Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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11 Schlussbetrachtungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Der Schlussteil dieses Berichts gliedert sich <strong>in</strong> zwei Teile. Er beg<strong>in</strong>nt mit<br />
e<strong>in</strong>em kurzen Aufriss der demografischen Herausforderungen der nächsten<br />
Jahre. Basierend auf den Erkenntnissen der demografischen Prognosen wird<br />
im ersten Teil des Kapitels der <strong>in</strong>tegrationspolitische Handlungsbedarf der<br />
nächsten Jahre aufgezeigt. Im zweiten Teil soll dann zu e<strong>in</strong>er Gesamtbewertung<br />
der basel-städtischen <strong>Integration</strong>spolitik übergeleitet werden.<br />
11.1 <strong>Integration</strong>spolitischer Handlungsbedarf<br />
Die Prognose kann wie folgt zusammengefasst werden:<br />
- Die Wohnbevölkerung im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> wird <strong>in</strong> den nächsten<br />
zehn Jahren zunehmen. Diese Zunahme ist vor allem auf den Zuwachs<br />
der ausländischen Bevölkerung, der sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em höheren<br />
Ausländeranteil widerspiegelt, zurückzuführen.<br />
- Kurzfristig wird der Anteil der Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schweizer <strong>in</strong><br />
<strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> abnehmen. Doch mittelfristig nimmt ihr Anteil aufgr<strong>und</strong><br />
der hohen Zahl von E<strong>in</strong>bürgerungen wieder zu.<br />
- Der Zuwachs an Personen aus Drittstaaten bleibt über den gesamten<br />
Zeitraum h<strong>in</strong>weg konstant. Dagegen nimmt der Anteil an<br />
Zuwander<strong>in</strong>nen aus den EU-Mitgliedstaaten bis 2014 zu, nimmt dann<br />
aber im verbleibenden Zeitraum wieder ab.<br />
- Die Migrantenbevölkerung im Erwerbsalter wird abnehmen. Aufgr<strong>und</strong><br />
des Anstiegs der ZGZ <strong>in</strong> der Migrantenbevölkerung nimmt <strong>in</strong> den<br />
nächsten Jahren die Anzahl der K<strong>in</strong>der mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> zu.<br />
- Die bereits ansässige Migrantenbevölkerung bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Alterungsprozess, der dazu führt, dass die Anzahl der <strong>in</strong> <strong>Basel</strong><br />
lebenden älteren Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten zunehmen wird.<br />
Aus der projizierten Bevölkerungsentwicklung lässt sich der Handlungsbedarf<br />
für die <strong>Migration</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>spolitik der kommenden Jahre<br />
ableiten . Zunächst <strong>unter</strong>streicht die demografische Prognose, dass der<br />
Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> auf absehbare Zeit h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e attraktive Dest<strong>in</strong>ation für<br />
Zuwanderer aus der ganzen Welt darstellt. Da die Zuwanderung <strong>in</strong> den<br />
nächsten Jahren eher zu- als abnehmen wird, braucht der Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong><br />
e<strong>in</strong>e zukunftsgerichtete <strong>Integration</strong>spolitik, die auf der Erkenntnis beruht,<br />
dass die Schweiz def<strong>in</strong>itiv e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wanderungsland geworden ist. Dass e<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>wanderungspolitik, die davon ausgeht, dass die Zuwanderung e<strong>in</strong><br />
vorübergehendes Phänomen ist, mehr Probleme als Antworten schafft, ist <strong>in</strong><br />
der Vergangenheit deutlich geworden.<br />
188<br />
Mit dem Anstieg der ausländischen Wohnbevölkerung im Kanton <strong>Basel</strong>-<br />
<strong>Stadt</strong> nimmt die Anzahl der Personen, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Nationalität von den<br />
politischen Entscheidungsprozessen formell ausgeschlossen s<strong>in</strong>d, weiter zu.<br />
