Kölner Philharmonie | Das Magazin NR. 1 FEB / MÄR / APR 2025
Die Ausgabe 1/2025 des Magazins der Kölner Philharmonie – auf dem Titel: Anna Vinnitskaya. Mehr über die Pianistin, die u. a. mit dem 2. Klavierkonzert von Schostakowitsch zu erleben ist, erfahren Sie im Gespräch mit dem Magazin. Außerdem erhalten Sie einen Einblick in Kent Naganos detektivische Recherche in Bezug auf die anstehende Aufführung von Wagners »Siegfried« und erfahren mehr über die brillante Mezzosopranistin Hongni Wu sowie über die zahlreichen Jazz- und Weltmusikkonzerte in der Kölner Philharmonie.
Die Ausgabe 1/2025 des Magazins der Kölner Philharmonie – auf dem Titel: Anna Vinnitskaya. Mehr über die Pianistin, die u. a. mit dem 2. Klavierkonzert von Schostakowitsch zu erleben ist, erfahren Sie im Gespräch mit dem Magazin. Außerdem erhalten Sie einen Einblick in Kent Naganos detektivische Recherche in Bezug auf die anstehende Aufführung von Wagners »Siegfried« und erfahren mehr über die brillante Mezzosopranistin Hongni Wu sowie über die zahlreichen Jazz- und Weltmusikkonzerte in der Kölner Philharmonie.
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Gegenwart<br />
erfassen,<br />
Zukunft<br />
gestalten<br />
Zum 100. Geburtstag veranstaltet die<br />
<strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong> ein Konzert zu<br />
Ehren von Pierre Boulez<br />
Pierre Boulez<br />
Sein Werk galt vielen lange als unzugänglich, verschlossen.<br />
Nicht ohne Grund nannte man Pierre Boulez einen Klangarchitekten,<br />
einen Musik-Mathematiker, der nichts dem Zufall<br />
überließ. Im Kern lässt sich Boulez aber, wie die britische Musikwissenschaftlerin<br />
Caroline Potter in ihrer kürzlich erschienenen<br />
Monografie betont, am besten als Revolutionär beschreiben.<br />
Sein Werk fordert den Zuhörer heraus, konfrontiert ihn mit einer<br />
nie dagewesenen Dichte und Komplexität und öffnet damit<br />
unser Verständnis von Musik. Potter spricht gar von einem magischen<br />
Verhältnis, wenn sie Boulez’ Fixierung auf Zahlen in der<br />
Musik charakterisiert. Vielleicht ist es an der Zeit, dem Werk, das<br />
sich als Arbeit an der Gegenwart verstand, mit »offenen« Ohren<br />
zu begegnen und neu zu erfahren. Boulez startete eine musikalische<br />
Revolution, die bis heute wirkt.<br />
Die Wahl von Pli selon pli, einem Schlüsselwerk der Moderne, ist<br />
ein Tribut an Boulez’ lebenslange Beschäftigung mit dem französischen<br />
Dichter Stéphane Mallarmé. Dessen symbolistisches<br />
Werk wird in Boulez’ Händen zu einer musikalischen Erkundung<br />
von Unschärfe und Fragmentation. In Pli selon pli, dessen<br />
Uraufführung 1960 in Köln mit dem Komponisten am Dirigierpult<br />
stattfand, entfaltet sich die Musik wie ein poetisches Gewebe.<br />
Subtil, unvorhersehbar, stets auf der Suche nach einer<br />
neuen Form – der Titel bedeutet auf Deutsch so viel wie »Falte<br />
um Falte«.<br />
Im Zentrum des Abends steht die Deutsche Erstaufführung von<br />
Olga Neuwirths Hommage à Boulez – Tombeau I. Neuwirth gilt<br />
seit Jahren als mutige Klangforscherin, deren Werke mitunter<br />
ebenso komplex und radikal sind wie die ihres Förderers Boulez.<br />
<strong>Das</strong> Konzept des Tombeau – ursprünglich eine musikalische Form<br />
des Gedenkens – ist bei Neuwirth mehr als nur eine Reverenz<br />
an den verstorbenen Meister und den finalen Teil von Pli selon<br />
pli. Neuwirth verwebt in ihrer Komposition Orchesterklänge mit<br />
elektronischen Elementen und erschafft so eine Klanglandschaft,<br />
die sowohl die strenge Struktur als auch die Freiheit von<br />
Boulez’ musikalischem Denken reflektiert. Die Elektronik fungiert<br />
als integraler Bestandteil des orchestralen Geflechts, das<br />
in unvorhersehbare Richtungen ausschlägt, ganz im Sinne von<br />
