G+L 12/2024
Parkikonen
Parkikonen
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EDITORIAL
In der letzten Ausgabe des Jahres 2024 blicken wir auf internationale
Ikonen der Parkgestaltung – jene grünen Lungen, die unsere
Städte atmen lassen. Von Berlins Park am Gleisdreieck bis zum
futuristischen Cloud 11 in Bangkok spannen wir einen Bogen
durch Raum und Zeit, der die Evolution urbaner Freiräume nachzeichnet.
Diese 32 Parkikonen sind mehr als nur grüne Oasen; sie
sind Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen, architektonischer
Visionen und ökologischer Notwendigkeiten.
Auch wenn auf dem Cover nur 24 Türchen
zu sehen sind: In diesem Heft stellen wir
32 ikonische Parkanlagen weltweit vor.
Auf Seite 12 können Sie im Quiz testen,
wie viele Sie davon anhand der Bilder
benennen können.
Während wir diese Meisterwerke feiern, müssen wir uns fragen:
Sind unsere heutigen Parkkonzepte zukunftsfähig genug? In einer
Welt, die sich so rasant wandelt, stehen wir vor der Herausforderung,
urbane Freiräume zu gestalten, die nicht nur ästhetisch
ansprechend, sondern auch klimaresilient und sozial inklusiv
wirken. Umso mehr freue ich mich, dass Vertreter*innen von SLA,
mahl gebhard konzepte sowie Krebs und Herde sich für dieses
Heft die Zeit genommen haben, die Frage nach der Zukunftsfähigkeit
zu diskutieren.
Illustration: Laura Celine Heinemann; Coverfotos: Ignacio Brosa auf Unsplash, Sergio Sala auf Unsplash, Botanic Gardens of Sydney
Mit Blick auf 2025 zeichnet sich ein turbulentes Jahr ab. Während
ich dieses Editorial schreibe, erreicht mich die Push-Nachricht,
dass Donald Trump wieder ins Weiße Haus einzieht. Bei uns in
Deutschland steht die vorgezogene Bundestagswahl vor der Tür.
In Zeiten geopolitischer Spannungen und klimatischer Extreme
müssen wir Planer*innen mehr Verantwortung denn je übernehmen
– und sind uns dessen weiterhin viel zu wenig bewusst. Aber
gerade unsere öffentlichen Freiräume müssen – jedem Krieg,
jedem Konflikt zum Trotz – Refugien der Demokratie, Orte des
Austauschs und der Resilienz bleiben dürfen. Zugleich sollte jede
Planung, ob im Hochbau oder im Freiraum, ein Manifest einer
lebenswerten Zukunft sein. Puh. Das sind ganz schön hochgesteckte
Ziele.
Gesetzliche Grundlagen wie das Klimaanpassungsgesetz, der
Umgang mit nachhaltigen Materialien, aber auch die Stärkung
des Gebäudetyps E zeigen, dass nachhaltiges Bauen und
Gestalten mehr und mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommen.
Aber reichen die bisherigen Bemühungen aus? Resignierend
beobachte ich, dass vieles um uns herum schwächelt. Politik.
Wirtschaft. Gesellschaftlicher Zusammenhalt. Freundlichkeit.
Klimabewusstsein. Und. Und. Und.
Welches Handeln ist 2025 angemessen? Ein radikales? Ein
besonnenes? Noch habe ich für mich keine Antwort hierauf
gefunden. Umso wichtiger ist es da vielleicht, nun in hoffentlich
besinnliche Feiertage zu starten. Um die Zeit zum Ruhen zu
nutzen, aber auch Raum für unbequeme Fragen zu schaffen.
Mögen wir 2025 dann mit Entwürfen und Projekten
überraschen, die Grenzen sprengen, neue Maßstäbe
setzen, Freiräume schaffen, die nicht nur
Ikonen sind, sondern Katalysatoren einer friedlichen
Zukunft.
Ich freue mich auf 2025 mit Ihnen.
THERESA RAMISCH
CHEFREDAKTION
t.ramisch@georg-media.de
G+L 3
INHALT
AKTUELLES
06 SNAPSHOTS
09 MOMENTAUFNAHME
Windradinsel
10 SPEZIAL
Rezension: Partituren für offene Räume
PARKIKONEN
12 IKONENQUIZ
Welche Parks können Sie benennen?
14 VON PEKING NACH MÜNCHEN
Mit Stopps unter Kirschblüten in Japan, auf der Spitze des Arthur's Seat mit Blick
über die schottische Hauptstadt sowie in Schlossgärten in Wien und Berlin
24 OFFENHEIT IST WICHTIGER DENN JE
Ein Kommentar von Johannes Kruck, mahl gebhard konzepte
26 VON SYDNEY NACH OSLO
Zwischenhalte im größten Park Amsterdams, in Vancouvers grüner Oase an der
Westküste Kanadas und bei Lämmern und Kälbern im neuseeländischen Auckland
34 DER STADTPARK DER ZUKUNFT IST KEIN PARK
Ein Kommentar von Franziska Meisel, SLA
36 VON BARCELONA NACH BERLIN
Kurze Unterbrechung auf dem Olympiaberg in München, vorm verspiegelten
„Cloud Gate“ in Chicago und am East River mit Blick auf Manhattans Skyline
44 BITTE KEINE FORMELN UND REZEPTE!
Ein Kommentar von Matthias Krebs, Krebs und Herde La.Arch.
