Pirouette No. 09/2024 November

Pirouette | Nr. 9 | November 2024
Internationales Eiskunstlaufmagazin | 57. Jahrgang | www.pirouette-online.de
Lilah Fear & Lewis Gibson
Skate America
Skate Canada
Junioren Grand Prix

2
News
Deutsche Meisterschaften
im Dezember
Die diesjährigen Deutschen Meisterschaften
finden anlässlich des 100-jährigen Jubiläums
des EC Oberstdorf zusammen mit den Meisterschaften
im Shorttrack und im Curling
statt, die ebenfalls für den 20. und 21. Dezember
geplant sind. Hier der ungefähre und
noch nicht endgültige Zeitplan für die verschiedenen
Deutschen Meisterschaften im
Eiskunstlaufen vom Montag, den 16.12. bis
Samstagabend, den 21.12.2024:
DM 2024
16.12. KP Jugendmeisterschaften Frauen
und Männer
17.12. KP Advanced Novice
(Fortgeschrittener Nachwuchs)
Mädchen und Jungen, Küren
Jugend
18.12. Küren Advanced Novice, KP
Junioren Einzellauf
19.12. Pflicht Nachwuchs Eistanzen und
Rhythmustanz Junioren Eistanzen,
Küren Junioren Einzellauf, KP Paare
Nachwuchs und Junioren
20.12. Küren Nachwuchs und Junioren
Eistanz und Paare, Kür
Synchronlaufen Nachwuchs und
KP Junioren, abends KP
Meisterklasse alle fünf Kategorien
21.12. Küren Junioren Synchronlaufen,
Küren Meisterklasse alle fünf
Kategorien, Schaulaufen
Nikolaj Söensen mit Laurence Fournier Beaudry
bei den Vier Kontinente Meisterschaften 2024
Foto: Flade
Der Fall Sörensen
Die kanadische Agentur gegen Missbrauch im
Sport hat am 2. Oktober den kanadisch-dänischen
Eistänzer Nikolaj Sörensen wegen sexuellen
Missbrauchs dauerhaft gesperrt. Der 35-Jährige
darf weder an Wettkämpfen teilnehmen
noch als Trainer arbeiten. Nach sechs Jahren
kann Sörensen einen Antrag auf Aufhebung des
Banns stellen. Eine ehemalige US-Eistänzerin
hatte Sörensen vorgeworfen, sie vor zwölf Jahren,
im April 2012, vergewaltigt zu haben. Er
wies die Anschuldigungen zurück. Strafrechtlich
war der Fall verjährt, aber die Agentur für missbrauch-freien
Sport in Kanada nahm die Ermittlungen
auf und sprach Sörensen schuldig. Die
ISU und Skate Canada reagierten umgehend
und schlossen den gebürtigen Dänen von Wettkämpfen
aus, allerdings veröffentlichte nur die
ISU ein Statement dazu. Skate Canada hüllte
sich offiziell in Schweigen. Sörensen und seine
Partnerin Laurence Fournier Beaudry mussten
von der Shanghai Trophy, wo sie ihre Saison
beginnen wollten, abreisen und wurden von ihren
Grand Prix Skate America und NHK Trophy
gestrichen. Einem Artikel der kanadischen Zeitung
„La Presse“ zufolge hat der Sportler inzwischen
gegen die Sperre Einspruch eingelegt.
Sexuelle Übergriffe im Sport sind bereits seit
längerem ein Thema, und immer wieder wurden
Skandale zum Beispiel im Turnen oder
Schwimmsport öffentlich. Meistens richten sich
die Vorwürfe gegen Trainer und Betreuer, aber
es werden auch Sportler (in seltenen Fällen
Sportlerinnen bzw. generell Frauen) zu Tätern.
In jüngster Zeit kamen im Eiskunstlauf derartige
Fälle ans Licht: Gracie Gold und eine weitere
Läuferin beschuldigten den ehemaligen australischen
Läufer Brendan Kerry der Vergewaltigung.
