Stein 11/2024
Grabmal und Sakralbau
Grabmal und Sakralbau
Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
S<strong>11</strong> | <strong>2024</strong><br />
MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />
KIRCHE NEU<br />
GEDACHT<br />
FRIEDHOF<br />
Wie sich künftige Generationen dem<br />
Thema Tod und Grabstätte nähern<br />
und was sich jetzt ändern muss<br />
MASCHINENHALLE<br />
Warum Rost und Staub in jedem<br />
<strong>Stein</strong>metzbetrieb bekämpft werden<br />
müssen und wie das gut funktioniert<br />
GRABSTÄTTE<br />
Wer sich in Berlin um alte Gräber<br />
kümmert und wie eine entsprechende<br />
Patenschaft genau aussieht
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN<br />
UND LESER,<br />
die Generationen Y und Z sehen ihn als Ort neuer Zuversicht<br />
und gesellschaftlichen Wohlergehens. Die Rede ist<br />
vom Friedhof. Wie es um seine Rolle in der Zukunft bestellt<br />
ist, war Thema einer spannenden Podiumsdiskussion<br />
während der diesjährigen Stone+tec. Zukunftsforscher<br />
Matthias Horx fasst das Ergebnis zusammen:<br />
„Es ist Zeit, Friedhöfe insgesamt neu zu denken:<br />
als für Menschen dienliche Räume des Abschiednehmens<br />
und der Gemeinschaft.“ Eine Aufgabe für alle, die<br />
mit Tod, Trauer und deren Bewältigung zu tun haben.<br />
Dazu gehört auch, die Kosten im Blick zu haben. In Berlin<br />
beispielsweise steht der Alte-St.-Matthäus-Kirchhof<br />
unter Denkmalschutz. Hier werden jetzt Paten gesucht,<br />
die sich der alten Grabstätten annehmen, sie pflegen<br />
und restaurieren, um dann später dort selbst die letzte<br />
Ruhe zu finden. Das kann zum Teil recht teuer werden.<br />
Unsere Autorin Inge Pett war vor Ort, hat den Friedhof<br />
und seine teils berühmten „Bewohner“ besucht. Sie<br />
suchte für uns das Gespräch mit dem Verein, der die<br />
Idee für dieses außergewöhnliche Projekt hatte. Lesen<br />
Sie mehr dazu ab Seite 6.<br />
Auch die Kirchen gilt es in Deutschland aus anderen Perspektiven<br />
zu betrachten. Angesichts der unvermindert<br />
steigenden Zahl der Kirchenaustritte müssen sowohl<br />
die katholische als auch die evangelische Kirche neue<br />
Wege mit ihren verwaisten Gotteshäusern gehen. Eine<br />
Möglichkeit besteht darin, sie in Wohnraum umzugestalten.<br />
Wie sich dies auch baulich gestaltet, erfahren<br />
Sie ab Seite 22.<br />
Ständige Umwandlungsprozesse über lange Zeiträume<br />
hat auch die Natur in ihrem Repertoire. Wie dabei aus<br />
einem Spalt- ein Blockquarzit wird, erklärt unsere Natursteinexperte<br />
Detlev Hill ab Seite 52.<br />
Titelbild: BGF + Architekten<br />
Ein außergewöhnliches Wohnbauprojekt ist im<br />
Eltviller Ortsteil Martinsthal entstanden: Die Kirche<br />
St. Martin wurde aufwendig saniert und zu<br />
Wohnungen umgenutzt. Der Charme des Gebäudes<br />
bleibt durch den Erhalt der charakteristischen Natursteinfassade<br />
bestehen. Insgesamt gibt es in dem<br />
Bestandsgebäude auf vier Geschossen sieben 2- und<br />
4-Zimmerwohnungen. Neben den Wohnungen<br />
werden in der einstigen Kirche St. Martin weiterhin<br />
Räume der Kirchengemeinde ihren Platz finden,<br />
darunter ein Gemeindesaal mit Küche und eine<br />
Bibliothek mit einer Kontaktstelle.<br />
Saubere Luft und sauberes Wasser sind in jedem <strong>Stein</strong>metzbetrieb<br />
wünschenswert. Allerdings ist dies in der<br />
Werkstatt gar nicht so leicht zu garantieren. Luftreinhaltungssysteme<br />
und Wasseraufbereitungsanlagen schaffen<br />
Abhilfe. Worauf Sie beim Kauf achten sollten, erklärt<br />
