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RA 01/2025 - Entscheidung des Monats

Aufgrund der Förderung mit öffentlichen Mitteln boomte die Anschaffung von Photovoltaikanlagen mit Akkuspeichern und Wallboxen. Unter einer „ausgereiften“ Technik stellte sich der hiesige Kläger jedoch ganz bestimmt etwas anderes vor.

Aufgrund der Förderung mit öffentlichen Mitteln boomte die Anschaffung von Photovoltaikanlagen mit Akkuspeichern und Wallboxen. Unter einer „ausgereiften“ Technik stellte sich der hiesige Kläger jedoch ganz bestimmt etwas anderes vor.

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01/2024

ENTSCHEIDUNGDESMONATS

ZIVILRECHT

KaufeinerPhotovoltaikanlageinklusiveMontage


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6 Zivilrecht RA 01/2025

Problem: Kauf einer Photovoltaikanlage inklusive

Montage

Einordnung: Schuldrecht, Kaufrecht, Rücktritt

LG Magdeburg, Urteil vom 28.11.2024

10 O 563/24

LEITSATZ

1. Die Lieferung und Montage

einer Photovoltaikanlage nebst

Stromspeicher ist rechtlich als

Kaufvertrag mit Montageverpflichtung

zu bewerten.

2. Die Drosselung eines Stromspeichers

einer Photovoltaikanlage

mittels Fernwartung durch den

Hersteller auf 70 % der Gesamtkapazität

stellt einen Mangel dar.

Die Geldbeträge sind wichtig zur

Ermittlung des Vertragstyps, die

Daten zur Ermittlung des Zeitpunktes

des Gefahrüberganges.

Was für ein Geschäftsmodell!

Man verspricht als Hersteller den

Kunden eine bestimmte Leistung,

erweist sich diese jedoch bei Vertragserfüllung

als zu gefährlich,

wird sie aufgrund des „Technologierisikos“

per Fernsteuerung auf

ein ungefährliches Maß reduziert,

während derweil das Geld im Säckle

klingelt. Ab dem 2. Verkauf hat das

Ganze einen Hautgout.

EINLEITUNG

Aufgrund der Förderung mit öffentlichen Mitteln boomte die Anschaffung

von Photovoltaikanlagen mit Akkuspeichern und Wallboxen. Unter einer „ausgereiften“

Technik stellte sich der hiesige Kläger jedoch ganz bestimmt etwas

anderes vor.

SACHVERHALT

Die Parteien schlossen am 14.04.2022 einen Vertrag, wonach sich die B zur

Installation einer Photovoltaikanlage nebst eines Akkuspeichers des Typs

„Senec V3 Hybrid duo“ verpflichtete. Sie vereinbarten einen Kaufpreis für den

Speicher in Höhe von 12.250 €. Zudem erwarb K von B eine Garantieverlängerung

des Speichers von 10 auf 20 Jahre für 2.499 €, sowie ein Technikpaket

V3 in Höhe von 593,81 € und eine Wallbox für 2.973,81 €. B lieferte und montierte

am 02.08.2022 den Akkuspeicher. Am 26.10.2022 wurde die gesamte

Photovoltaikanlage nebst Akkuspeicher in Betrieb genommen. Im Weiteren

kam es im Jahr 2022 und 2023 zur Fernabschaltungen und Leistungsreduktionen

der Speicherkapazität des seitens K von B erworbenen Akkuspeichers

durch die Herstellerin des Speichers. Diese beschränkte zuletzt am 09.08.2023

die Ladekapazität des Akkuspeichers dauerhaft auf ca. 70 % der Gesamtspeicherkapazität.

