21.10.2024 Aufrufe

Heritage Impact Assessment - Windenergieanlagen Köpfinger Wiesen

Die Unesco Welterbestätte "Wieskirche" im Pfaffenwinkel schien viele Jahre eine Unvereinbarkeit von Windenergieanlagen im Pfaffenwinkel mit der Welterbestätte zu begründen. Dieses Dilemma veranlasste den Markt Peiting und das Landratsamt Weilheim-Schongau dazu, gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ein sog. "Kommunales Denkmalkonzept" in Verbindung mit einem "Heritage Impact Assessment" für geplante Windkraftanlagen in Peiting zu beauftragen. Dies wurde im Zeitraum 2023 - 2024 erstellt und nun veröffentlicht.

Die Unesco Welterbestätte "Wieskirche" im Pfaffenwinkel schien viele Jahre eine Unvereinbarkeit von Windenergieanlagen im Pfaffenwinkel mit der Welterbestätte zu begründen. Dieses Dilemma veranlasste den Markt Peiting und das Landratsamt Weilheim-Schongau dazu, gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ein sog. "Kommunales Denkmalkonzept" in Verbindung mit einem "Heritage Impact Assessment" für geplante Windkraftanlagen in Peiting zu beauftragen. Dies wurde im Zeitraum 2023 - 2024 erstellt und nun veröffentlicht.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

HERITAGE IMPACT ASSESSMENT<br />

UNESCO-WELTERBE WALLFAHRTSKIRCHE „DIE WIES“<br />

WINDENERGIEANLAGEN „KÖPFINGER WIESEN“<br />

27.09.2024<br />

Im Auftrag von:<br />

Landratsamt Weilheim Schongau<br />

Pütrichstraße 8<br />

82362 Weilheim i. OB<br />

Markt Peiting<br />

Hauptplatz 2<br />

86971 Peiting<br />

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege<br />

Hofgraben 4<br />

80539 München<br />

Auftragnehmer:<br />

RHA REICHER HAASE ASSOZIIERTE GmbH<br />

Bürostandort Aachen<br />

Oppenhoffallee 74<br />

52066 Aachen<br />

Prof. Christa Reicher<br />

Holger Hoffschröer<br />

Christoph Klanten<br />

Stefan Spörl<br />

Vanessa Ziegler<br />

Edith Haag<br />

Marie-Luise Held<br />

Name der Welterbestätte: Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies<br />

1


Geographische Koordinaten: 47° 40′ 50,1″ N, 10° 54′ 1,3″<br />

Eintragungsjahr: 1983<br />

Verantwortliche Institution für die Erstellung des HIA-Berichtes:<br />

RHA REICHER HAASE ASSOZIIERTE GmbH<br />

Erstellt für: Landratsamt Weilheim Schongau, Markt Peiting<br />

Peer-Review wurde durchgeführt von:<br />

• Franziska Haas, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege<br />

• Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub, ICOMOS Deutschland<br />

• Martin Bosch, ICOMOS Deutschland<br />

• Sabine Timmer, Landratsamt Weilheim-Schongau, Site-Management UNESCO-<br />

Welterbe "Wieskirche"<br />

2


ZUSAMMENFASSUNG<br />

Anlass und Hintergrund<br />

Das vorliegende <strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong> (HIA) dient dazu, mögliche Auswirkungen der<br />

geplanten <strong>Windenergieanlagen</strong> (WEA) <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> auf die UNESCO-Welterbestätte<br />

„Wallfahrtskirche zum gegeißelten Heiland auf der Wies“ zu identifizieren, zu evaluieren und<br />

Vorschläge zu deren Minderung bzw. Verbesserung zu unterbreiten. Letztere sollen in die<br />

weitere Konkretisierung des Vorhabens aufgenommen werden, das sich derzeit noch in der<br />

Entwurfsphase befindet, und schließlich zum Schutz des Welterbes und seines<br />

außergewöhnlichen universellen Wertes (Outstanding Universal Value – OUV) beitragen.<br />

Der OUV beschreibt die herausragenden (bau-)kulturellen Werte der Wieskirche, die ihrer<br />

Eintragung als Welterbestätte im Jahr 1983 zugrunde liegen. Er steht im Zentrum der<br />

Evaluierungen von Auswirkungen durch das Vorhaben und wurde in einem zuvor erstellten<br />

Kommunalen Denkmalkonzept (KDK) Wallfahrtskirche „Die Wies“ ausführlich beschrieben.<br />

Dazu gehört insbesondere eine Ein- und Zuordnung der zentralen Merkmale zu den jeweiligen<br />

Attributen und deren Kartierung, um diese soweit möglich sichtbar zu machen und am<br />

Bauwerk und in der Pufferzone zu verorten.<br />

Abbildung 1: Welterbestätte, Pufferzone und Wider Setting (Quelle: eigene Darstellung nach UNESCO et al. 2022)<br />

Bei der Beurteilung des Vorhabens, das sich außerhalb der Pufferzone der Welterbestätte,<br />

aber innerhalb seiner weiteren Umgebung (Wider Setting) befindet (s. UNESCO et al. 2022),<br />

wurden diejenigen Werte, die die Fernwirkung der Wieskirche beschreiben, systematisch<br />

erfasst und bewertet. Dies sind insbesondere Sichtpunkte und Blickbeziehungen in der<br />

weiteren Umgebung der Wallfahrtskirche, von denen auch aus größerer Entfernung die<br />

Wieskirche als gestaltetes Bauwerk in der Landschaft wahrnehmbar ist. Dazu zählen<br />

allerdings auch die Wallfahrts- und Pilgerwege, die aus umliegenden Gemeinden zur Wies<br />

führen und wie eine Vielzahl religiöser Flurdenkmäler Teil der sakralen Landschaft sind.<br />

Das Vorhaben basiert auf Planungen von vier WEA aus dem Jahr 2012. Die im Jahr 2024<br />

überarbeiteten Pläne sehen drei WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> vor, die in Form einer<br />

Windfarm errichtet werden sollen. In etwas mehr als 10 Kilometer Entfernung von der<br />

Wieskirche ist für die Anlagen jeweils eine Gesamthöhe von 262,5 Metern (Nabenhöhe 175<br />

3


Meter) vorgesehen, weshalb von der Planung ein Beeinträchtigungspotenzial für den<br />

außergewöhnlichen universellen Wert der Wieskirche ausgeht.<br />

Im Rahmen des vorliegenden HIA wurden die Attribute und die weiteren Werte systematisch<br />

auf eventuelle Auswirkungen durch die WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> untersucht und bewertet.<br />

Überblick über die Methodik<br />

Auf Grundlage der Publikation von UNESCO et al. (2022) – „Guidance and Toolkit for <strong>Impact</strong><br />

<strong>Assessment</strong>s” – werden im vorliegenden HIA die darin definierten elf Schritte abgearbeitet.<br />

Dies sind insbesondere:<br />

1. das Screening, bei dem geprüft wird, ob ein HIA durchzuführen ist, und welcher<br />

Umfang der Untersuchungen erwartet wird;<br />

2. das Scoping, in dessen Rahmen alle relevanten Unterlagen gesichtet und ausgewertet<br />

werden;<br />

3. das Baseline-<strong>Assessment</strong>, bei dem ermittelt wird, wie sich der Status Quo der<br />

Welterbestätte darstellt, bzw. welche Entwicklung ohne das Vorhaben zu erwarten<br />

wäre;<br />

4. die Analyse des geplanten Vorhabens, die die detaillierte Beschreibung aller<br />

Maßnahmen, der Projektziele und eventueller Alternativen umfasst;<br />

5. die Identifizierung und Vorhersage von Auswirkungen, bei der ermittelt wird, welche<br />

Auswirkungen das Vorhaben und seine Alternativen auf die (bau-)kulturellen Werte der<br />

Welterbestätte haben können; sowie<br />

6. deren Evaluierung, bzw. detaillierte Bewertung mit Blick auf die einzelnen Attribute der<br />

Welterbestätte;<br />

7. die Formulierung von Vorschlägen zur Anpassung und Verbesserung, mithilfe derer die<br />

(negativen) Auswirkungen gemindert werden sollen;<br />

8. und die Berichterstattung, die mit Ausarbeitung des vorliegenden Textes<br />

abgeschlossen ist.<br />

Es folgen die Schritte 9 (Sichtung des Berichtes), 10 (Entscheidungsfindung) und 11 (Followup),<br />

die auf die Umsetzung des Vorhabens bzw. der vorgeschlagenen Anpassungs- und<br />

Verbesserungsmaßnahmen abzielen und mittels derer schließlich deren verträgliche<br />

Abwicklung langfristig überwacht werden soll.<br />

Zusammenfassung der Auswirkungen und Vorschläge zur Risikominderung<br />

Es konnte festgestellt werden, dass von den geplanten WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> lediglich<br />

geringfügige negative Auswirkungen auf die Welterbestätte Wieskirche zu erwarten sind: Von<br />

den OUV-Attributen ist lediglich Nr. 2.3 (Unberührte, ländliche Umgebung) betroffen, indem<br />

die bisher traditionell agrarwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft des Pfaffenwinkels in<br />

geringem Umfang technisch überformt wird. Gleiches gilt für den weiteren Wert Nr. 5 (Die<br />

Wieskirche als Teil des Pfaffenwinkels; sakrale Elemente in der weiteren Umgebung), mit Blick<br />

auf die sakrale Bedeutung der weiteren Umgebung.<br />

Darüber hinaus ist der weitere Wert Nr. 4.1 (Sichtpunkte in der weiteren Umgebung)<br />

geringfügig betroffen: Von den Sichtpunkten „Auerberg“, „Schneidberg“ und „Niederbleick“<br />

sind die geplanten WEA jeweils im Kontext mit der Wieskirche sichtbar – allerdings<br />

überwiegend nur am äußeren Rand des Sichtfeldes, in einer sehr großen Distanz oder im<br />

Hintergrund von Bewaldung. Zudem sind teilweise nur geringe Frequentierungen der<br />

4


Sichtpunkte gegeben, auch aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit. Insgesamt kommt den<br />

weiteren Werten Nr. 4.1 und 5 zudem nur eine untergeordnete Bedeutung zu, weil diese<br />

aufgrund ihrer Lage außerhalb der Welterbestätte und Pufferzone nicht Teil des OUV sind.<br />

Insgesamt kommt das vorliegende HIA zu dem Schluss, dass das Vorhaben umgesetzt<br />

werden kann, ohne dass mit relevanten Beeinträchtigungen für die UNESCO-Welterbestätte<br />

Wieskirche zu rechnen ist. Es wird dennoch empfohlen, die geringfügig negativen<br />

Auswirkungen mittels entsprechender Anpassungsmaßnahmen weiter zu vermindern. Hierzu<br />

gehören Detailplanungen bezüglich der Materialität, Farbigkeit, Befeuerung sowie die<br />

Integration eines Abschaltungsregimes.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Das vorliegende HIA zeigt, dass durch das Vorhaben der WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> geringfügige<br />

negative Auswirkungen auf die UNESCO-Welterbestätte Wieskirche entstehen, die mittels<br />

entsprechender Anpassungsmaßnahmen so weit wie möglich zu reduzieren sind.<br />

Langfristig liegt mit dem denkmalpflegerischen Rahmenplan des Kommunalen<br />

Denkmalkonzeptes Wallfahrtskirche „Die Wies“ aus dem Jahr 2024 eine fundierte<br />

Bewertungsgrundlage vor, mittels derer künftige WEA-Vorhaben frühzeitig mit Blick auf deren<br />

Lage evaluiert werden können. Mit dessen Hilfe ist frühzeitig festzustellen, ob weitere HIA für<br />

entsprechende Vorhaben zwingend durchzuführen sind. Dem Charakter einer (groben)<br />

Rahmenplanung entsprechend kann je nach Entwicklungsvorhaben und möglicher<br />

Beeinträchtigung des OUV trotzdem ein HIA notwendig werden.<br />

5


Inhaltsverzeichnis<br />

Anlass und Hintergrund ........................................................................................................ 3<br />

Überblick über die Methodik ................................................................................................. 4<br />

Zusammenfassung der Auswirkungen und Vorschläge zur Risikominderung ........................ 4<br />

Schlussfolgerungen ............................................................................................................... 5<br />

1. EINLEITUNG ......................................................................................................................... 8<br />

2. RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN UND SCHUTZINSTRUMENTE ............................ 9<br />

2.1 Akteursstruktur ............................................................................................................... 9<br />

2.2 Welterbespezifische Regelungen und Schutzinstrumente ............................................. 10<br />

2.3 Denkmalschutz ............................................................................................................. 10<br />

2.4 Regionalplanung ........................................................................................................... 12<br />

2.5 Bauleitplanung .............................................................................................................. 13<br />

3. METHODISCHES VORGEHEN ............................................................................................ 14<br />

3.1 Screening ...................................................................................................................... 15<br />

3.2 Scoping ......................................................................................................................... 16<br />

3.3 Baseline-<strong>Assessment</strong> .................................................................................................... 18<br />

3.4 Vorgeschlagenes Projekt und Varianten ....................................................................... 18<br />

3.5 Identifizierung und Vorhersage von Auswirkungen ....................................................... 19<br />

3.6 Evaluierung von Auswirkungen ..................................................................................... 21<br />

3.7 Anpassung und Verbesserung ...................................................................................... 22<br />

3.8 Berichterstattung .......................................................................................................... 22<br />

3.9 Sichtung des Berichtes ................................................................................................. 22<br />

3.10 Entscheidungsfindung ................................................................................................ 22<br />

3.11 Follow-up .................................................................................................................... 23<br />

4. GESCHICHTE UND BESCHREIBUNG DER STÄTTE ........................................................... 24<br />

4.1 Die Wieskirche und ihr außergewöhnlicher universeller Wert (OUV) ............................. 24<br />

4.2 Historie und Beschreibung der Wieskirche als Teil der umgebenden Voralpenlandschaft<br />

........................................................................................................................................... 27<br />

4.3 Sakrale Elemente in der weiteren Umgebung der Wies (als „weitere Werte“ nach<br />

UNESCO-Kriterien) .............................................................................................................. 30<br />

5. PROJEKTBESCHREIBUNG .................................................................................................. 32<br />

5.1 Hintergrund und Ziele des Vorhabens ........................................................................... 33<br />

5.2 Aktualisiertes Planungsvorhaben .................................................................................. 34<br />

6. IMPACT ASSESSMENT ....................................................................................................... 36<br />

6.1 Bewertung .................................................................................................................... 36<br />

6


6.2 Vergleich Nullvariante ................................................................................................... 48<br />

6.3 Zusammenfassung ........................................................................................................ 48<br />

7. VORSCHLÄGE ZUR MINDERUNG DER AUSWIRKUNGEN ............................................... 49<br />

8. EMPFEHLUNGEN ............................................................................................................... 52<br />

9. FOLLOW-UP ........................................................................................................................ 53<br />

ANHANG ................................................................................................................................. 54<br />

Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 54<br />

Glossar ................................................................................................................................ 57<br />

Attributtabelle ..................................................................................................................... 60<br />

Tabellen zur Evaluierung von Auswirkungen ....................................................................... 62<br />

Hinweis: Sofern nicht anders dargestellt, liegen die Rechte an den Abbildungen bei RHA.<br />

7


1. EINLEITUNG<br />

Das vorliegende <strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong> (HIA) für das UNESCO-Welterbe<br />

„Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“ dient dazu, mögliche<br />

Auswirkungen auf die Welterbestätte durch die Errichtung von drei <strong>Windenergieanlagen</strong> auf<br />

den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> zu untersuchen und zu bewerten.<br />

Obwohl die geplanten WEA in etwas mehr als 10 Kilometern Entfernung von der<br />

Welterbestätte und damit außerhalb ihrer Pufferzone liegen, kann eine Beeinträchtigung des<br />

außergewöhnlichen universellen Wertes (Outstanding Universal Value – OUV) nicht<br />

ausgeschlossen werden. Dementsprechend wird auch im Leitfaden für Windenergieprojekte<br />

(Guidance for Wind Energy Projects in a World <strong>Heritage</strong> Context) der UNESCO verdeutlicht,<br />

dass eine Bewertung der Auswirkungen durchgeführt werden muss, ganz gleich ob das<br />

geplante Projekt innerhalb der Abgrenzung der Welterbestätte, ihrer Pufferzone oder<br />

innerhalb der „weiteren Umgebung“ (Wider Setting) realisiert werden soll (vgl. UNESCO<br />

2024a). Darüber hinaus wird von einer der geplanten drei WEA die im Rahmenplan des KDK<br />

ausgewiesene maximale Höhenentwicklung überschritten, was ebenfalls zu einer Prüfung der<br />

Sichtbarkeit im Hinblick auf die Welterbestätte notwendig macht.<br />

Die vorliegenden Planungen für drei <strong>Windenergieanlagen</strong> auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> wurden im<br />

Mai 2024 durch das Ingenieurbüro Sing GmbH erarbeitet, dabei wurde sowohl die<br />

Nabenhöhe, der Rotordurchmesser als auch der Standort im Vergleich zu den ursprünglichen<br />

Planungen von 2012 verändert. Vorhabenträger ist die Bürgerwind Pfaffenwinkel Planungs-<br />

GmbH & Co. KG. Das Vorhaben ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bis ins Detail<br />

durchgeplant; über die Festlegung des Standortes, der voraussichtlichen Nabenhöhe und des<br />

Rotordurchmessers hinaus, wurden noch keine Aussagen zur weiteren Gestaltung<br />

(Materialität, Farbgestaltung, Befeuerung) getätigt. Das vorliegende HIA beschränkt sich<br />

daher auf eine Untersuchung und Auswertung der vorhandenen Unterlagen. Zudem leitet es<br />

Empfehlungen für die künftige Einbettung und Gestaltung ab, die diesen entsprechend<br />

zugrunde zu legen sind.<br />

Abbildung 2: Lage der geplanten WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> im Kontext der UNESCO Welterbestätte<br />

8


2. RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN UND SCHUTZINSTRUMENTE<br />

Im Folgenden werden die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen und die<br />

Schutzinstrumente für die Wieskirche, sowohl in ihrer Eigenschaft als UNESCO-<br />

Welterbestätte, als auch als eingetragenes Denkmal, dargelegt.<br />

2.1 Akteursstruktur<br />

Eigentümer der Wieskirche ist der Freistaat Bayern, in der Funktion des Bauherrn vertreten<br />

durch das Staatliche Bauamt Weilheim. Das Inventar der Wieskirche, sofern es aus der Zeit<br />

vor 1803 stammt, ist Eigentum des Staates. Das Nutzungsrecht wird ausgeübt durch die<br />

Katholische Kirchenstiftung St. Joseph; Diese ist außerdem Eigentümerin der Inventare der<br />

Wieskirche aus der Zeit nach 1803.<br />

Die Betreuung der Welterbestätte obliegt dem Bayerisches Staatsministerium für<br />

Wissenschaft und Kunst als oberste Denkmalschutzbehörde. Neben der Aufgabe als<br />

Fachaufsichtsbehörde über die Denkmalschutzbehörden sowie über das Bayerische<br />

Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) koordiniert es die Belange der Welterbestätten und<br />

berichtet an das Auswärtige Amt und das Welterbekomitee. Das BLfD ist wiederum für die<br />

denkmalfachliche Betreuung der Wieskirche zuständig. Die Regierung von Oberbayern ist<br />

als höhere Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde für die Überwachung der Einhaltung von<br />

bau- und denkmalrechtlichen Vorschriften zuständig. Sie ist Genehmigungsbehörde und<br />

erteilt die denkmalpflegerische Erlaubnis bei geplanten Maßnahmen; Darüber hinaus<br />

koordiniert sie Baumaßnahmen an der Welterbestätte und führt die technische Prüfung und<br />

fachliche Beurteilung durch. Weiters ist das Staatliche Bauamt Weilheim als nachgeordnete<br />

Behörde der Regierung von Oberbayern für alle Bauunterhalts- und Baumaßnahmen an der<br />

Wieskirche verantwortlich (z. B. restauratorische Arbeiten) 1 .<br />

Das Site-Management, das im Frühjahr 2008 eingerichtet wurde, unterliegt dem<br />

Landratsamt Weilheim-Schongau und wird derzeit von Sabine Timmer ausgeführt. Der<br />

Aufgabenbereich umfasst die Betreuung der anfallenden Projekte und Aktivitäten in der<br />

Wieskirche und im näheren Umfeld. Zudem ist sie unter anderem für die Fortschreibung der<br />

Inhalte des Managementplans sowie die periodische Berichterstattung an übergeordnete<br />

Behörden und die UNESCO zuständig.<br />

Darüber hinaus wird das Monitoring der Welterbestätte durch das Deutsche Nationalkomitee<br />

von ICOMOS, dem Beratungsgremium für das Welterbekomitee und für die UNESCO,<br />

durchgeführt. Dieses umfasst das kontinuierliche Preventive Monitoring der deutschen<br />

Welterbestätten und evaluiert regelmäßig mittels Ortsbesuchen, Besprechungen mit den<br />

Verantwortlichen vor Ort sowie Untersuchungen aktueller Planungen den Zustand und<br />

eventuelle Veränderungen an den betreuten Welterbestätten. Das wesentliche Ziel des<br />

Monitorings ist es, mögliche Beeinträchtigungen des OUV, der Integrität und Authentizität der<br />

Welterbestätten zu antizipieren und durch frühzeitige Beratung zur Konfliktvermeidung bzw. -<br />

minderung beizutragen. Die ICOMOS-Monitoringgruppe für die Wieskirche sind aktuell Frau<br />

Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub und Herr Martin Bosch.<br />