unser Maschinenexperte Michael Spohr ab Seite 32.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre von STEIN wünscht Ihnen<br />
Ihre <strong>Stein</strong>redaktion<br />
Redaktion@stein-magazin.de<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 3
INHALT<br />
SCHÖNE WELT DER<br />
STEINE<br />
06 Denkmalpflege zum<br />
Mitmachen<br />
Ein Friedhof in Berlin lädt<br />
Privatpersonen und<br />
Firmen ein, Grabpatenschaften<br />
zu übernehmen<br />
12 Neue Kraftorte<br />
Die <strong>Stein</strong>metzin Luisa<br />
Lüttig im Gespräch über<br />
den Friedhof von morgen<br />
18 Strom vom Himmel<br />
Wie eine Pfarrkirche Denkmal-<br />
und Klimaschutz<br />
unter einen Hut bringt<br />
22 Die Kirche bleibt im Dorf<br />
Gelungene Beispiele für<br />
die Umwandlung von<br />
Sakralbauten in Wohnraum<br />
28 <strong>Stein</strong>ernes<br />
Understatement<br />
Treppenskulptur und<br />
Bodenbelag mit hanseatischer<br />
Zurückhaltung<br />
STEINE BEARBEITEN<br />
32 Kampf dem Rost<br />
und Staub<br />
Worauf es bei Luftreinhaltungs-<br />
und Wasseraufbereitungssystemen<br />
ankommt<br />
41 Baumberger Kalkstein<br />
Die STEINKUNDE stellt<br />
einen Naturstein aus<br />
Deutschland vor<br />
44 Ein Ort voller<br />
Symbolkraft<br />
Die Restaurierung der<br />
Natursteinplattenverkleidung<br />
und des Fliesenfußbodens<br />
in der Johann-<br />
Albrecht-Grabkapelle des<br />
Münsters zu Bad Doberan<br />
52 Silberquarzit jetzt auch<br />
in Großformaten<br />
Wie aus Silberquarzit<br />
Blockquarzit wird<br />
PANORAMA<br />
58 Termine, Produkte<br />
und mehr<br />
RUBRIKEN<br />
59 Vorschau<br />
60 Impressum<br />
4 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
GRABPATENSCHAFTEN<br />
DENK MALPFLEGE<br />
ZUM MITMACHEN<br />
Wer für sich zu Lebzeiten eine besondere letzte Ruhestätte sucht, hat gute Chancen,<br />
auf dem denkmalgeschützten Berliner Alten St.-Matthäus-Kirchhof fündig zu werden.<br />
In Nachbarschaft von Gräbern zum Beispiel der Gebrüder Grimm, des Sängers<br />
Rio Reiser oder anderer Persönlichkeiten.Der Verein EFEU und die Friedhofsverwaltung<br />
bieten Privatpersonen, aber auch Vereinen oder Firmen sogenannte Grabpatenschaften<br />
an. Der Pate verpflichtet sich, ein aufgegebenes, baufälliges Grab zu<br />
restaurieren, konservieren und zu pflegen, und kann sich dort beisetzen lassen. Für<br />
seine Verdienste um die Denkmalpflege wurde der Verein 2022 mit dem Berliner<br />
Denkmalpreis Ferdinand-von-Quast-Medaille ausgezeichnet.<br />
Von Dr. Inge Pett<br />
Verblasst erinnert eine ovale Inschriftenplatte aus<br />
schwarzem Syenit noch an die Verstorbene und ihre<br />
Familienmitglieder. Einst war sie vergoldet. Vom Zahn<br />
der Zeit zeugt auch die vorgelegte Gruftplatte aus<br />
schwarzem Granit, die in drei Teile zerbrochen ist.<br />
Knapp ein Jahrhundert liegt die letzte nachgewiesene<br />
Beisetzung in dem Wandgrab mit den sandsteinernen<br />
Girlanden zurück. Am 2. Dezember 1929 fand Maria<br />
Winckelmann, geb. Gruson auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof<br />
in Berlin Schöneberg ihre letzte Ruhe.<br />
Auf dem historischen Friedhof sind auch einige Berühmtheiten<br />
beigesetzt: Neben den Brüdern Grimm<br />
sind das etwa der Mediziner Rudolf Virchow, der Boxer<br />
Graciano Rocchigiani, der Dramatiker Rolf Hochhuth<br />
oder der Komponist Max Bruch. Der Bildhauer Friedrich<br />
Drake, der die „Victoria” auf der Siegessäule schuf,<br />
liegt ebenfalls hier begraben.<br />
Vorher – nachher: Neben den <strong>Stein</strong>metzarbeiten gehört<br />
auch das Erneuern der Bepflanzung zu einer umfassenden<br />
