SOLiNZ 4/2024
SOLiNZ - solidarisches Linz - ist die Online-Zeitung der Solidarwerkstatt-Kommunalgruppe Linz.
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<strong>SOLiNZ</strong><br />
Die Nachbarschaftszeitung lesen - hören - schauen und aktiv werden!<br />
Ausgabe 4/<strong>2024</strong><br />
Vom Autobahnwahn Besessene<br />
bei der Arbeit - Eröffnung des<br />
Autobahn-Halbanschlusses Au-<br />
hof, 6.9.<strong>2024</strong><br />
Weiter auf Seite 16<br />
DIE BESESSENEN<br />
Jetzt haben die Verantwortlichen die Katze<br />
aus dem Sack gelassen: Die neue Eisenbahnbrücke<br />
ist nicht (voll-)eisenbahntauglich!<br />
Weiter auf Seite 4 bis 7<br />
Aus dem Inhalt:<br />
> Die Lügengeschichten des Herrn L. S 3<br />
> A26: 86% der Straßen mehrbelastet! S 8<br />
> Offener Brief an BM Gewessler S 12<br />
> „Durchgefallen“ S 14<br />
> Summer in the City S 18<br />
> Trinkbrunnen in Linz S 19<br />
> Funktstille am Froschberg S 20<br />
> Best Practice: Waldstadt Liuzhou S 22<br />
> Sozialer Wohnbau: 4,5 Milliarden fehlt S 24<br />
> Arbeitslose nicht im Stich lassen S 26
Lügengeschichten<br />
des Herrn L.<br />
L iNZ<br />
Klaus Luger ist über seine Lügen gestolpert. Dass er dem späteren künstlerischen Leiter<br />
des Brucknerhauses Dietmar Kerschbaum zunächst die Fragen für das Hearing<br />
zuspielte, um dann selbst mit gespielter Empörung nach dem Täter fahnden zu lassen, war<br />
dann zuviel des Schlechten. Er musste als Bürgermeister gehen. Wer allerdings glaubt, dass<br />
Luger in der Causa Kerschbaum ein Ausrutscher passiert ist, irrt. Eine Politik der Lügen,<br />
Halbwahrheiten und Täuschungen war sein Markenzeichen. Hier einige Beispiele:<br />
• Luger beteuerte im „Krone“-Interview: „Es gibt Räume die sakrosankt bleiben. Die<br />
Grüngürtel wird nicht verbaut, da werden Sie keine Quadratmeter neue Umwidmungen<br />
finden.“ Das war im November 2023. Im Frühjahr <strong>2024</strong> will Luger 100.000 Quadratmeter<br />
Grüngürtel für den Bau der Digitaluniversität und diverse Bauspekulanten<br />
umwidmen. Für die Gegner der Grüngürtelverbauung hat er nur Hohn übrig, er wirft<br />
ihnen „Denken im kleinstrukturierten politischen Diskurs“ vor.<br />
• Luger hat die „Entlastungslüge“ bei der A26-Autobahn (Westring) keineswegs erfunden,<br />
aber sie in besonderem Ausmaß kultiviert. „Der Tunnel ist die Basis dafür, dass<br />
40.000 Menschen in Linz vom Durchzugsverkehr befreit werden“, dafür müsse „man<br />
in den sauren Apfel (exorbitanter Kostensteigerung) beißen.“ Er weiß es besser. Die<br />
ASFINAG hat in ihrer Umweltverträglichkeitserklärung täglich 30.000 zusätzliche Autos<br />
infolge der Autobahn prognostiziert, über 86% der Straßen erfahren eine – zum<br />
Teil erhebliche – Mehrbelastung, nur 6 Prozent eine Entlastung, 7 Prozent bleiben<br />
in etwa gleich. Die Innenstadt erleidet eine durchschnittliche Mehrbelastung von 30<br />
Prozent. Lugers A26-Lügen gehen durch, weil ihm die Medien, insbesondere die OÖ<br />
Nachrichten die Mauer machten.<br />
• Es verwundert auch nicht, dass er für einer Volksbefragung, die sich gegen die Zuzahlungen<br />
der Stadt Linz zur A26-Autobahn richtete, das Nachreichen von Unterschriften<br />
nicht zuließ. In anderen Bundesländern ist das sehr wohl möglich, in Linz<br />
entledigt man sich solcher Basisinitiativen einfach dadurch, dass man das Gegenteil<br />
behauptet, viele Unterschriften aberkennt und die AktivistInnen in den Irrgarten des<br />
„Rechtswegs“ schickt.<br />
• Verkehrswende-AktivistInnen waren dem Autofetischisten Luger immer ein Dorn<br />
im Auge. Als im Oktober 2017 die Initiative Verkehrswende jetzt! Plakatständer zur<br />
Bewerbung einer Protestdemo gegen Autobahnen aufstellen wollte, untersagte er<br />
dies mit der Behauptung, die „Initiative Verkehrswende jetzt!“ habe eine Rechnung<br />
2
eim Magistrat nicht bezahlt. Eine glatte Lüge. Die Rechnung gab es nicht und konnte<br />
trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorgewiesen werden. Die Plakatständer<br />
wurden trotzdem in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Magistrat entfernt - und<br />
bis heute (!) nicht zurückgegeben.<br />
• Luger und seine Partei waren federführend beim Abriss der alten Eisenbahnbrücke.<br />
Zuvor hat man den LinzerInnen weisgemacht, dass eine neue leistungsfähigere Brücke<br />
gebaut werde. Im Jahr <strong>2024</strong> entpuppte sich als große Täuschung der Bevölkerung.<br />
Die neue Eisenbahnbrücke ist – im Unterschied zur alten – nicht volleisenbahnfähig.<br />
Sie hält nur die Belastung einer besseren Straßenbahn aus, für ÖBB-Züge ist zu<br />
schwach. Über diese Irreführung sollen gezielt die Interessen der Linz AG bedient werden<br />
und Alternativen, die auch eine Volleisenbahn- und Güterverkehr ermöglichen,<br />
ausgebremst werden.<br />
• 2023 machte sich Luger für Ulrich Püschel als Direktor für Gesundheit und Sport im<br />
Linzer Magistrat stark. Ulrich Püschel ist als FPÖler Mitglied der deutschnationalen<br />
Burschenschaft Arminia Czenowitz, die ein Deutschland in den Grenze von 1939 propagiert,<br />
Mitherausgeber rechtsextremer Publikationen und Teilnehmer von identitären<br />
Aufmärschen. Auf den Protest hin erklärte Luger, dass er Püschel als Erstgereihten<br />
des Hearings hätte nehmen müssen. Wiederum eine glatte Lüge. 2019 hatte er den<br />
Drittgereihten des Hearings zum Direktor für das Gartenamt und Stadtgrün ernannt –<br />
und damit ebenfalls eine FPÖler protegiert.<br />
• Lugers Faible für rechtsaußen durchzieht seine politische Karriere. Er hatte eine Naheverhältnis<br />
zu Vereinen im Vorfeld der türkischen Grauen Wölfe, die beim 1. Mai<br />
der SPÖ mitmarschieren konnten, pflegte ein „special relationship“ zum FPÖ-Bürgermeister<br />
von Wels Andreas Rabl, mit dem er - zum Entsetzen von Antifaschisten - gemeinsam<br />
für den Vorstand des Shoa-Gedenkvereins Yad Vashem kandidieren wollte,<br />
und kungelte mit den besonders braunstichigen Blauen jahrelang auf Linzer Stadtebene.<br />
„Sich an Gedenktagen wortreich zum Antifaschismus zu bekennen und sonst<br />
das Gegenteil zu tun, ist eindeutig der falsche Weg“, kritisierte der Vorsitzende des<br />
Mauthausen-Komitees Willi Merny Lugers Hang zur opportunistischen Täuschung.<br />
• Wer so dehnbar mit Wahrheit umgeht, verliert auch jedes Unrechtsbewusstsein, wenn<br />
es um das Stopfen der eigenen Tasche geht. So passiert, als er – anlässlich seiner<br />
Hochzeit – die Gäste unmissverständlich aufforderte, für sein Ferienhaus auf einer kroatischen<br />
Insel zu spenden. 24.000 Euro sammelte er auf diese Art und Weise ein, um<br />
sein „dürftiges“ Bürgermeistergehalt aufzubessern. Sozialhilfebezieher ging es weniger<br />
gut. Die besonders restriktive Auslegung des Sozialhilfegesetzes sorgte dafür,<br />
dass sich in Linz die Zahl der SozialhilfebezieherInnen innerhalb weniger Jahre halbierte<br />
– trotz steigender Armut.<br />
Lugers opportunistischer Weg ließ sich schon seinerzeit erahnen, als er 1985 innerhalb<br />
kürzester Zeit vom linkssektiererischen Flügel der KPÖ zum rechten Flügel der SPÖ überwechselte,<br />
um sich dort fortan einzig seiner Karriere zu widmen. Lugers Lügen begleiten<br />
eine autoverliebte, an Investoreninteressen ausgerichtete Politik. Eine Alleinstellungsmerkmal<br />
hat Klaus Luger damit nicht. Dass seine Karriere mit Schimpf und Schande endet, ist so<br />
gesehen auch ein Hoffnungsschimmer.<br />
Gerald Oberansmayr<br />
Montage Solidarwerkstatt Österreich; Grafik: pinocchio_collage_by_cureator_dd0qang-414w-2x, Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License<br />
3
Neue Eisenbahnbrücke -<br />
EISENBAHNBRÜCKE IST NICHT (VOLL-)E<br />
Neue Eisenbahnbrücke ist ein Produkt von Tricksen, Lügen und Unterlassung!<br />
4<br />
Jetzt erst auf Insistieren der Solidarwerkstatt haben die Verantwortlichen die Katze<br />
aus dem Sack gelassen: Die neue Eisenbahnbrücke ist nicht (voll-)eisenbahntauglich!<br />
Tricksen, Lügen und die Pendlerinnen für dumm verkaufen, sind die wenigen Eigenschaften,<br />
welche die OÖ und Linzer Politik seit Jahrzehnten perfekt beherrscht. Seit<br />
Jahren schafft es die Politik nicht, weder Mühlkreisbahn noch Straßenbahn über die neue<br />
Linzer Eisenbahnbrücke zu führen. Eine neue Eisenbahnbrücke ohne einen Millimeter<br />
Geleise darauf gibt es ausschließlich in Schilda. Entschuldigung und auch in Linz. Das<br />
Land OÖ und die Stadt Linz haben die neue Eisenbahnbrücke bautechnisch total vermurkst.<br />
Statt sie für die Einbindung der Mühlkreisbahn in den Hauptbahnhof zu dimensionieren,<br />
haben sie 2016 geheim beschlossen, die Brücke so schwach wie möglich zu<br />
halten. Jetzt sollen nur bessere Straßenbahnen und O-Busse drüberfahren dürfen; viele<br />
Durchmesserlinien fallen aus, weil darauf die ÖBB mit Volleisenbahngarnituren verkehrt,<br />
deren Gewicht die Brücke nicht aushält. Auch Güterverkehr kann keiner stattfinden. Das<br />
haben die politisch Verantwortlichen nun zugegeben, nachdem die Solidarwerkstatt eine<br />
Behördenanfrage gestellt hat. Die neue schicke Eisenbrücke kann damit weniger als die<br />
alte.