1<br />

Weitere mit der Wieskirche in Verbindung stehende öffentliche Akteure können dem Managementplan (s. u.)<br />

entnommen werden.<br />

9


2.2 Welterbespezifische Regelungen und Schutzinstrumente<br />

Die Wieskirche wurde 1983 als eine der ersten UNESCO-Welterbestätten in Deutschland<br />

eingetragen. Als solche unterliegt sie zunächst der Welterbekonvention, die unterschiedliche<br />

Schutzinstrumente vorsieht, wie etwa Pufferzonen und Managementpläne. Diese zielen<br />

insgesamt vor allem darauf ab, den OUV sowie die Integrität und Authentizität der jeweiligen<br />

Stätte vor sozialem, wirtschaftlichem und weiterem Druck zu bewahren und diese<br />

Konditionen langfristig zu verbessern (s. Art. 96 u. 98 der Operational Guidelines).<br />

2010 wurde eine Pufferzone für die Wieskirche vorgeschlagen und 2011 im Rahmen der 35.<br />

Sitzung des Welterbekomitees angenommen (35 COM 8B.54). Im Rahmen der 38. Sitzung<br />

wurde diese in den Retrospective Statements of OUV (RSOUV) bekundet (s. UNESCO 2014:<br />

78). Diese erstreckt sich überwiegend in nord-südlicher Richtung und geht deutlich über die<br />

Kernzone der Erbestätte hinaus, die lediglich die Abgrenzung des Gebäudes und circa 0,1<br />

Hektar umfasst. Die Pufferzone erstreckt sich fast vollständig über die Rodungsinsel um die<br />

Wies und weist eine Fläche von 8,40 Hektar auf.<br />

Der bestehende Managementplan aus dem Jahr 2009 formuliert Schutzmaßnahmen für die<br />

entsprechenden Abgrenzungen (alter Stand). Darüber hinaus stellt er relevante Sichtachsen<br />

dar, die zum Teil außerhalb der Pufferzone liegen 2 . Neben einer umfassenden<br />

Grundlagenermittlung enthält der Managementplan eine Reihe von Zielen zum Schutz der<br />

Welterbestätte sowie konkreten Maßnahmen. Eine Vielzahl davon wurden bereits umgesetzt,<br />

wie etwa die Ordnung des ruhenden Verkehrs im direkten Umfeld der Wieskirche. Darüber<br />

hinaus bestimmt der Managementplan, dass bei baulichen Entwicklungen die definierten<br />

Sichtbeziehungen durch entsprechende Festsetzungen zu bewahren sind.<br />

2.3 Denkmalschutz<br />

Die Wallfahrtskirche und ihre unmittelbare Umgebung sind in mehrfacher Hinsicht durch das<br />

bayerische Denkmalschutzrecht gesichert. Der Baukörper der Kirche ist zum einen als<br />

Baudenkmal (D-1-90-154-76) nach Artikel 1 Abs. 2 BayDSchG eingetragen und darüber<br />

hinaus wird die Wieskirche als „besonders landschaftsprägendes Denkmal“ ausgewiesen.<br />

Zum anderen liegt die Wieskirche innerhalb des Denkmalensembles „Wies-Kirche mit Weiler“<br />

(E-1-90-154-2) nach Artikel 1 Abs. 3 BayDSchG. Dem gesetzlichen Sinn nach werden hierin<br />

die Bereiche um die Wieskirche erfasst, die zentral für das Orts- und Erscheinungsbild der<br />

Wieskirche und des Weilers sind. Entsprechend liegen noch weitere Bau- und Bodendenkmale<br />

in diesem Bereich, die nachfolgend aufgeführt sind:<br />

• Die 1739 erbaute Wieskapelle (D-1-90-154-77) die bis zur Errichtung und<br />

Fertigstellung der Wieskirche als Wallfahrtskapelle diente.<br />

• Die alte Wieswirtschaft von 1751 (D-1-90-154-78), die vormals als Wohn- und<br />

Geschäftshaus des Architekten Franz Dominikus Zimmermann diente.<br />

• Das ehemalige Priorat und Wallfahrtshospiz und heutiges Pfarramt und<br />

Wallfahrtsmuseum (D-1-90-154-79).<br />

• Bodendenkmal um Wieskirche und ehem. Wallfahrtshospiz (D-1-8331-0012)<br />

• Bodendenkmal um die Wieskapelle (D-1-8331-0013)<br />

2<br />

Im KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“ wurden die Blickbeziehungen zur Wieskirche grundlegend neu untersucht<br />

und schließlich einige weitere wichtige Achsen definiert. Diese werden daher dem vorliegenden HIA zugrunde<br />

gelegt.<br />

10


Abbildung 3: Denkmalensemble „Wies-Kirche mit Weiler“ mit Wieskirche als besonders landschaftsprägendes Denkmal,<br />

Bodendenkmal um Wieskirche und Wieskapelle<br />

Durch die dargestellte denkmalschutzrechtliche Situation werden sowohl das Bauwerk als<br />

auch die unmittelbare Umgebung geschützt. Somit sind sowohl die Gemeinden (Art. 3<br />

BayDSchG) als auch die Eigentümer (Art. 4 BayDSchG) verpflichtet, auf die Belange des<br />

Denkmalschutzes und der Denkmalpflege Rücksicht zu nehmen und vor Gefährdung zu<br />

schützen. Darüber hinaus sind die Baudenkmäler durch die Eigentümer instandzuhalten,<br />

instandzusetzen und sachgemäß zu behandeln. So können Handlungen, die ein Baudenkmal<br />

schädigen oder gefährden, untersagt werden (Art. 4 Abs. 4 BayDSchG).<br />

Zentral ist darüber hinaus die Erlaubnispflicht für Maßnahmen an Baudenkmälern (Art. 6<br />

BayDSchG). Dies gilt insbesondere für die Beseitigung und Veränderung eines Denkmals (Art.<br />

6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG) als auch für die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von<br />

Anlagen in der Nähe von Baudenkmälern (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG). Auch für<br />

Denkmalensembles ist solche Erlaubnis notwendig, wenn die Veränderung eine bauliche<br />

Anlage betrifft oder sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (Art. 6 Abs.<br />

1 Satz 3 BayDSchG).<br />

Darüber hinaus gehen mit der Eintragung als besonders landschaftsprägendes Denkmal auch<br />

Einschränkungen für bestimmte Entwicklungen im weiteren Umfeld um das Denkmal einher.<br />

Nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayDSchG „[…] bedarf die Errichtung, Veränderung oder<br />

Beseitigung von <strong>Windenergieanlagen</strong> […] in der Nähe […]“ der Erlaubnis. Nach Satz 2 ist diese<br />

zu verwehren, wenn „[…] das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des<br />

überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des besonders<br />

landschaftsprägenden Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des<br />

11


Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.“ Ein<br />

entsprechender Passus findet sich auch in Art. 7 Abs. 4 BayDSchG für Bodendenkmäler.<br />

2.4 Regionalplanung<br />

Die Welterbestätte Wieskirche wird im Regionalplan Oberland an mehreren Stellen erwähnt.<br />

Zunächst ist ihr Schutz „vor optischen und sonstigen Beeinträchtigungen“ als Ziel im Teil „B II<br />

Siedlungswesen“ (Punkt 1.4) definiert (s. Planungsverband Region Oberland 2001: 12).<br />

Begründet wird dies mit ihrer Eigenschaft als „landschaftsprägendes Baudenkmal mit<br />

erheblicher Fernwirkung“ (ebd.), das entsprechend zu bewahren ist. Das Landschaftsbild im<br />

Umfeld der Wieskirche soll laut Regionalplan entsprechend vor Maßnahmen geschützt<br />

werden, die den Status als Welterbestätte gefährden könnten. Als potenzielle nachteilige<br />

Auswirkungen werden insbesondere bauliche und optische Aspekte genannt, z. B.<br />

Beeinträchtigung von Blickbeziehungen, negative Fernwirkungen oder<br />

Infrastruktureinrichtungen (s. ebd.: 28):<br />

„Das Regionalplan-Ziel hat damit in erster Linie Auswirkungen auf Vorhaben wie z.B. die<br />

Errichtung von Windkraft-Anlagen, Sende- bzw. Empfangsmasten, Industrie-, Infrastruktur-<br />

Einrichtungen und sonstige Bauwerke. Durch die hier verankerte Festlegung sollen diese<br />

Fehlentwicklungen verhindert werden, sofern die Vorhaben aufgrund ihrer Größe oder<br />

Gestaltung geeignet sind, die Wirkung und Ansicht der Wieskirche erheblich zu<br />

beeinträchtigen. Ziel ist es, die Sichtachsen zur Wieskirche und attraktive Fernwirkung des<br />

Denkmals dauerhaft zu schützen.“ (ebd.)<br />

Weiterhin ist die Wieskirche im Teil „B VI Bildungs- und Erziehungswesen, kulturelle<br />

Angelegenheiten“ unter Denkmalpflege (Punkt 7.2.2) aufgeführt. Der Regionalplan formuliert<br />

mitunter das generelle Ziel, charakteristische Ortsbilder und deren Umfeld vor<br />

Beeinträchtigungen zu schützen und die „charakteristischen ‚Hauslandschaften‘ der Region“<br />

zu erhalten (ebd.: 25). Hier ist die Wieskirche bei den „Orten und Baudenkmälern mit<br />

Fernwirkung“ genannt, die mit Blick auf die Siedlungsentwicklung besondere<br />

Schutzbedürfnisse entfalten. Bei Neuplanungen müssen entsprechend zwingend die<br />

bestehenden Fernwirkungen erhalten werden (ebd.: 58).<br />

Im Teil „B X Energieversorgung“ wird die Wieskirche zudem mit Blick auf Windkraft (Punkt<br />

3.3.1) erwähnt. Als Grundsatz ist an der Stelle formuliert, dass bei der Errichtung<br />

„raumbedeutsamer Windkraftanlagen“ unter anderem „der Naturhaushalt, das<br />

Landschaftsbild, die Erholungsfunktion der Landschaft, der Tourismus sowie Bau- und<br />

Bodendenkmäler nicht erheblich beeinträchtigt werden“ dürfen (ebd.: 33): Die traditionelle<br />

Kulturlandschaft des Oberlandes kann durch <strong>Windenergieanlagen</strong> potenziell erheblich<br />

verändert werden. Dies ist laut Regionalplan bei deren Standortwahl entsprechend zu<br />

berücksichtigen. In Verbindung mit Ziel B II 1.4 ist insbesondere eine Beeinträchtigung der<br />

Wieskirche als UNESCO-Welterbestätte auszuschließen (s. ebd.: 76).<br />

In der Advisory Body Evaluation von ICOMOS (2011) wird der Regionalplan als geeignetes<br />

Instrument zum Schutz der visuellen Integrität der Wieskirche eingeschätzt (s. ebd.: 89). Die<br />

Schutz- und Pufferzone gelten entsprechend als ausreichend.<br />

Hinsichtlich Windenergie ist der Regionalplan Oberland derzeit daher insgesamt noch sehr<br />

limitiert: Fast die gesamte Region ist als Ausschlussgebiet für Windkraftanlagen dargestellt (s.<br />

Planungsverband Region Oberland 2015). Die einzige derzeit bestehende Windkraftanlage<br />

befindet sich in Peiting und ist 70 m hoch.<br />

12


Allerdings legt das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG), das im Juli 2022 beschlossen<br />

wurde, verbindliche Flächenziele für die einzelnen Bundesländer fest – für Bayern sind<br />

entsprechend bis Ende 2027 1,1 % der Fläche in jeder Region und bis 2032 1,8 % bayernweit<br />

als Windenergiefläche auszuweisen. Auch weist das Landesentwicklungsprogramm (LEP)<br />

Bayern darauf hin, dass ein Ausbau der erneuerbaren Energien im übergeordneten<br />

öffentlichen Interesse liegt und daher gestärkt werden soll (s. Bayerische Staatsregierung<br />

2023: 106). Weitere politische Vorgaben und Förderanreize, wie etwa das Bayerische<br />

Energiekonzept, deuten jedoch an, dass künftig mit einem Zuwachs zu rechnen ist<br />

(Planungsverband Region Oberland 2006: 75).<br />

Aufgrund dieser Veränderungen wurde am 12. Oktober 2022 der Beschluss zur<br />

Teilfortschreibung des Kapitels B X Energie – Windenergie des Regionalplans gefasst.<br />

Bisherige Anpassungen der Suchräume sind zunächst mit Blick auf Flugsicherheit<br />

(Flugplätze), Siedlungswesen, Infrastruktur und Windgeschwindigkeit (jeweils auf Grundlage<br />

veränderter Schutzabstände durch eine Referenzanlage) vorgenommen worden. In einem<br />

zweiten Schritt wurde die konsolidierte Suchraumkulisse ermittelt (ca. 3,9 % der<br />

Regionsfläche), die darüber hinaus auch die Themen Natur- und Artenschutz, Bundeswehr,<br />

Deutscher Wetterdienst, Hangneigung, Denkmäler, Wasser und Schutzwald berücksichtigt.<br />

Für Denkmäler wurde dabei jeweils ein Radius von 2500 Metern um die einzelnen Stätten<br />

bezogen. Die weitere Einbeziehung der Wieskirche soll auf dem nun vorliegenden KDK<br />

basieren und eine besondere Berücksichtigung finden. (s. Drexl et al., 2024)<br />

2.5 Bauleitplanung<br />

Im BauGB sind Denkmalschutz und -pflege in § 1 genannt: Bei der Aufstellung der<br />

Bauleitpläne sind „die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege,<br />

die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder<br />

städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes“ zu<br />

berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Zudem regelt § 172 BauGB (Erhaltungssatzung),<br />

dass die Kommune im Rahmen eines Bebauungsplanes oder durch eine sonstige Satzung<br />

Gebiete festlegen kann, in denen zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes<br />

aufgrund städtebaulicher Gestalt der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung<br />

baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Darüber hinaus gilt im Fall der Wieskirche<br />

§ 35 BauGB, der entsprechende Nutzungen im Außenbereich regelt.<br />

Der Flächennutzungsplan der Gemeinde Steingaden, in der sich die Wieskirche befindet,<br />

greift unter Punkt 1.2.2 die Aussagen des Regionalplans Oberland zur Welterbestätte auf und<br />

stellt dar, dass diese auf der Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung beachtet werden<br />

(Gemeinde Steingaden 2021: 5 f.).<br />

13


3. METHODISCHES VORGEHEN<br />

Die Methodik des vorliegenden HIA orientiert sich insbesondere an dem von UNESCO et al.<br />

(2022) publizierten Leitfaden, der dazu die folgenden elf Schritte vorsieht:<br />

1. Screening,<br />

2. Scoping,<br />

3. Baseline-<strong>Assessment</strong>,<br />

4. Untersuchung des vorgeschlagenen Projektes und seiner Alternativen,<br />

5. Identifizierung und Vorhersage von Auswirkungen,<br />

6. Evaluierung von Auswirkungen (<strong>Impact</strong> Assessement),<br />

7. Anpassung und Verbesserung, und schließlich<br />

8. Berichterstattung,<br />

9. Sichtung des Berichtes,<br />

10. Entscheidungsfindung und<br />

11. Follow-up.<br />

Diese elf Schritte werden in diesem Kapitel im Einzelnen kurz beschrieben. Während des<br />

gesamten HIA-Prozesses wurden die relevanten Akteure bei den zentralen Projektbausteinen<br />

im Rahmen von Gesprächen mit Expertinnen und Experten beteiligt. Dies waren im Einzelnen:<br />

• Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub (ICOMOS)<br />

• Martin Bosch (ICOMOS)<br />

• Friederike Hansell (Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt)<br />

• Sabine Timmer (Landratsamt Weilheim-Schongau)<br />

• Franziska Haas (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)<br />

• Katharina Arnold (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)<br />

• Peter Ostenrieder (Bürgermeister Markt Peiting; Bürgerwind Pfaffenwinkel)<br />

• Peter Aumann (Staatliches Bauamt Bayern)<br />

• Sebastian Gulden (Denkmalpflegerischer Gutachter)<br />

• RHA REICHER HAASE ASSOZIIERTE GmbH<br />

14


Abbildung 4: Einbindung des Kommunalen Denkmalkonzeptes Wallfahrtskirche „Die Wies“ und Ablauf der einzelnen Schritte<br />

3.1 Screening<br />

Leitfrage: „Ist ein <strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong> Asssessment notwendig?“<br />

In einem ersten Schritt soll geklärt werden, ob ein HIA grundsätzlich erforderlich ist und<br />

welche Rahmenbedingungen vorliegen bzw. welcher Umfang der Untersuchungen zu erwarten<br />

ist. Zugleich soll ein Überblick über die besondere Schutzwürdigkeit des Welterbes und die<br />

den OUV bestimmenden Attribute gegeben werden (s. Kap. 4.1 Die Wieskirche und ihr<br />

außergewöhnlicher universeller Wert (OUV)). Das HIA zielt darauf ab, zu untersuchen, ob<br />

diese Attribute, die den OUV zum Ausdruck bringen, durch das geplante Projekt<br />

beeinträchtigt werden können.<br />

Darüber hinaus sehen die Empfehlungen zur Durchführung von HIA von UNESCO et al. (2022)<br />

vor, dass „Art, Größe und Merkmale der geplanten Maßnahme, die Empfindlichkeit der<br />

Umgebung sowie die Art der wahrscheinlichen Auswirkungen“ im Screening zu<br />

berücksichtigen sind (s. ebd.: 32, Übers. d. Verf.). Auch wird darauf hingewiesen, dass nicht<br />

nur Maßnahmen mit einer bestimmten Größe die Notwendigkeit eines HIA mit sich bringen<br />

können, sondern dass auch kleinere Vorhaben „auf ihre indirekten und kumulativen<br />

Auswirkungen auf ein Welterbegut geprüft werden“ müssen (s. ebd., Übers. d. Verf.; s.<br />

Abbildung 4).<br />

15


Abbildung 5: Faktoren, die beim HIA berücksichtigt werden müssen (Quelle: UNESCO et al. 2022)<br />

Im Rahmen des zuvor erarbeiteten Kommunalen Denkmalkonzeptes (KDK) Wallfahrtskiche<br />

„Die Wies“ wurden bereits konkrete Bereiche definiert, innerhalb derer voraussichtlich ein HIA<br />

durchgeführt werden muss. Im konkreten Fall wurde darüber hinaus im Rahmen eines im Jahr<br />

2015 verfassten Technical Reviews von ICOMOS International die Bewertung des Vorhabens<br />

im Rahmen eines HIA befürwortet.<br />

3.2 Scoping<br />

Leitfrage: „Welche Daten, Dokumente etc. sind auszuwerten? Sind alle erforderlichen<br />

Informationen vorhanden?“<br />

Beim Scoping werden die relevanten Unterlagen gesichtet und systematisiert ausgewertet.<br />

Zudem wird erhoben, welche Informationen ggfs. fehlen und durch Dritte nachgeliefert bzw.<br />

erstellt werden müssen. Neben dem Kommunalen Denkmalkonzept (KDK) (RHA et al. 2024)<br />

wurden für das vorliegende HIA insbesondere folgende Quellen herangezogen:<br />

1. Eintragungsdokumente und Statements of OUV (SOUV)<br />

2. Periodic Reports<br />

3. Technical Reviews und Stellungnahmen der öffentlichen Behörden<br />

4. Planungen und Konzepte<br />

1. Eintragungsdokumente und Statements of OUV (SOUV)<br />

ICOMOS – International Council on Monuments and Sites (2011): Pilgrimage Church<br />

of Wies (Germany). No 271. Bericht vom 10. März 2011<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (o. J.):<br />

Statement of OUV (SOUV), Wallfahrtskirche auf der Wies<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (1984):<br />

World <strong>Heritage</strong> Committee, Seventh Ordinary Session. Florence, Italy, 5–9 December<br />

1983. Report of the Rapporteur, January 1984<br />

16


2. Periodic Reports<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2013):<br />

Periodic Reporting Cycle 2, Section II, https://whc.unesco.org/document/164166<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2006):<br />

Periodic Reporting Cycle 1, Section II (Summary),<br />

https://whc.unesco.org/document/162732<br />

3. Technical Reviews und Stellungnahmen der öffentlichen Behörden<br />

Fischer, S. (2014): Vollzug des Denkmalschutzgesetzes; Wies, Gde. Steingaden, Lkr.<br />

Weilheim-Schongau, Wallfahrtskirche (D-1-90-154-76), Regierungsbezirk Oberbayern.<br />

Stellungnahme des BLfD vom 12.09.2014<br />

ICOMOS – International Council on Monuments and Sites (2015): ICOMOS Technical<br />

Review<br />

Marano, G. (2014a): Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG). Antrag für die<br />

Errichtung und den Betrieb von insgesamt vier <strong>Windenergieanlagen</strong> auf den „<strong>Köpfinger</strong><br />

<strong>Wiesen</strong>“ auf den Grundstücken Fl. Nr. 455, 6583, 65885 und 6623 der Gemarkung<br />

Peiting. Stellungnahme der ICOMOS vom 28.04.2014<br />

Marano, G. (2014b): UNECO Welterbestätte Wies-Kirche. Antrag Windkraftanlagen<br />

„<strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>“, Gem. Peiting. Stellungnahme der ICOMOS vom 04.09.2014<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2014):<br />

World <strong>Heritage</strong> Committee. Thirty-eighth session. Doha, Qatar, 15–25 June 2014.<br />

Adoption of Retrospective Statements of Outstanding Universal Value,<br />

https://whc.unesco.org/archive/2014/whc14-38com-8E-en.pdf<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2009):<br />

World <strong>Heritage</strong> Committee. Thirty-third session. Seville, Spain, 22–30 June 2009.<br />

Clarifications of property boundaries and sizes by States Parties in response to the<br />