Restaurierung von Gartengrabmalen<br />
6 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Fotos: Inge Pett<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 7
GRABPATENSCHAFTEN<br />
Dieses sandsteinerne, teilverputzte Wandgrab mit Graniteinfassung haben Paten für ihre letzte Ruhestätte ausgewählt und bereits zwei schlichte<br />
Marmorstelen aufstellen lassen. Auf die Wiederherstellung eines Umfassungsgitters haben die Restauratoren verzichtet. Der grassierende Buntmetall-<br />
Diebstahl ist gerade auf Friedhöfen ein großes Problem<br />
RESTAURATORISCHER MARATHON FÜR STEINMETZE<br />
Bis in die 1960er-Jahre wurden die aufgegebenen und<br />
baufälligen Grabstätten berühmter Persönlichkeiten<br />
eingeebnet und damit als Stätten der Erinnerung ausgelöscht.<br />
Doch seit Beginn der 1970er-Jahre steht der<br />
1856 geweihte Friedhof als Gesamtensemble unter<br />
Denkmalschutz und ist langfristig zu erhalten. Das<br />
heißt, dass vor 1950 angelegte Grabstätten nicht abgeräumt<br />
werden, auch wenn die Nutzungsrechte<br />
längst abgelaufen sind.<br />
Dementsprechend wächst der Aufwand für die Graberhaltung<br />
und -pflege mit der Zeit und ist ohne die<br />
Unterstützung engagierter Menschen nicht mehr zu<br />
stemmen. Kriegsschäden, Umwelteinflüsse und Vandalismus<br />
– letzterer vor allem durch Kupferdiebe –<br />
haben bei manchen Denkmälern deutliche Spuren<br />
hinterlassen. Deshalb bieten der Förderverein EFEU<br />
(Erhalten, Fördern, Entwickeln, Unterstützen) und die<br />
Friedhofsverwaltung seit 2007 Grabpatenschaften an.<br />
Eine Gruppe von acht Frauen etwa hat sich des Grabes<br />
der Familie Winckelmann angenommen. Sie sind verantwortlich<br />
für dessen Restaurierung, Bestandssicherung<br />
und Pflege. „Später werden sie dort selbst die<br />
letzte Ruhe finden“, erklärt Wolfgang Schindler, der<br />
dem Vorstand von EFEU angehört.<br />
Aktuell seien noch etwa fünfzig der historischen Gräber<br />
des Alten St.-Matthäus-Kirchhof zu vergeben, berichtet<br />
Schindler, 150-160 haben bereits einen Paten.<br />
Auf dem benachbarten Zwölf-Apostel-Kirchhof an der<br />
Kolonnenstraße stünden sogar rund 250 Ruhestätten<br />
zur Auswahl.<br />
ONLINE-KATALOG FÜR GRABPATENSCHAFTEN<br />
Ein Online-Katalog bietet Informationen zu den Mausoleen,<br />
tempelförmigen Wandgräbern oder Gartengräbern<br />
mit schlichten Stelen des Alten St.-Matthä-<br />
Fotos: Inge Pett<br />
8 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Bei diesem Wandgrab wurden die eingelassene Syenitinschriftentafeln mit der goldfarben hinterlegten Schrift originalgetreu wiederhergestellt.<br />
Vorausgegangen war eine intensive Behandlung mit Heißdampf- und Mikrofeinstrahlverfahren und zusätzlicher Kompressenreinigung. Viele Stellen<br />
der Sandsteinoberfläche wurden mit einem konfektionierten Festiger stabilisiert. <strong>Stein</strong>metze ergänzten Vierungen im Originalmaterial am Tympanon<br />
und am unteren rechten Bossenstein<br />
Fotos: Inge Pett<br />
us-Kirchhofs. Eine Suchfunktion ermöglicht zudem<br />
die Eingrenzung auf Besonderheiten wie etwa einen<br />
Figurenschmuck oder Materialien wie Marmor oder<br />
Bronze.<br />
Wer fündig geworden ist, dem unterbreitet Manfred<br />
Sährig eine erste Einschätzung der Kosten und Maßnahmen,<br />
wobei die Spanne von ein paar Hundert bis<br />
zu mehreren Zehntausend Euro reicht.<br />
Der <strong>Stein</strong>metz und Diplom-Restaurator für Kulturgut<br />
aus <strong>Stein</strong> hat auch das Restaurierungskonzept für das<br />
Grab der Familie Winckelmann erstellt.<br />
