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27. Jahrgang<br />
<strong>Juli</strong> 2024<br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für die VerkäuferInnen<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
FREIBURG GEGEN RECHTSEXTREMISMUS<br />
Breites Bündnis demonstriert für Zusammenhalt und Demokratie<br />
GEFAHR FÜR OBDACHLOSE<br />
Warum Hitzewellen für Obdachlose lebensbedrohlich sind<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 40)
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
22<br />
KÜHLUNG’S BORN<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
23<br />
VERKÄUFER NICO<br />
6<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
24<br />
URLAUB AN DER OSTSEE<br />
10<br />
GEGEN RECHTSEXTREMISMUS<br />
26<br />
BUCHTIPPS<br />
12<br />
DIE RANKE<br />
27<br />
KOCHEN<br />
14<br />
KUNST IM DOPPELPACK<br />
28<br />
SPORT<br />
18<br />
BELASTENDE WOHNSITUATION<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
20<br />
GEFAHR FÜR OBDACHLOSE<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
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DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
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Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Liebe LeserInnen,<br />
endlich ist der Sommer da, man kann seine vier Wände<br />
jetzt auch mal länger als eine Stunde verlassen und mit<br />
jedem Sonnentag hebt sich auch die Laune wieder!<br />
Und dann gibt es auch noch Positives: <strong>Juli</strong>an Assange ist<br />
frei! Ich weiß gar nicht, wann ich zum letzten Mal positive<br />
Meldungen aus einer Nachrichtensendung erfahren<br />
habe, aber diese vier Worte haben mich doch echt gefreut.<br />
Nach 12 Jahren Exil und Gefängnis darf der Journalist<br />
endlich wieder nach Hause. Weswegen wurde er verfolgt?<br />
Ach ja, er hat der Welt die Wahrheit mitgeteilt und auf die<br />
Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan und Irak hingewiesen.<br />
Nicht mehr und nicht weniger. Für die einen war<br />
er ein Verräter und Spion, für die anderen ein Held der<br />
Pressefreiheit. Sein Lebenslauf seit 2010 liest sich wie ein<br />
Politthriller von John le Carré.<br />
Im Jahr 2010 machte Assange USA-Kriegsverbrechen auf<br />
WikiLeaks öffentlich, worauf die USA Ermittlungen gegen<br />
ihn wegen Hochverrats und Spionage einleiteten. Assange<br />
floh nach London und bat in der Botschaft von Ecuador<br />
um politisches Asyl. Das wurde ihm gewährt und dazu<br />
bekam er auch die Staatsbürgerschaft von Ecuador.<br />
2019 bekam das südamerikanische Land einen neuen Präsidenten,<br />
der Assange beides wieder entzog und er wurde<br />
sofort von der britischen Polizei verhaftet und befand sich<br />
seitdem in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis. In<br />
diesen Jahren entschied das Gericht in London mehrmals,<br />
dass <strong>Juli</strong>an Assange in die USA ausgeliefert werden soll.<br />
Ebenso oft wurde der Richterspruch widerrufen, was für<br />
Assange einen ungeheuren Nervenkrieg bedeutete, denn<br />
in den USA drohten ihm bis zu 175 Jahre Haft. Auch die<br />
Todesstrafe war noch im Gespräch.<br />
Jetzt, am 25. Juni, endlich die Erlösung! Assange ist einen<br />
Deal mit der US-Regierung eingegangen und umgehend<br />
in die Freiheit entlassen worden. Der Inhalt des Deals ist<br />
einfach, Assange bekennt sich schuldig der Spionage und<br />
dafür lässt man ihn in Ruhe. Nun gibt es auch wieder<br />
zwei Lager. Die einen meinen, endlich ist er frei, die zweiten<br />
sagen, er hat mit dem Deal seine Ideale verraten.<br />
Hat er das? Ich glaube nicht! Er wollte die USA und ihre<br />
Kriege demaskieren und das hat er auch geschafft. Ob<br />
bewusst oder unbewusst; die Bilder der amerikanischen<br />
Soldaten, die auf unbewaffnete Zivilisten im Irak schießen,<br />
hat weiterhin jeder vor Augen. Keiner, am wenigsten<br />
die Amerikaner selbst, kann noch sagen, dass die USA nur<br />
gerechte Kriege führen und diese zum Wohle irgendwelcher<br />
Menschen sind. Was <strong>Juli</strong>an Assange der Welt gezeigt<br />
hat, waren Kriegsverbrechen, waren Morde an der Bevölkerung.<br />
Es war keine amerikafreundliche Verherrlichung<br />
von Soldatentum, es war eine Anklage!<br />
Dafür musste Assange inzwischen 12 Jahre lang auf seine<br />
Freiheit verzichten. Ich kann ihm nicht verübeln, dass er<br />
nach so langer Zeit diesen Deal eingegangen ist und nach<br />
Hause möchte.<br />
<strong>Juli</strong>an Assange hat mehr für die Pressefreiheit getan als<br />
manch einer, der ihn jetzt kritisiert. Sein Beispiel sollte für<br />
uns alle eine Mahnung sein, auch in Zukunft darauf zu<br />
achten, dass dieses Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit<br />
erhalten bleibt!<br />
So, nun habe ich schon fast den ganzen Platz verbraucht,<br />
dabei wollte ich eigentlich auch noch ein paar Sätze über<br />
die Wahlen schreiben, aber das Thema Assange war mir<br />
halt auch eminent wichtig. Hier im Gemeinderat wird<br />
sich nicht so arg viel ändern, denn die Bevölkerung Freiburgs<br />
hat alternativlos demokratisch gewählt!<br />
Viel Spaß beim Lesen und Rätseln sowie einen schönen &<br />
regenfreien <strong>Juli</strong> wünscht das FREIeBÜRGER-Team!<br />
Ombudsstelle<br />
Jobcenter Freiburg<br />
Stress mit dem Jobcenter Freiburg?<br />
„In der Ombudsstelle wird Ihnen<br />
vertraulich & unbürokratisch geholfen!“<br />
Ombudsstelle Jobcenter Freiburg<br />
Freiburger Zentrum für Engagement<br />
(1. OG Raum 5)<br />
Schwabentorring 2<br />
79098 Freiburg<br />
E-Mail: OmbudsstelleJC@stadt.freiburg.de<br />
Ute Aschendorf<br />
Montags 13:30 – 17:00 Uhr<br />
Telefon: 0160-5414836<br />
Franz Welsch<br />
Donnerstags 9:30 – 13:00 Uhr<br />
Telefon: 0160-5027728<br />
Carsten<br />
Anzeige<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
ABLEISMUS<br />
Unter dem Motto „Was meint ihr, wenn ihr sagt, ihr seid<br />
gegen rechts? “ findet sich bei Radio Dreyeckland ein<br />
Kommentar, den wir hier gekürzt und leicht überarbeitet<br />
noch einmal abdrucken.<br />
In Mönchengladbach wurde am 27. Mai ein Anschlag<br />
auf ein Wohnheim der Lebenshilfe verübt. In dem Heim<br />
wohnen Menschen mit Behinderungen. Es war eindeutig<br />
ein Anschlag von Nazis. Auf dem Stein, mit dem sie<br />
eine Fensterscheibe der Eingangstür einschlugen, stand<br />
„Euthanasie ist die Lösung“. Ein klarer Mordaufruf gegen<br />
Menschen mit Behinderung. Die NS-Sprache und -ideologie<br />
sind eindeutig und die Botschaft auch. Sie richtet sich<br />
an alle Menschen mit Behinderungen, ob mit sichtbaren<br />
oder unsichtbaren. Sie bedroht alle. Ableismus tötet, heißt<br />
ein Statement der Community.<br />
Die Meldung dieses Anschlages fand relativ wenig Resonanz<br />
in Presse und Medien. Nur die Lebenshilfe in Mönchengladbach<br />
rief zu einer Kundgebung auf. Sie ging<br />
allerdings bei der Organisation der Kundgebung über die<br />
Menschen mit Behinderungen und auch deren bestehenden<br />
Communitys hinweg. Es gab deswegen im Vorfeld<br />
viel Kritik am Vorgehen der Lebenshilfe von Seiten vieler<br />
behinderter Menschen, u. a. von der Gruppe Rollfender<br />
Widerstand. Nach dem Motto: „Nichts über uns ohne<br />
uns!“ wollten sie einen Redebeitrag halten, durften aber<br />
nicht.<br />
Das hätten sie u. a. gesagt: „Wir verurteilen die Anschläge<br />
der vergangenen Wochen extrem. Wir sind der Meinung,<br />
dass mehr Leuten aus Werkstätten, Tageseinrichtungen,<br />
Wohngruppen und Co. zugehört werden sollte. Und nicht<br />
nur Leuten, bei denen die Inklusion von Tag eins an funktioniert<br />
hat. (…) Wir wollen diesen Tag auch nutzen, um<br />
an die ermordeten Menschen in Potsdam zu gedenken:<br />
Am 28. April 2021 waren vier Personen von einer Pflegekraft<br />
ermordet worden. Auch im Ahrtal mussten nur wenige<br />
Monate später zwölf Menschen sterben, weil es für<br />
sie keinen sicheren Fluchtweg aus der Flut gab. (…) Wir<br />
wollen, dass es überhaupt keine Diskussion gibt, ob Leben<br />
von irgendwem lebenswert ist oder nicht. Alle Leben<br />
sind lebenswert. Wir fordern, dass jeder Mensch die freie<br />
Wahl hat, wie der Mensch wohnen möchte. Wir fordern<br />
die Abschaffung von Heimen und Unterbringung, weil<br />
dort Gewalt herrscht und Exklusion gefördert wird. Die<br />
Aussonderung ist so krass, es gibt keine Begegnungen im<br />
Alltag.“<br />
Soweit einzelne Passagen aus dem in Mönchengladbach<br />
NICHT gehaltenen Redebeitrag. Auch hier in Freiburg war<br />
es eine Woche später, am 2. Juni, nicht möglich, zu diesem<br />
Anschlag einen Redebeitrag zu halten. Auf der „Wir sind<br />
die Brandmauer – Gemeinsam gegen rechts“-Demo waren<br />
es angeblich schon zu viele Reden.<br />
So eine riesen Demo gegen rechts hätte eigentlich DER<br />
Ort sein können, um einen gerade aktuell verübten faschistischen<br />
Anschlag öffentlicher zu machen, diesen<br />
Anschlag zu verurteilen und Solidarität zu zeigen mit den<br />
mit am meisten von rechten Ideologien, Hass, Diskriminierung<br />
und Gewalt bedrohten marginalisierten Bevölkerungsgruppen.<br />
Und das sind eindeutig Menschen mit<br />
Behinderungen, die von Ableismus betroffen sind. Genauso<br />
wie Menschen, die von Rassismus betroffen sind, von<br />
Sexismus, von Queer- und Transfeindlichkeit, von Antisemitismus<br />
oder wenn sie Sinti oder Roma sind.<br />
Was heißt also bitte „gegen rechts“? Was bedeutet das,<br />
wenn es inhaltlich nicht durch aktuelles Geschehen gefüllt<br />
werden darf? Wenn es keine Solidarität gibt und kein<br />
Erkennen einer faschistischen Struktur und Kontinuität,<br />
einer antifaschistischen Notwendigkeit an einem bestimmten<br />
Punkt. Geschichte, nein danke? Alles nur hohl?<br />
Wofür stehen Menschen ein, wenn sie sagen, sie sind gegen<br />
rechts? Was finden sie rechts, wenn es ein Anschlag<br />
mit Morddrohung auf behinderte Menschen anscheinend<br />
nicht ist? Und: Warum wird Ableismus bzw. warum werden<br />
Menschen mit sichtbarer oder unsichtbarer Behinderung<br />
überhaupt nicht wahrgenommen? Da hört links<br />
auf? Am 9. Juni – Europawahlen: Die Rechten gewinnen<br />
massiv. Gegen rechts sein! Unbedingt! Das heißt aber<br />
konkret, solidarisch zu sein mit allen Menschen, speziell<br />
aber mit denen, die marginalisiert, diskriminiert und ausgegrenzt<br />
werden. Gegen rechts zu sein heißt eintreten für<br />
eine freie und diverse Gesellschaft, vor allem konkret im<br />
Alltag. (Ein Kommentar von S. G.)<br />
Weiter Infos: https://www.rechtaufstadt-freiburg.de/<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. MAI BIS 15. JUNI)<br />
VERDRÄNGUNG WEGEN FUSSBALL-EM?<br />
Das Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt und die Gesellschaft<br />
für Freiheitsrechte (GFF) fordern angesichts der<br />
Europameisterschaften im Männerfußball mit der Kampagne<br />
„Abseits abschaffen“ mehr Schutz für Obdachlose.<br />
Bei internationalen Großereignissen würden obdachlose<br />
Menschen häufig für ein „aufgeräumtes Stadtbild“<br />
aus Bahnhöfen und Innenstädten verdrängt. „Es ist zu<br />
befürchten, dass die extremste Form der Armut unsichtbar<br />
gemacht werden soll.“ „Auch obdachlose Personen<br />
haben ein Recht, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten.<br />
Repressionen wie Platzverweise verstellen den Blick auf<br />
die eigentlichen Probleme: Wohnungsnot und Armut“,<br />
erklärt GFF-Juristin Luisa Podsadny. Die Gesellschaft für<br />
Freiheitsrechte will auch mit strategischen Klagen gegen<br />
Platzverweise für Obdachlose vorgehen. Platzverweise<br />
dürften nur zur Abwehr einer Gefahr ausgesprochen<br />
werden. „Die ins Abseits gedrängten Menschen gefährden<br />
in den meisten Fällen nichts und niemanden.“<br />