Er wurde von der Organisation SafeSport
in den USA dauerhaft gesperrt. Die estnischfranzösische
Eistänzerin Solène Mazingue berichtete,
dass sie in der vergangenen Saison
Opfer eines sexuellen Übergriffs durch einen
anderen Sportler geworden sei und Anzeige erstattet
habe. Vor sechs Jahren machte der Fall
des US-Amerikaners John Coughlin Schlagzeilen,
dem Ashley Wagner und andere vorwarfen,
sie sexuell bedrängt zu haben. Öffentlich
an den Pranger gestellt, nahm der frühere
Paarläufer sich im Januar 2019 das Leben. Der
US-Eistänzer Ivan Desyatov wurde wegen nicht
definierter Anschuldigungen vorläufig suspendiert,
Ermittlungen laufen. Der Skandal um die
Südkoreanerin Haein Lee, die im Frühjahr angeblich
einen Juniorenläufer sexuell belästigt
haben soll, fällt aus dem Rahmen. Die Vorwürfe
– es ging u.a. um einen „Knutschfleck“ und
Alkoholkonsum – erscheinen vergleichsweise
gering und in Korea ist der Altersunterschied
von dreieinhalb Jahren zwischen Lee (damals
18) und dem Jungen ein großes Problem.
Es ist richtig und wichtig, dass die Opfer jeglicher
Art von Missbrauch und Misshandlung
angehört und die Täter bestraft werden. Problematisch
ist allerdings, wenn in so lange zurückliegenden
Fällen nicht die Justiz, sondern
Organisationen wie SafeSport ermitteln. An-
ders als in einem ordentlichen Gerichtsverfahren
gibt es keine öffentlich einsehbaren Unterlagen,
keinen öffentlichen Prozess. Wie gut
lässt sich nach so langer Zeit beweisen, was
tatsächlich und unter welchen Umständen zwischen
Sörensen und der amerikanischen Eistänzerin
vorgefallen ist? Das soll nicht implizieren,
dass Sörensen unschuldig ist, aber jeder,
auch ein Sexualstraftäter, hat das Recht auf
ein faires Verfahren. Die kanadische Agentur
gegen Missbrauch im Sport soll Zeugen gehört
haben, die bei der Party anwesend waren, in
deren Anschluss es zu der Vergewaltigung gekommen
sein soll.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die
Frau die Wahrheit sagt und es gegen ihren Willen
zu Sex kam, denn sie hat keinen Grund zu
lügen und nach so vielen Jahren Sörensen zu
beschuldigen. Vielmehr musste sie sich mit
dem traumatischen Erlebnis erneut auseinandersetzen.
Die ehemalige Eistänzerin und heutige
Trainerin sagte, sie habe aus Angst und
Scham so lange geschwiegen, weil sie dachte,
dass ihr sowieso niemand glaubt. Erst als sie
ein Interview mit Sörensen auf der ISU-Webseite
las, in dem er betonte, wie wichtig es sei,
Frauen im Sport zu schützen, sei ihre Wut so
groß geworden, dass sie ihr Schweigen gebrochen
und Anzeige erstattet habe. Außerdem
wolle sie verhindern, dass Sörensen als Trainer
arbeiten und sich womöglich an jungen Sportlerinnen
vergreife. Zu irgendwelchen Übergriffen
hätte er in den vergangenen zwölf Jahren sicher
Gelegenheit gehabt, aber von weiteren Vorwürfen
gegen den Kanadier ist bislang nichts bekannt.
Die Vorverurteilung in den sozialen Medien
war erschreckend. Der Hass erstreckte sich
darüber hinaus auf andere Sportlerinnen und
Sportler, die es „wagten“, sich mit dem „Monster“
zu fotografieren (sich also nicht von ihm
distanzierten) bzw. auf die Trainer in der Montrealer
Schule, die Sörensen nicht rauswarfen.
Skate Canada und die ISU wurden dafür kritisiert,
dass sie den Tänzer starten ließen, aber
auf welcher Grundlage hätten die Verbände ihn
sperren sollen? Es standen schwere Anschuldigungen
aus der Vergangenheit im Raum, die
aber nicht bewiesen waren. Es kommt außerdem
vor, dass Männer zu Unrecht sexueller
Übergriffe beschuldigt werden. Wohin die öffentliche
Vorverurteilung führen kann, sah man
am Selbstmord von Coughlin. Die Belästigungsvorwürfe
gegen ihn entsprachen sicher der
Wahrheit, aber ein faires Verfahren hat er nicht
bekommen und wenn sich ein Mensch das Leben
nimmt, ist das immer eine Tragödie. Oder
hatte er die Todesstrafe für seine Vergehen verdient?
