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Moore und Moorschutz in Sachsen - Sächsische Landesstiftung ...

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<strong>Sächsische</strong> <strong>Landesstiftung</strong> Natur <strong>und</strong> Umwelt - Akademie<br />

Veranstaltung D 27/10<br />

<strong>Moorschutz</strong> <strong>in</strong>tegrativ – e<strong>in</strong>e Chance für das Erzgebirge<br />

29. April bis 01. Mai 2010 Eibenstock<br />

<strong>Moore</strong> <strong>und</strong> <strong>Moorschutz</strong> <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Zustand, Erhaltung <strong>und</strong> Schutz der <strong>Moore</strong><br />

Dr. habil. Siegfried Slobodda<br />

Dresden<br />

Foto: Dirk Wendel


1) <strong>Sachsen</strong>s <strong>Moore</strong> im Überblick<br />

(nach Edom u. Wendel 2008)<br />

<strong>Sachsen</strong> ist mit ca. 165 km2 Moorfläche (0,9 % der Landesfläche)<br />

e<strong>in</strong> vergleichsweise moorarmes B<strong>und</strong>esland.<br />

Hauptverbreitung:<br />

im kühl-humiden,<br />

niederschlagsreichen<br />

Bergland (10-40 % pro TK 10)<br />

<strong>in</strong> klimatisch relativ<br />

trockenen, aber<br />

gr<strong>und</strong>wassergeprägten<br />

Naturräumen des Tieflandes:<br />

(Dübener Heide: > 0 -20 %;<br />

Muskauer Heide. > 0-35 %<br />

pro TK 10)<br />

Rasterdarstellung der aktuellen Moorverbreitung <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> auf Gr<strong>und</strong>lage der TK 10<br />

(CONRAD & WENDEL <strong>in</strong> WENDEL 2008; Datenbasis: SCHMIDT et al. 2002)


Ökologische Moorgliederung (aus Succow & Jeschke 1986)


Ökologisch - phytozönologische Moortypen <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Nährstoffarm (oligotroph) - Anteile ca. 6 %<br />

Sauer-Armmoore Oberes Erzgebirge,<br />

größere Moorkomplexe der nördl.<br />

Oberlausitz (Dubr<strong>in</strong>ger Moor p.p.)<br />

Ziemlich arm - bis mäßig nährstoffreich (mesotroph) - Anteile 40 % bzw. 27 %<br />

Mesotroph-saure Zwischenmoore:<br />

Subneutrale Zwischenmoore<br />

Kalkhaltige Zwischenmoore (selten)<br />

Kräftig bis reich - Anteile > 25 %<br />

<strong>Sächsische</strong>s Tiefland (Laußnitzer Heide;<br />

Heidemore der nördl. Oberlausitz<br />

Bergland (Erzgebirge, Sächs. Schweiz)<br />

NW-sächsisches Tiefland:<br />

Dübener Heide (Wildenha<strong>in</strong>er Bruch p.p.,<br />

Sprottabruch);<br />

Oberes Erzgebirge (vere<strong>in</strong>zelt, z. B.<br />

Hermannsdorfer Wiesen)<br />

Leipziger Land: Bienitz südl.Leipzig †,<br />

Osterzgebirge: Gimmlitztal b. Hermsdorf<br />

Reichmoore Tief- <strong>und</strong> Hügelland (Schilfsümpfe,<br />

Teichverlandungen, Erlenbrücher)


Hydrologisch-entwicklungsgeschichtliche (hydrogenetische) Moortypen <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

1) Initiale / primäre Moorbildungen<br />

Verlandungsmoore: vom Gewässer zum Moor<br />

(limnisch → telmisch)<br />

Tiefland bis Bergland: Altwässer, Teiche, Talsperren, Bergbau-Restseen<br />

Versumpfungsmoore: vom terrestrischen zum telmischen Ökosystem<br />

Senken-Versumpfungsmoore <strong>in</strong> Niederungen <strong>und</strong> Senken<br />

Versumpfung durch<br />

Gr<strong>und</strong>wasser (NW-<strong>Sachsen</strong> / Dübener Heide: Wildenha<strong>in</strong>er Bruch,<br />

O-<strong>Sachsen</strong>: Laußnitzer Heide, Tagebaurestseen)<br />

Stauwasser bei Niederschlagsüberschuss (Erzgebirge, Elbsandste<strong>in</strong>gebirge)<br />

