Hängen ist ein zu sanfter Tod! (Leseprobe)
Hängen ist ein zu sanfter Tod! Ein Westernroman von Blacky Colter Taschenbuch: 140 Seiten, Euro (D) 8.99, ISBN 978-3-911352-09-3 E-Book: Euro (D) 1.99, ISBN 978-3-911352-04-8 Adam Stone ist Besitzer der zweitgrößten Ranch und ein cholerischer Menschenschinder. Er ist nur von einem einzigen Gedanken erfüllt – Rache an der Familie King. Dabei ist ihm jedes Mittel recht und er geht dabei über Leichen. Und dann ist da noch die Liebe zwischen Adams Sohn Steven und Kings Tochter Samanta. Als Kings Sohn John nach einer Schlägerei mit Adam Stone stirbt und Johns Vater schwer verletzt wird, ist für Samanta King das Maß voll. Die liebreizende Farmerstochter indianischer Abstammung verwandelt sich in einen Racheengel. »Spannung von der ersten bis zur letzten Seite!« Erhältlich als Taschenbuch & E-Book
Hängen ist ein zu sanfter Tod!
Ein Westernroman von Blacky Colter
Taschenbuch: 140 Seiten, Euro (D) 8.99, ISBN 978-3-911352-09-3
E-Book: Euro (D) 1.99, ISBN 978-3-911352-04-8
Adam Stone ist Besitzer der zweitgrößten Ranch und ein cholerischer Menschenschinder. Er ist nur von einem einzigen Gedanken erfüllt – Rache an der Familie King. Dabei ist ihm jedes Mittel recht und er geht dabei über Leichen.
Und dann ist da noch die Liebe zwischen Adams Sohn Steven und Kings Tochter Samanta.
Als Kings Sohn John nach einer Schlägerei mit Adam Stone stirbt und Johns Vater schwer verletzt wird, ist für Samanta King das Maß voll.
Die liebreizende Farmerstochter indianischer Abstammung verwandelt sich in einen Racheengel.
»Spannung von der ersten bis zur letzten Seite!«
Erhältlich als Taschenbuch & E-Book
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dies <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Aus<strong>zu</strong>g aus dem Buch:<br />
<strong>Hängen</strong> <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> <strong>zu</strong> saner <strong>Tod</strong>!<br />
Ein Westernroman von<br />
Blacky Colter<br />
Erschienen 2024 bei Everweard Publishing<br />
www.everweard.com<br />
Erhältlich als E-Book und Taschenbuch<br />
Auf der Website des Verlags finden Sie<br />
weitere Informationen <strong>zu</strong>m Buch:<br />
hps://eplnk.com/western<br />
Erhältlich beim Verlag, im Buchhandel oder im Internet.
Blacky Colter<br />
<strong>Hängen</strong><br />
<strong>ist</strong><br />
<strong>ein</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>sanfter</strong><br />
<strong>Tod</strong>!<br />
Roman
Dieses Werk <strong>ist</strong> in allen s<strong>ein</strong>en Teilen urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Überset<strong>zu</strong>ng,<br />
des Vortrags, des Nachdrucks, der Wiedergabe auf fotomechanischem<br />
oder ähnlichem Wege und der Speicherung in elektronischen Medien.<br />
Die Personen und die Handlung sind frei erfunden.<br />
Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder<br />
lebenden oder verstorbenen Personen wären r<strong>ein</strong> <strong>zu</strong>fällig.<br />
Copyright © 2024 by Blacky Colter<br />
Copyright © 2024 by:<br />
Everweard Media & Publishing<br />
Frédéric R. Bürthel<br />
Friedrich-Naumann-Allee 29, 19288 Ludwigslust<br />
www.everweard-publishing.com<br />
kontakt@everweard.com<br />
Everweard Publishing <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Imprint<br />
von Everweard Media & Publishing<br />
Satz, Layout, Umschlaggestaltung: FRB<br />
Umschlagabbildung:<br />
Generiert mit Shutterstock AI, überarbeitet von FRB<br />
Printed in Europe<br />
ISBN: 978-3-911352-09-3<br />
1. Auflage<br />
4
Adam Stone raste im gestreckten Galopp durch<br />
das hölzerne Bogentor s<strong>ein</strong>er Ranch. Auf dem<br />
Querbalken unter dem Büffelschädel war s<strong>ein</strong><br />
Name tief <strong>ein</strong>gebrannt: Adams Ranch. Jedes Mal,<br />
wenn Adam <strong>ein</strong>en Blick darauf warf, erfüllte es ihn<br />
mit Stolz. In s<strong>ein</strong>en Erinnerungen stiegen die Bilder<br />
des Tages auf, an dem er die Buchstaben <strong>ein</strong>gebrannt<br />
hatte und das Zeichen des neu geschmiedeten Brandeisens<br />
mit dem geschwungenen ›A‹ ins Holz gedrückt<br />
hatte. Seither waren etwas mehr als dreißig<br />
Jahre vergangen. Dreißig Jahre voller Arbeit, Ehrgeiz.<br />
Die Ranch war gewachsen. Doch im gleichen Maß<br />
waren Hass und Zorn, Wut und Bitternis in ihm gekeimt<br />
wie bei <strong>ein</strong>em Kaktus, der wächst und harte<br />
spitze Stacheln hat, die jeden verletzen, der ihm <strong>zu</strong><br />
nahe kommt. Seit Jahren hatte sich etwas angestaut,<br />
heute brach es endgültig aus ihm heraus.<br />
Er brachte das überhitzte Pferd vor der Veranda des<br />
großen Haupthauses <strong>zu</strong>m Stehen. Das Pferd schnaubte<br />
und dampfte. Es hatte weißen Schaum an den Flanken.<br />
Die Männer vor dem Wirtschaftsgebäude warfen<br />
sich Blicke <strong>zu</strong>. Sie schoben die Hüte tiefer ins Gesicht<br />
und schüttelten die Köpfe. K<strong>ein</strong>er sagte <strong>ein</strong> Wort, jeder<br />
spürte die Spannung, die in der Luft lag.<br />
»Gafft nicht! Zurück an die Arbeit«, zischte der alte<br />
Ross, der <strong>ein</strong>e Stellung zwischen Verwalter und Vorarbeiter<br />
<strong>ein</strong>nahm. Der alte Mann hinkte über die Freifläche<br />
zwischen den Gebäuden und holte das Pferd.<br />
»Adam, der Gäuleschinder! Adam, der Menschenschinder!«,<br />
brummte er vor sich hin, während er das<br />
immer noch erhitzte Pferd langsam <strong>zu</strong>r Koppel führte.<br />
5
Adams Stone war ins Haus gestürmt. S<strong>ein</strong>e Stimme<br />
