br />
erarbeitet.<br />
Das <strong>BOKU</strong>-KINO startet in<br />
das neue Wintersemester!<br />
Intersektionale Perspektiven<br />
auf Climate Anxiety<br />
Eine Session am <strong>BOKU</strong> Nachhaltigkeitstag<br />
in Kooperation mit<br />
dem Verein D!srupt, 20. 11. (15.30-<br />
17.30)<br />
ORANGE THE WORLD – 16 Tage<br />
gegen Gewalt (25. 11.–10. 12.)<br />
In Kooperation mit UN Women<br />
Austria wird am 25. 11. vor dem<br />
Wilhelm-Exner-Haus eine Fahne<br />
in Orange gehisst, um gegen sexualisierte<br />
Diskriminierung und Gewalt<br />
ein Zeichen zu setzen. Im Rahmen<br />
eines Online-Vortrags beleuchtet<br />
eine Expertin am 27. 11. das Thema<br />
im Kontext der Universität.<br />
<strong>BOKU</strong> Awareness Days –<br />
Teilnahme und Anmeldung<br />
Die Teilnahme an den Awareness<br />
Days ist für alle Interessierten<br />
offen. Eine vorherige Anmeldung<br />
über die Webseite der Koordinationsstelle<br />
ist für einzelne Workshops,<br />
Kurse oder Vorträge via<br />
Termino erforderlich, um sicherzustellen,<br />
dass genügend Plätze<br />
verfügbar sind.<br />
Das Programm wird laufend aktualisiert.<br />
Für weitere Informationen<br />
und zur Anmeldung besuchen Sie<br />
bitte die Website der Koordinationsstelle,<br />
https://short.boku.ac.at/<br />
awarenessdays24<br />
Plakat S[ch]till here - Theatergruppe „die Fremden“<br />
Es erwartet euch wieder ein vielschichtiges, spannendes Programm im<br />
Kontext mit den SDGs und anschließender Diskussionsrunde mit Expert*innen<br />
unterschiedlichster Disziplinen von und außerhalb der <strong>BOKU</strong>,<br />
Filmemacher*innen und NGO-Vertreter*innen.<br />
Den Anfang macht am 16. 10. der Film „African Mirror“, ein Dokumentarfilm,<br />
der das auch noch heute kolonial geprägte Afrikabild im europäischen Raum<br />
anhand von René Gardis Bildmaterial zeigt. Der Film dient als Einstieg in die<br />
Diskussion zum Thema Dekolonialisierung (unter anderem auch an Universitäten).<br />
Podium: Mischa Hedinger (Regisseur), Elena Beringer (gW/N, <strong>BOKU</strong>) und Gabriele<br />
Slezak (UniWien)<br />
Am 6. 11. gastiert wieder das Theaterensemble „die Fremden“ unter der Regie<br />
von Dagmar Ransmayr mit ihrem Stück „S[ch]till here“ – bei dem es um<br />
das Thema Arbeitsmigration und vom Wunsch nach Freiheit, Unabhängigkeit<br />
und der Sehnsucht, über den Kisten-Rand zu schauen, geht. Es ist eine<br />
Geschichte über Ignoranz, Verschwinden und Unsichtbar-Sein. Und über das<br />
(Nicht)Gesucht-Werden. Anschließend gibt es die Möglichkeit, Fragen an die<br />
Mitwirkenden zu stellen: Armen Abisoghomyan, Dinda Daniar Darussalam,<br />
Bojana Djogovic, Garegin Gamazyan, Besmellah Jafari, Sofie Leplae, Yasmin<br />
Navid, Markus Payer, Katerina Rumenova Jost, Vanda Sokolović.<br />
Das <strong>BOKU</strong>-Kino findet an einem Mittwoch im Monat in der Vorlesungszeit statt<br />
und ist eine Kooperation aus der <strong>BOKU</strong>-Ethikplattform, der <strong>BOKU</strong>-Koordinationsstelle<br />
für Gleichstellung, Diversität und Behinderung, dem Institut für<br />
Entwicklungsforschung, der ÖH <strong>BOKU</strong> und erneuter Unterstützung von Michael<br />
Klingler (WiSO) und Anna Ladina (IFFI; International Film Festival Innsbruck).<br />
Das vorläufige Programm ist auf der Webseite der Ethikplattform zu finden:<br />
https://boku.ac.at/ethikplattform/boku-kino-filmreihe-mit-diskussion<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
23
CITIZEN SCIENCE<br />
DAVID KUNG; UNSPLASH<br />
Nachtaufnahme von einem Igel, der auf einer Straße unterwegs ist<br />
Roadkills in Wien<br />
Von Daniel Dörler und Florian Heigl<br />
Ein wichtiger Faktor für den Rückgang<br />
der weltweiten Tiervielfalt<br />
ist der Straßenverkehr, in<br />
dem viele Tiere getötet werden. Tiere<br />
wandern in ihren Revieren, zwischen<br />
Sommer- und Winterquartieren oder<br />
auch um Nahrung oder Paarungspartner<br />
zu finden. Dabei müssen sie in der<br />
stark von Menschen geprägten Landschaft<br />
oft Straßen überqueren. Das<br />
Citizen Science-Projekt Roadkill der<br />
<strong>BOKU</strong> sammelt mittlerweile seit zehn<br />
Jahren gemeinsam mit Bürger*innen<br />
in ganz Österreich Daten zu überfahrenen<br />
Wirbeltieren, sogenannten<br />
Roadkills, und konnte schon zahlreiche<br />
Erkenntnisse publizieren.<br />
Die achte und somit aktuellste Publikation<br />
aus dem Projekt Roadkill wurde<br />
gemeinsam mit einer Citizen Scientist<br />
verfasst. Susanne Lutter hat dabei die<br />
Idee zur Fragestellung eingebracht,<br />
ist zwei Jahre lang eine mit ihr gemeinsam<br />
erstellte Route abgegangen<br />
und hat uns anschließend beim Verfassen<br />
des Artikels unterstützt. Eine<br />
wirklich spannende Erfahrung für alle<br />
Beteiligten, die wir gerne wiederholen<br />
möchten.<br />
Ziel dieser Studie war es, zwischen<br />
2017 und 2022 Daten über getötete<br />
Wirbeltiere in der Stadt Wien zu sammeln.<br />
Dabei wurden drei verschiedene<br />
Ansätze verfolgt: Citizen Science, systematisches<br />
Monitoring mit dem Fahrrad<br />
entlang einer 15 km langen Strecke<br />
und systematisches Monitoring zu Fuß<br />
entlang einer 3 km langen Strecke. Bei<br />
359 Befahrungen/Begehungen wurden<br />
nur vier überfahrene Tiere (drei Igel,<br />
eine Ratte) mit dem Fahrrad oder zu<br />
Fuß gefunden. Gleichzeitig meldeten<br />
Citizen Scientists ein überfahrenes<br />
Eichhörnchen auf der Fahrradroute<br />
und 84 überfahrene Tiere im gesamten<br />
Stadtgebiet. Igel und Vögel waren<br />
die von Citizen Scientists am häufigsten<br />
gemeldeten Arten. Obwohl bei<br />
der regelmäßigen Befahrung/Begehung<br />
keine überfahrenen Amphibien oder<br />
Reptilien gefunden wurden, meldeten<br />
die Citizen Scientists welche. Die<br />
niedrige Zahl der Roadkills deutet auf<br />
eine möglicherweise geringe Popula-<br />
tionsdichte hin, die die Auswirkungen<br />
von Straßenverkehrsopfern noch gravierender<br />
macht - eine Hypothese, die<br />
angesichts des weltweiten Rückgangs<br />
der Artenvielfalt weiter untersucht<br />
werden sollte.<br />
Achten auch Sie auf Tiere auf der Straße,<br />
und wenn Sie ein überfahrenes<br />
Tier sehen, melden Sie es gerne an<br />
das Projekt Roadkill, um die Datenlage<br />
für kommende Untersuchungen<br />
zu verbessern. <br />
■<br />
PUBLIKATION<br />
Heigl, F., Lutter, S., Hoppe, I., Zaller, J.<br />
G., & Dörler, D. (<strong>2024</strong>). Urban roadkill<br />
assessment in Vienna reveals low incidence<br />
rates. Web Ecology, 24(1), 41–46.<br />
https://doi.org/10.5194/WE-24-41-<strong>2024</strong><br />
LINKS<br />
Citizen Science-Projekt Roadkill<br />
www.roadkill.at<br />
Citizen Science-Projekte zum<br />
Mitforschen auf Österreich forscht<br />
www.citizen-science.at<br />
KONTAKT<br />
office@citizen-science.at<br />
24 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
DIDAKTIK<br />
Universität der Zukunft,<br />
Ort des Lernens<br />
Von Alexandra<br />
Strauss-Sieberth,<br />
Verena Vlajo und<br />
Andreas Zitek<br />
„Es ist keine Schande nichts zu<br />
wissen, wohl aber, nichts lernen<br />
zu wollen.“ Platon<br />
Bildung und Universitäten sind<br />
immer ein Spiegel der Gesellschaft<br />
und deren Entwicklung.<br />
In Zeiten vielfältiger Krisen (Klimakrise,<br />
Diversitätskrise, Bildungskrise<br />
etc.) stehen die Universitäten als eine<br />
der ältesten Bildungsinstitutionen in<br />
der Verantwortung, die Studierenden<br />
mit den notwendigen Zukunftskompetenzen<br />
auszustatten.<br />
Der Bologna-Prozess stellt einen Paradigmenwechsel<br />
in der universitären<br />
Lehre dar: Weg vom lehrendenzentrierten,<br />
hin zu einem studierendenorientierten<br />
Ansatz. Die Universität der<br />
Zukunft ist nicht wie früher die einzige<br />
Wissensinstitution, sondern steht im<br />
Wettbewerb mit anderen Bildungsangeboten<br />
und mit der digitalen Welt.<br />
Angesichts der gegenwärtigen Transformationsprozesse<br />
steht die Universität<br />
vor der Herausforderung, sich als<br />
Ort des forschungsgeleiteten Lernens<br />
neu zu definieren, um in dieser Zeit<br />
des Umbruchs die selbstgesetzten<br />
Ziele (transformativer Bildung) erreichen<br />
zu können. Der Förderung<br />
von Lernkompetenz auf Seiten der<br />
Studierenden als wesentliche Zukunftskompetenz<br />