Boulez’ Vorstellung von »offener Form«.<br />
Boulez war überzeugt davon, dass die Musik eine Art »akustische<br />
Wissenschaft« ist, die sich ständig weiterentwickeln müsse,<br />
um die Komplexität der modernen Welt zu erfassen. Diese<br />
Überzeugung findet sich auch in Pli selon pli, das über einen<br />
Zeitraum von mehr als 30 Jahren immer wieder neu überarbeitet<br />
wurde. Boulez’ Auseinandersetzung mit Mallarmé, dessen<br />
Dichtung er als »Musik der Stille« bezeichnete, zeigt, wie tief die<br />
Verbindung zwischen Wort und Klang für ihn war. Die Musik in<br />
Pli selon pli zerlegt die Poesie Mallarmés in ihre Einzelteile und<br />
setzt sie neu zusammen, sodass jede Aufführung des Werkes<br />
eine neue Entdeckung darstellt.<br />
Der Konzertabend des WDR Sinfonieorchesters unter der Leitung<br />
von Gastdirigent Jonathan Nott und mit der Sopranistin<br />
Siobhan Stagg ist mehr als nur eine Feier eines großen Komponisten,<br />
der eng mit Köln verbunden war – es ist eine Erkundung<br />
dessen, was Musik im 21. Jahrhundert bedeuten kann, wenn<br />
sie auf den Fundamenten eines visionären Denkers wie Pierre<br />
Boulez aufbaut. Bastian Tebarth<br />
KONZERTTERMIN<br />
Sonntag, 9. März <strong>2025</strong>, 18:00<br />
Musik der Zeit – Pierre Boulez zum 100.<br />
Siobhan Stagg Sopran<br />
IRCAM<br />
WDR Sinfonieorchester<br />
Jonathan Nott Dirigent<br />
Olga Neuwirth Tombeau I für Orchester und Sample<br />
Deutsche Erstaufführung<br />
Pierre Boulez Pli selon pli (Portrait de Mallarmé)<br />
für Sopran und Orchester. Text von Stéphane Mallarmé<br />
Materialkarussell<br />
Die <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong> beteiligte sich am Materialkarussell der <strong>Kölner</strong> Kultur –<br />
die neu designten Orchesterstühle fanden großen Anklang<br />
Wie wird aus Klimaschutz ein Mehr an Kreativität und<br />
Beisammensein? <strong>Das</strong>s Ressourcenschonen auch Spaß<br />
machen kann, hat Ende August das Materialkarussell der<br />
<strong>Kölner</strong> Kultur gezeigt. 19 Kulturakteur:innen aus <strong>Kölner</strong><br />
Kulturinstitutionen, darunter die <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong>, widmeten<br />
sich dem Thema Material.<br />
Am Samstag, 24. August verwandelten sich vier renommierte<br />
Kulturinstitutionen in Orte des Austauschs und der<br />
Wiederverwertung: Unter dem Motto »mein, dein, unser«<br />
konnten vielfältige Materialien aus vergangenen Kulturproduktionen,<br />
die nicht mehr benötigt wurden, gegen eine<br />
Spende mitgenommen werden: von Bilderrahmen über<br />
Kataloge bis hin zu Kostümen, Büromöbeln und Designobjekten.<br />
KölnMusik-Mitarbeiter Mario Grasberger designte ausrangierte<br />
Orchesterstühle aus der <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong><br />
zu Kunstobjekten. Die Stühle, die Grasberger im Museum<br />
Ludwig präsentierte, fanden beim Materialkarussell innerhalb<br />
kürzester Zeit neue Besitzende.<br />
Vielfältige Aktionen für Kinder und Jugendliche, Sonderführungen<br />
durch Ausstellungen und spannende Diskussionen<br />
und Vorträge rundeten den Tag in Kolumba, dem<br />
Kultur zentrum am Neumarkt, dem Museum für Angewandte<br />
Kunst Köln und dem Museum Ludwig ab.<br />
<strong>Das</strong> Materialkarussell der <strong>Kölner</strong> Kultur war eine Initiative des<br />
Green Culture Collective Cologne (GCCC). <strong>Das</strong> GCCC ist ein<br />
2021 gegründetes Netzwerk von engagierten Persönlichkeiten<br />
aus städtischen Kulturinstitutionen und der freien Szene,<br />
die sich für Klimaschutz und die Anpassung an ökologische<br />
Herausforderungen einsetzen. Silke Ufer<br />
Mario Grasberger<br />
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