Retrospective Inventory, https://whc.unesco.org/archive/2009/whc09-33com-20e.pdf<br />

4. Planungen und Konzepte<br />

Gemeinde Steingaden (2021): 14. Flächennutzungsplansplanänderung. Umweltbericht<br />

zur Planfassung vom 04.05.2021. WipflerPLAN Planungsgesellschaft mbH,<br />

Pfaffenhofen/Ilm, https://www.vg-<br />

steingaden.de/fileadmin/Gemeinden/VG_Steingaden/Bebauungspläne/B-<br />

Pläne_Steingaden/Krummbachfeld/Krummbachfeld_2._Änderung/8186.001_FNP_UB_<br />

20210728.pdf<br />

Planungsverband Region Oberland (2001): Regionalplan für die Region Oberland,<br />

https://www.region-oberland.bayern.de/files/RP17_Text_PDF/RP17_Text_Gesamt.pdf<br />

Ingenieurbüro Sing GmbH (2024): Windenergie <strong>Köpfinger</strong>wiesen – Planung<br />

Denkmalkonzept vom 23.05.2024.<br />

17


3.3 Baseline-<strong>Assessment</strong><br />

Leitfrage: „Wie stellt sich der Status Quo der Stätte dar, und welche Entwicklung (ohne das<br />

Vorhaben) ist zu erwarten?“<br />

Mittels einer Grundlagenerhebung wird der Status Quo des OUV der Stätte beschrieben und<br />

dargestellt, welcher künftige Zustand ohne Bauvorhaben („Baseline“) zu erwarten ist. Dabei<br />

sind neben der Stätte selbst und ihrer Pufferzone auch die weitere Umgebung sowie z. B.<br />

mögliche kulturelle Praktiken (immaterielles Erbe) und deren potenzielle Auswirkungen auf<br />

den OUV einzubeziehen (s. UNESCO et al. 2022: 26). Darüber hinaus sind neben den<br />

welterberelevanten Werten auch weitere (denkmalpflegerisch bzw. baukulturell) bedeutsame<br />

Werte zu berücksichtigen – auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene. Diese werden im<br />

vorliegenden Bericht als weitere Werte (Other Values) zusammengefasst.<br />

Die Definition und Verortung (Kartierung) der Attribute ist ein wichtiger Schritt des Baseline-<br />

<strong>Assessment</strong> und kann auch künftigen Untersuchungen und Planungen zugrunde gelegt<br />

werden (s. Kap. 4. Geschichte und Beschreibung der Stätte). Diese Attribute bilden im<br />

Rahmen dieses HIA die Grundlage für die Untersuchung von Auswirkungen (<strong>Impact</strong>s).<br />

Außerdem sind im Baseline-<strong>Assessment</strong> folgende Aspekte zu untersuchen:<br />

• Rechtlicher und planerischer Kontext (s. Kap. 2. Rechtliche Rahmenbedingungen und<br />

Schutzinstrumente)<br />

• Weitere Werte im weiteren Umfeld der Wieskirche (s. Kap. 4.3)<br />

• Potenzielle weitere Risiken (z. B. Erdbeben, Hochwasser etc.; s. Periodic Report –<br />

UNESCO o. J.; s. Kap. 2.2 Welterbespezifische Regelungen und Schutzinstrumente).<br />

3.4 Vorgeschlagenes Projekt und Varianten<br />

Leitfrage: „Welche Maßnahmen und Veränderungen sind geplant? Wie sollen sie umgesetzt<br />

werden? Ist das Vorhaben notwendig? Gibt es sinnvolle Alternativen?“<br />

In diesem Schritt werden Pläne, Visualisierungen, Beschreibungen etc. des vorgeschlagenen<br />

Vorhabens ausgewertet (s. Kap. 5. Projektbeschreibung). Sollten Informationen fehlen, sind<br />

sie an dieser Stelle einzuholen. Außerdem wird hier geprüft, ob das Vorhaben in seiner<br />

vorgeschlagenen Form wirklich notwendig ist – oder ob Modifikationen denkbar wären, die<br />

geringere Auswirkungen auf den OUV hätten und mit denen sich das mit dem Vorhaben<br />

verfolgte Ziel ebenfalls erreichen ließe.<br />

UNESCO et al. (2022) schlagen dazu folgende Leitfragen vor, die bei der Untersuchung des<br />

Projekts und seiner Varianten herangezogen werden sollen:<br />

• Ist das Vorhaben notwendig? Kann der Bedarf ohne die vorgeschlagene Maßnahme<br />

gedeckt werden?<br />

• Wie soll das Vorhaben umgesetzt werden? Sind andere Technologien oder Methoden<br />

denkbar, mit denen der Bedarf mit weniger bzw. ohne negative Auswirkungen gedeckt<br />

werden kann?<br />

• Wo soll das Vorhaben umgesetzt werden? Gibt es einen geeigneteren Standort für die<br />

vorgeschlagene Maßnahme?<br />

18


• Wann und in welcher Form soll das Vorhaben umgesetzt werden? Welche Details sind<br />

möglicherweise zu beachten?<br />

Für Vorhaben der Windenergie sind laut UNESCO (2024a) außerdem die bestehenden<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen sowie lokale, regionale, nationale und internationale<br />

Strategien im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien und Windenergie zu<br />

berücksichtigen. Darüber hinaus sollen anemometrische Daten hinsichtlich der<br />

Energieeffizienz an den vorgeschlagenen Standorten einbezogen werden.<br />

3.5 Identifizierung und Vorhersage von Auswirkungen<br />

Leitfrage: „Welche Auswirkungen auf den OUV bzw. weitere kulturell bedeutsame Werte sind<br />

möglich?“<br />

Auf Basis der zuvor dargestellten Untersuchungen werden mögliche Auswirkungen auf das<br />

Welterbe beschrieben; dabei wird insbesondere geprüft, ob der OUV bzw. die Attribute des<br />

Welterbes negativ (oder auch positiv) beeinträchtigt werden können. Das vorliegende HIA<br />

fokussiert die visuellen, funktionalen und strukturellen Auswirkungen auf die Werte des OUV<br />

und weitere Werte mit kultureller Bedeutung sowie die physischen Eigenschaften der<br />

Welterbestätte. Ökonomische 3 , ökologische, soziale, gesundheitsbezogene und<br />

technologische Aspekte (s. UNESCO 2024a) werden nicht einbezogen. Die visuellen<br />

Auswirkungen stehen in direktem Zusammenhang mit den visuellen Eigenschaften des OUV<br />

(s. UNESCO 2024b), die daher zuvor (RHA et al 2024: 84 ff.) dezidiert beschrieben wurden.<br />

Im vorliegenden HIA werden dazu insbesondere die im KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“<br />

identifizierten Blickbeziehungen auf mögliche Auswirkungen geprüft. Diese wurden auf<br />

Grundlage einer GIS-basierten Sichtfeldanalyse ermittelt, für die DGM- und DOM-Daten<br />

genutzt wurden (vgl. RHA et al 2024: 63 ff.). In Überlagerung mit den OUV-Attributen und<br />

weiteren Werten der Wieskirche wurden diesen anschließend unterschiedliche Relevanzstufen<br />

zugeordnet (vgl. RHA et al 2024: 92 ff.). Die Ermittlung von potenziellen Auswirkungen der<br />

<strong>Windenergieanlagen</strong> auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> auf diese Blickbeziehungen wird schließlich<br />

auf Grundlage des im KDK erstellten Kartenmaterials und darauf aufbauenden 3D-<br />

Modellierungen der Anlagen vorgenommen.<br />

3<br />

Mit Blick auf anzunehmende positive Effekte zwischen ökonomischen/funktionalen Aspekten und dem OUV<br />

der Welterbestätte (s. Kap. 6.1) wurden diese erläutert, aber nicht in der Bewertung berücksichtigt.<br />

19


Abbildung 6: Im KDK identifizierte Sichtbeziehungen im weiteren Umfeld der Wieskirche<br />

Basierend auf den Ergebnissen des KDK wurden die Sichtpunkte ausgewählt, die eine<br />

potenzielle Beeinträchtigung der Sicht- und Blickbeziehungen von und auf die Wieskirche<br />

durch die Entwicklung der WEA aufweisen. Ausgangspunkt ist dabei die Differenzierung des<br />

menschlichen Sichtfeldes im Hinblick auf den Wahrnehmungshorizont/das Blickfeld und die<br />

Entfernung. Ergänzend wurde darüber hinaus die Sichtbeziehung vom Friedhof der Pfarrkirche<br />

in Tannenberg geprüft, da dieser in einer Stellungnahme des Deutschen Nationalkomitees<br />

von ICOMOS aus dem Jahr 2014 als ein „repräsentativer Standort“ (vgl. ICOMOS 2014b) im<br />

Hinblick auf die Sichtbarkeit der Wieskirche in der weiteren Umgebung genannt wurde.<br />

Anknüpfend an die Untersuchungen der Fallstudie Vézelay (s. Marechal/Verry 2017) und die<br />

dort dargestellten Sichtfelder wird auch hier zwischen dem makularen und dem peripheren<br />

Sichtbereich unterschieden. Der makulare Sichtbereich umfasst dabei den inneren Kern des<br />

Sichtfeldes bis 20°, der periphere Sichtbereich zwischen 20° und 120°. Der Teil zwischen<br />

120° und 200° wird dem untergeordneten Sichtbereich zugeordnet. Berücksichtigt wurden<br />

darüber hinaus auch die abnehmende Sichtweite und Dominanz von Objekten je nach<br />

Entfernung.<br />

Ausgehend von den oben genannten Rahmenbedingungen wurde ein Sichtfächer entwickelt,<br />

der nach Distanz und Winkel differenziert: Dabei wurde der Sichtbereich im untergeordneten<br />

peripheren Bereich (20° bis 120°) gelb und der makulare Sichtbereich (≤ 20°) rot eingefärbt.<br />

Die Distanzen (2,5 Kilometer, 10 Kilometer und 16 Kilometer) orientieren sich an den im<br />

Kommunalen Denkmalkonzept hergeleiteten Werten hinsichtlich der Erheblichkeit von<br />

<strong>Windenergieanlagen</strong> im Sichtfeld unter Rückgriff der Welterbestätte und geben eine<br />

Staffelung der Bewertung im Sichtfächer vor. So wird bei einer kleineren Distanz (weniger als<br />

10 Kilometer) in einem breiteren Feld als 20° eine stärkere Wahrnehmung (und damit auch<br />

potenzielle visuelle Beeinträchtigung) erwartet und somit dieser Bereich auch als rot markiert.<br />

20


Abbildung 7: Beispiel: Sichtfächer ausgehend vom Sichtpunkt Auerberg<br />

Dieser Sichtfächer bildet die Grundlage zur Auswahl der relevanten/kritischen Sichtpunkte.<br />

Durch Überlagerung und korrekte Ausrichtung wird deutlich, in welchen Sichtpunkten eine<br />

mögliche visuelle Beeinträchtigung durch die geplanten WEA gegeben ist. Diese werden, je<br />

nach Relation von geplanter WEA und der Wieskirche, zunächst visualisiert und nachfolgend<br />

näher untersucht sowie bewertet (s. Kap. 6).<br />

3.6 Evaluierung von Auswirkungen<br />

Leitfrage: „Wie erheblich sind die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen und der<br />

Alternativen?“<br />

In diesem Schritt soll geprüft werden, wie erheblich die Auswirkungen auf den OUV und<br />

weitere denkmalpflegerisch bzw. baukulturell bedeutsame Werte voraussichtlich sind. Dazu<br />

werden systematisch alle Standorte der vorgeschlagenen Windkraftanlagen auf Auswirkungen<br />

auf die einzelnen, vorab definierten OUV-Attribute geprüft. Diese Auswirkungen werden<br />

schließlich zusammenfassend bewertet, einer „Nullvariante“ gegenübergestellt und<br />

eingeordnet.<br />

21


3.7 Anpassung und Verbesserung<br />

Leitfrage: „Welche sinnvollen Alternativen für das vorgeschlagene Vorhaben sind denkbar?<br />

Welche Anpassungsmaßnahmen sind erforderlich, um die voraussichtlichen negativen<br />

Auswirkungen zu verringern?“<br />

Auf Grundlage der Evaluierung potenzieller Auswirkungen der betrachteten Varianten soll in<br />

diesem Schritt untersucht werden, ob durch Modifikationen des vorgeschlagenen Vorhabens<br />

auch eine Umsetzung mit geringeren Auswirkungen möglich wäre. Außerdem soll<br />

herausgestellt werden, ob und in welchem Umfang ggf. positive Auswirkungen auf das<br />

Welterbe zu erwarten sind bzw. unter welchen Voraussetzungen vorhandene negative<br />

Auswirkungen minimiert werden können (s. Kap. 7. Vorschläge zur Minderung der<br />

Auswirkungen).<br />

Dazu wurden im Rahmen des vorliegen HIA insbesondere auf bereits verwendete<br />

Präferenzstudien des KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“ zurückgegriffen und Hinweise für<br />

verschiedene Aspekte der Positionierung, Anordnung, Größe und Gestaltung sowie generelle<br />

Leitlinien zur verträglichen Entwicklung von WEA übernommen. Die dabei genutzten Quellen<br />

finden sich im Literaturverzeichnis des KDKs.<br />

3.8 Berichterstattung<br />

Leitfrage: „Wie sollen der Prozess und die Schlussfolgerungen des HIA kommuniziert<br />

werden?“<br />

Die Ergebnisse werden gegliedert, zusammengefasst und in schriftlicher Form, im Rahmen<br />

des vorliegenden Berichtes, dargestellt.<br />

3.9 Sichtung des Berichtes<br />

Leitfrage: „Erfüllt der Bericht seinen Zweck? Ist er für die Entscheidungsfindung geeignet?“<br />

Der Bericht wird von den einbezogenen Akteuren (ICOMOS, Landratsamt Weilheim-Schongau<br />

und Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege) gesichtet. Da er im weiteren Prozess die<br />

Grundlage für die Entscheidungsfindung darstellen soll, wird der Bericht vor allem daraufhin<br />

geprüft, ob die darin formulierten Ergebnisse und Empfehlungen dazu geeignet sind.<br />

3.10 Entscheidungsfindung<br />

Leitfrage: „Ist das vorgeschlagene Vorhaben die am besten geeignete Option, auch mit Blick<br />

auf identifizierte Alternativen? Sollte es umgesetzt werden, und wenn ja unter welchen<br />

Bedingungen?“<br />

Auf Grundlage des Berichts soll nun abschließend entschieden werden, ob und in welcher<br />

Form das Vorhaben realisiert werden kann oder andernfalls, mit welcher Begründung es<br />

abzulehnen ist. Es ist weiterhin eine Entscheidung darüber zu treffen, welche der<br />

projektbezogenen oder generellen Empfehlungen in welcher Form verfolgt werden sollen.<br />

22


3.11 Follow-up<br />

Leitfrage: „Wie sollen mögliche Anpassungsmaßnahmen implementiert werden? Wie und<br />

durch wen soll die Umsetzung überwacht werden?“<br />

Abschließend werden, im Sinne eines Monitorings, Handlungsempfehlungen und Hinweise für<br />

die nächsten Projektschritte gegeben. Damit soll, im Falle einer Umsetzung, sichergestellt<br />

werden, dass diese mit möglichst geringen negativen Auswirkungen auf die Welterbestätte<br />

stattfindet (s. Kap. 9. Follow-up).<br />

23


4. GESCHICHTE UND BESCHREIBUNG DER STÄTTE<br />

Im Folgenden wird zunächst der außergewöhnliche universelle Wert („Outstanding Universal<br />

Value“ – OUV) der Wieskirche dargelegt und auf die einzelnen Attribute eingegangen. Im<br />

Anschluss folgt eine Beschreibung des Bauwerkes in Bezug auf seine Historie, seine<br />

Einbettung in die umgebende Landschaft sowie die Darstellung der weiteren Werte im Umfeld<br />

der Wieskirche.<br />

4.1 Die Wieskirche und ihr außergewöhnlicher universeller Wert (OUV)<br />

Die Welterbestätte „Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“ wurde 1983<br />

durch das Welterbekomitees der UNESCO als eines der ersten Bauwerke in Deutschland nach<br />

den Kriterien (i) und (iii) in die Welterbeliste eingetragen (s. UNESCO 1983):<br />

• Kriterium (i): „Die in freier Natur errichtete Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland<br />

auf der Wies ist ein perfektes Meisterwerk der Rokoko-Kunst.“<br />

• Kriterium (iii): „Die Wallfahrtskirche auf der Wies ist ein außergewöhnliches Zeugnis<br />

kultureller und religiöser Traditionen.“<br />

Darüber hinaus werden die Integrität und Authentizität der Welterbestätte folgendermaßen<br />

bestätigt (ebd.):<br />

• Integrität: „In diesem dünnbesidelten, völlig einsamen Gebiet war es möglich, ein<br />

religiöses und architektonisches Vorhaben ungehindert umzusetzen. Die Stätte<br />

enthält daher alle Elemente, die für den außergewöhnlichen universellen Wert<br />

notwendig sind. Es gibt keine unmittelbaren negativen Auswirkungen durch<br />

Entwicklung bzw. Vernachlässigung.“<br />

• Authentizität: „Die Umgebung ist völlig unberührt. Form und Gestaltung, Material und<br />

Substanz, Gebrauch und Funktion der Wieskirche sind unverändert geblieben.“<br />

Der OUV der Welterbestätte Wieskirche wird darüber hinaus durch verschiedene Attribute<br />

zum Ausdruck gebracht. Diese wurden im Zuge der Untersuchungen zur Wieskirche im KDK<br />

Wallfahrtskirche „Die Wies“ (vgl. RHA et al. 2024: 84 ff.) neu formuliert und strukturiert,<br />

sowie jeweils passende Unterattribute gebildet. Basierend auf den Erkenntnissen der<br />

kulturlandschaftlich-denkmalpflegerischen Untersuchung wurden diese näher erläutert und<br />

unterstützen so die genauere Darstellung des außergewöhnlichen universellen Wertes der<br />

Wieskirche.<br />

Die Attribute werden dazu, entsprechend der Vorgaben in UNESCO et al. (2022), auf<br />

übergeordneter sowie auf lokalen Werteebenen betrachtet. Insbesondere die landschaftlich<br />

relevanten Attribute (Attribute 2 und 3) sind hier von Bedeutung. Abbildung 8 zeigt die<br />

Attributkartierung, die soweit möglich die Attribute im Raum verortet. Nachfolgend findet sich<br />

die Darstellung und Erläuterung aller Attribute und Unterattribute im Wortlaut des KDK<br />

Wallfahrtskirche „Die Wies“:<br />

24


Abbildung 8: Attributkartierung im direkten Umfeld der Wieskirche (Nummerierungen mit Pfeil stellen Sichtpunkte dar)<br />

Attribut 1) Die Wieskirche als herausragendes Gesamtkunstwerk und Inbegriff des<br />

bayerischen Rokoko<br />

Zitierte Formulierungen aus dem SOUV:<br />

„Ein perfektes Meisterwerk der Rokoko-Kunst und menschlicher Schöpferkraft“, „Ein<br />

perfektes, einheitliches Ganzes“, „Form und Gestaltung, Material und Substanz, Gebrauch<br />

und Funktion unverändert“<br />

Unterattribut 1.1) Die Architektur der Wallfahrtskirche:<br />

Die Architektur und Raumausstattung der Wieskirche bilden ein Gesamtkunstwerk,<br />

verbunden durch die Ornamentik der Rocaille und die harmonische Farbpalette von<br />

Malerei und Raumfassung. Baumeister der zwischen 1745 und 1754 erbauten<br />

Wallfahrtskirche ist Dominikus Zimmermann.<br />

Unterattribut 1.2) Innengestaltung:<br />

25


Bei der Innengestaltung der Wieskirche handelt es sich um eine „[b]eispiellos reiche und<br />

raffinierte, leichte und lebendige Innengestaltung“. Der Innenraum der Wallfahrtskirche ist<br />

geprägt durch den zweigeschossigen Aufbau des Chores aus Arkaden und Emporen und<br />

den Zentralraum, in den auf „ovalem Grundriss“ ein „zweiter Innenraum“ mit acht<br />

Freipfeilerpaaren eingestellt ist, welche über eine durch Rocaillen aufgelöste Zwischenzone<br />

das Spiegelgewölbe tragen (eine leichte Holzkonstruktion mit Lattung und Verputz für das<br />

Deckenfresko).<br />

Den Abschluss des Zentralraums bildet das Deckenfresko mit Darstellung des Himmels<br />

über der auf das göttliche Gericht wartenden Erde – ein illusionistischer Blick in den<br />

Himmel, erfüllt von strahlender Farbigkeit.<br />

Deckenmalereien, Stuckdekorationen, Farbfassungen, Stuckmarmor und Marmorierung<br />

der hölzernen Ausstattung sind als äußerst seltenes und kostbares Zeugnis der Kunst des<br />

Rokoko ohne verfälschende Überarbeitungen erhalten.<br />

Der Innenraum stellt dabei eine diaphane räumliche Struktur aus Licht und Formen dar.<br />

Das filigrane Gesamtbild ist wesentlich durch die besondere Art der Lichtführung<br />

bestimmt. Die äußere Raumzone im Chor und im Zentralraum ist weniger als Umgang,<br />

sondern vielmehr als „Lichtschale“ konzipiert.<br />

Attribut 2) Raumwirkung der Wieskirche in die Landschaft<br />

Zitierte Formulierung aus dem SOUV:<br />

„Harmonie zwischen Kunst und Landschaft“<br />

Unterattribut 2.1) Alpental: Kulisse eines „wunderschönen Alpentals“<br />

Die Wieskirche bildet einen prägenden Bestandteil der sie umgebenden Kulturlandschaft.<br />