kommt dabei eine<br />
wichtige Rolle zu.<br />
Daher ist es wichtig, das Lernen durch<br />
hochschuldidaktische Maßnahmen<br />
auf allen Ebenen zu fördern. Das bedeutet,<br />
die verschiedenen Formen<br />
des Lernens zu verstehen und so zu<br />
unterstützen, dass Lehrende und<br />
Studierende davon profitieren.<br />
DEFINITION LERNEN<br />
In der Geschichte des abendländischen<br />
Denkens prägten sich relativ<br />
früh zwei (konkurrierende) Auffassungen<br />
von Lernen aus. Für PLATON bedeutet<br />
Lernen Wiedererinnerung, und<br />
zwar der Ideen, die die Seele immer<br />
schon in sich trägt und die anlässlich<br />
konkreter Sinneseindrücke reaktiviert<br />
werden. Hingegen ist für ARISTOTE-<br />
LES die Seele eine tabula rasa (leere<br />
Tafel), auf die Sinneseindrücke eingetragen<br />
werden; Lernen bedeutet<br />
hier die Aufnahme und Speicherung<br />
von Sinnesdaten. (KAISER/KAISER in<br />
Raithel, J. 2009))<br />
Man kann es auch so sehen: Lernen<br />
beinhaltet das „Wiedererinnern“ von<br />
Platon und das „Aufnehmen und Speichern“<br />
von Aristoteles der Sinneseindrücke,<br />
Lernen ist ein Prozess beziehungsweise<br />
eine Verhaltensänderung.<br />
Das eigentliche Lernen ist dabei nicht<br />
direkt beobachtbar, sondern wird aus<br />
der dauerhaften Veränderung des Verhaltens<br />
aufgrund von Erfahrungen<br />
gefolgert (vgl. GUDJONS in Raithel,<br />
J. 2009).<br />
Lernen passiert immer, dauernd und<br />
ist deshalb schwer messbar.<br />
LERNTHEORIEN & BILDUNG –<br />
GRUNDLAGEN UNIVERSITÄRER<br />
LEHRE<br />
Ziel der universitären Lehre ist es, sowohl<br />
fachliches Grundlagen- und Spezialwissen<br />
zu vermitteln und gleichzeitig<br />
auch transformative Prozesse bei<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
25
Behaviorismus Kognitivismus Konstruktivismus<br />
Die wichtigsten Vertreter*innen<br />
sind ...<br />
J. Watson, B.F. Skinner,<br />
I.P. Pawlow<br />
E. Tolman, K. Lewin,<br />
J. Bruner, J. Piaget<br />
J. Piaget, P. Watzlawick<br />
Paradigma<br />
Reiz – Reaktion – Modell<br />
(Black Box - Computer) –<br />
belohnungs-/strafbasiert<br />
Problemlösung<br />
Konstruktion<br />
Das Gehirn ist … passiver Behälter informationsverarbeitendes<br />
„Gerät“<br />
informell geschlossenes<br />
System<br />
Das Wissen wird ... abgelagert -<br />
erwünschtes Verhalten<br />
wird gefördert, unerwünschtes<br />
reduziert<br />
verarbeitet - Lernen als<br />
aktiver Prozess, bei dem<br />
Informationen verarbeitet,<br />
organisiert und integriert<br />
werden<br />
aktiv konstruiert - neue<br />
Informationen werden mit<br />
bisherigen Erfahrungen<br />
verknüpft<br />
Das Wissen ist …<br />
eine Input-Output-<br />
Relation<br />
ein interner Verarbeitungsprozess<br />
mit einer Situation operieren<br />
können<br />
Tabelle 1: Adaptierte Darstellung der Lernparadigmen in Anlehnung an Baumgartner/Payr (1994, 110)<br />
Quelle: Einführung Pädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91828-0_1<br />
Studierenden hinsichtlich umfassender<br />
Bildung anzustoßen. Bildung kann hier<br />
verstanden werden als Persönlichkeitsund<br />
Identitätsbildung, Mündigkeit,<br />
Emanzipation und Selbstbestimmung,<br />
reflexives und verantwortetes Dasein<br />
des Menschen sowie eine humanistisch<br />
wert-orientierte Bewältigung<br />
gesellschaftlicher Aufgaben in einem<br />
gegebenen individuellen und sozialen<br />
Rahmen (Lederer 2014). Bildung basiert<br />
daher auf Lernen, das durch Reflexion,<br />
Verstehen und (humanistischer) Normativität<br />
erweitert wird.<br />
Um das Lernen als Grundlage für Bildung<br />
an Universitäten effektiv zu gestalten,<br />
ist es entscheidend, die verschiedenen<br />
Lerntheorien zu verstehen<br />
und anzuwenden. Die verschiedenen<br />
Lerntheorien haben einen direkten<br />
Einfluss auf das Lehr- und Lernsetting<br />
und zeigen unterschiedliche Perspektiven<br />
darauf, wie Menschen lernen.<br />
Die drei klassischen Lerntheorien des<br />
20. Jahrhunderts sind der Behaviorismus<br />
– Kognitivismus – Konstruktivismus<br />
(in Tabelle 1 dargestellt).<br />
INTEGRATION DER LERNTHEORIEN<br />
IN DIE UNIVERSITÄRE LEHRE<br />
Das Wissen um Lerntheorien ist<br />
nicht nur für die theoretische Reflexion<br />
über das Lernen von Bedeutung,<br />
sondern sollte auch aktiv in die<br />
universitäre Lehre integriert werden.<br />
Doch wie kann eine solche Integration<br />
konkret erfolgen?<br />
Diversifizierung der Lehrmethoden:<br />
Um den heterogenen Bedürfnissen<br />
und dem unterschiedlichen Vorwissen<br />
der Studierenden gerecht zu<br />
werden, sollten Lehrende eine Vielzahl<br />
an Lehrmethoden einsetzen.<br />
Lehrveranstaltungen können durch<br />
interaktive didaktische Elemente ergänzt<br />
werden. Dies fördert nicht nur<br />
das Engagement der Studierenden,<br />
sondern berücksichtigt auch deren<br />
individuellen Lernzugänge.<br />
26 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Förderung der Selbstlernkompetenz:<br />
Die Förderung von Selbstlernkompetenzen<br />
stellt eine wesentliche Aufgabe<br />
von Universitäten dar. Diesbezüglich<br />
können verschiedene Maßnahmen<br />
ergriffen werden, beispielsweise die<br />
Bereitstellung von Ressourcen zur<br />
Lernorganisation, zum Zeitmanagement<br />
oder die Einführung von offenen<br />
Lernformaten. Der Erwerb von Selbstlernkompetenzen<br />
ermöglicht es den<br />
Studierenden, Lerninhalte in ihrem<br />
eigenen Tempo zu erarbeiten und individuelle<br />
Interessen zu vertiefen.<br />
Reflexion und Feedback: Eine kontinuierliche<br />
Reflexion des eigenen<br />
Lernprozesses ist von grundlegender<br />
Bedeutung für die Förderung nachhaltigen<br />
Lernens. Lehrende sollten<br />
Studierende regelmäßig zur Reflexion<br />
über ihren Lernfortschritt anregen<br />
und konstruktives Feedback geben.<br />
Dieses Feedback sollte nicht nur auf<br />
der Bewertung von Leistungen basieren,<br />
sondern auch den Lernprozess<br />
selbst berücksichtigen, um den Studierenden<br />
zu helfen, ihre Lernstrategien<br />
anzupassen und zu verbessern.<br />
Einbindung realer Probleme und interdisziplinäres<br />
Lernen: Das Lernen<br />
wird insbesondere dann als effektiv<br />
wahrgenommen, wenn es in realen<br />
Kontexten stattfindet. Universitäten<br />
können diesbezüglich einen wesentlichen<br />
Beitrag leisten, indem sie forschungsgeleitete<br />
Lehre oder interdisziplinäre<br />
Module anbieten. Diese<br />
fördern bei den Studierenden die<br />
Fähigkeit, Wissen aus verschiedenen<br />
Disziplinen zu verknüpfen und auf<br />
reale Problemstellungen anzuwenden.<br />
Dies trägt nicht nur zu einem<br />
umfassenderen Verständnis für die<br />
Komplexität von Wissen bei, sondern<br />
bereitet die Studierenden auch auf<br />
die Herausforderungen der beruflichen<br />
Praxis vor.<br />
Nutzung digitaler Medien: In der heutigen<br />
digitalen Welt spielen digitale<br />
Medien eine immer größere Rolle im<br />
Lernprozess. Universitäten sollten die<br />
Potenziale digitaler Technologien nutzen,<br />
um innovative Lernformate zu<br />
schaffen. Dabei ist es von entscheidender<br />
Bedeutung, dass Lehrende den<br />
kritischen Umgang mit digitalen Medien<br />
vermitteln, um die Informationskompetenz<br />
der Studierenden zu stärken.<br />
EINFLUSSFAKTOREN<br />
AUF DAS LERNEN<br />
Lernen ist ein vielschichtiger Prozess,<br />
der von einer Vielzahl an Einflussfaktoren<br />
geprägt wird. Diese Faktoren<br />
lassen sich in verschiedene Komponenten<br />
unterteilen, wobei jede dieser<br />
Komponenten das Lernen auf unterschiedliche<br />
Weise beeinflusst und<br />
somit dazu beiträgt, wie effektiv und<br />
nachhaltig Lernprozesse sind.<br />
Kognitive Komponenten: umfasst die<br />
kognitive Leistungsfähigkeit (Intelligenz)<br />
der Lernenden, die von diesen<br />
beherrschten und angewendeten<br />
Lernstrategien sowie das bereits verfügbare<br />
Vorwissen.<br />
Emotionale Komponenten: Lernprozesse<br />
werden von einer Vielzahl an<br />
Faktoren beeinflusst, wobei auch<br />
die individuellen emotionalen Gefühle<br />
(positiv und negativ) eines Menschen<br />
eine wesentliche Rolle spielen.<br />
Emotionen haben Auswirkungen auf<br />
die Aktivierung und die Antriebskraft<br />
eines Menschen, sie beeinflussen seine<br />
Motivation und sind bedeutsame<br />