Erhöht sich deren Bestand im prognostizierten Ausmass, so wird e<strong>in</strong>e<br />
Antwort auf die demokratietheoretische Frage unumgänglich se<strong>in</strong>, wie der de<br />
facto Ausschluss e<strong>in</strong>es beträchtlichen Teils der Wohnbevölkerung weiterh<strong>in</strong><br />
legitimiert werden kann. Von e<strong>in</strong>em solchen Standpunkt aus ist die Ausdehnung<br />
des Stimm- <strong>und</strong> Wahlrechts auf die im Kanton niedergelassene<br />
ausländische Wohnbevölkerung – wie dies bereits <strong>in</strong> der Westschweiz Gang<br />
<strong>und</strong> Gäbe ist – sehr zu begrüssen. Die endgültige Entscheidung <strong>in</strong> dieser<br />
Frage obliegt aber dem Basler Stimmvolk <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Volksabstimmung.<br />
Die Frage der Staatsbürgerschaft ist sehr eng mit der Frage der politischen<br />
Teilnahme an Entscheidungsprozessen verknüpft. Wenn die demografische<br />
Prognose zutrifft, nimmt die schweizerische Wohnbevölkerung im Kanton<br />
<strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> nur deshalb zu, weil die Anzahl der E<strong>in</strong>bürgerungen ansteigt. Da<br />
nur die E<strong>in</strong>bürgerung die Rechtsgleichheit aller Kantonsbewohner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -<br />
bewohner sicherstellt, ist es von zentraler Bedeutung, dass der Zugang zur<br />
Staatsbürgerschaft <strong>in</strong>klusiv ausgestaltet wird. E<strong>in</strong>e <strong>Integration</strong>spolitik ist <strong>in</strong><br />
dem S<strong>in</strong>ne nur vollkommen, wenn sie die Dimension der E<strong>in</strong>bürgerung<br />
mite<strong>in</strong>schliesst. Das heisst, dass e<strong>in</strong>e zukunftsgerichtete <strong>Integration</strong>spolitik<br />
auch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>bürgerungspolitik be<strong>in</strong>halten muss. Ob die „gelungene“ <strong>Integration</strong><br />
e<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gung für die E<strong>in</strong>bürgerung darstellt oder ob umgekehrt die<br />
Staatsbürgerschaft e<strong>in</strong>en Beitrag zur <strong>Integration</strong> leistet, wird sowohl <strong>in</strong> der<br />
Forschung als auch <strong>in</strong> der Politik kontrovers diskutiert. Ohne explizit e<strong>in</strong>e<br />
Position zu beziehen, begnügen wir uns an dieser Stelle mit dem H<strong>in</strong>weis,<br />
dass sowohl E<strong>in</strong>bürgerung als auch <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dialektischen<br />
Beziehung zue<strong>in</strong>ander stehen. Darüber h<strong>in</strong>aus geht es bei diesem Punkt um<br />
die Kernfrage moderner Gesellschaften, wie „Inklusion“ bewerkstelligt<br />
werden kann.<br />
Obwohl die vollständige „Inklusion“ <strong>in</strong> die Aufnahmegesellschaft <strong>in</strong> Zukunft<br />
zunimmt, wird es auch weiterh<strong>in</strong> Teile der Wohnbevölkerung geben, die<br />
zum<strong>in</strong>dest teilweise „ausgeschlossen“ s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>erseits prognostizieren wir –<br />
aufgr<strong>und</strong> des Familiennachzugs – e<strong>in</strong>e konstante Zunahme des Bevölkerungsanteils<br />
aus den Nicht-EU Staaten. Was die E<strong>in</strong>wanderung aus den EU-<br />
Staaten betrifft, gehen wir von e<strong>in</strong>er Zunahme <strong>in</strong> den nächsten fünf Jahren<br />
aus. Erst ab 2014 wird e<strong>in</strong> Rückgang der E<strong>in</strong>wanderung aus der EU vorausgesagt,<br />
was bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt der Nachschub an<br />
Arbeitskräften aus der EU nachlassen wird. In den nächsten zehn Jahren wird<br />
sich also u.a. für die schweizerische Zuwanderungspolitik die Frage stellen,<br />
woher die für die Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte rekrutiert werden<br />
können.<br />
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