schick, aber nicht volleisenbahntauglich - siehe Video: https://www.dorftv.at/video/44842<br />
ISENBAHNTAUGLICH!<br />
Die Mühlkreisbahn bleibt außen vor, und so soll das flinke Einpendeln in den Hauptbahnhof<br />
bald endgültig Geschichte sein. Zu wenig Stahl wurde verbaut. Obwohl es in Linz die Vöest<br />
gibt. Der Linzer Bürgermeister und der oö Landeshauptmann freuen sich über jede Eröffnung<br />
von Autobahnen und Brücken ohne Geleise. Es geht damit in OÖ zurück in die 70er Jahre.<br />
Auto vor Schiene, denn es kann gar nicht genug Klimaschaden geben. Öffentlicher Schienenverkehr<br />
ist noch immer ein Schmuddelkind in Linz, in OÖ, die Mühlkreisbahn sowieso. Eine<br />
neue Brücke vorsätzlich zu schwach für die Eisenbahn zu bauen, ist fast schon kriminell und<br />
grenzt an grober Missachtung öffentlicher Bedürfnisse von Mehrheiten und PendlerInnen.<br />
Leider gibt es keinerlei wirksame strafrechtliche Möglichkeiten an Entscheidungsträger,<br />
solchen Unfug und das Missachten Öffentlicher Interessen, bzw. den Umgang mit<br />
unseren Steuergeldern zu ahnden. Ein Bürgermeister tritt zu spät zurück, der Schaden<br />
bleibt uns allen erhalten. Weitere Rücktritte sind fällig.<br />
Es wird Zeit, Lösungen anzudenken, die das Beste aus der Situation machen und neue<br />
Perspektiven für eine schienenorientierte Zukunft in und um Linz öffnen (siehe Seite 6, 7).<br />
Rudolf Schober<br />
5
Neue S-Bahnen<br />
braucht die Stadt<br />
Dass über die neue Eisenbahnbrücke keine<br />
(Voll-)Eisenbahn fahren kann, ist ein Skandal.<br />
Denn die Konsequenzen sind gravierend: Auf<br />
der Eisenbahnbrücke können keine Talentzüge der<br />
ÖBB verkehren; damit bleibt als einzige Durchmesserlinie<br />
die Lilo erhalten, die aber nur 6 Prozent des<br />
gesamten nach Linz strömenden Fahrgastvolumens trägt. Die anderen müssen umsteigen,<br />
sofern sie nicht mit eine Light-Rail unterwegs sind. Außerdem ist der Güterverkehr auf den<br />
Strecken ins und aus dem Mühlviertel gestorben. Und ohne Volleisenbahnfähigkeit ist<br />
(wahrscheinlich) der Schienenverkehr ins Obere Mühlviertel beendet, da die Lilo kein Interesse<br />
hat, oberhalb von Rottenegg zu fahren und dort auch keine Elektrifizierung geplant ist.<br />
Hafenbahn schnell durchbinden<br />
Wie sollen wir nun damit umgehen, dass die Politik das Projekt Eisenbahnbrücke derart<br />
vermurkst hat? Kurzfristig und pragmatisch bleibt die Verbindung über die Trasse der Hafenbahn<br />
die erste Wahl, wenn auch leider nur mit den Light-Rails. Der Vorteil ist offensichtlich:<br />
kein Tunnel, der das Projekt nicht nur teuer macht und dem Projekt einen hohen CO2-Rucksack<br />
umhängt, sondern es auch zeitlich in weite Ferne rückt. Im Jahr 2021 wollte LR Steinkellner<br />
schon 2030 über die Brücke zum Mühlkreisbahnhof fahren (sh. https://www.dorftv.at/<br />
video/37006). Jetzt heißt es: frühestens 2035. Vielleicht St. Nimmerleinstag? Über die Trasse<br />
der Hafenbahn ist – entsprechender Wille bei den Genehmigungen vorausgesetzt – eine<br />
Verbindungen in zwei bis drei Jahren möglich (S6).<br />
Neue volleisenbahntaugliche Eisenbahnbrücke<br />
Natürlich könnte man die Brücke nachrüsten. Sinnvoller wäre aber wohl das ganze neu<br />
und größer zu denken. Für die Verbindung nach Gallneukirchen bräuchte man ohnehin<br />
eine neue Brücke, wenn man den Kopfbahnhof in der Linke Brückenstraße und den hypertrophen<br />
Nahverkehrsknoten Urfahr-Ost vermeiden will. Diese müsste natürlich volleisenbahntauglich<br />
sein, die Hafenbahn beim Posthof durch das Hafengebiet über die Donau<br />
und von dort Richtung Gallneukirchen führen (S7). Diese Brücke soll aber auch für eine –<br />
neu zu denkende - volleisenbahntaugliche Verbindung der Mühlkreisbahn mit dem Linzer<br />
Hauptbahnhof über die Hafenbahntrasse zur Verfügung stehen (S6a).<br />
2. Bimachse<br />
Die – bisherige – Eisenbahnbrücke wird damit frei für eine 2. Straßenbahnachse, die<br />
oberirdisch durch die Gruberstraße fährt und das Krankenhausgebiet erschließt. Die<br />
zweite Bim-Achse ist angesicht der völligen Überlastung der Landstraße ohnedies erforderlich.<br />
Auch diese Straßenbahn könnte rasch und relativ billig errichtet werden.<br />
Neuer Perspektiven für den Öffentlichen Verkehr<br />
Fazit: Für einen Bruchteil der Kosten der Tunnelvariante und in sehr viel kürzerer Zeit<br />
hätte man mit der Verbindung über die Hafenbahn-Trasse ins Mühlviertel und die 2.<br />
Bimachse eine Lösung, die ein sehr viel größeres Fahrgastpotential erschließt, weil das<br />
ganze Industriegebiet mit seinen zehntausenden Arbeitsplätzen zusätzlich erreicht wird.<br />
Der nächste Schritt – die Verbindung ins Obere und Untere Mühlviertel über eine neue<br />
Brücke – kostet mehr Geld und braucht mehr Zeit. Aber sicher nicht mehr als die völlig<br />
6
vermurkste Tunnelvariante. Aber hier wird die Tür weit in die Zukunft aufgestoßen: Die<br />
volleisenbahnfähige Verbindung ins untere Mühlviertel (Gallneukirchen) und ins obere<br />
Mühlviertel schafft neue Durchmesserlinien (v.a. auch für den Linzer Süden), revitalisiert<br />
den Güterverkehr auf der Schiene und schafft die Voraussetzung für eine Ausweitung<br />
der Mühlkreisbahn nach Tschechien und Bayern (Böhmerwaldbahn). Das sind allerdings<br />
Perspektiven, die den Horizont der jetzigen Politik vollkommen übersteigen.<br />
7
A26: 86 Prozent<br />
der Straßen<br />
mehrbelastet!<br />
Die Initiative Verkehrswende<br />
jetzt! setzt die Aufklärung<br />
über die Auswirkungen der A26-Autobahn<br />
fort. Insbesondere informieren<br />
wir über die „Entlastungslüge“:<br />
Die Politik ködert die Leute damit,<br />
dass die Autobahn in der Linzer Innenstadt<br />
angeblich eine gewaltige<br />
Entlastung bringen wird. Wir haben<br />
uns die Zahlen der ASFINAG angeschaut, die sie für die Umweltverträglichkeitserklärung<br />
2012 angegeben hat. Diese belegen das glatte Gegenteil: Bei 432 Straßen, die darin untersucht<br />
werden, gibt es<br />
• bei 25 Straßen eine Entlastung (6 Prozent)<br />
• bei 33 Straßen bleibt die Belastung in etwa gleich (über 7 Prozent)<br />
• bei 374 Straßen eine Mehrbelastung (über 86 Prozent).<br />
Bei 114 Straßenzügen kommt es sogar zu einer Mehrbelastung von über 50 Prozent. In<br />
Summe nimmt der Autoverkehr in der Linzer Innenstadt um 30 Prozent zu.<br />
Wir informieren nun die BewohnerInnen von möglichst vielen Straßenzüge, um wieviel in<br />
ihrer Straße der prognostizierte Autoverkehr infolge der Autobahn zunehmen würde. Begonnen<br />
haben wir mit dem Frosch- und Gaumberg. Z.B.:<br />
• Ziegeleistraße +33 %<br />
• Grabnerstraße +42 %<br />
• Kudlichstraße +28 %<br />
• Regerstraße +28 %<br />
• Daffingerstraße +35 %<br />
• Leondingerstraße +29 %<br />
• Gaumbergstraße +47 %<br />
Die Zahlen sind in eine Tabelle eingetragen, wo<br />
jede/r seine/ihre Straße suchen kann.<br />
Hajart: Inkompetent oder Lügner?<br />
Erfreulicherweise hat diese Aktion auch in der<br />
Kronenzeitung Widerhall gefunden (sh. Faksimile).<br />
Dort hat sich Verkehrsstadtrat Hajart zu Wort<br />
gemeldet und wiederholt völlig kontrafaktisch die<br />
Unwahrheit. Zitat: „Fakt ist, dass der Westring auch<br />
für eine deutliche Verkehrsentlastung in der Innenstadt sorgen wird.“ Ein plus von 30 Prozent<br />
mehr ist keine Entlastung, Herr Stadtrat. Entweder Sie kennen die Zahlen der ASFINAG nicht,<br />