Seitdem steht K die vollständige, vom Hersteller angegebene,

Speicherkapazität nicht mehr zur Verfügung. K forderte B schriftlich, jedoch

vergeblich, am 25.03.2024 zur uneingeschränkten und sicheren Inbetriebnahme

des Akkuspeichers auf. Am 09.04.2024 erklärte K gegenüber B den teilweisen

Rücktritt vom Vertrag hinsichtlich des Akkuspeichers und bot B an, den

Akkuspeicher zur Abholung bereit zu halten. Die verbaute Photovoltaikanlage

nutzt K weiterhin. B räumt ein, dass es zu Bränden und Verpuffungen der

Speicher kommen kann, dies jedoch durch das allgemeine Technologierisiko

unausweichlich sei. Um dieses geringe Risiko noch weiter zu minimieren,

sei die Drosselung erfolgt. K verlangt von B die Rückerstattung des

Kaufpreises, soweit er für den Akkuspeicher gezahlt wurde, Zug um Zug gegen

Rückübereignung des Akkuspeichers. B lehnt dies ab. Zu Recht?

LÖSUNG

A. Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 I Fall 2, 349, 346 I BGB

K könnte gegen B einen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung, soweit sie den

Akkuspeicher betrifft, Zug um Zug gegen Übergabe des Akkuspeichers gem.

§§ 437 Nr. 2, 323 I, 349, 346 I BGB haben. Dann muss K wirksam vom Vertrag

zurückgetreten sein, soweit der Akkuspeicher betroffen ist. Dies erfordert

eine Rücktrittserklärung des K sowie ein Rücktrittsrecht des K zur Zeit der

Rücktrittserklärung. Ferner darf der Rücktritt nicht gem. §§ 438 IV 1, 218 I BGB

unwirksam sein.

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RA 01/2025

Zivilrecht

7

I. Rücktrittserklärung

Im Schreiben des K vom 09.04.2024 könnte eine Rücktrittserklärung im Sinne

des § 349 BGB enthalten sein. Allerdings erklärte K einen Teilrücktritt.

[19] (…) Ein Teilrücktritt nur hinsichtlich des Speichers ist zulässig, wenn der

Gläubiger an der Teilleistung, hier der Photovoltaikanlage, ein Interesse hat. (…)

Ob ein solches Interesse besteht, ist demzufolge keine Frage der Rücktrittserklärung,

sondern des Rücktrittsrechts.

II. Rücktrittsrecht des K

K könnte ein Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I Fall 2 BGB zustehen.

1. Kaufvertrag

§ 437 BGB setzt voraus, dass K mit B entweder einen Kaufvertrag oder einen

Vertrag geschlossen hat, auf den das Kaufrecht Anwendung findet. Dies wäre

bei einem Werkvertrag gem. § 631 BGB nicht der Fall. Problematisch ist, dass

der zwischen K und B geschlossene Vertrag B nicht nur zur Übereignung von

Sachen, sondern auch zur Montage dieser Sachen verpflichtete. Deshalb ist

zunächst der Vertragstyp zu ermitteln. Es könnte sich vorliegend um einen

Werkvertrag oder einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung handeln.

[23] Bereits aus § 434 Abs. 4 BGB ergibt sich, dass eine Durchführung von

Montagearbeiten auch bei einem Kaufvertrag nicht unüblich ist.

[25] Zur Abgrenzung ist zudem eine Gesamtbetrachtung anhand des

Schwerpunkts der Leistung vorzunehmen, wobei besonders auf die

Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung

und Montage sowie auf die im diesem Einzelfall geschuldete Ergebnisse

abzustellen ist. Maßgebend für eine Abgrenzung zwischen Kauf- und

Werkvertrag ist, welcher Bestandteil des jeweiligen Vertragstypus vordergründig

und damit vertragsprägend ist. Hinsichtlich eines Kaufvertrags

wäre dies die Eigentumsübertragung der zu montierender Einzelteile;

eines Werkvertrags die Herstellungspflicht eines individuellen Werkes. Hinsichtlich

der Art des gelieferten Gegenstandes ist relevant, ob die Anlage

aus Serienteilen oder jeweiligen Besonderheiten angepassten typisierten

Einzelteilen, die nach der Montage nur noch schwer anderweitig

absetzbar wären, besteht. (…). Eine solche typenspezifische

Modifizierung der Photovoltaikanlage sowie nutzungsnotwendiger

Komponenten ist nicht ersichtlich. Die gelieferten und verbauten Photovoltaikkomponenten

sind serienmäßig hergestellte Bauteile anderer

Hersteller.