BÜRGERGELD-STREICHUNG BEI „SCHWARZARBEIT“?<br />
Die SPD plant Medienberichten zufolge die Einführung<br />
einer zweimonatigen kompletten Streichung des Bürgergeldes<br />
bei „Schwarzarbeit“. Damit solle der Druck auf<br />
Bürgergeld-BezieherInnen erhöht werden, eine reguläre<br />
Arbeit aufzunehmen. Dazu erklärt der Sozialrechtsexperte<br />
Harald Thomé: „Diese Pläne sind verfassungswidrig!<br />
Hier soll Sozialrecht in ein Strafrecht umgewandelt werden.“<br />
An die SPD gerichtet führt er weiter aus: „Wenn ihr<br />
jetzt weitere Sozial- und Haushaltskürzungen vornehmt,<br />
zerstört ihr die soziale und demokratieerhaltende Infrastruktur<br />
des Landes.“<br />
IMMER WENIGER SOZIALWOHNUNGEN<br />
Die Zahl der so dringend benötigten Sozialwohnungen<br />
sinkt und sinkt. Letztes Jahr ging sie bundesweit um<br />
mehr als 15.000 zurück. Ende des Jahres gab es noch ca.<br />
1,072 Millionen solcher Wohnungen. Statt 100.000 neuer<br />
Sozialwohnungen, wie es die Bundesregierung angekündigt<br />
hatte, wurde lediglich der Bau von 49.430 Sozialwohnungen<br />
gefördert.<br />
[FR] VERBESSERUNGEN BEIM WOHNGELD?<br />
Nach anhaltender Kritik an der langen Bearbeitungsdauer<br />
von Wohngeldanträgen in Freiburg gibt es Änderungen,<br />
die die Situation von Leistungsberechtigten etwas verbessern<br />
sollen. Nachdem der Gemeinderat kürzlich entschieden<br />
hat, dass die Berechtigtencoupons beim Sozialticket<br />
zukünftig bis zu drei Monate länger gültig sein sollen<br />
als der Bewilligungszeitraum der jeweiligen Sozialleistung,<br />
hat die Stadtverwaltung nun angekündigt, dass sie<br />
beim Wohngeld im Fall von Weiterbewilligungsanträgen<br />
vorläufige Bewilligungen ausstellen will, sofern „grundlegende<br />
Unterlagen zur summarischen Prüfung vorliegen“.<br />
Diese vorläufige Bewilligung vor Abschluss der Antragsprüfung<br />
sollte dann ermöglichen, dass Annex-Leistungen<br />
wie das Sozialticket oder Bildung-und-Teilhabe-Leistungen<br />
in Anspruch genommen werden können. Zu letzteren<br />
gehören z. B. die Übernahme der Kosten für Schulausflüge<br />
und fürs Mittagessen in Schule oder Kita.<br />
[FR] NAZIANGRIFF AUF DIETI-BESETZUNG<br />
Am 08.06.2024 kam es gegen 2 Uhr nachts zu einem<br />
Angriff durch Nazis auf die Waldbesetzung im Dietenbachwald<br />
zwischen dem Freiburger Stadtteil Rieselfeld<br />
und dem geplanten Neubaustadtteil Dietenbach. Die<br />
Nazis, die mit Messern und Äxten bewaffnet waren und<br />
im Wald „Heil Hitler“ riefen, drohten im Zelt schlafenden<br />
Menschen, sie zu töten. Die Angreifer schlugen von außen<br />
mit der Axt auf das Zelt. Zum Glück kamen schnell solidarische<br />
UnterstützerInnen.<br />
ZWANGSRÄUMUNGEN<br />
2022, jüngere Zahlen gibt es noch nicht, wurden bundesweit<br />
rund 30.000 Wohnungen zwangsgeräumt. Das geht<br />
aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage<br />
von Caren Lay von der Linkspartei hervor. Im Verhältnis<br />
zur EinwohnerInnenzahl weisen Bremen, Sachsen und<br />
Sachsen-Anhalt die höchste Zahl an Zwangsräumungen<br />
auf. Sozialrechtsexperte Harald Thomé verweist darauf,<br />
dass Jobcenter immer wieder eine Mitschuld an Zwangsräumungen<br />
tragen, „wenn mit Verweis auf vorrangige<br />
Leistungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag SGB IIbzw.<br />
SGB XII-Leistungen abgelehnt werden“. Dies gehe auf<br />
eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit zurück, die<br />
die Rechtslage ignoriere.<br />
So stehen dann Antragsstellende durch die lange Bearbeitung<br />
der Kinderzuschlag- und Wohngeldbehörden<br />
oftmals ohne das für die Miete notwendige Geld da. Der<br />
Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e. V. fordert<br />
u. a., dass nicht fristlos gekündigt werden darf, wenn<br />
die fehlenden Mietzahlungen von Behörden verursacht<br />
wurden.<br />
UEFA CONTRA VERSAMMLUNGSFREIHEIT<br />
Die „Clean zones“ vor den EM-Stadien sind verfassungswidrig,<br />
sagen JuristInnen vom Arbeitskreis Kritischer<br />
JuristInnen (akj) Freiburg und die Kritischen JuristInnen<br />
Heidelberg. Sie kritisieren die von der UEFA den ausrichtenden<br />
Städten aufgezwungenen Verträge, die Versammlungsverbote<br />
rund um die EM-Stadien vorsehen.<br />
[BCN] VERBOT VON FERIENWOHNUNGEN<br />
Die Bürgermeisterin von Barcelona hat angekündigt,<br />
bis Ende 2028 die Vermietung von Ferienwohnungen zu<br />
untersagen. „Und das wird es uns ermöglichen, 10.000<br />
Unterkünfte auf den Miet- oder Verkaufsmarkt zu bringen“,<br />
so die Bürgermeisterin.<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 5
Abb.: Sitzung der Nationalversammlung im Juni 1848<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 40)<br />
Foto: Wikipedia<br />
In der letzten <strong>Ausgabe</strong> berichtete ich über den Fortgang<br />
der Revolution in Freiburg und Baden bis zur ersten<br />
Niederschlagung im Herbst 1848. Doch zu Beginn des Folgejahres<br />
schien es so, als sollte der Aufstand noch einmal<br />
aufflackern. An der Stelle geht es heute weiter.<br />
DIE REVOLUTION IM ZWEITEN JAHR UND DIE<br />
ENDGÜLTIGE NIEDERSCHLAGUNG<br />
Die von der Frankfurter Nationalversammlung ausgearbeitete<br />
neue Reichsverfassung wurde am 21. April<br />
1849 von Preußen abgelehnt. Da diese Reichsverfassung<br />
eigentlich den Weg zur Demokratie in Deutschland ebnen<br />
sollte, kam es nochmals zu einer breiten Volkserhebung,<br />
die sich abermals schnell radikalisieren sollte. Damit<br />
begann die letzte Phase der Revolution. Diese „Reichsverfassungskampagne“<br />
griff schnell auf Baden über, wo sie<br />
schließlich auch ihren Höhepunkt finden sollte. Während<br />
der ersten Monate des Jahres 1849 haben allerdings<br />
weitere Hochverratsprozesse in Freiburg stattgefunden.<br />
Nachdem Gustav Struve und seine Frau abgeurteilt<br />
worden sind, Hecker, Sigel und einige andere geflohen<br />
waren, kamen nun die übrigen inhaftierten Revolutionäre<br />
an die Reihe. Doch da zeigte sich dann, was eine aufgebrachte<br />
Menge bewirken kann. Da aufgrund der „Reichsverfassungskampagne“<br />
die Stimmung in der Bevölkerung<br />
schon wieder am Brodeln war und viele von ihnen als<br />
Zuschauende in den Gerichtssälen anwesend waren und<br />
lautstark für die Angeklagten Partei ergriffen, verliefen<br />
die meisten Prozesse anders als es die Regierung erwartet<br />
hatte. Es kam zu unerwarteten Freisprüchen. So durfte<br />
z. B. Joseph Fickler aus Konstanz, einer der bekanntesten<br />
Republikaner von 1848, unter tosendem Beifall der Menge<br />
das Gericht als freier Mann verlassen. Es folgten noch<br />
weitere Freisprüche, unter anderem auch für Wilhelm<br />
Liebknecht, dem späteren Mitgründer und Anführer der<br />
Sozialdemokratie in Deutschland.<br />
Wilhelm Liebknecht wurde im August 1832 geboren und<br />
stammte aus einer Gießener Theologen- und Beamtenfamilie.<br />
Er begeisterte sich früh für liberale Ideen und<br />
6<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
machte sie sich während seines Studiums immer mehr<br />
zu eigen. Nach dem Ausbruch der Revolution schloss er<br />
sich Struves Freischärlern an. Nach dem Scheitern des<br />
Aufstandes entging er nur knapp der standrechtlichen<br />
Erschießung und stand am 11. Mai vor dem Freiburger<br />
Schwurgericht. Liebknecht, der die Rechte der Unterdrückten<br />
sehr radikal verteidigen wollte, hatte vor, dem Gericht<br />
sein „kommunistisches Glaubensbekenntnis“ entgegenzuschleudern,<br />
weshalb Lorenz Brentano seine Verteidigung<br />
ablehnte. Doch so weit brauchte Liebknecht gar nicht zu<br />
gehen, denn wegen der dramatischen Veränderungen im<br />
Land und der (wenn auch nur kurzen) neuen politischen<br />
Lage, beantragte selbst der Staatsanwalt einen Freispruch<br />
für den Angeklagten. Wilhelm Liebknecht wurde unter<br />
lautem Jubel aus dem Gerichtsgebäude getragen. Liebknecht<br />
ging nach Karlsruhe, reihte sich in die Freiwilligenverbände<br />
ein und freundete sich hier mit Max Dortu<br />
an. Gemeinsam kämpften sie gegen die vorrückenden<br />
preußischen Truppen und kamen auf dem Rückzug im<br />
<strong>Juli</strong> 1849 wieder nach Freiburg. Während Dortu verhaftet<br />
wurde, konnte Liebknecht in die Schweiz entkommen.<br />
Hier lernte er Friedrich Engels kennen und begann die<br />
Schriften von Karl Marx zu studieren. Da Liebknecht seine<br />
neuen Ideen in die schweizerische Arbeiterbewegung<br />
einbrachte, wurde er ausgewiesen und ging nach London.<br />
Hier lernte er dann auch Marx persönlich kennen, was<br />
ihn für sein weiteres Leben prägte. Zurück in Deutschland<br />
schloss er sich dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverband<br />
von Ferdinand Lassalle an, aus dem er aber bald<br />
wieder ausgeschlossen wurde. Dann lernte Liebknecht<br />
August Bebel kennen, den er von seinen marxistischen<br />
Ideen überzeugen konnte. Zusammen gründeten sie 1869<br />
in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, aus<br />
der später die SPD hervorging. Wilhelm Liebknecht starb<br />
im August 1900 in Berlin.<br />
Am 10. Mai 1849 fand auf dem Kanonenplatz am Schlossberg<br />
eine Soldatenversammlung statt, bei der die<br />
Soldaten beschlossen, sich zwar nicht direkt an einem<br />
Aufstand zu beteiligen, dafür aber auch nicht wieder auf<br />
das eigene Volk schießen zu wollen. Das ermutigte die<br />
Bevölkerung natürlich und so tagte am 12. und 13. Mai in<br />
Offenburg ein provisorischer Landesausschuss der Volksvereine.<br />
Dort wurde ein langer Katalog an Forderungen<br />
aufgestellt, welcher der Regierung übergeben werden<br />
sollte. Gefordert wurde unter anderem die unbedingte<br />
Anerkennung der Reichsverfassung und eine neue,<br />
gewählte Regierung, die Freilassung aller politischen<br />
Gefangenen oder die Einrichtung eines Landespensionsfonds<br />
für arbeitsunfähig gewordene BürgerInnen, um nur<br />
einige zu nennen.<br />
Karl von Rotteck führte eine Delegation an, die der Regierung<br />
die Forderungen überbrachte. Diese lehnte zwar<br />
Abb.: Max Dortu (1826-1849)<br />
Foto: Wikipedia<br />
sämtliche Forderungen rundweg ab, als aber Nachrichten<br />
von bewaffneten Aufständen eintrafen, flüchtete die gesamte<br />
Regierung. Am 14. Mai übernahm Lorenz Brentano,<br />
der Vorsitzende des Landesausschusses für Volksvereine,<br />
die Regierung. Brentano war ein Rechtsanwalt, der unter<br />
anderem die Verteidigung einiger Angeklagter in den<br />
Freiburger Hochverratsprozessen übernommen hatte.<br />
So vertrat er auch Gustav Struve und dessen Frau. Lorenz<br />
Brentano verstand es, die Gerichtsverhandlungen zu<br />
einem politischen Plädoyer für die Unterdrückten zu nutzen.<br />
Er stellte die Aufstände vor Gericht so dar, als hätten<br />
die Menschen gar keine andere Wahl gehabt, als sich mit<br />
Waffengewalt gegen ihre Unterdrücker zu wehren und<br />
somit eigentlich in Notwehr handelten. Am 3. Juni wurden<br />
noch einmal Abgeordnete für eine badische Landesversammlung<br />
gewählt, ein letzter Versuch, eine demokratische<br />
Regierung zu installieren. Doch dieser kleine Sieg<br />
über das alte System konnte nicht lange gefeiert werden,<br />
denn die Aufständischen mussten sich schon wieder auf<br />
den nächsten Kampf vorbereiten.<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 7
Abb.: Ausbruch der Militärrevolte in Rastatt am 13. Mai 1849<br />
DIE NIEDERLAGE DER REVOLUTION 1849<br />
Nachdem die Revolution überall in Deutschland bereits<br />
beendet war, blieb Baden als letzte Insel des Aufstandes<br />
übrig. Doch auch hier war das Ende absehbar. Großherzog<br />
Leopold von Baden hatte um Hilfe der Militärmacht Preußen<br />
gebeten und der preußische König gewährte sie ihm.<br />
Seine Bedingung an den Großherzog war allerdings, dass<br />
Baden den liberalen Regierungskurs der letzten Jahre<br />