war deutlich <strong>zu</strong> hören, wie er im Haus nach s<strong>ein</strong>em<br />
Sohn brüllte.<br />
»Steven! Du nichtsnutziger Hundesohn! Wo b<strong>ist</strong><br />
du?«<br />
Mit großen Schritten durchmaß Adam die Räume.<br />
Jeder Schritt s<strong>ein</strong>er Westernstiefel knallte auf die<br />
breiten, dunkelglänzenden Holzdielen.<br />
Er fand s<strong>ein</strong>en Sohn am Sekretär sitzen und die<br />
Bücher durchsehen.<br />
»Dad, was gibt es? Hast du Ärger in der Stadt gehabt?«<br />
»N<strong>ein</strong>, es ging alles klar! Die Einnahmen aus dem<br />
Saloon waren gut. Aber es gehen Gerüchte um. Es<br />
wird erzählt, Samuel King hätte <strong>ein</strong>en Brief nach<br />
Boston geschrieben und schon Antwort erhalten.<br />
Die Frau, die er mit s<strong>ein</strong>em Sohn verheiraten will,<br />
soll bald kommen. Hast du etwas davon gehört?«<br />
»Ja, es wurde darüber geredet!«<br />
Adam Stones Gesicht verzerrte sich <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>er ekelhaften<br />
Fratze. Er wurde dunkelrot vor Zorn.<br />
»Warum hast du nichts gesagt?«, schrie Adam und<br />
machte <strong>ein</strong>e abwertende Handbewegung. »Verdammt,<br />
jetzt vermehrt sich die Brut der Kings noch!<br />
Dieser Halunke hat mit allem Glück! Jetzt wird er<br />
sich bald noch in der Schar von Enkelkindern sonnen<br />
können. Doch dem mache ich <strong>ein</strong>en Strich durch die<br />
Rechnung! Ich habe beschlossen, du heiratest ebenfalls<br />
und zwar früher. Mit anderen Worten – sofort!«<br />
Steven wurde blass. Es war, als gefriere ihm das<br />
Blut in den Adern. Ein nie vorher verspürter Stich<br />
6
jagte in der Herzgegend durch s<strong>ein</strong>en Körper. Es war,<br />
als zerrisse ihn <strong>ein</strong> Blitz. Er fasste sich an die Brust.<br />
Er starrte s<strong>ein</strong>en Vater an.<br />
»Schau nicht so!«, brüllte dieser. »Ich hatte es<br />
auch so gemacht. Es war <strong>ein</strong>e gute Entscheidung, die<br />
Saloonchefin <strong>zu</strong> heiraten! Das dachte ich gerade heute<br />
wieder, als ich die Einnahmen kontrollierte und<br />
abholte.«<br />
Steven wusste, dass es nicht nur <strong>ein</strong> Saloon war,<br />
sondern, dass im oberen Stockwerk auch andere<br />
Dienste für die Cowboys angeboten wurden. Steven<br />
hatte das Bordell nie besucht. S<strong>ein</strong> Vater verachtete<br />
ihn deswegen und nannte ihn Weichei.<br />
»Also, ich habe dir <strong>ein</strong>e Braut ausgesucht. Im Saloon<br />
gibt es <strong>ein</strong> junges Girl, hübsch. Sie kam gestern<br />
erst an. Ich habe bereits alles klar gemacht. Du fährst<br />
sofort hin und bringst sie her! Die nimmst du! Jetzt<br />
gehe! Nimm die Sonntagskutsche, wenn du sie abholst!<br />
Ich habe ihr Geld gegeben, damit sie sich neu<br />
<strong>ein</strong>kleiden kann. Sie <strong>ist</strong> auch nicht mehr im Saloon,<br />
ich habe ihr <strong>ein</strong> Zimmer im Hotel geben lassen.<br />
Schließlich gehört sie bald <strong>zu</strong>r Adams Ranch. Am<br />
Wochenende wird geheiratet!«<br />
Steven stand langsam vom Stuhl auf. S<strong>ein</strong>e Schultern<br />
strafften sich. Er presste die Lippen <strong>zu</strong>sammen, bis<br />
sie nur noch <strong>ein</strong> schmaler Strich waren. S<strong>ein</strong>e Arme<br />
hingen zwar ruhig herunter, doch er ballte die Fäuste,<br />
bis die Knöchel weiß wurden.<br />
»N<strong>ein</strong>!«, sagte er leise, fast unhörbar.<br />
Mit <strong>ein</strong>em Satz war s<strong>ein</strong> Vater bei ihm und im<br />
7
nächsten Augenblick traf Steven dessen ausholende<br />
Faust mitten im Gesicht. Steven torkelte <strong>zu</strong>r Seite,<br />
fing sich wieder und rieb sich das Kinn. Wütend griff<br />
er nach der großen Bodenvase und schleuderte sie in<br />
die Richtung s<strong>ein</strong>es Vaters. Dieser wich aus, die Vase<br />
zerschellte an der Wand. In dem großen Wohnzimmer<br />
folgte <strong>ein</strong>e wilde Verfolgungsjagd. Steven wollte<br />
sich nicht mit s<strong>ein</strong>em Vater prügeln. Adams Wut<br />
nach der Ablehnung s<strong>ein</strong>es Sohnes steigerte sich <strong>zu</strong>r<br />
Hysterie, die ihn alles vergessen ließ. Steven war behänder<br />
und Adam konnte ihn nicht packen. So warf<br />
auch Adam Stone Gegenstände nach s<strong>ein</strong>em Sohn. Er<br />
riss Bilder und den Spiegel von der Wand. Es flogen<br />
Schalen und Blumenvasen. Er schleuderte Steven volle<br />
Whiskyflaschen hinterher und macht auch vor<br />
Stühlen, dem Tisch und kl<strong>ein</strong>eren Schränkchen nicht<br />
halt. Binnen weniger Minuten sah der Raum wie <strong>ein</strong><br />
Schlachtfeld aus, es lagen zerbrochene Stühle, Scherben<br />
herum und es stank nach Whisky. Schließlich<br />
rannte Steven <strong>zu</strong>m Fenster, schwang sich über die<br />
Fensterbank hinaus auf die Terrasse. S<strong>ein</strong> Vater nahm<br />
die Verfolgung auf. Steven setzte mit elegantem<br />
Schwung s<strong>ein</strong>e Flucht über das Geländer fort und<br />
rannte über die freien Flächen, die zwischen den verschiedenen<br />
Gebäuden lagen. S<strong>ein</strong> Vater setzte hinterher.<br />
Aber der Ältere konnte den Jüngeren nicht <strong>ein</strong>holen.<br />
Adam war von dem Widerstand s<strong>ein</strong>es Sohnes <strong>zu</strong><br />
heiraten außer sich vor Wut und kannte k<strong>ein</strong>e<br />
Schranken mehr. Er riss s<strong>ein</strong>en Colt aus dem Halfter<br />
und schoss.<br />
8
Steven spürte, wie die Kugel an ihm vorbeisauste<br />
und vor ihm in den Sand <strong>ein</strong>schlug, Staub wirbelte<br />