„Schaltstellen“ für kognitive Prozesse<br />
(Hascher 2005 in Esslinger-Hinz; Sliwa<br />
2011).<br />
Motivationale Komponenten: Motivation<br />
und Interesse stellen wichtige<br />
Einflussfaktoren in Lernprozessen<br />
dar. Interesse ist ein Motor für Lernmotivation,<br />
also die Absicht, bestimmte<br />
Inhalte oder Fähigkeiten zu<br />
erlernen (Wild; Hofer; Pekrun 2001 in<br />
Esslinger-Hinz; Sliwa 2011).<br />
Das Zusammenwirken der drei genannten<br />
Komponenten ist maßgeblich<br />
für die Effektivität des Lernens<br />
eines Individuums. Im Idealfall kann<br />
eine Steigerung des Lernerfolgs bei<br />
den Lernenden erzielt werden.<br />
FAZIT: LERNEN AN<br />
DER UNIVERSITÄT<br />
Die Vermittlung von Wissen ist nur ein<br />
Aspekt des universitären Lernens, das<br />
im Hinblick auf ein umfassenderes<br />
Bildungsziel eine Vielzahl weiterer<br />
Elemente umfasst. Es handelt sich<br />
um einen dynamischen, interaktiven<br />
und sozialen Prozess, der sowohl von<br />
den Studierenden als auch von den<br />
Lehrenden aktiv gestaltet wird. Die<br />
Gestaltung der eigenen Lehr- und<br />
Lernumgebung erfolgt in der Regel in<br />
Anlehnung an die zuvor erlernten Methoden.<br />
Die Selbstreflexion über das<br />
eigene Lernen sowie das Wissen um<br />
die unterschiedlichen Lerntheorien<br />
stellen den Ausgangspunkt für ein<br />
erfolgreiches Lehr- und Lernsetting<br />
für die Studierenden dar.<br />
Die Zukunft der universitären Lehre<br />
liegt in einer lernenden Gemeinschaft,<br />
in der Studierende und Lehrende gemeinsam<br />
neue Wege des Lernens<br />
entdecken und gestalten. ■<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
27
DIDAKTIK<br />
Recht humorvoll: In der Vorlesung<br />
„Grundlagen des Rechts“ die<br />
Scheu vor dem Gesetz verlieren<br />
Von Nikolaus Handig<br />
CARLA JÄGER<br />
Daniel Ennöckl bringt den <strong>BOKU</strong>-Studierenden die Grundlagen des Rechts bei. Für die Art und Weise, wie er das macht, wurde er<br />
mit dem <strong>BOKU</strong> Lehrpreis 2023 ausgezeichnet.<br />
Es ist durchaus eine Herausforderung,<br />
mehreren Hundert<br />
Erstsemestrigen, die eigentlich<br />
nicht Jus studieren, rechtliches Wissen<br />
nahezubringen. Aber Daniel Ennöckl<br />
nimmt diese Herausforderung<br />
nicht nur an, sondern weiß sie auch<br />
zu meistern – wie der <strong>BOKU</strong> Lehrpreis<br />
2023 für seine Vorlesung „Grundlagen<br />
des Rechts/Rechtsgrundlagen“ unter<br />
Beweis gestellt hat. Dass der Leiter<br />
des Instituts für Rechtswissenschaften<br />
an der <strong>BOKU</strong> diese Auszeichnung<br />
erhielt, lag wohl nicht zuletzt an seiner<br />
launigen Wissensvermittlung: Er<br />
„versteht es, Lehrinhalte interessant<br />
und humorvoll wiederzugeben, obwohl<br />
Recht ein sonst eher trockenes<br />
Brot ist“, fasste es eine Studierenden-<br />
Rückmeldung zusammen.<br />
Aber beginnen wir von vorne: Die<br />
Vorlesung Grundlagen des Rechts/<br />
Rechtsgrundlagen wird für fast alle<br />
Bachelor-Studienrichtungen der<br />
<strong>BOKU</strong> gemeinsam abgehalten und<br />
hat dementsprechend eine diverse<br />
und bunte Zuhörer*innenschaft. Sie<br />
ist in den Studienplänen im ersten<br />
Semester vorgesehen und damit im<br />
Regelfall die erste große Lehrveranstaltung,<br />
die Studierende zu Beginn<br />
an der <strong>BOKU</strong> besuchen.<br />
STUDIERENDE BESTIMMEN MIT<br />
Ihre Gestaltung ist auf mehreren Ebenen<br />
herausfordernd. Inhaltlich geht<br />
es darum, die richtigen Lehrinhalte<br />
auszuwählen. Das sind einerseits<br />
Rechtsgebiete, mit denen die Absolvent*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> in ihrem Leben<br />
und voraussichtlich auch in ihrem<br />
Beruf konfrontiert sein werden. Deshalb<br />
gibt es gewisse Themen, die alle<br />
lernen sollen (etwa die Grundlagen<br />
der Verfassung, des Privat- und Europarechts<br />
oder des Verwaltungsverfahrens).<br />
Darüber, welche Rechtsge-<br />
biete unterrichtet werden, können die<br />
Studierenden bis zu einem gewissen<br />
Grad aber auch selbst mitbestimmen.<br />
Das hat zum Beispiel dazu geführt,<br />
dass es eine äußerst beliebte Einheit<br />
zum Thema Strafrecht gibt und seit<br />
Neuestem das Datenschutzrecht in<br />
die Vorlesung aufgenommen wurde.<br />
Als organisatorische Challenge erweist<br />
sich insbesondere die Frage,<br />
wie die Vorlesung trotz der großen<br />
Anzahl an Studierenden möglichst<br />
studierendenfreundlich abgehalten<br />
werden kann. Dabei hilft, dass die<br />
Vorlesung seit dem Wintersemester<br />
2022/23 doppelt angeboten wird:<br />
Zum einen findet sie „on stage“ im<br />
großen Hörsaal des TÜWI statt, zum<br />
anderen wird sie als Zoom-Webinar<br />
angeboten und aufgezeichnet. Zugang<br />
zu den Videos auf <strong>BOKU</strong>learn<br />
haben alle Studierenden: Damit ist<br />
sichergestellt, dass jene, die erkrankt<br />
28 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
»Mein Ziel ist, dass die<br />
Studierenden ein<br />
Bewusstsein für das<br />
Phänomen Recht<br />
bekommen, die Scheu<br />
vor dem Gesetz und<br />
juristischen Fragen<br />
verlieren und darauf<br />
vorbereitet werden,<br />
mit ihrem Fachwissen<br />
in einen inhaltlichen<br />
Dialog mit Jurist*innen<br />
zu treten.«<br />
<strong>BOKU</strong> / CHRISTOPH GRUBER<br />
wiesen sind.<br />
PRAKTISCHE FÄLLE<br />
IM MITTELPUNKT<br />
Ein wesentlicher Teil des Lehrkonzepts<br />
von Daniel Ennöckl ist, dass<br />
das nüchterne Vermitteln von bloßem<br />
juristischen Faktenwissen kaum einen<br />
verwertbaren Nutzen für die Studierenden<br />
hat. Deshalb steht in seiner<br />
Vorlesung das Bearbeiten praktischer<br />
Probleme und Fälle im Vordergrund.<br />
Außerdem sollen die Studierenden<br />
zum selbstständigen (Mit-)Denken<br />
und zur Debatte angeregt werden,<br />
wobei ein besonderes Augenmerk auf<br />
der Kommunikation mit und zwischen<br />
den Studierenden liegt. Angesichts<br />
von regelmäßig über 200 Studierenden<br />
im Hörsaal hat sich dabei auch<br />
die Plattform Slido bewährt: Über<br />
einen QR-Code auf den PowerPoint-<br />
Folien gelangen die Studierenden so<br />
zu Quizzen und Abstimmungen oder<br />
sie können Fragen stellen.<br />
oder aus anderen Gründen verhindert<br />
sind, vollen Zugang zur Vorlesung<br />
haben. Außerdem ist es Professor<br />
Ennöckl ein großes Anliegen, dass seine<br />
PowerPoint-Folien keine „Textwüsten“<br />
sind, in denen sich die Studierenden<br />
aufgrund der textlichen Überfrachtung<br />
verlieren – er setzt stattdessen<br />
auf kompakte Informationen und die<br />
Kraft der Bilder.<br />
KEINE „JURIST*INNEN LIGHT“<br />
Das ausdrückliche Ziel seiner Vorlesung<br />
und überhaupt von rechtswissenschaftlichen<br />
Lehrveranstaltungen<br />
an der <strong>BOKU</strong> sieht er nicht darin,<br />
die Studierenden zu „Jurist*innen<br />
light“ auszubilden. Denn es ist weder<br />
sinnvoll noch möglich, sämtliche Bereiche<br />
der österreichischen Rechtslandschaft<br />
auch nur überblicksartig<br />
darzustellen – und im Übrigen<br />
gar nicht nötig: Schließlich werden<br />
Absolvent*innen der <strong>BOKU</strong> in ihrer<br />
beruflichen Tätigkeit in aller Regel<br />
nicht damit konfrontiert, selbstständig<br />
komplexe Rechtsfragen lösen zu<br />
müssen. Es geht vielmehr darum,<br />
Grundlagenwissen zu vermitteln und<br />
auf dieser Basis fachspezifische Bereiche<br />
zu vertiefen. Die juristische<br />
Ausbildung an der <strong>BOKU</strong> soll darauf<br />
ausgerichtet sein, die im Umwelt-,<br />
Technik-, Lebensmittel- und Agrarrecht<br />
unabdingbare interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit von Naturwissenschaftler*innen,<br />
Techniker*innen und<br />
Jurist*innen zu unterstützen.<br />
Voraussetzung für eine solche Kooperation<br />
ist, die Absolvent*innen<br />
der <strong>BOKU</strong> mit den Grundstrukturen<br />
des Rechts, den Denkweisen der<br />
Rechtswissenschaften und (soweit<br />
möglich) mit der juristischen Fachsprache<br />
vertraut zu machen. Die Studierenden<br />
sollen dazu ausgebildet<br />
werden, als Gesprächspartner*innen<br />
von Jurist*innen bei der Suche<br />
nach gemeinsamen Lösungen agieren<br />
zu können. Das betrifft vor allem<br />
jene zahlreichen Gebiete, in denen<br />