aufgibt. In der zweiten Junihälfte trafen die Preußischen<br />
in Baden ein, Oberbefehlshaber war Kronprinz Wilhelm,<br />
der spätere deutsche Kaiser. Die Preußen drängten mit<br />
ihrer Übermacht die Aufständischen schnell zurück. Ab<br />
Ende Juni trafen immer mehr flüchtende Aufständische<br />
in Freiburg ein. Etwa 10.000 Soldaten flohen in die Stadt,<br />
in der damals circa 15.000 EinwohnerInnen lebten. Die<br />
FreiburgerInnen waren nicht erfreut über den Zustrom<br />
solcher Mengen, zumal sich die meisten EinwohnerInnen<br />
mittlerweile von der Revolution distanzierten. Auch<br />
Henriette Feuerbach hielt die Revolution inzwischen für<br />
ein Trauerspiel und eine „unglückselige, wahnsinnige<br />
Schilderhebung“, welche „unsägliches Elend über Land und<br />
Menschen gebracht habe“.<br />
Die Befürchtungen waren groß, dass es erneut eine<br />
Schlacht um Freiburg geben würde, wie im Jahr davor,<br />
nur diesmal noch blutiger. Dafür sprach, dass sich die<br />
Foto: Wikipedia<br />
Regierung der Landesvereine auch in der Stadt aufhielt.<br />
Doch zum Glück für die Stadt kam es anders. Am 3. <strong>Juli</strong><br />
beschloss der Kriegsrat, die Stadt zu verlassen und sich in<br />
den Schwarzwald zurückzuziehen. Von nun an löste sich<br />
die Revolutionsarmee allmählich selbst auf. Am 11./12.<br />
<strong>Juli</strong> überquerte das Oberkommando mit Franz Sigel den<br />
Rhein und bat in der Schweiz um Asyl. Als letztes kapitulierte<br />
am 23. <strong>Juli</strong> die Festung Rastatt.<br />
Am 7. <strong>Juli</strong> 1849 besetzten preußische Truppen Freiburg<br />
und wieder einmal musste die Stadt eine Einquartierung<br />
fremder Soldaten erdulden. Der Industrielle Karl Mez<br />
hatte kommissarisch die Führung der Stadtgeschäfte<br />
übernommen, doch als er beim preußischen Kronprinz<br />
Wilhelm um den Abzug der Truppen bat, wurde er von<br />
diesem umgehend wieder entlassen. Danach wurde<br />
Joseph von Rotteck provisorisch wieder als Bürgermeister<br />
eingesetzt. Am 29. <strong>Juli</strong> bedankte er sich dann offiziell<br />
beim Kronprinzen für die Niederschlagung des Aufstandes,<br />
welchen Rotteck als „ebensosehr verbrecherisch wie<br />
in seinen Folgen unheilvoll“ bezeichnete. Vom Tage der<br />
Besatzung an begann nun eine gnadenlose Verfolgung<br />
der Revolutionäre und deren Anhänger. Die preußischen<br />
Besatzer, aber auch die großherzoglich-badische Regierung<br />
hatten über ganz Baden das Kriegs- und Standrecht<br />
verhängt, das in manchen Landesteilen bis zu drei Jahre<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
in Kraft blieb. Am 13. <strong>Juli</strong> erging ein Aufruf an die BürgerInnen<br />
Freiburgs, wonach sie ihnen bekannte Revolutionäre<br />
und Sympathisanten denunzieren sollten. Danach<br />
stiegen die Emigrationszahlen stark an. Viele Anhänger<br />
der Revolution flohen vor den Häschern ins Ausland, einer<br />
von ihnen war auch Karl von Rotteck. Den geflüchteten<br />
Revolutionären wurden indes sämtlicher Besitz und<br />
Vermögen konfisziert.<br />
Die Mitarbeiter der verschiedenen Gemeindeorgane, die<br />
Soldaten der badischen Armee sowie Mitglieder anderer<br />
Institutionen mussten sich bei einer „Ausscheidungskommission“<br />
einer „Säuberungsuntersuchung“ unterziehen,<br />
bei der jede Person gründlich überprüft wurde, welche<br />
Rolle sie oder er während des Aufstandes gespielt hatte.<br />
„Revolutionär Belastete“ kamen sofort in Untersuchungshaft<br />
und erwarteten dort ihren Prozess. In Freiburg<br />
wurde wieder ein Standgericht installiert, welches am<br />
Ende drei Todesurteile und viele hohe Zuchthausstrafen<br />
verhängte. So wurden Max Dortu, ein Kriegskommissar<br />
der Revolution, Friedrich Neff, der unter den Bauern mit<br />
sozialistischen Ideen Leute angeworben hatte, und der<br />
Soldat Gebhard Kromer, der die Seiten gewechselt hatte,<br />
zum Tode verurteilt und auf dem Wiehremer Friedhof<br />
hingerichtet.<br />
Doch nicht jeder der gefangenen und verurteilten Revolutionäre<br />
schwor seinen Ideen ab. Ein Beispiel dafür ist der<br />
Freischar Obmann Joseph Hägele. Hägele wurde im Zuge<br />
der Hochverratsprozesse zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt<br />
und 1852 begnadigt. Er wandte sich vom Liberalismus<br />
ab und begann, sich in der Gesellenbewegung zu engagieren.<br />
Innerhalb dieser Bewegung trat er weiterhin offen<br />
gegen die Ausbeutung der ArbeiterInnen ein. Er geriet<br />
immer wieder mit der Staatsmacht in Konflikt und stand<br />
unter Beobachtung von Polizei und Justiz.<br />
Öffentliches Leben fand in Freiburg nun kaum noch statt,<br />
denn überall gab es Überwachung, Kontrollen, Zensur<br />
oder sogar Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das<br />
war nun der Preis für den Frieden.<br />
Letztendlich waren die „alten Mächte“ noch zu stark und<br />
ließen sich nicht einfach so beseitigen. Doch bei Frauen,<br />
ArbeiterInnen und anderen Schichten im Bürgertum war<br />
ein neues Selbstbewusstsein entstanden, die Freiburger<br />
Bevölkerung hatte sich politisiert, dabei allerdings auch<br />
wieder weiter zerstritten. Am Ende scheiterte die Revolution<br />
auch an ihrer inneren Schwäche, ihrer Uneinigkeit.<br />
Durch die unterschiedlichen Auffassungen der Liberalen<br />
und der Demokraten gab es keinen Gleichklang in der<br />
Bewegung, was wohl auch einen größeren Zustrom aus<br />
der Bevölkerung verhinderte. Somit konnte die Revolution<br />
auch nicht wirklich zu einer Massenerhebung werden.<br />
Foto: Wikipedia<br />
Abb.: Protagonisten der parteipolitisch organisierten<br />
frühen deutschen Arbeiterbewegung. Obere Reihe:<br />
August Bebel, Wilhelm Liebknecht für die SDAP. Mitte:<br />
Karl Marx als ideeller Impulsgeber. Untere Reihe: Carl<br />
Wilhelm Tölcke, Ferdinand Lassalle für den ADAV.<br />
Der kurze Traum von einer freiheitlichen und sozialen<br />
Republik war fürs Erste beendet. Einen Erfolg hatte die Revolution<br />
von 1848/49 aber dennoch gehabt: das Entstehen<br />
und Erstarken einer Frauenbewegung. Denn vom Hambacher<br />
Fest an und auch die ganze Revolution hindurch<br />
spielten Frauen erstmals in der deutschen Geschichte<br />
auch eine politische Rolle und ließen sich nicht mehr in<br />
den Hintergrund verdrängen.<br />
Welche Neuerungen und welche Rechte sich die Frauen<br />
erkämpften, darüber schreibe ich in der nächsten Folge.<br />
Da geht es dann auch um die weiter fortschreitende<br />
Industrialisierung in Freiburg und um die Anfänge einer<br />
organisierten Arbeiterbewegung.<br />
Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg, beim Alemannischen<br />
Institut Freiburg, Gerlinde Kurzbach, Dr. Hans-Peter<br />
Widmann und Ulrike Halbe-Bauer.<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 9
Foto: Wendelin Sinnwell<br />
FREIBURG GEGEN RECHTSEXTREMISMUS<br />
Breites Bündnis demonstriert für Zusammenhalt und Demokratie<br />
Demokratie leben: 15.000 Teilnehmende einer „Demonstration<br />
gegen Rechtsextremismus“ machten genau das<br />
am Sonntag vor der Europawahl. Ab 14 Uhr versammelten<br />
sich mehr als 350 Gruppen und unzählige Einzelpersonen<br />
aus der Breite der Zivilgesellschaft aus Freiburg<br />
und dem Umland.<br />
Das breite Bündnis „Wir sind die Brandmauer“ möchte<br />
angesichts des Erstarkens rechtsextremistischer Kräfte<br />
Signale des Zusammenhalts und der Wehrhaftigkeit unserer<br />
Demokratie setzen. Aktuelle Ereignisse von Gewaltausbrüchen<br />
und ungehemmtem Hass zeigen uns, wie<br />
wichtig es ist, jetzt als Gesellschaft zusammenzustehen.<br />
„In Mönchengladbach wurde kürzlich eine Einrichtung<br />
für Menschen mit Behinderungen zum Ziel eines Drohanschlags<br />
mit deutlichem Hinweis auf die Ermordung<br />
von Menschen mit Behinderungen in der Nazizeit. (…) alle<br />
Personengruppen, die besonders gefährdet sind durch<br />
RechtspopulistInnen, Rechtsradikale und Neonazis brauchen<br />
unsere Solidarität“, so die Vorsitzende der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft, Monika Stein, auf der<br />
Demo.<br />
Gruppierungen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft<br />
schlossen sich zusammen, um eine „Brandmauer“<br />
nach Rechtsaußen zu bilden. Denn unsere Gesellschaft<br />
lebt von unterschiedlichen Meinungen und dem gegenseitigen<br />
respektvollen Austausch darüber – genau das<br />
ist Demokratie. Es gibt aber auch eine Grenze – und zwar<br />
dann, wenn die Menschenwürde infrage gestellt und<br />
Menschenrechte verletzt werden.<br />
Im Vordergrund steht das „Wir“ – ein Wir, das lauter ist als<br />
spaltender Rechtsextremismus und so laut bleiben muss.<br />
Passend dazu liefen unterschiedlichste Gruppierungen<br />
auf der Demo mit. Von Gewerkschaften wie ver.di,<br />
der IG Metall und der GEW über den SC Freiburg,<br />
Bürgervereinen, Kirchengemeinden bis hin zu kulturellen<br />
Einrichtungen und unzähligen EinzelhändlerInnen /<br />
mittelständischen Unternehmen.<br />
„Bei allen inhaltlichen Unterschieden, die wir Menschen<br />
aus dem demokratischen Spektrum haben, eins ist uns<br />
gemeinsam: Wir wollen unsere Demokratie erhalten, wir<br />
wollen sie schützen“, beschreibt auch Monika Stein das<br />
breite Bündnis.<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Foto: Greta Waltenberg<br />
Ziel der Demonstration war unter anderem, die Mehrheit<br />
der Gesellschaft in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.<br />
Eine Mehrheit, die trotz der erschütternden Wahlergebnisse<br />
der Europawahl für die Demokratie gewählt hat. In<br />
Freiburg konnte die AfD keine starken Gewinne einfahren<br />
– anders als in vielen anderen deutschen Städten. In Freiburg<br />
hat die AfD sowohl bei den Kommunal- als auch den<br />
Europawahlen nur minimal zugelegt. Man weiß nie, wie<br />
es ohne unser Engagement ausgesehen hätte. Und klar ist<br />
auch, dass jedes schwierige Gespräch, jede Begegnung, jedes<br />
aufeinander Zugehen und jedes Mal, eine Person zum<br />
Nachdenken bringen, ein Einsatz für die Demokratie ist.<br />
Dita Whip von dem Fotoprojekt „Gesichter gegen rechts“<br />
meint, dass die Teilnahme an einer Demo wie dieser nur<br />
der Beginn des Aktivismus von BürgerInnen sein darf.<br />
Wichtig sei es, im Alltag Gesicht zu zeigen, Stellung zu<br />
beziehen und Zivilcourage zu leben.<br />
Auch Fedoua Hamman vom MigrantInnenbeirat betont,<br />
wie wichtig ein gesellschaftliches Mit- und auch Füreinander<br />
ist und ergänzt: „Wer gegen Menschen aus anderen<br />
Ländern ist, vergisst, was diese Menschen hier leisten.<br />
Unterschiedliche Kulturen sind ein Reichtum für dieses<br />
Land (…), aber wir alle haben die Verantwortung, diese<br />
Vielfalt zu schützen, das Beste daraus zu machen.“ Dejan<br />
Mihajlović ergänzt, dass rassistische Aussagen immer<br />
lauter geäußert werden. Er ermutigte die Teilnehmenden,<br />
zu widersprechen und sich für Beteiligung einzusetzen.<br />
Bunt und laut verlief der Demonstrationszug durch die<br />
Innenstadt, ältere Menschen liefen neben Jugendlichen.<br />
Selbstgebastelte Plakate wurden hochgehalten und<br />
Sprüche wie „this is what democracy looks like“ klangen<br />
durch die Straßen. Auf der Kundgebung auf dem Platz der<br />
Alten Synagoge sorgte die Freiburger Klezmer-Band „Die<br />
Haiducken“ für gute Stimmung. Genauso wie „Ro Kuijpers<br />
& Import Export“, eine Kombo, deren Begeisterung<br />
beim Spielen ansteckend wirkte. Verbindung stiftend war<br />
auch das gemeinsame Singen von Chören der „Chorstadt<br />
Freiburg“. Zusammen performten sie „we shall overcome“<br />
– viele Demonstrierende stimmten mit ein.<br />
Bewegend war auch die Rede von Nicole Hanenfeld.<br />
Angehörige von ihr wurden von den Nationalsozialisten<br />