auf.<br />
»Bleib stehen!«, brüllte s<strong>ein</strong> Vater in <strong>ein</strong>em Tonfall,<br />
der sich wahrlich so anhörte, als sei er nicht von<br />
dieser Welt. »Bleib stehen, du verdammter Hurensohn!<br />
Hier wird sich immer noch m<strong>ein</strong>em Willen gefügt.<br />
Etwas anderes gibt es nicht und du tust was ich<br />
dir sage!«<br />
Ein weiterer Schuss aus Adam Stones Colt knallte<br />
durch die Luft und wirbelte erneut Sand auf.<br />
Dad <strong>ist</strong> fähig, mich <strong>zu</strong> erschießen, erkannte Steven.<br />
Er blieb stehen, atmete durch und drehte sich langsam<br />
um.<br />
S<strong>ein</strong> Vater stand breitb<strong>ein</strong>ig da, den Colt noch immer<br />
in der Hand. Steven blickte in das kl<strong>ein</strong>e schwarze<br />
Loch, aus dem ihm der <strong>Tod</strong> drohte, daran bestand<br />
für ihn k<strong>ein</strong> Zweifel. Lieber würde ihn s<strong>ein</strong> Vater tot<br />
sehen als ungehorsam. Jetzt nur k<strong>ein</strong>e falsche Bewegung<br />
und k<strong>ein</strong> falsches Wort, schoss es Steven durch<br />
den Kopf. Wenn es gegen die Kings ging, kannte s<strong>ein</strong><br />
Dad k<strong>ein</strong> Maß, das wusste Steven, seit er <strong>ein</strong> Kind<br />
war. Der Hass, den Adam Stone gegen s<strong>ein</strong>en ehemaligen<br />
Freund Samuel King hegte, war <strong>ein</strong> Gefühl, das<br />
nicht von dieser Welt <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong> schien und direkt aus<br />
der Hölle kam. Schon öfter hatte Steven ihn erlebt,<br />
wenn er sich gegen King aufgelehnt und über ihn<br />
aufgeregt hatte. Dann war Adams Blick hitzig und<br />
glasig geworden. Adams Augen starrten krankhaft,<br />
sodass man es nur als irre beschreiben konnte. Und<br />
9
dieses Mal war es noch schlimmer. Steven sah, dass<br />
er im Augenblick k<strong>ein</strong>e Chance hatte, in irgend<strong>ein</strong>er<br />
Art und Weise auf ihn beruhigend <strong>ein</strong><strong>zu</strong>wirken.<br />
Adam Stone zog auch s<strong>ein</strong>en linken Colt und<br />
schoss damit abwechselnd vor s<strong>ein</strong>em Sohn auf den<br />
Boden.<br />
Peng – pfiiuuu, rechts – links – rechts – links kamen<br />
die Einschläge immer näher.<br />
Dabei grinste Adam Stone Steven an. Triumph lag<br />
in s<strong>ein</strong>em Blick, der so viel besagte wie: Dich kriege<br />
ich schon kl<strong>ein</strong>, du Schlappschwanz. Ich werde dich<br />
<strong>zu</strong>m Mann machen und - wenn es s<strong>ein</strong> muss – mit<br />
Gewalt.<br />
Von dem Schusswechsel aufgeschreckt, waren die<br />
Cowboys und Arbeiter der Ranch <strong>zu</strong>sammengelaufen.<br />
Sie standen drüben bei den Wirtschaftsgebäuden.<br />
Es <strong>ist</strong> wieder <strong>ein</strong>mal soweit, dachten sie, doch dieses<br />
Mal schien es ernster <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>, als es je <strong>zu</strong>vor gewesen<br />
war.<br />
Stevens Hände glitten langsam <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>er Körpermitte.<br />
Ohne s<strong>ein</strong>en Vater aus den Augen <strong>zu</strong> lassen,<br />
öffnete Steven den silbernen Verschluss s<strong>ein</strong>es Revolvergürtels<br />
und ließ ihn <strong>zu</strong> Boden fallen. S<strong>ein</strong> Vater<br />
würde es nicht wagen, auf ihn <strong>zu</strong> schießen, wenn<br />
er unbewaffnet war. Steven hatte ihn richtig <strong>ein</strong>geschätzt.<br />
Adam grinste. Der ließ den Colt <strong>ein</strong>ige Male um<br />
den Finger wirbeln und steckte ihn dann <strong>ein</strong>.<br />
»Gut, dann tragen wir es aus, Steven! Und danach<br />
wirst du tun, was ich will!«, brüllte er.<br />
10
Ihre Blicke trafen sich. Adam löste ebenfalls s<strong>ein</strong>en<br />
Revolvergurt und warf ihn voller Wut auf die<br />
Erde. S<strong>ein</strong> Grinsen dabei war voller Heimtücke, so<br />
wie es immer war. Steven jagte es <strong>ein</strong>en Schauer<br />
über den Rücken. So muss es dann s<strong>ein</strong>, dachte Steven<br />
und nahm die Fäuste hoch.<br />
Die Männer auf der Ranch kamen da<strong>zu</strong> und standen<br />
im Kreis um die beiden herum. Ihren Blicken<br />
war nicht <strong>zu</strong> entnehmen, auf wessen Seite sie waren,<br />
der des alten Stone oder der s<strong>ein</strong>es Sohnes. Er war<br />
der Boss. Deshalb war es besser, sich nichts anmerken<br />
<strong>zu</strong> lassen, denn man wollte weiterhin auf der<br />
Ranch arbeiten. Es war bekannt, dass Adam Stone<br />
immer hart s<strong>ein</strong>en Willen durchsetze und niemand<br />
duldete, der nicht <strong>zu</strong> ihm hielt. Adam Stone fühlte<br />
sich wie Godfather auf s<strong>ein</strong>er Ranch.<br />
Die beiden gingen auf<strong>ein</strong>ander <strong>zu</strong>, tänzelten <strong>ein</strong><br />
wenig herum und belauerten sich. Dann schlug<br />
Adam <strong>zu</strong>. Er traf mit der Rechten Stevens Kopf. Noch<br />
bevor dieser reagieren konnte, traf ihn <strong>ein</strong> zweiter<br />
Schlag, Adams Linke in die Rippen. Es war alles ganz<br />
schnell gegangen. Steven stöhnte auf und sackte in<br />
sich <strong>zu</strong>sammen. Noch im Fallen boxte Adam Stone<br />
auf Steven <strong>ein</strong>, traf ihn in der Magengrube und den<br />
Weichteilen.<br />
»Waschlappen! Weichei!«, grölte s<strong>ein</strong> Vater.<br />
Steven lief rot an mit <strong>ein</strong>er Färbung ins Blaue. Er<br />
bekam kaum Luft, versuchte sich auf<strong>zu</strong>stützen und<br />