Hier sind die Arbeiten in vollem Gange. Bisher wurde<br />
die Gesamtanlage im Heißdampfverfahren und mit<br />
Sepiaschalen gereinigt und der Aufwuchs sowie starke<br />
Krustenbildungen im Mikrofeinstrahl- und Kompressenverfahren<br />
entfernt.<br />
„Demnächst werden die 121 Buchstaben neu vergoldet“,<br />
erklärt Sährig. Ebenso sollen die vorgelegte Platte<br />
verklebt und der Rissverlauf geschlossen werden.<br />
EINGRIFFE IN HISTORISCHE SUBSTANZ MINIMIEREN<br />
„Prämisse ist es, so wenig wie möglich in die historische<br />
Substanz einzugreifen.“ Sährig deutet auf ein<br />
Projektil am oberen rechten Rand des Wandgrabes.<br />
Selbst dieser Kriegsschaden wird erhalten bleiben. An<br />
einem anderen Grab war durch Bombeneinschläge im<br />
Zweiten Weltkrieg eine Säule verrutscht. Dieser Status<br />
quo nach der Detonation bleibt frisch konserviert und<br />
restauriert erhalten.<br />
„Die Gräber sehen nach der Arbeit der Konservatoren<br />
nicht aus wie einst im Mai“, betont Sährig. Und gerade<br />
das sollen sie auch nicht. Manche Grabpaten täten<br />
sich schwer mit dem Gedanken, dass ihnen gestalterisch<br />
enge Grenzen gesetzt sind: Alte Grabtafeln oder<br />
Grabsteine müssen im Originalzustand erhalten bleiben.<br />
Auch darf der Name des Paten nicht einfach dazugesetzt<br />
werden. Erlaubt sei hingegen ein eigener<br />
Kissen- oder Pultstein, der möglichst dem Material<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 9
ZUKUNFT FRIEDHOF<br />
NEUE KRAFTORTE<br />
Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer wandelt sich. Die Generationen Y und Z haben<br />
einen anderen Blick auf Friedhöfe als die Generationen vor ihnen - aber welchen?<br />
Von Anne Fischer<br />
Begleitend zum Stone+tec-Podium erstellte Julian Horx diese Illustration zum Friedhof der Zukunft<br />
12 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Grafik:Julian Horx<br />
Auf der diesjährigen Stone+tec beschäftigte sich ein<br />
Podium auf dem „Zukunfts-Congress“ mit der Frage,<br />
wie der althergebrachte Gottesacker künftig aussehen<br />
könnte. „Der Friedhof ist ein Ort der Zukunft. Hier verbindet<br />
sich der Abschied mit dem Neuen, das Innehalten<br />
mit dem Neuanfang. Eigentlich sind Friedhöfe Kraftorte,<br />
und sie können es für die Gesellschaft, für die Städte<br />
und Gemeinden wieder werden. Dafür sollten wir bei<br />
ihrer Gestaltung künftig stärker auf die Psychologie der<br />
Trauer eingehen“, so fasste Zukunftsforscher Matthias<br />
Horx die Diskussion junger Expertinnen und Experten,<br />
darunter Bestatter-Meisterin Emily Maichle, 24, und<br />
<strong>Stein</strong>metzmeisterin Luisa Lüttig, 25, zusammen.<br />
Einen Verlust verarbeiten, neuen Lebensmut schöpfen:<br />
Diese Trauerprozesse sind generationenübergreifend,<br />
nur ihre Gestaltung verändert sich. Heißt: Für die Generationen<br />
Y und Z braucht es zum Beispiel mehr Gemeinschaftserleben<br />
auf dem Friedhof. Das versucht zum<br />
Beispiel Karin Gansloser, mit 27 eine der jüngsten<br />
hauptamtlichen Bürgermeisterinnen Deutschlands, im<br />
baden-württembergischen Schlat umzusetzen. Die Gemeinde<br />
mit rund 1.800 Einwohnerinnen und Einwohnern<br />
liegt am Rande der Metropolregion Stuttgart.<br />
Gansloser nahm am Podium teil und erzählte, wie sie<br />
den örtlichen Friedhof künftig konzipieren will: „Wie<br />
ein offenes Bürgerhaus zum Wohlfühlen, ohne Konsumzwang,<br />
mit vielen privaten Räumen.“ Denn ein<br />
neuer, vermeintlich modernerer Name helfe nicht<br />
weiter, Friedhöfe bräuchten stattdessen eine anderes<br />
