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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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K<strong>in</strong>dern bleibt es dagegen freigestellt, <strong>in</strong> welcher Sprache sie antworten. Die<br />

E<strong>in</strong>führung der Standardsprache <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergärten wird allerd<strong>in</strong>gs von<br />

dem Initiativkomitee Basler Interessengeme<strong>in</strong>schaft Dialekt bekämpft.<br />

5.1.2.3 Elternbildung <strong>und</strong> -beratung<br />

Durch den Ausbau der niederschwelligen Elternbildung <strong>und</strong> –beratung soll<br />

e<strong>in</strong> weiterer Bereich gefördert werden, der den <strong>Integration</strong>sbestrebungen<br />

zugute kommt. Diesem dritten Pfeiler der Aktivitäten im Frühbereich kommt<br />

von daher grosse Bedeutung zu, da die K<strong>in</strong>der, auch wenn sie zeitweise<br />

extern betreut werden, die meiste Zeit mit ihren Eltern verbr<strong>in</strong>gen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

s<strong>in</strong>d viele sozial benachteiligte Familien <strong>in</strong> ihrem (Erziehungs-) Alltag mit<br />

schwierigen sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Bed<strong>in</strong>gungen konfrontiert, die dazu<br />

führen, dass die Zeit für e<strong>in</strong>e qualitativ hochwertige Betreuung fehlt (vgl.<br />

z.B. Ackermann <strong>und</strong> Tschumper 2006). In den letzten Jahren wurden daher <strong>in</strong><br />

<strong>Basel</strong> Angebote der Elternbildung <strong>und</strong> -beratung bereitgestellt, die<br />

„überforderten Eltern“ konkrete Hilfestellung gewähren sollen.<br />

So s<strong>in</strong>d beispielsweise <strong>in</strong> vielen Quartieren <strong>in</strong> den letzten Jahren Eltern-<br />

K<strong>in</strong>der-Treffs gegründet worden, bei denen sich die Eltern über<br />

Erziehungsfragen austauschen können. Im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> existieren<br />

zudem e<strong>in</strong>ige Elternberatungsstellen, die Hilfe bei Erziehungsfragen<br />

anbieten. Doch erreichen die meisten dieser „stationären“ Beratungsangebote<br />

ihr Zielpublikum, also sozial benachteiligte Personen, nicht. Die Bildungsexperten<br />

s<strong>in</strong>d daher zum Schluss gekommen, dass die anvisierten Familien<br />

nur mit aufsuchenden Angeboten erreicht werden können (Interviews 12, 18).<br />

E<strong>in</strong> niederschwelliges Frauenbildungsprojekt, das speziell für sozial<br />

benachteiligte Familien sowie Migrantenfamilien entwickelt wurde, s<strong>in</strong>d die<br />

sogenannten Femmes Tisch. Bei dieser vom Basler Erziehungsdepartement<br />

koord<strong>in</strong>ierten Initiative suchen <strong>in</strong>terkulturelle Moderator<strong>in</strong>nen Gastgeber<strong>in</strong>nen,<br />

die ihren Fre<strong>und</strong>eskreis zu sich e<strong>in</strong>laden (4-8 Personen), um <strong>in</strong><br />

ungezwungener Atmosphäre <strong>in</strong> ihrer Muttersprache über Fragen zur<br />

Erziehung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung zu diskutieren. Dabei geben die<br />

Moderator<strong>in</strong>nen anhand e<strong>in</strong>es Videos e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong>s Thema <strong>und</strong><br />

moderieren anschliessend die Diskussion.<br />

Noch e<strong>in</strong>en Schritt weiter bei der Elternbildung geht das Pilotprojekt<br />

schritt:weise, das „aufsuchend“ arbeitet (Ackermann <strong>und</strong> Tschumper 2006).<br />

Vorbild für dieses Projekt ist das <strong>in</strong> den Niederlanden konzipierte <strong>und</strong><br />

erprobte Opstapje-Projekt. Beim Opstapje Projekt handelt es sich um e<strong>in</strong><br />

Familienbildungsprogramm, bei dem Frauen mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

sozial benachteiligte Familien im Quartier aufsuchen, um ihnen bei der<br />

Bewältigung diverser Erziehungs- <strong>und</strong> Alltagsprobleme zu helfen. Die<br />

