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26. Jahrgang<br />

<strong>Mai</strong> 2024<br />

2,10 €, davon 1,- €<br />

für die VerkäuferInnen<br />

UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />

ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />

DEEPFAKES UND WAHLEN<br />

Eine wachsende Gefahr für die Demokratie<br />

DIGITALE VERZWEIFLUNG<br />

Nervenzusammenbruch oder verständliches Ausrasten?<br />

SECONDHAND-MODE IM WANDEL<br />

Von sozialer Nachhaltigkeit zu kommerziellem Profit


INHALT<br />

3<br />

VORWORT<br />

24<br />

VERKÄUFER ROMAN<br />

4<br />

RECHT AUF STADT<br />

25<br />

MITMACHSEITE<br />

6<br />

DEEPFAKES UND WAHLEN<br />

26<br />

BUCHBESPRECHUNG<br />

10<br />

DIGITALE VERZWEIFLUNG<br />

27<br />

KOCHEN<br />

12<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

28<br />

SPORT<br />

18<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

30<br />

RÄTSEL<br />

20<br />

SECONDHAND-KULTUR<br />

31<br />

ÜBER UNS<br />

22<br />

PIONIER DER LÜFTE<br />

OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />

GEHT ES NICHT<br />

Liebe LeserInnen,<br />

um weiterhin eine<br />

interessante Straßenzeitung<br />

produzieren und Menschen<br />

durch ihren Verkauf einen<br />

Zuverdienst ermöglichen<br />

zu können, benötigen<br />

wir Ihre Hilfe.<br />

Vielen Dank!<br />

Spendenkonto:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />

BIC: GENODE61FR1<br />

Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />

und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />

2<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Liebe LeserInnen,<br />

regnet es im <strong>Mai</strong>, ist der April vorbei. Diese uralte Ritterregel<br />

bewahrheitet sich Jahr für Jahr wieder. Doch so<br />

langsam könnte es ja auch mal wieder Schluss sein mit<br />

dem ewigen Regenwetter. Aber was soll es, da können wir<br />

ja eh nichts dran ändern.<br />

Kommen wir doch zu Sachen, die wir beeinflussen können<br />

und da fallen mir doch gleich die Wahlen ein, die für<br />

dieses Jahr angesetzt sind. Wenn hierzulande zurzeit das<br />

Wort Wahl fällt, schwingen immer gleich Bedenken mit.<br />

Darüber, dass die AfD noch mehr Stimmen abkriegen oder<br />

gar die Wahl gewinnen könnte und was dann aus unserem<br />

Land würde. Rein theoretisch dürfte es diese Angst ja<br />

nicht geben, denn wenn sich all die Menschen, die zu Beginn<br />

des Jahres gegen Rechts demonstriert haben, bei der<br />

Wahl gegen die AfD entscheiden, dürften die Nazis schon<br />

Probleme mit der 5-Prozent-Hürde bekommen. Außerdem<br />

disqualifiziert sich die AfD ja von Woche zu Woche selbst<br />

und das nicht erst seit ihrer „Wannseekonferenz 2.0“.<br />

Wenn man sich deren Redebeiträge im Bundestag anhört,<br />

dann kann oder muss man erahnen, was auf unser Land<br />

zukäme, wenn diese unsägliche Partei Macht bekommen<br />

würde. Allein wie sie bei jeder Gelegenheit Russland und<br />

China oder vielmehr deren Staatsführungen hofieren, ist<br />

alarmierend. Das wären wohl die Verbündeten Nr. 1 von<br />

Chrupalla, Höcke, Krah & Co.<br />

Diese Schwärmerei für Diktatoren lebt die AfD auch völlig<br />

offen aus. Mehrfach waren ja schon Delegationen von<br />

denen in Russland, vor allem nach Putins Einmarsch in<br />

der Ukraine. Und immer kommen sie zurück und schwärmen<br />

von diesem tollen Land. Wie es der Bevölkerung<br />

dort wirklich geht, abseits aller AfD-Romantik, das wird<br />

verschwiegen. Aber auch daran kann man sehen, was die<br />

mit unserem Land vorhaben.<br />

Am 9. Juni sind Europawahlen und gleichzeitig auch<br />

Kommunalwahlen hier in unserer Stadt. Ich wünsche<br />

mir für diese Wahlen nicht unbedingt einen bestimmten<br />

Sieger, ich wünsche mir, dass so viele Wahlberechtigte wie<br />

möglich und nötig an die Urnen gehen und ihre Stimme<br />

gegen Nazis abgeben! Viele Menschen schimpfen, dass es<br />

bei jeder Wahl mehr Parteien, Listen oder Gruppierungen<br />

gibt und man so langsam überhaupt nicht mehr weiß,<br />

wen man wählen soll. Ich sehe das nicht ganz so negativ,<br />

denn mit jeder neuen Partei, Liste oder Gruppierung<br />

wächst auch die Zahl derjenigen, die angesichts der Probleme<br />

im Land nicht den Kopf in den Sand stecken und aus<br />

Frust eine falsche Alternative wählen.<br />

Der Arbeitsmarkt in Freiburg darf durchatmen, es<br />

bleibt erst einmal entspannt. Die Kaufhauskette Galeria<br />

Karstadt hat mal wieder Insolvenz angemeldet und so<br />

ging in den Einrichtungen der riesigen Ladenkette auch<br />

mal wieder die Angst um, arbeitslos zu werden. Freiburg<br />

trifft es diesmal nicht. Das hört sich etwas flapsig an, doch<br />

für die ständig wechselnden Besitzer und die zuständigen<br />

Regierungsstellen scheint das auch nicht mehr als ein<br />

Spiel zu sein. Denn das geht bei denen ja schon eine ganze<br />

Weile so, dass der Konzern Bankrott anmeldet, sich im<br />

letzten Moment ein Käufer meldet, der das Unternehmen<br />

retten will und nach zwei weiteren Jahren auch wieder<br />

pleite ist. Die Angestellten sitzen dann wie auf glühenden<br />

Kohlen und müssen jedes Mal befürchten, ihre Stellung<br />

zu verlieren. Diesmal hat man noch einen obendrauf<br />

gesetzt, indem man verkündete, dass es Schließungen<br />

geben werde und man am 27. April bekannt gebe, wen<br />

es trifft. So erfuhren die Beschäftigten an besagtem Tag<br />

aus dem Fernsehen oder dem Internet, ob ihr Kaufhaus<br />

geschlossen wird oder nicht. Ist das an Perversität noch zu<br />

überbieten? Doch nun noch zu etwas ganz anderem...<br />

Für alle, die am ersten <strong>Mai</strong>-Wochenende noch nichts<br />

vorhaben: Wir empfehlen einen Besuch der 1. Freiburger<br />

Buchmesse freiBUCH, die vom 3. bis 5. <strong>Mai</strong> im Schopf2 in<br />

der Schopfheimerstr. 2 stattfindet. Infos: www.freibuch.de<br />

Viel Spaß beim Lesen dieser <strong>Ausgabe</strong>!<br />

JÜRGEN TRAUTWEIN &<br />

SILVIA NONNENMACHER<br />

Walking The Loin<br />

4. <strong>Mai</strong> – 14. Juli 2024<br />

Ausstellungseröffnung<br />

Samstag 4. <strong>Mai</strong> 19 Uhr<br />

Einführung Isabelle von Marschall<br />

Öffnungszeiten: Di – Do 14–17 Uhr sowie nach Vereinbarung<br />

Kunstgalerie<br />

Basler Straße 13, Freiburg<br />

+49 (0)761 766 75 76 _ n19g.de<br />

Carsten<br />

Anzeige<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 3


FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />

SOLIDARITÄT MIT GEFLÜCHTETEN, BÜRGERGELDEMP-<br />

FÄNGERINNEN, ARBEITS- UND WOHNUNGSLOSEN<br />

Wir dokumentieren den Entwurf für einen Aufruf zur landesweiten<br />

Demo am 1. Juni. Aktuelle Infos gibt es unter:<br />

aktionbleiberecht.de<br />

Das öffentliche Ressentiment gegen alle vermeintlich „Arbeitsscheuen“,<br />

gegen alle, die vermeintlich „in der sozialen<br />

Hängematte liegen“, gegen „Flüchtlinge auf Parkbänken“,<br />

„faule Ukrainer“, „Bürgergeldempfänger mit<br />

Porsche“, die „Bettelmafia aus Osteuropa“, „Totalverweigerer“<br />

usw. nimmt in den letzten Monaten wieder so richtig<br />

Fahrt auf. Es ist nichts Neues, sondern das Immergleiche<br />

– ausgelutscht und wieder ausgespuckt, sobald es kriselt,<br />

ist es wieder „en vogue“.<br />

Warum scheint plötzlich eine der größten Bedrohungen<br />

für das „deutsche Volksempfinden“ von einer kleinen<br />

Gruppe Menschen auszugehen? Warum wird wieder die<br />

Peitsche geschwungen; werden Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose<br />

entmündigt und autoritär in rechtlose Arbeitsverhältnisse<br />

gezwungen? Und die Bezahlkarte, Wiedergängerin<br />

tot geglaubter Zeiten, soll das Wundermittel<br />

der Stunde gegen sogenannte Schleuser und „Migrationsanreize“<br />

sein? Minimale Leistungen, Arbeitsverbote,<br />

langjähriger Lageraufenthalt und eine Sachleistungsversorgung<br />

haben zu keinem Zeitpunkt Flucht verhindert.<br />

Ob selbst geglaubte Lügen oder ohnmächtige Demonstration<br />

von „Handlungsfähigkeit“ – Was Landrat Herrgott<br />

und seine Apostel unermüdlich in die Presse kreischen, ist<br />

pures Ressentiment. Dreist und paternalistisch höhnen<br />

die Herren: Arbeitspflicht gebe Flüchtlingen eine Tagesstruktur<br />

und eine sinnvolle Tätigkeit. Die „Aufwandsentschädigung“,<br />

es ist ja kein Lohn, von 64 € im Monat (!) sei<br />

eine gern gesehene Zusatzeinnahme und obendrein eine<br />

Anerkennung. Warum braucht es Sanktionen? „Weil es<br />

eine Frage der Gerechtigkeit ist.“ Wer nicht arbeitet, soll<br />

auch nichts essen. Die Rede vom „Sozialmissbrauch“ ist<br />

nur eine Chiffre für den Hass auf Nicht-Arbeit. Weil der<br />

Arbeitszwang für alle, die Lohnarbeit, als Naturnotwendigkeit<br />

verinnerlicht wird, muss auch die Sehnsucht nach<br />

Nicht-Arbeit verdrängt werden.<br />

Gleichzeitig spüren viele, dass der Kapitalismus an seine<br />

inneren Schranken stößt, der soziale Abstieg und globale<br />

RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />

Wer Infos will, einfach E-<strong>Mai</strong>l an:<br />

info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />

Homepage: www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />

Termine und Links:<br />

Aktuelle Termine: tacker.fr<br />

Katastrophen drohen. So wie das (verdrängte) Unbehagen<br />

gegen das „Arbeitenmüssen“ wird auch der Hass auf die<br />

drohende Überflüssigkeit der eigenen Arbeitskraft nach<br />

außen, auf die (rassifizierten) vermeintlich Nicht-Arbeitenden<br />

projiziert. Darum werden Geflüchteten widersprüchliche<br />

Vorwürfe gemacht. Einerseits seien sie „faul“<br />

und lägen den deutschen Steuerzahlern auf der Tasche;<br />

sie müssten zur Arbeit gezwungen werden. Andererseits<br />

seien sie nur „Wirtschaftsflüchtlinge“, also bloß fürs Arbeiten<br />

gekommen und würden den Deutschen die Arbeitsplätze<br />

wegnehmen. Die vermeintliche Rettung liegt dann<br />

konsequenterweise in der „solidarischen“ deutschen<br />

„Volksgemeinschaft“ und in der Hoffnung auf den Staat,<br />

endlich was gegen die ausländischen „Sozialschmarotzer“<br />

zu tun: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben!“<br />

Während sich die rassistischen Ressentiments verschärfen,<br />

werden marginalisierte Gruppen gegeneinander ausgespielt.<br />

Dabei arbeiten MigrantInnen hier millionenfach<br />

als BilliglöhnerInnen – regulär wie irregulär, in der Pflege,<br />

im Haushalt, auf dem Bau, in der Landwirtschaft. Nicht<br />

sie, sondern andere sind die Gewinner.<br />

Es zeigt sich eine neue Hegemonie rechter Politik in Krisenzeiten<br />

– nicht das erste Mal. Sie wendet sich nicht<br />

nur gegen Geflüchtete, sondern an alle (vermeintlich)<br />

nicht-deutschen und von Armut und Ausgrenzung betroffenen<br />

Menschen.<br />

Wir dürfen diesen Entgrenzungen nicht einfach zusehen,<br />

wir müssen lautstark dagegen auf die Straße gehen! Wir<br />

rufen Euch zur landesweiten Demo auf. Gegen rassistische<br />

Hetze, Bezahlkarte, Arbeitspflicht, Duldung, Asylbewerberleistungsgesetz<br />

und alle anderen Demütigungen<br />

und Entmündigungen, denen Flüchtlinge, Arbeits- und<br />

Wohnungslose ausgesetzt sind.<br />

4<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. MÄRZ BIS 15. APRIL)<br />