[26] (…). Der Gesamtpreis inklusive Montage belief sich auf 42.828,10 €.

(…). Ausweislich des Angebots vom 08.04.2022 liegt zwar eine gesonderte

Zahlung für die Montage vor nämlich 2.500 € (netto). Jedoch ist

der berechnete Preis lediglich ein Bruchteil von dem Gesamtpreis. (…)

Der prägende Vertragsinhalt ist damit die Eigentumsübertragung der

Photovoltaikanlage mit den dazugehörigen Komponenten. Insgesamt ist

nach einer Gesamtbetrachtung der Erwerb der Gesamtanlage für den Vertragstypus

entscheidend.

[27] Hinsichtlich der Abgrenzung ist auch maßgebend, dass die Photovoltaikanlage

auf ein bestehendes Wohngebäude verbaut wurde,

bei dem die einzelnen Paneele der Anlage zusammengesetzt wurden.

Mittels standardisierter Stromkabel wurde eine Verbindung zwischen der

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Wichtig: Ob ein Teilrücktritt zulässig

ist, muss anhand des § 323 V BGB

beurteilt werden. Aus dieser Norm

folgt bereits, dass die Erklärung

als solche erlaubt ist. Zur Frage der

Erheblichkeit: s.u.

1. Problem des Falles: Die Ermittlung

des Vertragstyps ist wegen der

u.g. Wirkungen eines Verbrauchsgüterkaufs

sehr relevant. Die Darlegungs-

und Beweislastregeln des

§ 477 BGB, der im Werkvertragsrecht

keine Anwendung findet, waren

für das LG Magdeburg nämlich

ausschlaggebend.

Abgrenzungskriterien, um den Vertragstyp

zu ermitteln

• Art der Leistung

• vertragsprägende Leistung

• wirtschaftliche Betrachtung

Montage von Serienteilen ohne individuelle

Modifizierung

Wirtschaftlicher Aspekt: Montage ist

nur ein Bruchteil des Gesamtpreises

Prägender Teil des Vertrages: Verpflichtung

zur Übereignung

Technische Aspekte: Trennbarkeit

und Austauschbarkeit der standardisierten

Serienteile – kein individuelles

Werk


8 Zivilrecht RA 01/2025

Photovoltaikanlage und dem Akkuspeicher geschaffen. Dabei wurde keinesfalls

ein für den Kläger individuelles Werk geschaffen. Die Photovoltaikanlage

ist damit hypothetisch von dem Wohnkomplex des Klägers zu

trennen und auf einem anderen Dach einsetzbar. Zudem konnte der Kläger

auch den Akkuspeicher einfach tauschen und durch einen selbstgewählten

Speicher ersetzen.

Damit steht fest, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag mit Montageverpflichtung

am 14.04.2022 geschlossen worden ist.

2. Sachmangel zur Zeit des Gefahrübergangs

§ 437 BGB setzt entweder einen Rechtsmangel gem. § 435 BGB oder einen

Sachmangel voraus. Ein Rechtsmangel ist nicht ersichtlich. Ein Sachmangel

muss zur Zeit des Gefahrübergangs vorgelegen haben.

2. Problem des Falles: Der Zeitpunkt

des Gefahrübergangs

Ein wichtiger Aspekt für alle Kaufverträge

mit Montageverpflichtung:

Erst dann, wenn die Montage vollendet

wurde, kann der Käufer die

Funktionsfähigkeit überprüfen.

Folglich kann nach dem Sinn und

Zweck des § 446 BGB ein Gefahrübergang

nicht schon mit dem

Anliefern des Materials, sondern erst

mit der vollendeten Montage eingetreten

sein.