46 VON SINGAPUR NACH POMPEJI
Mit Stationen auf Chicagos schwimmendem Park, in Bangkoks von Inseln und
Stegen durchzogener grünen Oase sowie im Hafen Kopenhagens
PRODUKTE
Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft
für Gartenkunst und
Landschaftskultur e.V.
(DGGL)
Pariser Platz 6
Allianz Forum
10117 Berlin-Mitte
www.dggl.org
54 LÖSUNGEN
Stadtmobiliar
60 REFERENZ
Zuko
RUBRIKEN
62 Impressum
62 Lieferquellen
64 DGGL
66 Sichtachse
66 Vorschau
G+L 5
SPEZIAL
PARTITUREN FÜR
OFFENE RÄUME
Mit „Partituren für offene Räume“ erscheint eine Monografie zum Werk
des Wiener Landschaftsarchitekturbüros von Maria Auböck und János
Kárász. Die Publikation ist dabei mehr als eine bloße Aneinanderreihung
von Pro jektvorstellungen: Sie gibt Einblicke in die persönliche Herangehensweise
von Auböck und Kárász, vermittelt die Vielschichtigkeit von deren
Werk und wartet mit detailliertem Wissen zu historischen Gartenanlagen
auf. Anne Isopp hat für uns einen Blick ins Buch geworfen.
ANNE ISOPP
AUTORIN
Anne Isopp ist freie
Architekturjournalistin und
Podcasterin. Sie war von
2009 bis 2020 Chefredakteurin
der Zeitschrift
„Zuschnitt“. In ihrem Podcast
„Morgenbau“ spricht sie mit
Menschen aus der
Baubranche über
nachhaltiges Bauen.
WORUM ES GEHT:
„Partituren für offene Räume“ ist eine Monografie der Wiener Landschafts architekt*innen
Auböck + Kárász Landscape Architects. Seit 1987 arbeiten Maria Auböck
und János Kárász zusammen. Sie haben zahlreiche Projekte im In- und Ausland
realisiert. Ihr Spektrum reicht von architekturbezogenen Freiräumen über Parks und
denkmalgeschützte Gärten bis hin zu Platzgestaltungen und Privatgärten. Grundlage
ihrer Gestaltungen sind ihr fundiertes Wissen über Gartenkunst und Stadtgeschichte
sowie ihr Verständnis für die Anforderungen an Freiräume im Hier und Jetzt. Ihren
Entwürfen liegt eine Art „poetische Offenheit“ zugrunde, die weit über das Erfüllen
funktionaler Anforderungen hinausgeht, sowie der soziale Anspruch, „Freiräume für
alle“ zu schaffen. Das Buch dokumentiert eine Auswahl ihrer wichtigsten Arbeiten
und führt ein in die Denk- und Arbeitsweise des Büros.
WAS DIE AUTORINNEN AUSZEICHNET:
Der Verein Diachron hat es sich zur Aufgabe gemacht, architektonische und architekturtheoretische
Werke aus Österreich nach 1945 zu erforschen, zu dokumentieren und
herauszugeben. Seine Gründerinnen Eva Guttmann, Gabriele Kaiser und Claudia
Mazanek haben die beiden Protagonist*innen Auböck und Kárász ermutigt, in diesem
Buch die Hintergründe ihrer Planungen und Entwürfe festzuhalten. So ist ein vielschichtiges
Buch entstanden, das schon jetzt als Klassiker bezeichnet werden kann.
DAS IST EINE WICHTIGE AUSSAGE:
„In unseren Projekten zur Landschaft, zum öffentlichen Raum und zum Garten geht es
um die Veränderung zu etwas Neuem als Prozess. Erst durch längeren Gebrauch kann
Erlebnistiefe entstehen.“ (Seite 16, Kapitel ‚Aspekte der Landschaftsarchitektur‘,
Stichwort ‚Zeiträume‘)
DAS IST EINE AUSSAGE, DIE ZUM NACHDENKEN ANREGT:
„Damals erkannten wir, wie wichtig Partituren für offene Räume sind, wie sehr das
10 G+L
SPEZIAL
REZENSION: PARTITUREN FÜR OFFENE RÄUME
Verständnis dafür vom Zeitgeschmack abhängig ist.“ (Seite 5)
Maria Auböck erforschte nach ihrem Studium die Gärten des Manierismus in Rom
und Latium. János Kárász erarbeitete soziokulturelle Studien zu Stadtrandfragen und
Themen der Jugendforschung. Auf diesem Wissen basiert ihr Bestreben, weniger in
Funktionen und Nutzungen zu denken als in Räumen, die unterschiedlich bespielt
werden können. Ihr Selbstverständnis ist es, Partituren zu entwerfen, die unterschiedlich
bespielt werden können.
DER KLAPPENTEXT WIRD ERFÜLLT, WEIL…
… schon beim ersten Durchblättern die Vielschichtigkeit ihres Werkes ins Auge fällt.
Den unterschiedlichen Dimensionen und Ansprüche an die Freiräume begegnen Maria
Auböck und János Kárász mit einer Offenheit und Neugierde, sie sich in ihren Gestaltungen
auf ganz unterschiedliche Art und Weise widerspiegeln. Damit geben die
Arbeiten von Auböck + Kárász Landscape Architects Antworten auf drängende Fragen
unserer Gegenwart, ohne dabei auf quantifizierbare Lösungen zurückzugreifen.