ermordet. Sie stellt sich vor, was diese uns heute mitgeben<br />
wollen würden: „Denkt daran, dass Hitler 1933 auf<br />
demokratische Weise an die Macht gewählt wurde. Ich<br />
denke, sie würden sagen: Tut alles in eurem eigenen<br />
Einflussbereich, um Diskriminierung, Ausgrenzung, Hass,<br />
Rassismus und Antisemitismus zu verringern.“ Und<br />
mahnt: „Vergesst nicht: Rassismus kann tödlich enden!“<br />
Lösungen für die aktuellen Krisen liegen nicht darin,<br />
rechtsextreme Parteien zu wählen. Rechtsextreme Kräfte<br />
tragen dazu bei, dass sich unsere Gesellschaft polarisiert<br />
und der Diskurs schwieriger wird. Natürlich sind Lösungen<br />
nicht leicht zu finden, aber wir brauchen dafür eine<br />
demokratische Basis. Lucas Kohnen vom Bündnis „Freiburg<br />
gegen Rechts“ ist der Meinung: „Politik gegen rechts<br />
heißt Kampf für gute Löhne, für bezahlbare Mieten, für<br />
Frieden und für die Gleichheit aller Menschen.“<br />
Lasst uns nicht gegeneinander aufbringen, sondern lasst<br />
uns zusammen Lösungen finden!<br />
In diesem Sinne möchte ich auch den Bericht von der „Wir<br />
sind die Brandmauer“-Demo schließen und hoffe, dass<br />
Sie, liebe LeserInnen, sich ermutigt fühlen, für demokratische<br />
Werte einzustehen.<br />
Lotta für das Bündnis „Wir sind die Brandmauer“<br />
Kontakt: info@wirsinddiebrandmauer.fr<br />
Mehr Infos zu unserem Bündnis und der Demo:<br />
https://wirsinddiebrandmauer.fr<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 11
DIE RANKE<br />
Ein feministisches Hausprojekt im Mietshäuser Syndikat<br />
Foto: Die Ranke<br />
Wir wollten eigentlich „nur“ wohnen. Einfach nur eine<br />
Wohnung finden hat dann bei dem desaströsen Freiburger<br />
Wohnungsmarkt überhaupt nicht geklappt. Nach<br />
einem Jahr Suche war klar: Die einzige Möglichkeit für<br />
uns, in Freiburg Wohnraum zu finden, ist anscheinend<br />
ein Haus zu kaufen. Aber, die soziale Ungerechtigkeit<br />
lässt grüßen, wer kann das schon?!<br />
Die allerbeste Möglichkeit, die auch am meisten zu<br />
unseren Vorstellungen passte, war für uns die, sich mit<br />
dem Freiburger Mietshäuser Syndikat zusammenzutun.<br />
Das Ziel des Syndikats ist es (schon seit 1992), dauerhaft<br />
Wohnraum zu schaffen, der nicht von Mietsteigerung,<br />
Abriss, Umnutzung, Hausverkauf oder Spekulation betroffen<br />
ist. Es geht um: soziales, kollektiv selbstverwaltetes,<br />
bezahlbares Wohnen. Rund 190 solcher Projekte gibt<br />
es inzwischen schon bundesweit. Das wollten wir auch.<br />
Wir, das sind sechs FLINTA*-Personen und ein Kind. Wir<br />
haben eine gemeinsame Idee, wie wir wohnen wollen.<br />
Und: Wir haben auch schon ein Haus gefunden, in dem<br />
wir diese Idee leben werden.<br />
„Friendship First“ – das bedeutet, nicht vorübergehend<br />
mal in WG mit anderen wohnen, bis…, sondern sich als<br />
FreundInnen langfristig das Leben und den Alltag zu<br />
teilen, sich aufeinander zu beziehen und sich zu bestärken.<br />
Wir wollen funky, flexibel, forschend unterwegs und<br />
füreinander da sein.<br />
Das Haus, „Die Ranke“, im Freiburger Stadtteil Haid<br />
soll im August gekauft und danach energetisch saniert<br />
werden. Wir träumen von einer Oase im Garten inklusive<br />
bereits vorhandener Riesenpalme und von Werk- und<br />
Hobbyräumen, wo wir auch immer mal die NachbarInnen<br />
und unsere FreundInnen willkommen heißen<br />
wollen.<br />
Auf dem Weg dahin lernen wir auch jetzt schon vieles<br />
gemeinsam. Zum Beispiel: Finanzierungspläne erstellen,<br />
Buchhaltung und gemeinschaftliche Projektorganisation.<br />
Auch die anstehende Baustelle sehen wir als Herausforderung<br />
und Möglichkeit, uns gegenseitig handwerkliche<br />
Fähigkeiten beizubringen und zusammen an der<br />
Renovierung des Hauses zu arbeiten.<br />
12<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Das Mietshäuser Syndikat wurde 1992 in Freiburg im<br />
Breisgau von ehemaligen Hausbesetzenden gegründet.<br />
Bis 2020 beteiligte es sich an 159 Wohnprojekten<br />
mit über 3.800 Bewohnenden und 150.000 m² Nutzfläche<br />
sowie unterstützte 15 Initiativen. Die Projekte<br />
reichen von einem Einfamilienhaus für sechs Personen<br />
bis zum großen Wohnprojekt SUSI in Freiburg-Vauban<br />
mit 260 Bewohnenden. Regionale Koordinationen<br />
wurden in Tübingen und weiteren Regionen Deutschlands<br />
gegründet. Das Mietshäuser Syndikat ist eine<br />
kooperative und nicht-kommerzielle Beteiligungsgesellschaft<br />
in Deutschland, die Häuser kauft und in<br />
Kollektiveigentum überführt, um langfristig bezahlbaren<br />
Wohnraum und Platz für Initiativen zu schaffen.<br />
Bis Ende 2023 war das Syndikat an 190 Hausprojekten<br />
beteiligt, und 21 weitere suchen noch Immobilien.<br />
Das Syndikat beteiligt sich finanziell an Projekten, um<br />
einen Weiterverkauf der Immobilien zu verhindern<br />
und fördert den Solidartransfer zwischen finanziell<br />
stärkeren und schwächeren Projekten. Es berät und<br />
unterstützt die Projekte, ohne selbst Kapital zu geben,<br />
und arbeitet basisdemokratisch. Ein gemeinschaftlich<br />
verwalteter Solidarfonds war 2015 mit 220.000 € ausgestattet.<br />
Die Immobilien gehören eigenen GmbHs,<br />
die von Hausvereinen und dem Syndikat gemeinsam<br />
verwaltet werden, wobei Entscheidungen wie<br />
Wohnungsvergabe und Miethöhe den Hausvereinen<br />
obliegen.<br />
Foto: Die Ranke<br />
Wir, die zukünftigen BewohnerInnen der Ranke, sind fest<br />
davon überzeugt, dass die Realisierung dieses Projekts<br />
eine empowernde Wirkung haben wird: für uns, unser<br />
Umfeld und weit darüber hinaus.<br />
Wie gesagt, die Zusammenarbeit mit dem Mietshäuser<br />
Syndikat macht es uns möglich, dass Wohnen auf diese<br />
Weise langfristig bezahlbar, sozial und unverkäuflich<br />
wird. Kein Privatbesitz, sondern kollektiver Besitz!<br />
Da wären wir beim Geld: Jedes Hausprojekt beim<br />
Mietshäuser Syndikat braucht praktische und finanzielle<br />
Unterstützung der „Community“ in Form von<br />
Direktkrediten. Das ist Teil des Konzepts – Kredite nicht<br />
ausschließlich von Banken, sondern von solidarischen<br />
Menschen anzufragen.<br />
Konkret sucht die Ranke nach Direktkrediten ab 500 €<br />
von Privatpersonen, die dem Projekt zu einem Zinssatz<br />
von bis zu 1,5 % geliehen werden können.<br />
Viele solidarische Menschen kennen die katastrophale<br />
Wohnraumpolitik, nicht nur in Freiburg. Wenn sie Geld<br />
haben oder geerbt haben, finden sie es oft auch besser,<br />
ihres nicht bei Banken anzulegen, sondern soziale oder<br />
politische Projekte zu unterstützen. So haben wir jetzt<br />
schon die Hälfte des Geldes zusammen.<br />
Wenn Sie Interesse haben und die Idee überzeugend<br />
finden, dann sprechen Sie uns an oder schreiben uns<br />
einfach. Wir erklären das Konzept vom Syndikat und<br />
der Direktkredite mit allen Vor- und Nachteilen gerne<br />
ausführlich in einem persönlichen Gespräch. Zurzeit<br />
sind wir auch fast jeden Samstag zwischen 11 und 13 Uhr<br />
auf dem Stühlinger Markt zu finden. Kommen Sie doch<br />
vorbei – wir freuen uns. Ideelle Unterstützung können<br />
wir auch gut brauchen: Also gerne weitererzählen, dass<br />
dieses feministische Hausprojekt existiert und noch<br />
Unterstützung braucht.<br />
Kontakt: www.dieranke.de / E-Mail: post@dieranke.de<br />
Danke an Euch vom FREIeBÜRGER für Eure Solidarität,<br />
uns hier diesen Gastartikel schreiben zu lassen.<br />
Die zukünftigen BewohnerInnen der Ranke<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 13
KUNST IM DOPPELPACK<br />
Ein kreatives Projekt auf dem Lorettoberg<br />
Viele kennen ihn, den in 384 Metern Höhe gelegenen<br />
Freiburger Lorettoberg. Er wird auch liebevoll Josephsbergle<br />
genannt und ist ein Höhenrücken im Südwesten<br />
des Stadtteils Wiehre. Es lohnt sich, dort hochzulaufen,<br />
denn dieser Ort verbindet Natur mit Stadtnähe und der<br />
Ausblick auf Freiburg ist einmalig. Dort oben trifft man<br />
auch auf zwei alte englische Telefonzellen, die schon zum<br />
Ende meiner Studienzeit in den Neunzigerjahren dort<br />
oben standen und ein gewohnter Anblick waren, wenn<br />
wir des Öfteren zum Semester-Brunchen das Schloss-Café<br />
besuchten. Dort wurden die zwei vor über 30 Jahren<br />
von Antonio Fernandez, dem Pächter vom Schloss-Café,<br />
hingestellt. Irgendetwas hat sich jedoch seit letztem<br />
Spätsommer verändert. Was ist passiert, was ist da los?<br />
Hege Verweyen ist Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und eine begeisterte FREIeBÜRGER-Leserin.<br />
In ihrer Freizeit erstellt sie Papiercollagen und ist die<br />
Initiatorin des Projekts „Kunst im Doppelpack“. Bei einem<br />
Spaziergang auf den Lorettoberg letzten Sommer verweilte<br />
Hege Verweyen vor dem Schloss-Café und schaute auf<br />
die beiden historischen roten englischen Telefonzellen.<br />
Verwahrlost unter den großen alten Bäumen stehend, alle<br />
Gläser der Sprossenfenster, auch die weißen Glasscheiben<br />
oben mit den schwarzen Telephone-Schriftzügen, waren<br />
seit vielen Jahren zertrümmert oder gar nicht mehr vorhanden,<br />
und innen wie außen waren sie voller Streetart<br />
von Graffiti-Sprayern. Also, die zwei sahen nicht gut aus,<br />
ein trauriger Anblick. Funktioniert hatten die zwei Telefonzellen<br />
vor einigen Jahrzehnten mal.<br />
Ein Moment der Nostalgie durchkreuzte ihre Gedanken:<br />
„Das Ende der Telefonzellen in Deutschland nach 142 Jahren<br />
im November 2022 war das Ende einer Ära, fand ich sehr<br />
schade; gehöre ich doch zu der Generation Telefonzelle, die<br />
früher stundenlang in irgendeiner Telefonzelle stand, um<br />
mit Freunden zu telefonieren“.<br />
Es machte bam bei Hege Verweyen und der Gedanke war<br />
da, den beiden Telefonzellen neues Leben einzuflößen,<br />
aus ihnen Kunstgalerien zu machen und einen Ort zu<br />
schaffen, der Kreativität ausstellt. Ihr Lebensmotto ist<br />
„Auf Worte sollen Taten folgen“, und so kontaktierte Hege<br />
Verweyen einen Bekannten, den Glaskünstler Rainer<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Flotka-Pitschat, der ihr dann bei der Restauration der zwei<br />
Telefonzellen behilflich war und ihr Projekt großartig unterstützte.<br />
Die nicht mehr vorhandenen Glasscheiben für<br />
die Sprossenfenster wurden durch Panzerglas, wegen der<br />
Sicherheit vor Diebstahl, ersetzt, sowie auch die weißen<br />
Glasplatten mit dem schwarzen Telephone-Schriftzug<br />
darauf. Die Graffitis wurden ebenfalls entfernt und die<br />
Telefonzellen-Innenräume wurden in einen ausstellungswürdigen<br />
Zustand hergerichtet. Die Kosten ihres<br />
Herzensprojekts konnte Hege Verweyen glücklicherweise<br />
komplett selbst übernehmen.<br />
Im November 2023 war es dann endlich soweit. Es konnte<br />
ausgestellt werden. Der erste Aussteller war der Glaskünstler<br />
Rainer Pitschat, der unter anderem seine Musselin-Glaskunst<br />
präsentierte. Danach folgte die Ausstellung<br />
des Freiburger Fotografen David Franz, der eine Auswahl<br />
seiner Landschaftsfotografien zeigte.<br />
Ausgestellt werden können zum Beispiel kleinere Leinwandarbeiten,<br />
Skulpturen, Windobjekte und kleinere<br />
Installationen, um nur einige Beispiele zu nennen; denn<br />
Kunst & Kreativität kennen ja bekanntlich keine Grenzen.<br />
Die beiden Telefonzellen bleiben verschlossen, es ist eine<br />
Kunstwerkschau, keine Kunst zum Anfassen. Ausstellen<br />
darf jeder, der „Kunst“ erschafft und seine kreativen<br />
Arbeiten in einer originellen Räumlichkeit, mit nur knapp<br />
zwei Quadratmetern pro Telefonzelle, einem interessierten<br />
Publikum zugänglich machen möchte. Gebucht<br />
werden können die zwei Mini-Galerien übrigens immer<br />
nur im Doppelpack, macht auch Sinn, weil es noch mehr<br />
Möglichkeiten des Ausstellens zulässt.<br />