Das Urteil des LG Magdeburg enthält

keine Tatsachenfeststellungen, aus

denen sich mit Sicherheit ein

Mangel nach § 434 I, II Nr. 1 oder 2

BGB herleiten lässt. Aufgrund der

Neufassung des § 434 BGB seit

dem Inkrafttreten am 01.01.2022

kommt es darauf aber auch nicht

mehr zwingend an, denn es genügt,

wenn die Ware von den objektiven

Anforderungen i.S.d. § 434 III BGB

abweicht, um eine Mangelhaftigkeit

anzunehmen.

a) Gefahrübergang

Die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung

geht gem. § 446 S. 1 BGB grundsätzlich mit der Übergabe der Sache auf den

Käufer über. Problematisch ist hier die Montageverpflichtung. Aufgrund dieser

könnte der Gefahrübergang zeitlich später erfolgen.

[36] Der § 446 BGB verfolgt u.a. den Zweck, dass sich der Käufer ab der

Übergabe typischerweise in einer besseren Beweislage zu der Frage

befindet, auf welchen und ggf. durch wen zu vertretenden Umständen ein

späterer Untergang oder eine spätere Verschlechterung beruht. (…). Bei

einem Kaufvertrag über eine Photovoltaikanlage mit Montageverpflichtung

stehen dem Käufer vor der vereinbarten Verkabelung, Netzanschluss etc. faktisch

nur die einzelnen Bauteile der Anlage zur Verfügung, ohne jedoch einen

Nutzen daraus zu ziehen. Mithin kann vor Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage

der Käufer nicht abschätzen, inwiefern eine Verschlechterung bzw.

eine bereits nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung schon bei der reinen

Anlieferung vorlag oder erst später eintrat. Zwar kann der Erwerber bei

Lieferung den äußeren Zustand der einzelnen Komponenten bewerten

und auf die Mangelfreiheit prüfen. Ob die Anlage jedoch auch wirklich

funktioniert und der Speicher z.B. die vereinbarte Ladekapazität aufweist,

kann erst nach Inbetriebnahme festgestellt werden. (…)

[38] Da die Montage zwischen den Parteien vereinbart wurde, scheidet der

Zeitpunkt der Anlieferung der Photovoltaikanlage als Zeitpunkt des

Gefahrenübergangs aus. Am 02.08.2022 erfolgte die Montage der Photovoltaikanlage

bei dem Kläger. Die Inbetriebnahme erst am 26.10.2022. Die

erstmalige Inbetriebnahme der Anlage am 26.10.2022 ist mithin als maßgeblicher

Zeitpunkt des Gefahrenübergangs heranzuziehen. (…)

Damit ist die Gefahr erst am 26.10.2022 auf K übergegangen.

b) Vorhandensein eines Mangels bei Gefahrübergang

Ein Sachmangel i.S.d. § 434 BGB muss zur Zeit des o.g. Gefahrübergangs vorhanden

gewesen sein. Ein solcher könnte in der dauerhaften Senkung der

Gesamtspeicherkapazität des Akkuspeichers auf 70 % zu sehen sein. Hierin ist

zumindest ein Mangel i.S.d. § 434 I, III 1 lit. b) zu sehen. Diese Drosselung

erfolgte aber erst nach dem Gefahrübergang. Darauf käme es jedoch nicht an,

wenn die Drosselung seitens der Herstellerin aufgrund einer in der Beschaffenheit

der Sache liegenden Ursache erfolgen würde. Gem. § 477 I BGB

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RA 01/2025

Zivilrecht

9

müsste K jedoch eine solche weder darlegen noch beweisen. Es genügt,

dass ein von § 434 BGB abweichender Zustand innerhalb eines Jahres nach

Gefahrübergang aufgetreten ist. Dann muss zwischen den Parteien ein Verbrauchsgüterkaufvertrag

im Sinne von § 474 BGB geschlossen worden sein.

Dann muss B Unternehmer i.S.d. § 14 BGB, K Verbraucher i.S.d. § 13 BGB und

die gelieferten Sachen eine Ware gem. § 241a I BGB sein. Allein fraglich ist, ob

K als Anlagenbetreiber Verbraucher gem. § 13 BGB ist.