MIT DIESEM WISSEN AUS DEM BUCH KANN MAN ANGEBEN:
Interessant ist der Text über die Rekonstruktion der historischen Gartenanlage beim
Schloss Belvedere. Konkret geht es um die vier Broderien am leicht abschüssigen Hang
zwischen dem Oberen und dem Unteren Belvedere. Diese Broderien sind persischen
Teppichmotiven nachempfunden, ihre Pflege war aber schon zur Zeit Maria Theresias
als zu aufwendig erachtet worden. In der berühmten Darstellung Canalettos tauchen sie
nur noch in reduzierter Version auf. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des österreichischen
Staatsvertrags wurden Auböck + Kárász Landscape Architects mit einer
Rückführung der Gartenanlage in den Originalzustand beauftragt. Im Buch heißt es:
„Nach 18 Jahren erweisen sich der personelle und finanzielle Pflegeaufwand für die
Republik Österreich als zu hoch, um den ‚neuen Originalzustand‘ aufrechtzuerhalten.
Gehen wir zurück zu Canalettos Bild?“
MEHR KLASSIKER ALS TREND, WEIL…
… das landschaftsarchitektonische Werk von Auböck + Kárász Landscape Architects mit
zu den wichtigsten der modernen österreichischen Landschaftsarchitektur zählt. Das
Schöne an dem Buch ist, dass es Einblicke bietet in die persönlichen Sicht- und Arbeitsweisen
von Maria Auböck und János Kárász. Texte zu ihrer persönlichen Herangehensweise
sind verwebt mit ihrem fundierten Wissen über historische Gartenkunst und
Stadtgeschichte und ihrer präzisen Analyse der einzelnen Orte. Man kann ihnen quasi
zusehen, wie sie beobachten, analysieren und Lösungen finden.
KURZER SATZ ZU
Haptik: Das Buch hat ein handliches Format (16 x 24 Zentimeter) und durch die Schweizer
Klappenbroschur ein perfektes Aufschlagverhalten.
Desing: Gestaltet wurde das Buch von Clemens Theobert Schedler und seinem Büro für
konkrete Gestaltung in Wien.
Lesefluss: Die Projekte sind in zehn Kapiteln zusammengefasst – von städtischen
Freiräumen über große Parkanlagen bis hin zu privaten Gärten. Daraus ergibt sich ein
kurzweiliger, sehr vielschichtiger Zugang zu den Arbeiten von Auböck + Kárász
Landscape Architects.
Bildsprache: Die Projekte sind meist mit einem kurzen Text und einer ausführlicheren
Bildstrecke sowie Plänen dokumentiert. Projektdokumentationen wechseln sich mit
kürzeren Sequenzen ab, wodurch sich ein sehr schöner Rhythmus ergibt.
Information: „Partituren für offene Räume“ ist ein Buch, das jeder, der sich für Landschaftsarchitektur
interessiert, im Bücherregal haben sollte.
Partituren für
offene Räume
Auböck + Kárász
Landscape Architects
Herausgegeben von
Eva Guttmann,
Gabriele Kaiser,
Claudia Mazanek
Park Books, 2024
192 Seiten
ISBN 978-3-03860-390-0
38 Euro
Cover: Park Books
WAS SONST NOCH WICHTIG WÄRE:
Schon mit dem Titelbild entzieht sich das Buch der heutigen, allgegenwärtigen Gleichsetzung
von Freiraum mit Grünraum. Mit der Wahl dieses Bildes unterstreichen Maria
Auböck und János Kárász ihr Verständnis von Landschaftsarchitektur. Ihre Gestaltungen
sind mehr als ein kühlendes Grün, es sind soziale und multifunktionale Räume, die sich
in die Stadtstruktur einschreiben. Die Fragen des Klimawandels werden dabei nicht
partiell, sondern ganzheitlicher betrachtet.
G+L 11
IKONEN-
QUIZ
S. 14
S. 15
Vom klassischen englischen Landschaftsgarten
über Großprojekte aus den 2000er-Jahren bis
hin zum Schwammstadt-Park – die Auswahl
der in dieser Ausgabe zusammengestellten
Parkikonen ist mannigfaltig. Diese grünen
Oasen vermögen nicht nur die Städte zu prägen,
in denen sie zu finden sind. Oftmals
haben sich auch schon Fotos der Parks ins
kollektive Bildgedächtnis eingebrannt. Bevor
wir Ihnen auf den kommenden Seiten die
Parkikonen vorstellen, laden wir Sie auf ein
Quiz ein. Können Sie alle hier abgebildeten
Parks benennen?
S. 16
S. 17
S. 18 S. 19 S. 20 S. 21
S. 22
S. 26 S. 27 S. 28 S. 29
S. 30
12 G+L
PARKIKONEN
IKONENQUIZ
S. 31 S. 32 S. 33
S. 36 S. 37 S. 38
S.40
S. 39 S. 41 S. 42 S. 43
S. 46
S. 47 S. 50 S. 51
Fotos: siehe Projektvorstellungen
S. 48
S. 49
S. 52
Die Auflösungen
finden Sie auf
den nachfolgenden
Seiten.
G+L 13
BEIHAI-PARK, PEKING, UM 1179
Die Eröffungszeremonie des „Blooming in
Beijing – 2024 Beijing Chrysanthemum
Culture Festival“ fand dieses Jahr im Beihai-
Park in Peking, China, statt. Über 1 000
Chrysanthemenarten in verschiedenen
Farben und Formen wurden dort präsentiert,
darunter über 150 neue, in Peking
gezüchtete Sorten. Moderne trifft sozusagen
auf Tradition. Denn der Behai-Park
gehört zu den ältesten und bekanntesten
kaiserlichen Gärten Chinas.