der Gesetzesvollzug mit rechtlichen<br />
Kenntnissen allein nicht möglich ist,<br />
sondern Jurist*innen auf die Zusammenarbeit<br />
mit und inhaltliche<br />
Vorgaben von Techniker*innen und<br />
Naturwissenschaftler*innen ange-<br />
Apropos Fragen: Gefragt nach seinem<br />
Anspruch an die Vorlesung Grundlagen<br />
des Rechts/Rechtsgrundlagen<br />
meint Daniel Ennöckl, sein Ziel sei es,<br />
„dass die Studierenden ein Bewusstsein<br />
für das Phänomen Recht bekommen,<br />
die Scheu vor dem Gesetz<br />
und juristischen Fragen verlieren und<br />
darauf vorbereitet werden, mit ihrem<br />
Fachwissen in einen inhaltlichen Dialog<br />
mit Jurist*innen zu treten“. Das<br />
dürfte gelingen, und zwar sogar auf<br />
unterhaltsame Art und Weise. Denn<br />
die wohl häufigste Rückmeldung der<br />
Studierenden zu seiner Lehrveranstaltung<br />
ist, dass er es versteht, komplexe<br />
juristische Inhalte verständlich<br />
und gleichzeitig mit einem Augenzwinkern<br />
zu transportieren – oder<br />
wie es ein*e Studierende*r ausgedrückt<br />
hat: Er vermittle eine „trockene<br />
Materie mit sehr viel Humor<br />
und fundiertem Fachwissen“. Bleibt<br />
nur zu hoffen, dass ihm sein Lehrpreis<br />
ein Ansporn ist, auch weiterhin<br />
zu beweisen, dass Recht und Humor<br />
zusammenpassen. ■<br />
Univ.-Ass. Mag. Nikolaus Handig ist am<br />
Institut für Rechtswissenschaften der<br />
<strong>BOKU</strong> tätig.<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
29
DIDAKTIK<br />
Die Soziale Ökologie des Anthropozän –<br />
oder: Was heißt und zu welchem Ende studiert<br />
man Umweltgeschichte an der <strong>BOKU</strong> Von Martin Schmid<br />
In diesem Beitrag geht es um die<br />
Vorlesung „Die Soziale Ökologie des<br />
Anthropozän“, die ich vor einigen<br />
Jahren gemeinsam mit Verena Winiwarter<br />
entwickelt habe und die ich<br />
seit ihrer Emeritierung 2021 nun jeweils<br />
im Wintersemester alleine halte.<br />
Zu meiner Freude wurde sie von<br />
Studierenden für den <strong>BOKU</strong> Lehrpreis<br />
2023 vorgeschlagen und von einer<br />
Jury mit einem Anerkennungspreis<br />
ausgezeichnet.<br />
Für den Untertitel dieses Beitrags habe<br />
ich mich beim großen Friedrich Schiller<br />
bedient. Der war nämlich nicht<br />
nur Dichter, sondern auch Historiker<br />
und als frisch berufener Professor<br />
Schillers Universalgeschichtsvorlesung<br />
Titelblatt<br />
für Geschichte hielt er am 26. Mai<br />
1789 in Jena eine Antrittsvorlesung<br />
unter dem Titel „Was heißt und zu<br />
welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“.<br />
Schiller brachte<br />
das überfüllte Auditorium Maximum,<br />
wie Wikipedia weiß, „zum Kochen“.<br />
Das lag nicht nur an seiner intellektuellen<br />
Brillanz, seiner Sprachgewalt<br />
und seinen rhetorischen Fähigkeiten,<br />
sondern auch an den gesellschaftlichen<br />
und politischen Umständen<br />
seiner Vorlesung. Sieben Wochen später,<br />
am 14. Juli 1789, stürmte eine<br />
Menschenmenge die Pariser Bastille.<br />
Schillers Vorlesung fand also kurz<br />
vor Ausbruch der Französischen Revolution,<br />
einem der folgenreichsten<br />
30 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
<strong>BOKU</strong> / CHRISTOPH GRUBER<br />
Ereignisse der Weltgeschichte, statt.<br />
Sie markierte den Anfang vom Ende<br />
einer gesellschaftlichen Ordnung, die<br />
jahrhundertelang als gottgegeben und<br />
alternativlos galt, längerfristig verhalf<br />
sie Ideen der Aufklärung, universalen<br />
Menschenrechten und Demokratie<br />
zum Durchbruch. Schiller formulierte<br />
seine abstrakten, geschichtsphilosophischen<br />
Gedanken also in einer<br />
Zeit, als eine Epoche von einer neuen<br />
abgelöst wurde. Im gegenwärtigen<br />
akademischen Jargon könnte man<br />
sagen: Schiller lebte in der Takeoff-Phase<br />
einer sozial-ökologischen<br />
Transformation. Seine Vorlesung gab<br />
Orientierung in Zeiten fundamentaler<br />
politischer, gesellschaftlicher Umbrüche<br />
und Verwerfungen.<br />
WOZU EINE GESCHICHTE-<br />
VORLESUNG AN DER <strong>BOKU</strong>?<br />
Ohne mich mit Schiller vergleichen zu<br />
wollen, meine Vorlesung an der <strong>BOKU</strong><br />
verfolgt ähnliche Ziele. Sie soll durch<br />
den Blick zurück in die Vergangenheit<br />
langfristiges, interdisziplinäres<br />
Friedrich Schiller<br />
Denken unterstützen. Die Umbrüche,<br />
die wir erleben und die wir für<br />
unsere und nachfolgende Generation<br />
erwarten, sind nicht weniger tiefgreifend<br />
als die zu Schillers Zeiten am<br />
Ende des 18. Jahrhunderts. Unsere<br />
außerordentliche und in manchem<br />
durchaus bedrohliche Lage wird seit<br />
mehr als 20 Jahren mit dem Begriff<br />
„Anthropozän“ zu fassen versucht.<br />
Klima- und Biodiversitätskrise sind<br />
nur zwei Beispiele für aktuelle Bedrohungen.<br />
Meine Vorlesung macht<br />
diese Krisen als Folge eines bestimmten,<br />
historisch einmaligen Umgangs<br />
menschlicher Gesellschaften mit<br />
Natur begreifbar. Er ist, sozialökologisch<br />
gesprochen, Ausdruck eines<br />
industriellen sozialmetabolischen<br />
Regimes auf Basis fossiler Energieträger.<br />
Nachhaltigkeitsprobleme und<br />
deren Lösung (die auf einer Universität<br />
wie der <strong>BOKU</strong> immer mitgedacht<br />
werden sollten) werden so als eine<br />
Frage der Wechselwirkungen sozialer<br />
mit natürlichen Systemen über längere<br />
Zeiträume (von Jahrzehnten bis<br />
wenigen Jahrtausenden) erkenn- und<br />
verstehbar.<br />
Wir sind nicht die erste Generation,<br />
die eine Transformation durchlebt.<br />
Das antike Imperium Romanum hat<br />
sich in die Welt des Frühmittelalters<br />
verwandelt, neuzeitlicher Kolonialis-<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
31
mus und Imperialismus wirken bis<br />
heute nach in unserer von Ungleichheit<br />
geprägten Welt. Kohle, Dampf<br />
und Stahl haben im 19. Jahrhundert<br />
infolge der „Industriellen Revolution“<br />
Gesellschaften ebenso tiefgreifend<br />
verändert wie Massenmotorisierung<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg unsere<br />
Städte. Die Vorlesung bietet die Möglichkeit,<br />
aus solchen Transformationen<br />
der Vergangenheit für die gegenwärtige<br />
sozial-ökologische Transformation<br />
zu lernen. Nicht zuletzt geht<br />
es mir darum, die Welt um uns über<br />
Geschichte und über das Erzählen<br />
von Geschichten, die von konkreten<br />
Menschen und Orten handeln, zu verstehen<br />
und zu erklären.<br />
Ich kam 2018 als habilitierter Umwelthistoriker<br />
mit dem Institut für<br />
Soziale Ökologie an die <strong>BOKU</strong>, in das<br />
Department für Wirtschafts- und<br />
Sozialwissenschaften. Die Vorlesung<br />
richtet sich bis heute vorwiegend<br />
an Studierende des Masterstudiums<br />
Umwelt- und Bioressourcenmanagement<br />
(UBRM). Verena Winwarter und<br />
ich haben uns damals gefragt: Was<br />
könnten diese Studierenden von Umweltgeschichte<br />
haben? Jahre später<br />
weiß ich die Antwort aus den Rückmeldungen<br />
im Hörsaal und aus den<br />
Evaluierungen am Ende des Semesters.<br />
Umweltgeschichte und Soziale<br />
Ökologie bieten <strong>BOKU</strong>-Studierenden<br />
einen weiteren thematischen Rahmen,<br />
der sie dabei unterstützt, verschiedene<br />
fachwissenschaftliche Inhalte<br />
zusammen zu denken, integrativ<br />
zu betrachten. An der <strong>BOKU</strong> konfrontieren<br />
wir unsere Studierenden mit<br />
vielen verschiedenen Inhalten und<br />
auch in dieser Vorlesung wird jede<br />
Woche ein anderes Thema behandelt:<br />
Energiesystem, Transport, Landnutzung,<br />
Biodiversität, Abfall, Klima, etc.,<br />
dazu auch selten behandelte Themen<br />
wie „Ewigkeitslasten“ und „Krieg und<br />
Umwelt“. Bei all diesen Themen soll<br />
mein Vortrag klären: Was ist diesbezüglich<br />
besonders in unserer Welt<br />
heute? Welche gesellschaftlichen und<br />
politischen Entscheidungen haben<br />
wann zu dieser gegenwärtigen Lage<br />
geführt? Und wie könnte, wie müsste<br />
es von hier aus weitergehen?<br />
DIE VORLESUNG ALS DIDAKTISCHE<br />
HERAUSFORDERUNG<br />
Jede Einheit beginnt mit einem kurzen<br />
Rückblick auf die vorherige. Ich<br />
wähle nicht mehr als fünf Folien aus,<br />
um meinen Hörer*innen klarzumachen,<br />
was von den 90 Minuten in<br />