sackte immer wieder in sich <strong>zu</strong>sammen. Dann erbrach<br />
er sich in den Staub.<br />
»Steh auf und mach weiter!«<br />
11
Adam Stone tänzelte wild vor Steven auf der Stelle<br />
und setzte als Bedrohung Hiebe in die Luft, rechts<br />
und dann links und wieder rechts.<br />
»Steh endlich auf!«, brüllte er. »Wir sind noch<br />
nicht fertig mit<strong>ein</strong>ander!«<br />
Der alte Ross schüttelte den Kopf. Er schob s<strong>ein</strong>en Hut<br />
in den Nacken. Er stemmte die Arme in die Seite und<br />
humpelte <strong>zu</strong> Adam. Er stellte sich ihm in den Weg.<br />
Dort stand der kl<strong>ein</strong>e Mann, der mehr als <strong>ein</strong>en Kopf<br />
kl<strong>ein</strong>er als Stone war und schaute <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>em Boss auf.<br />
Stumm blickte er ihn mit s<strong>ein</strong>en alten Augen an.<br />
»Wenn du ihn umbringst, hast du niemanden<br />
mehr!«, raunte er leise.<br />
»Sei still, du alter Hurenbock!«, brüllte Adam.<br />
Zorn stand in s<strong>ein</strong>en Augen. Wenn Blicke töten<br />
könnten, dann wäre Ross jetzt tot <strong>zu</strong> Boden gesunken.<br />
Doch Ross hielt dem Blick stand. Ohne Adam<br />
aus den Augen <strong>zu</strong> lassen, gab er dessen Revolvergurt<br />
<strong>ein</strong>en Tritt, sodass er weit durch den Staub flog.<br />
»Holt ihn euch, Boys!«, rief Ross laut.<br />
Einer der Männer trat vor und hob den Gurt mit<br />
den beiden Colts auf. Er klickte den Verschluss <strong>ein</strong><br />
und hängte ihn an <strong>ein</strong> Gatter.<br />
Ross hinderte Adam noch immer daran, etwas <strong>zu</strong><br />
tun. Es war seltsam <strong>zu</strong> beobachten, wie Adam Stone<br />
kl<strong>ein</strong> beigab. Schließlich bückte er sich, hob s<strong>ein</strong>en<br />
Hut auf, den er vorher auf den Boden geworfen<br />
hatte. Er klopfte ihn <strong>ein</strong>ige Male gegen s<strong>ein</strong>en Oberschenkel,<br />
um den Dreck ab<strong>zu</strong>klopfen, setzte ihn auf<br />
und zog ihn tief in die Stirn.<br />
12
»Das hast du nicht umsonst getan, Ross. Dafür<br />
lasse ich dich zahlen, Ross!«, brüllte Adam.<br />
Dann ging er ins Haus.<br />
Ross wandte sich jetzt Steven <strong>zu</strong> und half ihm auf die<br />
B<strong>ein</strong>e.<br />
»Danke! Dieses Mal dachte ich, er bringt mich<br />
um!«<br />
»Steven, wann wehrst du dich endlich? Ihr müsst<br />
das <strong>ein</strong>mal austragen. Du musst ihm <strong>ein</strong>e Lektion geben,<br />
sonst lässt er dir k<strong>ein</strong>e Ruhe. Wenn du immer nur<br />
<strong>ein</strong>steckst, wird er dich nie respektieren, Steven!«<br />
»N<strong>ein</strong>, Ross! Nie! Ich bin nicht wie er!«, sagte Steven<br />
leise und wischte sich das Blut von der Lippe.<br />
Er hustete <strong>ein</strong>ige Male.<br />
»Um was ging es dieses Mal? War etwas in der<br />
Stadt? Er hat s<strong>ein</strong> Pferd die fünfundzwanzig Meilen<br />
hier heraus fast <strong>zu</strong> <strong>Tod</strong>e geritten.«<br />
Steven hustete erneut. Er bekam immer noch<br />
kaum Luft.<br />
Ross ließ ihm <strong>ein</strong>en Augenblick Zeit.<br />
»Ross, ich werde nicht bleiben! Es <strong>ist</strong> Zeit <strong>zu</strong> gehen!<br />
Sonst gibt es <strong>ein</strong>es Tages hier <strong>ein</strong>en Toten, mindestens,<br />
entweder er oder ich….«<br />
Ross’ Augen verengten sich <strong>zu</strong> Schlitzen.<br />
»Willst du von mir auch <strong>ein</strong>e fangen? Wenn du<br />
gehst, dann b<strong>ist</strong> du wirklich nichts wert! Hast du <strong>ein</strong>mal<br />
daran gedacht, was d<strong>ein</strong>e Mutter da<strong>zu</strong> sagen<br />
würde?«<br />
»Sie <strong>ist</strong> tot und kann mir auch nicht mehr helfen!«,<br />
krächzte Steven. »Wenn sie noch leben würde,<br />
13
dann wären wir beide, sie und ich, bestimmt nicht<br />
mehr hier!«<br />
Mit <strong>ein</strong>er energischen Handbewegung schickte Ross<br />
die Männer an die Arbeit <strong>zu</strong>rück, die immer noch<br />
herumstanden. Er hob Stevens Hut aus dem Dreck<br />
und säuberte ihn.<br />
»Hier!«, sagte er leise. »Gehen wir <strong>zu</strong> den Pferden,<br />
Steven. Ich muss mit dir reden! Heute <strong>ist</strong> er <strong>zu</strong><br />
weit gegangen. Es wird Zeit, dass du <strong>ein</strong>iges erfährst!<br />
Das Maß <strong>ist</strong> voll. Heute <strong>ist</strong> Adam Stone <strong>zu</strong> weit gegangen.«<br />
Steven warf Ross <strong>ein</strong>en Blick <strong>zu</strong>. Ross› sonst so<br />
gütige Augen waren jetzt von <strong>ein</strong>er Entschlossenheit,<br />
Kälte, wie sie Steven vorher noch nie bei dem<br />
Alten gesehen hatte.<br />
»Du kannst mich auch nicht umstimmen, Ross, altes<br />
Haus!«, versuchte Steven <strong>zu</strong> lächeln, so gut, wie<br />
es ihm die Schmerzen, die er immer noch verspürte,<br />
ermöglichten.<br />
Steven rieb sich die Rippen und verzog das Gesicht.<br />
»Das werden wir sehen! Nun komm!«, sagte Ross.<br />
Der Alte hinkte <strong>ein</strong> großes Stück voraus. Unschlüssig<br />
schaute Steven ihm nach. Er kämpfte mit sich.<br />
Er schätzte den alten Ross, vielleicht waren da noch<br />
stärkere Gefühle für den alten Haudegen. Er hat sich<br />
immer um mich gekümmert, mehr als m<strong>ein</strong> Vater,<br />
dachte Steven. Aber dieses Mal lasse ich mich nicht<br />
überreden. Er folgte ihm.<br />
Sie standen am Gatter der Pferdekoppel. Ross<br />
drehte sich <strong>ein</strong>e Zigarette, steckte sie sich in den<br />
14
Mundwinkel, drehte <strong>ein</strong>e zweite Zigarette und reichte<br />