[FR] d.i.i.-WOHNUNGEN VERGESELLSCHAFTEN<br />

Die Deutsche Invest Immobilien AG (d.i.i.) hat einen<br />

Insolvenzantrag gestellt. Ihr gehören im Rieselfeld etwa<br />

300 Wohnungen. Die letzten Mieterhöhungen hatten für<br />

Aufsehen gesorgt, weil die Wohnungen nach einer Neuberechnung<br />

teilweise um bis zu 15 m² größer geworden<br />

sind, sodass die Mieterhöhungen deutlich gravierender<br />

ausgefallen sind. Auch in Landwasser gehören der d.i.i.<br />

fünf Hochhäuser. Hier wurde die Rechnung für die Abholung<br />

der gelben Säcke monatelang von der d.i.i. nicht beglichen,<br />

weshalb sie nicht mehr abgeholt wurden. Klagen<br />

gibt es auch über mangelnde Instandhaltung und nicht<br />

erreichbare Ansprechpartner, Probleme, die es auch in<br />

anderen Städten gibt. Die MieterInnen sorgen sich nach<br />

der Insolvenz u. a. darum, ob die Energieversorgung und<br />

der Hausmeisterdienst sichergestellt sind. Klare Sache:<br />

Die d.i.i.-Wohnungen müssen vergesellschaftet werden.<br />

[FR] WOHNGELD 1: PROBLEME BEIM SOZIALTICKET<br />

WohngeldempfängerInnen haben in Freiburg Anrecht<br />

auf das Sozialticket. Neben der RegioKarte mit einem<br />

Eigenanteil von 34 € ist auch ein ermäßigtes Deutschlandticket<br />

für 28 € vorgesehen. Das klingt erst einmal<br />

nicht unattraktiv für diesen Personenkreis. Das Problem<br />

ist, dass ein Kauf des Tickets nur mit den entsprechenden<br />

Gutscheinen möglich ist und diese erst mit der Bewilligung<br />

des Wohngeldantrags ausgestellt werden. Während<br />

der Prüfung der Anträge kann kein Sozialticket gekauft<br />

werden. Da die Prüfung in Freiburg bekanntermaßen sehr<br />

lange dauern kann, es oftmals Rückfragen der Wohngeldbehörde<br />

gibt und AntragstellerInnen über Änderungen<br />

in den Einkünften oder auch bei der Zahl der Kinder stets<br />

informieren müssen, führt das dazu, dass es bei vielen,<br />

die eigentlich Sozialticket-berechtigt wären, mehrere<br />

Monate im Jahr gibt, in denen sie keine vergünstigten<br />

Tickets erhalten können. Dass das Deutschlandticket per<br />

Gutschein nur bis zum 15. des Vormonats bestellbar ist,<br />

kommt verschärfend hinzu. In der Konsequenz wird die<br />

Mobilität eingeschränkt. Mehrere Fraktionen im Gemeinderat<br />

fordern endlich, dass WohngeldempfängerInnen<br />

auch in der Prüfphase ein Sozialticket wie das Deutschlandticket<br />

erhalten sollen. Mitte April waren in Freiburg<br />

teilweise wohl noch Wohngeldanträge aus dem Jahr 2021<br />

nicht bearbeitet. Insgesamt warteten 5.340 Anträge auf<br />

die Bearbeitung.<br />

[FR] WOHNGELD 2: PROBLEME BEI BILDUNG UND<br />

TEILHABE<br />

Die in der Regel ewig dauernde Prüfung von Wohngeldanträgen<br />

führt noch zu einem weiteren Problem neben<br />

dem, dass die Betroffenen de facto mehrere Monate beträchtliche<br />

Summen vorfinanzieren müssen. Sie erhalten<br />

während der Zeit der Prüfung des Wohngeldantrags auch<br />

keine Bildung-und-Teilhabe-Leistungen. Dazu gehören die<br />

Übernahme der Kosten für Schulausflüge, fürs Mittagessen<br />

in Schule oder Kita, die SchülerInnenbeförderung z. B.<br />

in Form des Deutschlandtickets JugendBW, ein Zuschuss<br />

zu Sport-, Spiel- oder Kulturaktivitäten sowie Freizeiten<br />

und zum Schulbedarf. Die Fraktion „Eine Stadt Für Alle“<br />

fordert, die Leistungen schon nach Antragstellung, vor der<br />

Bewilligung des Wohngeldantrags, zu gewähren.<br />

[FR] UNSICHERHEITS-PARTNERSCHAFT<br />

Die sogenannte Sicherheitspartnerschaft zwischen Stadt<br />

Freiburg und Land wird fortgesetzt. U. a. wird damit die<br />

Videoüberwachung in den Nächten am Wochenende und<br />

vor Feiertagen von 22 Uhr bis 6 Uhr im Bermudadreieck<br />

fortgesetzt. In dieser Zeit werden nicht nur die KneipenbesucherInnen,<br />

sondern auch das Aus-dem-Haus-Gehen<br />

oder Zurückkommen von BewohnerInnen des Viertels<br />

überwacht. Aufgestockt um elf Stellen wird auch der<br />

kommunale Vollzugsdienst. Er geht, festgelegt durch die<br />

Aufgabenbeschreibung, gegen Obdachlose, BettlerInnen<br />

und StraßenmusikerInnen vor. Für diese Personengruppen<br />

vermindert die Sicherheitspartnerschaft also die<br />

Sicherheit. Wohin 100 neue Stellen führen, die bei der<br />

Polizei bis 2026 geschaffen werden sollen, konnte man am<br />

10. April am Stühlinger Kirchplatz sehen. Über Stunden<br />

kesselte einfach einmal eine riesige Zahl an PolizistInnen<br />

verdachtsunabhängig rund 40 Menschen ein, die sich am<br />

Kirchplatz aufhielten. Die Polizei erklärte dies als Teil einer<br />

Jahreskonzeption.<br />

[BE] KEIN ANSPRUCH AUF GEWINNOPTIMIERUNG<br />

In Berlin wehren sich die MieterInnen der Habersaathstraße<br />

40–48, die u. a. durch eine erfolgreiche Besetzung<br />

von einigen leerstehenden Wohnungen durch Obdachlose<br />

bekannt wurde, erfolgreich gegen Abriss- und Neubaupläne<br />

des Hauseigentümers. Das Berliner Landgericht<br />

erklärte, dass die Frage, ob durch den Fortbestand eines<br />

Mietvertrags ein erheblicher Nachteil für eine(n) EigentümerIn<br />

entsteht, vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit<br />

des Eigentums zu beurteilen sei. „Das Eigentum<br />

gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung<br />

oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeiten,<br />

die den größtmöglichen wirtschaftlichen<br />

Vorteil versprechen.“ Das Besitzrecht des Mieters an<br />

seiner Wohnung sei ebenfalls gesetzlich geschütztes<br />

Eigentum.<br />

Weiterführende Links zu den Meldungen<br />

findet ihr wie immer auf der Homepage<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 5


DEEPFAKES UND WAHLEN<br />

Eine wachsende Gefahr für die Demokratie<br />

Foto: FotografieLink / iStock<br />

Technologische Weiterentwicklungen haben zu einem<br />

weltweiten Anstieg der politischen Desinformation beigetragen<br />

– insbesondere die Entwicklung bei den synthetischen<br />

Medien, auch bekannt als Deepfakes. Es wird<br />

immer schwieriger zu erkennen, ob Medien von einem<br />

Computer erstellt wurden oder auf einer wahren Begebenheit<br />

beruhen.<br />

Während des Brexit-Referendums 2016 und der US-Präsidentschaftswahlen<br />

wurden viele Menschen völlig unerwartet<br />

von Desinformation überrascht. Seitdem hat sich<br />

eine Mini-Industrie entwickelt, die diese Desinformationen<br />

analysiert und bekämpft. Und trotzdem haben wir im<br />

Jahr 2024 – einem Jahr mit mehr als 40 Wahlen weltweit<br />

– mehr Angst vor Desinformation als je zuvor.<br />

In vielerlei Hinsicht ist das Problem herausfordernder als<br />

im Jahr 2016. Ein Grund dafür sind die technologischen<br />

Fortschritte, die seither gemacht wurden – insbesondere<br />

die Entwicklung der synthetischen Medien, auch bekannt<br />

als Deepfakes. Es wird immer schwieriger zu erkennen,<br />

ob Medien von einem Computer erstellt wurden oder<br />

auf einer wahren Begebenheit beruhen. Wir sind noch<br />

dabei, zu verstehen, wie groß der Einfluss von Deepfakes<br />

auf Wahlen sein könnte. Eine Reihe von Beispielen deutet<br />

jedoch bereits darauf hin, wie sie eingesetzt werden<br />

könnten. Dieses Jahr könnte das Jahr sein, in dem viele<br />

Fehler gemacht und Lehren daraus gezogen werden.<br />

Seit der Verbreitung von Desinformationen rund um die<br />

Wahlen 2016 haben Forscher zahllose Bücher und Abhandlungen<br />

verfasst, Journalisten haben sich zu Experten<br />

für Faktenüberprüfung und Verifizierung umschulen<br />

lassen, Regierungen haben sich an „großen Ausschüssen“<br />

und Kompetenzzentren beteiligt. Darüber hinaus sind<br />

Bibliotheken in den Mittelpunkt von Strategien zur Stärkung<br />

der Resilienz gerückt, und es sind eine Reihe neuer<br />

Einrichtungen entstanden, die Analysen, Schulungen<br />

und zusätzliche Ressourcen anbieten. Diese Aktivitäten<br />

waren nicht erfolglos. Wir haben jetzt ein differenzierteres<br />

Verständnis von Desinformation als soziales, psychologisches,<br />

politisches und technologisches Phänomen.<br />

6<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Auch die Bemühungen zur Stärkung des unabhängigen<br />

Journalismus und zur Förderung des kritischen Denkens<br />

durch Bildung scheinen vielversprechend. Vor allem aber<br />

geben die großen Technologieunternehmen nicht mehr<br />

vor, neutrale Plattformen zu sein. In der Zwischenzeit<br />

haben auch die politischen Entscheidungsträger erkannt,<br />

dass es ihre Pflicht ist, Technologien im öffentlichen Interesse<br />

zu regulieren.<br />

Foto: thomas-bethge / iStock<br />

KI UND SYNTHETISCHE MEDIEN<br />

Diskussionen über die Regulierung sind dringlicher geworden,<br />

seit KI-Tools zur Erstellung synthetischer Medien<br />

– Medien, die teilweise oder vollständig von Computern<br />

erstellt werden – zum <strong>Mai</strong>nstream geworden sind. Diese<br />

Deepfakes können Stimme und Aussehen von echten<br />

Menschen imitieren. Deepfake-Medien sind beeindruckend<br />

realistisch und erfordern weder viel Können noch<br />

viele Ressourcen. Dies ist der Höhepunkt der digitalen<br />

Revolution, in deren Verlauf die Produktion hochwertiger<br />

Inhalte durch neue Technologien für fast jeden zugänglich<br />

geworden ist. Im Gegensatz dazu wurden die meisten<br />

regulatorischen Strukturen und institutionellen Standards<br />

für Medien in einer Zeit entwickelt, in der nur eine<br />

Minderheit von Fachleuten Zugang zur Produktion hatte.<br />

Politische Deepfakes können unterschiedliche Formen<br />

annehmen. Bei den jüngsten Wahlen in Indonesien gab<br />

es ein Deepfake-Video, in dem der verstorbene Präsident<br />

Suharto „wiederauferstanden“ war. Angeblich sollte es die<br />

Menschen zur Stimmabgabe ermutigen, wurde aber als<br />

Propaganda eingestuft, weil es von der politischen Partei<br />

produziert wurde, deren Vorsitzender er war.<br />

Ein vielleicht noch offensichtlicherer Einsatz von Deepfakes<br />

ist die Verbreitung von Lügen über politische Kandidaten.<br />

So wurde beispielsweise einige Tage vor den<br />

slowakischen Parlamentswahlen im September 2023 eine<br />

gefälschte, von der KI erzeugte Audioaufnahme veröffentlicht,<br />

in der der Vorsitzende der Progressive Slovakia-Partei,<br />

Michal Šimečka, angeblich mit einem Journalisten<br />

darüber sprach, wie man die Wahl manipulieren könnte.<br />

Abgesehen von dem offensichtlichen Versuch, eine politische<br />

Partei zu diskreditieren, ist dieser Deepfake, dessen<br />

Ursprung unklar ist, ein bemerkenswertes Beispiel für die<br />

weitreichenden Bemühungen, Minderheiten zum Sündenbock<br />

zu machen und den <strong>Mai</strong>nstream-Journalismus<br />

zu dämonisieren. Glücklicherweise war das Audiomaterial<br />

in diesem Fall von schlechter Qualität, sodass es für<br />

Faktenprüfer einfach war, seine Unechtheit zu bestätigen.<br />

Die Integrität demokratischer Wahlen darf jedoch nicht<br />

von der Ungeschicklichkeit der Fälscher abhängen.<br />

Die Technologie für gefälschte Audiodateien ist mittlerweile<br />

so ausgereift, dass es schwierig ist, sie als Fälschung<br />

zu erkennen. Deepfake-Videos haben zwar noch Probleme,<br />

bestimmte menschliche Merkmale, wie z. B. Hände,<br />

darzustellen, aber die Technologie ist noch jung. Es ist<br />

auch wichtig zu wissen, dass das slowakische Video in<br />

den letzten Tagen des Wahlkampfes veröffentlicht wurde.<br />

Dies ist der ideale Zeitpunkt für Desinformations- und<br />

Manipulationsversuche, da Zielpersonen und unabhängige<br />

Journalisten alle Hände voll zu tun und daher nur<br />

wenig Zeit für eine Reaktion haben.<br />

Wenn es außerdem teuer, zeitaufwändig und schwierig<br />

ist, tiefgehende Deepfakes zu untersuchen, dann ist<br />

unklar, wie Wahlkommissionen, politische Kandidaten,<br />

die Medien oder auch die Wählerschaft reagieren sollten,<br />

wenn potenzielle Fälle auftreten. Schließlich kann eine<br />

falsche Anschuldigung durch einen Deepfake genauso<br />

beunruhigend sein wie der eigentliche Deepfake.<br />

Eine weitere Möglichkeit, mit der Deepfakes Wahlen beeinflussen<br />

könnten, ist der umfangreiche Einsatz zur sexuellen<br />

Belästigung und zum Missbrauch von Frauen und<br />

Mädchen. Diese Art der sexuellen Belästigung passt in ein<br />

bestehendes Muster des Missbrauchs, das die politische<br />

Teilhabe von Frauen behindert.<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 7