der Vorwoche das aus meiner Sicht<br />
Wichtigste war. Diese Rückblicke<br />
sind wegen ihrer Kürze zwangsläufig<br />
voraussetzungsvoll. Es geht auch darum,<br />
dass ich aus den anschließenden<br />
Nachfragen und Kommentaren<br />
lerne, was ich in der Vorlesung (nicht)<br />
„rübergebracht“ habe.<br />
Die Viertelstunde am Ende jeder Einheit<br />
ist für „Murmelrunden“ reserviert.<br />
Jeweils drei bis vier Studierende<br />
stecken mit ihren Sitznachbarn<br />
für wenige Minuten die Köpfe<br />
zusammen und tauschen sich aus,<br />
was ihnen heute wichtig war, was sie<br />
mitnehmen, ob ihnen etwas unklar<br />
geblieben ist, wozu sie mehr Input<br />
brauchen. Die Murmelrunden ermöglichen,<br />
von Peers zu lernen, um etwa<br />
zu erfahren, dass auch andere etwas<br />
nicht verstanden haben. Sie machen<br />
die Leisen lauter, weil Unsichere im<br />
kleinen Kreis bestärkt werden. Jede<br />
Einheit schließt mit einem plenaren<br />
Austausch und einem kurzen Ausblick<br />
auf die kommende Woche.<br />
32 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
»Eine positive, wertschätzende Haltung ist<br />
Grundbedingung für jedes Lernen. Wertschätzung<br />
realisiert sich in konkreten Situationen,<br />
in der Vorlesung vor allem beim Umgang mit<br />
Fragen von Hörer*innen an die Vortragenden.«<br />
Das Wichtigste in jeder Einheit ist<br />
aber, was von Rückblick und Murmelrunden<br />
eingerahmt wird – die<br />
eigentliche Vorlesung. Als Student<br />
habe ich selbst das inzwischen oft<br />
als veraltet gescholtene Format Vorlesung<br />
geliebt. Eine gute Vorlesung<br />
ist eine Performance von Wissen und<br />
Bildung, der man trotz Spielfilmlänge<br />
gern zuhört. Eine Vorlesung ist eine<br />
besondere Kommunikations- und<br />
Lernsituation, ein voller Stufenhörsaal,<br />
in dem sich die gespannte Aufmerksamkeit<br />
auf eine Person und die<br />
gemeinsame Sache fokussiert. Das<br />
Format Vorlesung hat vor allem dann<br />
Berechtigung, wenn da ein*e Wissenschaftler*in,<br />
vom eigenen Fach<br />
begeistert, andere für dieses Fach<br />
begeistern, überzeugen, dafür gewinnen<br />
will. In der Vorlesung stehen<br />
Forschende mit ihrer Person und Persönlichkeit<br />
für die Inhalte des Fachs<br />
und die Integrität wissenschaftlichen<br />
Tuns generell ein. Das passt gut zu<br />
meiner Idee von Bildung und Universität<br />
als Gemeinschaft der Lernenden<br />
in einem offenen Suchprozess nach<br />
Erkenntnis. Wichtig ist dafür, die ungleiche<br />
(um nicht zu sagen, autoritäre)<br />
Kommunikationssituation bewusst<br />
und immer wieder zu durchbrechen.<br />
Für diese Interaktionen auf Augenhöhe<br />
haben sich insbesondere die<br />
genannten Murmelrunden bewährt.<br />
Es gibt kein Lehrbuch und kein Skript,<br />
dafür ändere ich jedes Semester zu<br />
viel an den Inhalten. Ich stelle die<br />
Folien, entlang derer ich frei vortrage,<br />
einige Stunden vor jeder Einheit<br />
in <strong>BOKU</strong> Learn bereit. Die Hörer*innen<br />
können sich damit vorab auf die<br />
Inhalte einstimmen. Die Folien sind<br />
nummeriert, das erlaubt, die eigenen<br />
Notizen mit den Folien zu verbinden.<br />
Über <strong>BOKU</strong> Learn stelle ich weiterführende<br />
Materialien, auf die ich mich<br />
im Vortrag beziehe, bereit: Literatur<br />
und Links auf Webseiten, Videos,<br />
Medienberichte und vieles mehr. Ein<br />
kleiner Teil davon ist Pflichtlektüre<br />
und als solche immer unmissverständlich<br />
von mir gekennzeichnet.<br />
Die Leistungsbeurteilung erfolgt in<br />
Form einer schriftlichen Prüfung.<br />
Sie umfasst elf Fragen, davon eine<br />
Pflichtfrage, aus den restlichen können<br />
fünf gewählt werden, die mit<br />
einem frei formulierten Text zu beantworten<br />
sind. Prüfungsstoff sind<br />
die Vorträge und die Pflichtlektüre.<br />
Gute Antworten zeigen, dass Kandidat*innen<br />
Zusammenhänge zwischen<br />
den einzelnen Einheiten herstellen<br />
können, sehr gute stellen plausible<br />
Verbindungen zu Wissen aus anderen<br />
Lehrveranstaltungen oder von außerhalb<br />
der Universität her. Ich würde ein<br />
mündliches Prüfungsgespräch bevorzugen,<br />
im Idealfall mit drei Kandidatinnen<br />
und Kandidaten zugleich, wo<br />
alle aufeinander reagieren und voneinander<br />
lernen können. Leider kann<br />
ich mir so viel Zeit für die Beurteilung<br />
nicht nehmen.<br />
KEIN LERNEN OHNE<br />
WERTSCHÄTZUNG<br />
Eine positive, wertschätzende Haltung<br />
ist Grundbedingung für jedes<br />
Lernen. Wertschätzung realisiert sich<br />
in konkreten Situationen, in der Vorlesung<br />
vor allem beim Umgang mit<br />
Fragen von Hörer*innen an die Vortragenden.<br />
Jede Frage verdient eine<br />
wohlüberlegte Antwort und wenn ich<br />
eine gute Antwort nicht geben kann,<br />
kann und muss ich das auch sagen.<br />
Wer auf alles sofort eine Antwort hat,<br />
hat an einer Universität nichts verloren.<br />
Wertschätzung hat für mich sehr<br />
viel mit einander ernst nehmen zu<br />
tun – ich nehme ernst, was du sagst<br />
und schreibst, ich gehe davon aus, es<br />
ist das Beste, was dir hier und jetzt<br />
möglich ist. Meine Erfahrung ist, wer<br />
anderen mit dieser Haltung begegnet,<br />
wird auch von ihnen wertgeschätzt.<br />
Im Vortrag selbst entscheidet sich<br />
Wertschätzung über Bewusstsein für<br />
Diversität. Wenn ich zu einer größeren<br />
Gruppe spreche, muss ich möglichst<br />
immer mitdenken, mit welch<br />
unterschiedlichen Erfahrungen mir<br />
zugehört wird. Themen wie Krieg, Migration<br />
oder Armut können manche<br />
im Raum ganz unmittelbar und konkret<br />
betreffen. Dimensionen wie Gender,<br />
soziale Herkunft und vieles mehr<br />
beeinflussen, wie wir Inhalte aufnehmen.<br />
Mit dieser Vielfalt zu rechnen,<br />
damit zu arbeiten im Lehren und Lernen,<br />
auch darin realisiert sich Wertschätzung<br />
in einer Vorlesung.<br />
LERNEN, WAS DIE WELT IM<br />
INNERSTEN ZUSAMMENHÄLT<br />
Am Ende noch einmal zurück zu<br />
Schiller 1789. Gleich zu Beginn seiner<br />
Jenaer Vorlesung teilte er seine begeisterte<br />
Zuhörerschaft in zwei Gruppen<br />
– auf der einen Seite die „Brotgelehrten“,<br />
die die Gesamtzusammenhänge<br />
zwischen den Disziplinen nicht<br />
erkennen können, ja, diese sogar<br />
fürchten; auf der anderen Seite die,<br />
denen es genau um diese Zusammenhänge<br />
geht, die sie erfassen wollen.<br />
Schiller nannte sie die „philosophischen<br />
Köpfe“, sie stehen für Interdisziplinarität<br />
und Universalgeschichte.<br />
Die Vorlesung „Soziale Ökologie des<br />
Anthropozän“ will einen kleinen Beitrag<br />
leisten, die <strong>BOKU</strong> als einen Ort<br />
universitärer Bildung in diesem Sinne<br />
erlebbar zu machen. Dass das mit<br />
einem Lehranerkennungspreis ausgezeichnet<br />
wurde, freut mich und<br />
sollte alle an unserer Universität bestärken,<br />
denen umfassende Bildung<br />
durch Wissenschaft ein Anliegen ist. ■<br />
Martin Schmid ist Assoziierter Professor<br />
für Umweltgeschichte am Institut für<br />
Soziale Ökologie, Mitglied des Senats der<br />
<strong>BOKU</strong> und im laufenden Wintersemester<br />
<strong>2024</strong>/25 Fellow am KLI-Konrad-Lorenz-<br />
Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung<br />
in Klosterneuburg.<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
33
DIDAKTIK<br />
Lernräume refurbed: Die Student<br />
Spaces im Schwackhöfer-Haus<br />
Von Daniel Stamminger<br />
FOTOS: MATEJ HAKÁR<br />
"Diese Möbel sind noch super, die<br />
kommen ins Lager!" Wie oft Rainer<br />
Stagl vom <strong>BOKU</strong>-Facility Management<br />
diesen Satz so oder so ähnlich<br />
in den letzten Jahren bereits gesagt<br />
hat, kann man nur vermuten. Bei jeder<br />
Übersiedelung, Neugründung oder<br />
Zusammenlegung von Instituten, Forschungs-<br />
oder Serviceeinheiten steht<br />
er vor der gleichen Überlegung: Was<br />
wird aufgehoben und was kann weg?<br />
Ihm ist bewusst, dass aus ökologischer<br />
Sicht die absolut richtige Entscheidung<br />
ist, alle intakten Möbelstücke<br />
oder Teile davon für den nächsten<br />
Einsatz aufzuheben. Insgeheim weiß<br />
er aber auch, dass der Platz begrenzt<br />
ist und die meisten Objekte die Lager-<br />
Katakomben der <strong>BOKU</strong> nicht mehr so<br />