sie Steven.<br />
»Steven, du hast mich <strong>ein</strong>mal gefragt, wie das damals<br />
war, als ich angeschossen wurde und seither<br />
das steife Knie habe.«<br />
»Du hast es mir oft erzählt! Es waren die verfluchten<br />
Rothäute, die auch m<strong>ein</strong>e Mutter auf dem Gewissen<br />
haben.«<br />
Der alte Ross schüttelte den Kopf.<br />
»N<strong>ein</strong>, so war es nicht! Das war die Geschichte, die<br />
d<strong>ein</strong> Vater und ich dir erzählt haben, als du <strong>ein</strong> Kind<br />
warst. Hast du dich nicht gewundert, dass es vorher<br />
und auch nachher nie <strong>ein</strong>en Indianerüberfall auf die<br />
Ranch gegeben hat? Unsere Ranch und die Ranch der<br />
Kings wurden immer verschont. Nie <strong>ist</strong> Vieh gestohlen<br />
worden, niemals bedrohten uns die Indianer!«<br />
Steven schaute Ross mit großen Augen an.<br />
»Stimmt! Jetzt, wo du es sagst, fällt es mir auch<br />
auf. Warum <strong>ist</strong> das so?«<br />
Ross rückte s<strong>ein</strong>en Hut <strong>zu</strong>recht. Er schaute über<br />
die Pferdekoppel und richtete s<strong>ein</strong>e Augen über die<br />
weite Prärie dahinter, auf der sich das Gras leicht im<br />
heißen Sommerwind unter <strong>ein</strong>em wolkenlosen blauen<br />
Himmel wiegte.<br />
Es dauerte <strong>ein</strong>en Augenblick, bis Ross anfing <strong>zu</strong><br />
reden. Steven sah, dass es ihm sichtbar schwerfiel. In<br />
Stevens Kopf arbeitete es fieberhaft. Es soll anders<br />
gewesen s<strong>ein</strong>, die Geschichte <strong>ein</strong>e Lüge, hämmerte<br />
es in s<strong>ein</strong>en Schläfen.<br />
»Steven, jetzt b<strong>ist</strong> du <strong>ein</strong> Mann und <strong>ein</strong> Mann, der<br />
klug handelt, klüger als s<strong>ein</strong> Vater. Das war gut, wie<br />
15
du eben reagiert hast, als er schoss. Du hast die Nerven<br />
bewahrt.«<br />
»Ich denke, das war nicht so klug, das war feige!<br />
Ich bin wieder <strong>ein</strong>mal vor ihm <strong>ein</strong>geknickt. Er konnte<br />
mal wieder beweisen, dass er der Boss <strong>ist</strong>. Ich dachte<br />
nur, es <strong>ist</strong> klug, ihn schnell gewinnen <strong>zu</strong> lassen. Er war<br />
außer sich und für <strong>ein</strong>en Augenblick dachte ich sogar,<br />
er sei in der Lage, mich <strong>zu</strong> erschießen.«<br />
Der alte Ross nickte.<br />
»N<strong>ein</strong>, das war klug! Sonst hättest du jetzt vielleicht<br />
auch <strong>ein</strong> kaputtes Knie – wie ich.«<br />
Der alte Ross warf Steven <strong>ein</strong>en Seitenblick <strong>zu</strong>. Er<br />
sah die großen Fragezeichen in Stevens Augen und<br />
beobachtete, wie dieser auf s<strong>ein</strong> steifes B<strong>ein</strong> starrte.<br />
»Soll das heißen… das war…«<br />
»Ja, das war er. Ja, das hat mir Adam Stone angetan!<br />
Er tat es, weil ich mich zwischen d<strong>ein</strong>e Mutter<br />
und d<strong>ein</strong>en Vater stellte.«<br />
Ross wandte sich jetzt Steven <strong>zu</strong> und sah, wie er<br />
schluckte. Die Bewegung s<strong>ein</strong>es Adamsapfels war<br />
deutlich <strong>zu</strong> sehen. Ross gab ihm Feuer und zündete<br />
sich dann s<strong>ein</strong>e Zigarette an. Sie rauchten <strong>ein</strong>ige Züge.<br />
Es lag <strong>ein</strong>e Spannung über der Prärie. Die Sekunden<br />
wurden <strong>zu</strong> Minuten, <strong>zu</strong> Jahren für Steven, bis Ross<br />
ihm die Hand auf die Schulter legte. Er schaute s<strong>ein</strong>em<br />
Boy, wie er ihn heimlich nannte, tief in die Augen. Steven<br />
las darin Trauer, Sorge und <strong>ein</strong> nie vorher gesehenes<br />
Mitleid. Endlich sagte Ross leise und langsam,<br />
während der Griff auf der Schulter fester wurde:<br />
»D<strong>ein</strong>e Mutter <strong>ist</strong> nicht tot, Steven! Francis Stone<br />
lebt!«<br />
16
Es dauerte <strong>ein</strong>ige Sekunden, bis Steven die Worte<br />
erfasst hatte, die an s<strong>ein</strong> Ohr gedrungen waren.<br />
»Das Grab, Ross?«<br />
Stevens Stimme war fast tonlos.<br />
»Ist leer! Im Sarg sind nur Sand und St<strong>ein</strong>e drin!«<br />
Steven musste sich am Gatter festhalten, so schwindelte<br />
ihm. Wie aus <strong>ein</strong>er anderen Welt drangen die<br />
Worte des alten Ross an s<strong>ein</strong> Ohr. Die Bilder, die Ross<br />
mit s<strong>ein</strong>en Worten heraufbeschwor, mischten sich<br />
mit den Bildern des Tages, als er heimkam und man<br />
ihm sagte, dass <strong>ein</strong>e Mutter von Indianern umgebracht<br />
worden war.<br />
Damals war Steven zwölf Jahre alt gewesen. Es<br />
war Sommer und sehr heiß. Wie so oft hatte er sich<br />
heimlich mit Samantha in <strong>ein</strong>er <strong>ein</strong>samen Schlucht<br />
in den Bergen beim Wasserfall getroffen. Zwei unschuldige<br />
Kinder waren sie gewesen, zwischen denen<br />
der Hass der Väter stand, dabei war es mehr der<br />
Hass von Adam Stone als der von Samuel King, von<br />
Samanthas Vater. Steven war es strengstens verboten,<br />
jemandem aus der Kings Family auch nur in die<br />
Nähe <strong>zu</strong> kommen. Aber gegen das Gefühl in s<strong>ein</strong>em<br />
Kinderherzen, das ihn drängte, mit Samantha <strong>zu</strong><br />
spielen, war er nicht angekommen. So war er heimlich<br />
davongeritten.<br />
Als er damals bei Sonnenuntergang auf s<strong>ein</strong>em<br />
schwarz-weißen Pony heimgekommen war, stand<br />
Adam Stone am offenen Grab von Stevens Mutter.<br />
Ein Prediger sagte <strong>ein</strong> paar Worte. Dann wurde die<br />