Foto: wildpixel / iStock<br />

DIE INTEGRITÄT VON WAHLEN INFRAGE STELLEN<br />

Die Schwierigkeit besteht darin, dass noch unklar ist, welche<br />

Auswirkungen Deepfakes auf Wahlen haben könnten.<br />

Es ist sehr gut möglich, dass bei den bevorstehenden<br />

Wahlen in diesem Jahr weitere, ähnliche Deepfakes auftauchen<br />

– und wir könnten auch erleben, dass Deepfakes<br />

auf eine Art und Weise eingesetzt werden, die wir noch<br />

nicht kennen.<br />

Wir sollten uns aber auch daran erinnern, dass nicht<br />

alle Desinformationen hochtechnologisch sind. Es gibt<br />

auch andere Möglichkeiten, die Demokratie anzugreifen.<br />

Gerüchte und Verschwörungstheorien über die Integrität<br />

des Wahlprozesses sind ein heimtückischer Trend. Auch<br />

Wahlbetrug ist ein globales Problem, denn viele Länder<br />

sind nur dem Namen nach Demokratien. Klar ist, soziale<br />

Netzwerke ermöglichen Desinformation in vielerlei<br />

Hinsicht und treiben sie zudem voran. Aber es ist ein<br />

Fehler, anzunehmen, dass das Problem online beginnt<br />

und endet.<br />

Gibt es ein unabhängiges Mediensystem, das in der Lage<br />

ist, qualitativ hochwertige Berichterstattung im öffentlichen<br />

Interesse zu veröffentlichen? Gibt es unabhängige<br />

Wahlausschüsse und -gremien? Gibt es unabhängige<br />

Gerichte, die im Zweifelsfall Urteile fällen? Und gibt es ein<br />

klares Bekenntnis von Politikern und politischen Parteien,<br />

die demokratischen Werte über ihre eigenen Interessen<br />

zu stellen?<br />

In diesem Wahljahr werden wir möglicherweise die Antwort<br />

auf diese Fragen herausfinden.<br />

Mit freundlicher Genehmigung von<br />

The Conversation / INSP.ngo<br />

Eileen Culloty<br />

Eine Möglichkeit, über die Herausforderung der Desinformation<br />

während der bevorstehenden Wahlen nachzudenken,<br />

besteht darin, über die Stärke der Systeme nachzudenken,<br />

die die Demokratie aufrechterhalten sollen.<br />

8<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


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ECM FESTIVAL<br />

FREIBURG<br />

8.-11. <strong>Mai</strong> 2024<br />

A TRIBUTE TO ANJA LECHNER<br />

MONA MATBOU RIAHI<br />

PABLO MÁRQUEZ<br />

FRANÇOIS COUTURIER<br />

NITAI HERSHKOVITS<br />

DOMINIC MILLER<br />

ZSÓFIA BOROS<br />

MACIEJ OBARA QUARTET<br />

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Mit freundlicher<br />

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FREIeBÜRGER 05 | 2024 9


DIGITALE VERZWEIFLUNG<br />

Nervenzusammenbruch oder verständliches Ausrasten?<br />

Foto: Eden Moon / Pixabay<br />

Eigentlich habe ich mich nie für jemanden von der Sorte<br />

„nervous breakdown“ gehalten. Ich war gewöhnt, dass ich<br />

total ruhig werde und die Außenwelt komplett ausblenden<br />

kann, wenn es darauf ankommt. Wie ein Roboter<br />

konnte ich dann konzentriert am PC meine Arbeit erledigen,<br />

auch unter Zeitdruck. Aber das gehört in der digitalen<br />

Welt wohl der Vergangenheit an.<br />

Denn nun stehe ich fast täglich vor einer Situation, in der<br />

ich glaube, mal kurz ausrasten oder gleich wahnsinnig<br />

werden zu müssen. Am liebsten würde ich dann den Bettel<br />

hinschmeißen, mich auf dem Absatz umdrehen und<br />

aus diesem Leben hinauslaufen.<br />

Aber wohin? Wo finde ich noch eine Welt, in der ich nicht<br />

als Erstes mein Smartphone zücken muss, um wieder<br />

einmal das passende Passwort zu suchen, um weiterzukommen?<br />

Um zum Beispiel auf einer Homepage einen<br />

Termin bei einer Behörde oder einem Arzt zu kriegen? Um<br />

einen Busfahrplan zu suchen, weil an der Haltestelle kein<br />

Fahrplan mehr hängt? Um den Zählerstand von Strom<br />

und Gas durchzugeben? Um, um, um...<br />

Sie meinen, ich übertreibe? Dann kommen Sie doch<br />

einfach mal mit in mein Leben. Da informiert mich beispielsweise<br />

die Firma, die die Abrechnung für die Hausnebenkosten<br />

macht. Dies gehe jetzt nur noch digital und ich<br />

müsse mich auf ihrem Portal anmelden. Anmeldenamen<br />

und Code für den Erstzugang anbei. An einem Morgen, an<br />

dem ich das Gefühl habe, die digitale Welt und ich sind<br />

Freunde, nehme ich mir die Anmeldung vor. Das klappt<br />

ja noch. Aber für die Eingaben der Zählerstände, die es<br />

für die nächste Abrechnung braucht, habe ich mir dann<br />

schließlich doch einen nervenstarken Mitkämpfer an die<br />

Seite geholt. Gemeinsam haben wir es geschafft. Aber<br />

sein Kommentar danach macht mich stutzig. Es habe ihn<br />

total viel Kraft gekostet, mich nicht irgendwann von der<br />

Seite anzubrüllen. Hat ihn das unübersichtliche Portal<br />

auch so verrückt gemacht oder war das ich?<br />

Zu diesen Selbstzweifeln passt auch der Satz meines<br />

Neffen, dass ich ihn jederzeit wieder in Zürich besuchen<br />

dürfe – vorausgesetzt ich lasse mein Notebook zu Hause.<br />

Dabei hatte ich ihn nur gebeten mir zu helfen, Terminkalender<br />

und Adressdatei vom neuen Notebook mit dem<br />

10<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Handy zu synchronisieren. Das wäre doch echt praktisch,<br />

finde ich zumindest. Immerhin hatte ich es schon geschafft,<br />

die ganzen Daten vom alten aufs neue Notebook<br />

überzuleiten. So blöd bin ich doch gar nicht! OK, dass eine<br />

neue E-<strong>Mai</strong>l-Adresse benötigt wurde (bitte fragen Sie<br />

mich jetzt nicht warum, sonst werde ich hier und heute<br />

nicht mehr fertig) hat das Ganze zumindest so verkompliziert,<br />

dass ich überfordert war. Mein IT-affiner Neffe saß<br />

den ganzen Abend angestrengt über meinen Geräten.<br />

Aber muss ich mir dafür die Schuld geben? Ist es nicht<br />

verständlich, dass ich am ganz normalen Leben teilnehmen<br />

möchte? Diese Teilhabe verlangt eine gewisse digitale<br />

Kompetenz und eine entsprechende Ausstattung an<br />

Hard- und Software. Und wer das nicht hat, ist ziemlich<br />

schnell draußen. Können Sie sich vorstellen, wie schnell<br />

ein Mensch ohne Obdach hier abgehängt wird und sich<br />

die hehre Teilhabe wo hinstecken kann?<br />

Dass ich mein Bankkonto aus meiner Jugend und bei<br />

meiner Kleinstadtsparkasse niemals in die Großstadt<br />

umgesiedelt habe, hielten meine Freunde immer für eine<br />

Marotte. Nun, ich habe sie mir geleistet und es nie bereut.<br />

Denn wenn ich mit meinem Online-Banking mal nicht<br />

zurechtkomme, rufe ich an und dann meldet sich meist<br />

jemand mit einem mir bekannten Namen. Rombach<br />

zum Beispiel. Ach, denke ich dann, das ist doch sicher<br />

der Sohn von Markus Rombach, der auf der Schule eine<br />

Klasse unter mir war. Und ich spreche mit ihm, als wenn<br />

wir altvertraute Freunde wären. Bislang haben wir jedes<br />

Problem gelöst bekommen. Aber die Probleme nehmen zu<br />

und werden komplexer. Die gemeinsame Bewältigung am<br />

Telefon dauert deutlich länger. Zu vieles habe ich bei meinen<br />

eigenen Versuchen mit „double opt-in“ und „security<br />

authorization“ mal wieder lahmgelegt. Ich hoffe, meine<br />

Telefonnummer ist bei der heimatlichen Sparkasse nicht<br />

schon auf einer roten Liste gelandet. Aber wer weiß?<br />

Reicht das oder wollen Sie auch noch hören, wie ich mit<br />

den Apps von Flixbus, der Tageszeitung, des Regionalverkehrs<br />

und der Bahn im Konflikt stehe? Wohl eher<br />

nicht. Diese ganzen digitalen und technischen Details<br />

langweilen Sie nur. Und ich befürchte, Ihr Bild von einer<br />

überforderten, technikfeindlichen Trantüte hat sich durch<br />

meine Schilderungen schon längst manifestiert. Doch<br />

weit gefehlt! Ich kann auch die Checkerin sein! Elster zum<br />

Beispiel. Die halbe Nation ist an diesem großangelegten<br />

digitalen Lernprojekt ohne Gebrauchsanleitung verzweifelt.<br />

Ich nicht. Ich habe das System sogar überlistet und<br />

alle gewünschten Angaben in eine einzige Datei gepackt.<br />

Leider war das Finanzamt mit meiner effektiven Arbeitsweise<br />

nicht zufrieden. Es hat mich gebeten, nochmals<br />

über Los zu gehen und alles erneut einzugeben. Aber<br />

einzeln bitte. Schließlich habe ich über den Bürokratismus<br />

den Kopf geschüttelt und gehorcht, um Ruhe zu haben.<br />

WAS TUN GEGEN DEN DIGITALEN WAHNSINN?<br />

Wir müssen nicht alles hinnehmen, was man uns<br />

als effektiv verkauft. Sprechen Sie Ihre LokalpolitikerInnen,<br />

FallmanagerInnen oder SozialarbeiterInnen<br />

darauf an, dass es immer auch noch möglich sein<br />

muss, auf Papier oder direkt notwendige Vorgänge<br />

zu erledigen. Nutzen Sie die Kommunal- und Europawahlen<br />

am 9. Juni 2024, um mitzubestimmen, wer<br />

Ihre Interessen vertritt.<br />

Übrigens: Auch Wohnungs- und Obdachlose ohne<br />

Meldeadresse haben ein Wahlrecht. Sie müssen sich<br />

dazu bis spätestens 21 Tage vor der Wahl (also dem 17.<br />

<strong>Mai</strong> 2024) beim Wahlamt Ihrer Kommune (dieses ist<br />

meistens im Rathaus) ins Wählerverzeichnis eintragen<br />

lassen. Anschließend können Sie entscheiden, ob<br />

Sie am Wahltag in einem Wahllokal oder schon vorher<br />

per Briefwahl abstimmen wollen. Im Falle einer<br />

Briefwahl können die Wahlunterlagen auch direkt<br />

vor Ort ausgefüllt und abgegeben werden.<br />

Und neulich habe ich es tatsächlich in der Zeitung gelesen:<br />

Nicht ich bin das Problem, sondern der überbordende<br />

Bürokratismus, der zeitgleich einhergeht mit der sogenannten<br />

digitalen Transformation. Die deutsche Regulierungswut<br />

gepaart mit dem überzogenen Sicherheitsbedürfnis<br />

haben längst weit über die Stränge geschlagen<br />

und drohen allmählich, die Republik lahmzulegen. Also<br />

nicht nur mich. Nicht nur mir droht der „nervous breakdown“,<br />

sondern einem ganzen Land droht der Kollaps.<br />

Ich bin zuerst einmal beruhigt und zugleich zutiefst<br />

beunruhigt.<br />

Gertrud Rogg<br />

In eigener Sache<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 11


Abb.: Einzug einer Freischärlerkolonne unter Gustav Struve in Lörrach am 20. April 1848 auf dem Weg<br />

zur Unterstützung des Heckerzugs beim Gefecht von Kandern. Ölgemälde von Friedrich Kaiser.<br />

900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />

Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 38)<br />

Foto: wikipedia<br />

In der letzten <strong>Ausgabe</strong> endete ich mit der rasch ansteigenden<br />