dann sind Sie inkompetent, oder Sie kennen diese und lügen ganz bewusst. In beiden Fällen<br />
sind Sie als Verkehrsstadtrat untragbar. Folgen Sie Klaus Luger und treten Sie zurück!<br />
8
Informationsarbeit wird fortgesetzt<br />
Die Stadt kommt leider ihrer Pflicht, die BürgerInnen ehrlich zu informieren<br />
nicht nach. Wir müssen es selber tun. Wer sich an weiterer<br />
Informationsarbeit beteiligen will, ist herzlich eingeladen zum nächsten<br />
Verkehrswende-Plenum zu kommen (Do, 17.10.<strong>2024</strong>, 18 Uhr, Veranstaltungsraum<br />
Waltherstraße 15, 4020 Linz).<br />
Checkt selbst, was die ASFINAG für eure Straße prognostiziert >><br />
Entlastung über -3%<br />
Gleichbleibend +/-3%<br />
Zuwachs +3 bis +25%<br />
Zuwachs +25 bis +50%<br />
Zuwachs über +50%<br />
(Quelle: Umweltverträglichkeitsprüfung)<br />
9
Aktion macht auf gewaltige Zunahme des Autoverkehrs durch A26 aufmerksam<br />
Simulation des A26-Staus<br />
Am 29. Juli <strong>2024</strong> organisierten verschiedene Klimaschutz-Initiativen eine nicht angemeldete<br />
Versammlung bei der Linzer Waldeggspinne. Zwei von vier Fahrspuren in<br />
Fahrtrichtung Innenstadt/Hauptbahnhof wurden dabei durch einen mehrere Meter hohen<br />
„Tripod“ (Dreibein) blockiert. Ziel der Aktion war, darzustellen, mit welchen Verkehrseinschränkungen<br />
alle Linzer:innen zukünftig zu rechnen hätten, würde man die weiteren geplanten<br />
Abschnitte der A26-Bahnhofsautobahn tatsächlich errichten. Neben den mehrjährigen<br />
garantierten Staus durch die Megabaustelle würde damit außerdem insgesamt das<br />
Verkehrsaufkommen massiv zunehmen, da der PKW-Verkehr attraktiviert würde. Laut Prognosen<br />
der Asfinag selbst würde der Verkehr im Bereich der neuen Autobahn um 30.000<br />
Autofahrten täglich zunehmen. Eine Entlastung der Innenstadt ist, trotz gegenteiliger Beteuerungen,<br />
nicht zu erwarten; ganz im Gegenteil.<br />
Harsche Auflösung und Maßnahmenbeschwerde gegen die Polizei<br />
Die friedliche Aktion setzte somit ein Zeichen gegen veraltete Verkehrspolitik und für<br />
nachhaltige Alternativen. Aktivist:innen von „Scientists for Future“ solidarisierten sich und<br />
nahmen mit einem eigenen Transparent auf der Fahrbahn daran teil. Trotz der beiden freigelassenen<br />
Fahrbahnspuren, wodurch der Verkehr an der Kundgebung vorbeigeleitet werden<br />
konnte, wurde die Kundgebung nach circa einer halben Stunde aufgelöst. Da mehrere<br />
Demonstrierende am Fuß des Tripods aneinander gekettet waren und ein Kletterer im Liegestuhl<br />
auf dem Tripod saß, wurde die Auflösung durch mehrere Einsatzkräfte vorgenommen.<br />
Teils unter harscher Behandlung. Vier Personen wurden weggetragen, drei erhielten<br />
eine Strafverfügung wegen Verwaltungsübertretungen, die vierte Identität konnte nicht<br />
festgestellt werden.<br />
Gegen die derart frühe Versammlungsauflösung durch die Polizei wurde eine Maßnahmenbeschwerde<br />
eingereicht. Denn der grundlegende Schutz durch das Versammlungsrecht<br />
gilt auch für nicht angezeigte Versammlungen. Durch die Auflösung kam es demgemäß zu<br />
einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Versammlungsfreiheit.<br />
Zusätzlich ist das Ziel des Klimaschutzes nicht berücksichtigt worden. Die Entscheidung<br />
in diesem Verfahren mag auch wesentlich für die in weiterer Folge verhängten Strafen gegen<br />
die Demonstrierenden, die nach Auflösung auf der Fahrbahn verblieben, sein.<br />
Andreas Schütz<br />
10
Einseitige ORF-Berichterstattung<br />
Während in vielen Medien ausgewogen über die Aktion berichtet wurde (u. a. auch in<br />
den OÖN), kam im Onlinebericht des ORF OÖ ausschließlich Kritik an der Aktion<br />
zur Sprache, wie sie vonseiten der FPÖ naturgemäß ausgesprochen wurde. Weder Statements<br />
der Organisationen wurden mit einbezogen noch eigene Recherchen gemacht. Das<br />
Thema der drohenden Verkehrszunahme durch die A26 wurde mit keinem Wort zur Sprache<br />
gebracht. Auch kritische E-Mails an die ORF-Redaktion mit Kritik an dieser fehlenden<br />
journalistischen Sorgfalt änderten daran nichts. Für den Anspruch des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks ist dies ein Armutszeichen und es bleibt nur zu hoffen, dass journalistische Standards<br />
künftig wieder höhergehalten werden.<br />
Aktivist:innen absichtlich angefahren – Folge der Kriminialisierung der Klimabewegung<br />
Traurigerweise kam es am nachfolgenden Tag, dem 30. Juli <strong>2024</strong> bei einer Nachfolge-Aktion<br />
ebenfalls in Linz zu einem folgenschweren Vorfall. Mehrere Aktivist:innen wurden von<br />
einem PKW-Fahrer absichtlich angefahren. Sie hatten vor, für wenige Minuten auf einem<br />
Zebrastreifen stehen zu bleiben, sich aber bei Ankunft der Polizei freiwillig zu zerstreuen.<br />
Auf einem im Internet verbreiteten Video ist zu sehen, wie der Fahrer angesichts der versammelten<br />
Menschen sogar noch extra beschleunigte. Hier zeigt sich, welche realen Konsequenzen<br />
die Kriminalisierung und Diffamierung der Klimabewegung hervorbringt. Nicht<br />
zuletzt die ÖVP und FPÖ auf allen Ebenen, aber auch zum Beispiel der ehemalige Bürgermeister<br />
Luger haben wiederholt Schadenersatz, „strafrechtliche Maßnahmen bis zur Kerkerstrafen“<br />
und ähnliches gefordert und Initiativen wie die Letzte Generation als „Chaoten“,<br />
„verantwortungslos“ (Luger) oder gar „Terroristen“ (FPÖ) bezeichnet.<br />
Schockierend war teils auch die Resonanz auf verschiedenen sozialen Medien, wo Verständnis<br />
für die Straftat (der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft Linz) aufgebracht wurde.<br />
Ein Ausschnitt der Ereignisse, wo das absichtliche Anfahren dokumentiert ist, verknüpft mit<br />
einer Stellungnahme durch Extinction Rebellion vom selben Tag noch, hier zu sehen (Achtung:<br />
Gewaltszene): https://www.facebook.com/reel/1201192257864965<br />
Andreas Schütz<br />
11
"Machen Sie als Ministerin eine Ansage, ob sie überhaupt gewillt sind, den<br />
Kampf gegen den Autobahnbau aufzunehmen, oder – mit Blick auf den Koalitionspartner<br />
– weiterhin untätig bleiben wollen!“<br />
OFFENER BRIEF der Initiative Verkehrswende jetzt!<br />
an Klimaministerin Gewessler<br />
Frau Ministerin, letzte Amtshandlung:<br />
UVP-Bescheid zur A26 aufheben!<br />
Sehr geehrte Frau Ministerin,<br />
12 Initiativen haben vor zwei Monaten eine Offenen Brief an Sie gerichtet und Sie<br />
aufgefordert, endlich alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die A26-Autobahn<br />
in Linz zu verhindern. Bislang haben Sie zu diesem Offenen Brief geschwiegen.<br />
Diese Autobahn ist das Gegenteil zu der von Ihnen propagierten Verkehrswende:<br />
Sie bringt – laut Prognose der ASFINAG selbst – zusätzlich 30.000 Autofahrten<br />
täglich nach Linz. Schon bei Bau des Autobahntunnels werden CO2-Emissionen<br />
von umgerechnet 150 Millionen Autofahrten im Großraum Linz freigesetzt; ein<br />
enormer Energieverbrauch und Kostenaufwand ergeben sich dann im Betrieb. Die<br />
Kosten der Errichtung haben sich im Laufe der Zeit vervielfacht und liegen – zurzeit<br />
– bei 1,2 Milliarden Euro. Dieser Autobahn-Tunnel ist ein Fass ohne Boden.<br />
12
Mit diesem Autobahnprojekt wird der Ausbau des Öffentlichen Verkehr konterkariert.<br />
So erfreulich es ist, dass nun Geld vom Bund für den Ausbau der Stadtbahn<br />