Grube <strong>zu</strong>geschaufelt. Adam Stone steckt <strong>ein</strong> Holz-<br />
17
kreuz in den Erdhügel. Darauf war der Name ›Francis<br />
Stone‹ <strong>ein</strong>gebrannt, rechts und links geschmückt<br />
mit dem Brandzeichen der Adams Ranch, dem geschwungenen<br />
›A‹.<br />
»D<strong>ein</strong>e Mutter und d<strong>ein</strong> Vater führten k<strong>ein</strong>e gute<br />
Ehe. Es war <strong>ein</strong>e Zweckehe zwischen der Saloonchefin<br />
und noch recht jungen Bordellmutter Francis und<br />
d<strong>ein</strong>em Vater. Es war nicht so, dass sie sich nicht<br />
mochten, als sie heirateten. Es war für beide Seiten<br />
<strong>ein</strong> guter Deal. Vielleicht dachten sie auch, sie könnte<br />
das Beste daraus machen. Besonders d<strong>ein</strong>e Mutter<br />
hoffte, dass sie die Härte d<strong>ein</strong>es Dads mildern, ihn<br />
<strong>zu</strong>r Vernunft bringen konnte. Aber jeder Versuch endete<br />
in Streit.«<br />
»Ich weiß, Vater wollte <strong>ein</strong>fach nur <strong>ein</strong>e Frau,<br />
nachdem sich Ruby für Samuel entschieden hatte.<br />
Adam hat Samuel das nie verziehen. Er raste damals<br />
vor Eifersucht, galoppierte in die Stadt und kam am<br />
nächsten Tag mit Francis her. Der Friedensrichter<br />
hatte die beiden am Abend <strong>zu</strong>vor getraut. So wird es<br />
erzählt.«<br />
»Jahre später wurdest du geboren!«<br />
Es entstand <strong>ein</strong>e Stille zwischen den Männern.<br />
Ross sah, dass Steven nachdachte. Er legte die Stirn<br />
in Falten. Ross nickte ihm <strong>zu</strong>.<br />
»Ja, m<strong>ein</strong> Boy, du sollst es endlich wissen! D<strong>ein</strong><br />
Dad <strong>ist</strong> nicht d<strong>ein</strong> Dad! Ich weiß es von d<strong>ein</strong>er Mom.<br />
Sie hat es mir gesagt, bevor sie abre<strong>ist</strong>e. Sie hielt es<br />
bei d<strong>ein</strong>em Vater nicht mehr aus. Sie wollte gehen<br />
und dich mitnehmen. Darüber war es <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>em großen<br />
Streit gekommen. Adam verlor die Kontrolle<br />
18
über sich und prügelte sie wieder <strong>ein</strong>mal. D<strong>ein</strong>e<br />
Mutter flüchtete hinaus, ich ging dazwischen. Damals<br />
war ich noch viel jünger. D<strong>ein</strong> Vater schoss.<br />
Erst, als der Schuss fiel und ich <strong>zu</strong>sammensackte, fiel<br />
der Wahn teilweise von ihm ab.«<br />
Steven hielt sich <strong>ein</strong>en Augenblick die Hände vor<br />
das Gesicht.<br />
»Sie lebt! Sie lebt!«, flüsterte er vor sich hin.<br />
»Wo?«<br />
»Langsam, du Greenhorn! Lass mich ausreden!«<br />
Steven nickte. Für <strong>ein</strong>en Augenblick stand Wasser<br />
in s<strong>ein</strong>en Augen.<br />
»D<strong>ein</strong> Vater brüllte, sie könne gehen, dich müsste sie<br />
hierlassen! Er schoss immer haarscharf an ihr vorbei.<br />
Wie er es heute bei dir getan hat. D<strong>ein</strong>e Mutter sprang<br />
auf <strong>ein</strong> Pferd und galoppierte davon. In der Nacht kam<br />
sie heimlich auf die Ranch <strong>zu</strong>rück und kam <strong>zu</strong> mir. Ich<br />
lag auf m<strong>ein</strong>em Bett, m<strong>ein</strong> Knie schmerzte. Sie sagte<br />
mir, ich solle auf dich achten. Sie hatte Angst, dass<br />
Adam sie sucht und sie erschießt, wenn sie dich mitnähme.<br />
Sie war der M<strong>ein</strong>ung, dass du auf der Adams<br />
Ranch <strong>ein</strong>e bessere Zukunft hättest.«<br />
»Hast du ihr gesagt, dass Da…«, Steven scheute<br />
sich davor, das Wort ›Dad‹ für Adam über die Lippen<br />
<strong>zu</strong> bringen. »Ich m<strong>ein</strong>e, hast du ihr gesagt, dass<br />
Stone… sie für tot erklärt hat?«<br />
»Ja! Sie weiß es! Sie m<strong>ein</strong>te, es sei vielleicht so erst<br />
<strong>ein</strong>mal besser für dich. Besser <strong>ein</strong>e tote Mutter als<br />
<strong>ein</strong>e Mutter, die davongelaufen sei.«<br />
Steven zog an s<strong>ein</strong>er Zigarette und blies den<br />
Rauch hörbar aus.<br />
19
»Stone weiß nicht, dass ich nicht s<strong>ein</strong> Sohn bin…<br />
oder?«<br />
»Wissen tut er es nicht, vielleicht ahnen, vermuten.<br />
Niemals hat er sich da<strong>zu</strong> geäußert. Er wollte mit<br />
Francis noch mehr Kinder. Aber er konnte sie wohl<br />
nicht schwängern und andere Frauen auch nicht, die<br />
er nach Francis’ Fortgehen dutzendweise hatte. So<br />
b<strong>ist</strong> du alles, was er hat. Dabei schaut er wohl darüber<br />
hinweg, dass es s<strong>ein</strong> kann, dass du nicht s<strong>ein</strong><br />
leiblicher Sohn b<strong>ist</strong>. K<strong>ein</strong>en Sohn <strong>zu</strong> haben, wäre für<br />
ihn noch schlimmer, da Samuel mit Ruby zwei Kinder<br />
hat. Diese Tatsache lässt s<strong>ein</strong>en Hass und Zorn<br />
auf das Leben von Samuel King und s<strong>ein</strong>er Familie<br />
nie erlöschen. Er hasst Samuel aus tiefstem Herzen,<br />
weil Ruby ihm zwei reizende Kinder geschenkt hat,<br />
John und Samantha. Siehst du Samantha noch?«<br />
»Ja, wir sehen uns regelmäßig beim Wasserfall!«<br />
Steven seufzte.<br />
»Was wirst du jetzt tun, Steven?«<br />
»Das, was ich vorhatte! Ich werde m<strong>ein</strong> Bündel<br />
packen und gehen! Weißt du, wo Mutter <strong>ist</strong>?«<br />
»Frage im Saloon in der Stadt. Mit den Mädchen<br />
dort hält sie Kontakt. Das letzte, was ich gehört habe,<br />
<strong>ist</strong>, sie sei in Omaha. Ich habe ihr all die Jahre geschrieben<br />
und ihr berichtet, wie es dir geht, Steven.<br />
Ich brachte die Briefe Peggy-Sue in den Saloon. Sie<br />