„Nutzungszziel“, nämlich: „mehr Miteinander“.<br />
So sieht es auch Luisa Lüttig aus Göppingen: Sie ist<br />
<strong>Stein</strong>metzin und <strong>Stein</strong>bildhauerin mit Leib und Seele,<br />
auf Instagram schauen der @<strong>Stein</strong>fluencerin rund 5.800<br />
Menschen virtuell bei der Arbeit zu. Altersmäßig gehört<br />
sie zur Generation Z. Wie sie selbst bestattet werden will,<br />
weiß sie schon lange: ein Erdgrab mit Teilabdeckung in<br />
ihrer Heimat, Material: eine Mischung aus Diabas und<br />
Jura, gerne mit Bronzeornament in Form eines Schmetterlings,<br />
weil dieser für sie eine private Bedeutung hat.<br />
Ist es seltsam für sie, darüber nachzudenken oder sich<br />
auszutauschen? – Gar nicht, denn weil Lüttig in fünfter<br />
<strong>Stein</strong>metz-Generation im Familienbetrieb tätig ist, der<br />
viele Grabmale fertigt, treiben die Themen Friedhof,<br />
Grabmal und Gedenken sie auch aus beruflicher Perspektive<br />
um. Mit STEIN sprach sie darüber, wie ihre Instagram-Follower<br />
auf das Thema reagieren, wie sie sich<br />
den Friedhof der Zukunft vorstellt und welche Wünsche<br />
junge Menschen an Grabmale haben.<br />
Als Generation Z werden junge Menschen bezeichnet,<br />
die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden,<br />
als Generation Y die zwischen 1980 und 1994 Geborenen.<br />
Zwischen diesen beiden Generationen<br />
gibt es soziologische Unterschiede, die vor allem<br />
auf den gesellschaftlichen und technologischen<br />
Entwicklungen beruhen, die in der jeweiligen Zeit<br />
der Kindheit und während des Erwachsenwerdens<br />
stattfanden. Ein Beispiel ist der Umgang mit sozialen<br />
Medien: Während die Generation Y oft die Einführung<br />
von Plattformen wie Facebook miterlebt<br />
hat und sie als neue Kommunikationsmittel unterschiedlich<br />
schnell und intensiv adaptierte, ist die<br />
Generation Z mit sozialen Medien wie Instagram,<br />
Snapchat und TikTok aufgewachsen. Ein weiteres<br />
Beispiel ist der Arbeitsmarkt: Die Generation Y tendiert<br />
noch eher dazu, klassische Karrierewege und<br />
langfristige Jobsicherheit zu suchen, während die<br />
Generation Z häufig Flexibilität, Sinnhaftigkeit und<br />
Work-Life-Balance höher priorisiert.<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 13
WOHNEN IM SAKRALBAU<br />
DIE KIRCHE BLEIBT<br />
IM DORF<br />
Je weniger Kirchgänger, desto mehr verwaiste Gotteshäuser. In Zeiten knappen<br />
Wohnraums beflügeln leer stehende Sakralbauten die Fantasie von Architekten,<br />
auch wenn der Bau im Bestand ihnen einiges an Kreativität und Flexibilität abverlangt.<br />
Die Umbauten von St. Martin in Eltville und Maria Königin in Trier sind zwei<br />
gelungene Beispiele für diesen Trend.<br />
Von Dr. Inge Pett<br />
Die Umnutzung kirchlicher Liegenschaften wird in<br />
Deutschland zunehmend zum Thema. Das liegt vor<br />
allem daran, dass immer mehr Christen aus der Kirche<br />
austreten: Im vergangenen Jahr waren es mehr als<br />
400.000 Katholiken und etwa 380.000 Protestanten.<br />
Hinzu kommt, dass es kaum noch Nachwuchs an<br />
Geistlichen gibt.<br />
Folglich werden mehr und mehr Kirchengemeinden<br />
zusammengelegt, sodass ein Pfarrer für mehrere Gemeinden<br />
gleichzeitig zuständig ist. Entsprechend<br />
viele Gebäude bleiben ungenutzt, während es den von<br />
Mitgliederschwund betroffenen Kirchen zunehmend<br />
am Geld fehlt, um baufällige Kirchgebäude zu sanieren<br />
und zu restaurieren.<br />
Dem Leerstand der Kirchen steht ein akuter Mangel an<br />
bezahlbarem Wohnraum in deutschen Städten gegenüber.<br />