fließen soll, so absehbar ist:<br />
1. Dieses Stadtbahnprojekt (S6) wird durch die Autobahn konkurrenziert, da ein<br />
ähnliches Potential bedient wird.<br />
2. Der Baustart für das Stadtbahnprojekt wird erst Jahre nach dem Baubeginn<br />
der Autobahn sein. Angesichts klammer öffentlicher Kassen ist jetzt schon absehbar,<br />
dass bald eine Diskussion über die Finanzierbarkeit in Gang kommen<br />
wird, an deren Ende ein Deja-vu stehen könnte. Erinnern wir uns: Aus dem<br />
vollmundigen Versprechen, die Schnellstraße S10 durch das untere Mühlviertel<br />
und die Summerauer-Bahn gleichzeitig auszubauen, wurde: Eröffnung der<br />
S10 (mit 700 Millionen Euro Kosten) im Jahr 2015, keine Investitionen in die<br />
Beschleunigung der Summerauer-Bahn vor dem Jahr 2040!<br />
Frau Ministerin, noch ist es nicht zu spät! Wir erinnern Sie an Ihre eigenen Aussagen<br />
anlässlich des Stopps der Lobau-Autobahn: „Wir müssen darauf schauen,<br />
die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen klima- und umweltfreundlich zu befriedigen.<br />
Es gibt Alternativen zum Autobahnbau, vor allem durch den zügigen Ausbau<br />
des öffentlichen Verkehrs. In 20 Jahren werden wir von den heutigen Kindern gefragt<br />
werden, was wir damals getan haben, um ihre Zukunft zu retten.“ (Pressekonferenz<br />
1.12.2021).<br />
All das trifft auch 100-prozentig auf die A26-Autobahn in Linz zu. Die aktuelle<br />
Hochwasserkatastrophe zeigt uns, mit was für eine vollkommen verödeten,<br />
lebensfeindlichen Welt wir zu tun haben werden, wenn wir so wie bisher uns zu<br />
wenig um das Klima kümmern. Sie haben als Ministerin Mittel und Wege die<br />
Autobahn zu stoppen:<br />
• Heben Sie – als letzte Amtshandlung - den UVP-Bescheid zur A26 auf, der<br />
vorwiegend auf Lügen aufgebaut! Der § 68 Abs 3 AVG gibt Ihnen dieses Mittel<br />
zur „Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen“ in die Hand.<br />
• Verlangen Sie eine Klimacheck für diese Autobahn!<br />
• Verhängen Sie – wie das von einer Pendlerinitiative gefordert wird - eine<br />
Baustopp für die A26, bis der erste Zug der neuen Stadtbahn über die Donau<br />
fährt und zeigen Sie somit, dass Vorrang für den Öffentlichen Verkehr kein<br />
leeres Wort ist.<br />
Machen Sie als Ministerin eine Ansage, ob sie überhaupt gewillt sind, den Kampf<br />
gegen den Autobahnbau aufzunehmen, oder – mit Blick auf den Koalitionspartner<br />
– weiterhin untätig bleiben wollen. Für uns geht der Kampf ohnehin weiter, wir<br />
würden uns freuen, Sie als Bündnispartnerin zu gewinnen und erwarten uns<br />
eine Antwort!<br />
Initiative Verkehrswende jetzt!<br />
www.verkehrswende-jetzt.at<br />
13
„Durchgefallen“<br />
Zeugnisverleihung an Linzer Ex-Bürgermeister<br />
Luger<br />
Zu Schulende gratulierte der (ehemalige)<br />
Linzer Bürgermeister Klaus<br />
Luger allen dafür ins Lentia gekommenen<br />
Schüler:innen zu ihrem Zeugnis und<br />
überreichte ihnen Geschenke. Womit er<br />
nicht rechnete: Die Bürger:inneninitiative<br />
„Retten wir den Grüngürtel“ hatte für<br />
ihn selbst ein Zeugnis parat. Eine Schülerin<br />
überreichte ihm dieses in aller Öffentlichkeit.<br />
Darin wurde angeprangert,<br />
wie die Stadtregierung unter Luger mit<br />
unseren wertvollen Grünflächen umging.<br />
Während demokratische Teilhabe bei der<br />
geplanten Umwidmung des Grüngürtels<br />
im Auhof nicht erwünscht war, gab es die<br />
Note 1 im Fach „Verbetonieren und Zupflastern“.<br />
Durchgefallen war Luger und<br />
mit ihm nicht nur seine Partei dagegen im<br />
Fach „Stadtentwicklung und Umweltpolitik“<br />
wie auch in „Nachhaltiger Verkehrspolitik“.<br />
Zum Video<br />
Hoffnungsschimmer: Tausende Menschen<br />
gegen die Verbauung des Grüngürtels<br />
Neben der drohenden Verbauung des<br />
Linzer Grüngürtels gibt es aber auch kleine<br />
Hoffnungsschimmer. Es scheint, dass die<br />
Stadtregierung momentan mit anderen<br />
Themen als der Umwidmung beschäftigt<br />
ist. Jedes Monat, in welchem die Umwidmung<br />
noch nicht beschlossen wird,<br />
ist ein gewonnenes. Darüber hinaus hatten<br />
bereits im Sommer <strong>2024</strong> circa 8.000<br />
Menschen die Petition für den Schutz des<br />
Grüngürtels unterschrieben, sei es online<br />
oder auf Papier (https://www.openpetition.<br />
eu/at/petition/online/retten-wir-den-linzer-gruenguertel).<br />
Weiters gab es an die<br />
300 Einwendungen beim Linzer Magistrat<br />
gegen die geplante Umwidmung. Über<br />
Alternativen für den Standort der neuen<br />
technischen Uni haben wir bereits berichtet,<br />
auch über konzeptionelle Probleme<br />
und demokratische Defizite, die eine solche<br />
Hochschule außerhalb des Universitätgesetzes<br />
mit sich bringt.<br />
14
OÖ: Bundesland mit dem<br />
höchsten Bodenverbrauch<br />
Wichtig für die Zukunft ist, dass dem<br />
vielfach noch vorherrschenden Geist des<br />
Betonierens, des Erfüllens von Investorenwünschen,<br />
des Ignorierens der Klimakrise<br />
etwas entgegengesetzt wird. Gerade Oberösterreich<br />
ist jenes Bundesland mit dem höchsten<br />
Bodenverbrauch, und die Stadt Linz ist<br />
Teil des Problems. Der Einsatz der vielen<br />
Initiativen für<br />
eine lebenswerte<br />
Stadt<br />
wird genauso<br />
wie eh und<br />
je gebraucht.<br />
Damit die<br />
zukünftige<br />
Stadtregierung<br />
nicht<br />
wieder nachsitzen<br />
muss<br />
und Ankündigungen<br />
wie<br />
der Schutz des<br />
Grüngürtels<br />
endlich nicht<br />
nur rhetorisch<br />
vorgebracht,<br />
sondern auch<br />
ernstgenommen<br />
werden.<br />
Andreas<br />
Schütz<br />
Fotos von<br />
der Aktion zum<br />
Nachsehen hier<br />
15
Video > https://dorftv.at/video/44960<br />
Eröffnung Autobahn-Halbanschluss Dornach/Auhof<br />
Stopp Autobahnwahn!<br />
Am 6. September eröffnete die Politik von Land und Stadt den Autobahn Halbanschluss<br />
in Dornach/Auhof. Eine etwas peinliche Show. Zieht man die PolizistInnen<br />
und die Leute der ASFINAG ab, so waren die GegendemonstrantInnen in der<br />
Überzahl. Und als Stelzer, Steinkellner, Prammer, Hajart & Co grinsend das Band für die<br />
Eröffnung durchschnitten, tauchte im Hintergrund ein Transparent auf, das diesen Augenblick<br />
zu einem ikonischen Moment machte: „STOPP AUTOBAHNWAHN!“ Das Bild<br />
beschreibt auf Anhieb,<br />
was sich da<br />
abspielt: Aus der<br />
Zeit gefallene Politiker<br />
feiern ohne<br />
Publikum die eigene<br />
Borniertheit<br />
und Ignoranz als<br />
(autobahn-)wahnhaften<br />
Schritt in<br />
die Zukunft.<br />
Kurz zu den<br />
Fakten: Vor 5 Jahren<br />
mit 19,5 Millionen<br />
eingereicht,<br />
schraubten sich<br />
die Kosten für den<br />
Autobahn-Halbanschluss<br />
um 65<br />
16
Prozent auf 32 Millionen Euro in die Höhe. 5 Hektar Grünfläche ging verloren. 4.000<br />
neue Autos werden über den Halbanschluss erwartet. Der Radverkehr wird dafür auf<br />
lange Umwege geschickt. Am Anfang wird vielleicht der Autoverkehr über die Altenbergerstraße<br />
etwas zurückgehen, schon bald aber wird sich zeigen, dass der Autoverkehr<br />
in Summe gewaltig zunimmt. Wer Straßen sät, wird Autoverkehr ernten! Erst<br />
recht, wenn alles dafür getan wird: Die – ach so nachhaltige – Johann Kepler Universität<br />
baut für 500 Autos ein neues Parkhaus. Und in unmittelbarer Nähe des Halbanschlusses<br />