schnell verlassen werden. Erst dann<br />
wieder, wenn dort gar kein Platz mehr<br />
ist und sie deswegen entsorgt werden<br />
müssen, damit wiederum andere,<br />
neuere Möbel dort einen Lagerplatz<br />
finden.<br />
BEDÜRFNISSE IM WANDEL<br />
Ein teils frustrierender Kreislauf also,<br />
aber ja: Genauso wie sich die <strong>BOKU</strong><br />
University kontinuierlich weiterentwickelt<br />
und erneuert, so tun es auch<br />
ihre Räume. Die Bedürfnisse an Arbeits-<br />
und Lernwelten wandeln sich,<br />
und dementsprechend auch die Anforderungen<br />
an Möbel und Raumausstattung.<br />
Denn wir wollen ja auch<br />
keine Lehre und Forschung von gestern<br />
betreiben.<br />
Im Herbst 2023 stand ein neues<br />
Projekt auf der Agenda: Die Student<br />
Spaces im Schwackhöfer-Haus. Laut<br />
der ÖH und Umfragen war der Bedarf<br />
nach zusätzlichen, attraktiven Lernund<br />
Aufenthaltsflächen auf der <strong>BOKU</strong><br />
immer größer geworden.<br />
Auf der Suche nach zusätzlichen<br />
Flächen fanden sich etliche Verbesserungspotenziale<br />
bei den beiden<br />
34 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
estehenden Räumen, vor allem im<br />
Schwackhöfer-Haus. Im in die Jahre<br />
gekommenen Pausenraum sowie im<br />
Durchgangsbereich zum Exner-Haus<br />
wurden dabei einige Potenziale erkannt:<br />
Die übermäßig große Anzahl<br />
an Spinden wird nicht genutzt und<br />
kann klar reduziert werden. Ebenso<br />
nimmt die raumlange Plexiglas-Stehtischreihe<br />
viel Raumfläche weg, da<br />
sie hauptsächlich als Flyer-Ablage<br />
und nicht wie gedacht von Lernenden<br />
genutzt wird. Auch lässt die räumliche<br />
Qualität der beiden Räume zu<br />
wünschen übrig. Hier könnte mit neu<br />
gedachter Einrichtung ein Plus an<br />
Flächen geschaffen werden.<br />
NACHHALTIGE MÖBELENTWÜRFE<br />
Da dieses Möbeldilemma allerdings<br />
niemanden losließ und auf eine kreislauffähige<br />
Variante gesetzt werden<br />
sollte, hat sich das Bau- und Projektmanagement<br />
das Architektur-Studio<br />
JOYJOY zu Hilfe geholt. Das Knowhow<br />
im nachhaltigen Möbelentwurf<br />
hat JOYJOY in dem einen oder anderen<br />
Projekt bereits bewiesen. Auch<br />
der gestalterische und ökologische<br />
Zugang sowie die Motivation für das<br />
Projekt überzeugten.<br />
Die erste Reise mit dem jungen Architekten-Duo<br />
führte in die Lagerräume<br />
des Facility Managements. Auf dieser<br />
Entdeckungstour entstanden bereits<br />
die ersten Ideen. Man fand einen alten<br />
Perserteppich, einen überdimensional<br />
großen Plexiglas-Pflanztrog sowie ein<br />
spannendes Sammelsurium an Büromöbeln.<br />
Nach ihren ersten Entwürfen<br />
war klar, dass hier der richtige Weg<br />
gewählt wurde. Die Präsentation vor<br />
der ÖH und dem Rektorat mit dem<br />
Credo, die Bestandsmöbel wieder in<br />
den Kreislauf zurückzuholen und entsprechend<br />
aktueller Bedürfnisse zu<br />
transformieren, wurde von allen Seiten<br />
äußerst positiv aufgenommen.<br />
Der Vorschlag von JOYJOY für den<br />
Raum 1 war eine Sitzinsel mit meh-<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
35
eren unterschiedlich angeordneten Sitzflächen inklusive<br />
Tischen, abgetrennt von den Getränkeautomaten. Im Raum 2<br />
sahen sie eine offene Lernlandschaft mit einer Teppich-Liegeinsel,<br />
Tischen, die flexibel angeordnet werden können sowie<br />
einen großen Gemeinschaftstisch. Ein Pflanzregal soll außerdem<br />
den Durchgang zum Exner-Haus abtrennen und gemeinsam<br />
mit dem Pflanztrog eine angenehm grüne Raum-Atmosphäre<br />
schaffen. Nach einigen feinen Änderungen und Adaptierungen<br />
entstand in weiterer Folge ein detaillierter Montageplan.<br />
Inhalt des Planes war die Benennung aller Möbel und Möbelteile,<br />
wie diese bearbeitet (geschnitten, vorgebohrt etc.) werden<br />
müssen und welche Verbindungsmittel notwendig sind. Die dafür<br />
nötigen Arbeitsschritte wurden möglichst reduziert gehalten,<br />
um einen Aufbau mit einfachen Handgriffen sicherzustellen<br />
und sich eine Rückführung in die Funktion als ursprüngliches<br />
Möbel offenzuhalten.<br />
AUS OBERSCHRÄNKEN WERDEN SITZFLÄCHEN<br />
Für die Sitzinsel wurden beispielsweise mehrere Büro-Oberschränke<br />
verwendet, welche - horizontal und vertikal angeordnet<br />
- die Sitzflächen, Lehnen und Regalflächen ausbilden. Alte<br />
Regalböden wurden als Aussteifungen eingesetzt, Regaltüren<br />
als Sitzfläche der Liegeinsel und als Lehnen. Der Unterbau der<br />
Spinde fungiert als Unterkonstruktion der Liegeinsel, die alten<br />
Plexiglas-Stehtische wurden zum Pflanzenregal.<br />
Die erste Reise mit dem<br />
jungen Architekten-Duo<br />
führte in die Lagerräume<br />
des Facility Managements.<br />
Auf dieser Entdeckungs-Tour<br />
entstanden<br />
bereits die ersten Ideen.<br />
Die Mitarbeiter des operativen Facility Managements haben alle<br />
benötigten Einzelteile in der hauseigenen Werkstatt abgelängt,<br />
vorgebohrt und in die richtige Form gebracht. Die Teile wurden<br />
dann fein säuberlich beschriftet und im Nebenraum, der Teil<br />
eines Folge-Umbaus ist, zwischengelagert. In der Zwischenzeit<br />
machten sich externe Firmen an die baulichen Änderungen: Ein<br />
neuer Durchgang wurde geschaffen, die Installationen rückgebaut,<br />
der Parkettboden in beiden Räumen geschliffen, die<br />
Elektroversorgung von oben ergänzt und neue Leuchten montiert.<br />
Ebenso wurde ein Vorhang installiert, um eine akustische<br />
Barriere zu den vor-sich-hin-brummenden Getränkeautomaten<br />
zu schaffen. Die bis dato versperrten, ehemaligen Ausgangstüren<br />
wurden für Lüftungszwecke wieder reaktiviert, indem<br />
auf die Innenseite eine Absturzsicherung gesetzt wurde. Die<br />
mechanische Bestandslüftung konnte somit etwas gedrosselt<br />
werden. Zudem wurde noch die alte, bröckelnde Neonfarbe<br />
überdeckt und weiß gestrichen. In sattem Dunkelgrün wurde<br />
schließlich ein florales Muster aufgewalzt und voilà: Fertig war<br />
ein vollkommen neues Raumgefühl!<br />
Das Bau- und Projektmanagement-Team schnappte sich<br />
zu guter Letzt noch die Akkuschrauber, Bohrer sowie alle<br />
notwendigen Verbindungsmittel und übernahm - quasi als<br />
Teambuilding - den Aufbau. In vier bis fünf Tagen stand alles<br />
an Ort und Stelle. In Zusammenarbeit mit dem Institut<br />
für Ingenieurbiologie und einem Gärtner wurde zudem<br />
aktuell noch ein Konzept für die Begrünung geschaffen. ■<br />
DI (FH) Daniel Stamminger ist im Bau- und<br />
Projektmanagement der <strong>BOKU</strong> tätig.<br />
36 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Splitter<br />
DAVID KUNC/NARODNI MUZEJ, LJUBLJANA<br />
Ein Höhlenbär kehrt zurück<br />
Im Zuge der Bearbeitung der naturwissenschaftlichen<br />
Sammlung des Zisterziensers Dominik Bilimek (1813-<br />
1884) an der <strong>BOKU</strong> tauchte ein Zeitzeuge einer frühen<br />
Höhlenbärengrabung in der Kreuzberghöhle in Slowenien<br />
auf. Dieser bereits in der historischen Literatur<br />
dokumentierte Fund wurde nun nach 178 Jahren an<br />
das Narodni muzej in Ljubljana (Naturhistorisches<br />
Museum Slowenien) retourniert.<br />
Die historische Sammlung Bilimek an der <strong>BOKU</strong><br />
University beherbergt manche geschichtsträchtigen<br />
Objekte. Der Zisterzienser-Pater Dominik Bilimek war<br />
im 19. Jahrhundert in vielen Disziplinen wissenschaftlich<br />
tätig, wie zum Beispiel in der Zoologie, Botanik,<br />
Geologie oder Mineralogie und war auch ein eifriger<br />
Sammler. Seine Sammlung von Mineralien, Gesteinen<br />
und Fossilien wurde vor zehn Jahren vom Stift<br />
Heiligenkreuz dem Institut für Angewandte Geologie<br />
(IAG) der <strong>BOKU</strong> University übergeben. Ein besonderes<br />
Fossil aus dieser Sammlung ist der Unterkiefer eines<br />
Höhlenbären aus der Križna jama (Kreuzberghöhle) in<br />
Slowenien. Dieser lebte vor mehreren zehntausend<br />
Jahren während der letzten Eiszeit und hatte die<br />
Höhle zu seinem Schlafquartier erkoren, wo er jedes<br />
Jahr überwinterte.<br />
EC-AUDIOVISUAL SERVICE/MOHAMMED DIDI<br />
<strong>BOKU</strong> bei Super-<br />
Computer-Cluster<br />
MUSICA<br />
Mit dem „Multi-Site Computer Austria“<br />
(MUSICA) wird ein Supercomputer-Cluster<br />
realisiert, der auf einzigartige Art und Weise<br />