Arbeitslosigkeit in Freiburg und der damit<br />

verbundenen Verarmung der unteren Klassen. Diesmal<br />

geht es darum, wie sich Armut und Verelendung immer<br />

weiter steigerten und es schließlich unweigerlich zu einer<br />

Revolution kam.<br />

WACHSENDE ARMUT UND DER AUFSTAND DES VOLKES<br />

Durch die immer größer werdende Arbeitslosigkeit in<br />

der Stadt wuchsen Armut, Hunger und Verelendung<br />

auf einen neuen Höchststand. Stadt und Armeninstitut<br />

bekamen Probleme mit der Versorgung der vielen Bedürftigen.<br />

Um der Lage Herr zu werden, griff die Stadt nun auf<br />

altbewährte Mittel zurück, wie zum Beispiel die Arbeitshäuser.<br />

So wurde 1826 im Breisacher Tor eine „Zwang-Arbeitsanstalt<br />

für liederliche, arbeitsscheue Menschen beiderlei<br />

Geschlechts“ errichtet. Allein die Bezeichnung war<br />

angesichts der hohen Zahl an unverschuldeten Arbeitslosen<br />

Zynismus pur. In den Aufzeichnungen der Stadt<br />

kann man dazu Folgendes finden: „Durch die Errichtung<br />

einer solchen Anstalt würde nun dem zudringlichen Bettel<br />

gesteuert und die Armenkasse bald eine bedeutende Ersparung<br />

in ihren <strong>Ausgabe</strong>n finden.“<br />

Ein Jahr später befanden sich bereits 32 Personen in der<br />

Anstalt und waren schärfsten Regeln unterworfen. Sie<br />

durften keinerlei Besuch empfangen und ohne Genehmigung<br />

des Polizeiamtmanns durften sie nicht ausgehen.<br />

Die tägliche Arbeitszeit betrug im Winter 10,5 und im<br />

Sommer 12,5 Stunden. Sonn- und Feiertage waren frei.<br />

Bei der Einweisung ins Arbeitshaus wurde allerdings<br />

nicht immer streng nach Recht und Ordnung vorgegangen.<br />

Manche Einweisungen erfolgten auch ziemlich<br />

willkürlich. So wurde 1827 die Dienstmagd Margaretha<br />

Hufnagel in das Arbeitshaus verbracht, „weil sie über alle<br />

Beschreibung liederlich wurde und in ihrem Alter vielleicht<br />

noch gerettet werden kann...! Wir konnten sie nicht<br />

mehr frei herum laufen lassen.“ Bei vielen Frauen, die ins<br />

Arbeitshaus kamen, wurde als Grund einfach ein Verstoß<br />

12<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


gegen die Sittlichkeit angegeben. Auf diese Art vermied<br />

die Stadt auch, für eventuelle uneheliche Kinder sorgen<br />

zu müssen.<br />

Der Winter 1846/47 stellte Freiburgs Bevölkerung wieder<br />

vor enorme Probleme, denn er war sehr kalt, sehr lang<br />

und es herrschte wieder Knappheit an Nahrungsmitteln.<br />

Die Ursachen waren in etwa dieselben wie 1816, nur dass<br />

diesmal eine vielfach höhere Arbeitslosigkeit dazu kam.<br />

Nach 30 Jahren musste nun auch die Suppenanstalt<br />

wieder öffnen. Da merkte man dann, wie viele Menschen<br />

in Freiburg auf öffentliche Unterstützung angewiesen<br />

waren. Zwischen dem 15. Dezember 1846 und dem 22. Januar<br />

1847 wurden in der Suppenanstalt 18.649 Portionen<br />

Suppe ausgegeben. Besserung war nicht in Sicht, denn<br />

das traditionelle Handwerk wurde durch die modernen<br />

Industrieanlagen immer mehr verdrängt, sodass vor<br />

allem auch immer mehr jüngere Handwerker von der<br />

Arbeitslosigkeit betroffen waren.<br />

Nicht zuletzt wegen der steigenden Armut hatte sich in<br />

Freiburg eine politische Stimmung entwickelt, die voller<br />

Kritik und Protest war. Es meldeten sich immer mehr prominente<br />

Personen der Stadt zu Wort, welche die Armut in<br />

Freiburg anprangerten und beseitigen wollten.<br />

Begonnen hatten die Proteste eigentlich schon 1833, als<br />

die Freiburger mit deutlicher Mehrheit Karl von Rotteck<br />

zum Bürgermeister wählten, als Protest gegen Rottecks<br />

Entlassung von der Uni. Die Regierung lehnte die Wahl<br />

ab; in der Zeitung standen Drohungen, dass man Freiburg<br />

den Erzbischofssitz und die Garnison wegnehmen würde,<br />

wenn es keine Neuwahl gäbe. Rotteck verzichtete daraufhin<br />

und schlug seinen Neffen Joseph von Rotteck vor,<br />

der dann auch tatsächlich als Bürgermeister eingesetzt<br />

wurde.<br />

Doch da weiterhin ein Verbot der liberalen Presse, der<br />

Volksversammlungen und der öffentlichen Rede bestand,<br />

waren Freiheit und Opposition immer noch weitgehend<br />

eingeschränkt. Umso erstaunlicher erscheint da die Rede<br />

von Franz Joseph Ritter von Buß, die er am 25. April 1837<br />

vor der Badischen Ständeversammlung hielt.<br />

Franz Joseph Ritter von Buß (1803-1878) war Jurist,<br />

Staatsrechtler und katholischer Politiker. Er war großherzoglich<br />

badischer Hofrat und Professor an der Freiburger<br />

Universität und wurde bereits mit 34 Jahren ins badische<br />

Parlament gewählt. Dort hielt er auch die erwähnte<br />

Rede, die später als „Fabrikrede“ in die Geschichtsbücher<br />

einging. Buß sah, bei aller Notwendigkeit der Industrialisierung,<br />

auch die Nachteile für die ArbeiterInnen und<br />

setzte sich vehement für staatliche Hilfsmaßnahmen ein.<br />

Er legte einen konkreten Plan mit Vorschlägen vor, die<br />

Abb.: Franz Joseph Ritter von Buß (1803-1878)<br />

Foto: wikipedia<br />

wahrscheinlich für die damalige Zeit noch zu früh, auf<br />

jeden Fall aber beispielgebend für spätere Generationen<br />

waren. So forderte Buß z. B. Arbeitszeitbeschränkungen,<br />

Unfallschutz, Krankenversorgung und sogar Bildungsmöglichkeiten<br />

für die Beschäftigten. Doch leider fanden<br />

seine Vorschläge im Parlament keinen Beifall. Diese „Fabrikrede“<br />

von Franz Joseph Ritter von Buß war übrigens<br />

die erste sozialpolitische Rede, die je in einem deutschen<br />

Parlament gehalten wurde. Doch obwohl Buß ein Schüler<br />

von Rotteck und Welcker war und deren liberale Werte<br />

teilweise übernommen hatte, war er dagegen, dass die<br />

ArbeiterInnen ihre Probleme selbst lösen. Er versprach<br />

sich eine Lösung der sozialen und gesellschaftlichen<br />

Aufgaben nur durch die neue katholische Bewegung, in<br />

der er eine führende Rolle einnahm. Auch Karl Mez, ein<br />

Freiburger Abgeordneter und Fabrikbesitzer, sah nur<br />

in den christlichen Grundwerten die Beseitigung der<br />

sozialen Probleme. Allerdings gab es in seiner Fabrik in<br />

der Kartäuserstraße bereits umfangreiche Sozial- und<br />

Fürsorgeeinrichtungen, die den Arbeitern das Umfeld<br />

einer (christlichen) Familie geben sollten.<br />

Man hatte also bemerkt, dass es einem Großteil der Bevölkerung<br />

schlecht geht und ein Teil der FreiburgerInnen<br />

Foto: Wikipedia<br />

wollte auch etwas dagegen tun. Von Regierungsseite und<br />

den meisten vermögenden BürgerInnen kam allerdings<br />

nicht viel.<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 13


Abb.: Erstürmung der Barrikaden am Breisacher Tor 1848<br />

DIE BADISCHE REVOLUTION IN FREIBURG<br />

Am Anfang des Jahres 1848 war die politische Stimmung<br />

in der Stadt extrem aufgeheizt. Die badische Regierung<br />

versuchte bei jeder sich bietenden Gelegenheit, die<br />

Bestrebungen der liberalen Opposition zu unterbinden<br />

bzw. zurückzudrängen, stieß dabei allerdings auf immer<br />

größeren Widerstand. Auch wurde die Ausrichtung der<br />

Opposition zunehmend radikaler, was vor allem auf<br />

Friedrich Hecker und Gustav von Struve zurückzuführen<br />

ist. In einem von ihnen verfassten Manifest wurde dann<br />

auch erstmals die „Ausgleichung des Missverhältnisses<br />

zwischen Arbeit und Capital“ eingefordert, womit sie sich<br />

bei den Konservativen natürlich keine Freunde machten.<br />

Friedrich Hecker (1811-1881) war Rechtsanwalt, Politiker<br />

und radikaldemokratischer Revolutionär. Er war einer der<br />

populärsten Redner und Agitatoren des Aufstandes und<br />

spielte zu Beginn der Revolution eigentlich die zentrale<br />

Rolle. Nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Kandern<br />

im April 1848 betrachtete er die Revolution allerdings als<br />

gescheitert und floh über die Schweiz und Frankreich in<br />

die USA. Dort kämpfte er im Bürgerkrieg aufseiten der<br />

Nordstaaten. 1881 starb Friedrich Hecker als Farmer in<br />

Illinois.<br />

Foto: wikipedia<br />

Gustav von Struve (1805-1870) war Rechtsanwalt und<br />

Foto: Wikipedia<br />

Publizist im Großherzogtum Baden. 1847 legte er seinen<br />

Adelstitel nieder. Auch er war einer der Köpfe der frühen<br />

Revolution, war beim „Heckerzug“ dabei und floh ebenfalls<br />

nach der Niederlage in die Schweiz. Doch anders als<br />

Hecker kam Struve einen Tag später zurück und kämpfte<br />

mit Franz Sigel weiter. Nach dem Scheitern der Revolution<br />

emigrierte er in die Schweiz, wo er aber bald ausgewiesen<br />

wurde. Auch Struve ging in die USA ins Exil. Als das Großherzogtum<br />

1862 eine Amnestie für alle Teilnehmer der<br />

Revolution von 1848/49 erließ, kehrte Struve nach Europa<br />

zurück. Im August 1870 starb Gustav Struve in Wien.<br />

Nachdem am 24. Februar 1848 der französische König<br />

Louis Philippe I. gestürzt worden war, sprang der revolutionäre<br />

Funke schnell nach Baden über und erreichte<br />

diesmal auch Freiburg. Überall in Baden gab es Volksversammlungen,<br />

in denen die Bürgerbewaffnung, Geschworenengerichte,<br />

gerechte Steuern, Pressefreiheit und<br />

erstmals auch die Gleichstellung der Juden und Jüdinnen<br />

gefordert wurden. Am 29. Februar 1848 kamen etwa 800<br />

FreiburgerInnen im großen Saal der Harmonie in der<br />

Grünwälderstraße zusammen, um einen „Volksausschuss“<br />

zu wählen. Dieser sollte eine Gesandtschaft bilden, die<br />

14<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


der Regierung in Karlsruhe nochmals die Forderungen der<br />

BürgerInnen überbringen sollte. Da sich die Stimmung<br />

in der Stadt immer weiter hochschaukelte, war man um<br />

die öffentliche Sicherheit besorgt. Anfangs bildete sich an<br />

der Universität ein akademisches Corps, welches für Ruhe<br />

und Sicherheit sorgen sollte. Die Stadt unterstützte das<br />

und am 4. März 1848 wurde das Corps der Akademiker<br />

und Studenten Teil der Freiburger Bürgerwehr. In der<br />

Folge hatten sich weitere Kreise gebildet, wie der Turnverein<br />

oder der Männergesangsverein, die sich ebenfalls<br />

für demokratische Rechte einsetzen wollten. Auch diese<br />

bewaffneten sich und wurden der Bürgerwehr unterstellt.<br />

Am 7. März 1848 wurde der konservative Bürgermeister<br />

Wagner seines Amtes enthoben und der größte Teil des<br />

Gemeinderates musste ihm folgen. Am 28. März 1848<br />

übernahm Joseph von Rotteck erneut das Amt des Bürgermeisters.<br />

Am 19. März 1848 hatte in Offenburg eine<br />

Großveranstaltung stattgefunden, an der auch zahlreiche<br />

FreiburgerInnen teilgenommen hatten. Hier wurde beschlossen,<br />

dass in jeder Gemeinde vaterländische Vereine<br />

entstehen sollen, die für die Umsetzung der Forderungen<br />

eintreten sollen. Am Sonntag, dem 26. März 1848, um<br />

11:00 Uhr strömten etwa 25.000 Menschen aus Freiburg<br />

und dem Umland auf den Münsterplatz zu einer weiteren<br />

Volksversammlung. Die Menge erzwang, dass auf einigen<br />

hohen Gebäuden die neue schwarz-rot-goldene Fahne<br />

der Republikaner gehisst wurde; selbst vom ehrwürdigen<br />

Münster wehte sie herab. Gustav Struve, der Hauptredner<br />

der Veranstaltung, stellte seine Ideen vor, unter anderem<br />

wie „Knechtung, Verdammung und Aussaugung durch die<br />

Zeit von Wohlstand, Bildung und Freiheit“ ersetzt werden<br />

könnte. Es gab auch ein paar Gegenreden, z. B. von Geistlichen<br />

oder Fabrikanten, die aber von den Demonstranten<br />

ausgebuht wurden und somit kein Gehör fanden. Der<br />

Fabrikbesitzer Xaver Kuenzer musste sogar flüchten, um<br />

sich vor tätlichen Angriffen zu schützen. Die überwiegende<br />

Mehrheit der Anwesenden gelobte bewaffnete Unterstützung,<br />

sollte Friedrich Hecker zum Aufstand rufen.<br />

Die Regierung war indessen nicht untätig geblieben. Seit<br />

Anfang März 1848 hatte man bewusst falsche Informationen<br />

über die Aufständischen und ihre Ziele gestreut, in<br />

der Hoffnung, ein Teil der Bevölkerung würde sich gegen<br />

die Revolution stellen. Ab Mitte März 1848 tauchten dann<br />

Gerüchte auf, wonach arbeitslose deutsche Arbeiter, von<br />

Frankreich kommend und möglicherweise mit französischen<br />

Truppen verbündet, in Baden einfallen und mit Gewalt<br />

eine Republik schaffen wollen. Als dann ein Reiter die<br />

Nachricht brachte, dass französische Truppen und deutsche<br />

Arbeiter auf Freiburg marschieren und unterwegs<br />

die Ortschaften anzünden, brach die blanke Angst aus.<br />

Am 22. März 1848 strömten scharenweise LandbewohnerInnen<br />

in die Stadt, um sich vor den Horden zu schützen.<br />

Abb.: Gustav Struve (1805-1870)<br />

Foto: wikipedia<br />

In der darauffolgenden Nacht kam es dann in Freiburg zu<br />

schweren Unruhen; es soll auch Plünderungen gegeben<br />

haben. Dass sich später herausstellte, dass es weder französische<br />

Truppen noch anrückende ArbeiterInnen gab,<br />

interessierte niemanden.<br />

Hatte es auf den verschiedenen Versammlungen noch<br />

so ausgesehen, als wären Liberale und Demokraten einig<br />

über das „Wann“ und das „Wie“ der Revolution, sah es<br />

nun ganz anders aus. Man konnte sich nicht einigen,<br />

welchen Weg die Bewegung jetzt einschlagen sollte. Die<br />

Liberalen wollten eher einen vorsichtigen, gemäßigten<br />

Weg gehen, ohne Gewalt. Die anderen, angeführt von<br />

Hecker und Struve, wollten endlich losschlagen, um so<br />

schnell wie möglich ihre Ziele zu erreichen.<br />

Wie die Revolution verlief und ob sie Freiburg etwas<br />

brachte, steht in der nächsten <strong>Ausgabe</strong>.<br />

Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg, beim Alemannischen<br />

Institut Freiburg, Gerlinde Kurzbach, Peter Kalchtaler,<br />

Dr. Hans-Peter Widmann und Ulrike Halbe-Bauer.<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 15