Kreative Menschen sind oft ein ganz besonderer Schlag<br />
Mensch, und Hege Verweyen ist es sehr wichtig, dass<br />
alle Kreativen die Möglichkeit haben, in den zwei Mini-Galerien<br />
auszustellen. Sie richtet sich vor allem an die<br />
KünstlerInnen, die es schwer hätten, in einer konventionellen<br />
Galerie auszustellen, da diese meist eine Provision<br />
verlangen.<br />
Fazit: Die meisten FreiburgerInnen kennen den überdimensional<br />
großen Wasserhahn samt 84 Meter langem<br />
rotem Wasserschlauch im Eschholzpark, das immer<br />
wieder anders angemalte Holbeinpferd in der Wiehre,<br />
worauf sich auch schon der FREIeBÜRGER im Jahre 2005<br />
zum 7-jährigen Jubiläum verewigt hat. Jetzt ist Freiburg<br />
um einen kreativen Ort reicher durch zwei Mini-Galerien,<br />
in denen sich jede(r) kreativ austoben und seine Kunst<br />
präsentieren kann, so wie er oder sie möchte. Das Projekt<br />
können Sie einfach durch Mund-zu-Mund-Propaganda<br />
unterstützen. Hege Verweyen, wir sagen Danke und wünschen<br />
Dir für dieses tolle Projekt weiterhin viel Erfolg!<br />
Fotos: E. Peters / Text: Oliver<br />
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Wer die beiden Galerien buchen möchte, muss nichts<br />
dafür bezahlen. Wer einen beliebigen Geldbetrag als Aufwandsentschädigung<br />
entrichten möchte, was dann dem<br />
Erhalt des Projekts zugutekommt, darf dies gerne tun. Die<br />
Ausstellungsdauer ist nach Absprache mindestens einen<br />
Monat, maximal drei Monate. Für das restliche Jahr sind<br />
die zwei Mini-Galerien jetzt schon ausgebucht. Das ist ein<br />
gutes Zeichen, in dem sich auch die durchweg positive<br />
Resonanz bestätigt.<br />
Wer selbst gerne ausstellen würde oder sich für das Projekt<br />
interessiert, kann sich gerne bei Hege Verweyen unter<br />
der E-Mail verweyenhm@web.de melden.<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 15
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FREIeBÜRGER 07 | 2024
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FREIeBÜRGER 07 | 2024 17
BELASTENDE WOHNSITUATION<br />
Auf der Suche nach einem Zuhause<br />
Foto: Artico / iStock<br />
Vielleicht erinnern Sie sich noch an meinen Artikel, als<br />
ich über mein Wohnverhältnis berichtete, mit dem ich<br />
mich total unwohl fühlte. Und mir eine komische Lampe<br />
namens Rudolf Gesellschaft leistete. Nun, Ende Januar,<br />
zog ich zurück in das Begleitete Wohnen einer Obdachlosenhilfe.<br />
Sie ahnen es schon, auch dort fühle ich mich<br />
nicht zu Hause.<br />
Die Zahl der wohnungslosen Menschen steigt alarmierend<br />
an. Dabei ist Wohnen ein Menschenrecht. Schätzungsweise<br />
leben laut aktueller Datenerhebung 50.000<br />
Männer und Frauen in Deutschland auf der Straße. Mehr<br />
als 600.000 sind wohnungslos. Laut Definition des Wohnungslosenberichterstattungsgesetzes<br />
(WoBerichtsG)<br />
sind Menschen wohnungslos, wenn die Nutzung einer<br />
Wohnung weder durch einen Mietvertrag noch einen<br />
Pachtvertrag abgesichert ist. Kurzum hat die betroffene<br />
Person keine Möglichkeit, in einem eigenen Wohnraum<br />
zu schlafen. Wohnungslos bedeutet jedoch ebenfalls, in<br />
einer Notunterkunft, einem Heim, Frauenhaus oder bei<br />
Familienangehörigen oder Freunden untergebracht zu<br />
sein. Obdachlos ist, wer sowohl tagsüber als auch nachts<br />
draußen ist.<br />
Zu den wohnungslosen Personen gehöre auch ich, da ich<br />
in einer stationären Einrichtung der Wohnungslosenhilfe,<br />
dem Begleiteten Wohnen, beherbergt bin. Eigentlich<br />
heißt es Betreutes Wohnen, doch für mich hört sich das<br />
eher nach Seniorenbetreuung an oder als ob wir hier alle<br />
ordentlich einen an der Waffel hätten. Die anderen Leute,<br />
die hier wohnen, sind überwiegend Männer. Alle von uns<br />
bringen nicht nur soziale und finanzielle Schwierigkeiten<br />
mit, sondern auch psychische, wie eine Suchterkrankung<br />
oder eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung.<br />
Strenge Vorgabe ist, dass die bestehende Suchterkrankung<br />
in der akuten Phase überwunden wurde. Der<br />
Konsum von Drogen und Alkohol ist bei uns im Begleiteten<br />
Wohnen untersagt. Pflicht ist es nicht, doch die<br />
Sozialarbeiterinnen, die uns vor Ort begleiten, sehen es<br />
gerne, wenn jemand wie ich sich regelmäßig wieder die<br />
Schrauben im Gehirn anziehen lässt. Ob sie es nun glauben<br />
oder nicht, ich gehe gerne zu meinem sympathischen<br />
Psychiater.<br />
Menschen verlieren aus den unterschiedlichsten Gründen<br />
ihre Wohnung. Dazu gehören Arbeitslosigkeit, Krankheit,<br />
Unfall, die bereits erwähnte Abhängigkeit von einer<br />
Substanz und unkalkulierbare Schicksalsschläge. Mehr<br />
als 57 Prozent der deutschen Wohnungslosen haben ihr<br />
Zuhause durch eine Kündigung verloren. Gefolgt von<br />
Miet- und Energieschulden (21 Prozent) und Konflikten<br />
im Wohnumfeld (20 Prozent). Die Inflation, gestiegene<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Lebensunterhaltskosten und explodierende Mieten machen<br />
es noch schlimmer.<br />
Bevor ich in das Begleitete Wohnen von einer Notunterkunft<br />
aus einziehen konnte, hatte ich ein ausführliches<br />
Gespräch mit zwei Sozialarbeiterinnen. Der Hinweis auf<br />
diese Einrichtung kam übrigens von einer hilfsbereiten<br />
Mitarbeiterin im Jobcenter. Ich wurde zu meinem bisherigen<br />
Lebenslauf gefragt, ob ich eine Suchterkrankung oder<br />
psychische Erkrankung habe und was ich im Begleiteten<br />
Wohnen erreichen möchte. Einmal in der Woche habe ich<br />
einen festen Termin mit der für mich zuständigen Sozialarbeiterin.<br />
Mit ihr bespreche ich alle meine finanziellen<br />
Angelegenheiten und auch Sorgen sowie meine Wohnsituation.<br />
Zum Beispiel wenn es mal Probleme mit dem<br />
Jobcenter gibt oder der Beantragung des Sozialpasses. Ich<br />
bin richtig dankbar, dass ich sie habe, und empfinde die<br />
Termine mit ihr als Bereicherung.<br />
Das Begleitete Wohnen wird vom zuständigen Landratsamt<br />
finanziell unterstützt, genauer gesagt dem Kreissozialamt.<br />
Dafür muss für jeden Bewohnenden halbjährlich<br />
oder jährlich ein sogenannter Hilfeplan fertiggestellt<br />
werden. Anhand dieses Hilfeplans entscheidet das Kreissozialamt,<br />
ob die Person weiter im Begleiteten Wohnen<br />
bleiben darf oder ob die Betreuung und Begleitung<br />
ausgeschöpft ist. In dem Fall bleibt, wenn die Person keine<br />
eigene Wohnung gefunden hat, bedauerlicherweise nur<br />
noch die Unterbringung in einer städtischen Unterkunft.<br />
Die Wohnraumversorgung ist Aufgabe der Bundesländer.<br />
Für Wohnungslosigkeit gibt es diverse Zuständigkeiten.<br />
Ein Teil liegt bei den Kommunen, ein anderer beim Land.<br />
Die Bundesregierung möchte nun, sinnvoll gedacht, eine<br />
stärkere Koordinierung erreichen und hat einen nationalen<br />
Aktionsplan zur Überwindung der Obdach- und<br />
Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 aufgestellt.<br />
„Housing First“ soll mehr Beachtung finden sowie die<br />
Erhöhung des Angebots an bezahlbarem Wohnraum.<br />
Wie das funktionieren soll, wird überaus spannend, denn<br />
in unserem Land fehlen laut Verbänden in diesem Jahr<br />
910.000 Sozialwohnungen! Entschuldigen Sie bitte meine<br />
undamenhafte Aussage: Mit meinem Wohnberechtigungsschein<br />
kann ich mir den Allerwertesten abwischen.<br />
So sieht die Realität aus.<br />
Juristische Hürden und Bürokratie sollen zudem abgebaut<br />
werden. Wenn eine Person Mietschulden hatte und<br />
ihr außerordentlich gekündigt wurde, sie dann aber das<br />
Geld zurückzahlen kann, kann diese Kündigung aufgehoben<br />
werden, so eine an sich positive Idee der Grünen im<br />
Bundestagsausschuss für Wohnen. Kleiner, fieser Haken<br />
dabei ist, dass es mittlerweile immer mehr Vermietende<br />
gibt, die zusätzlich eine ordentliche Kündigung aussprechen.<br />
Diese Form der Aufhebung besteht weiter, obwohl<br />
Mietrückstände beglichen worden sind. Auf die Änderung<br />
der Schonfristzahlung habe man sich geeinigt, warte aber<br />
auf den Entwurf aus dem Justizministerium.<br />
Das Begleitete Wohnen ist bei mir in mehrere Wohngemeinschaften,<br />
verteilt auf zwei Häuser, aufgeteilt. Neben<br />
den bereits persönlichen Problematiken, die ein jeder von<br />
uns mitbringt, kommt der Zustand, dass die Wohngruppen<br />
nicht gleichgeschlechtlich sind. Der Grund dafür ist,<br />
dass sich für das Begleitete Wohnen deutlich mehr Männer<br />
bewerben als Frauen. Besonders für eine Frau, die wie<br />
ich wiederkehrend emotionale und körperliche Gewalt<br />
durch Männer erlebt hat, ist das arg ungünstig. Die Sozialarbeiterinnen<br />
wissen das, können momentan jedoch<br />
nichts ändern, außer dass versucht wird, mich in einer anderen<br />
Stadt in einer Frauen-WG des Trägers unterbringen<br />
zu können. Ich habe zwar mein eigenes Zimmer, in dem<br />
ich mich wohlfühle, doch ich muss mir die Küche und das<br />
Gemeinschaftsbad teilen. Mit mir wohnen eine ältere<br />
Dame und ein älterer Mann, in dessen Gegenwart ich<br />
mich unbehaglich fühle, da er mir gegenüber von Anfang<br />
an unfreundlich und dominant aufgetreten ist.<br />
Davor hatten meine Mitbewohnerin und ich ziemliches<br />
Pech gehabt, denn der eine Mitbewohner, von einer benachbarten<br />
Obdachlosenunterkunft kommend, war mir<br />
gegenüber distanzlos gewesen. Nach elendigen zwei Wochen<br />
und meiner Beschwerde bei der Einrichtungsleitung<br />
zog er freiwillig in eine andere Wohngruppe im Haus um.<br />
Der andere Mitbewohner, den ich das „Küken“ nannte,<br />
war respektvoll und größtenteils ruhig, doch der junge<br />
Mann hatte ein gravierendes Alkoholproblem und durfte<br />
deswegen nicht in unserer WG bleiben. Was ich persönlich<br />
schade fand, denn wir beide kamen gut miteinander<br />
klar. Das Küken fand zu meiner großen Erleichterung eine<br />
eigene kleine Wohnung im Umkreis.<br />
Obwohl ich nicht mehr in einer Notunterkunft leben<br />
muss, fühle ich mich noch lange nicht zu Hause. Neben<br />
„Housing First“ und dem Bau von vielen Sozialwohnungen<br />
bedarf es, den Informationsfluss für von Wohnungslosigkeit<br />
betroffene Personen zu verbessern. Wo bekomme<br />
ich umgehend Beratung und Unterstützung? Welche<br />
Hilfe steht mir zu? Es ist immer von großer Bedeutung<br />
und einfacher, den eigenen Wohnraum zu erhalten, als<br />
nachher (erfolglos) zu versuchen, die Menschen wieder<br />
von der Straße zu holen.<br />
Rose Blue<br />
Quellen: Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Statistisches<br />
Bundesamt, Sozialhilfe-Richtlinien von Landratsämtern,<br />
Bundesregierung - Nationaler Aktionsplan Wohnungslosigkeit,<br />
Deutscher Mieterbund, Bundestag - Ausschuss für Wohnen<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 19
Foto: Guglielmo Mangiapane / REUTERS<br />
GEFAHR FÜR OBDACHLOSE<br />
Warum Hitzewellen für Obdachlose lebensbedrohlich sind<br />
Obdachlose sind wie Alte. Nur viel jünger. Wer nach<br />
längerer Zeit auf der Straße 43 Jahre alt ist, ist in einem<br />
gesundheitlichen Zustand, der dem eines durchschnittlichen<br />
85-Jährigen mit Wohnung entspricht, so eine neue<br />
britische Studie. Sie haben oft kranke Herzen, schlecht<br />
heilende Wunden und Infektionen, atmen schlecht, Organe<br />
sind geschädigt. Hitzewellen können für sie wie für<br />
alte Menschen gleichermaßen tödlich sein.<br />
Jahrelang gab es mit Frühlingsanfang in den Sozial- und<br />
Ordnungsdezernaten der Städte das große Aufatmen,<br />
wenn im Winter nur bloß keiner erfroren war. Von denen<br />
auf der Straße.<br />
Winternothilfen mit Nachtcafés, Kältebussen und Suppenküchen<br />
waren initiiert worden, um das Schlimmste in<br />
eiskalten Wintern abzuwenden. Oft – nicht immer – mit<br />
Erfolg. Jetzt ist Klimawandel und mit Wucht zieht eine<br />