an den Standorten Wien, Linz und Innsbruck<br />
gleichzeitig arbeiten wird. Schon in der Vergangenheit<br />
waren Österreichs leistungsfähigste<br />
Supercomputer (die Vienna Scientific<br />
Clusters, VSCs) von mehreren Universitäten<br />
gemeinsam betrieben worden – bisher allerdings<br />
an einem zentralen Ort, mit Online-Zugang<br />
für alle teilnehmenden Institutionen.<br />
„Mit MUSICA wird der VSC, das österreichweite<br />
Erfolgsmodell interuniversitärer Kooperation<br />
im Bereich High-Performance-Computing,<br />
auf die nächste Evolutionsstufe gehoben und<br />
Rechenleistung für die Forschung am Standort<br />
Österreich in nie dagewesenem Ausmaß zur<br />
Verfügung gestellt“, so der Leiter der <strong>BOKU</strong>-IT,<br />
Andreas Schildberger. Zum Vergleich: Die bisher<br />
schnellsten Supercomputer in Österreich<br />
erbringen gemeinsam eine Leistung von 5,01<br />
Petaflops. MUSICA wird eine Gesamtrechenleistung<br />
von etwa 40 Petaflops bereitstellen,<br />
was ihn unter die 20 leistungsstärksten Systeme<br />
weltweit einreihen wird.<br />
Christian Zangerl, der Leiter des Instituts für Angewandte<br />
Geologie, weist auf die wissenschaftshistorische<br />
Besonderheit dieses Fundes hin: „Der Unterkiefer<br />
des Höhlenbären ist ein wichtiger Zeuge der<br />
frühen Grabungstätigkeit, der nun aufgrund detaillierter<br />
Quellenzusammenführung von Fundzetteln, Tagebucheintragungen<br />
sowie historischen Presseberichten<br />
in seine Heimat zurückkehren kann.“<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
37
Splitter<br />
Ein Großteil des Abflusses<br />
der Alpenflüsse ist älter<br />
als einen Monat<br />
Eine soeben in Hydrology and Earth System Sciences<br />
publizierte gemeinsame Studie der <strong>BOKU</strong> University und<br />
der ETH Zürich enthüllt die Altersverteilung in Alpenflüssen<br />
in der Schweiz und Österreich und zeigt, dass ein<br />
Großteil des Jahresabflusses deutlich älter als einen Monat<br />
ist. Das bedeutet, dass auch im Hochwasserfall nur<br />
ein geringer Teil des Abflusses aus kürzlich gefallenem<br />
Niederschlag besteht. Dazu wurden Datenreihen von<br />
monatlichen Isotopenmessungen über mehrere Jahre<br />
bis Jahrzehnte hinweg gesammelt, um die zeitliche und<br />
räumliche Variabilität in 32 Einzugsgebieten in den Alpen<br />
zu untersuchen. Der „Alte Wasser-Paradox“ in der Hydrologie<br />
beschreibt, dass neues Wasser oft längere Wege<br />
durch die Landschaft nimmt, während das alte Wasser,<br />
das bereits näher am Fluss gespeichert ist, schneller<br />
mobilisiert wird und bei Starkregenereignissen dann zu<br />
Hochwasser führt.<br />
DOMINIK MOSER/HAUS DES MEERES<br />
Marius Floriancic von der ETH erklärt: „Ein Verständnis<br />
der Dynamiken von neuem Wasser ist entscheidend, um<br />
vorherzusagen, wie sich die Wasserverfügbarkeit und<br />
Wasserqualität unter verschiedenen Klimaszenarien und<br />
Landnutzungen ändern könnte.“ Christine Stumpp von<br />
der <strong>BOKU</strong> betont: „Wasserisotope geben uns entscheidende<br />
Information über das Alter des Wassers, wo es<br />
herkommt und über hydrologische Prozesse. So konnten<br />
wir zeigen, dass ein Großteil in den Flüssen alpiner<br />
Regionen Wasser ist, das in Böden und im Grundwasser<br />
gespeichert war. Diese Kenntnisse zur Herkunft und Alter<br />
des Wassers sind entscheidend, um das Gefährdungspotenzial<br />
von Wasserressourcen abzuschätzen zu können.“<br />
Studie: https://doi.org/10.5194/hess-28-3675-<strong>2024</strong><br />
Stör-Aquarium<br />
im Haus des Meeres<br />
Als neuer Projektpartner hat das Haus des<br />
Meeres ein 13.000 Liter fassendes Aquarium im<br />
6. Stock zu einem Donaubecken umgebaut. Hier<br />
werden Stör-Jungtiere aufgezogen, um zukünftig<br />
als Elterntiere die Störpopulation in der Donau<br />
zu erhalten. Deren Nachwuchs wird anschließend<br />
im Rahmen des Projektes LIFE-Boat 4 Sturgeon<br />
unter Leitung der <strong>BOKU</strong> University in der Donau<br />
ausgewildert. Bis zum Abschluss des Projekts im<br />
Jahr 2030 sollen mehr als 1,5 Millionen Jungfische<br />
im Donauraum ausgesetzt worden sein.<br />
ETH/FLORIANCIC<br />
Das Projekt LIFE-Boat 4 Sturgeon, das von der<br />
<strong>BOKU</strong> geleitet wird, setzt sich intensiv für den<br />
Erhalt und die Wiederansiedlung von Stören im<br />
Donaueinzugsgebiet ein. Störe gelten als die am<br />
stärksten bedrohte Tiergruppe weltweit: Lebensraumverlust,<br />
blockierte Wanderrouten und illegale<br />
Fischerei machen ihnen zu schaffen.<br />
<strong>BOKU</strong>-Projektleiter Thomas Friedrich: „Als wichtige<br />
Schnittstelle zwischen Wissenschaft und<br />
Öffentlichkeit ermöglicht diese Kooperation, das<br />
Bewusstsein für die Herausforderungen und Bedürfnisse<br />
zum Schutz bedrohter Störarten zu<br />
stärken und für eine breite Öffentlichkeit sichtbar<br />
zu machen.“<br />
38 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Kick-off meeting of ProCleanLakes<br />
A new Horizon Europe project coordinated by <strong>BOKU</strong><br />
On June 25-26, <strong>2024</strong>, <strong>BOKU</strong> had the honour to host the kick-off meeting of the project<br />
ProCleanLakes: Integrated Emerging Approaches for Joint Protection and Restoration of<br />
Natural Lakes in the Spirit of European Life Heritage Support.<br />
By Lada Fialova<br />
WOLFGANG STACH<br />
ProCleanLakes consortium<br />
The project’s ultimate goal is to<br />
develop nature-based solutions<br />
for improvement of ecological<br />
and chemical status of European<br />
natural lakes and making them suitable<br />
for business activities such as<br />
tourism, hobby fishing, aquatic farms<br />
as well as home for endangered aquatic<br />
species. Co-creation approach is<br />
the fundamental principle which will<br />
enable to develop solutions fitting<br />
for all involved groups – lake managers,<br />
authorities and policy makers,<br />
businesses, nature protectors as well<br />
as citizens who will be directly involved<br />
in the research activities<br />
The core activity of ProCleanLakes<br />
is to develop, test, and demonstrate<br />
nature-based solutions for protection<br />
and restoration of European natural<br />
lakes which will be transferable<br />
to other EU regions. Taking into account<br />
diverse problems which natural<br />
lakes face, along with varying climatic<br />
conditions across Europe, following<br />
locations were selected for the development<br />
of the solutions: Trichonis<br />
MARTIN CROCE/<strong>BOKU</strong><br />
Lake (Greece), Brates Lake (Romania),<br />
and Langvatnet Lake (Norway).<br />
18 partners from eleven European<br />
countries will work together to reach<br />
the project goals. With 35 participants<br />
including a representative of<br />
the European Commission, the kickoff<br />
meeting gave a vivid start to the<br />
project. The project coordinator, An-<br />
Lada Fialova<br />
caIulia Stoica, is exited to start this<br />
challenging, however satisfactory work<br />
and contribute to cleaner and more<br />
sustainable Europe.<br />
■<br />
Basic information<br />
www.linkedin.com/company/<br />
procleanlakes-project/<br />
Coordinator<br />
Anca-Iulia Stoica, <strong>BOKU</strong>, Institute<br />
of Sanitary Engineering and Water<br />
Pollution Control<br />
Project manager<br />
Lada Fialova, <strong>BOKU</strong>, Research<br />
Support, Innovation & Technology<br />
Transfer<br />
Duration: 06_<strong>2024</strong>-05_2028<br />
Budget: 4 Mio. Euro<br />
CONTACT<br />
DI in Lada Fialova M.A. Ph.D.<br />
lada.fialova@boku.ac.at<br />
https://boku.ac.at/fos<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
39
<strong>BOKU</strong> MATERIALS<br />
Neue Plattform für internationalen<br />
Forschungsaustausch<br />
Von Nora Bses<br />
WIE ES BEGANN …<br />
Im Jahr 2020, als die COVID-19-Pandemie<br />
auf ihrem ersten Höhepunkt<br />
war, mangelte es an zuverlässigen<br />
Antikörpertests. Diese Tests waren<br />
damals unerlässlich, um Personen zu<br />
identifizieren, die eine SARS-CoV-2-<br />
Infektion unbemerkt durchgemacht<br />
hatten, und um Impfstoffstudien zu<br />
begleiten. Leider lieferten viele der<br />
damals verfügbaren Tests, wenn diese<br />
überhaupt erhältlich waren, falsche<br />
oder uneindeutige Ergebnisse. Um die<br />