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FREIeBÜRGER 05 | 2024 17


Aus welchen Beweggründen entstand die FHG?<br />

Der Gedanke war, eine Begegnung zu ermöglichen und das,<br />

was man heute Inklusion nennt: einen normalen Kontakt<br />

zwischen BürgerInnen unterschiedlicher gesundheitlicher<br />

Verfasstheit.<br />

Seit wann bist Du dabei?<br />

Ich bin im Oktober 2020 eingestiegen. Seit Januar 2021 bin<br />

ich alleiniger Geschäftsführer. Das hört sich jetzt großkotzig<br />

an, aber es ist so, dass wir eine sehr flache Hierarchie<br />

haben und Wert darauf legen, dass auch der Geschäftsführer<br />

parallel in der normalen Arbeit drin ist. Und so habe<br />

ich eine geteilte Stelle, halb als Geschäftsführer, halb als<br />

Sozialarbeiter.<br />

An wen wenden sich die FHG und der Club 55?<br />

An eigentlich jeden Menschen, der sich bei uns wohlfühlt<br />

und in gewisser Weise kommunikationsfähig und -willig<br />

ist. Es geht um eine Personengruppe, die sonst etwas<br />

unterrepräsentiert ist, was Angebote und soziale Teilhabe<br />

angeht, es geht um Menschen mit psychosozialen Belastungen.<br />

Der Ansatz ist, dass ein Kontakt auf Augenhöhe<br />

stattfinden soll. Es geht um Alltagsgestaltung, Tagesstruktur<br />

und Freizeit. Und es ist abhängig davon, in welchem<br />

Arbeitsbereich der Kontakt stattfindet. Von uns werden die<br />

Menschen in den allermeisten Lebensbereichen begleitet.<br />

Foto: E. Peters<br />

IM GESPRÄCH MIT...<br />

Volkert Arfsten<br />

Die Freiburger Hilfsgemeinschaft e. V. (FHG) ist seit 1970<br />

ein gemeinnütziger Verein. Damals wie heute ist es Ziel,<br />

Menschen in seelischen Krisen zu unterstützen. Hierzu<br />

bietet die FHG Unterstützung und Begleitung in den<br />

Lebensbereichen Freizeit, Wohnen und Beschäftigung/<br />

Tagesstruktur an. Als Begegnungsstätte wurde unter<br />

anderem der Club 55 gegründet. Der Club bietet Platz für<br />

Gespräche, Spiele und andere Aktivitäten. Hört sich interessant<br />

an, daher haben wir Volkert Arfsten, Sozialarbeiter<br />

im Club 55, zum Gespräch in die Redaktion eingeladen.<br />

Hallo Volkert, schön, dass Du hier bist. Wie geht es Dir?<br />

Danke erst mal für die Einladung, mir geht's gut.<br />

Was war zuerst da? Der Club 55 oder die FHG?<br />

Tatsächlich wurde zuerst der Club als eine Initiative von<br />

BürgerInnen und StudentInnen gegründet, dann erst hat<br />

das Ganze eine organisatorische Form gefunden mit einem<br />

eingetragenen Verein.<br />

Wie weit darf Eure Beratungshilfe gehen, ab wann müsst<br />

ihr an die entsprechenden Stellen verweisen wie z. B.<br />

Psychiatrie?<br />

Eine ganz harte Grenze ist natürlich Suizidalität. Wenn<br />

jemand akute Tendenzen in die Richtung hat, können wir<br />

das nicht mehr auffangen. Wenn es um Therapie geht, sind<br />

wir nicht die richtigen. Dann gibt's noch die Grenze durch<br />

unsere Aufgabenbeschreibung. Wir haben im Club und<br />

in der Tagesstätte nicht die personellen Kapazitäten, eine<br />

Anlaufstelle für aufsuchende oder nachgehende Beratung<br />

zu sein, das kommt dann eher situativ, wenn Menschen bei<br />

uns sind.<br />

Club 55, was steckt genau dahinter?<br />

Der Club ist mittlerweile eine Institution und unterscheidet<br />

sich von allen anderen Arbeitsbereichen bei uns dadurch,<br />

dass er maßgeblich ehrenamtlich arbeitet. Die Angebote<br />

fangen an bei offenen Nachmittagen und Abenden, wo<br />

man einfach vorbeikommen kann, ohne jede Anmeldung,<br />

wo man sich unterhalten kann, wo ein Kaffee gemacht ist<br />

und es Kuchen gibt oder man gemeinsam kocht. Dann haben<br />

wir unterschiedliche Freizeitgruppen. Sie sind ein bisschen<br />

altersmäßig nach Lebenssituation sortiert, es macht<br />

einen Unterschied, ob ich in Rente bin oder jetzt irgendwie<br />

so mehr oder weniger volljährig. Die Bedürfnisse als solche<br />

sind gleich. Man will nämlich gemeinsam was unternehmen,<br />

und das findet in diesen Gruppen statt. Es gibt die<br />

18<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Jungen Clubber, die Mittendrin-Gruppe, die altersmäßig<br />

