Sind wir politisch? - Universität Konstanz
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.. aus dem Fachbereich ... ...........................................................................................................<br />
Mitten im<br />
Im Sommersemester 2009 stellte Professor<br />
Seibel im Rahmen eines Seminars die Frage,<br />
welchen Beitrag internationale Verwaltungen<br />
bei der Sicherung von Frieden leisten können.<br />
Zu diesem Zwecke sollte beispielhaft anhand<br />
der UN Mission im Kosovo (UNMIK) tief in<br />
die Materie geblickt werden. Anstatt sich<br />
ausschließlich auf Literatur und Theorie zu<br />
verlassen, wurde in diesem Fall allerdings<br />
auf innovative Lehre gesetzt. Ein Workshop<br />
mit Internationalen Teilnehmern, ein Seminar<br />
mit dem Lehrbeauftragten und ehemaligem<br />
UNMIK Mitarbeiter Peter Schumann, dem<br />
kosovarischen Anwalt und Professor Robert<br />
Muharremi sowie Wolfgang Seibel und Florian<br />
Roth standen auf dem Lehrplan. Eine Exkursion<br />
in das Kosovo bezeichnete den Höhepunkt des<br />
Seminars.<br />
Die Vorgaben zum Reisegepäck gaben<br />
einen ersten Geschmack auf das, was unsere<br />
Gesprächspartner vor Ort an Eindrücken<br />
vermittelten. Man solle nicht viel mitnehmen,<br />
immer gut gekleidet sein, da sich darin<br />
ein gewisser Respekt für den Gegenüber<br />
ausdrückt, auf die saisontypische Hitze<br />
vorbereitet sein und mit<br />
Dauerregen rechnen.<br />
Zusammenfassend also<br />
an sich überzeugende und<br />
klare Vorgaben, die in der<br />
Summe unvereinbar sind.<br />
Analog die Situation<br />
im Kosovo. Das Kosovo ist<br />
ein unabhängiger Staat<br />
mit eigener Regierung,<br />
der unter einem nach wie<br />
vor gültigen UN-Mandat<br />
steht und daher eine<br />
internationale Verwaltung<br />
hat (UNMIK). Außerdem ist<br />
das Kosovo ein Prestigeprojekt<br />
der EU in Sachen<br />
gemeinsamer Außenpolitik<br />
(EULEX als derzeitige<br />
Rechtstaatsmission), <strong>wir</strong>d<br />
jedoch nicht von allen EU-<br />
Kosovo<br />
Eine wagemutige Gruppe von MA-Studenten verlässt den<br />
Elfenbeinturm, um nach 24-stündiger Bustortour das<br />
Forschungsobjekt der Begierde mit eigenen Füßen zu betreten.<br />
Ein Mitreisender berichtet aus dem Kosovo.<br />
Mitgliedern anerkannt.<br />
Ein letzter wichtiger<br />
internationaler Akteur mit<br />
halb-offiziellem Status, aber einigem<br />
Einfluss, ist das International Civilian Office<br />
(ICO). Erschwerend hinzu kommen nationale<br />
Egoismen in Serbien und dem Kosovo. Serbien<br />
hätte das Kosovo gerne wieder und unterstützt<br />
jede Form von Widerspenstigkeit bei den Kosovo-<br />
Serben. Das Kosovo im Gegenzug behandelt<br />
seine serbische Minderheit wie Bürger zweiter<br />
Klasse. Soviel zur Ausgangslage.<br />
Die Exkursion diente der Forschung.<br />
Polittourismus und Fototermine hatten daher<br />
keinen Platz im Reiseplan. Vor Ort stellten<br />
Peter Schumann und Robert Muharremi<br />
dank ihrer Kontakte einen umfassenden<br />
und anspruchsvollen Terminplan mit<br />
Expertengesprächen zusammen. Die Gespräche<br />
wurden von den Studenten vorbereitet und<br />
geleitet. Besonders interessant waren dabei<br />
die Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft<br />
und Medien auf serbischer und kosovarischer<br />
Seite, die unter anderem auch im geteilten<br />
Mitrovica stattfanden, einer Stadt, in der<br />
der Konflikt noch immer spürbar ist. Ein<br />
<strong>Universität</strong>sangehöriger, der bereit ist, seine<br />
Söhne für den nächsten Krieg herzugeben,<br />
ist der eine Pol<br />
im serbischen Spektrum. Zwei engagierte<br />
Radiomoderatoren, denen eine aktive Teilnahme<br />
am kulturellen Leben in Pristina aufgrund<br />
ihrer Ethnie unmöglich ist, sind der Andere.<br />
Bei den Kosovaren hatten <strong>wir</strong> es mit einer<br />
unverdrossenen Freundlichkeit der Menschen<br />
im alltäglichen Umgang zu tun, während die<br />
Politik zwischen Korruption, E-Government-<br />
Visionen und internationaler Bevormundung<br />
taumelt. Insbesondere der letzte Punkt ist<br />
relevant im Hinblick auf die davon motivierte<br />
Jugendbewegung Vetevendosje, die gegenüber<br />
fachbereichstypischer, relativismusinduzierter<br />
Polit-Apathie ein eindrucksvolles Beispiel für<br />
eine junge, <strong>politisch</strong>e Bewegung darstellt.<br />
Ob die Mitglieder das nur aus der Not heraus<br />
tun, bleibt offen; es könnte jedoch sein, das<br />
die Revolution der Zeitvertreib derjenigen<br />
ist, denen zur Teilnahme am Café-Latte- und<br />
Partyleben in Pristina die Louis-Vuitton-<br />
Handtasche fehlt.<br />
Die Reise hinterließ viele bleibende<br />
Eindrücke, wovon mir die Herzlichkeit der<br />
Menschen im Kosovo der Liebste ist. Der Gedanke<br />
an ein theoriegeleitetes Forschungsdesign<br />
zur Ergründung der Zusammenhänge be<strong>wir</strong>kt<br />
hilfloses Grinsen. Die Gewissheit über die<br />
Notwendigkeit zur Erforschung eben dieser<br />
Zusammenhänge schafft pure Motivation. jd<br />
powalter // Das PV-Fachschaftsmagazin aus <strong>Konstanz</strong> // Nr. 42