Hausbesucher<strong>in</strong>nen nehmen sich Zeit, um mit den K<strong>in</strong>dern zu spielen oder<br />

86<br />

Geschichten zu erzählen. Das Projekt wird zurzeit <strong>in</strong> mehreren Städten, <strong>unter</strong><br />

anderem auch im G<strong>und</strong>eli <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>, durchgeführt. In Bern, W<strong>in</strong>terthur <strong>und</strong> St.<br />

Gallen werden Hausbesucher<strong>in</strong>nen <strong>unter</strong>schiedlicher Herkunft ausgebildet. In<br />

<strong>Basel</strong> richtet sich das seit 2009 ausschliesslich auf Deutsch angebotene<br />

Projekt an alle sozial benachteiligen Familien ungeachtet ihrer Herkunft.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vom Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong><br />

angebotenen Massnahmen im Vorschulbereich sowohl die Eltern als auch die<br />

K<strong>in</strong>der zu erreichen versuchen. Die Intensivierung der Sprachförderung vor<br />

<strong>und</strong> während des K<strong>in</strong>dergartens soll den Gr<strong>und</strong>ste<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Schulkarriere <strong>in</strong> der Schweiz legen. Damit die K<strong>in</strong>der auch ihre Erstsprache<br />

verbessern können, beg<strong>in</strong>nt bereits im K<strong>in</strong>dergarten der Unterricht <strong>in</strong><br />

Landesk<strong>und</strong>e, Sprache <strong>und</strong> Kultur <strong>in</strong> der Muttersprache (HSK). Parallel dazu<br />

setzt der Kanton auf e<strong>in</strong>en Ausbau der Angebote im Bereich Elternberatung<br />

<strong>und</strong> Elternerziehung, die teilweise „<strong>in</strong>terkulturell“ ausgerichtet s<strong>in</strong>d.<br />

5.1.3 Stärken-Schwächen Profil<br />

5.1.3.1 Stärken<br />

Mit der E<strong>in</strong>richtung der <strong>in</strong>terdepartementalen Arbeitsgruppe „Frühförderung“<br />

<strong>und</strong> der Verankerung der Frühförderung im Politikplan 2008-2011 zeigte der<br />

Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> deutlich se<strong>in</strong>e Absicht, den Vorschulbereich <strong>in</strong>tensiv zu<br />

fördern. Das Bekenntnis des Kantons zur Frühförderung wird von den<br />

Experten geschätzt <strong>und</strong> darüber h<strong>in</strong>aus als mutig empf<strong>und</strong>en angesichts der<br />

ideologisch aufgeladenen Debatte zu diesem Thema (Interview 7, 18).<br />

Die Tatsache, dass dem Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> schon erste Erfahrungen mit<br />

Sprachförderungskonzepten im Vorschulalter vorlagen, hat zu e<strong>in</strong>er<br />

Entspannung <strong>und</strong> Versachlichung der politischen Debatte beigetragen. Im<br />

Hort des K5 41 Basler Kurszentrums wird beispielsweise bereits seit e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren e<strong>in</strong> von Fachleuten als vorbildlich bezeichnetes Sprachförderkonzept<br />

umgesetzt (Interview 18). Das Erziehungsdepartement hat sich bei der<br />

Ausarbeitung des kantonalen Konzepts zur Sprachförderung an den<br />

praktischen Erfahrungen dieser <strong>und</strong> anderer zivilgesellschaftlicher Akteure<br />

orientiert <strong>und</strong> eng mit ihnen zusammengearbeitet. Auch der E<strong>in</strong>bezug der von<br />

der E<strong>in</strong>führung des selektiven Obligatoriums betroffenen Akteure –<br />

Spielgruppenleiter<strong>in</strong>nen, Heimleiter<strong>in</strong>nen etc. – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beratenden Arbeitsgruppe<br />

wurde von den Fachleuten als positiv hervorgehoben. Durch diese<br />

<strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit hat sich den beteiligten Gruppen zudem die<br />

Möglichkeit eröffnet, ihren Standpunkt <strong>in</strong> den politischen Prozess<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen (Interview 7, 18).<br />

41 K5 steht für 5 Kont<strong>in</strong>ente.<br />

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