wird gleich für neuen Autoverkehr gesorgt: 70.000 Quadratmeter Grünraum<br />
(sh. Kasten links unten) sollen hier umgewidmet werden, um Platz zu machen für die Digitaluniversität.<br />
„Mit dem Bau der Digitaluni und der verbesserten Verkehrsanbindung<br />
schaffen wir wichtige Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Bildungs- und<br />
Forschungsstandorts Linz“, verkündet Verkehrsstadtrat Hajart – und zeigt damit auf,<br />
dass es als Verkehrsstadtrat eine vollkommene Fehlbesetzung ist. Die Digitaluniversität<br />
muss mit dem öffentlichen Verkehr erreicht werden können, statt durch seine Randlage<br />
zum Magneten für neuen Autoverkehr zu werden. Im Fall der Digitaluniversität<br />
wäre das Gelände des ehemaligen Postverteiler-Zentrums beim Hauptbahnhof ideal:<br />
Bestens an den öffentlichen Verkehr angebunden, außerdem erspart die vorhandene<br />
Bausubstanz viel graue Energie.<br />
So schaut zukunftsweisende Verkehrspolitik aus, die Stadtplanung und öffentlichen<br />
Verkehr optimal aufeinander abstimmt. Ökologisch, menschenfreundlich und – bedenkt<br />
man die Kosten der Klimakrise – viel billiger. Doch von solchen intelligenten<br />
Lösungen sind vom Auto(bahn)wahn besessene Politiker meilenweit entfernt. Sorgen<br />
wir dafür, dass ihre Politik ein Ablaufdatum hat.<br />
Großangriff auf den Grüngürtel<br />
Die 70.000 Quadratmeter Grünland,<br />
die für die Digitaluni umgewidmet<br />
werden sollen, sind erst der Anfang. Es ist<br />
geplant viel mehr Ackerboden zu opfern.<br />
Die eingezeichnete Fläche von 274.000<br />
Quadratmetern (schraffierte Fläche links)<br />
ist ein von der Stadtplanung als "dynamischer<br />
Masterplan" gekennzeichneter<br />
Bereich. Zuerst käme die IT:U. Im Windschatten<br />
dann die Betriebsansiedlungen.<br />
Eine Fläche 6-mal so groß wie das<br />
Urfahraner Marktgelände, größer als die<br />
Linzer Innenstadt, doppelt so groß wie<br />
der Barbarafriedhof Linz und 9-mal größer<br />
als der Volksgarten, würde versiegelt.<br />
Retten wir den Grüngürtel<br />
– nähere Informationen dazu hier<br />
17
Summer in the city<br />
Hitze von früh bis spät<br />
Wärmebildkamera Auto, Ziegeleistraße<br />
Es ist keine Einbildung wenn wir immer mehr unter der Hitze stöhnen und vielmals<br />
wirklich leiden. Schon im April wurde heuer an der 30°C Marke gekratzt. Auch<br />
wenn die großen Temperaturrekorde diesen Sommer ausblieben so war es doch das<br />
gesamte Jahr hindurch wärmer als üblich. Bis Ende Juli wurden im Zentrum schon 15<br />
Tropennächte gemessen. Die große Hitze in der Stadt ist jedoch nicht nur der Klimaveränderung<br />
geschuldet, die rasch zunehmende Bodenversiegelung und immer mehr<br />
Kraftfahrzeuge verwandeln die Stadt in eine Gluthölle.<br />
Breite Straßen einer autogerechten Stadt werden tagsüber aufgeheizt, wobei Oberflächentemperaturen<br />
von bis zu 70°C erreicht werden. Beton und Asphalt speichern<br />
die Hitze, so wirken sie wie eine Heizung und verhindern eine Abkühlung in der Nacht.<br />
Im Mittel war heuer schon wieder jedes Monat wärmer, als es im Durchschnitt der<br />
letzten Jahre. Ein milder Winter, ein warmes Frühjahr, brütender Sommer. Auch der<br />
August ging wieder als der wärmste der Messgeschichte ein. Diese Hitze ist nicht mehr<br />
nur ein Problem für Alte, Kranke und Babys, es wird zunehmend ein ernstes Problem<br />
für alle Bevölkerungsschichten.<br />
Ein wirksames Mittel gegen die Überhitzung sind Grünflächen. Aus diesem Grund<br />
investiert die Stadt Linz viel Geld für das Pflanzen von Bäumen im Innenstadtbereich.<br />
Leider verschwindet an anderer Stelle viel mehr Grünland unter Beton und Asphalt, als<br />
neu geschaffen wird. Mit der Stadtklimaanalyse, dem Ausweisen von Kaltluftschneisen,<br />
dem Hitzenotfallplan, etc. arbeitet Linz viel gegen diese Herausforderungen.<br />
Doch trotz der steigenden Dringlichkeit und eines klaren Kommitment breiten sich<br />
18
Gewerbeparks und Parkplatzwüsten weiter aus. Die Straßen<br />
werden immer breiter, wachsender Leerstand erhöht<br />
die Gebäudedichte und konterkariert die schönen Worte.<br />
Anstatt nur Pläne für das Überleben zu schmieden, wird es<br />
Zeit sich damit zu beschäftigen wie die Stadt ihrer Bevölkerung<br />
wirklich einen gesunden und lebenswerten Lebensraum<br />
bereitstellen kann.<br />
Christian Leckschmidt<br />
Tm Monatsmittel der Linzer Lufttemperatur in °C<br />
D....Abweichung vom Normalwert 1991-2020 °C<br />
Tm D<br />
Jänner 1,1 +0,9<br />
Februar 7,2 +5,6<br />
März 9,5 +3,7<br />
April 12,2 +1,2<br />
Mai 17,2 +1,7<br />
Juni 20,4 +1,5<br />
Juli 22,7 +2,2<br />
August 24,1 +3,7<br />
Kostenlose Erfrischung im<br />
öffentlichen Raum<br />
Von vielen fast unbemerkt gibt es an die 79 öffentliche Trinkwasserbrunnen der Stadt<br />
Linz, an denen sich Durstige von Mai bis in den Herbst erfrischen können. Diese befinden<br />
sich vorwiegend auf Spielplätzen, Parks und Märkten - unter anderem am Hauptplatz,<br />
am Landhausplatz, auf der Spittelwiese, beim Steinmetzplatzl in Alturfahr oder beim<br />
Spielplatz am Damm am Donauufer in Urfahr. Im Nordosten und im Süden von Linz herrscht<br />
jedoch noch akuter Nachholbedarf. Hier könnte sich Linz an Zürich ein Beispiel nehmen,<br />
das mit 1200 Brunnen über so viele Trinkbrunnen verfügt wie keine andere Stadt. In Linz ist<br />
also Luft nach oben.<br />
Ihr findet den nächstgelegenen Trinkbrunnen beim Klick auf die Brunnennummer hier:<br />
Friedensreich<br />
Hundertwasser<br />
hat den Trinkbrunnen<br />
„Hand“<br />
auf der Spittelwiese<br />
entworfen.<br />
19
Froschberg<br />
Die WAG zeigt uns die kalte Schulter<br />
Nur wer auch am Froschberg lebt kann ermessen, warum eine Bewohner:innen Initiative<br />
so vehement gegen die Verdichtungs- und Umgestaltungspläne der Wohnungsund<br />
Stadtplaner auftritt. Mit unseren 500 Bewohner:innen Unterschriften repräsentieren wir<br />
ca. 80% der Mieter, die mit dem Vorgehen der WAG Wohnbaugesellschaft generell nicht<br />
einverstanden sind.<br />
Mit den Herren Ing. Irsiegler vom Vorstand der WAG und mit Herrn Ing. Peyer von der<br />
EBS-Hausverwaltung haben wir versucht sachlich ins Gespräch zu kommen. Am<br />
18. April <strong>2024</strong> gab es eine erste persönliche Aussprache bei einem Treffen am Froschberg.<br />
Dieses Gespräch verlief aber gänzlich einseitig: „Sie informieren uns gnädig, alles Kommende<br />
sollen wir gefälligst dankbar hinnehmen.“<br />
Aber wir Bewohner sehen das anders und<br />
wollen mitreden und wir wollen ernst genommen<br />
werden, so wie es sich in einem<br />
demokratischen Umfeld gehört.<br />
Die Initiative ist mittlerweile ein Verein: „Initiative<br />
Froschberg – Verein(t) für menschenwürdige<br />
Stadtentwicklung“.<br />
Ein kräftiges Lebenszeichen setzten die<br />
Aktivisten bei der Durchführung des „Großen<br />
Froschberg Flohmarkt“ im Kulturverein<br />
„Ehem. Wirtshaus zur Schießhalle“,<br />
Mitte September <strong>2024</strong>.<br />
20<br />
Das sind unsere Anliegen:<br />
Der geplante Sanierungsentwurf der WAG wird zu einer<br />
extremen Verschlechterung der Wohnqualität führen, weil:<br />
1. Die zwei Tiefgaragen im Innenhof der Wohnanlage zwischen Ziegelei- und Brahmsstraße<br />
führen zu einer permanenten Vernichtung der Grünanlage und der wertvolle<br />
80-jährigen Baumbestand fällt.