schickte sie an Francis. Wenn sie mir schrieb, dann<br />
schrieb sie an Peggy-Sue, die mir den Brief dann <strong>zu</strong>m<br />
Lesen gab. Hierher konnte sie schlecht schreiben.«<br />
Steven legte dem alten Ross die Hand auf die<br />
Schulter.<br />
20
»Danke, altes Haus! Stone soll <strong>zu</strong>r Hölle fahren!<br />
Ich werde gehen. Ich werde dich wissen lassen, wo<br />
ich bin. Wenn ich gesettelt bin, kommst du nach. Du<br />
sollst hier auf Adams Ranch nicht bleiben.«<br />
Steven drehte sich um und wollte gehen.<br />
»Warte, ich komme mit! Aber ich hole die Männer<br />
noch. Ich will, dass du auf zwei gesunden B<strong>ein</strong>en<br />
davonreiten kannst. Auch will ich nicht an d<strong>ein</strong>em<br />
Grab stehen noch an s<strong>ein</strong>em, Steven. Denn wenn er<br />
auf dich zielt, müsste ich ihn erschießen. Gott, vergib<br />
mir! Aber verdient hätte er es, mehr als verdient. Der<br />
<strong>Tod</strong> wäre eigentlich <strong>ein</strong>e <strong>zu</strong> große Gnade für ihn. Ich<br />
hoffe, dass er <strong>ein</strong>es Tages für alles, was er getan, hat<br />
<strong>ein</strong>en Richter findet!«<br />
Der alte Ross ging in die Küche des Wirtschaftsgebäudes.<br />
Die Männer der Adams Ranch saßen am Tisch.<br />
»Es <strong>ist</strong> soweit!«, sagte Ross. »Steven wird gehen!«<br />
K<strong>ein</strong>er stellte <strong>ein</strong>e Frage. Ross griff nach s<strong>ein</strong>er<br />
Winchester, die Männer taten es ihm gleich. Wortlos,<br />
mit ernsten Mienen, griff <strong>ein</strong>er nach dem andern sich<br />
<strong>ein</strong>es der langen Gewehre, die an der Wand im Gewehrstand<br />
aufgereiht waren. Sie luden und entsicherten<br />
sie. Nur das Knacken der Magazine war <strong>zu</strong><br />
hören. Ross ging voraus.<br />
Er betrat mit Steven das Haupthaus. Die Männer<br />
sicherten aus dem Hintergrund und reihten sich entlang<br />
der Wand und bei der Tür auf. Andere schoben<br />
die Gewehrläufe durch die offenen Fenster.<br />
Die schwarzen Mündungslöcher ihrer Gewehre<br />
waren auf Adam Stone gerichtet. Dieser saß im gro-<br />
21
ßen Wohnraum vor dem Kamin in <strong>ein</strong>em Büffelledersessel<br />
und rauchte, in der Hand <strong>ein</strong> Glas Whisky.<br />
Die große Flasche neben ihm war halbleer. Er musste<br />
schon viel getrunken haben. Er wollte das Glas abstellen.<br />
»K<strong>ein</strong>e Bewegung, Adam!« zischte Ross, in dessen<br />
Augen die unverhohlene Drohung stand, dass er<br />
sonst schießen würde.<br />
Adam Stone musterte Ross. Er sah, dass dieser in<br />
der besseren Position war und jede Menge Verstärkung<br />
mitgebracht hatte. Dieser Bastard, dachte<br />
Stone. Ich werde sie alle feuern oder erschießen. Sie<br />
stehen auf der falschen Seite. Das werden sie mir büßen,<br />
früher oder später. Das schwor sich Adam<br />
Stone.<br />
Steven rannte hinauf unters Dach, raffte schnell <strong>ein</strong>ige<br />
Sachen <strong>zu</strong>sammen, verschnürte sie in <strong>ein</strong>e Decke,<br />
füllte s<strong>ein</strong>e Satteltaschen, steckte Patronen <strong>ein</strong> und<br />
zog s<strong>ein</strong>en Revolvergurt enger.<br />
Steven stieg langsam die Treppe hinunter. Er ging<br />
durch das Wohnzimmer und sagte, ohne Adam Stone<br />
an<strong>zu</strong>sehen:<br />
»So long!«<br />
Adam sah Ross an. Dieser nickte. Es bedurfte k<strong>ein</strong>er<br />
Worte. Die Männer, die sich seit Jahrzehnten<br />
kannten, verstanden sich auch so.<br />
Draußen holte sich Steven s<strong>ein</strong> Pferd von der<br />
Koppel. Er sattelte das Vollblut und ritt in die Abenddämmerung<br />
hinaus, den Cowboyhut tief ins Gesicht<br />
<strong>zu</strong> gezogen. Er schaute sich nicht mehr um. Steven<br />
22
wollte alles hinter sich lassen und nie mehr <strong>zu</strong>rückkommen.<br />
Ross und die Männer hielten die ganze Nacht die Gewehre<br />
im Anschlag, auf Adam gerichtet. Dieser trank<br />
und trank und trank, bis er fast bewusstlos war. Erst<br />
als er in sich <strong>zu</strong>sammensank und nicht mehr die Gefahr<br />
bestand, dass er auf die B<strong>ein</strong>e kommen konnte,<br />
senkten sie die Gewehrläufe. Sie nahmen alle Waffen,<br />
die sie im Haus finden konnten, in Gewahrsam und<br />
überließen Adam Stone sich selbst. In s<strong>ein</strong>em an Bewusstlosigkeit<br />
grenzenden Zustand konnte er nicht<br />
viel ausrichten, dachten sie.<br />
* * *<br />
23
Es dauerte am nächsten Tag <strong>ein</strong>e ganze Weile,<br />
bis sich Adam Stone erinnern konnte, sich die<br />
Bruchstücke in s<strong>ein</strong>em Gedächtnis <strong>zu</strong>sammenfügten.<br />
Die Sonne stand schon weit über dem<br />
Zenit über der Prärie von Nebraska, als er das Haupthaus<br />
verließ. Drüben bei den Wirtschaftsgebäuden<br />
steckte er s<strong>ein</strong>en Kopf in die Tränke. Das kalte klare<br />
Wasser milderte s<strong>ein</strong>en Schmerz.<br />
Langsam ging er herum. Es war niemand <strong>zu</strong> sehen.<br />
Sind sie alle gegangen?<br />
Er ging <strong>zu</strong>rrück und fiel in <strong>ein</strong>en Zustand der Raserei.<br />
Er stürmte Stevens Räume und schlug alles<br />
kurz und kl<strong>ein</strong>. Dann warf er die Sachen aus dem<br />
Fenster. Er schichtete sie draußen auf und steckte sie<br />
in Brand. Die schwarzen Rauchwolken waren meilenweit<br />
über der Prärie <strong>zu</strong> sehen.<br />
»Mom, Dad, John! Kommt schnell! Seht den Rauch!<br />
Es brennt auf der Stone Ranch«, rief Samantha von<br />
der Terrasse her<strong>ein</strong>.<br />