Erbaut auf einem Moränenhügel dominiert die Wallfahrtskirche die von Wäldern und<br />

Hochmooren umgebene Rodungsinsel.<br />

Unterattribut 2.2) Offene (freie) Landschaft: „Erbauung in offener Landschaft“:<br />

Die Sichtbarkeit von und zur Wieskirche ist von Wallfahrts- und Pilgerwegen aus gegeben,<br />

verbunden mit dem Blick auf Berggipfel und Bergsilhouetten in der weiteren Umgebung.<br />

Ein besonderes Panorama bildet im Norden der Rodungsinsel die Kirche vor den südlich<br />

gelegenen Trauchbergen des Ammergebirges.<br />

Der Kirchenbau ist in seiner Kubatur, mit seinen Formen und Proportionen harmonisch<br />

eingebettet in die Silhouetten der Voralpenlandschaft.<br />

Unterattribut 2.3) Unberührte, ländliche Umgebung: „Umgebung ist völlig<br />

unberührt“, „ländliche Umgebung“<br />

Von technischen Bauwerken ungestört und dünn besiedelt handelt es sich um eine durch<br />

Menschenhand geprägte Kulturlandschaft. Geprägt durch die Topographie, traditionelle<br />

Viehwirtschaft, Feldstadl, Moore und Filze, Gewässer, Wälder, Höfe mit Wohnhäusern und<br />

Stallungen spiegelt auch die umgebende Rodungsinsel die traditionelle Kulturlandschaft<br />

wider.<br />

Attribut 3) Die Wallfahrtskirche auf der Wies als Pilgerstätte<br />

Unterattribut 3.1) Pilgerstätte: „Wallfahrtskirche“ als Zielort „vieler Pilger“<br />

Die Wieskirche entspricht auch heute ihrer ursprünglichen Funktion und Bedeutung. Als<br />

Zielort der gelebten Tradition der Wallfahrt liegt die Kirche in einem Netz von Wallfahrts-,<br />

Prozessions- und Pilgerwegen.<br />

26


Unterattribut 3.2) Gnadenbild des Gegeißelten Heilands<br />

Als ursprünglicher Anlass der Wallfahrt und Bestandteil eines Wunders verkörpert das<br />

Gnadenbild, eine hölzerne Christusfigur des gegeißelten Heilands, die weiterhin lebendige<br />

kulturelle und religiöse Traditionen.<br />

Eine Kapelle aus Holz beherbergte zunächst das Gnadenbild, bevor die Erbauung der<br />

Wallfahrtskirche durch das nahegelegene (in etwa 7 km Entfernung) Kloster Steingaden<br />

initiiert wurde.<br />

4.2 Historie und Beschreibung der Wieskirche als Teil der umgebenden<br />

Voralpenlandschaft<br />

Die Wieskirche liegt auf einem Moränenhügel, auf einer von Wäldern und Hochmooren<br />

umgebenden Rodungsinsel. Eingebettet in die Voralpenlandschaft Oberbayerns liegt die<br />

Kirche und der umgebende Weiler direkt nördlich der Trauchberge des Ammergebirges bei<br />

der Gemeinde Steingaden im Landkreis Weilheim-Schongau.<br />

Geschichte des Bauwerks<br />

„Der Weiler Wies soll 1738 Schauplatz eines Wunders gewesen sein: Eine Frau entdeckte<br />

Tränen im Gesicht einer einfachen hölzernen Christusfigur, die von den<br />

Prämonstratensermönchen des Klosters nicht mehr verehrt wurde. Eine Zeit lang<br />

beherbergte eine auf den Feldern errichtete Kapelle aus Holz die wundertätige Statue. Mit<br />

der Zeit kamen jedoch so viele Pilger aus Deutschland, Österreich, Böhmen und sogar<br />

Italien, dass der Abt der Prämonstratenser von Steingaden beschloss, ein prächtiges<br />

Heiligtum zu errichten. Im Jahr 1745 begannen die Arbeiten unter Leitung des berühmten<br />

Architekten Dominikus Zimmermann, der in dieser ländlichen Umgebung am Fuße der Alpen<br />

eines der glanzvollsten Bauwerke des bayerischen Rokoko errichten sollte. Der Chor wurde<br />

1749 geweiht, der Rest der Kirche 1754 fertiggestellt. In diesem Jahr zog Dominikus<br />

Zimmermann von Landsberg nach Wies in ein neues Haus in der Nähe seines Meisterwerks<br />

um, wo er 1766 starb.“ (UNESCO 2024)<br />

Als Teil des sogenannten Pfaffenwinkels war die Wallfahrt zur Wies die letzte, die vor der<br />

Säkularisation entstand und den schnellsten und größten Zulauf an Gläubigen verzeichnen konnte.<br />

Während der Säkularisation wurden die Wallfahrten vom bayerischen Staat unterdrückt, weshalb<br />

einige Wallfahrten seitdem erloschen sind. (vgl. RHA et al. 2024: 22)<br />

„Als Reaktion auf Gesuche der örtlichen Bevölkerung gestattete die Regierung 1811 die<br />

weitere Nutzung [der Wieskirche] unter dem Vorbehalt, dass sie Ihre Instandhaltung aus<br />

eigenen Mitteln und Opfergaben der Kirchgänger finanziert würde – was gelang. Nicht zuletzt<br />

aufgrund der außergewöhnlichen Qualität ihrer Architektur und Ausstattung wurde die Wies<br />

schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als bedeutsames Kulturgut und<br />

Sehenswürdigkeit wahrgenommen. Im Verlaufe des Zentenniums lebte die Wallfahrt zum<br />

Wiesheiland denn auch allmählich erneut auf und gehört heute wieder zu den beliebtesten in<br />

ganz Bayern.“ (RHA et al. 2024: 24)<br />

Nach der Säkularisation gelangte die Wieskirche mitsamt dem Prälatenhaus in Eigentum des<br />

Staates Bayern. Das Prälatenhaus wurde 1846 an die neu gegründete Wallfahrtskuratiestiftung<br />

veräußert, die Wieskirche verblieb im Staatseigentum. (vgl. RHA et al. 2024: 24)<br />

27


Wenngleich die Wieskirche 1745 in der offenen Landschaft erbaut wurde, war und ist die Umgebung<br />

doch dünn besiedelt. Im direkten Umfeld der Kirche befindet sich der Weiler Wies, geprägt durch<br />

Wohn(stall)häuser und Scheunen.<br />

„Wann genau der Wiesbauernhof gegründet wurde, ist bislang nicht ergründet. Als Glücksfall<br />

für die Forschung erweist sich, dass sich ein um 1546 geschaffener, teils sehr detailreicher<br />

Aspekt von Steingaden und seiner Umgegend erhalten hat: Dort finden wir, wie heute eingerahmt<br />

durch dichten Wald auf einer Rodungsinsel das Hofanwesen „Wyß“, markiert durch ein<br />

generisch gezeichnetes Bauernhaus in zeit- und regionaltypischer Blockbauweise […].“ (RHA<br />

et al. 2024: 24)<br />

„Urkundlich wird die Wies erstmals 1566 zusammen mit Neuhaus erwähnt. In den folgenden<br />

Jahrhunderten findet der entlegene Ort seinen Weg in die Kartografie dann erst wieder nach<br />

Aufblühen der Wallfahrt…“ (RHA et al. 2024: 25)<br />

Durch eine Zwangsversteigerung (als indirekte Folge der Säkularisation) wurde der Besitz des<br />

Wiesbauernhofes zerschlagen. Bis 1928 wurden rund um die Wallfahrtskirche vier weitere<br />

Hofanwesen gebaut. Ergänzt durch wenige Um- und Zubauten nach dem Zweiten Weltkrieg bildet<br />

die Bebauung auch das heutige Aussehen des Weilers. (vgl. RHA et al. 2024: 25)<br />

Historische Beschreibungen<br />

Als „einzigartiges Merkmal“ wird immer wieder die Lage der Wieskirche in der<br />

Voralpenlandschaft beschrieben und stellt ebenfalls einen Teil des außergewöhnlichen<br />

universellen Wertes der Welterbestätte dar (vgl. Kapitel 4.1).<br />

„Wer sich der Wies von Norden her nähert, erblickt die Kirche inmitten von weiten, sanft<br />

hügeligen Weideflächen, hinterfangen von der bewaldeten Kuppe des Schneidberges. Aus<br />

den wenigen sie umgebenden Gebäuden ragt sie heraus, ein Brennpunkt, in dem sich alle<br />

Kräfte dieses Ortes zu sammeln scheinen.“ (Hrsg. Bayerisches Staatsministerium für<br />

Wissenschaft, Forschung und Kunst o.J.: 38)<br />

Im Hinblick auf die Einbettung in der Landschaft wird deutlich, dass die historischen<br />

Beschreibungen einem Wandel unterlegen sind, und nicht immer das Spannungsfeld zwischen<br />

Kunst (Kirche) und Landschaft im Vordergrund lag.<br />

Schon 1746 hob Pater Magnus Straub in seiner anonym veröffentlichten Schrift „Neuentsprossene<br />

Gnaden-Blum“ die einsame, von Hochmooren mit ihren Kolken und Seen<br />

umschlossene Lage des Ortes hervor:<br />

‚Dann auch diser Gnaden-Platz ware vorhin ein sonsten gantz einsam, abgelegnes/ wenig bekanntes,<br />

mit Pfützen und Sunfften umgebenes Ort.‘<br />

Straub 1746, S. 7.<br />

[…]<br />

Trotz ihrer Eingängigkeit hat Straubs Analogie keinen Eingang in die weitere literarische<br />

Überlieferung des 18. Jahrhunderts gefunden: Weder in anderen Berichten über die Wallfahrt,<br />

noch in schriftlichen Zeugnissen der Pilger und Wallfahrer oder in Wallfahrtsliedern spielt die<br />

Lage der Wieskapelle bzw. der Wieskirche eine Rolle. Vielmehr steht hier – durch das Wesen<br />

der Quellen bedingt – nahezu ausschließlich die Heilserwartung bzw. der Dank für erwiesene<br />

Gunst im Vordergrund. (RHA et al. 2024: 27)<br />

28


Im Laufe des 19. Jahrhunderts und dem Aufkommen der romantischen Naturwahrnehmung und -<br />

beschreibung des beginnenden Kulturtourismus und Alpinismus werden die Beschreibungen der<br />

Wieskirche in ihrer Kulturlandschaft zahlreicher und detaillierter.<br />

Die idealisierte Wahrnehmung der voralpinen Kulturlandschaft als Natur- und Wanderidyll mit<br />

ihren charakteristischen visuellen und akustischen Elementen tritt hier klar in den<br />

Vordergrund. Aus dem abgeschiedenen, aber gottgesegneten Gnadenort wird durch den<br />

Filter der Reiseliteratur ein Gunstraum, der Natur- und Kulturgenuss gleichermaßen<br />

verspricht: (RHA et al. 2024: 27)<br />

„In einigen Beschreibungen des 19. und 20. Jahrhunderts tritt ein bedeutendes Motiv hervor,<br />

das das visuelle Erlebnis der letzten Wegstrecken aller Wallfahrtswege zur Wieskirche<br />

auszeichnet: das Heraustreten aus den dichten und dunklen umgebenden Wäldern auf die<br />

weite, helle und grüne Rodungsinsel der Wies mit dem Ausblick auf die erhöht stehende, im<br />

Sinne des Rokoko vielansichtig gestaltet[e] Kirche.“ (RHA et al. 2024: 28)<br />

Entsprechend verändern sich mit der Wiederentdeckung und Würdigung der Barock- und<br />

Rokokokunst zum Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Beschreibungen der Kirche aus<br />

kunst- und architekturhistorischer Perspektive (vgl. RHA et al. 2024: 29):<br />

„Auch hier ist – selbst für fachliche Texte der Zeit nicht unüblich – die romantische, von<br />

Stimmungen durchwirkte Wahrnehmung präsent, die nicht nur die Beschreibung der Kirche,<br />

sondern auch der umgebenden Landschaft bestimmt. Straubs Lesart der Wies und ihres<br />

Umfeldes wird transformiert in eine melancholische „Waldeinsamkeit“ im Sinne der<br />

Romantik, in der die Kirche mit ihrer lebensbejahenden, beschwingten Rokokoarchitektur<br />

gleichsam als strahlender Kontrapunkt aufragt.“ (RHA et al. 2024: 29 f.)<br />

Bildliche Darstellung<br />

Aus der besonderen Lage der Wieskirche und ihrer Einbettung in die sie umgebende<br />

Landschaft lassen sich auch die besonderen Ansichten auf die Wieskirche ableiten. Schon vor<br />

Entstehung der Fotographie waren bildliche Darstellungen vorhanden und begleiten die<br />

Wallfahrt zur Wies fast seit Anbeginn ihres Bestehens.<br />

„Neben Gemälden, Buchmalereien und Grafiken, die als Dokumentation des<br />

Heilsgeschehens durch das Kloster Steingaden in Auftrag gegeben wurden, gehören<br />

Andachtsbilder (so genannte „Wiesbildlein“), Medaillen und Votivtafeln zu den wichtigsten<br />

Bildmedien, die uns die Wechselwirkung zwischen der Wieskirche und ihrer Kulturlandschaft<br />

im 18. und frühen 19. Jahrhundert überliefern.“ (RHA et al. 2024: 30)<br />

Ebenso wird die Wieskirche überwiegend von Norden vor der Alpenkulisse der Trauchberge<br />

dargestellt. Auch dies lässt sich historisch belegen und stellt damit eine Kontinuität von<br />

Ansichten und Abbildungen der Wieskirche dar.<br />

„Grund für die häufige Darstellung der Wies von Norden, die neben zwei detaillierten<br />

Buchmalereien im Steingadener Necrologium […] insbesondere bei Votivbildern und<br />

Wallfahrtsmedaillen des 19. und 20. Jahrhunderts […], aber auch bei Kupferstichen und<br />

Landschaftsmalereien […] ohne konkreten religiösen Bezug erscheint, dürfte vielmehr sein,<br />

29


dass die meisten Wallfahrer und Pilger aus nördlicher Richtung, nämlich von Litzau,<br />

Schwarzenbach oder dem Ilchberg, kamen und sich aus diesem Blickwinkel alle<br />

wesentlichen Elemente der Örtlichkeit – Wiesbauernhof, Kapelle, Kirche und das Haus des<br />

Wieswirts – in malerischer Zusammenschau mit dem Gebirge als markantem Hintergrund<br />

darstellen ließen. Darüber hinaus sind freilich die besonderen ästhetischen Qualitäten dieser<br />

Ansichten nicht von der Hand zu weisen.“ (RHA et al. 2024: 34)<br />

Es ist davon auszugehen, dass der Kirchenbau der Wies mit Rücksicht auf die umgebende<br />

Landschaft entworfen worden ist und mit ihr in harmonischer Verbindung steht. Allerdings ist<br />

zu berücksichtigen, dass in der Gegend Kirchenbauten schon allein wegen der besseren<br />

Sichtbarkeit häufig auf den in Ost-West-Richtung verlaufenden Moränenhügeln errichtet<br />

wurden. Auch bei der Wies dürfte dies ausschlaggebend gewesen sein, schon allein um die<br />

Gnadenstätte innerhalb der Rodungsinsel durch die dominante Lage entsprechend zu<br />

inszenieren. Darin ist wohl auch der Grund zu sehen, weshalb die Kirche nicht, wie an<br />

anderen Wallfahrtstätten regelmäßig der Fall, an den Ort der ersten Kapelle getreten ist und<br />

dies auch nicht von Nöten war, hatte sich das ausschlaggebende Tränenwunder doch nicht in<br />

der Kapelle, sondern in der Kammer der Wiesbäuerin ereignet. Die Wahl des Standortes war<br />

demnach aus praktischen, aber auch funktionalen Gründen geradezu zwingend. (vgl. RHA et<br />

al. 2024: 34 f.)<br />

„Um 1745 hielt der Augsburger Maler Elias Baeck den Hof mit seiner inzwischen erweiterten<br />

Kapelle in einem Kupferstich fest. Dabei gab er die umgebende Landschaft außerordentlich<br />

detailgetreu wieder. Neben der Gnadenstätte sind hier schon die Vorgängerbauten der<br />

beiden heutigen Anwesen Wies Nr. 1 und 5 sowie ein Stand mit Devotionalien zu sehen,<br />

ferner die bis heute bestehende Führung der Wege und die Einhegung der<br />

landwirtschaftlichen Flächen mit Holzzäunen und Baumreihen.“ (RHA et al. 2024: 32)<br />

Neben solchen schon frühzeitigen, bildlichen Darstellungen wurde insbesondere durch die<br />

Fotographie eine Vielzahl von neuen Ansichten insbesondere der umgebenden Landschaft<br />

geschaffen.<br />

„Als um 1900 die ersten Fotografien der Wieskirche in ihrer Kulturlandschaft veröffentlicht<br />

werden, werden auch die Perspektiven auf das Gotteshaus vielgestaltiger. Ein wesentlicher<br />

Motor für die Verbreitung immer neuer Ansichten ist der auflebende örtliche und regionale<br />

Handel mit Bildpostkarten, die Wallfahrer, Pilger, Wanderer und Kulturtouristen vom<br />

Pfaffenwinkel in alle Welt versenden.“ (RHA et al. 2024: 35)<br />

Eine nachvollziehbare Entwicklung von Fernansichten auf die Wieskirche lässt sich auch erst<br />

mit der Fotographie aufzeigen, etwa durch eine Ansicht vom Ilchberg von vor 1944. Auch<br />

heute dominiert noch die Ansicht von Norden, die Wieskirche vor der Alpenkulisse, von<br />

Sichtpunkten innerhalb der Rodungsinsel.<br />

4.3 Sakrale Elemente in der weiteren Umgebung der Wies (als „weitere Werte“<br />

nach UNESCO-Kriterien)<br />

So wie die Wieskirche Teil der sie umgebenden Landschaft ist, finden sich in dieser auch<br />

weitere sakrale Elemente mit direkter Bezugnahme auf die Wies. Dazu zählen insbesondere<br />

die Wallfahrts- und Pilgerwege zur Wies, aber auch Kirchen, Kapellen, Hausfiguren und<br />

Malereien, religiöse Flurdenkmäler (z. B. Wegkreuze), aber auch (ehem.) Gasthöfe und Läden.<br />

Diese stellen einen weiteren Wert im Hinblick auf die Wieskirche dar, sind allerdings (wie<br />

30


auch die Sichtpunkte und Blickbeziehungen außerhalb der Pufferzone) kein Bestandteil des<br />

außergewöhnlichen, universellen Wertes der Welterbestätte.<br />

Wallfahrtswege<br />

Die meisten der historisch belegten Wallfahrten und Prozessionen werden noch immer<br />

begangen und sind Ausdruck einer lebendigen Kultur und Tradition.<br />

„Die Nachforschungen ergaben, dass ein erheblicher Teil der alten Wallfahrten und<br />

Wegeverbindungen heute noch bzw. wieder vorhanden sind und – im Sinne der Authentizität<br />

des Welterbes von besonderem Interesse – in den meisten Fällen regelmäßig von<br />

organisierten Prozessionen, Bittgängern, Pilgern und Wallfahrern frequentiert werden […].<br />

Auch die begleitende Kulturlandschaft, die die in diesem Kapitel gezeigten Beschreibungen<br />

und Abbildungen sowie die Uraufnahmeblätter überliefern, sind in den meisten Fällen nahe<br />

am historischen Charakter vorhanden. Die Fernwallfahrten hingegen sind zumeist erloschen,<br />

einige – etwa von Altensteig bei Dirlewang – sind weiterhin lebendig, neue hinzugekommen,<br />

darunter seit 1992 von Balzhausen bei Günzburg, von Dillingen an der Donau und Lindau im<br />

Bodensee. Seit seiner offiziellen Ausweisung 2003 verläuft ein Teilstück des „Münchener<br />

Jakobswegs“ auf der alten Wallfahrtsroute von Wildsteig über Schwarzenbach zur Wies.“<br />

(RHA et al. 2024: 48)<br />

Inwiefern die Wallfahrt zur Wieskirche ansonsten das historische Wegenetz namentlich in der<br />

näheren Umgebung beeinflusst hat, lässt sich aufgrund der dürftigen Quellenlage nur in<br />

wenigen Fällen zweifelsfrei klären. Zudem sind Wallfahrts- und Pilgerwege keine statischen,<br />

sondern dynamische Gebilde, sind dem Wandel durch veränderte Mobilität und Spiritualität<br />

unterworfen. (vgl. RHA et al. 2024: 51)<br />

„Anders als textliche Beschreibungen der Kirche in ihrer Landschaft […] sind nur sehr wenige<br />

Nachrichten zu den Wallfahrten und deren Durchführung greifbar. So sie überhaupt erhalten<br />

sind, spielen die Wege, die Landschaft und der traditionelle Ablauf der Wallfahrt bzw.<br />

Prozession darin keine Rolle, sondern das persönliche Erleben des Wanderns und der<br />

spirituellen Einkehr.“ (RHA et al. 2024: 40)<br />

Flurdenkmäler<br />

Das Untersuchungsgebiet bewahrt eine überwältigend große Zahl an religiösen Flurdenkmälern in<br />

Form von Bildstöcken, Feldkreuzen und kleinen Wegkapellen. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache,<br />

dass die in der Region traditionell meist aus Holz gearbeiteten Denkmäler dem Wetter ausgesetzt<br />

sind, haben sich in der Sakrallandschaft der Wieskirche nur wenige Objekte aus der Zeit vor etwa<br />

1850 erhalten. Die Mehrheit ist sogar erst ab etwa 1975 errichtet worden, viele davon ohne<br />