Was liegt näher, als ungenutzte Sakralbauten in<br />
Wohnungen umzuwandeln, zumal kirchliche Immobilien<br />
oft zentral gelegen sind? Die Weiternutzung sorgt<br />
somit oft auch für eine Belebung der Innenstädte.<br />
MARTINSKIRCHE WIRD TRANSFORMIERT<br />
So etwa im Fall der Martinskirche im hessischen Eltville-Martinsthal.<br />
Das zwischen 1961 und 1964 erbaute<br />
Gotteshaus hatte sich für die Gemeinde als zu groß erwiesen.<br />
Die J. Molitor Immobilien GmbH erkannte das<br />
Potenzial des Gebäudes und beauftragte das Wiesbadener<br />
Büro BGF+ Architekten mit der Transformation<br />
der katholischen Kirche.<br />
Aufgrund der Hanglage bedeutete der Umbau einen<br />
logistischen Aufwand. Immerhin beträgt der Höhenunterschied<br />
zwischen den beiden an die Kirche angrenzenden<br />
Straßen etwa 7,50 Meter.<br />
Die Architekten entschieden, das entsprechend zur<br />
Hanglage zum Tal hin abtreppende Dach abzunehmen.<br />
In einem nächsten Schritt wurde das Kirchgemäuer<br />
bis auf die Grundmauern entkernt, wobei<br />
Stahlträger die Wände sicherten.<br />
Im ehemaligen Sakralraum entstanden schließlich –<br />
verteilt auf vier eingefügte Geschosse – insgesamt<br />
neun Eigentumswohnungen mit jeweils zwei- bis vier<br />
Zimmern. Für die Wohnungen wurden an den Innenseiten<br />
der Kirchenmauern zusätzliche Wände aus Poroton-Ziegeln<br />
eingefügt.<br />
VARIABLES HAUS-IN-HAUS-PRINZIP<br />
Dieses Haus-im-Haus-Prinzip sorgt nicht nur für mehr<br />
Stabilität, sondern zudem für eine positive Energiebilanz.<br />
Eine Poroton-Wand erfüllt alle Aspekte einer<br />
baubiologisch sinnvollen und ökologischen Wärmedämmung.<br />
Poroton-Ziegel sind druckfest und formbeständig.<br />
Weder schrumpft der Ziegel bei Kälte, Hitze<br />
oder Feuchte, noch dehnt er sich aus, sodass keine<br />
Risse entstehen.<br />
Während die Wohnungstrennwände als tragende<br />
Wände fungieren, wurden die Innenwände in Trockenbauweise<br />
erbaut, so dass sich die Grundrisse der Wohnungen<br />
flexibel verändern lassen, etwa wenn eine<br />
22 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Wo einst das Pfarrhaus von Eltville<br />
stand: Mit den Balkonbrüstungen greift<br />
der Neubau die ornamentalen Strukturen<br />
der Betonglas-Kirchenfenster des<br />
Künstlers Johannes Beeck auf<br />
Foto: BGF + Architekten<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 23
WOHNEN IM SAKRALBAU<br />
24 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
SCHÖNE WELT DER STEINE<br />
Von Grund auf christlich: Nach wie vor<br />
trifft die Gemeinde in dem umgewandelten<br />
Kirchengebäude zusammen. Hier<br />
steht ihr ein Saal mit Küche und Bibliothek<br />
zur Verfügung<br />
Fotos: BGF + Architekten<br />
Familie Zuwachs bekommt oder wenn die Kinder auziehen.<br />
Die charakteristische Natursteinfassade der Kirche<br />
mit einer Dicke von 93 Zentimetern blieb im Wesentlichen<br />
erhalten und wurde lediglich durch den Einbau<br />
vertikaler Fenster geöffnet. Diese bieten einen weiten<br />
Blick in die umliegenden Weinberge des Rheingaus.<br />
Das Kirchgebäude ist durchgehend barrierefrei: Das<br />
Treppenhaus mit einem Aufzugskern aus Stahlbeton<br />
bildet den aussteifenden Kern.<br />
BEWAHRUNG DES GENIUS LOCI<br />
Im Gemeindesaal mit Küche und Bibliothek, der über<br />
eine Außentreppe erschlossen ist, finden sich die ursprünglichen<br />
Kirchenfenster aus Betonglas, geschaffen<br />
von dem 2010 verstorbenen Künstler Johannes<br />
Beeck. Die Fenster, die dem Gemeindesaal eine sakrale<br />
Aura verleihen, dienten BGF+ Architekten zudem als<br />
