NK_01_2025_Limbeck
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ANGLERLATEIN:
PROFI-TIPPS FÜR KALT- UND
TELEFONAKQUISE
Als ich ein junger Kerl war, gab es
nichts, was ich so richtig gut konnte.
Ich war nicht besonders beliebt, denn
ich war nicht cool oder selbstsicher
oder witzig oder geistreich. Meine
Schulnoten waren meistens näher an
einer Vier als an einer Drei. Ich war
mittelmäßig im Sport, obwohl ich vieles
ausprobierte: Basketball, Handball,
Fußball. Wenigstens im Fußball
war ich etwas besser als der Durchschnitt,
aber auch das fand nach einer
Knieverletzung ein Ende.
Es gab nichts, was mich zum zukünftigen
Star machte. Aber ich hatte das
Glück, immer wieder auf die richtigen
Menschen zu treffen. Meine Englischlehrerin
zum Beispiel gab mir einen
der besten Tipps meines Lebens:
„Martin, dein Englisch ist miserabel.
Geh ein Jahr nach Amerika, sonst
wird das nie besser.“
Also ging ich zu meinem Vater und
sagte, ich wolle nach Amerika. „Wer
bezahlt das?“ war die Antwort. Ich
musste Geld beschaffen, besuchte
meine Oma und führte – in der Nachbetrachtung
– eines der wichtigsten
Verkaufsgespräche meines Lebens.
Sie gab mir die für mich damals unglaubliche
Summe von 12.000 Mark –
so viel sollte das Ganze kosten.
Zuerst aber sollte ich noch einen Eignungstest
machen. Am Ende sagte
der Prüfer zu mir: „Junger Mann, ist ja
grauenhaft. Wie wollten Sie denn mit
so einem miserablen Englisch dort
überleben? – Sie sind durchgefallen.“
Da stand also das Nein mitten im
Raum und wollte mich nicht vorbeilassen.
Ich dachte: „Ich fahr’ nicht nach
Amerika, aber eigentlich ist das gar
nicht schlimm. Denn nicht in Amerika
bin ich auch jetzt schon!“ Diese Ängste
sind tief sitzende, in unserer Persönlichkeit
verwurzelte Gefühle. Die
können Sie nicht einfach ausknipsen.
Aber so ein Amerika-Moment bringt
die Lawine ins Rollen. Was also gab es
groß zu verlieren? Höchste Zeit, dass
ich verkaufte und zum Abschluss
kam. Und um es kurz zu machen: Ich
fuhr nach Amerika. Warum ich das erzähle?
Weil Amerika so toll ist? Weil der
Limbeck so toll ist? Bullshit!
Bei mir war das so, dass ich zu Beginn
meiner Karriere noch ziemlich
unsicher war. Meine große Selbstsicherheit,
die ich zur Schau trug, war
nicht wirklich auf gutem Boden gewachsen.
Mein Selbstwertgefühl
war in Wahrheit ziemlich gering. Die
laute, bisweilen nassforsche oder
freche Art war aufgesetzt. Es funktionierte
ziemlich gut, aber ich bekam
natürlich auch Gegenwind und Ablehnung.
Je selbstsicherer mein Gegenüber,
desto leichter wurde ich entlarvt.
Dass mein Selbstwertgefühl noch
klein war, zeigte sich zum Beispiel darin,
dass ich ein Nein, Ablehnung,
Niederlagen, Absagen nur ganz
schwer ertragen konnte. Ich nahm
das sehr persönlich. Wäre es dabei
geblieben, hätte ich im Verkauf niemals
Fuß fassen können. Wer Ablehnung
im Verkauf persönlich nimmt,
wird irgendwann manisch-depressiv
und freundet sich mit Jack Daniels
an. Oder er wird zum Bittsteller und
Auftragsbettler beim Kunden. Ich arbeitete
stattdessen an mir, lernte aus
den Misserfolgen, wuchs an den Erfolgen
und wurde stärker.
Genauso wie Tiere merken, wenn einer
Angst hat, merkt auch der Kunde
ganz genau, wenn Ihr Interesse an
ihm geheuchelt und vorgespielt ist. Er
spürt ganz genau, ob Sie sich in dem
Verkaufsgespräch unwohl fühlen und
signalisieren, dass Sie in Wirklichkeit
schnell wieder gehen wollen. Er spürt
genau, ob Sie hier sind, weil Sie den
Umsatz dringend brauchen, oder ob
Sie ihn gerne machen wollen.