Insgesamt erstreckt sich der Park über etwa
70 Hektar, und seine Geschichte reicht
über 1 000 Jahre zurück und spiegelt die
Entwicklungen gleich mehrerer Dynastien
wider. So wurden die Fundamente des
späteren Parks ursprünglich während der
Jin-Dynastie um 1179 n. Chr. angelegt.
Damals ließ der Kaiser den Taiye-See
ausheben und auf der Jadeblumeninsel
im See den Palast des Großen Friedens
errichten. Über die folgenden Jahrhunderte
wirkten weitere Dynastien kontinuierlich
am Park weiter. Unter der Ming-Dynastie
wurde der Taiye-See in drei Teile unterteilt:
den nördlichen (Beihai), zentralen (Zhonghai)
und südlichen (Nanhai) See. Sie
bildeten einen Teil des kaiserlichen Gartens
innerhalb der Verbotenen Stadt und
blieben so den Herrschern vorbehalten.
Während Zhonghai und Nanhai heute als
Regierungssitz dienen und streng abgeriegelt
sind, ist der Park um den Beihai-See
seit 1925 öffentlich zugänglich.
Die Gestaltung orientiert sich an der Landschaft
und Architektur aus verschiedenen
Regionen Chinas. So erinnern einige
Bereiche an das Jangtse-Delta, andere
Elemente an die Pavillons und Kanäle von
Hangzhou und Yangzhou, die filigranen
Gärten von Suzhou sowie die Naturkulisse
rund um den Taihu-See mit seinen
berühmten porösen Steinen. Einer der
bekanntesten Bestandteile des Parks ist
der Bai Ta, eine weiße Pagode, die auf
der Insel Qionghua im Zentrum des Parks
steht. Diese Pagode wurde 1651 während
der Qing-Dynastie zu Ehren eines
Besuchs des 5. Dalai Lama errichtet. Die
Insel ist bis heute das Herzstück des Parks
und durch Brücken mit anderen Teilen des
Gartens verbunden.
Die Kombination aus Wasserflächen,
Gebäuden und Gärten macht den
Beihai-Park zu einem klassischen Beispiel
der chinesischen Gartenkunst. Neben
seinem bedeutenden kulturellen Erbe,
das zahl reiche Tourist*innen anzieht,
gilt der Beihai-Park der Bevölkerung vor
allem als beliebter öffentlicher Park.
Und wo vor 1000 Jahren Kaiser durch
den Garten spazierten,
nutzen
Der Beihai-Park in
Besucher*innen
Peking ist einer der
den Park heute im ältesten kaiserlichen
Alltag für Spaziergänge,
Tai-Chi-
Zentrum ist auf der
Gärten Chinas. Im
Übungen oder
Insel Qionghua die
Picknicke mit der
weiße Pagode Bai Ta
ganzen Familie.
zu finden, einer der
JULIA TREICHEL
bekanntesten Bestand-
teile des Parks.
Foto: Jéan Béller auf Unsplash
14 G+L
PARKIKONEN
PARKS
FUNAOKA-PARK, SHIBATA, 13. JAHRHUNDERT
Foto: © Miyagi Tourism Federation
Rund 38 000 Menschen leben in der
japanischen Kleinstadt Shibata in der
Präfektur Miyagi. Doch alljährlich pilgern
200 000 Tourist*innen in die Region. Sie
kommen wegen Shibata Sakura Matsuri,
dem Kirschblütenfestival, das jedes Jahr
im April im Funaoka Castle Ruins Park
stattfindet. Die zahlreichen Kirschbäume,
die sich auf 23 Hektar entlang der acht
Kilometer langen Ufer des Shiroishi-Flusses
aufreihen, sind landesweit und ebenso
über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Der Park hat historische Wurzeln, die bis
ins Japan der Feudalzeit zurückreichen. Er
befindet sich – wie der Name vermuten
lässt – auf dem Gelände der ehemaligen
Burg Funaoka, die im 13. Jahrhundert von
der Shibata-Familie
Jedes Jahr findet im errichtet wurde.
Park der Burg Funaoka Während der
in der japanischen Meiji-Zeit, um
Kleinstadt das 1868, wurde die
Kirschblütenfestival Burg abgerissen.
statt.
Doch obwohl die
ursprüngliche Burgarchitektur nicht mehr
vorhanden ist, zeugen die angelegten Gärten
und die in die Landschaft eingebetteten
historischen Elemente noch immer von der
langen Geschichte des Ortes. Über die
Jahrzehnte wurden die Überreste vergangener
Tage jedoch durch neue Elemente in
ihrer Bedeutung überholt.
Ein markantes Wahrzeichen des Parks ist
etwa die 24 Meter hohe Kannon-Statue,
die 1975 erbaut wurde. Die Statue zeigt
die buddhistische Göttin der Barmherzigkeit,
die eine Taube, das Symbol des
Friedens, in der Hand hält. Auf dem
höchsten Punkt des Parks gelegen, diente
sie ursprünglich als religiöses Symbol.
Heute gilt sie jedoch auch als ein wichtiger
kultureller und touristischer Anziehungspunkt.
Denn direkt zu ihren Füßen
bietet sich ein atemberaubender Blick
auf die umliegende Landschaft und die
berühmten Kirschblüten.
