Ergotherapie bei depressiven Erkrankungen - Landschaftsverband ...
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Stimmung bedeutsam zu identifizieren.<br />
Dies kann oft schon durch die<br />
Aufforderung zur Erinnerung an jüngere,<br />
negativ erlebte Ereignisse, aber<br />
auch aufgrund angeleiteter,<br />
durch schriftliche Protokollierung geförderte<br />
Beobachtung erreicht werden.<br />
Depressiogene, handlungsbegleitende<br />
Gedanken werden von den Patienten<br />
oft als blitzartig ablaufende<br />
„automatische“ Gedanken, gegen die<br />
man sich nicht wehren könne, wahrgenommen.<br />
Häufig ist es auch nötig,<br />
negative Gedanken im Gespräch mit<br />
dem Patienten aufgrund der erlebten<br />
Emotionen zu erschließen:“Wenn Sie<br />
sich genau an die Situation erinnern,<br />
was könnte Ihnen dann durch den<br />
Kopf gegangen sein?“<br />
Grundlegendes Ziel ist es, das meist<br />
einseitige, realitätsferne Denken des<br />
Patienten im Gespräch zu disputieren<br />
und ihm eine andere Sicht auf die<br />
Dinge zu eröffnen. Eine Patientin berichtet<br />
<strong>bei</strong>spielsweise, das im Rahmen<br />
der Aktivitätenplanung durchgeführte<br />
Abendessen mit eingeladenen<br />
Gästen sei ein totaler Misserfolg gewesen,<br />
da viele Reste übrig geblieben<br />
seien. Im Gespräch ergibt sich<br />
eine genaue Analyse der Situation,<br />
dass die angebotenen Essensmengen<br />
mehr als reichlich waren und mehrfach<br />
Gefallen über das Essen von<br />
den Gästen geäußert wurde. Nach<br />
der konkreten Feststellung dieser<br />
Tatsachen, fragt die Patientin:“ Meinen<br />
Sie denn wirklich, ich habe das<br />
alles ganz gut gemacht?“ und wird<br />
Wolfgang H. Strauss<br />
nun aufgefordert, diese Frage nunmehr<br />
selbst zu beantworten.<br />
Es ist wenig hilfreich, dem Patienten<br />
Ungereimtheiten und Inkonsistenzen<br />
seines Wahrnehmens und Denkens<br />
einfach vor Augen zu führen oder zu<br />
erklären. Statt dessen ist oft mit einer<br />
beeindruckenden Wirkung zu<br />
rechnen, wenn er durch gelenktes<br />
Fragen in einer Art „sokratischer“<br />
Gesprächführung, selbst zu neuen<br />
Einsichten gelangt, die ihm sein bisheriges<br />
Denken deutlich machen und<br />
positive Alternativen aufzeigen. Mögliche<br />
Fragen sind <strong>bei</strong>spielsweise:<br />
„Welche Anhaltpunkte haben Sie für<br />
Ihre Sicht der Dinge?, Wie würde das<br />
jemand anderes betrachten?“.<br />
Eine besonders strukturierte, kognitionsverändernde<br />
Vorgehensweise<br />
stellt die so genannte Mehrspaltentechnik<br />
dar, die ein sehr konzentriertes<br />
Ar<strong>bei</strong>ten an den Sichtweisen des<br />
Patienten ermöglicht. In einer ersten<br />
Phase werden zunächst drei Spalten<br />
mit den Überschriften „Auslösendes<br />
Ereignis“, „Gefühl“ und „Automatischer<br />
Gedanke“ im Hinblick auf die<br />
vom Patienten erlebten Ereignisse<br />
ausgefüllt. Nachdem der Zusammenhang<br />
von Stimmung und Gedanken<br />
nachvollziehbar ist, werden <strong>bei</strong> weiteren<br />
Bear<strong>bei</strong>tungen zwei weitere<br />
Spalten mit den Überschriften „rationale<br />
Entgegnung“ und „Ergebnis“<br />
hinzugefügt, in denen der Patient<br />
sowohl seine rationalere Sicht des<br />
Ereignisses als auch die daraus resultierenden<br />
Empfindungen darlegen<br />
soll (siehe Tab. 1)<br />
- 38 - <strong>Ergotherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>depressiven</strong> <strong>Erkrankungen</strong>