neue Gefahr auf: „Hitze ist genauso gefährlich wie Kälte“,<br />
sagt Berit Pohns, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe.<br />
Der bundesweite Dachverband der großen Wohnungslosenhilfe-Träger<br />
wie Caritas, Diakonie, der Paritätische und<br />
die AWO erhöht aktuell den Druck auf die Politik, neben<br />
der schon beinahe etablierten Winternothilfe die Gefahren<br />
langer warmer Sommer in den Blick zu nehmen: „Wir<br />
haben die Kommunen aufgefordert, in ihren Hitzeschutzplänen<br />
wohnungslose Menschen stärker zu berücksichtigen“,<br />
betont Pohns. „Nach wie vor vertreten wir die<br />
Auffassung, dass der Schutz vor Hitze nicht ausreichend<br />
im Fokus liegt.“<br />
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte im<br />
Sommer 2023 zwar einen ersten Hitzeschutzplan für<br />
Deutschland vorgelegt. Der befasste sich aber weitgehend<br />
mit Handlungsempfehlungen insbesondere für so genannte<br />
vulnerable Gruppen. Das sind sehr alte und sehr<br />
junge Menschen. Und das sind Obdachlose.<br />
Seine Empfehlungen: ausreichend Wasser trinken,<br />
Wohnung kühl halten, im Schatten bleiben, Anstrengung<br />
vermeiden, leichte Kost essen. Wichtig und richtig.<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Doch Wohnung und Schatten, man ahnt es schon: Obdachlose<br />
Menschen haben davon deutlich zu wenig. Oft<br />
halten sie sich in den Betonwüsten der Innenstädte auf,<br />
weil dort die Kumpels und vor allem auch viele Hilfseinrichtungen<br />
sind.<br />
Schatten suchen sie direkt in Hauseingängen und unter<br />
Kaufhausarkaden, allermeist privater Grund, der seitens<br />
der EigentümerInnen mittels Hausrecht, Absperrung oder<br />
Ordnungsdienst verteidigt wird. Und so sieht man rund<br />
um Bahnhöfe und in Innenstädten Menschen manches<br />
Mal in praller Sonne und brütender Hitze sitzen, liegen,<br />
stehen.<br />
Dabei ist der Gesundheitszustand von Menschen auf<br />
der Straße schon heute besorgniserregend: Eine Gruppe<br />
WissenschaftlerInnen um den Londoner Public-Health-Forscher<br />
Robert Aldrigde kam nach Auswertung<br />
einer Vielzahl einzelner Gesundheitsstudien aus mehr als<br />
30 Ländern zu dem Ergebnis, dass obdachlose Menschen<br />
ein fast zwölffach erhöhtes Sterberisiko gegenüber der<br />
Allgemeinbevölkerung haben.<br />
Und mahnt: „Die festgestellte extreme gesundheitliche<br />
Ungleichheit erfordert intensive sektorübergreifende<br />
politische und dienstleistungsbezogene Maßnahmen, um<br />
Ausgrenzung zu verhindern und die Gesundheitssituation<br />
bei Personen, die bereits ausgegrenzt sind, zu verbessern.“<br />
Für die Hitzehilfe fordert die BAGW als erste und wichtigste<br />
Tat kostenlose Trinkwassermöglichkeiten für Menschen<br />
auf der Straße. In jeder Stadt. „Zudem müssen kühle<br />
Räumlichkeiten zugänglich gemacht werden. Zurzeit wird<br />
das Problem noch nicht systematisch genug angegangen.<br />
Dies würden wir uns wünschen“, so Pohns und fordert:<br />
„Wenn eine wohnungs- oder obdachlose Person sich im<br />
Park, in einer U-Bahn oder öffentlichen Gebäude abkühlt<br />
oder Schatten sucht, sollten sie nicht vertrieben werden<br />
dürfen.“<br />
Volker Macke / Asphalt<br />
(Straßenmagazin aus Hannover)<br />
Anzeige<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 21
Abb.: Kerstin Rießland und Matthias Albiz vom Freiburger DRK-Hitzebus-Team<br />
KÜHLUNG’S BORN – IN FREIBURG<br />
Soll man diesen Text anfangen mit den Worten „Das Klima<br />
spielt verrückt, es wird immer heißer und heißer“<br />
oder ähnlich? Ich denke, das kann ich mir sparen. Fakt ist<br />
jedoch, dass während der diesjährigen Pilgerfahrt Hajj im<br />
saudi-arabischen Mekka offenbar über eintausend Menschen<br />
an der extremen Hitze verstorben sind. Die Temperaturen<br />
im heißesten Monat Juni erreichten am Pilgerort<br />
in diesem Jahr unglaubliche 51,8 Grad – nur rund 5 Grad<br />
weniger als die heißeste, jemals gemessene Lufttemperatur<br />
auf der Erde – im Death Valley.<br />
Dort kletterte das Thermometer im Jahr 1913 auf astronomische<br />
56,7 Grad. Der heißeste Ort Deutschlands, mit 41,2<br />
Grad im <strong>Juli</strong> 2019 der Duisburger Stadtteil Baerl, mutet<br />
dagegen an wie eine Kältekammer. Aber im Ernst, zurück<br />
nach Mekka: Gerade alte und geschwächte PilgerInnen,<br />
die zu Fuß eine Fürbitte für bessere Gesundheit abgeben<br />
wollten, ausgerechnet, litten massiv unter der irrsinnigen<br />
Sonneneinstrahlung.<br />
Wie bekommt man jetzt den Bogen zum Freiburger Hitzebus?<br />
Das Pendant zum 2021 eingeführten Freiburger Kältebus<br />
wurde am 21. Juni im Freiburger Rathaus-Innenhof<br />
vorgestellt. Ein 15-köpfiges DRK-Team soll den neuen Freiburger<br />
Hitzebus an grob geschätzt 25 besonders heißen<br />
Tagen im Jahr zu jenen Menschen rollen lassen, die Flüssigkeit,<br />
Kühlung und Schatten benötigen – vielleicht sogar,<br />
ohne es selbst zu bemerken.<br />
Foto: Arne Bicker<br />
sowie medizinische Hilfe an Bord. Auch die heiß begehrte<br />
Info, wo gelegentlich kostenloses Speiseeis ausgegeben<br />
wird, soll dem Vernehmen nach am Bus in Erfahrung zu<br />
bringen sein. Ergänzend soll in einigen Wochen – so hieß<br />
es am Rathaus – ein neuer Freiburg-Stadtplan erscheinen,<br />
auf den man dann seine schmelzenden Speiseeistropfen<br />
kleckern kann. Verzeichnet sein sollen hier alle öffentlich<br />
zugänglichen Trinkwasserspender und nennenswert<br />
schattigen Plätze im Freiburger Stadtgebiet.<br />
Eine solche Karte kann wohl jede Freiburgerin und jeder<br />
Freiburger gut gebrauchen, sollten sich die Temperaturen<br />
ähnlich entwickeln wie in den zurückliegenden beiden<br />
Sommern 2023 und 2022 – und wer zweifelt daran?<br />
Ein paar neue Postkartenmotive „Grüße aus dem südbadischen<br />
Glutofen“ oder „Death Valley Freiburg“ wären<br />
vielleicht auch nicht schlecht. Dazu gibt es hier kostenlos<br />
als Leserservice noch einen Ohrwurm und einen Anglizismus<br />
über die Geburt von Kälte: Kühlung’s born. 8.037<br />
EinwohnerInnen übrigens. Und: „An der Ostseeküste, am<br />
plattdeutschen Strand, sind die Fische im Wasser und selten<br />
an Land.“<br />
Na, klingelt’s? Finde den Fehler. Und soooo schön kühl ist<br />
es da, nordwestlich von Rostock. Tja, wer hat, der hat. Wir<br />
wünschen jedenfalls allen Menschen einen schönen, gesunden,<br />
lebenswerten und zwischendurch auch schön<br />
kühlen Sommer 2024!<br />
Dafür hat der rollende Kühlschrank kaltes Wasser, Sonnenschutzcreme,<br />
Käppis und sommerliche Kleidung<br />
Arne Bicker<br />
22<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Engagiert für<br />
wohnungslose Menschen<br />
Sonntagstreffs<br />
im <strong>Juli</strong> 2024<br />
VERKÄUFER NICO<br />
Foto: E. Peters<br />
28. <strong>Juli</strong> 2024<br />
12 Uhr<br />
Die Gemeinschaft der Schwestern<br />
und der Freundeskreis des<br />
Klosters St. Lioba<br />
laden ein zum Essen und zu Kaffee und<br />
Kuchen im Garten des Klosters<br />
St. Lioba in Günterstal.<br />
Straßenbahnlinie 2 nach Günterstal /<br />
Haltestelle Wiesenweg (rollstuhlgeeignet)<br />
/ Links die Riedbergstraße hoch bis<br />
zum Klostertor; am Klostertor rechts<br />
hoch in den Garten oder neben dem<br />
Haus Benedikt den stufenlosen Weg<br />
für Rollstuhlfahrer benutzen.<br />
Anzeige<br />
Hallo, ich heiße Nico, bin ein neuer FREIeBÜRGER-Verkäufer<br />
und freue mich, dass ich mich Ihnen hier kurz vorstellen<br />
darf. Geboren und aufgewachsen bin ich in der Stadt<br />
Rotenburg an der Fulda, einer Kleinstadt in Hessen. Dort<br />
hatte ich eine Ausbildung zum Restaurantfachmann<br />
angefangen.<br />
In Freiburg lebe ich seit fünf Jahren, die letzten zwei Jahre<br />
bin ich aber leider wohnungslos. Ich schlafe unter Brücken,<br />
in meinem Zelt oder komme bei Freunden unter.<br />
Über Freunde wurde ich auch auf die Freiburger Straßenzeitung<br />
aufmerksam und verkaufe die Straßenzeitung<br />
nun schon seit einem Monat. Aufzufinden bin ich in<br />
der Bertoldstraße an den Infokästen am Stadttheater. Ich<br />
verkaufe täglich, ab und zu auch mal sonntags, meist ab<br />
11:30 Uhr bis maximal 16:30 Uhr. Der Verkauf macht mir<br />
Spaß, ich verdiene ein paar Euro, unterstütze ein tolles<br />
Projekt und es ergeben sich des Öfteren tolle Gespräche<br />
mit meinen KundenInnen.<br />
Bevor ich mich aber verabschiede, noch kurz ein Aufruf:<br />
Ich wünsche mir langfristig „6 m² Freiraum mit Tür“, einfach<br />
einen eigenen Rückzugsort – eine Garage wäre auch<br />
super! Vielleicht hat ja jemand von Ihnen eine Idee?<br />
JULI 2024<br />
THIER<br />
DO, 4. I 20 H I INSTRUMENTAL KRAUT HOP<br />
ABYSMAL GRIEF + SUPPORT<br />
FR, 5. I 21 H I HEAVY METAL<br />
NASTY NEIGHBOURS + RUMBLE DELUXE<br />
SA, 6. I 21 H I PUNKROCK, ALTERNATIVE, CANDY PUNK<br />
SZENE PUTZN + ALKASILKA<br />
MI, 10. I 20 H I FEMINIST PÖBELPUNK, CUMBIA FOLK PUNK<br />
DERRUMBANDO DEFENSANS + FINSTER<br />
FR, 12. I 21 H I HARDCORE METAL, DEATH CRUST<br />
RIOT SPEARS + CURB<br />
MO, 15. I 20 H I POWER POP PUNK, ANGRY POP GRUNGE<br />
LAWN CHAIR<br />
SA, 20. I 20 H I INDIE ROCK, POST-PUNK<br />
SUMMER STAGE THEATER FREIBURG<br />
HOTLINE TNT + VÉTO NOIR<br />
MI, 31. I 20 H I SHOEGAZE INDIE ROCK, DARK POST POP<br />
Vielen Dank für Ihre Unterstützung und bis ganz bald…<br />
Ihr Nico<br />
VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />
HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />
WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 23
Abb.: Seebrücke Graal-Müritz<br />
ERHOLUNG AN DER OSTSEE<br />
Ich war mal wieder an der Ostsee und es war herrlich!<br />
Wer Entschleunigung und Erholung sucht, ist im Ostseeheilbad<br />
Graal-Müritz genau richtig.<br />
Bereits um 1820 kamen die ersten Badegäste nach Graal<br />
und Müritz und 1880 eröffnete das erste Hotel. Deshalb<br />
gibt es hier zahlreiche wunderschöne Gebäude aus der<br />
Gründerzeit im Bäderstil. Auch die Pension der Familie<br />
Harder, „Haus Waldesblick“, in dem ich ein Zimmer gemietet<br />
hatte, wurde 1896 im Bäderstil erbaut. Das Haus<br />
ist liebevoll saniert, die Atmosphäre angenehm, das<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis hervorragend und die Seebrücke<br />
in wenigen Gehminuten erreichbar. Im „Haus Waldesblick“<br />
begannen meine Urlaubstage mit einem ausgiebigen<br />
Frühstück im Wintergarten mit Blick auf den<br />
Waldrand.<br />
Nach dem Frühstück zog es mich meist ans Wasser. Die<br />
1993 eingeweihte Seebrücke reicht 350 Meter ins Meer<br />
und der dort herrschende frische Wind befreit die verstopften<br />
Atemwege. Die Strandpromenade führt in westlicher<br />
Richtung zum Rhododendronpark. Der Park wurde<br />
1955 angelegt und 1986 zum Naturdenkmal erklärt. Mit<br />
über 2.500 Azaleen und Rhododendren auf 4,5 Hektar Gelände<br />
gehört er zu den größten Deutschlands. Ich war im<br />
Mai genau zur richtigen Zeit in Graal-Müritz, um mich an<br />
der prachtvollen Blüte dieser beeindruckenden Gewächse<br />
erfreuen zu können. Nach einem Besuch des Rhododendronparks<br />
ist es angenehm, wieder an den Strand zu<br />
gehen. Interessant ist aber auch ein Spaziergang durch<br />
den Ortsteil Graal, um die wunderschöne Architektur<br />
rund um die Kurstraße auf sich wirken zu lassen.<br />
In östlicher Richtung geht es über die Promenade oder am<br />
Strand entlang zum Naturschutzgebiet „Ribnitzer Großes<br />
Moor“. Bis dahin haben mich meine Füße allerdings nicht<br />
getragen. Ich saß lieber auf einem Bänkchen in den Dünen,<br />
mit Blick auf Sand, Wasser und azurblauen Himmel.<br />
In welche Richtung es mich auch verschlug, meine Rundgänge<br />
am Meer entlang und durch die beiden Ortsteile<br />
endeten oft entweder bei der Bäckerei Gottschalk oder<br />
bei Zenker's kleiner Strandmeile. Die Kuchen und Torten<br />