Rund 1 300 Somei-Yoshino-Kirschbäume
sollen im Park stehen. Sie sind der Grund
dafür, dass der Funaoka-Park als einer
der „100 ausgewählten Orte für die
Kirschblütenbesichtigung“ des Landes
ausgezeichnet wurde. Zum Gipfel
gelangen Besucher*innen auch mithilfe
des Slope Car, einer kleinen Bahn, die
sich durch die Topografie und die blühende
Vegetation windet. Ihre türkisblaue
Lackierung bildet einen Kontrast zur
zartrosa Färbung der Kirschblüten. Die
Parkverwaltung investiert auch in weitere
Infrastrukturen, um den Status als wichtige
Tourist*innendestination zu erhalten. So
wurde 2015 die Sen-ou-kyou-Brücke
eröffnet, um die Zugänglichkeit zu verbessern
und die Attraktivität des Parks weiter
zu erhöhen. Wegeführung, Burgruinen
und neue Architekturen bilden in Funaoka
jedoch stets nur den Hintergrund. Denn
am Ende dürften die Besucher*innen im
Funaoka Park vor allem an einem interessiert
sein: der Kirschblüte.
JULIA TREICHEL
G+L 15
PARKIKONEN
PARKS
KENROKU-EN, KANAZAWA, 1774
Foto: 663highland, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
In Japan gibt es drei „große Gärten“, von
denen Kenroku-en in der japanischen Gartenstadt
Kanazawa einer ist. Die über zehn
Hektar große Anlage lädt zum Lustwandeln
ein. Der Garten aus der Edo-Periode wurde
im Jahr 1774 offiziell gegründet und ist seit
1981 der Öffentlichkeit zugänglich. Er ist so
gestaltet, dass in jeder Jahreszeit Farben an
den Büschen und Bäumen zu sehen sind.
Besonders bekannt ist er für die im Winter
eingesetzte Yukitsuri-Technik, bei der kegelförmig
abgespannte Seile die Äste der Bäume
unter stützen, um
Der Kenroku-en-Garten sie vor Schnee schäden
zu schützen.
in Kanzawa entstand
im 18. Jahrhundert als Der Kenroku-en-
Lustgarten des Garten liegt außerhalb
der früheren
Maeda-Clans. Bekannt
ist er unter anderem Burg von Kanazawa
und stellte deren
für die im Winter in
den Bäumen abgespannten
Seile, die die Die mäandernden
Gartenanlage dar.
Äste vor Schneeschäden
schützen sollen. Teich,
Pfade, der große
gleich
mehrere Teehäuser und einer der ältesten
Brunnen Japans wurden im 18. Jahrhundert
vom Maeda-Clan entwickelt und dienten
den Lehnsherren als Lustgarten. Schon im
Jahr 1632 legte der Herrscher Maeda
Toshitsune den Grundstein für diesen
Garten, indem er den Tatsumi-Wasserkanal
beauftragte. Dieser ermöglichte es später,
die gewundenen Wasserwege in den Park
zu integrieren.
Zunächst entstand jedoch unter Maeda
Tsunanori ab 1676 ein Schlossgarten, den
1759 ein Feuer zerstörte. Am selben Ort
befindet sich der heutige Garten. Das
Shigure-Tei-Teehaus aus dem Jahr 1725
sowie die Kaiseki-Pagode überlebten das
Feuer und sind bis heute im Garten als
wichtige Zeitzeugen zu sehen. Ab 1774
begann der Neubau. Die Landschaftsarchitekten
entschieden, einen Wasserfall und
ein weiteres Teehaus zu bauen. Es folgten
die Wasserwege, die ab 1822 Stück für
Stück hinzugefügt wurden und den Kasumi-
Teich bilden. Damit war die heutige Form
des Gartens komplett, und im Mai 1874
öffnete er für alle.
Besonders an Kenroku-en ist die Bedeutung
hinter dem Namen, der sich als Garten der
sechs Attribute übersetzen lässt. Dies bezieht
sich auf einen chinesischen Text über die
Gestaltung der Luoyang-Gärten, der die
Eigenschaften einer perfekten Landschaft
auflistet: Geräumigkeit und Abgeschiedenheit,
künstliche und historische Elemente,
Wasserstraßen und Panoramen. Diese
kontrastierenden Attribute sind nicht leicht
umzusetzen, aber Kenroku-en gilt als ein
gelungenes Beispiel, wie sich die historisch
überlieferten Vorgaben balancieren lassen.
Eine große Herausforderung für die ganze
Stadt war das Erdbeben im Januar 2024,
das unter anderem zu Schäden im Garten
führte. Dieser war für vier Tage geschlossen,
aber die Reparaturarbeiten gingen schnell
voran. Heute ist er wieder in voller Pracht
zu erleben.
LAURA PUTTKAMER
G+L 21
ENGLISCHER GARTEN, MÜNCHEN, 1789
„Majestät, genga S’hoam, Revolution is!“,
sollen Arbeiter König Ludwig III. bei einem
Spaziergang durch den Englischen Garten
am 7. November 1918 zugerufen haben
– sie machten ihn aufmerksam auf den
Beginn des Umsturzes von der Monarchie
zur Räteregierung. Der Englische Garten
ist jedoch nicht nur Schauplatz historischer
Ereignisse, sondern auch ein Ort für alltägliche
Freuden. Um die Jahrtausendwende
war der Park ein Reiseführer-Hotspot für
FKK-Liebhaber*innen.