Vorgänger. (vgl. RHA et al. 2024: 54)<br />

Im Zuge der Erarbeitung des KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“ wurde im Rahmen der<br />

Möglichkeiten eine Aufnahme der religiösen Flurdenkmäler durchgeführt. Aufgrund der hohen<br />

Anzahl und teils starken Fluktuation wurden Objekte, die nicht bezeichnet oder in der<br />

Fachliteratur dargestellt wurden nicht rekonstruiert. Ebenso konnte nicht für alle Objekte eine<br />

Einzelnachforschung durchgeführt werden.<br />

Da die Objekte, die unmittelbar oder in Sichtweite zu den historischen Wallfahrtswegen<br />

liegen, diese aber in jedem Falle mitgestalten und ein Zusammenhang mit der Eigenschaft<br />

des betreffenden Weges als Wallfahrtsroute nicht ausgeschlossen werden kann, wurden<br />

31


diese kartiert, beschrieben, datiert und nach ihrer Bedeutung für die Kulturlandschaft<br />

bewertet. (RHA et al. 2024: 56)<br />

Abbildung 9: Kartierung der weiteren Werte im gesamten Untersuchungsgebiet des KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“<br />

5. PROJEKTBESCHREIBUNG<br />

Hervorgegangen aus der „Interessengemeinschaft Bergwiesen / <strong>Köpfinger</strong>wiesen IGBK“<br />

wurde durch ursprünglich 62 private Grundstückseigentümer die „Bürgerwind Pfaffenwinkel<br />

Planungs-GmbH & Co. KG“ gegründet. Diese plant die Errichtung von drei<br />

<strong>Windenergieanlagen</strong> in Form einer Windfarm im Bereich der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>.<br />

Das Gebiet der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> ist südwestlich des Maktes Peiting, circa 1,5 Kilometer<br />

südwestlich des Kreuzungspunktes der Bundesstraßen B 17 und B 472, gelegen. Es handelt<br />

sich um einen hügeligen, schwach besiedelten Bereich zwischen dem tief eingeschnittenen<br />

Lechtal im Westen und dem breiten und flachen Tal der Peitnach im Osten. Den höchsten<br />

Punkt der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> bildet der Moränenhügel mit 804 Metern. Das Areal ist geprägt<br />

32


von <strong>Wiesen</strong>, durchsetzt von kleineren Wald- und Gehölzflächen. Über den Hügelbereich<br />

verläuft sowohl eine 20kV-Freileitung als auch eine 110kV-Freileitung.<br />

Abbildung 10: Verortung der geplanten WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong><br />

5.1 Hintergrund und Ziele des Vorhabens<br />

Projekthistorie<br />

Die ursprünglichen Planungen für die WEA am Standort der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> stammen aus<br />

dem Jahr 2012 sahen vier (statt drei) Anlagen vor. Aufgrund der relativen Nähe von etwas<br />

mehr als 10 Kilometern zur UNESCO Welterbestätte „Wallfahrtskirche zum Gegeißelten<br />

Heiland auf der Wies“ wurde 2013 ein Gutachten des Landschaftsarchitekten Prof. Dr.<br />

Schöbel-Rutschmann zum Landschaftsbild beauftragt. Dieses wurde mit Stellungnahme des<br />

BLfD und dem Deutschen Nationalkomitee (jeweils von 2014) bei der UNESCO eingereicht.<br />

Mit dem Schreiben vom 24. Juni 2015 an das Bayerische Staatsministerium für Bildung,<br />

Kultus, Wissenschaft und Kunst wurde durch das World <strong>Heritage</strong> Center (WHC) der UNESCO<br />

ein „Technical Review“ von ICOMOS International von 2015 übersandt. Darin wird<br />

festgehalten, dass auf Basis der eingereichten Unterlagen eine negative Auswirkung durch die<br />

(vier) geplanten WEA auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Welterbestätte<br />

erwartet wird und das Vorhaben verweigert werden sollte. Gleichzeitig wird allerdings auch<br />

betont, dass die Unterlagen nicht die Anforderungen der UNESCO erfüllen und ein <strong>Heritage</strong><br />

<strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong> durchgeführt werden sollte, um mögliche Auswirkungen zu identifizieren.<br />

Ein weiteres Gutachten wurde im Jahr 2019 durch Prof. Dr. Schöbel-Rutschmann erstellt, in<br />

dem in Bezugnahme auf den Technical Review von ICOMOS International nochmals die<br />

33


Verträglichkeit von (nun drei) WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> untersucht wurde, um dieses<br />

nochmals dem WHC zur Prüfung vorzulegen. Zentraler Gedanke war dabei die Entwicklung<br />

von „staffelnden Zonen“ um die Wieskirche, die weitere Aspekte, insbesondere die der<br />

assoziativen Kulturlandschaft, berücksichtigen. Das Gutachten wurde dem WHC allerdings<br />

nicht vorgelegt.<br />

Eine im September 2020 beantwortete Anfrage durch den Bayerischen Staatsminister für<br />

Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger beinhaltete die ablehnende<br />

Haltung der UNESCO. Im Nachgang wurde durch den Generalkonservator Prof. Mathias Pfeil<br />

angeregt, ein Kommunales Denkmalkonzept zur Untersuchung der Vereinbarkeit von<br />

erneuerbaren Energien und der bestehenden Denkmalwerte durchzuführen. Dieses wurde<br />

zwischen 2023 und 2024 durch das Büro RHA REICHER HAASE ASSOZIIERTE, begleitet durch<br />

den denkmalpflegerischen Gutachter Sebastian Gulden und den Landschaftsplaner Prof.<br />

Dietwald Gruehn, erarbeitet.<br />

5.2 Aktualisiertes Planungsvorhaben<br />

Eine Anpassung der Planungen für die WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> fand im Mai 2024 statt.<br />

Die durch das Ingenieurbüro Sing GmbH erarbeiteten Planungen sehen eine Veränderung der<br />

Nabenhöhe, des Rotordurchmessers als auch der Standorte der drei WEA im Vergleich zu den<br />

Planungen von 2013 vor. Entsprechend bilden die bereitgestellten Planungsunterlagen vom<br />

23. Mai 2024 die Grundlage für die Bewertungen des vorliegenden <strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong><br />

<strong>Assessment</strong>s.<br />

Die geplanten <strong>Windenergieanlagen</strong> (Stand Mai 2024) weisen dabei folgende Kennzahlen auf:<br />

WEA 1 WEA 2 WEA 3<br />

Nabenhöhe* 175 m 175 m 175 m<br />

Rotordurchmesser * 175 m 175 m 175 m<br />

Gesamthöhe WEA * 262,5 m 262,5 m 262,5 m<br />

Koordinaten 47°46'14.4"N<br />

10°53'11.7"E<br />

47°46'36.6"N<br />

10°53'32.7"E<br />

47°46'54.9"N<br />

10°53'35.8"E<br />

Geländehöhe über 776 m 799 m 772 m<br />

NN<br />

Gesamthöhe über 1.038,5 m 1061,5m 1034,5 m<br />

NN<br />

Entfernung zur 10,1 km 10,7 km 11,3 km<br />

Wieskirche<br />

* als Referenzanlage wird die Enercon E175 aus dem Jahr 2023 angegeben<br />

Einordnung des Projektes<br />

Die Bundesrepublik Deutschland hat die Transformation zu einer nachhaltigen und<br />

treibhausneutralen Stromversorgung, die vollständig auf erneuerbaren Energien beruht,<br />

beschlossen. Zentral ist dabei unter anderem das am 1. Februar 2023 in Kraft getretene<br />

Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG). Demnach sind die Bundesländer verpflichtet<br />

einen prozentualen Anteil der Fläche für Windenergie auszuweisen (vgl. §3 Abs. 1 WindBG).<br />

Für Bayern sind dies bis zum 21. Dezember 2027 mindestens 1,1 % der Landesfläche, bis 31.<br />

Dezember 2032 1,8 % der Landesfläche. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem<br />

Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) mit dem Stand vom 1. Juni 2023 unter dem Ziel<br />

„6.2.2 Windenergie“ die Festlegung, dass in jedem Regionalplan im Rahmen von<br />

34


egionsweiten Steuerungskonzepten Vorranggebiete für die Errichtung von<br />

<strong>Windenergieanlagen</strong> in erforderlichem Umfang festzulegen sind. Als einer der Träger der<br />

Regionalplanung möchte der Landkreis Weilheim-Schongau dafür Sorge tragen, dass der<br />

zukünftige notwendige Ausbau der Windenergie im Landkreis im Einklang mit den<br />

denkmalpflegerischen Interessen geschieht.<br />

Entsprechend werden im derzeitigen Prozess der Neuaufstellung des Regionalplanes<br />

Oberland Suchräume identifiziert, in denen die Voraussetzung für die Errichtung von WEA<br />

gegeben ist (vgl. Kapitel 2.4). Das Areal der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> stellt eine der identifizierten<br />

Potenzialflächen für WEA dar und somit eine der wenigen Bereiche, die sich nach dem<br />

aktuellen Arbeitsstand des überarbeiteten Regionalplanes für die Nutzung durch WEA eignen.<br />

Das Kommunale Denkmalkonzept Wallfahrtskirche „Die Wies“ hat im Hinblick auf die<br />

UNESCO-Welterbestätte „Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies“ in einer<br />

tiefgehenden kulturlandschaftlich-denkmalpflegerischen Untersuchung das weitere Umfeld<br />

der Wieskirche untersucht und eine Rahmenplanung für die verträgliche Entwicklung von<br />

Windkraftanlagen in diesem Bereich entwickelt.<br />

Die geplanten WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> liegen mit ihrer Entfernung zwischen 10,1 und<br />

11,3 Kilometern im Untersuchungsbereich des Kommunalen Denkmalkonzeptes<br />

Wallfahrtskirche „Die Wies“. Im dort entwickelten denkmalpflegerischen Rahmenplan wird für<br />

WEA 2 und WEA 3 ein „Entwicklungspotenzial über 240 Meter (Gesamthöhe)“ ausgewiesen.<br />

Für WEA 1 ein „Entwicklungspotenzial von 120 – 240 Meter (Gesamthöhe)“. Alle drei WEA<br />

liegen zudem in einem Bereich, der als „Hohe Eignung und geringe Restriktionen (außerhalb<br />

10 km)“ ausgewiesen wird, also besonders gut für die Entwicklung von WEA geeignet ist.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 11: Verortung der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> im denkmalpflegerischen Rahmenplan des KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“<br />

35


Die <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> sind somit in der aktualisierten Version des Regionalplans (Arbeitsstand<br />

März 2024, vgl. Kapitel 2.4) als auch im Rahmenplan des KDK als eine der wenigen gut<br />

geeigneten Flächen für die Entwicklung von WEA identifiziert. Ergänzend ist die Fläche auch<br />

durch die kommunale Planung bereits für die Errichtung von WEA rechtlich gesichert. Im<br />

aktuellen Flächennutzungsplan (FNP) des Marktes Peiting ist das Areal als<br />

„Konzentrationsfläche für <strong>Windenergieanlagen</strong>“ eingetragen und somit vorrangig für die<br />

Nutzung von Windenergie vorgesehen (vgl. Markt Peiting 2019).<br />

6. IMPACT ASSESSMENT<br />

Zur Beurteilung der potenziellen Auswirkungen des Vorhabens wurden die einzelnen Attribute,<br />

sowie die Sichtbarkeit der WEA von den verschiedenen zuvor hinsichtlich ihrer nach Relevanz<br />

eingestuften Blickpunkte gegenübergestellt. Die Auswirkungen auf die Attribute wurden im<br />

Einzelnen entsprechend der Bewertungsmatrix von Obafemi (2023) bewertet. Diese umfasst:<br />

• die Frequenz/Häufigkeit der Maßnahme:<br />

o einmalig, periodisch oder kontinuierlich<br />

o kurzfristig oder langfristig<br />

o reversibel oder irreversibel<br />

• die Reversibilität der Veränderung des jeweiligen Attributs:<br />

o reversibel oder irreversibel<br />

o temporär oder permanent<br />

o keine, zu vernachlässigen, leicht oder groß<br />

o positiv oder negativ.<br />

Auf Grundlage dessen konnte anschließend eine Gesamtbewertung für die Auswertungen der<br />

WEA auf die einzelnen Attribute der Wieskirche durchgeführt werden.<br />

6.1 Bewertung<br />

Mehrere Attribute des OUV der Wieskirche beziehen sich auf das Bauwerk als solches (1.1<br />

Die Architektur der Wallfahrtskirche, 1.2 Innengestaltung, 3.2 Gnadenbild des gegeißelten<br />

Heilands), auf die keine Beeinträchtigungen durch bauliche Veränderungen in der näheren<br />

und weiteren Umgebung zu erwarten sind. Andere Attribute wiederum bringen die Nah- und<br />

Fernwirkung der Wieskirche in seiner kulturlandschaftlichen Umgebung zum Ausdruck und<br />

sind daher in unterschiedlicher Weise sensibel für entsprechende Vorhaben. Diese sind im<br />

Einzelnen die folgenden OUV-Attribute:<br />

• 2.1 Alpental<br />

• 2.2 Offene (freie) Landschaft<br />

• 2.3 Unberührte, ländliche Umgebung<br />

• 3.1 Pilgerstätte<br />

Darüber hinaus weisen auch die folgenden, sogenannten Other Values (weitere Werte, die<br />

außerhalb der Pufferzone der Welterbestätte verortet sind), bestimmte Sensibilitäten<br />

gegenüber Vorhaben im Wider Setting auf:<br />

• 4.1 Sichtpunkte in der weiteren Umgebung<br />

• 4.2 Weitere Sichtbeziehungen<br />

36


• 5 Die Wieskirche als Teil des Pfaffenwinkels; sakrale Elemente in der weiteren<br />

Umgebung<br />

Abbildung 12: Sichtfächer mit Bewertungsstufen, Distanzen und Sichtfeldern in Grad<br />

Zunächst wurde die Wahrnehmbarkeit der WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> in Abhängigkeit von<br />

den unterschiedlichen Blickpunkten und ihrer zugehörigen Sichtfächer untersucht (vgl. Kapitel<br />

3.5). Die Sichtfächer wurden dabei vom Sichtpunkt ausgehend auf die Wieskirche<br />

ausgerichtet. Anschließend wurde basierend auf der Lage der geplanten WEA geprüft ob eine<br />

Visualisierung notwendig ist. Sofern die geplanten WEA außerhalb des Sichtfächers (also<br />

nicht im Sichtfeld von 120°) liegen, wurde keine Visualisierung durchgeführt. Überwiegend<br />

sind dies Sichtpunkte, die in Nord-Süd Richtung liegen und die geplanten WEA im<br />

entgegengesetzten Blickfeld ist. Sofern die geplanten WEA im „Prüfbereich“ (gelb) oder<br />

„ungünstigen Bereich“ (rot) des Sichtfächers lagen, wurde eine Visualisierung des Sichtfeldes<br />

durchgeführt. Die Lage war darüber hinaus ausschlaggebend für die Art der Visualisierung.<br />

Wenn die geplanten WEA im peripheren Sichtbereich liegen (gelb, bis 120°) wurde aus drei<br />

Einzelbildern ein Panoramabild erstellt, um die gesamten 120° des Sichtfeldes darzustellen.<br />

Liegen die geplanten WEA hingegen im makularen Sichtfeld (rot) wurde ein Weitwinkelbild<br />

(Sichtfeldäquivalent 76,3°) verwendet, da hier die potenzielle Beeinträchtigung im Zentrum<br />

des Blickfeldes liegt (s. Abbildung 12).<br />

Sichtpunkte innerhalb der Rodungsinsel (grobe Blickrichtung Norden)<br />

Nr. Sichtpunkt<br />

10 Blickpunkt 10 (Rodungsinsel)<br />

11 Blickpunkt 11 (Rodungsinsel)<br />

12 Blickpunkt 12 (Rodungsinsel)<br />

P Portalausgang Wieskirche<br />

37


Blickpunkt 10 (Rodungsinsel)<br />

Blickpunkt 11 (Rodungsinsel)<br />

Blickpunkt 12 (Rodungsinsel)<br />

Portalausgang Wieskirche (Rodungsinsel)<br />

Sichtpunkte in der weiteren Umgebung<br />

Nr. Sichtpunkt<br />

A Hoher Peißenberg<br />

B Auerberg<br />

C Ilchberg<br />

D Oberhalb Langau<br />

E Eckberg<br />

F Schneidberg<br />

G B17<br />

H Niederbleick<br />

- Friedhof an der Pfarrkirche Tannenberg<br />

38


Hoher Peißenberg<br />

Auerberg<br />

Ilchberg<br />

Oberhalb Langau<br />

Eckberg<br />

Schneidberg<br />

39


B 17 (Richtung Fronreiten)<br />

Niederbleick<br />

Friedhof an der Pfarrkirche in Tannenberg<br />

Aus den dargestellten Sichtfächern jedes Sichtpunktes wird deutlich, dass nicht für alle<br />

Sichtpunkte eine Visualisierung erstellt werden muss, um eine Bewertung der visuellen<br />

Beeinträchtigung vorzunehmen:<br />

• Blickpunkte 10, 11, 12 und „Portalausgang Wieskirche“:<br />

à Visualisierung<br />

• Hoher Peißenberg:<br />

à Visualisierung<br />

• Auerberg:<br />

à Visualisierung<br />

• Ilchberg:<br />

à keine Visualisierung<br />

• Oberhalb Langau:<br />

à keine Visualisierung<br />

• Eckberg:<br />

à keine Visualisierung<br />

• Schneidberg:<br />

à Visualisierung<br />

• B 17 Richtung Fronreiten:<br />

à Visualisierung<br />

40


• Niederbleick:<br />

à Visualisierung<br />

• Tannenberg:<br />

à Visualisierung<br />

Vor dem Hintergrund der Lage der geplanten WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>, etwas mehr als 10<br />

Kilometer nördlich der Welterbestätte, ist eine Beeinträchtigung der – für den OUV besonders<br />

relevanten – Voralpenlandschaft im Süden der Wieskirche überwiegend auszuschließen.<br />

Somit liegt keine Beeinträchtigung des Attributes 2.1 (Alpental) vor; Attribut 2.2 (Offene<br />

(freie) Landschaft) wird ebenfalls nicht beeinträchtigt, auch da keine Sichtbarkeiten der WEA<br />

von den Pilgerwegen oder von den identifizierten Sichtpunkten innerhalb der Rodungsinsel<br />

vorliegen. Lediglich von den Wallfahrtswegen von Norden kommend (Attribut Nr. 3.1<br />

Pilgerstätte) ist eine Sichtbarkeit der WEA nicht ausgeschlossen; allerdings ist das Ziel der<br />

Wieskirche an dieser Stelle noch in sehr weiter Entfernung, sodass von einer entsprechend<br />

geringen Relevanz ausgegangen werden kann.<br />

Mit Blick auf den OUV ist somit lediglich eine Beeinträchtigung des Attributes Nr. 2.3<br />

(Unberührte, ländliche Umgebung) zu erwarten: Mit der Realisierung der WEA am Standort<br />

<strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> würde eine geringfügig höhere technische Prägung der weiteren Umgebung<br />

der Wieskirche vorliegen. Das Attribut Nr. 5 (Die Wieskirche als Teil des Pfaffenwinkels […])<br />

als weiterer, außerhalb der Welterbestätte befindlicher Wert, würde in ähnlicher Weise<br />

beeinflusst. Diese technische Prägung („[…] industrieller Charakter und […] unmaßstäbliche<br />

Größe […]“ ICOMOS 2014a: 2) steht insofern dem Attribut 2.3 entgegen, als dass die<br />

Landschaft derzeit als „von technischen Bauwerken ungestört[e] und dünn besiedelt[e] […]<br />

Kulturlandschaft“ (RHA et al. 2024: 87 f.) bezeichnet wird, die vor allem durch die<br />

„Rodungsinsel, traditionelle Viehwirtschaft, Feldstadl, Moore und Filze, Gewässer, Wälder,<br />

Höfe mit Wohnhäusern und Stallungen“ geprägt ist (ebd.). Diese ist aber zum einen, aufgrund<br />

der Distanz zwischen WEA und Wieskirche, nur in sehr geringfügiger Form wahrnehmbar (s.<br />

Attribut 4 Sichtpunkte). Zudem ist die Beschreibung einer „unberührten Landschaft“, wie<br />

bereits im KDK Wallfahrtskirche „Die Wies“ dargestellt, nicht adäquat: Im Vergleich mit<br />

städtischeren, insbesondere dichteren Kontexten, kann der Pfaffenwinkel zwar als<br />

überwiegend naturnaher Raum bezeichnet werden. Insgesamt passender wäre allerdings eine<br />

Beschreibung als „für die Gegend absolut typische Kulturlandschaft“ (RHA et al. 2024: 82).<br />

Darüber hinaus sind auch technische Infrastrukturen bereits in der weiteren Umgebung<br />

vorhanden, insbesondere in Form von Bundesstraßen und Gewerbebetrieben, Freileitungen,<br />

Funk- und Sendemasten (Tannenberg, Schnaidberg, Hoher Peißenberg). Insofern können<br />

durchaus mögliche visuelle Veränderungen mit Auswirkungen auf das Attribut konstatiert<br />

werden, die aber nicht als eine grundsätzliche Beeinträchtigung des Landschaftscharakters<br />

gesehen werden können.<br />

Ergänzend (wenngleich nicht in die Bewertung einfließend) sollten an dieser Stelle auch die<br />

positiven (funktionalen) Effekte genannt werden. Durch neue (bzw. ergänzende)<br />

Einkommensquellen für die Landwirte, wird auch langfristig die wirtschaftliche Basis für die<br />

traditionelle Bewirtschaftung der Flächen und damit der Kulturlandschaft gesichert und ein<br />