2. Dem Argument einer 100% barrierefreien Aufschließung der Altbauwohnungen steht<br />
die nicht Barrierefreiheit der Wohnungen selbst entgegen. Diese Schwerpunkt Legung<br />
auf Barrierefreiheit ist in Summe kontraproduktiv.<br />
3. Die geplanten Laubengänge bei allen Altbauwohnungen bedeuten einen extremen<br />
Wohnqualitätsverlust. Alle Wohnungsfenster sind vom vorgesetzten Laubengang aus<br />
einsichtig und werden zusätzlich durch die massive bis zu 2,5 m tiefe Vorbaukonstruktion<br />
empfindlich beschattet (über 50%iger Belichtungsverlust)<br />
4. Der Abbruch der bestehenden innenliegenden Stiegenhäuser ist absurd. In diesem<br />
Zusammenhang weisen wir auf die seit Jahren fast ausschließlich bei Sanierungen errichteten<br />
geförderten Liftanlagen hin, die situationsbedingt immer nur den Zwischenpodest<br />
erschließen. Von dort kann man jederzeit mit einem halbgeschoßigen Treppenlift,<br />
der bei Bedarf wieder versetzbar ist, den Hauptpodest erreichen.<br />
5. Auf die geplanten drei Neubauten im Innenhof zwischen Ziegelei- und Brahmsstraße<br />
sowie auf den vierten Neubau im Grünraum der Händelstraße rückseitig sollte verzichtet<br />
werden. Sie befördern eine nicht mehr zeitgemäße weitere Bodenversiegelung.<br />
Weiters zerstören sie das Ensemble einer Gartenwohnanlage, wie sie in den 40er Jahren<br />
geplant wurde.<br />
6. Zwei neue Wohnbauten im Bereich, wo derzeit Garagen bestehen, erachten wir als<br />
sinnvoll. Der geplanten Aufstockung der Bestandswohnbauten stehen wir grundsätzlich<br />
positiv gegenüber.<br />
In Summe vertreten wir eine behutsame und effiziente Sanierung der Bestandswohnanlage<br />
- wir sind der Überzeugung, nur dieser Zugang kann die Attraktivität und Wohnqualität<br />
der Eisenbahnersiedlung für Generationen erhalten.<br />
Die Antwort der WAG bislang: Nach ein paar freundlichen Floskeln heißt es lapidar: „Uns<br />
ist wichtig, alle Mieterinnen und Mieter offen, sachlich und umfassend zu informieren. Daher<br />
wollen wir von weiteren Einzelgesprächen absehen.“<br />
Ein solches Herangehen ist einer modernen Wohnbaugesellschaft unwürdig, entspricht<br />
weder den demokratiepolitischen Anforderungen unserer Zeit noch den Herausforderungen,<br />
die durch die Klimakrise entstanden sind.<br />
Die WAG setzt ein weiteres unwürdiges Zeichen: Die Hausverwaltung hat ihre Rechtsanwälte<br />
beauftragt, gegen die freie Meinungsäußerung unserer Initiative juristisch vorzugehen.<br />
Mit Unterlassungsklage wird das Aufstellen eines Infoständers im Grünraum der Wohnanlage<br />
und das harmlose Kennzeichnen der Bäume beanstandet. Wir haben es gewagt,<br />
die Bäume mit Kreidefarbe zu kennzeichnen, die dem Tiefgaragen Bau zum Opfer fallen<br />
werden. Gefordert wird in diesem Zusammenhang ein völlig überzogener Schadensersatz<br />
von 12.000 Euro“!<br />
Klaus Pilz, Obmann Verein Initiative Froschberg<br />
https://www.initiativefroschberg.at<br />
Zum Video: Wohnen im leistbaren Grünraum oder profitgetriebene Verdichtung inkl. Tiefgaragenwahn<br />
unter Abholzung von 1500 Baumjahren? | dorftv<br />
https://dorftv.at/video/44875<br />
21
Best practice<br />
Waldstadt Liuzhou in China machts vor<br />
Auf eine Fläche von rund 175 Hektar entlang des Liujiang-Flusses verteilt, wird derzeit<br />
der von der Stadtplanung der Gemeinde Liuzhou (China) in Auftrag gegebene<br />
Masterplan für die erste „Waldstadt“ der Welt für 30.000 Einwohnerinnen, umgesetzt.<br />
Sie soll hinsichtlich des Energieverbrauchs völlig autark sein, angefangen bei der Nutzung<br />
von Erdwärme für die Innenräume von Gebäuden bis zu hocheffizienten Solarmodulen<br />
zur Gewinnung erneuerbarer Energie. Alle Gebäude - städtische Einrichtungen,<br />
Büros, Häuser, Hotels, Krankenhäuser und Schulen - sollen fast vollständig von Pflanzen<br />
und Bäumen unterschiedlichster Sorten und Größen bedeckt sein. Insgesamt werden<br />
in der Liuzhou-Waldstadt etwa 40.000 Bäume und 1 Million Pflanzen von mehr als 100<br />
verschiedenen Arten gepflanzt was eine reichhaltiges Ökosystem mit Lebensräumen für<br />
Vögel, Insekten und Kleintiere, die bereits in der Umgebung von Liuzhou leben schafft.<br />
Der neue städtische Organismus, den Stefano Boeri Architetti entworfen und entwickelt<br />
hat, soll jedes Jahr etwa 10.000 Tonnen CO2 und 57 Tonnen Mikropartikel absorbieren und<br />
etwa 900 Tonnen Sauerstoff produzieren und bekämpft gleichzeitig das ernste Problem<br />
der Luftverschmutzung. Die Verteilung von Pflanzen nicht nur entlang der Alleen in Parks<br />
und Gärten, sondern auch an den Fassaden von Gebäuden bedeutet, dass eine Stadt, die<br />
bereits auf Energieautarkie ausgelegt ist, auch die Luftqualität verbessern und die Durchschnittstemperatur<br />
sowie Lärm senken kann.<br />
Darüber hinaus wurde die neue Waldstadt Liuzhou als echtes „poröses Modell“ konzipiert<br />
und entwickelt: ein städtischer Organismus, der sensibel und aufmerksam auf die<br />
22
spezifischen Qualitäten und Werte der Umwelt reagiert. Dieser Designansatz entwickelt<br />
sich auf natürliche Weise ausgehend von der planimetrischen Anordnung, die so gestaltet<br />
ist, dass sie sich harmonisch in die Geographie der umliegenden Berge einfügt, die<br />
die Morphologie der besonderen Qualitäten der lokalen Landschaft berücksichtigt.<br />
Dieser Ansatz entspricht auch einer sorgfältigen Untersuchung der technologischen,<br />
infrastrukturellen und verteilungstechnischen Merkmale des großen städtischen Komplexes.<br />
Die vollständig vernetzte neue grüne Stadt wird über eine hocheffiziente Schnellbahninfrastruktur<br />
und ein Straßennetz, das ausschließlich Elektroautos vorbehalten ist,<br />
mit dem nahegelegenen Zentrum von Liuzhou verbunden. Mit dem Liuzhou Forest City-Projekt<br />
hat Stefano Boeri Architetti eine neue Generation städtischer Architektur und<br />
Städte entwickelt, die in der Lage sind, der problematischen Herausforderung des Klimawandels<br />
radikal zu begegnen und präsentieren sich gleichzeitig als Projektmodelle<br />
für die Zukunft des Planeten, das Biodiversität und die Beziehung zwischen Mensch und<br />
anderen Lebewesen neu definiert.<br />
Hier finden sich auch Ansätze für die in Linz zuständigen StadtplanerInnen statt weiteres<br />
Grünland für die Stadtentwicklung zu versiegeln. Wichtig ist auch Flächen zu entsiegeln,<br />
versiegeltes zu nutzen und bestehende/entstehende Gebäude, wo möglich, zu<br />
begrünen.<br />
Eveline Steinbacher<br />
23
Sozialer Wohnbau:<br />
4,5 Milliarden fehlen<br />
jährlich<br />
Die Wohnungsnot in Österreich, sprich der Mangel an leistbaren Mietwohnungen,<br />
ist das Resultat einer langfristigen Aushungerung des sozialen Wohnbaus. Eine<br />
Revitalisierung tut not.<br />
Österreich stach lange Zeit international durch den sozialen Wohnbau hervor. Gemeinnützige<br />