Der Englische Garten entstand 1789 unter
Kurfürst Karl Theodor, der Benjamin Thompson
und Friedrich Ludwig von Sckell mit der
Gestaltung beauftragte. Ursprünglich als
Erholungsort für die Armee geplant, öffnete
er 1792 für 40 000 Münchner*innen als
erster öffentlicher Volkspark. Seinen
Namen verdankt er dem Gestaltungsstil
eines englischen Landschaftsparks. Mit
375 Hektar übertrifft der Park sogar den
New Yorker Central Park und zählt somit
zu den größten weltweit.
Zu den kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten
zählt beispielsweise der
Monopteros. Diesen Rundtempel im griechischen
Stil ließ der Architekt Leo von Klenze
1833 auf einem Hügel errichten. Der
25 Meter hohe Chinesische Turm, ein
Ausdruck der Begeisterung für die chinesische
Kultur im 18. Jahrhundert, fasziniert bis
heute. Trotz mehrerer Brände wurde die
1789 errichtete Pagode immer wieder
originalgetreu rekonstruiert und zieht mit
ihrem angrenzenden Kinderkarussell zahlreiche
Besucher*innen an. Im Japanischen
Teehaus, das zu Ehren der Olympischen
Spiele 1972 in München errichtet wurde,
finden regelmäßig traditionelle Teezeremonien
statt. Während das Rumfordschlössl im
Jahr 1791 als Aufenthaltsort für Offiziere
galt, fungiert es heute als Natur- und Kulturtreffpunkt
für Jugend liche.
Die Verkehrsanbindung innerhalb des Parks
bleibt ein Thema: Ein geplanter Tram-Ausbau,
der Schwabing und Bogenhausen
besser miteinander verknüpfen sollte,
scheiterte 2024 an finanziellen Hürden. So
bleiben die Bewohner*innen der Stadtteile
vorerst nur auf bisherige Wege angewiesen.
Auch das Projekt des Architektenpaars
Hermann Grub und Petra Lejeune, die sich
für die Wiedervereinigung des Englischen
Gartens einsetzten, blieb erfolglos. Seit den
1960er-Jahren trennt der vierspurige
Mittlere Ring den Park in zwei Teile.
Obwohl das Tunnelprojekt
zur unterirdischen
Verlegung
Mit dem Englischen
des Mittleren Rings
Garten in München
vielversprechend
öffnete 1792 der
wirkte, erübrigte sich
erste öffentliche
die Unterstützung
Volkspark für die
der Grünen und
Stadtbewohner*innen.
der SPD aufgrund
Unter den über den
von ökologischen Park verteilten Bauten
Bedenken und
ist auch der von Leo
zunehmenden Baukosten.
Monopteros,
von Klenze entworfene
ein
ANNA BREITFUSS
Rundtempel in
griechischem Stil.
Foto: Ignacio Brosa auf Unsplash
22 G+L
KOMMENTAR
OFFENHEIT IST
WICHTIGER DENN JE
JOHANNES KRUCK
AUTOR
Johannes Kruck ist
Landschaftsarchitekt
und seit 2022 Partner
bei mahl gebhard
konzepte. Nach seiner
Ausbildung zum
Landschaftsgärtner
studierte er
Landschaftsarchi tektur
und Umweltmanagement.
Seit 2008
arbeitet er bei mahl
gebhard konzepte. Er
hatte die Projektleitung
für die öffentliche
Grünfläche am
Oberwiesenfeldpark
inne.
Stadtparks sind längst nicht mehr nur
grüne Inseln in einem Meer von Beton
und Verkehr. Sie sind zu elementaren
Bestandteilen des städtischen Lebens
geworden – Orte der Erholung, Begegnung
und des kulturellen Austauschs.
Doch inmitten des aktuellen Diskurses
um Klimawandel, soziale Gerechtigkeit
und nachhaltige Entwicklung werden
neue Anforderungen an sie gestellt.
Stadtparks sind keinesfalls nur gestaltete
Grünflächen. Sie sind zuallererst lebendige
und von allen nutzbare Freiräume –
Orte, die für unterschiedlichste Menschen
offen sein müssen, unabhängig von ihrem
sozialen, kulturellen oder wirtschaftlichen
Hintergrund.
Der Schlüssel liegt in der Flexibilität der
Nutzung und der Qualität des Aufenthalts.
Eine moderne Freifläche muss nicht nur
ästhetisch ansprechend und mit einem
durchdachten Grüninventar ausgestattet
sein. Sie muss Raum für gemeinschaftliche
Aneignung und Individualität lassen.
Wir müssen uns von der Idee des festgelegten,
vollendeten Parks verabschieden.
Stadtparks dürfen nie fertig ausformuliert
oder definiert sein. Sie sind dynamische
Orte, die sich verändern und weiterentwickeln
sollen, immer im Dialog mit den
Menschen, die sie nutzen. In der Planung
darf es nicht nur um visuelle Gestaltung
gehen – wir schaffen hier vor allem
einen „demokratischen Rahmen“. Parks
sind öffentliche Bühnen, die Raum
geben für Vielfalt, Kreativität und soziale
Dynamiken.
Ich erinnere mich an eine innerstädtische
Fläche in Wiesbaden, die wir während
des Studiums häufig nutzten. Es war keine
spektakulär gestaltete Grünfläche,
sondern eher ein rudimentärer Parkplatz,
überstanden mit einigen Platanen. Doch
genau dieser Mangel an vorgegebenen
Strukturen machte den Reiz aus. Diese
Fläche bot Freiraum im besten Sinne des
Wortes – ohne Konsumzwang, ohne
übermäßige Gestaltungsvorgaben. Sie
ermöglichte es uns, den Raum zu unserem
eigenen zu machen. Diese einfache,
unprätentiöse Fläche bot mehr Freiraum
als manch aufwendig angelegter Park.