der Bäckerei Gottschalk sind verdammt verführerisch.<br />
Zenker's kleine Strandmeile befindet sich am Seebrückenvorplatz<br />
und besteht aus Ständen, an denen Bratwurst,<br />
Crêpes und Eis verkauft und einem kleinen Café, in dem<br />
frische Waffeln und erfrischende Cocktails angeboten<br />
werden. Bei Zenker's wurde ich stets herzlich begrüßt und<br />
fand mich schnell am Stammtisch wieder, wo ich interessante<br />
Gespräche mit Einheimischen führte. Zenker's war<br />
für mich als Alleinreisende ein gastlicher Ort, den ich fast<br />
täglich besuchte.<br />
24<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Neben diesen beiden Lieblingslokalen habe ich weitere<br />
gastronomische Betriebe entdeckt, die einen Besuch<br />
wert sind, zum Beispiel das Caféstübchen Witt oder das<br />
Strandlokal „Zur Boje“. Kulinarisch wird man hier gut<br />
verwöhnt.<br />
Von Graal-Müritz aus lassen sich Ausflüge in alle Himmelsrichtungen<br />
unternehmen. Besonders beliebt ist eine<br />
Tour über die Halbinsel Fischland-Darß, was mit Fahrrad<br />
oder PKW gut machbar, mit dem ÖPNV allerdings eher<br />
zeitraubend ist. Ich hatte meinen Erlebnis- und Besichtigungsdrang<br />
schnell gezügelt und mich ganz der Ruhe am<br />
Meer hingegeben. Zwei Ausflüge habe ich trotzdem unternommen.<br />
Die Zugfahrt nach Rostock dauert nur dreißig<br />
Minuten und eine Besichtigung der Altstadt ist sehr<br />
interessant.<br />
In alten Städten verschlägt es mich wie alle anderen TouristInnen<br />
jedes Mal auch in alte Kirchen. Ich habe die Marienkirche<br />
angeschaut, mit deren Bau vor rund 750 Jahren<br />
begonnen wurde. Im ehemaligen Küsterhäuschen samt<br />
kleinem Hinterhof befindet sich das Café Marientreff, wo<br />
ich nach dem Kirchenbesuch einkehrte.<br />
Mein zweiter Ausflug führte in das berühmte Warnemünde.<br />
Rechts und links vom Alten Strom verlaufen touristische<br />
Flaniermeilen, auf denen es trotz großen Andrangs<br />
gemütlich zugeht. Und hier passierte das, wovor mich alle<br />
gewarnt hatten und was ich bis dahin für Seemannsgarn<br />
hielt. Eine Möwe hat mir mein Fischbrötchen geklaut! Das<br />
leckere Lachsbrötchen hatte ich schon fast verzehrt und<br />
hielt nur noch einen letzten Rest in der Hand, als sich von<br />
hinten im Sturzflug eine Möwe darauf stürzte und schon<br />
wieder weg war, bevor ich überhaupt begriff, was mir geschah.<br />
Immerhin ernteten die unbekannte Möwe und ich<br />
herzliches Gelächter für das Schauspiel!<br />
Abb.: Leuchtturm Warnemünde<br />
Abb.: Ausflugsschiff am Alten Strom<br />
Vom Alten Strom aus lohnt es sich, eine Hafenrundfahrt<br />
zu machen oder abseits des Trubels die Seitenstraßen mit<br />
den hübschen historischen Fischer- und Kapitänshäusern<br />
zu erkunden.<br />
Ein Urlaub an der Ostsee ist wirklich wunderschön. Wer<br />
Ruhe und Entspannung sucht, ist hier in der Nebensaison<br />
genau richtig. Im Wonnemonat Mai fand ich es angenehm.<br />
Im Sommer wird es allerdings sehr voll und der<br />
Strand gehört dann den sonnenhungrigen Familien und<br />
ihren vierbeinigen Freunden. Wer Wind und Wellen gerne<br />
etwas rauer mag, ist auch von Oktober bis April an der<br />
Ostsee richtig. Und Graal-Müritz ist nur eines von vielen<br />
schnuckeligen Ostseeheilbädern. Mal sehen, wohin es<br />
mich nächstes Jahr verschlägt…<br />
Text & Fotos: utasch<br />
Abb.: Strand Graal-Müritz<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 25
Louisa Luna<br />
„Tote ohne Namen“<br />
Suhrkamp Verlag<br />
ISBN 978-3-518-47251-4<br />
443 Seiten | 10,95 €<br />
ALICE VEGA ERMITTELT<br />
Buchtipps von utasch<br />
Louisa Luna<br />
„Abgetaucht“<br />
Suhrkamp Verlag<br />
ISBN 978-3-518-47377-1<br />
456 Seiten | 18,95 €<br />
Die Privatdetektivin Alice Vega ist Spezialistin im Auffinden<br />
verschwundener Personen. Ihre Ermittlungen erweisen<br />
sich stets als komplexe und schwer durchschaubare<br />
Verstrickungen voller überraschender Wendungen. Dabei<br />
gerät sie regelmäßig in lebensbedrohliche Situationen,<br />
in denen sie nur durch Anwendung brutaler Gewalt ihr<br />
eigenes und das Leben anderer Personen retten kann.<br />
Sie agiert furchtlos und unkonventionell und muss sich<br />
auf ihre ausgeprägte Intuition verlassen, um Freund von<br />
Feind unterscheiden zu können.<br />
In „Tote ohne Namen“ werden in San Diego zwei Mädchen<br />
mexikanischer Herkunft tot aufgefunden, die offensichtlich<br />
als Zwangsprostituierte illegal eingeschleust wurden.<br />
Im Auftrag der Polizei und der Drogenbehörde DEA sollen<br />
Vega und ihr Kollege Max Caplan den Mörder und weitere<br />
zur Prostitution gezwungene Mädchen finden.<br />
Bei ihren Recherchen stoßen sie auf ein kriminelles Netzwerk<br />
von Drogen- und Menschenhändlern, in das auch<br />
staatliche Behörden und mexikanische Kartelle verstrickt<br />
sind. Und die Kriminellen setzen alles daran, um Vega<br />
und Caplan auszuschalten. Mehr als einmal entrinnen die<br />
beiden nur knapp dem Tod. Schließlich gelingt es Vega,<br />
die Rivalitäten zwischen zwei mexikanischen Banden zu<br />
ihrem Vorteil zu nutzen und einige verschleppte Mädchen<br />
in Sicherheit zu bringen. Und es stellt sich heraus, dass<br />
die Morde an den zwei Mexikanerinnen nicht von dem<br />
für seine Brutalität berüchtigten Verdächtigen verübt<br />
wurden.<br />
„Abgetaucht“ ist vor vierzig Jahren der Footballstar Zeb<br />
Williams, nachdem er beim wichtigsten Spiel der Saison<br />
auf Nimmerwiedersehen aus dem Stadion hinausrannte.<br />
Damals verfolgte ein Detektiv Zebs Spur bis nach Ilona,<br />
einem kleinen Kaff in Oregon. Doch Zeb blieb unauffindbar.<br />
Alice Vega soll Licht in das dunkle Verschwinden<br />
bringen und gerät dabei in erhebliche Schwierigkeiten.<br />
Sheriff Fenton und sein Freund Matt Klimmer haben<br />
einige Geheimnisse, mit deren Aufdeckung sich Vega<br />
beschäftigen muss. Als hochgefährlich erweist sich außerdem<br />
eine Gruppe weißnationalistischer Extremisten, von<br />
deren Mitgliedern Vega verprügelt wird. Doch Vega findet<br />
auch Verbündete, die ihr beim Entwirren des Geflechts<br />
aus Lügen und Gewalt helfen. Vega übt unerbittliche<br />
Rache an ihren Angreifern und treibt den vermeintlichen<br />
Mörder von Zeb in den Wahnsinn. Zeb wird jedoch weder<br />
tot noch lebendig gefunden. Aber nachdem sich Vega mit<br />
dem unbefriedigenden Ermittlungsergebnis abgefunden<br />
hat, nimmt Zeb Kontakt zu ihr auf.<br />
Die Autorin Louisa Luna hat ein ausgeprägtes Gespür<br />
für eine besonders finstere und bedrohlich wirkende<br />
Atmosphäre, in der die Protagonistin permanent um ihre<br />
Sicherheit bangen muss. Diese Thriller sind nichts für<br />
schwache Nerven. Dafür gibt es definitiv zu viel Gewalt.<br />
Aber wer sich davor nicht scheut, wird mit komplexen<br />
Handlungssträngen samt knackiger Dialoge belohnt, die<br />
in rasantem Tempo für viel Spannung und gute Unterhaltung<br />
sorgen.<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Foto: E. Peters<br />
KICHERERBSEN-FETA-SALAT<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
Schwups, und plötzlich ist der Sommer da und mit ihm<br />
auch die von vielen ersehnte Grillsaison! Einer der größten<br />
Vorteile beim Grillen ist es, dass man unterschiedliche<br />
Arten an Fleisch und Wurst oder auch Fisch zubereiten<br />
kann. Damit es jedoch nicht zu fleischlastig wird, empfiehlt<br />
es sich, auch vegetarisches Grillgut wie mariniertes<br />
Gemüse z. B. in Form von leckeren Gemüsespießen oder<br />
Käse und Tofu auf den Grill zu legen. Nicht zu vergessen<br />
der Grill-Beilagenklassiker: Salate in allen Variationen. Ob<br />
Kartoffelsalat, Tomate-Mozzarella, Blattsalate oder Nudelsalat,<br />
der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wir bereiten<br />
für Sie diesen Monat einen erfrischenden, leckeren<br />
Kichererbsen-Feta-Salat zu. Ein toller Salat, nicht nur für<br />
„eingefleischte“ Vegetarier. Kleiner Tipp: Der Salat ist auch<br />
eine super leckere Füllung für Ihre Wraps.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
2 Dosen Kichererbsen (à 400 g), 100 g Feta, 1 rote Paprika,<br />
1 Salatgurke, 150 g Cocktailtomaten, 100 g rote Zwiebeln,<br />
100 g Mais (Dose), 2-3 Frühlingszwiebeln, 3 EL glatte Petersilie,<br />
11 EL Olivenöl, 3 EL Zitronensaft, 1 Knoblauchzehe,<br />
1 TL Oregano, 1 TL Senf, 1 TL Honig, je 1 TL Salz, Kreuzkümmel<br />
(gemahlen) und Paprikapulver, ½ TL geräuchertes<br />
Paprikapulver<br />
Zubereitung:<br />
Die Kichererbsen in einem Sieb abspülen und gut abtropfen<br />
lassen. Auf ein Blech mit Backpapier verteilen und bei<br />
180 Grad 30 Minuten backen. Für das Würzöl drei EL Olivenöl,<br />
je 1 TL Salz, Kreuzkümmel gemahlen, Paprikapulver<br />
und ½ TL geräuchertes Paprikapulver gut in einer kleinen<br />
Schüssel mit einem Schneebesen verquirlen. Dann das<br />
Würzöl gleichmäßig über die Kichererbsen verteilen und<br />
diese weitere 10-15 Minuten weiterbacken, bis sie goldbraun<br />
sind. Aus dem Backofen herausnehmen und etwas<br />
abkühlen lassen.<br />
Jetzt die Paprika, die Gurke, die rote Zwiebel und die Frühlingszwiebeln<br />
klein schneiden. Die Cocktailtomaten vierteln,<br />
den Feta-Käse in kleine Würfel schneiden und die Petersilie<br />
fein hacken. Alles mit den Kichererbsen und dem<br />
Mais in einer Schüssel vermischen. Zum Schluss das Dressing<br />
aus 8 EL Olivenöl, 3 EL Zitronensaft, 1 feingehackter<br />
Knoblauchzehe, 1 TL getrocknetem Oregano und je 1 TL<br />
Senf & Honig zubereiten, über den Salat geben und gut<br />
vermischen. Mit mediterranen Brotchips oder einem leckeren<br />
klassischen Ciabattabrot oder Baguette servieren.<br />
Guten Appetit!<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 27
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
endlich ist es soweit! Die lange ersehnte Europameisterschaft<br />
in Deutschland läuft und das deutsche Team hat eigentlich<br />
ganz gut in das Turnier hereingefunden. Die verschiedenen<br />
Austragungsorte übertreffen sich gegenseitig<br />
in puncto Gastfreundschaft und auf jeder Fanmeile im<br />
Land herrscht großartige Stimmung. Ich für meinen Teil<br />
bleibe lieber daheim und Geschenke will ich auch nicht<br />
verteilen: Der EM-Pokal sollte doch besser hierbleiben!<br />
Die Gruppenspiele sind fast herum, die deutsche Mannschaft<br />
hat sich als erstes Team für das Achtelfinale qualifiziert<br />
und kann sich nun erst einmal zurücklehnen und<br />
abwarten, wer denn nun als nächster Gegner kommt<br />
(Anm. d. Red.: Dänemark). Die ersten beiden Spiele gegen<br />
Schottland und Ungarn hat unsere Mannschaft ganz souverän<br />
gewonnen und war danach schon eine Runde weiter.<br />
Das letzte Spiel gegen die Schweizer war dann schon<br />
etwas knifflig; man geriet früh in Rückstand und lief dem<br />
dann das gesamte Spiel hinterher. Das ist nie schön und<br />
kostet Kraft und jede Menge Nerven. Und je länger man<br />
zurückliegt, umso größer werden dann die Zweifel am<br />
eigenen Leistungsvermögen. Deswegen ist es auch hoch<br />
einzuordnen, dass unser Team sich nicht aufgegeben hat,<br />
bis zum Schluss weitergekämpft hat und am Ende ja auch<br />
noch den Ausgleich geschossen hat. Wie der neue Meister<br />
aus Leverkusen es das ganze Jahr vorgemacht hat: in<br />
der Nachspielzeit. Das hätten sie ja auch bleiben lassen<br />
können, wie gesagt waren sie ja schon vor dem Match<br />
im Achtelfinale. Und dank dieses Tores von Füllkrug geht<br />
man als Gruppensieger in die nächste Runde und geht<br />
im Achtelfinale Italien als Gegner aus dem Weg. Das kann<br />
sicher auch nicht falsch sein!<br />
Natürlich gab es nach dem 1:1 gegen die Schweiz gleich<br />
wieder jede Menge Leute, die gemeckert haben. Nach<br />
dem Motto: Das hab ich doch gleich gesagt, die Truppe<br />