Wohnbauvereinigungen sorgten für leistbaren Wohnraum. Aus den Mitteln der<br />
Wohnbauförderung finanzierte Wohnungen dürfen nur nach dem Kostendeckungsprinzip<br />
vermietet werden. Das bedeutet, dass hier gesetzlich nur beschränkt Gewinne erzielt<br />
werden dürfen, die wiederum in Wohnbaumaßnahmen im Inland investiert werden<br />
müssen. Bei frei finanzierten Wohnungen kann verlangt werden, was der Markt hergibt.<br />
Rückgang der Wohnbauförderung<br />
Doch Mitte der 90er Jahre setzt ein langfristiger Trend des Ausstiegs aus dem sozialen<br />
Wohnbau ein. War Mitte der 90er Jahre das Verhältnis von geförderten zu frei finanzierten<br />
Wohneinheiten noch 80:20, so drehte sich das Verhältnis über den Zeitraum von fast<br />
drei Jahrzehnten nahezu um. Wurden im Jahr 1996 noch geförderte 50.000 Wohnungen<br />
errichtet, so sank seither ihr Anteil kontinuierlich ab. 2023 waren es nur knapp 15.000<br />
Wohnungen (sh. Grafik1). Entsprechend ist der Anteil frei finanzierter Wohnungen zwischenzeitlich,<br />
angekurbelt durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB),<br />
in lichte Höhen gestiegen. Betongold nennt sich das, hochgradig spekulativer Wohnraum,<br />
für den Normalbürger meist unerschwinglich. Seit der Zinswende der EZB gehen<br />
die Baubewilligungen auch in diesem Bereich rapid zurück.<br />
24
Ersichtlich ist diese langfristige Tendenz auch an den Mitteln der Wohnbauförderung.<br />
Machten diese Mitte der 90er Jahre noch 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus,<br />
so sank dieser Anteil kontinuierlich auf mittlerweile 0,4 Prozent ab (sh. Grafik 2). Das klingt<br />
wenig, ist aber in absoluten Zahlen erheblich: Rund 4,5 Milliarden fehlen dadurch dem sozialen<br />
Wohnbau Jahr für Jahr, wenn man die 1,4 Prozent als Vergleich heranzieht! Das ergibt<br />
akkumuliert über den Zeitraum 1994 bis 2022 die stolze Summe von rd. 60 Milliarden Euro,<br />
die dem sozialen Wohnbau entzogen wurden (inflationsbereinigt, Preisniveau 2022).<br />
Mieten laufen den Löhnen davon<br />
Dass Mitte der 90er Jahre die Wende erfolgte, ist kein Zufall. Es markiert den Übergang<br />
in das Konkurrenzregime der EU, das mit der „Freiheit“ von Waren und Kapitalverkehr<br />
das Lohn- und Sozialdumping ankurbelte. Die Löhne entkoppelten sich von der<br />
Produktivitätsentwicklung und fielen zurück, Sozialleistungen wurden als Wettbewerbsbremse<br />
gesehen, die in Form von „Lohnnebenkosten“ den Standort gefährden. Über die<br />
Maastricht-Kriterien konnte die EU-Kommission zunehmend Druck auf die öffentlichen<br />
Budgets, v.a. im Sozialbereich, ausüben. Die Folgen: Fehlender sozialer Wohnbau jagte<br />
über die Jahre die Mieten in der Höhe, während die Löhne und Gehälter nicht einmal<br />
mit der Wirtschaftsentwicklung, geschweige denn mit den Wohnungskosten Schritt halten<br />
konnten. Zwischen 2010 und 2023 wuchsen die Immobilienpreise um 113 Prozent,<br />
die Mieten am privaten Mietenmarkt um 73 Prozent, der Verbraucherpreisindex um 44<br />
Prozent und die mittleren Löhne um 41 Prozent.<br />
Revitalisierung des sozialen Wohnbaus<br />
Die Revitalisierung des sozialen Wohnbaus ist der Schlüssel zur Schaffung von leistbarem<br />
Wohnraum für alle. Die heuer beschlossene Wohnbaumilliarde des Bundes für drei<br />
Jahre ist ein Anfang, aber noch ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt,<br />
dass 4,5 Milliarden im Jahr mehr zur Verfügung stehen würden, wenn der Anteil am BIP<br />
auf dem Niveau von Mitte der 90er Jahr wäre.<br />
Gerald Oberansmayr<br />
Beitrag in voller Länge hier<br />
https://www.solidarwerkstatt.at/soziales-bildung/4-5-milliarden-fehlen-jaehrlich<br />
25
Arbeitslosigkeit nimmt zu<br />
Arbeitslose nicht im Stich lassen!<br />
Die Verschlechterung<br />
der Arbeitsmarktsituation<br />
setzt<br />
sich im August <strong>2024</strong><br />
fort. Im Vergleich zum<br />
August 2023 ist die Arbeitslosigkeit<br />
im heurigen<br />
August in Oberösterreich<br />
um fast 6.000<br />
Personen in die Höhe<br />
gegangen. Mit einem<br />
Anstieg von 17 Prozent<br />
nimmt Oberösterreich<br />
den Spitzenplatz hinsichtlich<br />
der Zunahme<br />
der Arbeitslosigkeit<br />
ein. Die Zahl der offenen Stellen hat um über 6.700 abgenommen, ein Minus von 24 Prozent.<br />
Nicht viel rosiger ist die Situation im Arbeitsmarktbezirk Linz: einer Zunahme der Arbeitslosigkeit<br />
um fast 1.400 Personen stehen um 1.100 weniger offene Stellen gegenüber.<br />
Sowohl im Oberösterreich als auch in Linz kommen deutlich mehr als zwei Arbeitslose auf<br />
eine Offene Stelle.<br />
Arbeitslose wurde von der<br />
Regierung während der Zeit<br />
der Rekordinflation völlig im<br />
Regen stehen gelassen. Es<br />
gab keine Valorisierung des<br />
Arbeitslosengelds und die<br />
niedrige Nettoersatzrate von<br />
55 Prozent wurde nicht angehoben.<br />
De facto liegt das Arbeitslosengeld<br />
bei jedoch mit<br />
ca. 51 Prozent sogar deutlich<br />
darunter, denn die Arbeitslosigkeit<br />
wird vom zumindest<br />
12 Monate zurückliegenden<br />
Gehalt berechnet, sodass die inzwischen erfolgte Lohnerhöhung keine Rolle bei der Berechnung<br />
des ALG spielt, während die Arbeitslosen die gestiegene Inflation voll spüren<br />
bekommen. Der Wertverlust von Arbeitslosengeld bzw. Notstandhilfe für die Betroffenen<br />
ist enorm: Laut Berechnung des Momentum Institut beträgt er seit Jänner 2022 knapp 16<br />
Prozent.<br />
Es ist deshalb an der Zeit, wieder an die Forderungen des Arbeitslosengelds rauf-Volksbegehrens<br />
zu erinnern: Rauf mit dem Arbeitslosengeld auf zumindest 70% des letzten<br />
Nettoeinkommens.<br />
26
Petition<br />
Klima. Frieden. Gerechtigkeit<br />
Aktiv neutral statt EU-militarisiert!<br />
Die Welt droht in das Chaos abzustürzen, wenn weiterhin das Gegeneinander der<br />
Machtblöcke bestimmend bleibt. Unter diesen Umständen sind die Klimaziele nicht<br />
einzuhalten, gehen kostbarste Ressoucen, die wir für die Überwindung von Armut brauchen,<br />
für die Aufrüstung verloren und werden die Konflikte, von der Ukraine bis Palästina,<br />
zu dauernden Brandherden.<br />
Wohl noch nie war die Gefahr so groß, dass Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden.<br />
Wir brauchen eine kooperative Weltordnung und wir brauchen Länder, die sich<br />
als internationale Friedensstifter dafür einsetzen. Kleine neutrale Länder sind prädestiniert<br />
dafür.<br />
Wir müssen Konflikte vom Ende her denken: Der Ukraine-Konflikt lässt sich entschärfen,<br />
wenn wir uns für ihre Souveränität und Selbststimmung ebenso einsetzen, wie für ihre<br />
Paktfreiheit und Neutralität. Auch auf dem Gebiet des historischen Palästina lassen sich<br />
friedliche Lösungen finden, wenn die Gleichheit aller Menschen, unabhängig von Religion<br />