Der Ort hatte das, was ich als „polyvalente
Qualität“ bezeichne: eine Offenheit
für vielfältige Nutzungen und
Inter pretationen.
Diese Offenheit ist heute wichtiger denn
je. Zu oft legen wir detailliert in der
24 G+L
PARKIKONEN
KOMMENTAR JOHANNES KRUCK
Foto: © Annika Nagel
Planung fest, wie Freiräume genutzt
werden sollen. Doch gerade in der
gegenwärtigen gesellschaftlichen
Debatte über den Verlust an Eigeninitiative
und Teilhabe müssen Stadtparks
Räume bieten, die aktiv angeeignet
und mitgestaltet werden können. Sie
müssen robust, wandelbar und zugänglich
sein. Denn eine moderne Freifläche
ist als gesellschaftliches Produkt niemals
abge schlossen. Stattdessen sollte sie
allen Nutzer*innen Raum bieten für
Inspiration und Initiative – physisch und
sinnbildlich. Das bedeutet auch, dass wir
uns von überholten Konzepten verabschieden
müssen. Der klassische Stadtpark,
wie er einst verstanden wurde,
erfüllt die Anforderungen unserer Zeit
nur unvollständig.
Aktuelle Planungsansätze wie Nachhaltigkeit,
Klimagerechtigkeit und ökologische
Vielfalt sind selbstverständlich und
von großer Bedeutung. Entsiegelungen,
widerstandsfähige Materialien, hochwertige
Bepflanzung – all das sind
essenzielle Bausteine eines zeitgemäßen
Parks. Doch ein Park darf nicht nur auf
das reduziert werden, was gut aussieht
oder nachhaltige Standards erfüllt. Ein
moderner Stadtpark muss auch der Ort
sein, an dem sich gesellschaftliche Entwicklungen
spiegeln und Menschen sich
aktiv einbringen können. Hier entsteht
eine der größten Herausforderungen für
Planungsreferate und -büros: die Gestaltung
von Räumen, die sowohl der Vision
als auch dem Wandel dienen.
Walter Benjamin schrieb einst, dass Architektur
ihr Bestes nicht den Blicken, sondern
dem Raumsinn zugutekommen lassen
muss. Dieser Anspruch gilt umso mehr für
Stadtparks. Sie sollten weniger zum
Schauen und mehr zum Fühlen, Erkunden
und Aneignen einladen. Dies erfordert
nicht nur planerisches Können, sondern
auch die Bereitschaft, Kontrolle abzugeben
und Räume entstehen zu lassen, die
von der Gesellschaft selbst gestaltet und
transformiert werden können.
In diesem Sinne tragen wir als
Planer*innen und Gestalter*innen eine
besondere Verantwortung: Es geht nicht
darum, ästhetisch perfekte Orte zu
schaffen, sondern Freiräume, die offen,
flexibel und anpassungsfähig sind – Freiräume,
die Menschen ermutigen, sich
einzubringen und ihre Umwelt aktiv zu
formen. Die Aufgabe der Planungsreferate
und Büros ist es, diesen Rahmen zu setzen
und die Grundlage für lebendige, sich
ständig verändernde Orte zu schaffen.
Nur so können wir Stadtparks zu wirklichen
Lebensräumen machen, die im
besten Sinne des Wortes nachhaltig sind
– nicht nur ökologisch, sondern auch
sozial und kulturell.
Stadtparks sind nicht
einfach nur gestaltete
Grünflächen, sondern
lebendige und
nutzbare Freiräume,
schreibt Landschaftsarchitekt
Johannes
Kruck. Dadurch
entstehen bestimmte
Herausforderungen für
Planungsreferate und
-büros.
G+L 25
ROYAL BOTANIC GARDENS, SYDNEY, 1816
Nicht nur einer, sondern gleich drei: Die
Royal Botanic Gardens von Sydney,
Australien, setzen sich aus dem gleichnamigen
Hauptgarten, dem Garten in Mount
Annan im Südwesten der Stadt und dem
Blue Mountains Botanic Garden Mount
Tomah zusammen. Als älteste wissenschaftliche
Institution des Landes sind die Botanischen
Gärten auch die Wächter von
kulturellem und botanischem Erbe. Der
Hauptgarten liegt auf rund 30 Hektar
entlang des Hafens von Sydney, umgeben
vom offenen Parkland der Sydney Domain,
und hat über 5 000 Pflanzen im Repertoire.
Dabei liegt der Fokus auf den nativen Pflanzenarten
Australiens wie Palmfarnen,
Orchideen und Bäumen.
Gegründet wurde der Botanische Garten
offiziell im Jahr 1816 und ist damit die
älteste derartige Anlage in Australien. Er
liegt auf Land, das die ersten europäischen
Siedler auf dem Kontinent als Bauernhof
nutzten. Aber nach nur wenigen Jahrzehnten
entschied Governor Macquarie,
stattdessen einen Botanischen Garten zu
gründen. Der erste koloniale Botaniker,
Charles Fraser, war ab 1817 für die Anlage
zuständig, gefolgt von Experten wie
den Brüdern Richard und Allan Cunningham.