Fortbestand der traditionellen Strukturen gefördert.<br />

Hinsichtlich der weiteren Werte, außerhalb der Pufferzone, sind insbesondere die<br />

Auswirkungen auf die einzelnen Sichtpunkte (Attribut Nr. 4.1) zu betrachten:<br />

41


WIESKIRCHE<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 13: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Hoher Peißenberg<br />

• Hoher Peißenberg:<br />

Die Wieskirche ist sehr weit entfernt und nur durch Nutzung des fest montierten<br />

Fernglases (gegen Gebühr) als Baukörper sichtbar. Die WEA liegen am äußersten Rand<br />

des Blickfeldes und werden von Baumkronen verdeckt. Zudem ist der Sichtpunkt im<br />

KDK lediglich als „relevant“ eingeordnet. Die Auswirkung wird daher als neutral<br />

eingestuft.<br />

Ein Standort weiter westlich am Hohen Peißenberg, von dem aus eine Sichtbarkeit der<br />

geplanten WEA gegeben ist, wurde an dieser Stelle nicht weitergehend betrachtet, da<br />

von dieser Position der genannte Baumbewuchs die theoretische Sichtbeziehung zur<br />

Wieskirche stark einschränkt. Zudem ist eine Sichtbarkeit mit bloßem Auge nicht<br />

gegeben und die Verortung mittels eines vorhandenen Fernglases nicht - wie oben<br />

beschrieben - möglich.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

WIESKIRCHE<br />

Abbildung 14: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Auerberg<br />

42


• Auerberg:<br />

Die Wieskirche ist als gestalteter Baukörper mit bloßem Auge sichtbar. Die geplanten<br />

WEA liegen am äußeren Rand des Blickfeldes, wirken durch die Entfernung von ca. 12<br />

Kilometern relativ klein und sind zu erheblichen Teilen von Bäumen verdeckt. Der<br />

Sichtpunkt ist im KDK in der Kategorie „sehr relevant“ eingeordnet; die Auswirkungen<br />

werden daher als geringfügig negativ eingestuft.<br />

• Ilchberg:<br />

Der Sichtpunkt weist für die Wieskirche laut KDK eine „sehr hohe Relevanz“ auf.<br />

Jedoch sind die geplanten WEA in keinster Weise sichtbar und die Auswirkung wird<br />

somit als neutral eingestuft.<br />

• Oberhalb Langau:<br />

Der Sichtpunkt wurde im KDK als „äußerst relevant“ eingeordnet. Die geplanten WEA<br />

sind jedoch in keinster Weise sichtbar; die Auswirkung wird demnach als neutral<br />

eingestuft.<br />

• Eckberg:<br />

Im KDK ist der Sichtpunkt als „sehr relevant“ dargestellt; die geplanten WEA befinden<br />

sich allerdings nicht innerhalb des Sichtfeldes vom Sichtpunkt zur Wieskirche. Das<br />

Blickfeld muss stark nach Norden gedreht werden um die WEA sehen zu können. Die<br />

Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

WIESKIRCHE<br />

Abbildung 15: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Schneidberg<br />

• Schneidberg:<br />

Der Sichtpunkt im bewaldeten Gebiet liegt nah an der Wieskirche, die aufgrund der<br />

überwiegend dauergrünen Bäume allerdings nur sehr punktuell sichtbar ist. An den<br />

wenigen Blickbezügen zur Wieskirche ist entsprechend eine teilweise Sichtbarkeit<br />

möglich, je nach Standort und Dichte der Bewaldung. Aus diesem Grund ist der<br />

Sichtpunkt im KDK lediglich als „relevant“ eingestuft. Aufgrund eines schlechten<br />

Wegenetzes und der kaum gegebenen Erreichbarkeit liegt eine niedrige<br />

Frequentierung vor, sodass dem Sichtpunkt eine lediglich untergeordnete Bedeutung<br />

43


zukommt. Sollte der Wald sich langfristig verändern, ist eine Reevaluierung<br />

durchzuführen. Die Auswirkungen werden als geringfügig negativ eingestuft.<br />

WIESKIRCHE<br />

Abbildung 16: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt B 17 Richtung Fronreiten<br />

• B17 Richtung Fronreiten:<br />

Die Wieskirche ist an dieser Stelle sowohl vom Auto als auch zu Fuß wahrnehmbar;<br />

der Sichtpunkt ist daher im KDK als „sehr relevant“ dargestellt. Die geplanten WEA<br />

liegen am äußersten Rand des Blickfeldes aufgrund der topographischen<br />

Gegebenheiten und der Vegetation nicht sichtbar. Eine direkte Sichtbarkeit ist nicht<br />

gegeben, die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

WIESKIRCHE<br />

Abbildung 17: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Niederbleick<br />

• Niederbleick:<br />

Die Wieskirche und die geplanten WEA sind bei guten Sichtverhältnissen gleichzeitig<br />

sichtbar. Im KDK ist der Sichtpunkt als „sehr relevant“ eingestuft. Aufgrund der relativ<br />

44


großen Entfernung von 15,3 Kilometern und dem großen Abstand zwischen<br />

Wieskirche und WEA stehen diese jedoch nicht in visueller Konkurrenz zueinander. Da<br />

der Aussichtpunkt zu Fuß mehrstündig erwandert werden muss, liegt zudem nur eine<br />

geringe Frequentierung des Sichtpunktes vor. Die Auswirkungen werden somit als<br />

geringfügig negativ eingestuft.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

WIESKIRCHE<br />

Abbildung 18: Visualisierung der geplanten WEA vom Friedhof der Pfarrkirche in Tannenberg<br />

• Friedhof der Pfarrkirche in Tannenberg:<br />

Die geplanten WEA sind am äußersten Rand des Sichtfeldes mit der Wieskirche<br />

sichtbar. Von dem Standort werden die WEA stärker als Einzelanlagen denn als<br />

Windfarm wahrgenommen. Da der Sichtpunkt nicht als solcher im KDK aufgeführt<br />

wird, wird die fehlende Relevanz nachfolgend begründet.<br />

Die Bewohnerschaft von Tannenberg bei Burggen unternahm regelmäßig Wallfahrten<br />

zum Hohenpeißenberg (vgl. Habermas 1991: 85); zur Wies ließen sich solche aber<br />

nicht nachweisen. Ebenso wenig existieren in der dortigen Josephskapelle und der<br />

Pfarrkirche „anberührte“ Nachbildungen oder sonstige Darstellungen des<br />

Gnadenbildes. Die Fernsichtbeziehung zwischen dem Friedhof und der Wies wiederum<br />

ist zufällig entstanden, denn die Vorgängerin von St. Oswald stand schon lange vor<br />

dem Beginn der Wieswallfahrt an ihrem exponierten Ort. (vgl. Paula/Berg-Hobohm<br />

2022: 93 f.) Die besondere Bedeutung der Blickachse, die ICOMOS im Technical<br />

Review von 2014 (vgl. Kapitel 3.5) hervorhebt, lässt sich also zumindest aus Sicht der<br />

Kulturlandschaftsforschung nicht belegen.<br />

Die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

45


Ergänzend wurden die Sichtbeziehungen (zur Wieskirche) innerhalb der Rodungsinsel (Attribut<br />

Nr. 4.2) visualisiert und hinsichtlich möglicher Auswirkungen bewertet:<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 19: Visualisierung der geplanten WEA vom Ausgang des westlichen Portals<br />

• Ausgang Portal:<br />

Beim Verlassen der Wieskirche durch das westliche Portal geht der Blick in Richtung<br />

der <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>. Die geplanten WEA werden hauptsächlich durch die Bewaldung<br />

auf dem Ilchberg verdeckt. Eine direkte Sichtbarkeit ist nicht gegeben, sollte der Wald<br />

sich langfristig verändern, ist eine Reevaluierung durchzuführen. Die Auswirkung wird<br />

als neutral eingestuft.<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 20: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Nr. 10 (Rodungsinsel)<br />

• Sichtpunkt 10 (Rodungsinsel):<br />

Die geplanten WEA werden durch den Ilchberg und die Gebäude des Wies Weilers<br />

verdeckt. Eine direkte Sichtbarkeit ist nicht gegeben. Die Auswirkung wird als neutral<br />

eingestuft.<br />

46


KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 21: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Nr. 11 (Rodungsinsel)<br />

• Sichtpunkt 11 (Rodungsinsel):<br />

Die geplanten WEA werden durch den Ilchberg und den Moränenhügel der Wieskirche<br />

verdeckt. Eine direkte Sichtbarkeit ist nicht gegeben. Die Auswirkung wird als neutral<br />

eingestuft<br />

KÖPFINGER WIESEN<br />

Abbildung 22: Visualisierung der geplanten WEA vom Sichtpunkt Nr. 12 (Rodungsinsel)<br />

• Sichtpunkt 12 (Rodungsinsel):<br />

Die geplanten WEA werden durch den Ilchberg und den Baukörper der Wieskirche<br />

verdeckt. Eine direkte Sichtbarkeit ist nicht gegeben. Die Auswirkung wird als neutral<br />

eingestuft.<br />

47


6.2 Vergleich Nullvariante<br />

Die beschriebenen, voraussichtlichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf den OUV<br />

und die weiteren Werte der Welterbestätte werden nun mit einem Verzicht auf dessen<br />

Umsetzung gegenübergestellt.<br />

Zunächst ist festzuhalten, dass eine stärkere technische Prägung der weiteren Umgebung der<br />

Wieskirche mit der Nullvariante vermieden werden würde; auch eine (gering) negative<br />

Beeinträchtigung der Sichtbeziehung könnte ausgeschlossen werden. Andererseits ist, wie<br />

oben bereits diskutiert, die „Unberührtheit“ der Landschaft, ebenso wie die „Freiheit von<br />

technischen Infrastrukturen“ bereits nurmehr in eingeschränkter Form wahrnehmbar, sodass<br />

auch die negativen Auswirkungen darauf lediglich geringfügig ausfallen würden.<br />

Obwohl der Aspekt potenzieller positiver Auswirkungen in die Bewertung nicht mit<br />

eingeflossen ist (vgl. Kapitel 6.1) sollte noch angemerkt werden, dass bei der Nullvariante die<br />

mit den <strong>Windenergieanlagen</strong> verbundenen Synergieeffekte wie Klimaschutz, Förderung<br />

erneuerbarer Energien sowie wirtschaftliche Aspekte zur Unterstützung der traditionellen<br />

Agrarwirtschaft und Pflege der Kulturlandschaft ebenfalls wegfallen.<br />

6.3 Zusammenfassung<br />

Insgesamt bestehen bei lediglich einem OUV-Attribut (Nr. 2.3 / „Unberührte, ländliche<br />

Umgebung“), bei dem weiteren Attribut Nr. 5 / "Die Wieskirche als Teil des Pfaffenwinkels;<br />

sakrale Elemente in der weiteren Umgebung" (außerhalb der Welterbestätte und ihrer<br />

Pufferzone) sowie drei Sichtpunkten (Attribut Nr. 4.1 / „Sichtpunkte in der weiteren<br />

Umgebung“) Auswirkungen, die nicht als neutral eingestuft werden. Hier liegt hinsichtlich<br />

zweier unterschiedlicher Aspekte eine geringfügig negative Beeinträchtigung vor:<br />

• Die Auswirkungen auf die Attribute Nr. 2.3 und 5 sind einer geringfügig höheren<br />

technischen Prägung der ursprünglich traditionellen, agrarwirtschaftlich geprägten<br />

Kulturlandschaft des Pfaffenwinkels mit seiner sakralen Bedeutung zuzuschreiben.<br />

Diese Auswirkungen visueller Natur sind im Kontext mit den bereits bestehenden<br />

Überformungen (Bundes- und Umgehungsstraßen usw.) zu betrachten. Zudem sind<br />

durch die Entwicklung der WEA positive (funktionale bzw. wirtschaftliche)<br />

Auswirkungen zu erwarten, die einen Beitrag zum Erhalt der prägenden<br />

landwirtschaftlichen Nutzung leisten können.<br />

• Von den Sichtpunkten, als Teil des weiteren Wertes Nr. 4.1, werden Auerberg,<br />

Schneidberg und Niederbleick als geringfügig betroffen eingestuft. Bei Auerberg und<br />

Niederbleick liegt allerdings eine große Distanz von 12 bzw. 15,3 Kilometern vor; bei<br />

Ersterem befinden sich die geplanten WEA nur im äußersten Bereich des Blickfeldes.<br />

Hier und beim Schneidberg ist zudem eine starke Bewaldung im Umfeld der<br />

Sichtpunkte vorhanden, wodurch die Sichtbarkeit der Wieskirche stark eingeschränkt<br />

ist. Schneidberg und Niederbleick weisen zudem eine sehr schwierige Erreichbarkeit<br />

und daher eine nur geringe Frequentierung auf.<br />

• Insgesamt kommt den weiteren Attributen Nr. 4.1 und 5 zudem nur eine<br />

untergeordnete Bedeutung zu, weil diese aufgrund ihrer Lage außerhalb der<br />

Welterbestätte und Pufferzone nicht Teil des OUV sind.<br />

48


7. VORSCHLÄGE ZUR MINDERUNG DER AUSWIRKUNGEN<br />

Im Folgenden werden für die ermittelten Auswirkungen jeweils Vorschläge zu deren<br />

Minderung vorgebracht. Laut UNESCO et al. (2022) kann solch eine Minderung von<br />

Auswirkungen durch unterschiedliche Maßnahmenarten erreicht werden – wobei jeweils die<br />

oberen in dieser Hierarchie zu bevorzugen seien (ebd.: 45, s. Abbildung ):<br />

• Vermeidung: Das Projekt wird als Ganzes oder in einzelnen Teilen nicht, an anderer<br />

Stelle oder zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt.<br />

• Minimierung: Die Form des Projekts wird verändert oder es werden andere<br />

Maßnahmen getroffen, die zum Schutz des Welterbes beitragen<br />

• Korrektur: Nach der Umsetzung des Vorhabens werden negative Auswirkungen<br />

rückgängig gemacht<br />

• Reduzierung: Nach der Umsetzung des Vorhabens werden negative Auswirkungen<br />

nachträglich verringert<br />

• Kompensation: Sofern keine anderen Maßnahmen möglich sind, werden negative<br />

Auswirkungen ausgeglichen<br />

Abbildung 23: Pyramide der Anpassungsmaßnahmen (Quelle: UNESCO et al. 2022: 45)<br />

Obafemi (2023b) nennt verschiedene Anforderungen, die solche Maßnahmen zur Minderung<br />

erfüllen müssen, um ernsthaft in Erwägung gezogen werden zu können: Diese sind die<br />

technische Umsetzbarkeit und Zweckmäßigkeit, die Akzeptanz durch die lokale Gemeinschaft<br />

sowie die politische und finanzielle Machbarkeit (ebd.: 26). Darüber hinaus muss für die<br />

Maßnahmen ein Implementierungs- und Monitoringplan entwickelt werden; zudem sind sie<br />

auf die jeweiligen Projektbestandteile zuzuschneiden.<br />

Für die Standorte der geplanten WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> sind bisher keine Alternativen vom<br />

Ingenieurbüro Sing GmbH ausgearbeitet worden. Eine Nullvariante wurde in Kapitel 6<br />

untersucht und den geplanten Anlagen gegenübergestellt. Aufgrund der insgesamt lediglich<br />

geringfügigen negativen Auswirkungen auf den OUV der Welterbestätte, ist aber davon<br />

auszugehen, dass ein Verzicht auf die Umsetzung des Vorhabens nicht notwendig sein wird –<br />

49


zumal voraussichtlich auch positive Auswirkungen auf die (land-)wirtschaftliche Entwicklung<br />

des Pfaffenwinkels vorhanden sein werden (s. Kap. 6, Attribut Nr. 2.3).<br />

Es wird angenommen, dass das Kriterium der technischen Umsetzbarkeit und<br />

Zweckmäßigkeit beim geplanten Vorhaben erfüllt ist, da entsprechende Prüfungen durch<br />

das Ingenieurbüro vorgenommen worden sind. Zur Prüfung der Akzeptanz durch die lokale<br />

Gemeinschaft für das geplante Vorhaben ist laut UNESCO et al. (2022) insbesondere zu<br />

Beginn des Prozesses eine Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen (s. ebd.: 6). Zu<br />

diesem Zweck wurde im Juli 2023 zum Auftakt des KDK eine öffentliche<br />

Informationsveranstaltung vor Ort durchgeführt. Dazu wurde zunächst ein gemeinsamer<br />

Spaziergang durchgeführt, um gemeinsam Eindrücke von der Umgebung der Wieskirche und<br />

erste Einschätzungen der Öffentlichkeit zu sammeln. Im Anschluss diente eine Gesprächsund<br />

Dialogphase dazu, mit den Beteiligten ins Gespräch zu kommen und konkrete Fragen zu<br />

diskutieren:<br />

• Was macht für Sie die Landschaft um die Wieskirche aus/besonders?<br />

• Welche Blickpunkte auf die Wieskirche sind für Sie besonders wichtig/markant?<br />

• Welche Orte sind aus spiritueller Sicht im Umfeld vorhanden? Und welche Bedeutung<br />

haben diese für die Wallfahrt?<br />

• Welche Bereiche in der Landschaft sind besonders schützenswert?<br />

Die finanzielle Machbarkeit kann hier nicht abschließend beurteilt werden, da keine<br />

wirtschaftlichen Machbarkeitsstudien vonseiten des Vorhabenträgers (Bürgerwind<br />

Pfaffenwinkel) vorliegen. Hingegen kann davon ausgegangen werden, dass – vor dem<br />

Hintergrund der Notwendigkeit zum klimagerechten Umbau der Energieinfrastruktur (s. Kap.<br />

5. Projektbeschreibung) die Errichtung der <strong>Windenergieanlagen</strong> politisch gewollt ist.<br />

Insbesondere auch die kommunalen Akteure argumentieren, dass die Reaktion auf den<br />

Klimawandel oberste Priorität haben sollte und greifen damit Forderungen der Grünen auf (s.<br />

Jais 2022). Ministerpräsident Dr. Markus Söder sprach zuletzt von einer Reihe von<br />

Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz und Beschleunigung von Vorhaben im Bereich<br />

Windenergie („Windkraft-Bonus“; s. Bayerischer Landtag 2024).<br />

Auf Grundlage der vorangegangenen Untersuchung von Auswirkungen (s. Kap. 6) wird<br />

angenommen, dass es nicht notwendig ist, Vermeidungsmaßnahmen durchzuführen: Die<br />

gewählten Standorte für die WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> befinden sich bereits in einem der<br />

Bereiche, die im KDK als am vorteilhaftesten für die Errichtung von WEA identifiziert wurden<br />

(s. Kapitel 5; RHA et al. 2024: 99 ff.). Sollten diese Standorte weiter nach Westen oder Süden<br />

verlagert werden, wären voraussichtlich größere negative Auswirkungen auf den OUV der<br />

Wieskirche zu befürchten (s. ebd.). Auch die Positionierung der einzelnen geplanten WEA sind<br />

bereits als sehr geeignet zu bewerten: Insbesondere eine konzentrierte Lage, lockere<br />

Anordnung und ungerade Anzahl von Anlagen werden laut Scottish Natural <strong>Heritage</strong> (2017:<br />

11 f.) als zentrale Kriterien zur verträglichen Positionierung von WEA angeführt und sind im<br />

vorliegenden Vorhaben entsprechend umgesetzt.<br />

Trotz der insgesamt nur sehr geringfügigen negativen Auswirkungen des Vorhabens kann es<br />

sinnvoll sein, einzelne Maßnahmen zur Minimierung negativer Auswirkungen umzusetzen:<br />

Mit Bezug auf die Mikrolage sollte, wenn möglich, ein sogenanntes Stacking der Rotoren<br />

vermieden werden – wobei aufgrund der geringen Anzahl von lediglich drei WEA auch diese,<br />

von einzelnen Blickpunkten aus wahrnehmbare Überlagerung (s. Abb. 15 und 17), nicht<br />

übermäßig negativ auffällt. Hinsichtlich der Gestaltung der einzelnen Anlagen liegen derzeit<br />

50


noch keine konkreten Planungen vor; sobald diese anstehen sollte allerdings auf folgende<br />

Punkte geachtet werden:<br />

- Materialität: Zur Vermeidung von Reflektionen und somit Minderung der Auffälligkeit<br />

der Anlagen im Landschaftsraum sollten etwa mattierte Lacke und lichtabsorbierende<br />

Oberflächen gewählt werden (vgl. RHA et al. 2024: 116).<br />

- Farbigkeit: Grundsätzlich ist neutrale Einfarbigkeit einer starken, farblichen<br />

Gestaltung vorzuziehen; leichte Farbgradienten am Sockel, insbesondere in<br />

Naturfarben, können eingebracht werden, um kontrastierende Effekte mit dem Blau<br />

des Himmels oder dem Grün der <strong>Wiesen</strong> und Wälder zu reduzieren – hier sind<br />

entsprechende Kompromisse zu finden (vgl. RHA et al. 2024: 117; s. Abb. 24). Des<br />

Weiteren kann eine Reduzierung von Kontrasten durch helle blaugraue Färbung des<br />

oberen Bereichs erreicht werden, wobei die genaue Farbwahl aus der umgebenden<br />

Landschaft abgeleitet werden und somit entsprechende Studien durchgeführt werden<br />

sollten (s. ebd.).<br />

- Befeuerung: Mit Blick auf Befeuerung der Anlagen ist darauf zu achten, dass diese,<br />

nach Möglichkeit, nur aus der Luft sichtbar sind. Darüber hinaus sind solche<br />