so mittendrin ist, und die Freizeitgruppe, wo man ab 50<br />

aufwärts unterwegs ist. Es gibt Spieleabende, Filmabende,<br />

Pubquizze, oder draußen Minigolf spielen oder was auch<br />

immer. Sachen, die man gerne in der Gemeinschaft tut.<br />

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es in der<br />

FHG? Wie viele im Club 55?<br />

In der FHG arbeiten 24 Hauptamtliche, viele in Teilzeit. In<br />

den unterschiedlichen Angeboten des Clubs arbeiten rund<br />

25 Ehrenamtliche, die zwischen einmal im Monat und<br />

einmal in der Woche kommen. Der Club wird begleitet von<br />

zwei hauptamtlichen Sozialarbeitern in Teilzeit.<br />

Auf der Website der FHG finden sich weitere Gruppen/<br />

Hilfsangebote, was steckt jeweils dahinter?<br />

Die Tagesstätte ist ein offenes Angebot, man kann ohne<br />

Anmeldung kommen und sich neben dem Kaffeetrinken<br />

unterhalten und spielen oder auch Basisbedürfnisse stillen<br />

wie duschen, die Waschmaschine nutzen oder ein tägliches<br />

Mittagessen zu sich nehmen. Dazu gibt's dann immer mal<br />

verschiedene Angebote wie z. B. Kreativ-Angebote. Innerhalb<br />

der Tagesstätte gibt es den Zuverdienstbereich, wo im<br />

Sinne eines tagesstrukturierenden Angebots bestimmte<br />

Tätigkeiten gegen einen Annerkennungsbetrag geleistet<br />

werden können: Lettershop, Kleinmontage, Kofferreparatur,<br />

oder eben auch die aktive Mitarbeit in der Tagesstätte,<br />

etwa an der Cafétheke. Dann haben wir das Schulprojekt,<br />

das ist ein Präventions- und Anti-Stigma-Projekt, wo<br />

KollegInnen und Betroffene gemeinsam in Schulklassen<br />

gehen, mit den Schülern über seelische Gesundheit reden<br />

und versuchen, ein bisschen den Makel oder das Geheimnis<br />

um diese bösen psychischen Erkrankungen zu erkunden.<br />

leicht.sinn ist unser neuestes Angebot, eine Anlaufstelle für<br />

junge Leute zwischen 18 und 28 Jahren mit psychosozialen<br />

Belastungen und Krisen. Wir bieten da ein Gruppenangebot<br />

und individuelle Beratung an. Bei uns gibt es auch<br />

den Arbeitskreis „NS-Euthanasie und Ausgrenzung heute“,<br />

heute wichtiger denn je. Das Angebot läuft schon seit über<br />

zehn Jahren und es geht darum, die psychisch Kranken<br />

als Opfergruppe der Nazimorde sichtbar zu machen und<br />

zu halten. Ein weiterer Bereich ist das Begleitete Wohnen.<br />

Der Bedarf wird durch den Träger der Eingliederungshilfe<br />

festgestellt. Weitere Infos zu den einzelnen Bereichen findet<br />

Ihr auf unserer Website: https://www.fhgev.de/<br />

Was sind Deine wichtigsten Anliegen, wenn es um Deinen<br />

Job geht?<br />

Zuallererst geht es um die Besucher, dass bedarfsgerecht<br />

geschaut wird, wo es klemmt, und so gut es geht etwas<br />

Vernünftiges angeboten wird. Es geht darum, die Angebote<br />

in einer Form zu organisieren, dass sie gut genutzt<br />

werden können. Und als Geschäftsleitung muss ich halt<br />

auch schauen, dass Kohle rankommt, dass Anträge gestellt<br />

werden, Spenden eingeworben werden, Brandschutz, Qualitätssicherung<br />

etc. beachtet werden usw. Und es gilt, den<br />

KollegInnen gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.<br />

Was sind die größten Herausforderungen in Deinem Job?<br />

Es gibt natürlich einen schier unendlichen Bedarf, und<br />

das ist schon immer eine Herausforderung. Zu gucken, wo<br />

können wir tatsächlich gut helfen. Wo ist es sinnvoll und<br />

notwendig, zu kooperieren mit anderen Diensten, und wo<br />

geht es in allererster Linie darum, die Eigenständigkeit zu<br />

unterstützen?<br />

Was kann Deiner Meinung nach helfen, seelisch gesund<br />

zu werden?<br />

Da gibt es so viele Antworten, wie es Betroffene gibt. Erst<br />

mal ist es natürlich ungeheuer hilfreich, wenn man keine<br />

Sorgen um die existenziellen Probleme haben muss, wenn<br />

das mit dem Geld einigermaßen klargeht. Und dann geht<br />

es um Begegnung, Beziehung und Kommunikation. Aber<br />

alleine davon geht eine psychische Erkrankung halt auch<br />

nicht weg, und deswegen ist die Gesundheitsversorgung in<br />

dem Bereich ein Riesenthema.<br />

Wie kann man Euch helfen und unterstützen?<br />

Durch ehrenamtliches Engagement, politische Unterstützung<br />

und natürlich durch Geldspenden.<br />

Was machst Du, wenn Du nicht für den Club 55 tätig bist?<br />

Ich habe Familie, Beziehungen, Freunde. Das ist ziemlich<br />

viel und ich fühle mich auch sehr glücklich damit. Ich<br />

interessiere mich für Politik. Da und dort bringe ich mich<br />

ein. Und ich treibe ein bisschen Sport.<br />

Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />

Und welcher der hässlichste?<br />

Richtig hässlich finde ich das alte Kaufland an der Komturstraße.<br />

Ich kriege da immer so schlechte Laune, wenn ich<br />

reingehe, ich weiß auch nicht warum. Und der schönste?<br />

Da fallen mir viele Stellen ein, oben auf dem Schlossberg<br />

z. B., wo man die Vögel anhören und einfach ein bisschen<br />

in die Landschaft gucken kann. Wo Leben ist, da fühle ich<br />

mich auch wohl.<br />

Was wünschst Du Freiburg?<br />

Ich fühle mich hier sehr wohl. Aber Freiburg ist ja auch<br />

nicht eine Insel der Glückseligkeit, sondern es gibt einen<br />

Haufen Welt drum herum mit einem Haufen Probleme.<br />

Und da wünsche ich uns, dass wir da durch gemeinsame<br />

Ideen und Aktionen etwas verbessern können.<br />

Vielen Dank, lieber Volkert, für diesen interessanten<br />

Einblick. Wir wünschen Euch für Eure Arbeit alles Gute!<br />

Oliver, Ekki & Conny<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 19


DER WANDEL DER SECONDHAND-KULTUR<br />

Von sozialer Nachhaltigkeit zu kommerziellem Profit<br />

Foto: Nils<br />

Hallo liebe LeserInnen, ich heiße Nils (16 Jahre) und bin<br />

zur Zeit Schüler am Rotteck-Gymnasium in Freiburg. Für<br />

mein einwöchiges Praktikum bei der Straßenzeitung<br />

FREIeBÜRGER sollte ich einen Artikel schreiben über<br />

ein Thema, das mich interessiert. Ich habe mich dafür<br />

entschieden, über den Wandel der Secondhand-Kultur<br />

zu einem immer teurer werdenden Weg der Modebeschaffung<br />

zu berichten, da dies auch sehr gut in Freiburg<br />

zu beobachten ist.<br />

Das Kaufen von Secondhand-Mode beziehungsweise<br />

das sogenannte „thrifting“ ist in den letzten Jahren zu<br />

einem weit verbreiteten Trend geworden und so öffnen<br />

auch in Freiburg immer mehr neue Secondhand-Läden.<br />

Diese Läden waren früher hauptsächlich für Personen,<br />

die darauf angewiesen waren, Orte zu haben, an denen<br />

sie erschwingliche aber qualitativ hochwertige Kleidung<br />

erwerben und nebenbei einer Klamotte ein neues Leben<br />

schenken konnten.<br />

Die Läden, die im Moment überall neu eröffnen, sind<br />

jedoch keine karitativen Secondhand-Läden mehr,<br />

sondern richten sich ganz bewusst an KundInnen, die für<br />

ein modisches Stück aus zweiter Hand auch mal tiefer in<br />

die Tasche greifen. Schuld an dieser Verschiebung in der<br />

Secondhand-Kultur ist der „thrifting“-Boom in wohlhabenderen<br />

Schichten. Dieser Boom sorgt vielerorts durch<br />

die große Nachfrage von reicheren KundInnen für eine<br />

Gentrifizierung des Secondhand-Angebots.<br />

Diese Secondhand-KäuferInnen sind zwar nicht auf diese<br />

Form des Klamottenerwerbs angewiesen, trotzdem gibt<br />

es natürlich auch für sie genügend Gründe, anstatt einer<br />

neuen kurzlebigen Klamotte lieber ein gebrauchtes, aber<br />

dafür langlebigeres Stück zu kaufen. Natürlich haben<br />

auch sie Interesse daran, ihr Shopping-Verhalten nachhaltiger<br />

und bewusster zu gestalten. Zudem romantisieren<br />

viele Personen der neuen Klientel auch den Einkauf<br />

in einem modischen Secondhand-Laden und besonders<br />

die Ästhetik eines solchen Einkaufs.<br />

Aus diesem Trend heraus entstehen neben den bereits<br />

existierenden Secondhand-Läden, von denen die meisten<br />

nicht auf hohen Gewinn ausgerichtet sind, auch sehr<br />

20<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


kommerzielle „Thriftstores“, die durch ihre modische<br />

Aufmachung bewusst die neue Klientel ansprechen<br />

wollen und sich nicht mehr an die KundInnen richten, die<br />

auf die billigeren Preise angewiesen sind. Das spiegelt<br />

sich auch im Preis wider.<br />

Durch diese Entwicklung zur enormen Kommerzialisierung<br />

des Handels mit Secondhand-Ware ist dieses<br />

Geschäft auch lukrativ für größere UnternehmerInnen<br />

geworden, was im natürlichen Lauf des Kapitalismus<br />

dafür gesorgt hat, dass sich immer mehr Secondhand-<br />

Läden im Besitz einzelner Unternehmen befinden, welche<br />

durch ihre Bekanntheit und große Präsenz in einer Vielzahl<br />

von Städten immer mehr die unabhängigen Läden<br />

verdrängen. Europaweit ist das beste Beispiel hierfür<br />

vermutlich die Secondhand-Kette „HUMANA Secondhand<br />

& Vintage“, die dem dänischen Tvind-Imperium angehört<br />

und zahlreich in den verschiedensten europäischen<br />

Städten vertreten ist.<br />

Und auch „Fast-Fashion-Unternehmen“ ziehen bei dem<br />

Secondhand-Trend mit. So zum Beispiel auch die Modemarke<br />

„Pimkie“, die mit ihrem „Kilo-Shop“ in Freiburg<br />

zum kommerziellen Wandel der Secondhand-Kultur<br />

beiträgt. Dies liegt nicht nur daran, dass durch eine<br />

Secondhand-Abteilung der Laden mehr KundInnen<br />

anzieht, sondern weil es auch zum Reinwaschen des<br />

Markenimages führt. Heißt, Marken, die eher für eine<br />

unökologische und auch eher unethische Produktion<br />

bekannt sind, können dank des positiven Ansehens von<br />

Secondhand mit einer Abteilung für gebrauchte Mode<br />

ihr öffentliches Bild aufpolieren.<br />

Dadurch, dass die neuen Secondhand-Laden-BesitzerInnen<br />

ihre Preise danach richten, einen maximalen Gewinn<br />

zu erwirtschaften und die neuen KundInnen auch bereit<br />

beziehungsweise in der Lage sind, einen höheren Preis<br />

zu zahlen, steigt der Preis auch für alle diejenigen, die<br />

eigentlich auf die erschwingliche Secondhand-Ware<br />

angewiesen sind.<br />

Oft wird für die Personen, die sich in diesen Läden den<br />

Einkauf nicht mehr leisten können, das Erwerben von<br />

Fast-Fashion billiger. Das ist ein ziemlich rückschrittliches<br />

Phänomen, da Secondhand ja eigentlich eine Gegenbewegung<br />

zu „Fast-Fashion“ ist.<br />

Trotz alledem bleiben neben den neuen teureren<br />

Secondhand-Läden immer noch die alten Läden, welche<br />

sich auf den ursprünglichen sozialen Hintergrund des<br />

„thrifting“ besinnen und ihre Preise nach den ursprünglichen<br />

KundInnen richten, bestehen. In Freiburg sind das<br />

Orte wie zum Beispiel „Spinnwebe“ in Weingarten oder<br />

„DRK-Secondhand“ in Mooswald.<br />

Aber auch an diesen Orten kauft jetzt natürlich die neue<br />

wohlhabendere Klientel ein, was an sich nichts Schlechtes<br />

sein muss, solange es in Maßen geschieht. Jedoch gibt<br />

es auch hier reichere Personen, die qualitative Ware den<br />

darauf angewiesenen Personen für einen billigen Preis<br />

wegkaufen, nur um sie dann direkt teuer weiterzuverkaufen.<br />

Dieses auf Gewinn ausgerichtete sogenannte „Reselling“,<br />

also das Kaufen von Secondhand-Mode mit der Intention,<br />

die Ware mit hohem Gewinn weiterzuverkaufen, findet<br />

hauptsächlich online statt und bezieht sich vor allem auf<br />

Markenklamotten. Bestimmte Klamotten, die nur schwer<br />

neu zu bekommen sind, werden hier sogar teilweise für<br />

weit mehr als den Originalpreis verkauft.<br />

Dies findet sich auch in den neuen Thriftstores wieder,<br />

in denen mittlerweile markenspezifisch Preise gemacht<br />

werden. Heißt, Klamotten werden auch in Thriftstores<br />

ihren Marken nach immer teurer, also der Preis einer<br />

Klamotte in diesen Secondhand-Läden entspricht immer<br />

weniger ihrem „realen“ Wert. Dies alles führt dazu, dass<br />

die Secondhand-Kultur immer mehr ihren ursprünglichen<br />

Charakter verliert.<br />

Mein Fazit: Durch die enorme Beliebtheit von Thriftstores<br />

wurde der Handel mit Secondhand-Ware auch lukrativ<br />

für Personen, die den Trend zur enormen Profit-Erwirtschaftung<br />

ausnutzen wollen. Im Zusammenspiel<br />

zwischen profitorientierten HändlerInnen, ResellerInnen<br />

und vermögenderen neuen KäuferInnen ist der Preis von<br />

Secondhand-Mode immer weiter gestiegen. Was diese<br />

Form des Klamottenerwerbs immer unzugänglicher<br />

für die ursprünglichen KundInnen macht und somit<br />

„Fast-Fashion“ zu einer finanziell sinnvolleren Alternative<br />

wird, was wiederum die eigentliche Idee von Secondhand<br />

zunichtemacht.<br />

Es ist also wichtig, sich auf genau diese der Secondhand-Mode<br />

ursprünglich zugrunde liegenden Idee<br />

zurückzubesinnen. Die ursprünglichen Werte der Nachhaltigkeit<br />

gehen zwar durch die zunehmende Kommerzialisierung<br />

nicht zwangsweise verloren, der soziale Faktor<br />

hingegen auf jeden Fall.<br />

Auch wenn die Hauptverantwortung für diese zunehmende<br />

Kommerzialisierung bei den UnternehmerInnen<br />

liegt, sollte trotzdem individuell überlegt werden, ob<br />

der nächste Secondhand-Einkauf bei einem der stark<br />

profitorientierten Läden oder doch lieber bei einem der<br />

noch bestehenden Läden, welche die soziale Komponente<br />

beibehalten, getätigt wird.<br />

Nils<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 21


Foto: Dornier Museum Friedrichshafen<br />

EIN PIONIER DER LÜFTE<br />

Zu Besuch im Luft- und Raumfahrtmuseum in Friedrichshafen<br />

Im Jahr 2009 eröffnete in Friedrichshafen das Dornier<br />

Museum, das dem Wirken und Schaffen Claude Honoré<br />

Desiré Dorniers (1884-1969) gewidmet ist, dem Pionier<br />

der Luft- und Raumfahrt. In Friedrichshafen am Bodensee<br />

entstanden wegweisende Konstruktionen für diverse<br />

Flugzeuge sowie für die Raumfahrttechnik.<br />

Die steigende Popularität des Fliegens begann, wie so oft<br />

in der Geschichte der Menschheit, mit einer Revolution. In<br />

dem Fall war es um die Jahrhundertwende die Mobilitätsrevolution<br />

des Verkehrs. Das Verkehrswesen wurde durch<br />

Automobile innovativer, Fahrräder und Boote wurden<br />

nicht nur mehr als Sportgeräte benutzt, sondern auch für<br />

die agile Freizeit verwendet. Flugzeuge trugen schließlich<br />

den Umschwung persönlicher Mobilität in die dritte<br />

Dimension.<br />

Otto Lilienthal (1848–1896) führte ab 1891 die ersten<br />

Gleitflüge mit Fluggeräten über mehrere 100 Meter durch<br />

und erarbeitete geeignetere Profile für Tragflächen. 1896<br />

starb er bei einem Absturz. Am Bodensee stieg 1900 der<br />

erste Zeppelin, erfunden von Ferdinand Graf von Zeppelin<br />

(1838–1917), auf. Am 2. November 1910 trat Claude Dornier,<br />

ein studierter Maschinenbauer mit Diplomexamen, in die<br />

Versuchsabteilung der Luftschiffbau Zeppelin GmbH ein.<br />

Dort entwickelte er leichte Metallbauprofile für die<br />

Luftschiffe, arbeitete an der Verbesserung des Wirkungsgrades<br />

von Propellern und nahm an Versuchsfahrten teil.<br />

Vier Jahre später betraute Graf Zeppelin Claude Dornier<br />

mit der Leitung einer eigenen Abteilung für den Flugzeugbau:<br />

der Abteilung „Do“. Frühere Flugzeuge bestanden<br />

aus Bambus, Holz, Leinwand und Draht. Metall galt<br />

als zu schwer und benötigte eine neue Berechnungsweise,<br />

obwohl Metallflugzeuge als effizienter, sicherer und<br />

weniger wetterempfindlich galten. Es galt, sehr dünne<br />

Bleche stabil zu verarbeiten. Das gelang 1918 Claude<br />

Dornier, dessen Technik, orientiert am Schiffbau, sich im<br />

Flugzeugbau durchsetzte.<br />

In den 1920er Jahren war man überzeugt, dass nur<br />

Flugboote für lange Strecken über Wasser geeignet<br />

sind, da diese bei Motorstörungen sicher auf dem Wasser<br />

niedergehen konnten. Nachteile waren jedoch eine<br />

geringere Nutzlast und das erschwerte Abheben von der<br />

Wasseroberfläche. Durch den steigenden Fortschritt der<br />

22<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Landflugzeuge wurde die Konkurrenzfähigkeit der Flugboote<br />