Der Fall Sörensen zeigt einmal mehr, wie
wichtig es ist, dass Missbrauchsopfer nicht
schweigen, sondern ihre Angst überwinden und
zeitnah Anzeige erstatten, wie das jetzt Mazingue
getan hat. Das ist das eine. Aber es ist auch
wichtig, solche Fälle nicht vorzeitig an die Öffentlichkeit
zu zerren und Beschuldigte vorzuverurteilen,
insbesondere, wenn keine „Gefahr
im Verzug“ ist, d.h. es keine Hinweise auf aktuelle
Vorfälle gibt.
Tatjana Flade

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Impressum In diesem Heft: Termine
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Der Fall Sörensen 2
Interview: Daniel Grassl 4
Interview: Alysa Liu 5
Interview: Lilah Fear & Lewis Gibson 6
Interview: Kevin Aymoz 7
Neues aus aller Welt 8
Junioren Grand Prix: Danzig 9
Junioren Grand Prix: Ljubljana 12
Junioren Grand Prix: Wuxi 14
Zwingerpokal Dresden 15
Qualifikation Juniorenfinale 16
Weitere Wettbewerbe 17
Challenger: Denis Ten Memorial 18
Challenger: Budapest Trophy 20
Challenger: Nizza Cup 22
Challenger: Nepela Memorial 23
Weitere Wettbewerbe 23
Grand Prix: Skate America 24
Grand Prix: Skate Canada 28
Titelbild:
Lilah Fear und Lewis Gibson aus
Großbritannien konnten den ersten nichtamerikanischen
Sieg bei Skate America seit
2008 einfahren. Die beiden waren im
Rhythmustanz dem Feld überlegen und
zeigten sich im Vergleich zu ihrem Sieg bei
der Nebelhorn Trophy verbessert.“
Foto: Robin Ritoss
Die nächste Pirouette
erscheint voraussichtlich am:
12. Dezember 2024
Mitte November bis Ende Dezember
04.11. – 10.11. Ice Challenge in Graz
05.11. – 10.11. Denkova & Staviski-Cup in
Sofia (Bulgarien)
08.11. – 10.11. Grand Prix: NHK-Trophy in
Tokio (Japan)
08.11. – 10.11. Pavel Roman Memorial in
Olomouc (Tschechien)
09.11. – 10.11. Eisemann-Pokal in Stuttgart
12.11. – 17.11. Challenger: Tallinn Trophy
(Estland)
13.11. – 17.11. NRW Trophy in Dortmund
14.11. – 17.11. Skate Celje (Slowenien)
15.11. – 17.11. Grand Prix: Finlandia
Trophy in Helsinki
15.11. – 17.11. Offene Thüringer Meisterschaften
in Erfurt
20.11. – 24.11. Challenger: Warschau Cup
(Polen)
22.11. – 24.11. Grand Prix: Cup of China in
Chongqing
25.11. – 01.12. Bosphorus Cup in Istanbul
(Türkei)
27.11. – 01.12. Britische Meisterschaften in
Sheffield
27.11. – 03.12. Santa Claus (Nikolaus) Cup
in Budapest (Ungarn)
28.11. – 01.12. Lounakeskus Trophy in
Tartu (Estland)
29.11. – 06.12. Australische Meisterschaften
in Erina
04.12. – 07.12. Golden Spin in Zagreb
(Kroatien)
05.12. – 08.12. Grand Prix Finale (mit
Junioren) in Grenoble
(Frankreich)
11.12. – 15.12. Österreichische Staatsmeisterschaften
in Dornbirn
10.12. – 15.12. Edu Sport Trophy in
Otopeni (Rumänien)
12.12. – 15.12. Spanische Meisterschaften
in ?
13.12. – 14.12. Vier-Länder-Meisterschaften
in Cieszyn (Polen)
13.12. – 15.12. Schweizer Elite-Meisterschaften
in Genf
13.12. – 15.12. Finnische Meisterschaften
in Rauma
13.12. – 15.12. Sarajevo Trophy
(Bosnien-Hercegovina)
14.12. – 15.12. Estnische Meisterschaften
in Tallinn (Tondiraba-Halle)
17.12. – 19.12. Deutsche Nachwuchsmeisterschaften
in Oberstdorf
18.12. – 23.12. Russische Meisterschaften
in Omsk
19.12. – 23.12. Japanische Meisterschaften
in Kadoma
20.12. – 21.12. Französische Meisterschaften
in Annecy
20.12. – 21.12. Deutsche Meisterschaften
in Oberstdorf
20.12. – 22.12. Italienische Meisterschaften
in Varese
Synchronwettbewerbe
13.12. – 15.12. Santa Claus Cup in Brno
(Tschechien)
Inhalt & Termine