Befeuerungsanlagen zu präferieren, die durch die Nähe von Flugzeugen aktiviert<br />

werden (vgl. RHA et al. 2024: 117). Da die geplanten WEA auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong><br />

innerhalb eines Bereiches der militärischen Flugzone liegt ist abzuklären, inwieweit in<br />

diesem zusätzliche Bestimmungen gelten. Für WEA des Typs ENERCON E-175, die<br />

vom planenden Ingenieurbüro als Referenzanlagen genannt sind, ließe sich ein<br />

Befeuerungsmanagement einrichten (vgl. ENERCON 2023: 4), über das diese und<br />

weitere Funktionen gesteuert werden können. Hierzu gehören etwa auch die<br />

„bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung“<br />

(Lichtemissionen der WEA werden auf den Zeitraum<br />

beschränkt, in dem Luftfahrzeug den<br />

sicherheitsrelevanten Bereich durchqueren) und die<br />

„Sichtweitenmessung“ (bei klarer Sicht wird die<br />

Lichtstärke der Befeuerung automatisch reduziert,<br />

was Energie einspart und visuelle Beeinträchtigungen<br />

vermindert) (s. ENERCON 2022: 8).<br />

- Abschaltungsregime: Sofern durch die Errichtung<br />

eine Beeinträchtigung während der Wallfahrt<br />

angezeigt oder vorab erwartbar ist wird empfohlen die<br />

WEA für die Dauer der Wallfahrt in diesem Bereich<br />

abzuschalten. Durch die Abschaltung werden<br />

mögliche Beeinträchtigungen durch Schattenwurf<br />

oder Lärmentwicklung vermieden. Durch die kurze<br />

Dauer der Abschaltung wäre nicht mit einer<br />

relevanten Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit zu<br />

rechnen.<br />

Abb. 24: Schematische Darstellung<br />

Farbgestaltung<br />

51


8. EMPFEHLUNGEN<br />

Auf Grundlage der hier durchgeführten Untersuchung und Bewertung möglicher<br />

Auswirkungen der geplanten WEA <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> auf die Welterbestätte Wieskirche, wird<br />

empfohlen, das Vorhaben wie geplant zu realisieren. Bei der konkreten Ausführung sind<br />

jedoch die in Kapitel 7 genannten Minderungsmaßnahmen umzusetzen.<br />

Für die Entwicklung künftiger WEA im weiteren Umfeld der Wieskirche wird empfohlen,<br />

frühzeitige Prüfungen auf Grundlage des im KDK dargestellten Rahmenplans vorzunehmen.<br />

Mit dessen Hilfe ist ebenfalls festzustellen, ob ein HIA für das entsprechende Vorhaben<br />

durchgeführt werden muss. Insbesondere sollte geprüft werden, ob geplante WEA von den<br />

genannten Sichtpunkten (s. Kap. 6) erkennbar sind, vor allem im Zusammenhang mit der<br />

Wieskirche. Darüber hinaus wird empfohlen, frühzeitig Kontakt mit den relevanten Akteuren<br />

und Stakeholdern, insbesondere dem BLfD, ICOMOS und dem Site-Management,<br />

aufzunehmen, um sicherzustellen, dass die Planung welterbeverträglich gestaltet wird.<br />

Ebenfalls mit Blick auf künftige WEA-Vorhaben wird empfohlen, bei Heranrücken an Pilgerund<br />

Wallfahrtswegen die lokalen Wallfahrts- und Gebirgstrachtenerhaltungsvereine<br />

einzubinden. Mit deren Hilfe ist festzustellen, ob von den WEA eine Beeinträchtigung auf den<br />

immateriellen Wert der Wallfahrt zu befürchten ist.<br />

52


9. FOLLOW-UP<br />

Aufbauend auf den Erkenntnissen des vorliegenden HIA gilt es im Anschluss die<br />

vorgeschlagenen Maßnahmen zur Minderung potenzieller Auswirkungen (s. Kap. 7.<br />

Vorschläge zur Minderung der Auswirkungen) sowie die Empfehlungen (s. Kap. 8.<br />

Empfehlungen) zu implementieren. Im Rahmen eines Projektmanagements soll gewährleistet<br />

werden, dass die Umsetzung des Vorhabens im Sinne der Welterbestätte erfolgen kann. Dazu<br />

wird folgender Implementierungsplan vorgeschlagen:<br />

• Technische und wirtschaftliche Prüfung von Anpassungsmaßnahmen<br />

(Herbst 2024):<br />

In Zusammenarbeit und Abstimmung mit den lokalen Behörden sowie möglichen<br />

Herstellern von WEA sollte durch das beauftragte Ingenieurbüro eine Prüfung der<br />

vorgeschlagenen Anpassungsmaßnahmen (Materialität, Farbigkeit, Befeuerung und<br />

Abschaltungsregime) vorgenommen werden. Bei Vorliegen konkreter<br />

Ausführungspläne muss, sofern Anpassungen des Standortes oder der<br />

Dimensionierung der WEA vorgenommen, erneut Visualisierungen, nach dem Modell<br />

der in Kapitel 6 dargestellten Prüfung durchgeführt werden. Sollten Zweifel an der<br />

Verträglichkeit des Vorhabens aufkommen, ist eine Abstimmung mit dem BLfD,<br />

Landratsamt und ICOMOS zu suchen.<br />

• Umsetzung/Bau:<br />

Im Anschluss an die Ausführungsplanung unter Berücksichtigung der vorgesehenen<br />

Anpassungsmaßnahmen kann mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden.<br />

• Monitoring (durchgehend):<br />

Nach Abschluss der einzelnen Implementierungsschritte ist jeweils Rücksprache mit<br />

der ICOMOS-Monitoringgruppe zu halten, um zu gewährleisten, dass die Belange des<br />

Welterbeschutzes entsprechend berücksichtigt werden.<br />

53


ANHANG<br />

Literaturverzeichnis<br />

Bayerische Staatsregierung (2023): Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm<br />

Bayern.https://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwi/Landesentwicklung/Doku<br />

mente/Instrumente/Landesentwicklungsprogramm/LEP_2023/230601_LEP_Lesefassung.pdf<br />

Bayerischer Landtag (2024): Ministerpräsident stellt "Modernisierungs- und<br />

Beschleunigungsprogramm Bayern 2030" vor. https://www.bayern.landtag.de/aktuelles/ausdem-plenum/13062024-regierungserklaerung-ministerpraesident-soeder/<br />

(Abgerufen am 3. Juli<br />

2024)<br />

Drexl, D.; Hüppauff, J.; Schmölz, M. (2024): Planungsusschuss-Sitzung am 12.03.2024, TOP 3.<br />

Windkraft. https://www.region-oberland.bayern.de/files/RPV17_Sitzungen/RPV17-<br />

Sitzungen_240312__Praesentation.pdf<br />

ENERCON (2022): Technische Beschreibung - Befeuerung und farbliche Kennzeichnung<br />

ENERCON <strong>Windenergieanlagen</strong>. https://www.uvp-verbund.de/documents-ige-<br />

ng/igc_nw/d809e8d6-8758-4c93-84c4-4fd1e7d67cf6/10.6%20D0248364_15.1-<br />

Befeuerung%20und%20farbliche%20Kennzeichnung.pdf<br />

ENERCON (2024): Technische Daten E-175 EP5. https://cdn.prod.website-<br />

files.com/64c38ca9b1a2e59bd5b7d64a/66570acb8712982c97c01beb_EC_E-<br />

175%20EP5_DE.pdf<br />

Fischer, S. (2014): Vollzug des Denkmalschutzgesetzes; Wies, Gde. Steingaden, Lkr. Weilheim-<br />

Schongau, Wallfahrtskirche (D-1-90-154-76), Rehierungsbezirk Oberbayern. Stellungnahme des<br />

BLfD vom 12.09.2014<br />

Habermas, Rebekka (1991): Wallfahrt und Aufruhr. Zur Geschichte des Wunderglaubens in der<br />

frühen Neuzeit (Historische Studien, Bd. 5), Frankfurt am Main/New York City 1991.<br />

ICOMOS – International Council on Monuments and Sites (2011): Pilgrimage Church of Wies<br />

(Germany). No 271. Bericht vom 10. März 2011, https://whc.unesco.org/document/153080<br />

ICOMOS – Deutsches Nationalkomitee (2014a): Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG) –<br />

Antrag für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt vier <strong>Windenergieanlagen</strong> auf den<br />

„Köpfiner <strong>Wiesen</strong>“ auf den Grundstücken Fl. Nr. 455, 6583, 65885 und 6623 der Gemarkung<br />

Peiting. 28. April 2014<br />

ICOMOS – Deutsches Nationalkomitee (2014b): Stellungnahme zum Antrag zur Errichtung von<br />

vier Windkraftanlagen auf den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong> im Zusammenhang mit der Welterbestätte Wies –<br />

Lkr. Weilheim-Schongau. 4. September 2014<br />

ICOMOS – International Council on Monuments and Sites (2015): ICOMOS Technical Review<br />

concerning the State of conservation of the World <strong>Heritage</strong> Property “Pilgrimage Church of Wies”<br />

Jais, J. (2022): Windkraftanlagen auf <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>: Ostenrieder wendet sich an Habeck.<br />

https://www.merkur.de/lokales/schongau/kreisbote/windkraftanlagen-auf-koepfinger-wiesenostenrieder-wendet-sich-an-habeck-91833721.html<br />

(Abgerufen am 3. Juli 2024)<br />

54


Marano, G. (2014a): Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG). Antrag für die Errichtung und<br />

den Betrieb von insgesamt vier <strong>Windenergieanlagen</strong> auf den „<strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>“ auf den<br />

Grundstücken Fl. Nr. 455, 6583, 65885 und 6623 der Gemarkung Peiting. Stellungnahme der<br />

ICOMOS vom 28.04.2014<br />

Marano, G. (2014b): UNECO Welterbestätte Wies-Kirche. Antrag Windkraftanlagen „<strong>Köpfinger</strong><br />

<strong>Wiesen</strong>“, Gem. Peiting. Stellungnahme der ICOMOS vom 04.09.2014<br />

Marechal, A.; Verry, P. (2017): Aire d’Influence Paysagère de Vézelay et projets éoliens<br />

Markt Peiting (2019): Flächennutzungsplan Teil Süd. Planfassung vom 23.07.2019.<br />

https://www.peiting.de/wp-content/uploads/2023/04/N1056_FNP_Sued_190711.pdf<br />

Molnarova, K.; Scklenicka, P.; Stiborek, J.; Svobodova, K.; Salek, M.; Brabec, E. (2012):<br />

Visual preferences for wind turbines: Location, numbers and respondent characteristics. In:<br />

Applied Energy, Volume 92, April 2012. Pages 269–278.<br />

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0306261911006969?casa_token=sU8NF<br />

g4oUGUAAAAA:fCsr-FFXNP3NoIDn4D-7vXfEDOdZpr2qYzR0w8_3kuaRNvXRokWjGt272-<br />

nN43TboI7Pmw8RoQ<br />

Obafemi (2023): <strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong>. Lecture at BTU Cottbus, Sommersemester<br />

2023.<br />

Paula, Georg; Berg-Hobohm, Stefanie (2003): Landkreis Weilheim-Schongau, Bd. 2 (Denkmäler<br />

in Bayern, Bd. I.23/2), München 2003.<br />

Planungsverband Region Oberland (2001): Regionalplan für die Region Oberland (17). Nicht<br />

amtliche Lesefassung. https://www.regionoberland.bayern.de/files/RP17_Text_PDF/RP17_Text_Gesamt.pdf<br />

Planungsverband Region Oberland (2015): Tekturkarte Windkraft. https://www.regionoberland.bayern.de/files/RP17_Karten_PDF/RP17_Karte_2_Windkraft_Tekturkarte_Stand_21.0<br />

9.15.pdf<br />

RHA; Gulden, S.; Gruehn, D. (2024): Kommunales Denkmalkonzept Wallfahrtskirche “Die Wies“<br />

– Modul I und II. Aachen 2024.<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (o. J.):<br />

Statement of OUV (SOUV), Wallfahrtskirche auf der Wies<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (1984): World<br />

<strong>Heritage</strong> Committee, Seventh Ordinary Session. Florence, Italy, 5–9 December 1983. Report of<br />

the Rapporteur, January 1984<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2006):<br />

Periodic Reporting Cycle 1, Section II (Summary), https://whc.unesco.org/document/162732<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2009): World<br />

<strong>Heritage</strong> Committee. Thirty-third session. Seville, Spain, 22–30 June 2009. Clarifications of<br />

55


property boundaries and sizes by States Parties in response to the Retrospective Inventory,<br />

https://whc.unesco.org/archive/2009/whc09-33com-20e.pdf<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2013):<br />

Periodic Reporting Cycle 2, Section II, https://whc.unesco.org/document/164166<br />

UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2014): World<br />

<strong>Heritage</strong> Committee. Thirty-eighth session. Doha, Qatar, 15–25 June 2014. Adoption of<br />

Retrospective Statements of Outstanding Universal Value,<br />

https://whc.unesco.org/archive/2014/whc14-38com-8E-en.pdf<br />

UNESCO (2024a): Potential impacts of wind energy projects, https://whc.unesco.org/en/windenergy/impacts#potential<br />

(Abgerufen am 3. Juli 2024)<br />

UNESCO (2024b): Note 5. Visual <strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong>, https://whc.unesco.org/en/windenergy/note5/<br />

(Abgerufen am 3. Juli 2024)<br />

Scottish Natural <strong>Heritage</strong> (2017): Siting and Designing Wind Farms in the Landscape.<br />

Guidance. Version 3, February 2017.<br />

https://tethys.pnnl.gov/sites/default/files/publications/SNH-2017-Siting-Designing-Wind.pdf<br />

Van Grieken, M.; Dower, B. (2023): Wind turbines and landscape. In: Wind Energy Engineering<br />

(Second Edition). A Handbook for Onshore and Offshore Wind Turbines. Pages 443–462.<br />

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/B9780323993531000104<br />

56


Glossar<br />

Attribute<br />

„Je nach Art des Kulturerbes und seines kulturellen Kontextes<br />

kann davon ausgegangen werden, dass Güter die Bedingungen für<br />

die Echtheit (Authentizität, Anm. d. Verf.) erfüllen, wenn ihre<br />

kulturellen Werte (wie in den vorgeschlagenen<br />

Nominierungskriterien anerkannt) durch eine Vielzahl von<br />

Attributen wahrheitsgetreu und glaubwürdig zum Ausdruck<br />

gebracht werden, darunter: Form und Gestaltung; Materialien und<br />

Substanz; Nutzung und Funktion; Traditionen, Techniken und<br />

Verwaltungssysteme; Standort und Umgebung; Sprache und<br />

andere Formen des immateriellen Erbes; Geist und Gefühl; und<br />

andere interne und externe Faktoren“ (Art. 82 der Operational<br />

Guidelines, Übers. d. Verf.).<br />

Attribute werden demnach als der physische Ausdruck des<br />

außergewöhnlichen universellen Wertes (OUV) einer<br />

Welterbestätte verstanden. Sie werden mit der Eintragung in die<br />

Liste der UNESCO-Welterbestätten festgelegt und mit den<br />

Kriterien in Verbindung gebracht. Da die Erstellung und der<br />

Beschluss eines Statement of OUV erst ab 2005 bei der<br />

Eintragung obligatorisch sind, ist für ältere Stätten häufig (noch)<br />

keine Auflistung oder Kartierung von Attributen vorhanden.<br />

Auswirkungen<br />

(<strong>Impact</strong>s)<br />

Authentizität<br />

<strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong><br />

<strong>Assessment</strong> (HIA)<br />

Attribute im Sinne des vorliegenden HIA beziehen nicht nur die<br />

international bedeutsamen Werte ein, die zur Eintragung als<br />

Welterbestätte festgelegt wurden, sondern auch die, die auf<br />

lokaler und regionaler Ebene Bedeutung für die entsprechenden<br />

Gemeinschaften haben. Dies können solche Werte sein, die die<br />

Denkmaleigenschaft der Stätte untermauern, oder auch solche,<br />

die bislang nicht formal definiert oder geschützt sind.<br />

Auswirkungen (engl. „<strong>Impact</strong>s“) können positiver und negativer<br />

Natur sein. Im Sinne des vorliegenden HIA sind solche<br />

Auswirkungen gemeint, die von einem konkreten Vorhaben auf<br />

eine Kulturerbestätte ausgehen können. Dabei stehen<br />

insbesondere die Attribute als Rezeptoren von Auswirkungen im<br />

Vordergrund.<br />

Welterbestätten, die unter den Kriterien i bis vi eingetragen sind<br />

(Weltkulturerbestätten), müssen die Voraussetzungen der<br />

Authentizität (Echtheit) erfüllen (s. Art. 79 Operational Guidelines).<br />

Dies ist nach Art. 82 dann der Fall, wenn die kulturellen Werte der<br />

Stätte „durch eine Vielzahl von Attributen wahrheitsgetreu und<br />

glaubwürdig zum Ausdruck gebracht werden“ (ebd.; Übers. d.<br />

Verf). Gemeinsam mit der Integrität, ist die Authentizität einer der<br />

übergeordneten Faktoren, die neben den Kriterien zur Eintragung<br />

als Welterbestätte erfüllt sein müssen.<br />

<strong>Heritage</strong> <strong>Impact</strong> <strong>Assessment</strong> (HIA) wird verstanden als ein<br />

„Prozess der Identifizierung, Vorhersage, Bewertung und<br />

Kommunikation wahrscheinlicher Auswirkungen einer aktuellen<br />

oder vorgeschlagenen Entwicklung oder Maßnahme auf kulturelles<br />

Leben, Institutionen und Ressourcen von Gemeinschaften – und<br />

57


anschließender Integration der Erkenntnisse und<br />

Schlussfolgerungen in den Planungs- und<br />

Entscheidungsfindungsprozess, mit Blick auf Anpassung<br />

nachteiliger und Förderung positiver Auswirkungen“ (Sagnia 2004,<br />

Übers. d. Verf.).<br />

Integrität<br />

Kriterien<br />

Outstanding Universal<br />

Value (OUV)<br />

Demnach wird ein spezifisches Projekt daraufhin beurteilt, ob<br />

potenzielle Auswirkungen auf eine Kulturerbestätte, ihren OUV<br />

oder andere Kulturerbewerte bestehen – sowohl negative als auch<br />

positive – und es werden Maßnahmen vorgeschlagen, wie damit<br />

im weiteren Projektverlauf umzugehen ist.<br />

Neben den Kriterien zur Eintragung und den Bedingungen der<br />

Authentizität muss eine Welterbestätte die Bedingungen der<br />

Integrität erfüllen. Diese bezieht sich auf die „Ganzheit und<br />

Intaktheit“ der Stätte und seiner Attribute (s. Art. 88 der<br />

Operational Guidelines, Übers. d. Verf.); dementsprechend<br />

umfasst die Beurteilung der Integrität: 1. die Untersuchung, ob die<br />

Stätte alle Attribute umfasst, die zum Ausdruck des OUV<br />

notwendig sind; 2. die Einschätzung, inwiefern die Größe der<br />

Stätte geeignet ist, die Charakteristika und Prozesse zu<br />

repräsentieren, die seine Bedeutung vermitteln; und 3. die<br />

Feststellung, ob die Stätte unter nachteiligen Entwicklungen oder<br />

Vernachlässigung leidet.<br />

Eine Stätte weist laut Art. 77 der Operational Guidelines dann<br />

einen außergewöhnlichen universellen Wert (OUV) auf, wenn sie<br />

einerseits entsprechende Attribute umfasst, die diesen zum<br />

Ausdruck bringt und andererseits, wenn eines oder mehrere<br />

vordefinierte Kriterien erfüllt werden. Diese 10 Kriterien (i bis vi für<br />

Kulturerbestätten, vii bis x für Naturerbestätten) sind im<br />

genannten Artikel aufgelistet. Für Kulturerbestätten sind dies<br />

unter anderem, dass sie ein „Meisterwerk der menschlichen<br />

Schöpferkraft“ (i), oder ein „hervorragendes Beispiel eines Typus<br />

von Gebäuden, architektonischen oder technologischen<br />

Ensembles oder Landschaften“ darstellen (iv).<br />

„Herausragender universeller Wert bedeutet eine kulturelle<br />

und/oder natürliche Bedeutung, die so außergewöhnlich ist, dass<br />

sie über die nationalen Grenzen hinausgeht und für die heutigen<br />

und künftigen Generationen der gesamten Menschheit von<br />

allgemeiner Bedeutung ist. Als solches ist der dauerhafte Schutz<br />

dieses Erbes für die gesamte internationale Gemeinschaft von<br />

höchster Bedeutung. Das Komitee legt die Kriterien für die<br />

Eintragung von Gütern in die Liste des Welterbes fest“ (Art. 49 der<br />

Operational Guidelines, Übers. d. Verf.).<br />

Zum Zeitpunkt der Eintragung einer Stätte in die Liste der<br />

UNESCO-Welterbestätten beschließt das Komitee eine Erklärung<br />

dieses OUV (Art. 51 der Operational Guidelines), die daraufhin die<br />

zentrale Grundlage für den Schutz und die Verwaltung der Stätte<br />

darstellt. Bei Stätten, die nach 2005 eingetragen wurden, können<br />

entsprechend Retrospective Statements of OUV (RSOUV)<br />

verabschiedet werden.<br />

58


Pufferzone<br />

Vorhaben<br />

Weitere Umgebung<br />

Die Pufferzone einer Welterbestätte umfasst eine Fläche, die über<br />

die Abgrenzung der eingetragenen Stätte hinausgeht. Diese kann<br />

zum Schutz der Stätte festgelegt werden (s. Art, 103 der<br />

Operational Guidelines). Für die Pufferzone können vielfältige<br />

rechtliche oder planerische Restriktionen und Vorgaben formuliert<br />

werden; ihre genaue geographische Abgrenzung wird in einer<br />

Karte festgehalten und vom Welterbekomitee beschlossen.<br />

Der Begriff „Vorhaben“ meint im baurechtlichen Sinne ein Projekt,<br />

das verwirklicht werden soll. Die Zulässigkeit von Vorhaben wird in<br />

den §§ 29 ff. BauGB geregelt. Im Rahmen des vorliegenden HIA ist<br />

insbesondere die Art von Vorhaben gemeint, die die Errichtung,<br />

Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum<br />

Inhalt haben. Generell können auch Aufschüttungen und<br />

Abgrabungen größeren Umfangs sowie auf Ausschachtungen,<br />

Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gemeint sein.<br />

Das vorliegende HIA bezieht sich geplante <strong>Windenergieanlagen</strong> auf<br />