taugt nix oder der Trainer ist viel zu jung. Doch dann<br />
denkt mal dran, wo die Mannschaft vor acht Monaten<br />
stand! Da haben die Jungs in zwei blamablen Vorstellungen<br />
gegen die Türkei und dann auch noch gegen Österreich<br />
verloren. Okay, dass Nagelsmann als Nationaltrainer<br />
zu jung ist, habe ich damals auch gesagt. Aber da habe<br />
ich mich wohl geirrt. Denn wie der die Mannschaft in<br />
den paar Monaten wieder aufgerichtet hat und dann<br />
zu einem Team geformt hat, das ernsthaft um den Titel<br />
mitspielen kann, das ist schon eine Leistung. Inzwischen<br />
glaube ich, dieser Nagelsmann könnte eine Langzeitlösung<br />
für das DFB-Team sein! Außerdem war das Schweizspiel<br />
gar nicht so schlecht, die Jungs hatten halt jede<br />
Menge Pech an dem Tag. Und wenn man sich an den<br />
letzten großen Fußball-Erfolg von Deutschland im Herrenfußball<br />
erinnert, da lief auch nicht alles glatt. Damals in<br />
Brasilien hat sich Deutschland in der Vorrunde auch nur<br />
ziemlich glücklich zu einem 2:2 gegen Ghana gestolpert.<br />
Und im Achtelfinale brauchten sie sogar die Verlängerung,<br />
um Algerien zu schlagen. Wie man weiß, stand am<br />
Ende der Weltmeistertitel für das deutsche Team! Also<br />
nicht gleich meckern, so ein Turnier ist lang, da kann man<br />
nicht jedes Spiel mit Vollgas bestreiten, man muss sich<br />
seine Kräfte schon irgendwie einteilen. Ha, das hätte glatt<br />
von Herberger sein können…<br />
Der einzige Wermutstropfen, den ich gefunden habe, war<br />
die Nachricht von der Prämie, die das Team bekommt. Na<br />
klar, es ist Usus, dass eine Mannschaft für solch einen Titel<br />
eine Prämie kassiert und daran hat man sich ja inzwischen<br />
auch gewöhnt. Obwohl Karl-Heinz Rummenigge<br />
einmal sagte, es ist eine Ehre, für sein Land zu spielen…<br />
Doch der gesamte deutsche Kader hat jetzt 50.000 Euro<br />
dafür bekommen, dass sie die Gruppenphase als Gruppenerster<br />
abgeschlossen haben. Was ist das denn für<br />
ein Blödsinn? Wir hatten wie schon erwähnt eine relativ<br />
leichte Gruppe erwischt und als vierfacher Welt- und dreifacher<br />
Europameister muss man in einer solchen Gruppe<br />
nicht nur weiterkommen, sondern das auch als Gruppensieger!<br />
Diesen Anspruch müssen Mannschaft, Trainer und<br />
sonstige Verantwortliche einfach haben, ohne Prämie.<br />
Da würde mich doch mal interessieren, ob die deutschen<br />
Kicker nach den letzten beiden Weltmeisterschaften, als<br />
sie in der Vorrunde rausflogen, statt einer Prämie eine<br />
Strafe zahlen mussten… Das wäre dann wenigstens gerecht<br />
und konsequent!<br />
Die deutsche Mannschaft ist nicht die einzige, für die<br />
die Vorrunde etwas holprig verläuft. Nur Spanien und<br />
Portugal standen nach dem zweiten Spieltag neben dem<br />
Gastgeber als Achtelfinalisten fest. Ich muss aber auch<br />
sagen, dass die beiden Mannschaften mich am meisten<br />
überzeugt haben. Alle anderen, die vor der EM als Favoriten<br />
genannt wurden, haben ziemliche Startschwierigkeiten<br />
gehabt. Titelverteidiger Italien hat sich erst in der<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
Abb.: Das Maskottchen der UEFA EURO 2024 in Deutschland trägt den Namen Albärt und ist ein Teddybär.<br />
Foto: Leonhard Simon / REUTERS<br />
Nachspielzeit des dritten Gruppenspiels für die nächste<br />
Runde qualifiziert und der Halbfinalist der letzten beiden<br />
Weltmeisterschaften, Kroatien, ist schon raus aus<br />
dem Turnier. In allen anderen Gruppen wird noch gespielt,<br />
aber wie gesagt, außer Portugal brauchen alle<br />
noch Punkte und müssen zittern, ob sie weiter mitspielen<br />
dürfen. Diese letzten Gruppenspiele und dann vor allem<br />
die K.o.-Spiele versprechen auf jeden Fall interessant zu<br />
werden. Eins ist klar, die vorher genannten Turnierfavoriten<br />
werden sich noch steigern müssen, wenn sie den Titel<br />
gewinnen wollen.<br />
Aber ein paar Sachen bei und um die Europameisterschaft<br />
sind mir doch jetzt schon aufgefallen. Als erstes<br />
natürlich die Einteilung der Gruppen. Ich frage mich<br />
immer noch, wie das gemacht wurde. Der Gastgeber hat<br />
wie gesagt eine relativ leichte Gruppe erwischt, während<br />
Italien und Spanien in der einen oder Niederlande und<br />
Frankreich in der anderen Vorrundengruppe aufeinandertreffen.<br />
Da kann es dann passieren, dass der eine<br />
oder andere Favorit schon früh nach Hause fahren muss.<br />
Auf der anderen Seite spielen dann Belgien, Rumänien,<br />
die Ukraine oder die Slowakei in einer Gruppe und von<br />
denen ziehen dann auch zwei Teams ins Achtelfinale ein.<br />
Irgendwie unglücklich gemacht! Überhaupt finde ich den<br />
Modus seltsam. Da ja auch die vier besten Gruppendritten<br />
weiterkommen, scheiden in der Vorrunde nur acht<br />
von 24 Mannschaften aus. Da die Gruppenphase ungefähr<br />
zwei Wochen dauert, ist das schon viel Aufwand.<br />
Und dann gibt es ja noch die Technik, die immer mehr<br />
zum Einsatz kommt. Der Schiedsrichter ist wahrscheinlich<br />
bald ganz überflüssig, denn das Männchen im Videokeller<br />
entscheidet immer mehr allein. Ursprünglich war der mal<br />
erfunden worden, um anzuzeigen, ob der Ball im Tor ist<br />
oder nicht und um strittige Abseitssituationen zu klären.<br />
Doch jetzt kann ein Schiri auf dem Platz entscheiden,<br />
was er will; die Kamera hat das letzte Wort. Elfmeter oder<br />
nicht, Foul oder Handspiel, alles entscheidet der Kellermann!<br />
Das kostet Zeit und Nerven; die Spieler trauen sich<br />
ja schon gar nicht mehr, über ein Tor zu jubeln, weil sie<br />
nicht wissen, ob es zählt. Ich habe jedenfalls aufgehört zu<br />
zählen, wie viele Tore bei der EM schon zurückgenommen<br />
wurden. Das nimmt einem den Spaß am Fußball, wenn<br />
man nicht mehr über den Schiedsrichter meckern kann…!<br />
So, das war es mal wieder für heute...<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIELRÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Geschätzte Weltenbummler,<br />
es ist das größte und faszinierendste Rätsel der Geschichte, das bislang noch niemand<br />
wirklich erklären konnte. Ein Phänomen, das uns unser Leben lang begleitet und über das<br />
wir eher selten nachdenken, weil es der alltäglichen Normalität entspricht. Und obwohl es<br />
existiert, gibt es keine eindeutigen Antworten auf das Woher und Warum für die Existenz<br />
des gesamten Lebens und des Universums, doch ohne es wären wir ja gar nicht hier!<br />
Das Thema: Astronomie. Viel Erfolg und Spaß beim Erraten!<br />
1. Geteerter Weg mit Kuhprodukt<br />
2. Universums-Herrschaft<br />
3. Ausgeprägte gewichtige Stärke<br />
4. Großes Zimmerboot<br />
5. Ganz altes Schussgeräusch<br />
6. Erdenzimmer<br />
7. Kosmische Zeiteinheit<br />
8. Oberhalb-Weltraum<br />
9. Veraltete Währung für Himmelskörper<br />
10. Sternen-Banknote<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
UND:<br />
Im Dezember 2024 wird von ALLEN korrekten<br />
Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />
der eine besondere Überraschung erhält!<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 30. <strong>Juli</strong> 2024<br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: LEBENSRAUM<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. SPIELRAUM 2. TISCHDECKE<br />
3. STUBENHOCKER 4. TUERANGEL 5. ELTERNHAUS<br />
6. DACHSTUHL 7. RAUMTEILER<br />
8. SCHLAFZIMMER 9. AUFZUG 10. KOMMODE<br />
Gewonnen haben (aus 55 korrekten Einsendungen):<br />
D. Pflug, Freiburg<br />
K. Wehrle, Stegen<br />
G. Saar, Lahr<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER. In unserer<br />
Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen, welche in<br />
den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder gar nicht<br />
auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch die<br />
Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus einer<br />
Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme und<br />
kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und Ansichten.<br />
Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen Presselandschaft<br />
bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />
Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: AdobeStock / Vector Archive<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, Karsten, Oliver, Recht<br />
auf Stadt, Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />
Website: www.frei-e-buerger.de<br />
Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />
Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
der Straßenzeitungen<br />
Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen)<br />
sowie die Veröffentlichung im Internet sind nur nach<br />
Rücksprache und mit der Genehmigung der Redaktion<br />
erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
01.08.2024<br />
1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />
Öffentliche Redaktionssitzung<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2024 31
Anzeige<br />
Bezahlkarten grenzen aus<br />
Die Bezahlkarte entmündigt zahlreiche<br />
Menschen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz<br />
fallen. Darunter auch sehr<br />
viele Menschen, die schon sehr lange Jahre<br />
in Deutschland sind. Die Ministerpräsident-<br />
Innen haben sich kürzlich darauf geeinigt,<br />
dass den Betroffenen bundesweit lediglich<br />
50 € Bargeld im Monat zustehen soll.<br />
Gerade der Einkauf in kleineren Läden,<br />
Kiosken, auf Märkten, die keine Visa-<br />
Karten akzeptieren, oder auch Online-<br />
Einkäufe, die oft günstiger sind, wären<br />
voraussichtlich unmöglich. Es ist<br />
verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob so das<br />
Existenzminimum, das nicht unterschritten<br />
werden darf, tatsächlich gewährleistet wird.<br />
Die auch unter Datenschutz-Gesichtspunkten<br />
äußerst fragwürdige Bezahlkarte ist nichts<br />
anderes als rassistischer Populismus. Geld<br />
eingespart wird auch nicht. Wir werden<br />
darüber berichten, wie die Bezahlkarte in<br />
Freiburg umgesetzt wird, ob sich Oberbürgermeister<br />
und Gemeinderat für etwas<br />
humanere Lösungen einsetzen oder es auch<br />
hier möglichst menschenverachtend wird.<br />
Man könnte theoretisch bestimmen, in<br />
welchen Geschäften eingekauft werden darf<br />
oder ein sogenanntes Geofencing machen:<br />
einen geografischen Zaun für den<br />
Geltungsbereich festlegen. Wir werden<br />
natürlich auch darauf eingehen, ob es im<br />
Fall der Umsetzung solidarische Antworten<br />
wie gemeinsames Einkaufen gibt, damit die<br />
Betroffenen über diesen Umweg doch etwas<br />
mehr Bargeld zur „freien“ Verfügung<br />
bekommen.<br />
rdl.de/tag/bezahlkarte<br />
Amtsgericht Freiburg Foto: Joergens.mi CC BY-SA 3.0<br />
Klassenjustiz<br />
lung am Amtsgericht Freiburg wurde der<br />
junge Mann gefesselt in den Saal geführt.<br />
Wegen „Fluchtgefahr“ saß er zuvor drei Tage<br />
im Gefängnis. Er wurde zu 90 Tagessätzen à<br />
10 € verurteilt. Drei Tage Knast und 900 €<br />
für zwei elektrische Zahnbürsten...<br />
RDL-Redakteur Thomas berichtet regelmäßig<br />
aus den verschiedenen Gerichtssälen, insbesondere<br />
auch von Fällen wie diesen, die<br />
symptomatisch für die Klassenjustiz sind. Oft<br />
ist er dabei der einzige Zuhörer im Gerichtssaal.<br />
Wir machen die Ungleichheit vor Gericht<br />
öffentlich:<br />
rdl.de/thema/menschenrechte-repression<br />
Jeden 1. Mittwoch des<br />
Monats: 12-13 Uhr<br />
Kürzlich haben wir bei Radio Dreyeckland<br />
darüber berichtet, dass zwei in einem<br />
Drogeriemarkt geklaute elektrische Zahnbürsten<br />
einen Geflüchteten in den Knast<br />
gebracht haben. Vor Beginn der Verhandim<br />
Mittagsmagazin<br />
'Punkt 12'<br />
Hört, Macht, Unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live - 0761/31028