Inspiration für die Balkonbrüstungen. Diese zieren<br />
sowohl das Bestandsgebäude als auch den Neubau,<br />
der das ehemalige Pfarrhaus ersetzt.<br />
Nach der Sanierung des Kirchengebäudes wurde das abgetreppte<br />
Dach originalgetreu wiederhergestellt und mit<br />
flachem dunkelgrauem Schiefer bedeckt. Auch der ehemalige<br />
Kirchturm der St. Martinskirche bleibt erhalten. In<br />
der Turmspitze nisten wie zuvor die Fledermäuse.<br />
Ein angrenzender Neubau beherbergt drei Townhäuser<br />
mit jeweils fünf Zimmern, die sich über drei Ebenen<br />
erstrecken. Auf Innenhofniveau haben die Häuser<br />
Zugang zu einer eigenen Terrasse mit einem kleinen<br />
Garten. Auch hier ist wie im ehemaligen Kirchgebäude<br />
eine flexible Umgestaltung möglich: Die Gartenebene<br />
kann später zur separaten Einliegerwohnung werden.<br />
Die Terrassen und Balkone sind mit 40 mal 40 großen und<br />
4,2 Zentimeter dicken rutschfesten und frostsicheren<br />
„rinnit Basalt“-Platten im Verband verlegt, deren Farbe<br />
mit derjenigen der Sandsteinfassade harmoniert.<br />
ELTVILLE: ZWÖLF NEUE WOHNUNGEN IN ZENT-<br />
RALLAGE<br />
Insgesamt wurden mit dem Projekt in Eltville zwölf<br />
neue Wohnungen gewonnen. Dabei wurde einiges an<br />
grauer Energie gebunden – die Revitalisierung alter<br />
Bauten spart Tonnen an Beton und damit CO 2<br />
. Zudem<br />
greift das Gesamtkonzept die gemeinschaftsbildende<br />
und identitätsstiftende Funktion des einst geweihten<br />
Gebäudes auf.<br />
Der Trend, kirchliche Liegenschaften in zentraler Lage<br />
in Wohnraum umzuwandeln, hält schon seit einigen<br />
Jahren unvermindert an, sodass es inzwischen eine<br />
ganze Reihe von „Wohnen in der Kirche“-Projekte gibt.<br />
So hat das Freiburger Büro Rothweiler + Färber Architek-<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 25
LUFTREINHALTUNG UND WASSERAUFBEREITUNG<br />
KAMPF DEM ROST<br />
UND STAUB<br />
In jeder <strong>Stein</strong>metz-Werkstatt spielen reines Wasser und reine Luft eine entscheidende<br />
Rolle. Den hochtechnisierten Maschinen setzen insbesondere Korrosion und feine Stäube<br />
zu, aber auch für die Mitarbeiter bedeutet Staub in der Luft eine Gesundheitsgefahr.<br />
Eine zu hohe Chemikalienbelastung des Prozesswassers kann ebenfalls zu gesundheitlichen<br />
Problemen führen. Zudem können Reizungen an der Haut und den Händen auftreten.<br />
Rechtzeitige und zielgenaue Investitionen helfen bei der Pflege des Maschinenparks<br />
ebenso wie der Gesunderhaltung der Belegschaft. Wir erklären, worauf es bei<br />
empfehlenswerten Luftreinhaltungs- und Wasseraufbereitungssystemen ankommt.<br />
Von Michael Spohr<br />
Foto: Michael Spohr<br />
32 S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong>
STEINE BEARBEITEN<br />
STEIN stellt folgende<br />
Firmen vor:<br />
1. ECS Eich, GmbH, Sinn<br />
www.ecs-eich.com<br />
2. Naturstein Lohmann / Fliesen<br />
Vogel GmbH, Herne<br />
www.naturstein-lohmann.de /<br />
www.fliesen-vogel-gmbh.de<br />
3. Metallbau Müller GmbH,<br />
Schneeberg<br />
www.metallbau-mueller.de<br />
Bei der Wasseraufbereitung setzen sich<br />
bei den steinverarbeitenden Firmen<br />
immer mehr feuerverzinkte Schräg-<br />
Lamellenklärer mit Filterpresse durch:<br />
hier ein Blucomb-System von Italmecc<br />
bei der Firma BeBeTe in Ulm<br />
Woran erkannte man früher sofort,<br />
dass man sich in der Maschinenhalle<br />
eines <strong>Stein</strong>metz-Betriebes<br />
befindet? An einem durchgehenden<br />
Staubfilm auf allen Maschinen<br />
und Gerätschaften sowie an den<br />