und Herkunft, zur Maxime des Handelns wird. Österreich kann auf der Grundlage seiner<br />
Neutralität einen Unterschied machen: als Dialogstifter in der Ukraine und in Palästina, als<br />
Wegweiser für Abrüstung und Klimagerechtigkeit, als glaubwürdiger Vertreter von Lösungen,<br />
die auf der Grundlage des Völkerrechts, kooperativer Sicherheit und friedlicher Konfliktbeilegung<br />
beruhen.<br />
Österreich kann das. Aber es geht nicht zusammen mit dem Mitmarschieren bei einer<br />
neuer EU-Kriegstruppe ab 2025 für Militäreinsätze in Nord-, Zentralafrika und im Nahen<br />
Osten. Es geht nicht zusammen mit der milliardenschweren Teilnahme an European Sky<br />
Shield, das die Gefahr des Ersteinsatzes von Atomwaffen steigert. Es geht nicht zusammen<br />
mit der Teilnahme an der Militarisierung der Europäischen Union, die voll und ganz im Widerspruch<br />
zur Neutralität steht.<br />
Wir schließen daher mit dem Aufruf an die Abgeordneten, sich für ein neutrales und<br />
weltoffenes Österreich einzusetzen. Aber wissen auch, dass sie es nicht tun werden. Zu sehr<br />
ist das Establishment in geostrategische und (rüstungs-)industrielle Abhängigkeiten und Rivalitäten<br />
verstrickt. Wir sagen daher zugleich: Die Teilnahme an der EU-Kriegstruppe, an Sky<br />
Shield usw. beschließt Ihr NICHT IN UNSEREM NAMEN. Wir kämpfen weiter für ein Österreich,<br />
das sich für Frieden, Klima und Gerechtigkeit einsetzt und sich der Militarisierung<br />
widersetzt. Die Machtfrage ist damit erst eröffnet.<br />
Unterschriftsliste anfordern bei:<br />
Solidarwerkstatt Österreich<br />
Waltherstraße 15, 4020 Linz<br />
T 0732 771094,<br />
office@solidarwerkstatt.at<br />
oder hier online<br />
unterstützen >><br />
27
Keine Rechtsextremen<br />
in leitende Magistratsfunktionen!<br />
Viele Leute hat die Ernennung des<br />
Rechtsextremen Ulrich Püschel in eine<br />
leitende Position im Linzer Magistrat empört.<br />
Rund 1000 unterschrieben eine Petition, die<br />
die Solidarwerkstatt im März an Bürgermeister<br />
Luger übergeben hat. Er hat nicht reagiert.<br />
Wir richten deshalb an den Linzer Gemeinderats<br />
erneut einen Offenen Brief.<br />
Übergabe der Petition am 5.3.<strong>2024</strong><br />
https://www.dorftv.at/video/44452<br />
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,<br />
Am 5. März <strong>2024</strong> überbrachten Vertreter der Solidarwerkstatt Linz die Petition „Nein<br />
zu rechtsextremen in höchsten städtischen Funktionen“ an den damaligen Bürgermeister<br />
Klaus Luger, der sich bei dieser Übergabe vertreten ließ. Eine Stellungnahme oder Handlung<br />
dazu blieb dieser, bis zum Ende seiner Amtszeit, schuldig.<br />
Knapp 1000 Menschen unterzeichneten diese Petition, in der es heißt: „Wir fordern den<br />
Linzer Gemeinderat auf, den Rechtsextremen Ulrich Püschel als Direktor für Gesundheit und<br />
Sport im Magistrat Linz abzuberufen.“<br />
Ulrich Püschel übernahm am 1. Oktober 2023 den Posten des Direktors für den Geschäftsbereich<br />
Gesundheit und Sport am Magistrat Linz.<br />
Bislang fiel Püschel als Teilhaber des einschlägigen Mediums „Info Direkt“, oder als Mitglied<br />
der rechtsextremen Burschenschaft „Arminia Czernowitz“ auf. Letztere leugnen die<br />
Existenz der österreichischen Nation und halten in ihren Statuen einen Arierparagraphen.<br />
Während seiner Zeit als Aufsichtsrat der Linz AG war er Mitveranstalter des Kongresses „Die<br />
Verteidiger Europas“, einem Vernetzungstreffen von rechten und rechtsextremen Aktivisten<br />
und marschierte auf Demonstrationen der Identitären Bewegung mit, welche nach einer<br />
„ethnisch homogenen, europäischen Kultur“ streben und vom Staatsschutz als gefährlich<br />
eingestuft werden.<br />
Das Mauthausen-Komitee Österreich und das Oberösterreichische Netzwerk gegen Rassismus<br />
und Rechtsextremismus bezeichnen Püschel als "bekannten Rechtsextremen".<br />
Laut damaligen Bürgermeister Luger war er beim Hearing als Erstgereihter von sechs<br />
Kandidaten hervorgegangen. Luger verteidigte die Ernennung des Rechtsextremen damit<br />
dass ihm sonst eine Beschwerde der Gleichbehandlungskommision drohe. Dass es der Exbürgermeister<br />
mit der Gleichbehandlung und den Kompetenzen der von ihm eingesetzten<br />
Führungspersonen nicht ganz so ernst nahm ist mittlerweile hinlänglich bekannt.<br />
Die Ernennung eines Rechtsextremen als Direktor für Gesundheit und Sport ist ein weiterer<br />
Schritt zu einer antisozialen Verwaltung welche die Bildung einer Klassengesellschaft forciert<br />
und sozial Bedürftige benachteiligt, ja sogar schikaniert wie sich nun Berichte vom Magistrat<br />
Linz mehren. Der Linzer Gemeinderat muss reagieren und Ulrich Püschel abberufen.<br />
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Mit freundlichen Grüßen<br />
f. d. Solidarwerkstatt Linz<br />
Christian Leckschmidt
Solidarwerkstatt-Petition<br />
Schluss mit der Landesförderung für<br />
den rechtsextremen RFJ<br />
Die FPÖ-Jugend RFJ verbreitet neofaschistische Ideologie. Insbesondere Vokabular,<br />
wie man es von den „Identitären“, deren Symbole in Österreich verboten<br />
sind, kennt, wird verwendet. Bewusst werden die Grenzen des Sagbaren immer weiter<br />
verschoben. Außerdem wird zur „Remigration“ aufgerufen. Dies bedeutet im Kern<br />
nichts anderes als die Vertreibung von hier lebenden Menschen, die „ausländische“<br />
Wurzeln haben. Solche Vorstellungen wären tatsächlich nur mit Gewalt durchsetzbar.<br />
Jahr für Jahr erhält der RFJ 75.000 Euro durch das Land OÖ im Rahmen des Budgets<br />
für Jugendarbeit. Nie wieder Faschismus! Wer dies ernst nimmt, darf neofaschistische<br />
und demokratiefeindliche Organisationen wie den RFJ nicht länger finanziell unterstützen.<br />
Das Land OÖ muss die Förderungen sofort einstellen.<br />
Genauso, wie vor eineinhalb Jahren endlich die Förderungen für die deutschnationale<br />
Burschenschaften durch das Land OÖ gestrichen wurden, müssen in weiterer<br />
Konsequenz nun jene für den RFJ beendet werden. Vorbildhaft ist eine Entscheidung<br />
der steiermärkischen Landesregierung von 2008, dem RFJ aufgrund des Verletzens der<br />
Förderrichtlinien die finanzielle Unterstützung zu entziehen.<br />
Unterstützt daher diese Petition<br />
an die oö Landesregierung hier<br />
https://mein.aufstehn.at/petitions/schluss-mit-der-landesforderung-fur-den-rechtsextremen-rfj<br />
GROSSES OÖ-NETZWERKTREFFEN<br />
gegen Rassismus und Rechtsextremismus<br />
Samstag, 12. Oktober <strong>2024</strong><br />
14.00 Uhr, Wels, Bildungshaus Schloss Puchberg<br />
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Programmbroschüre<br />
Bedrängnis und Zuversicht<br />
Für einen Solidarstaat<br />
Österreich!<br />
Ein politisches<br />
Emanzipationsprogramm<br />