infrage gestellt.<br />

Die RSII b ist das erste Riesenflugzeug von Claude Dornier,<br />

das tatsächlich fliegt. Flossenstummel, die zum unübersehbaren<br />

Merkmal der Dornier-Flugboote wurden, wie<br />

bei der RS IV Gigant eingeführt, verleihen den Flugbooten<br />

hohe Seitenstabilität und Auftrieb, sowohl auf dem Wasser<br />

als auch in der Luft. In einem beleuchteten Schaukasten<br />

können Besucher unter anderem die RS II b und die RS<br />

Gigant IV als Modelle ansehen.<br />

Claude Dorniers Wal-Flugboote erlangten durch zahlreiche<br />

Rekord- und Langstreckenflüge sowie Flugzeugexpeditionen<br />

große Wertschätzung bei Post und Passagieren.<br />

Die Flugmaschine galt als seetüchtig und ausfallsicher.<br />

Sie galt zudem als technische Ikone der 1920er Jahre. Das<br />

größte Wal-Flugboot seiner Zeit war die Do X mit einer<br />

Länge von vierzig Metern und einer Spannweite von achtundvierzig<br />

Metern. Es hatte bequeme Passagierkabinen<br />

und eine vornehme Ausstattung. Im Frühjahr 1944 wurde<br />

die Do X durch einen Bombenangriff auf Berlin völlig<br />

zerstört.<br />

Das erste Flugzeug, das die Alpen überflog, war der Komet<br />

III, ein robustes Landflugzeug, welches von Dornier erbaut<br />

wurde. 1943 zog sich Claude Dornier aufgrund einer<br />

schweren Krankheit und der Befürchtung des Entzuges<br />

von Kompetenzen durch das damalige Regime zurück. Bis<br />

1945 blieb er jedoch verantwortlicher Betriebsführer bei<br />

den Dornier-Werken Friedrichshafen.<br />

Ab 1960 begann die Wandlung Dorniers vom reinen<br />

Flugzeugbauern zu einem hoch qualifizierten Technologieunternehmen.<br />

Zum Beispiel für Meerestechnik,<br />

Verkehrs- und Umwelttechnik, Medizintechnik oder<br />

Raumfahrttechnik. Spacelab, das Labor für wissenschaftliche<br />

Forschung ohne den Einfluss von Schwerkraft, wurde<br />

im Auftrag der ESA für das amerikanische Space Shuttle<br />

gebaut. Es war zwischen 1983 und 1998 bei sechzehn Missionen<br />

für je zwei Wochen im Einsatz. Drei Astronauten<br />

führten an den Forschungsanlagen insgesamt 720 Untersuchungen<br />

durch. Das von Dornier konzipierte Lebensunterhaltungssystem<br />

im Boden des Spacelab sorgte für die<br />

Atemluft und Kühlung der Anlagen.<br />

Für die kleinen Besuchenden gibt es eine separate Ausstellung<br />

mit Modellen aus Legosteinen. Ein beeindruckender<br />

Rundgang durch den Hangar lässt den spannenden<br />

und lehrreichen Besuch im Dornier Museum ausklingen.<br />

Übrigens ist im Hangar ein Gegenstand ausgestellt, der<br />

kein Flugzeug ist, doch trotzdem zu Dornier gehört...<br />

Rose Blue<br />

Öffnungszeiten<br />

Di. – So.: 10:00 bis 17:00 Uhr<br />

Foto: Dornier Museum Friedrichshafen<br />

Montags geschlossen, außer an gesetzlichen Feiertagen<br />

sowie während der Schulferien in Baden-Württemberg.<br />

Weihnachten 24. und 25.12. & Silvester 31.12. geschlossen.<br />

Anfahrt & Lageplan:<br />

https://www.dorniermuseum.de/museum/anreise/<br />

Mehr Infos:<br />

https://www.dorniermuseum.de/<br />

Foto: Rose Blue<br />

Foto: Rose Blue<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 23


Engagiert für<br />

wohnungslose Menschen<br />

Sonntagstreffs<br />

im <strong>Mai</strong> 2024<br />

05.05.2024<br />

13 Uhr<br />

Kath. Gem. St. Barbara / Littenweiler<br />

Es laden ein: St. Barbara und die<br />

Auferstehungsgemeinde<br />

ins Gemeindehaus, Ebneter Straße 11<br />

Straßenbahn 1 Richtung Littenweiler<br />

bis Endhaltestelle Lassbergstraße<br />

VERKÄUFER ROMAN<br />

Foto: E. Peters<br />

12.05.2024<br />

13 Uhr<br />

Meditationsverein Dhamma Dāna e. V.<br />

lädt ein in die Waldorfschule<br />

St. Georgen, Bergiselstraße 11<br />

Buslinie 11 nach St. Georgen<br />

Halt Innsbrucker Straße oder<br />

Straßenbahnlinie 3<br />

bis Endhaltestelle Vauban<br />

Anzeige<br />

Ich heiße Roman. Geboren und aufgewachsen bin ich in<br />

Russland, wo ich auch mein Studium im Bereich Public<br />

Relations abgeschlossen habe. In Freiburg bin ich seit<br />

2011. Damals habe ich an der Uni ein Medienkultur-Studium<br />

angefangen, das ich aufgrund meiner nicht so<br />

perfekten Deutschkenntnisse leider abbrechen musste.<br />

Die Straßenzeitung kenne und lese ich schon lange, aber<br />

erst seit März 2024 verkaufe ich sie. Mein Verkaufsplatz ist<br />

vor dem Beckesepp Supermarkt in der Nägeleseestraße in<br />

Freiburg. Ich verkaufe montags bis samstags von 10 bis 14<br />

Uhr oder 16 bis 18 Uhr. Der Verkauf macht mir Spaß und<br />

ich freue mich über die Begegnungen und Gespräche. Ja,<br />

das ist ein großer Wunsch von mir, dass die Menschen<br />

wieder mehr miteinander kommunizieren und gut miteinander<br />

umgehen. In meiner Freizeit genieße ich es, in der<br />

Natur Fahrrad zu fahren oder zu wandern. Kino finde ich<br />

großartig, wenn es nur nicht so teuer wäre, und ich bin<br />

ein großer Fan des SC Freiburg. In einer Fahrradwerkstatt<br />

unterstützend arbeiten und dazulernen als unbezahltes<br />

Praktikum würde mich sehr freuen. Mein größter Traum<br />

jedoch wäre es, eine Ausbildung zum Tischler zu machen,<br />

um eines Tages selbst Longboards herzustellen und diese<br />

im eigenen Shop zu verkaufen. Momentan schlafe ich<br />

entweder bei Freunden, in einer der Notunterkünfte oder<br />

auf der Straße. Daher wäre eine eigene kleine Wohnung<br />

super. Vielleicht hat ja jemand von Ihnen einen Tipp...<br />

Ihr Roman<br />

MAI 2024<br />

OFF BEAT #5 W/ LOS BILLTONES (LIVE) / BLACK<br />

FOREST TROJAN CREW / FUNKENSCHLEUDER<br />

FR, 3. I 21 H I ROCKSTEADY, EARLY REGGAE, DUB<br />

SKULLCRUSHER III<br />

SA, 4. I 13:30 H I METAL FESTIVAL<br />

HOT GARBAGE<br />

FR, 10. I 21 H I PSYCHEDELIC GARAGE ROCK<br />

EUROTEURO + GREGORY GABELSTAPLER<br />

SA, 11. I 21 H I NDW, POSTPUNK, SCHLAGER<br />

PRO WRESTLING THE BAND + ADVERSE96<br />

SO, 12. I 20 H I DIY, INDIE, HARDCORE, PUNK ROCK<br />

CLUB OF PROBLEMS<br />

DO, 16. I 20 H I ALTERNATIVE-COUNTRY, LO-FI-POP<br />

FREIBURG PHIL.CLUB W/ PILI COÏT<br />

FR, 17. I 20 H I PHILHARMONIE TRIFFT INDIE<br />

DIVES<br />

SO, 19. I 20 H I INDIE POP<br />

KONSTANTIN UNWOHL + SCHLUSS LICHT<br />

SA, 25. I 21 H I WAVE POP, SYNTH POP<br />

GIRLS IN SYNTHESIS + YASS<br />

FR, 31. I 21 H I POST PUNK NOISE, SYNTH NOISE ROCK<br />

VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />

HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />

WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />

24<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


MITMACHSEITE<br />

Lernen Sie uns kennen...<br />

• Diskutieren Sie mit uns<br />

• Erzählen Sie uns Ihre Geschichte<br />

• Schreiben Sie einen Artikel<br />

• Unterstützen Sie unsere Aktivitäten<br />

• Kommen Sie auf ein Käffchen vorbei<br />

Machen Sie mit!<br />

Sagen Sie es weiter!<br />

Wir freuen uns auf Sie...<br />

Ihr FREIeBÜRGER-Team<br />

Engelbergerstraße 3 – 0761/3196525 – info@frei-e-buerger.de<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 25


Unterstützung zu erfahren. Die „Archen“ benötigen 20<br />

Millionen Euro pro Jahr, um das zu leisten, was laut Siggelkow<br />

eigentlich Aufgabe des Staates wäre.<br />

„Große Vermögensunterschiede verletzen die menschliche<br />

Würde“ und machen die Abgehängten kaputt. Welche<br />

Maßnahmen könnten gegen die wachsende Ungleichheit<br />

helfen? Siggelkow plädiert für ein Grunderbe in Höhe von<br />

20 bis 25.000 Euro, das an alle jungen Menschen am 18.<br />

Geburtstag ausgezahlt werden sollte. Dieses Grunderbe<br />

sei eine Investition in die Zukunft, durch die soziale<br />

Ungleichheit deutlich reduziert werde und die über eine<br />

Erbschafts- und Vermögenssteuer finanziert werden könne.<br />

Denn wenn wir fast 25 Prozent unserer Kinder nicht<br />

vernünftig ausbilden und am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben<br />