vor sich hin rostenden Maschinen.<br />
Diese Zustandsbeschreibung gehört<br />
bei vielen Unternehmen<br />
längst der Vergangenheit an. Maschinell<br />
modern ausgestattete<br />
Produktionsbetriebe betreiben<br />
ein ausgeklügeltes Wassermanagement<br />
und halten ihre Luft<br />
durchgängig sauber. Obwohl dort<br />
nach wie vor mit Wasser gekühlt<br />
sowie gespült wird und auch Sägesowie<br />
Schleifstaub in großen Mengen<br />
entsteht.<br />
KEINEN ROST ANSETZEN ODER<br />
„WER RASTET, DER ROSTET“<br />
Bereits auf der diesjährigen Stone+tec<br />
hatte STEIN am ECS Eich-<br />
Messestand mit Geschäftsführer<br />
Matthias Eich über Maschinenkorrosion<br />
als wichtiges Branchenthema<br />
gesprochen. Auf seine Einladung<br />
hin haben wir den Punkt<br />
dann bei der Firma ECS Eich in Sinn<br />
im mittelhessischen Lahn-Dill-<br />
Kreis vertieft. Wasserprobleme<br />
habe es in der <strong>Stein</strong>metzwerkstatt<br />
eigentlich schon immer gegeben,<br />
so Eich. Die bis heute in vielen Betrieben<br />
stehenden alten massiven<br />
Brückensägen und weitere metallische<br />
stationäre Großmaschinen<br />
trotzen dem aggressiven Wasser<br />
teilweise Jahrzehnte lang. Moderne<br />
computergesteuerte Präzisionsmaschinen<br />
indes sind auf Wasser in<br />
hoher Qualität angewiesen.<br />
Im Zuge der Modernisierung ihres<br />
Maschinenparks – und auch aufgrund<br />
zunehmend verschärfter<br />
Abwasservorschriften – haben<br />
deshalb innovative Betriebe zunächst<br />
zusätzlich zur althergebrachten<br />
Methode der Überlauf-<br />
Absetzbecken in modernere Wasseraufbereitungen,<br />
teilweise ohne<br />
und teilweise mit Flockungsmittel<br />
(also chemische Additive) investiert,<br />
um ihr Brauchwasser zu reinigen.<br />
Für die Entschlammung<br />
kamen Sacktrocknungsstationen<br />
und Kammerfilterpressen hinzu.<br />
Das Problem der Korrosion wurde<br />
hierdurch jedoch nicht kleiner, da<br />
sich diese Stoffe im Wasser anreichern<br />
und dadurch ihre Wirkung<br />
noch verstärkt wird.<br />
Wie Matthias Eich erklärt, kommt<br />
es auf eine Reihe von Werten an,<br />
die über eine gute Wasserqualität<br />
für die Maschinen entscheiden. Er<br />
nennt insbesondere den Salzgehalt<br />
als Leitwert sowie den pH-<br />
Wert und die Art der enthaltenen<br />
Chloride. Viele dieser Chloride<br />
seien für die Korrosion an den Maschinen<br />
mitentscheidend. Vor und<br />
nach dem Aufbau sowie der Inbetriebnahme<br />
einer Wasseraufbereitungsanlage<br />
von ECS Eich wird<br />
deshalb stets eine Wasseruntersuchung<br />
durchgeführt, um die Anforderungen<br />
zu bestimmen und zu<br />
erfüllen. Gegebenenfalls müssen<br />
dann noch bestimmte Parameter<br />
nachjustiert werden oder die Dosierung<br />
des Flockungsmittels<br />
nachgesteuert werden. Passen alle<br />
Einstellungen und stimmt die Wasserqualität,<br />
sind die Maschinen geschützt.<br />
Natürlich nicht nur in<br />
puncto Korrosion, sondern auch<br />
hinsichtlich der sonstigen Prozesswasser-Qualität.<br />
Trotz regelmäßiger<br />
Überwachung per Sensoren<br />
empfiehlt Eich, etwa jedes halbe<br />
Jahr eine Kontrolluntersuchung<br />
durchführen zu lassen. Schon allein<br />
deshalb, weil manche Hersteller<br />
– wie etwa Burkhardt-Löffler –<br />
in ihren Garantiebedingungen verlangen,<br />
dass das Prozesswasser im<br />
Betrieb bestimmte Werte erfüllt.<br />
STANDZEITEN UND UNNÖTIGE<br />
REPARATURKOSTEN VERMEIDEN<br />
Wer sich für eine automatisierte<br />
oder gar vollautomatische Wasser-<br />
S<strong>11</strong>| <strong>2024</strong> 33