den <strong>Köpfinger</strong> <strong>Wiesen</strong>.<br />

Das Management einer Welterbestätte geht über deren<br />

Abgrenzung hinaus und bezieht sich auch auf die Pufferzone sowie<br />

die weitere Umgebung (s. Art. 112 der Operational Guidelines).<br />

Laut UNESCO et al. (2022) ist Letztere auch im Rahmen von HIA<br />

zu berücksichtigen (s. ebd.: 26).<br />

In Bezug auf die Wieskirche umfasst dies den im Kommunalen<br />

Denkmalkonzept Wallfahrtskirche „Die Wies“ untersuchten Raum<br />

in einem Radius von 16 Kilometern um die Wieskirche.<br />

59


Attributtabelle<br />

Wert-<br />

Ebene<br />

Nr.<br />

Attribute<br />

und „Unterattribute“<br />

OUV 1 Die Wieskirche als herausragendes<br />

Gesamtkunstwerk und Inbegriff des<br />

bayerischen Rokoko<br />

1.1 Die Architektur der<br />

Wallfahrtskirche<br />

1.2 Innengestaltung<br />

Kulturerbe-/<br />

Denkmalwerte<br />

Architektur und Raumausstattung<br />

bilden ein Gesamtkunstwerk,<br />

verbunden durch die Ornamentik<br />

der Rocaille und die harmonische<br />

Farbpalette von Malerei und<br />

Raumfassung.<br />

Baumeister: Dominikus<br />

Zimmermann<br />

Informationsquellen<br />

BayDSchG (Art. 4–6)<br />

KDK Wallfahrtskirche<br />

„Die Wies“ mit<br />

Zusammenfassung von<br />

Literatur und Quellen<br />

Der Innenraum der<br />

Wallfahrtskirche ist geprägt durch<br />

den zweigeschossigen Aufbau des<br />

Chores aus Arkaden und Emporen<br />

und den Zentralraum, in den auf<br />

„ovalem Grundriss“ ein „zweiter<br />

Innenraum“ mit acht<br />

Freipfeilerpaaren eingestellt ist,<br />

welche über eine durch Rocaillen<br />

aufgelöste Zwischenzone das<br />

Spiegelgewölbe tragen (eine<br />

leichte Holzkonstruktion mit<br />

Lattung und Verputz für das<br />

Deckenfresko).<br />

Den Abschluss des Zentralraums<br />

bildet das Deckenfresko mit<br />

Darstellung des Himmels über der<br />

auf das göttliche Gericht<br />

wartenden Erde – ein<br />

illusionistischer Blick in den<br />

Himmel, erfüllt von strahlender<br />

Farbigkeit.<br />

Deckenmalereien,<br />

Stuckdekorationen,<br />

Farbfassungen, Stuckmarmor und<br />

Marmorierung der hölzernen<br />

Ausstattung sind als äußerst<br />

seltenes und kostbares Zeugnis<br />

der Kunst des Rokoko ohne<br />

verfälschende Überarbeitungen<br />

erhalten.<br />

Eine diaphane räumliche Struktur<br />

aus Licht und Formen:<br />

Das filigrane Gesamtbild ist<br />

wesentlich durch die besondere<br />

Art der Lichtführung bestimmt.<br />

Die äußere Raumzone im Chor<br />

und im Zentralraum ist weniger<br />

als Umgang, sondern vielmehr als<br />

„Lichtschale“ konzipiert.<br />

60


2 Raumwirkung der Wieskirche in<br />

die Landschaft<br />

2.1 Alpental<br />

2.2 Offene (freie) Landschaft<br />

2.3 Unberührte, ländliche Umgebung<br />

Die Wieskirche als prägender<br />

Bestandteil der umgebenden<br />

Kulturlandschaft.<br />

Die Sichtbarkeit von und zur<br />

Wieskirche ist gegeben von<br />

Wallfahrts- und Pilgerwegen aus,<br />

verbunden mit dem Blick auf<br />

Berggipfel und Bergsilhouetten in<br />

der weiteren Umgebung.<br />

BayDSchG (Art. 4–6),<br />

bes. Art. 6 (1) u. (5).<br />

Besonders<br />

landschaftsprägendes<br />

Denkmal<br />

BayLplG, (Art. 15 Abs. 4<br />

Satz 1, Anlage 2), hier<br />

Regionalplan Oberland<br />

(17)<br />

Der Kirchenbau ist in seiner<br />

Kubatur, mit seinen Formen und<br />

Proportionen harmonisch<br />

eingebettet in die Silhouetten der<br />

Voralpenlandschaft.<br />

KDK Wallfahrtskirche<br />

„Die Wies“ mit<br />

Zusammenfassung von<br />

Literatur und Quellen<br />

Von technischen Bauwerken<br />

ungestörte, dünn besiedelte<br />

Kulturlandschaft, geprägt durch<br />

die Rodungsinsel, traditionelle<br />

Viehwirtschaft, Feldstadl, Moore<br />

und Filze, Gewässer, Wälder, Höfe<br />

mit Wohnhäusern und Stallungen.<br />

3 Die Wallfahrtskirche auf der Wies<br />

als Pilgerstätte<br />

3.1 Pilgerstätte<br />

3.2 Gnadenbild des Gegeißelten<br />

Heilands<br />

Bis heute in ihrer ursprünglichen<br />

Funktion und Bedeutung genutzte<br />

Kirche in einem Netz von<br />

Wallfahrts-, Prozessions- und<br />

Pilgerwegen.<br />

Weiterhin lebendige kulturelle und<br />

religiöse Traditionen<br />

BayDSchG (Art. 5)<br />

KDK Wallfahrtskirche<br />

„Die Wies“ mit<br />

Zusammenfassung von<br />

Literatur und Quellen<br />

Erbauung der Wallfahrtskirche<br />

durch das nahegelegene Kloster<br />

Steingaden (7km Entfernung).<br />

Nation<br />

al<br />

4/5 Die Wieskirche als Teil des<br />

„Pfaffenwinkels“<br />

4.1 Sichtpunkte im weiteren Umfeld<br />

5.1 Sakrale Landschaft<br />

Bis heute in ihrer ursprünglichen<br />

Funktion und Bedeutung genutzte<br />

Kirche in einem Netz von<br />

Wallfahrts-, Prozessions- und<br />

Pilgerwegen.<br />

KDK Wallfahrtskirche<br />

„Die Wies“ mit<br />

Zusammenfassung von<br />

Literatur und Quellen<br />

Weiterhin lebendige kulturelle und<br />

religiöse Traditionen<br />

Erbauung der Wallfahrtskirche<br />

durch das nahegelegene Kloster<br />

Steingaden (7km Entfernung).<br />

61


Tabellen zur Evaluierung von Auswirkungen<br />

Nr. Beschreibung der potenziellen Auswirkung<br />

Frequenz/Häufigkeit der Maßnahme<br />

OUV-Attribute<br />

Relevanz des Sichtpunktes<br />

(nach KDK)<br />

Einmalig/<br />

periodisch/<br />

kontinuierlich<br />

Kurzfristig/<br />

langfristig<br />

Reversibel/<br />

irreversibel<br />

Reversibilität der<br />

Veränderung<br />

Langlebigkeit der<br />

Veränderung<br />

Reversibel/<br />

irreversibel Temporär/permanent<br />

Grad der VeränderungQualität der<br />

Veränderung Bewertung der Auswirkung<br />

Keine/<br />

zu vernachlässigen/<br />

leicht/groß Positiv/negativ<br />

Neutral/geringfügig/mäßig/<br />

hochgradig (positiv und negativ)<br />

Die Wieskirche als herausragendes Gesamtkunstwerk und<br />

Inbegriff des bayerischen Rokoko<br />

1<br />

1.1 Die Architektur der Wallfahrtskirche keine Beeinträchtigung durch die geplanten WEA Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

1.2 Innengestaltung keine Beeinträchtigung durch die geplanten WEA Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

2 Raumwirkung der Wieskirche in die Landschaft<br />

2.1 Alpental<br />

Die Silhouetten der Voralpenlandschaft werden aufgrund der Lage<br />

der WEA im Norden in keinster Weise beeinflusst.<br />

Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

2.2 Offene (freie) Landschaft<br />

Die Silhouetten der Voralpenlandschaft werden aufgrund der Lage<br />

der WEA im Norden in keinster Weise beeinflusst. Die Sichtbarkeit<br />

von den Pilgerwegen aus ist ebenfalls nicht beeinträchtigt.<br />

Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Sichtpunkte innerhalb der Rodungsinsel, nördlich der<br />

Wieskirche<br />

Sichtpunkte innerhalb der Rodungsinsel, westlich der<br />

Wieskirche<br />

Sichtpunkte innerhalb der Rodungsinsel, südlich der Wieskirche<br />

2.3 Unberührte, ländliche Umgebung<br />

3 Die Wallfahrtskirche auf der Wies als Pilgerstätte<br />

Die Silhouetten der Voralpenlandschaft werden aufgrund der Lage<br />

der WEA im Norden in keinster Weise beeinflusst.<br />

Die WEA liegen außerhalb des Sichtradius. Der Sichtpunkt liegt<br />

direkt am Waldrand, eine Sichtbeziehung durch die Bewaldung<br />

und den Ilchberg nicht gegeben.<br />

Die WEA werden durch den Ilchberg verdeckt. Eine direkte<br />

Sichtbarkeit ist nicht gegeben.<br />

Geringfügig höhere technische Prägung der weiteren Umgebung;<br />

von der Wieskirche und im Zusammenhang mit ihr aber kaum<br />

wahrnehmbar (s. Punkt 4).<br />

äußerst relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

äußerst relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

äußerst relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

3.1 Pilgerstätte<br />

Es ist keine Sichtbarkeit der WEA gemeinsam mit der Wieskirche<br />

im Zusammenhang mit der Wallfahrt, Prozessionen und<br />

Pilgerreisen gegeben. Auf Wallfahrten von Norden (z.B. von<br />

Peiting) ist eine Sichtbarkeit der geplanten WEA gegeben, bei<br />

Passierung dieser ist aber das Ziel der Wallfahrt (Wieskirche) noch<br />

weit entfernt.<br />

Aufgrund der Entfernung von ca. 1 km (und mehr) der WEA vom<br />

Wallfahrtsweg ist von keiner wesentlichen Beeinträchtigung<br />

auszugehen.<br />

Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Neutral<br />

3.2 Gnadenbild des Gegeißelten Heilands keine Beeinträchtigung durch die geplanten WEA Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Other Values(außerhalb der Pufferzone)<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

4 Sichtpunkte<br />

4.1 Sichtpunkte in der weiteren Umgebung:<br />

Hoher Peißenberg<br />

Auerberg<br />

Ilchberg<br />

Die Wieskirche ist sehr weit entfernt und nur durch Nutzung des<br />

fest montierten Fernglases (gegen Gebühr) als Baukörper sichtbar.<br />

Die WEA liegen am äußersten Rand des Blickfeldes und werden<br />

von Baumkronen verdeckt. Zudem ist der Sichtpunkt im KDK<br />

lediglich als „relevant“ eingeordnet. Die Auswirkung wird daher<br />

als neutral eingestuft.<br />

Die Wieskirche ist als gestalteter Baukörper mit bloßem Auge<br />

sichtbar. Die geplanten WEA liegen am äußeren Rand des<br />

Blickfeldes, wirken durch die Entfernung von ca. 12 Kilometern<br />

relativ klein und sind zu erheblichen Teilen von Bäumen verdeckt.<br />

Der Sichtpunkt ist im KDK in der Kategorie „sehr relevant“<br />

eingeordnet; die Auswirkungen werden daher als geringfügig<br />

negativ eingestuft.<br />

Der Sichtpunkt weist für die Wieskirche laut KDK eine „sehr hohe<br />

Relevanz“ auf. Jedoch sind die geplanten WEA in keinster Weise<br />

sichtbar und die Auswirkung wird somit als neutral eingestuft.<br />

Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Neutral<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Oberhalb Langau<br />

Eckberg<br />

Schneidberg<br />

Der Sichtpunkt wurde im KDK als „äußerst relevant“ eingeordnet.<br />

Die geplanten WEA sind jedoch in keinster Weise sichtbar; die<br />

Auswirkung wird demnach als neutral eingestuft.<br />

Im KDK ist der Sichtpunkt als „sehr relevant“ dargestellt; die<br />

geplanten WEA befinden sich allerdings nicht innerhalb des<br />

Sichtfeldes vom Sichtpunkt zur Wieskirche. Das Blickfeld muss<br />

stark nach Norden gedreht werden um die WEA sehen zu können.<br />

Die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

Der Sichtpunkt im bewaldeten Gebiet liegt nah an der Wieskirche,<br />

die aufgrund der überwiegend dauergrünen Bäume allerdings nur<br />

sehr punktuell sichtbar ist. An den wenigen Blickbezügen zur<br />

Wieskirche ist entsprechend eine teilweise Sichtbarkeit möglich,<br />

je nach Standort und Dichte der Bewaldung. Aus diesem Grund ist<br />

der Sichtpunkt im KDK lediglich als „relevant“ eingestuft.<br />

Aufgrund eines schlechten Wegenetzes und der kaum gegebenen<br />

Erreichbarkeit liegt eine niedrige Frequentierung vor, sodass dem<br />

Sichtpunkt eine lediglich untergeordnete Bedeutung zukommt.<br />

Sollte der Wald sich langfristig verändern, ist eine Reevaluierung<br />

durchzuführen. Die Auswirkungen werden als geringfügig negativ<br />

eingestuft.<br />

äußerst relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

B17 Richtung Fronreiten<br />

Die Wieskirche ist an dieser Stelle sowohl vom Auto als auch zu<br />

Fuß wahrnehmbar; der Sichtpunkt ist daher im KDK als „sehr<br />

relevant“ dargestellt. Die geplanten WEA liegen am äußersten<br />

Rand des Blickfeldes, aufgrund der topographische Gegebenheiten<br />

und der Vegetation nicht sichtbar. Eine direkte Sichtbarkeit ist<br />

nicht gegeben, die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

62


3 Die Wallfahrtskirche auf der Wies als Pilgerstätte<br />

3.1 Pilgerstätte<br />

Es ist keine Sichtbarkeit der WEA gemeinsam mit der Wieskirche<br />

im Zusammenhang mit der Wallfahrt, Prozessionen und<br />

Pilgerreisen gegeben. Auf Wallfahrten von Norden (z.B. von<br />

Peiting) ist eine Sichtbarkeit der geplanten WEA gegeben, bei<br />

Passierung dieser ist aber das Ziel der Wallfahrt (Wieskirche) noch<br />

weit entfernt.<br />

Aufgrund der Entfernung von ca. 1 km (und mehr) der WEA vom<br />

Wallfahrtsweg ist von keiner wesentlichen Beeinträchtigung<br />

auszugehen.<br />

Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Neutral<br />

3.2 Gnadenbild des Gegeißelten Heilands keine Beeinträchtigung durch die geplanten WEA Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Other Values(außerhalb der Pufferzone)<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

4 Sichtpunkte<br />

4.1 Sichtpunkte in der weiteren Umgebung:<br />

Hoher Peißenberg<br />

Auerberg<br />

Ilchberg<br />

Die Wieskirche ist sehr weit entfernt und nur durch Nutzung des<br />

fest montierten Fernglases (gegen Gebühr) als Baukörper sichtbar.<br />

Die WEA liegen am äußersten Rand des Blickfeldes und werden<br />

von Baumkronen verdeckt. Zudem ist der Sichtpunkt im KDK<br />

lediglich als „relevant“ eingeordnet. Die Auswirkung wird daher<br />

als neutral eingestuft.<br />

Die Wieskirche ist als gestalteter Baukörper mit bloßem Auge<br />

sichtbar. Die geplanten WEA liegen am äußeren Rand des<br />

Blickfeldes, wirken durch die Entfernung von ca. 12 Kilometern<br />

relativ klein und sind zu erheblichen Teilen von Bäumen verdeckt.<br />

Der Sichtpunkt ist im KDK in der Kategorie „sehr relevant“<br />

eingeordnet; die Auswirkungen werden daher als geringfügig<br />

negativ eingestuft.<br />

Der Sichtpunkt weist für die Wieskirche laut KDK eine „sehr hohe<br />

Relevanz“ auf. Jedoch sind die geplanten WEA in keinster Weise<br />

sichtbar und die Auswirkung wird somit als neutral eingestuft.<br />

Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Neutral<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Oberhalb Langau<br />

Eckberg<br />

Schneidberg<br />

Der Sichtpunkt wurde im KDK als „äußerst relevant“ eingeordnet.<br />

Die geplanten WEA sind jedoch in keinster Weise sichtbar; die<br />

Auswirkung wird demnach als neutral eingestuft.<br />

Im KDK ist der Sichtpunkt als „sehr relevant“ dargestellt; die<br />

geplanten WEA befinden sich allerdings nicht innerhalb des<br />

Sichtfeldes vom Sichtpunkt zur Wieskirche. Das Blickfeld muss<br />

stark nach Norden gedreht werden um die WEA sehen zu können.<br />

Die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

Der Sichtpunkt im bewaldeten Gebiet liegt nah an der Wieskirche,<br />

die aufgrund der überwiegend dauergrünen Bäume allerdings nur<br />

sehr punktuell sichtbar ist. An den wenigen Blickbezügen zur<br />

Wieskirche ist entsprechend eine teilweise Sichtbarkeit möglich,<br />

je nach Standort und Dichte der Bewaldung. Aus diesem Grund ist<br />

der Sichtpunkt im KDK lediglich als „relevant“ eingestuft.<br />

Aufgrund eines schlechten Wegenetzes und der kaum gegebenen<br />

Erreichbarkeit liegt eine niedrige Frequentierung vor, sodass dem<br />

Sichtpunkt eine lediglich untergeordnete Bedeutung zukommt.<br />

Sollte der Wald sich langfristig verändern, ist eine Reevaluierung<br />

durchzuführen. Die Auswirkungen werden als geringfügig negativ<br />

eingestuft.<br />

äußerst relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

Einmalig Langfristig Reversibel<br />

B17 Richtung Fronreiten<br />

Die Wieskirche ist an dieser Stelle sowohl vom Auto als auch zu<br />

Fuß wahrnehmbar; der Sichtpunkt ist daher im KDK als „sehr<br />

relevant“ dargestellt. Die geplanten WEA liegen am äußersten<br />

Rand des Blickfeldes, aufgrund der topographische Gegebenheiten<br />

und der Vegetation nicht sichtbar. Eine direkte Sichtbarkeit ist<br />

nicht gegeben, die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

Niederbleick<br />

Die Wieskirche und die geplanten WEA sind bei guten<br />

Sichtverhältnissen gleichzeitig sichtbar. Im KDK ist der<br />

Sichtpunkt als „sehr relevant“ eingestuft. Aufgrund der relativ<br />

großen Entfernung von 15,3 Kilometern und dem großen Abstand<br />

zwischen Wieskirche und WEA stehen diese jedoch nicht in<br />

visueller Konkurrenz zueinander. Da der Aussichtpunkt zu Fuß<br />

mehrstündig erwandert werden muss, liegt zudem nur eine<br />

geringe Frequentierung des Sichtpunktes vor. Die Auswirkungen<br />

werden somit als geringfügig negativ eingestuft.<br />

Sehr Relevant Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

4.2<br />

Friedhof der Pfarrkirche in Tannenberg<br />

weitere Sichtbeziehungen:<br />

Portalausgang Wieskirche<br />

Die Wieskirche als Teil des Pfaffenwinkels; sakrale<br />

Elemente in der weiteren Umgebung<br />

Die geplanten WKA sind am äußersten Rand des Sichtfeldes mit<br />

der Wieskirche sichtbar. Von dem Standort werden die WEA<br />

stärker als Einzelanlagen denn als Windfarm wahrgenommen. Der<br />

Standort wird im KDK nicht als relevante Sichtbeziehung zur<br />

Wieskirche aufgeführt, die Betrachtung erfolgte aufgrund der<br />

Nennung im Technical Report von ICOMOS International 2015.<br />

Die Auswirkung wird daher als neutral eingestuft.<br />

Beim Verlassen der Wieskirche durch das westliche Portal geht<br />

der Blick in Richtung der geplanten WEA. Die geplanten WEA<br />

werden durch den Ilchberg verdeckt. Eine direkte Sichtbarkeit ist<br />

nicht gegeben. Die Auswirkung wird als neutral eingestuft.<br />

Geringfügig hörere technische Prägung der weiteren Umgebung;<br />

von der Wieskirche und im Zusammenhang mit ihr aber kaum<br />

wahrnehmbar (s. Punkt 2.3).<br />

- Reversibel Permanent Keine Negativ Neutral<br />

nicht definiert Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Neutral<br />

Reversibel Permanent Zu vernachlässigen Negativ Geringfügig negativ<br />

5<br />

63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!