[39] (...). Gem. § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein

Rechtsgeschäfts zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer

gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet

werden kann. Wer auf seinem eigenen selbst bewohnten Privathaus

eine Photovoltaikanlage betreibt, ist unabhängig von der Größe der

Anlage nicht deshalb Unternehmer im Sinne von § 14 BGB. (..).

Damit liegt ein Verbrauchsgüterkauf zwischen K und B vor.

[40] (…). Gem. § 477 BGB wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrenübergang

mangelhaft war, wenn sich dieser innerhalb eines Jahres

zeigt. Die Drosselung des Speichers folgte für den Kläger erstmalig

am 19.03.2023. Im Mai 2023 erfolgte die sog. „Rückdrosselung“. Am

09.08.2023 erfolgte nach weiteren Brandvorfällen die erneute Drosselung

des Batteriespeichers des Klägers. Diese Drosslungen erfolgten

innerhalb jenes Zeitraums. (…).

Aufgrund dieser Abweichung von § 434 BGB wird vermutet, dass die Ware

zur Zeit des Gefahrübergangs mit einem Sachmangel behaftet war. Eine

schlüssige Darlegung zur Widerlegung der Vermutung gem. § 477 I 2. Hs.

BGB seitens der B fehlt. Damit liegt ein Mangel bei Gefahrübergang vor.

3. Weitere Rücktrittsvoraussetzungen gem. § 323 I Fall 2 BGB

Grundsätzlich muss der Käufer, der gegen den Verkäufer einen fälligen und

durchsetzbaren Anspruch auf Nacherfüllung i.S.d. §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB hat,

diesem vergeblich eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.

Vorliegend hat B das Vorliegen eines Mangels zu Unrecht verneint und damit

unberechtigt gem. § 323 II Nr. 1 BGB die Nacherfüllung verweigert. Damit war

das Setzen einer Nacherfüllungsfrist sowie ihr Ablauf entbehrlich.

4. Kein Ausschluss des Rücktrittsrechts gem. § 323 V BGB

K hat einen Teilrücktritt erklärt. Zu prüfen ist, ob ihm hierzu ein Recht zustand.

Ist die vom Schuldner bewirkte Leistung nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich

eines Teils mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftet (sog. Teilschlechtleistung),

ist § 323 V 2 BGB anwendbar. Danach wäre der Rücktritt

nicht möglich, wenn es sich um eine unerhebliche Pflichtverletzung handeln

würde. Ist der Mangel für den betroffenen Teil erheblich, so ist der Gläubiger

zum Teilrücktritt wegen des mangelbehafteten Teils der Leistung befugt. Die

Drosselung der Leistung auf nur noch 70 % Speicherkapazität ist ein erheblicher

Mangel, weshalb der Teilrücktritt zulässig ist.

K stand also das Rücktrittsrecht zu.

B. Ergebnis

K hat gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I Fall 2, 349, 346 I BGB einen Anspruch auf Rückzahlung

des Kaufpreises, soweit der Akkuspeicher betroffen ist.

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3. Problem des Falles:

Eigentümer mit Photovoltaikanlage

können steuerrechtlich als Unternehmer

gelten, zivilrechtlich sind sie

es nicht, wenn die Anlage auf dem

Dach der selbst genutzten Liegenschaft

betrieben wird.

Der Vortrag der B, die technischen

Probleme seien unvermeidlich, stellt

keine Widerlegung der Mangelvermutung

dar. Käufer können zu Recht

erwarten, dass eine angegebene Leistung

auch ohne Brandgefahr oder

Drosselung zur Verfügung steht.

Schließlich zahlen sie ja auch den

vollen Preis.

MüKo/Ernst, BGB, § 323 Rn 276

Ob die Teilschlechtleistung zu einem

Gesamtrücktritt führen kann, ist ein

anderes Problem, um das es im vorliegenden

Fall nicht ging.

Auf §§ 438 IV 1, 218 I BGB kam es

mangels Verjährung nicht an.

Fazit: Wer anderen eine Photovoltaikanlage

mit Akkuspeicher verkauft,

kann sich nicht mit unlösbaren technischen

Problemen herausreden,

wenn die versprochene Leistung nur

gemindert erbracht wird.


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