lassen, werde es früher oder später zu Aufständen<br />

kommen, befürchtet Siggelkow.<br />

Bernd Siggelkow & Wolfgang Büscher<br />

„Das Verbrechen an unseren Kindern“<br />

Bonifatius Verlag<br />

ISBN 978-3-98790-036-5<br />

256 Seiten | 22 €<br />

KINDERARMUT<br />

Buchbesprechung von utasch<br />

Der evangelische Kinder- und Jugendhilfeverein „Die<br />

Arche“ wurde 1995 von Pastor Bernd Siggelkow in Berlin-Hellersdorf<br />

gegründet. Inzwischen ist der Verein in<br />

Deutschland an 32 Standorten tätig. In den „Archen“<br />

werden die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen<br />

aus armen Familien verbessert. In ihrem Buch<br />

„Das Verbrechen an unseren Kindern“ berichten Bernd<br />

Siggelkow und der Pressesprecher der „Arche“, Wolfgang<br />

Büscher, von der täglichen Arbeit in der „Arche“ und rechnen<br />

schonungslos mit einer Politik ab, die Kinderarmut<br />

nicht verhindert.<br />

Von den Kindern, die in die „Arche“ kommen, macht kaum<br />

eines Abitur, obwohl sie genauso begabt sind wie Kinder,<br />

die nicht arm sind. „Leerer Bauch studiert nicht gern.“<br />

Deshalb kommen rund 7.000 Kinder und Jugendliche<br />

täglich in die „Archen“ zum Mittagessen, zur Hausaufgabenbetreuung,<br />

Freizeitgestaltung und um mentale<br />

Die Benachteiligung durch finanzielle Ungleichheit<br />

wird durch die Krise des Bildungssystems verschärft.<br />

50.000 SchülerInnen verlassen jährlich die Schule ohne<br />

Abschluss. Doch die Krise beginnt laut Siggelkow bereits<br />

bei den schweren Schulranzen, mit denen kiloweise<br />

Bücher hin- und hergeschleppt werden müssen, was bei<br />

Tausenden von Grundschulkindern zu Rückenschmerzen<br />

und irreparablen Haltungsschäden führt. „Warum sind<br />

nicht längst alle Schulbücher auf Tablets gespeichert?“,<br />

fragt Siggelkow.<br />

Siggelkow und Büscher thematisieren in ihrem Buch<br />

einige weitere Probleme, durch die die herrschende<br />

Ungerechtigkeit zu einem Teufelskreis für Kinder finanzschwacher<br />

Herkunft wird. Die Vernachlässigung unserer<br />

Kinder ist für Siggelkow ein Verbrechen durch unterlassene<br />

Hilfeleistung. Wir müssten Zeit und Geld in unsere<br />

Kinder investieren, damit sie einen Schulabschluss und<br />

eine Ausbildung machen, nicht in Kriminalität und Parallelgesellschaften<br />

abrutschen und ihr Leben eigenständig<br />

gestalten können.<br />

„Für jedes Kind lohnt es sich, zu kämpfen.<br />

Wir müssen nur an den Kindern dranbleiben.<br />

Dann können sie sich und wir<br />

uns auf die Zukunft freuen.“<br />

Die Autoren belegen ihre Kritik mit zahlreichen Beispielen<br />

aus der täglichen Praxis. Sie berichten von Kindern und<br />

Jugendlichen, die trotz widriger Lebensumstände dank<br />

intensiver Unterstützung durch die „Arche“ Hindernisse<br />

überwinden konnten und ein eigenständiges Leben führen.<br />

Siggelkow und Co-Autor Büscher handeln und schreiben<br />

gegen das Versagen der Sozial- und Bildungspolitik<br />

an und liefern Handlungsoptionen zur Verbesserung der<br />

untragbaren Zustände.<br />

26<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


BLUMENKOHL-CURRY<br />

Foto: E. Peters<br />

Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />

Blumenkohl gehört in vielen Ländern zu den beliebtesten<br />

Gemüsesorten. Er ist dank seines milden Geschmacks<br />

vielseitig einsetzbar und lässt sich leicht zubereiten. Blumenkohl<br />

ist nicht nur sehr lecker, er ist auch richtig gut<br />

für unseren Körper. Fein zerkleinert dient das vitaminreiche<br />

Gemüse sogar als Ersatz für Reis oder Couscous. In<br />

100 Gramm stecken 70 Milligramm Vitamin C. Durch die<br />

enthaltenen Ballaststoffe ist der Blumenkohl super sättigend,<br />

dabei fast völlig fettfrei und kalorienarm. Roter oder<br />

violetter Blumenkohl enthält zusätzlich noch eine ordentliche<br />

Portion an Vitamin A sowie Flavonoide. Blumenkohl<br />

sollte wie fast jedes Gemüse am besten frisch verzehrt<br />

werden. Wir kochen diesen Monat für Sie ein tolles Blumenkohl-Curry<br />

mit Kokosmilch, vegetarisch & lecker.<br />

Zutaten für 4 Personen:<br />

1 Blumenkohl mind. 700 g, 1 Stück Ingwer, ca. 4 cm, 4-5<br />

Knoblauchzehen, 1 grüne Chilischote, 2-3 Zwiebeln, 1 TL<br />

gemahlener Kreuzkümmel, 1 ½ TL gemahlener Koriander,<br />

½ TL Cayenpfeffer, 1 EL Tomatenmark, 1 Dose Kokosmilch<br />

(400 ml), 200 ml Sahne, 100 g Cashewkerne gesalzen und<br />

geröstet, 150 g TK-Erbsen, ½ TL Garam Masala, ½ Zitrone,<br />

Butterschmalz zum Braten, Salz<br />

Zubereitung:<br />

Den Blumenkohl in mundgerechte Röschen und die Zwiebeln<br />

in kleine Würfel schneiden. Den Ingwer und Knoblauch<br />

schälen und jeweils grob hacken. Die Chilischote<br />

ebenfalls grob hacken. Den Ingwer, Knoblauch und Chili<br />

in einen Mörser geben, eine Prise Salz dazugeben und zu<br />

einer Paste mörsern. Jetzt eine große Pfanne (mit Deckel)<br />

aufsetzen und bei mittlerer Hitze heiß werden lassen. Ein<br />

EL Butterschmalz hineingeben und sobald es geschmolzen<br />

ist, die Zwiebeln hinzufügen. Leicht salzen und ca.<br />

15 Min. bei mittlerer Hitze weich schmoren, bis sie goldbraun<br />

sind. Die Paste hinzugeben und unter Rühren mitbraten.<br />

Jetzt den gemahlenen Koriander, Kreuzkümmel,<br />

Cayennepfeffer, Tomatenmark und ½ TL Salz dazugeben<br />

und kurz anbraten. Die Blumenkohlröschen in die Pfanne<br />

geben und gut wenden, sodass alles von der roten Paste<br />

bedeckt ist. Kokosmilch und Sahne angießen, aufkochen<br />

lassen und auf kleine Hitze reduzieren. Den Deckel auf<br />

die Pfanne geben und alles ca. 15 Min. köcheln lassen, bis<br />

der Blumenkohl weich ist. Die TK-Erbsen, die Cashewkerne<br />

und das Garam Masala hinzugeben und weitere 5 Min.<br />

köcheln lassen. Das Curry zum Schluss mit Salz und etwas<br />

Zitronensaft abschmecken. Mit Naan-Brot servieren.<br />

Guten Appetit!<br />

Oliver & Ekki<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 27


Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />

da bin ich mal wieder mit den Sportnachrichten. So<br />

langsam wird es Sommer und somit eilen wir mit großen<br />

Schritten auf die beiden Höhepunkte des Sportjahres zu:<br />

die Fußball-EM im eigenen Land und natürlich die Olympischen<br />

Sommerspiele in Paris.<br />

Aber zuerst zum Fußball, wo die Saison langsam zu Ende<br />

geht. Die wichtigste Entscheidung in Deutschland ist natürlich<br />

längst gefallen, der FC Bayern München ist nicht<br />

Deutscher Meister geworden! Wer hätte das zu Saisonbeginn<br />

gedacht, dass Bayer Leverkusen Meister wird? Ich<br />

hatte im letzten Sommer eigentlich nur eine oder zwei<br />

Mannschaften auf dem Zettel, die hinter den Bayern die<br />

Plätze zwei und drei ausspielen. Also wie immer praktisch.<br />

Pustekuchen, die Leverkusener haben fast einen<br />

lupenreinen Durchmarsch fabriziert und haben mit riesigem<br />

Vorsprung schon am 29. Spieltag die Schale abgeholt.<br />

16 Punkte vor den Bayern. Sensationell! Woran lag es? Am<br />

Trainer! Ich bin eigentlich immer ein Verfechter der These,<br />

der Trainer allein war es nicht, vor allem wenn die Truppe<br />

verliert, doch im Falle Bayer Leverkusens schmeiß’ ich das<br />

glatt über den Haufen.<br />

Was Xabi Alonso da auf die Beine gestellt hat, kann gar<br />

nicht hoch genug gewürdigt werden. Denn die Mannschaft<br />

ist im Großen und Ganzen dieselbe geblieben wie<br />

in der letzten Saison; es sind keine großartigen Stars<br />

eingekauft worden, es wurden eher einige Nachwuchsspieler<br />

integriert. Alonso hat ihnen erfolgreich vermittelt,<br />

dass die Mannschaft der Star ist. Die Jungs müssen halt<br />

jede Woche ihr Können abrufen und vor allem als Team<br />

auftreten. Und das tun sie! Mit einem Selbstvertrauen<br />

laufen die auf, als hätten sie noch nie was anderes gemacht.<br />

Dazu kommt auch noch, dass sie einen wirklich<br />

attraktiven Angriffsfußball spielen, bei dem es wirklich<br />

Spaß macht zuzuschauen. Mir ging es jedenfalls so. Wenn<br />

diese Mannschaft so zusammenbleibt, dann werden sich<br />

die Gegner auch in der nächsten Saison ihre Zähne an der<br />

Werkself ausbeißen. Denn der Trainer bleibt noch mindestens<br />

eine Spielzeit da. Das fand ich ganz stark, dass<br />

der Spanier Angebote aus ganz Europa ausschlug und bei<br />

Bayer Leverkusen verlängerte. Wahrscheinlich hätte er in<br />

England, Spanien oder bei den Bayern eine ganze Menge<br />

mehr verdient als am Rhein. Umso höher ist es ihm anzurechnen,<br />

dass er all die Angebote abgelehnt hat! Neu ist<br />

allerdings, was die Leverkusener alles so anstellen, um ihn<br />

noch langfristiger an den Verein zu binden. Die wollen<br />

eine Straße oder einen Platz nach ihm benennen und ihn<br />

sogar zum Ehrenbürger der Stadt machen. Da muss selbst<br />

Xabi Alonso zugeben, dass das taktisch sehr gut ausgedacht<br />

ist, denn als Ehrenbürger von Leverkusen kann der<br />

auch in fünf oder zehn Jahren nicht bei den Bayern anheuern.<br />

Haha, das fand ich echt klasse!<br />

Und die Mannschaft ist ja noch gar nicht fertig mit der<br />

aktuellen Saison, denn da wollen sie ja noch zwei Titel holen.<br />

Da wäre zum einen das Endspiel im DFB-Pokal gegen<br />

den 1. FC Kaiserslautern, was zumindest auf dem Papier<br />

nur eine Formsache zu sein scheint. Schwerer wird es<br />

dagegen in der Europa League, wo man im Halbfinale auf<br />

den AS Rom trifft. Aber Alonso wird die Truppe wohl wieder<br />

richtig einstellen und so ist es den Leverkusenern echt<br />

zuzutrauen, dass die sich in diesem Jahr ihr Triple holen.<br />

In dem Fall hätten sie auch ihren einsamen Rekord an<br />

ungeschlagenen Spielen weiter in die Höhe geschraubt.<br />

Im Moment sind es schon unglaubliche 45 Spiele; sollten<br />

sie beide Pokale gewinnen und auch die restlichen vier<br />

Ligaspiele nicht verlieren, wären es 53. Respekt!<br />

Hinter den Leverkusenern gibt es dann noch vier Mannschaften,<br />

die sich um drei Plätze in der nächsten Champions<br />

League streiten, das heißt einer fliegt raus. Ich hoffe<br />

natürlich ganz stark auf die Lüdenscheider. Für die Quali<br />

zur Europa League bewerben sich noch einige Vereine<br />

und auch der SC Freiburg ist da noch im Rennen. Das<br />

wäre ja ein schöner Abschied, wenn Christian Streich die<br />

Mannschaft zum Abschluss noch einmal in den Europapokal<br />

führen könnte. Verdient hätten es beide! Auch<br />

der Abstiegskampf in der 1. Bundesliga ist noch hochinteressant,<br />

wenngleich für Darmstadt und Köln der Zug<br />

eigentlich schon abgefahren sein dürfte. Aber um den<br />

Relegationsplatz streiten sich mit <strong>Mai</strong>nz, Bochum, Union<br />

Berlin, Wolfsburg und Mönchengladbach gleich fünf Vereine.<br />

Na ja, vier Spieltage sind noch Zeit, ich bin gespannt,<br />

wer von denen es noch packt.<br />

Auch in der 2. Liga ist es noch ziemlich spannend, sowohl<br />

was den Aufstieg angeht, als auch den Abstieg.<br />

Eine Entscheidung ist aber schon unwiderruflich gefallen,<br />

meine Schalker können nun auch rein rechnerisch<br />

nicht mehr Zweitligameister werden. Da ist also bei mir<br />

28<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


Foto: Wolfgang Rattay / REUTERS<br />

Abb.: Bereits am 29. Spieltag hat Leverkusens Trainer Xabi Alonso die Schale mit großem Vorsprung abgeholt.<br />

die Spannung raus. Das werden in diesem Jahr wahrscheinlich<br />

der FC St. Pauli und Holstein Kiel unter sich<br />

ausmachen und in der nächsten Saison erstklassig spielen.<br />

Fortuna Düsseldorf dahinter hat schon fünf Punkte<br />

Rückstand, das dürfte zu viel sein. Aber den Relegationsplatz<br />

sollten sich die Rheinländer doch sichern; der Vorsprung<br />

auf den HSV beträgt schon sechs Punkte. Somit<br />

dürfte der Dauerzweitligist aus Hamburg ein weiteres<br />

Jahr in der Liga dranhängen. Bald wissen die Kinder dort<br />

oben gar nicht mehr, dass der HSV jemals in der 1. Bundesliga<br />

gespielt hat...<br />

Und wenn der Ligabetrieb dann in die Sommerpause<br />

geht, ist es endlich soweit, die Europameisterschaft wird<br />

angepfiffen. Im Herbst hätte ich ja noch gesagt, das ist<br />

mir doch egal, aber nach den letzten beiden Spielen der<br />

deutschen Nationalmannschaft ist mein Interesse nun<br />

doch geweckt worden. Die beiden Siege gegen Frankreich<br />

und die Niederlande haben zumindest ein bisschen Hoffnung<br />

geweckt. Jetzt werden die meisten sagen, das waren<br />

ja nur Freundschaftsspiele und die darf man nicht ernst<br />

nehmen. Da will ich widersprechen, denn weder Frankreich<br />

noch die Niederlande machen „Freundschaftsspiele“<br />

gegen uns. Die wollen immer gegen Deutschland gewinnen,<br />

genau wie umgekehrt auch.<br />

Foto: Kim Hong-Ji / REUTERS<br />

So wie die DFB-Truppe gegen Frankreich aufgetreten ist,<br />

macht das echt Lust auf mehr. Die haben den Franzosen<br />

mitsamt ihren teuren Superstars keine Chance gelassen.<br />

Da scheint Trainer Nagelsmann also doch einiges richtig<br />

zu machen. Er hat ja ein paar der altgedienten Spieler<br />

draußen gelassen und setzt etwas mehr auf den Nachwuchs.<br />

Kann ja nicht grundsätzlich falsch sein. Und bei<br />

den übrigen Spielern scheint er zumindest im Kopf etwas<br />

bewirkt zu haben, denn die letzten beiden Spiele waren<br />

nicht mehr mit den Auftritten vom Herbst zu vergleichen.<br />

Nun noch kurz was zu Olympia, obwohl es ja noch ein<br />

bisschen Zeit ist bis Paris. Einer der Grundsätze von Olympia<br />

war immer der Amateurstatus. Es durften keine Profis<br />

antreten und es gab auch keine Gagen. Das war schon<br />

vor mehr als 2.000 Jahren so. Doch damit wird jetzt in<br />

Paris gebrochen; erstmals soll es für Medaillengewinner<br />

Geldprämien geben. Der Leichtathletikverband hat angekündigt,<br />

dass jeder Olympiasieger 50.000 Euro Prämie<br />

bekommt. Nach Doping ist also jetzt auch der Mammon<br />

bei Olympia angekommen.<br />

So, das war es für heute mal wieder, bis bald...<br />

Carsten<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 29


WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />

WORTSPIELRÄTSEL<br />

von Carina<br />

Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />

Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />

Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />

Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />

Meine lieben Rätsel-Fans,<br />

vielleicht ist manchem aufgefallen, dass das Rätsel der letzten <strong>Ausgabe</strong> versehentlich dem<br />

der November-<strong>Ausgabe</strong> ähnelte. Das tut mir leid! Der Grund war schlicht und ergreifend<br />

Überarbeitung in Form von Einspringen in meinem Hauptjob in der Pflege aufgrund von<br />

Personalmangel und Krankheitsausfällen. Und da wären wir auch schon beim Thema für<br />

diese <strong>Ausgabe</strong>, denn die Arbeitswelt hat sich inzwischen stark verändert, nicht zuletzt<br />

durch demografischen Wandel, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Globalisierung und<br />

KI, was man heute als „New Work“ bezeichnet. Viel Vergnügen und gutes Gelingen beim<br />

Thema: Job, Arbeit & Beruf<br />

1. Kneipier für eine Firma<br />

2. Existenz-Rennen<br />

3. Schlaferlebnis-Arbeitsplatz<br />

4. Gewinnschein für eine Möglichkeit<br />

5. Sitzmöbel für den Boss<br />

6. Schmerzhafter Zeitmesser<br />

7. Herstellungsbetrieb für Menstruation<br />

8. Job-Acker<br />

9. Petting-Job<br />

10. Stärke für ein Regalteil<br />

Lösungswort:<br />

Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />

1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />

UND:<br />

Im Dezember 2024 wird von ALLEN korrekten<br />

Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />

der eine besondere Überraschung erhält!<br />

Einsendeschluss<br />

ist der 28. <strong>Mai</strong> 2024<br />

(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-<strong>Mai</strong>l)<br />

E-<strong>Mai</strong>ls nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />

im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />

Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />

Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />

Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: KASSENARZT<br />

bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />

1. PILLENKNICK 2. PICKELHAUBE<br />

3. MISSBILDUNG 4. HEXENSCHUSS 5. SEUCHENHERD<br />

6. WINDPOCKEN 7. BLUTARMUT<br />

8. RHEUMADECKE 9. HERZRASEN 10. HUSTENSAFT<br />

Gewonnen haben (aus 68 korrekten Einsendungen):<br />

W. Fahrner, Gundelfingen<br />

P. Murillo, Freiburg<br />

M. Kiefer, Stegen<br />

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />

30<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024


ÜBER UNS<br />

Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />

Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />

Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />

wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />

steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />

mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />

längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />

Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />

Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />

immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />

im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />

Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />

ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />

eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />

In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />

welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />

gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />

zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />

die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />

einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />

und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />

Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />

Presselandschaft bei.<br />

Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />

Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />

MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />

VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />

Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />

hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />

strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />

können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />

unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />

Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />

aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />

Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />

Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />

Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />

Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />

einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />

Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />

in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />

(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />

RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />

Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />

besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />

unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />

unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />

Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />

HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />

die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />

unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />

auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />

SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />

• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />

die Schaltung einer Werbeanzeige<br />

• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />

• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />

• durch Schreiben eines Artikels<br />

• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />

Sozialprojekt rühren<br />

Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />

auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />

anderen Menschen helfen können.<br />

Impressum<br />

Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />

Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />

Titelbild: clu / iStock<br />

Layout: Ekkehard Peters<br />

An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />

Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />

auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />

Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />

Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />

Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />

Kontakt:<br />

DER FREIeBÜRGER e. V.<br />

Engelbergerstraße 3<br />

79106 Freiburg<br />

Tel.: 0761 / 319 65 25<br />

E-<strong>Mai</strong>l: info@frei-e-buerger.de<br />

Website: www.frei-e-buerger.de<br />

Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />

Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />

der Straßenzeitungen<br />

Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen)<br />

sowie die Veröffentlichung im Internet sind nur nach<br />

Rücksprache und mit der Genehmigung der Redaktion<br />

erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />

31.05.2024<br />

1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />

Öffentliche Redaktionssitzung<br />

FREIeBÜRGER 05 | 2024 31


Anzeige<br />

Kommunalwahl<br />

Am 9. Juni findet in Freiburg die Kommunalwahl<br />

statt. Auch in unserem Programm<br />

werden wir versuchen, auf Debatten vor<br />

dieser Wahl einzugehen und einen etwas<br />

anderen Blick auf die Kommunalpolitik zu<br />

werfen.<br />

Wer setzt sich konsequent dafür ein, dass die<br />

Stadtbau endlich aufhört, ihre Mieten an den<br />

Mieterhöhungsspiegel anzupassen? Wer<br />

dafür, dass man sich zukünftig nicht mehr<br />

einfach von der Verpflichtung freikaufen<br />

kann, 50 % sozialen Wohnungsbau zu errichten?<br />

Wie positionieren sich die Gruppierungen<br />

zu den klimapolitischen Forderungen von<br />

Umweltgruppen? Wer verteidigt immer noch<br />

das Mammutprojekt für den motorisierten<br />

Individualverkehr, die Stadtautobahn durch<br />

Freiburg? Wer setzt sich für kostenlosen<br />

ÖPNV ein? Wer sagt trotz Klimakatastrophe:<br />

Scheiß auf den Dietenbachwald, dort können<br />

Eigentumswohnungen gebaut werden? Wer<br />

setzt der Anti-Armen-Polizei, dem kommunalen<br />

Vollzugsdienst, Grenzen? Setzt sich<br />

jemand noch dafür ein, dass die LEA mit<br />

ihren unmenschlichen Lebensbedingungen<br />

für Geflüchtete geschlossen wird?<br />

rdl.de/tag/freiburger-kommunalpolitik<br />

Sozialticket / Wohngeld<br />

EmpfängerInnen von Bürgergeld, von Sozialhilfe,<br />

von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />

und WohngeldempfängerInnen<br />

haben in Freiburg Anrecht<br />

auf ein Sozialticket. Neben der RegioKarte<br />

mit einem Eigenanteil von 34 € ist auch ein<br />

ermäßigtes Deutschlandticket für 28 € vorgesehen.<br />

Ein Problem daran ist, dass dieses nur<br />

als Abo zu kaufen ist und man es spätestens<br />

zum 15. des Vormonats beantragt haben<br />

muss. Ein Kauf des Tickets ist nur mit den<br />

entsprechenden Gutscheinen möglich. WohngeldempfängerInnen<br />

erhalten diese erst mit<br />

der Bewilligung des Wohngeldantrags. Während<br />

der Prüfung der Anträge kann kein<br />

Sozialticket gekauft werden. Da die Prüfung<br />

in Freiburg sehr lange dauern kann, ist die<br />

Mobilität von vielen während der Zeit<br />

eingeschränkt, sofern sie nicht anderweitig<br />

sparen. Mehrere Fraktionen im Gemeinderat<br />

fordern nun, dass WohngeldempfängerInnen<br />

auch in der Prüfphase ein Sozialticket, wie<br />

das Deutschlandticket, erhalten sollen. Vermutlich<br />

wird auch der Gemeinderat dieses<br />

Thema im <strong>Mai</strong> noch einmal aufgreifen. Wir<br />

berichten über den Fortgang:<br />

rdl.de/tag/sozialticket<br />

Jeden 1. Mittwoch des<br />

Monats: 12-13 Uhr<br />

im Mittagsmagazin<br />

'Punkt 12'<br />

Hört, Macht, Unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live - 0761/31028

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