Dort hatte sie gesessen wie jeden Abend und an<br />
ihrer Aussteuer gestrickt. Dabei dachte sie heimlich<br />
an Steven.<br />
Die drei stürzten heraus. Samantha stand am Geländer<br />
und krallte ihre Nägel in das weißgestrichene Holz.<br />
»Hoffentlich <strong>ist</strong> Steven…«, stöhnte sie und erschrak,<br />
als sie sich reden hörte, eigentlich wollte sie<br />
es nur denken. Aber es war <strong>ein</strong>fach aus ihr herausgebrochen.<br />
Sie errötete tief und senkte verlegen den<br />
Kopf.<br />
24
Die Eltern schmunzelten. Ihr Bruder John trat neben<br />
sie und legte kurz den Arm um sie. Er lächelte<br />
voller Verständnis.<br />
»Nun hast du dich verraten, Schwesterherz! Aber<br />
<strong>ein</strong> Geheimnis war es ohnehin nicht! Wir wissen<br />
alle, dass du dich seit Jahren heimlich mit Steven<br />
triffst, eigentlich, seit ihr Kinder wart. Mache dir k<strong>ein</strong>e<br />
Sorgen. Ich reite hinüber und sehe nach!«<br />
»Ich komme mit dir!«, platzte Samantha heraus<br />
und wollte loslaufen.<br />
Ihr Dad hielt sie fest.<br />
»N<strong>ein</strong>, Samantha! Lass das d<strong>ein</strong>en Bruder all<strong>ein</strong>e<br />
machen!«, warf ihr Vater streng <strong>ein</strong>. »Er schaut nach<br />
und kommt dann wieder!«<br />
Hilflos und voller Verzweiflung blickte Samantha<br />
in die Gesichter ihre Familie. Aber John war auch der<br />
M<strong>ein</strong>ung des Vaters:<br />
»Dad, ich wollte ohnehin schon heute Abend in<br />
die Stadt, etwas feiern. Du verstehst? Da reite ich <strong>ein</strong>en<br />
Umweg an der Stone Ranch vorbei.«<br />
»Sei vorsichtig, John!«, mahnte ihn s<strong>ein</strong>e Mutter.<br />
»Du weißt, Adam <strong>ist</strong> unberechenbar! Er <strong>ist</strong> irre!"<br />
»K<strong>ein</strong>e Sorge, Mom! Ich schleiche mich an. Wenn<br />
ich in zwei Stunden nicht <strong>zu</strong>rück bin, <strong>ist</strong> alles in Ordnung<br />
und ich reite in die Stadt. Dann sehen wir uns<br />
morgen. Samantha. Kommst du mit dem Buggy in<br />
die Stadt, um d<strong>ein</strong>e <strong>zu</strong>künftige Schwägerin willkommen<br />
<strong>zu</strong> heißen?«<br />
»B<strong>ist</strong> feige, Bruderherz!«, lachte sie und blinzelte<br />
John <strong>zu</strong>. »Ja, ich komme und spiele die Anstandsdame,<br />
den Anstandswauwau. Das habe ich dir verspro-<br />
25
chen. Die Postkutsche kommt erst <strong>zu</strong>m Mittag! Ich<br />
komme <strong>zu</strong>m Hotel!«<br />
John King schnallte sich s<strong>ein</strong>en Revolvergurt um und<br />
prüfte die Magazine der Colts. Er verabschiedete<br />
sich. Dann stieg er aufs Pferd und ritt in die sich<br />
langsam senkende Dämmerung. Samuel, Ruby und<br />
ihre Tochter Samantha schauten ihm nach. Dann<br />
standen sie weiter stumm auf der Veranda und sahen,<br />
wie die schwarzen Qualmwolken in den Abendhimmel<br />
stiegen. Jeder machte sich Gedanken über<br />
die Ursache. K<strong>ein</strong>er äußerte s<strong>ein</strong>e Vermutungen laut.<br />
* * *<br />
26
Als John auf der Adams Ranch ankam, brannte<br />
der Haufen noch. Aus der Deckung heraus<br />
konnte John Adam Stone nirgends sehen, ebenso<br />
s<strong>ein</strong>en Sohn Steven nicht. Die Männer werden altes<br />
Zeugs verbrannt haben, dachte John. Er wendete s<strong>ein</strong><br />
Pferd und ritt querfeld<strong>ein</strong> in Richtung der Straße, die in<br />
die Stadt führte.<br />
Außerhalb der Stadt kam er an <strong>ein</strong>er Wagenburg<br />
vorbei. Wieder <strong>ein</strong> weiterer Treck, dachte er. Wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />
geht das bis an m<strong>ein</strong> Lebensende so weiter.<br />
Erst dann wird das ganze Land bis <strong>zu</strong>m Pazifik besiedelt<br />
s<strong>ein</strong>.<br />
Der Präriewind trug Musik <strong>zu</strong> ihm herüber. Jemand<br />
spielte auf <strong>ein</strong>er Fiedel. Von weitem sah er die Siedler<br />
um <strong>ein</strong> Lagerfeuer tanzen. John hielt s<strong>ein</strong> Pferd an und<br />
lauschte. Er lächelte vor sich hin und träumte davon,<br />
wie er mit s<strong>ein</strong>er Braut bald auf s<strong>ein</strong>er eigenen Hochzeit<br />
tanzen würde. Diese Mary muss <strong>ein</strong> sehr hübsches<br />
Mädchen s<strong>ein</strong>, dachte er. Im Mondsch<strong>ein</strong> zog er ihr Bild<br />
aus der Tasche und warf <strong>ein</strong>en Blick darauf. Er wusste,<br />
dass Bilder die Wirklichkeit nicht so gut wiedergaben.<br />
Aber Mary sah wunderschön aus und sie wird in Wirklichkeit<br />
noch schöner aussehen, dachte er.<br />
Langsam ritt er weiter. Es war still. Bald erreichte<br />
er die ersten Häuser. John wollte noch <strong>ein</strong>mal so<br />
richtig feiern, wie es nur <strong>ein</strong> Junggeselle machen<br />
konnte. Morgen <strong>ist</strong> es vorbei. Morgen kommt m<strong>ein</strong>e<br />
Braut, dachte er. Er schmunzelte, als er den ersten<br />
Saloon ansteuerte. Er band s<strong>ein</strong> Pferd an.<br />
* * *<br />
27
Dies <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> Aus<strong>zu</strong>g aus dem Buch:<br />
<strong>Hängen</strong> <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> <strong>zu</strong> saner <strong>Tod</strong>!<br />
Ein Westernroman von<br />
Blacky Colter<br />
Erschienen 2024 bei Everweard Publishing<br />
www.everweard.com<br />
Erhältlich als E-Book und Taschenbuch<br />
Auf der Website des Verlags finden Sie<br />
weitere Informationen <strong>zu</strong>m Buch:<br />
hps://eplnk.com/western<br />
Erhältlich beim Verlag, im Buchhandel oder im Internet.