Lücke in der Verfügbarkeit zuverlässiger<br />
Antikörpertests zu schließen,<br />
beteiligte sich die <strong>BOKU</strong> University an<br />
der Forschung und entwickelte bereits<br />
vier Monate nach Beginn der Arbeiten<br />
hochwertige SARS-CoV-2-Antigene,<br />
welche für sensitive Antikörpertests<br />
eingesetzt werden konnten.<br />
Um die Verteilung dieser Antigene effektiver<br />
und einfacher zu koordinieren,<br />
entwickelte das <strong>BOKU</strong>-Spin-off<br />
Novasign GmbH für die <strong>BOKU</strong> University<br />
eine Online-Plattform, um<br />
Anfragen besser und schneller zu bearbeiten.<br />
Somit wurde das <strong>BOKU</strong> CO-<br />
VID-19 Portal ins Leben gerufen. Über<br />
dieses Portal war es Forscher*innen<br />
möglich, relevante Proteine für Forschungs-<br />
und Entwicklungszwecke<br />
kostenfrei anzufordern. Lediglich die<br />
Versandkosten mussten von Antragsteller*innen<br />
übernommen werden.<br />
Durch die rasche Arbeit der Mitarbeiter*innen<br />
an der <strong>BOKU</strong> und die effiziente<br />
Zusammenarbeit, die durch<br />
das <strong>BOKU</strong>-COVID-19-Portal möglich<br />
wurde, leistete die <strong>BOKU</strong> University<br />
einen großen Beitrag für die Gesellschaft<br />
im Kampf gegen die COVID-19<br />
Pandemie.<br />
DIE PANDEMIE IST VORBEI,<br />
DAS PORTAL BLEIBT<br />
Das damalige <strong>BOKU</strong>-COVID-19-Portal<br />
erleichterte die internationale Verteilung<br />
der Antigene für die COVID-19-<br />
Forschung massiv. Aufgrund dieses<br />
Erfolgs entstand die Idee, die Online-Plattform<br />
zu erweitern und als<br />
Grundlage für die Verteilung weiterer<br />
Forschungsmaterialien zu nutzen.<br />
Heute wird das Online-Portal unter<br />
dem Namen <strong>BOKU</strong> MATERIALS fortgeführt<br />
und kontinuierlich ausgebaut,<br />
um eine breite Palette an Materialien<br />
für die Forschung zur Verfügung zu<br />
stellen. Dabei handelt es sich sowohl<br />
um physische, aber auch digitale<br />
Ressourcen. Prinzipiell soll alles, was<br />
geteilt und potenziellen Forschungszwecken<br />
dienen kann, über dieses<br />
Portal abgebildet und somit sichtbar<br />
gemacht werden.<br />
Was in der Biotechnologie beispielsweise<br />
Antigene oder Plasmide sind,<br />
könnten für die Landschaftsplaner*innen<br />
Gartenpläne, für die Agrarwissenschaftler*innen<br />
Saatgutproben<br />
und für Holzwirt*innen selbstentwickelte<br />
Holzleime sein. Alle<br />
Mitglieder der <strong>BOKU</strong> University haben<br />
die Möglichkeit, ihre Forschungs- und<br />
Entwicklungsergebnisse – sogenannte<br />
Materials – Kolleg*innen an der<br />
<strong>BOKU</strong> sowie externen Forschungseinrichtungen<br />
weltweit zur Verfügung<br />
zu stellen. Dafür müssen sich<br />
<strong>BOKU</strong>-Mitarbeiter*innen einfach nur<br />
mit ihren <strong>BOKU</strong>-Kontodaten ohne<br />
Registrierung über materials.boku.<br />
ac.at/portal einloggen. Über das Portal<br />
besteht dann die Möglichkeit, Material<br />
hochzuladen oder zu suchen.<br />
Alle Materialien sind übersichtlich<br />
in Kategorien gegliedert und können<br />
nach Verfügbarkeit in bestimmten<br />
Mengen angefragt werden. Versandkosten<br />
werden weiterhin von Antragsteller*innen<br />
übernommen. Das<br />
Material selbst ist kostenlos.<br />
EIN PORTAL, VIELE VORTEILE<br />
Ein wesentlicher Vorteil von <strong>BOKU</strong><br />
MATERIALS ist die gesteigerte Sichtbarkeit<br />
der Universität. Durch die<br />
Möglichkeit, Material der Plattform<br />
auch über Suchmaschinen wie<br />
Google zu finden, wird die <strong>BOKU</strong> University<br />
global präsenter. Es entstehen<br />
Win-win-Situationen für alle Beteiligten<br />
und der Aufwand, das Portal<br />
zu nutzen, ist gering. Forscher*innen<br />
müssen ihre Materialien nur einmalig<br />
hochladen und durch einheitliche<br />
Material Transfer Agreements (MTAs)<br />
kann das Material mit nur einem<br />
Klick geteilt werden, ohne dass zu-<br />
40 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Der unkomplizierte und effiziente<br />
Prozess erleichtert den Zugang zu<br />
<strong>BOKU</strong>-Ressourcen für Forschende<br />
rund um den Globus.<br />
NADIA BSES<br />
sätzliche Unterschriften von Abteilungsleitungen<br />
oder anderen Verwaltungsebenen<br />
erforderlich sind.<br />
Dieser unkomplizierte und effiziente<br />
Prozess erleichtert den Zugang zu<br />
<strong>BOKU</strong>-Ressourcen für Forschende<br />
rund um den Globus. Für die <strong>BOKU</strong>-<br />
Wissenschaftler*innen bringt die<br />
Plattform vermehrte Zitierungen und<br />
Co-Autor*innenschaften und beeinflusst<br />
die Publikationsraten positiv.<br />
Zudem können neue Kollaborationen,<br />
die durch <strong>BOKU</strong> MATERIALS entstehen,<br />
zu einer Vielzahl neuer Projekte<br />
und Förderungen führen. Das Portal<br />
bringt also viele Vorteile auf allen<br />
Ebenen mit sich.<br />
ANALYSE<br />
Die <strong>BOKU</strong> University beherbergt viele<br />
wertvolle Ressourcen, die nun effizi-<br />
enter genutzt werden<br />
können. Durch <strong>BOKU</strong><br />
MATERIALS können<br />
Materialien für verschiedene<br />
Anwendungen<br />
eingesetzt<br />
werden, was den wissenschaftlichen<br />
Fortschritt<br />
auf der ganzen<br />
Welt fördert. <strong>BOKU</strong><br />
MATERIALS stellt somit<br />
nicht nur eine Bereicherung<br />
für die eigene Forschungsgemeinschaft<br />
dar, sondern öffnet<br />
auch die Türen zu internationalen<br />
wissenschaftlichen Kooperationen<br />
und trägt erheblich zur Verwirklichung<br />
der Vision der <strong>BOKU</strong> University bei,<br />
als führende Forschungsinstitution<br />
globale He rausforderungen zu adressieren<br />
und Lösungen zu entwickeln.■<br />
Nora Bses, Ihre Ansprechpartnerin für alle Fragen zum<br />
Online-Portal <strong>BOKU</strong> MATERIALS<br />
LINK<br />
https://materials.boku.ac.at/portal<br />
KONTAKT<br />
materials@boku.ac.at<br />
nora.bses@boku.ac.at<br />
Screenshot/Bildschirmaufnahme<br />
<strong>BOKU</strong><br />
Mag<br />
3 | <strong>2024</strong><br />
41
FORSCHUNG: FAQ<br />
Neuer FDM-Support am<br />
Forschungsservice stellt sich vor<br />
Forschungsdatenmanagement (FDM) war vor einigen<br />
Jahren noch ein Pilotprogramm in den verschiedenen<br />
Förderschienen und ist mittlerweile<br />
aus dem Forschungsalltag nicht mehr wegzudenken.<br />
Das Forschungsservice hat die Themen FDM und FAIR<br />
Data – nach dem Grundsatz: „As open as possible, as<br />
closed as necessary“ – 2022 in seine Agenda aufgenommen<br />
und mit dem Aufbau einer neuen Servicestelle<br />
begonnen. Mittlerweile gibt es eine ausführliche Webseite<br />
mit Informationen und Links sowie umfangreiche<br />
Beratung zu den aktuellen Regelungen in den einzelnen<br />
Förderprogrammen.<br />
Weiters wird auch eine Unterstützung beim Verfassen<br />
bzw. ein „proof reading“ der Datenmanagementpläne<br />
(DMPs) angeboten. Die Verpflichtung zu den FAIR-Prinzipien<br />
(Findable, Accessible, Interoperable, Re-useable)<br />
sowie das Verfassen eines DMPs in fast allen Förderprogrammen<br />
führte zu einer großen Nachfrage in diesem<br />
Themenbereich und zur Adaption des Schulungsangebots<br />
des Forschungsservices.<br />
Forschungsdatenmanagement<br />
MARTIN CROCE/<strong>BOKU</strong><br />
Seit dem Sommersemester <strong>2024</strong> gibt es zwei Seminare<br />
pro Semester für wissenschaftliche und wissenschaftsunterstützende<br />
Mitarbeitende im Fortbildungsprogramm<br />
der Personalentwicklung.<br />
Ziel ist der Aufbau eines Netzwerks von Data Stewards<br />
zur Unterstützung der Forscher*innen über alle neuen<br />
Departments und Core Facilities mit einer Koordinationsstelle<br />
am Forschungsservice.<br />
LINKS<br />
Deutsch https://boku.ac.at/fos/themen/forschungsdatenmanagement-fdm<br />
Englisch https://boku.ac.at/en/fos/themen/research-datamanagement-rdm<br />
Anna-Laetitia Hikl<br />
KONTAKT<br />
Mag. a Anna-Laetitia Hikl<br />
Forschungsservice<br />
Team FIS, Forschungsdatenmanagement<br />
FDM https://boku.ac.at/fos/themen/forschungsdatenmanagement-fdm<br />
Service email: rdm@boku.ac.at<br />
42 <strong>BOKU</strong> Mag 3 | <strong>2024</strong>
Handlungsfähig trotz Climate Anxiety<br />
Wie man die richtige Balance findet<br />
44