Besonders einflussreich war Charles
Moore, der von 1848 bis 1896 für den
Garten zuständig war und dessen Landschaft
wesentlich prägte. Bis heute ist der
von ihm angelegte Palmenhain im Herzen
des Gartens zu finden.
Unter Moore und seinem Nachfolger
Joseph Maiden kam es zu Verbesserungen
der Erdqualität, der Wasserversorgung und
der Wegführung. Außerdem kümmerte
Moore sich um Schutz vor Erosion und
Fluten mit der bekannten Sandstein-Seemauer,
fügte Pavillons hinzu, begann die
Herbarium-Sammlung, ließ mehrere
Gebäude und einen Zoo bauen und organisierte
eine International Exhibition im Jahr
1879 im viktorianischen Garden Palace –
heute das Musikkonservatorium der Stadt.
Maiden veranlasste die Verlegung des
Zoos und führte wichtige Modernisierungen
wie Beleuchtung, sanitäre Einrichtungen und
bessere Pfade ein. Bis heute ist der Garten
in seiner wesentlichen Form erhalten.
Im 20. Jahrhundert kamen Feigen-, Rosenund
Kakteengärten hinzu und in den Jahren
1987 und 1988 wurden die beiden
Satellitengärten, Mount Annan und Mount
Tomah, gegründet. Sie waren Teil der
200-Jahr-Feier von Australien im Jahr
1988. Im Rahmen der Olympischen Spiele
von Sydney im Jahr 2000 kam es zu
weiteren Upgrades. In den vergangenen
Jahren liegt ein Fokus auf der indigenen
Kultur Australiens rund um Pflanzen.
Aktuelle Herausforderungen sind Schäden
durch Fledermauskolonien, die nun
verlegt werden
sollen. 2016 gab es Der Hauptgarten der
eine große
Royal Botanic Gardens
200-Jahr-Feier in
im australischen
dem Garten.
Sydney – einer
LAURA PUTTKAMER
von drei – liegt
entlang des Hafens.
Foto: Botanic Gardens of Sydney
26 G+L
PARKIKONEN
PARKS
VONDELPARK, AMSTERDAM, 1865
Foto: Guilhem Vellut from Annecy, France, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Der größte und bekannteste Park der
Niederlande ist wohl der Vondelpark in
Amsterdam, benannt nach dem Dichter und
Dramatiker Joost van den Vondel. Mit seiner
Lage zwischen dem Leidseplein und dem
Museumplein ist der Park beliebt für eine
Pause zwischen Museumsbesuchen. Einige
Skulpturen, etwa von Vondel selbst, führen
das kulturelle Thema im Park weiter, ebenso
wie das Freilufttheater im Sommer, die
vielen Konzerte und die Straßen-künstler*innen.
Mit seinen zahlreichen alten
Bäumen, Büschen und Kräutern ist der Park
auch für die Biodiversität sehr wichtig.
Gegründet wurde der Park 1864 von einer
Gruppe reicher Amsterdamer*innen. Sie
bildeten ein
Landschaftsarchitekt Komitee für einen
Jan David Zocher öffentlichen Park
gestaltete den und sammelten
Vondelpark, heute ausreichend Geld
mitten in Amsterdam für den Kauf von
gelegen, im englischen acht Hektar Land.
Landschaftsstil. Der Landschaftsarchitekt
Jan David Zocher war damit beauftragt,
die neue Grünanlage im modischen
englischen Landschaftsstil mit Vistas, Teichen
und Pfaden zu entwerfen. Sein Ziel
bestand darin, die Illusion von Natur zu
kreieren. Schon ein Jahr später, 1865,
eröffnete der Park als „Nieuwe Park“ und
war vor allem zum Reiten und Spazierengehen
beliebt. Zwei Jahre später wurde er
als Vondelpark umbenannt.
In den Jahrzehnten nach der Gründung
des Parks entstand die Vondelstraat, eine
Straße, die durch die Grünfläche führt.
Häuser säumen diesen Weg, die der
bekannte Amsterdamer Architekt Pierre
Cuypers entworfen hat. Er ist auch der
Kopf hinter dem nahegelegenen Rijksmuseum
und dem Hauptbahnhof. Nummer 75
war sein eigenes Haus mitten im Park.
Zudem wurde der Park schnell auf seine
heutige Größe von 45 Hektar erweitert,
denn das Komitee konnte weitere Mittel
einwerben. Louis Paul Zocher, der Sohn
des ursprünglichen Landschaftsarchitekten,
kümmerte sich um das weitere Design, das
in weiten Teilen erhalten ist. Seit 1953
gehört der Vondelpark der Stadt Amsterdam
und wurde vom Landschaftsarchitekten
Egbert Mos modernisiert.
Früher lag der Vondelpark am Stadtrand,
aber heute befindet er sich mitten in der
Stadt. Um die zehn Millionen Menschen
besuchen ihn jedes Jahr. Da er auf einer
Schlammmulde liegt, muss der Vondelpark
alle 30 Jahre komplett erneuert werden,
denn das Bodenniveau sinkt stetig. Ohne
die regelmäßigen Arbeiten würde daher
der ganze Park unter Wasser stehen – nach
starken Regenfällen gibt es davon bereits
erste Anzeichen. Ein einfaches Abpumpen
des Wassers ist nicht möglich, denn dadurch
würde der Grundwasserpegel rund um das
Wasser sinken, was wiederum die Holzfundamente
der umgebenden Gebäude in
Gefahr bringen könnte. Zwischen 1999 und
2010 fand die letzte Renovierung statt.
LAURA PUTTKAMER
G+L 27