Was wir über andere sagen, sagt
etwas über uns selbst.
In allen Fällen ist die Chance groß,
dass Sie verlieren werden. Treten Sie
dem Kunden aber auf Augenhöhe
entgegen – freundlich, bestimmt und
offen – dann haben Sie eine echte
Chance auf Erfolg. Und Augenhöhe
– das geht nur mit Selbstwertgefühl.
Sonst ist die Selbstsicherheit überzogen
hoch.
Beobachten können Sie das beispielsweise
gut im Fernsehen: Da gibt
es ein paar Fernsehgesichter, die legen
eine grenzenlose Selbstsicherheit
an den Tag. Die leben davon, andere
Menschen zu verletzen, und
zwar bisweilen heftig, indem sie sie
an ihren Schwachpunkten angreifen
und fertigmachen. Das Publikum
lacht und grölt vor Schadenfreude
und Verblüffung über diese Dreistigkeit.
Ich kann mich da aber nur
fremdschämen. Denn ich sehe diesen
Leichtgewichten ihr geringes
Selbstwertgefühl an der Körpersprache
an. Wer es nötig hat, seine Selbstsicherheit
zur Schau zu stellen, indem
er Menschen, die weniger
selbstsicher sind, durch den Kakao
zieht, ist ein armes Würstchen. Wer
keinen Respekt vor anderen hat, der
hat keinen Selbstrespekt.
Monopoly für Erwachsene
Jeder Verkäufer kann eine positive
Aufwärtsspirale in Gang werfen, sobald
er aufhört, sich hinter aufgesetzter
Selbstsicherheit zu verstecken.
Und dann macht Verkaufen richtig
Spaß. Und das, was einem Top-Verkäufer
am meisten Spaß macht, ist
Kaltakquise.
Ich werde den Tag nie vergessen, als
ich nach dem vierwöchigen Verkaufsseminar
in der Kopierer-Firma in die
Kaltakquise ging. Gleich am Anfang
fuhr ich völlig ohne Voranmeldung
und ohne Kontakte ins nächstbeste
Gewerbegebiet. Meinen Suzuki Swift
mit den Rallyestreifen und Halogenscheinwerfern
hatte ich auf den Parkplatz
gestellt. Jetzt saß ich im Auto
und überlegte: Durch welche Firmentür
soll ich gehen? Der Angstschweiß
stand mir auf der Stirn. Ich stieg aus.
Weiche Knie. Meine schwarze Verkaufsmappe
klemmte ich unter den
Arm. Ich konnte mich nicht entscheiden:
Wäre es wohl besser, in die kleine
Firma zu gehen? Ach nee, da stehe
ich ja gleich vor dem Chef! Und der
Martin Limbeck
weiß vielleicht gar nicht, ob er einen
Kopierer braucht und sagt dann
„Nein“. – Vielleicht doch besser die
große Firma? Aber die haben einen
Empfang, an dem ich erstmal vorbeimuss.
Da werde ich schon weggeschickt,
bevor ich überhaupt einen zu
sehen kriege, der was zu sagen hat.
20 Minuten, fünf Zigaretten und ein
durchgeschwitztes Hemd später sagte
ich mir: „Ach, Shit, was soll’s – du
gehst einfach zu allen!“ Und dann
habe ich gemerkt: Das tut ja gar nicht
weh. Ablehnung gehört auch zum Geschäft,
aber sie trifft mich nicht mehr
persönlich.
Kaltakquise ist ein Kontaktsport. Viele
Kontakte, viele Verkäufe. So einfach
ist die Formel.
Ich gehe einfach über „Los“.
Martin Limbeck
Martin Limbeck ist Mehrfachunternehmer, Investor, sechsfacher Bestsellerautor
sowie einer der führenden Experten für Sales und Sales
Leadership in Europa. Mit seiner Gipfelstürmer Mentoring GmbH unterstützt
er nach dem Verkauf der Limbeck Group jetzt Unternehmer in
verschiedenen Formaten dabei, ein Sales-Mindset zu entwickeln, in
ihrer Firma Vertrieb zur Chefsache zu machen und sie zur Sales Driven
Company zu transformieren.
Mehr auf: https://gipfelstuermer-mentoring.de
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