Hangwasserzulauf <strong>in</strong> abflusslose Senken; Bildung von Kesselmooren (Elbsandste<strong>in</strong>gebirge)


Hydrologisch-entwicklungsgeschichtliche (hydrogenetische) Moortypen<br />

<strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Hang-Versumpfungsmoore – mit Wasserzustrom<br />

Versumpfung durch<br />

Hangwasseraustritte oder Zwischenabfluss auf geneigter Oberfläche (Erzgebirge)<br />

Quell-Versumpfungsmoore an permanenten Quellaustritten<br />

An Schichtfugen- u. Kluftquellen (Mittelgebirge, Dübener Heide: Mäusebruch)<br />

Quellkuppenmoore mit artesisch gespanntem Gr<strong>und</strong>wasser ( Dübener Heide: Pressel;<br />

Oberlausitz: Dubr<strong>in</strong>ger Moor pp.)<br />

Auen-Überflutungsmoore<br />

Periodische bis episodische Überschwemmungen<br />

<strong>und</strong> Sedimentüberschüttungen (Tieflandsflüsse: Mulde; Erzgebirgsflüsse)


Hydrologisch-entwicklungsgeschichtliche Moortypen <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

2) Entwickelte / sek<strong>und</strong>äre, tertiäre … Moorbildungen<br />

Entwickelte soligene Hangmoore – aus Hang-Versumpfungsmooren<br />

Häufig: Akrotelm-Durchströmungsmoore<br />

Seltener: Überrieselungsmoore<br />

Niederschlagse<strong>in</strong>speisung (ombrogen) wird ausschlaggebend (Erzgebirge)<br />

Entwickelte lithogene Durchströmungsmoore - überwiegend mesotroph<br />

Größere Moorkomplexe im Tiefland –<br />

Durchströmung im Bereich von Gr<strong>und</strong>wasserleitern<br />

• Im obersten klimaabhängigen Gw-leiter: Akrotelm-Durchströmungsmoor<br />

(Dübener Heide: Zadlitzbruch; im Dubr<strong>in</strong>ger Moorkomplex: Zeißholzer Moor)<br />

• Unterhalb des Austrittes tieferer Gw.-leiter: Katotelm-Durchströmungsmoor<br />

Locker-schwammiger Torfkörper mit horizontaler Durchströmung<br />

(im Dubr<strong>in</strong>ger Moorkomplex: V<strong>in</strong>cenzmoor)<br />

Entwickelte ombrogene <strong>Moore</strong> = Regenmoore – sauer-oligotroph<br />

Hang- <strong>und</strong> Regenwasserspeisung - Hochmoore im Oberen Erzgebirge


Größere <strong>Moore</strong> s<strong>in</strong>d überwiegend Moorkomplexe !<br />

Bsp. Erzgebirgische Hochmoore: Hang-Regenmoore typisch - Komb<strong>in</strong>ation aus<br />

Hang-Versumpfungsmooren + Hang-Durchströmungsmooren + Regenmooren<br />

Erzgebirgische Regenmoore<br />

besitzen meist e<strong>in</strong><br />

hydrologisches E<strong>in</strong>zugsgebiet<br />

<strong>und</strong> gehen hangaufwärts oft <strong>in</strong><br />

m<strong>in</strong>erogene <strong>Moore</strong> über:<br />

Hang-Durchströmungs-,<br />

Hang-Überrieselungs-,<br />

Hang-Versumpfungs- <strong>und</strong><br />

Quell-<strong>Moore</strong> .<br />

Grafik: E. Freese nach SUCCOW & JESCHKE 1990<br />

Plateau-Regenmoore s<strong>in</strong>d deutlich über die Umgebung aufgewölbt oder<br />

liegen auf e<strong>in</strong>er Bergkuppe. Diese Moorteile werden alle<strong>in</strong> vom<br />

Niederschlagswasser gespeist <strong>und</strong> haben ke<strong>in</strong> hydrologisches<br />

E<strong>in</strong>zugsgebiet.


Heutiger Zustand <strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungen der sächsischen <strong>Moore</strong><br />

Die Moorstandorte s<strong>in</strong>d im Vergleich zu stratigraphisch nachgewiesenen,<br />

früher nassen Zuständen heute weitgehend trockener.<br />

Torfwachstum f<strong>in</strong>det nur noch <strong>in</strong> den wenigsten <strong>Moore</strong>n statt.<br />

Ke<strong>in</strong> Moor bef<strong>in</strong>det sich mehr im ursprünglichen Zustand –<br />

der Wasserhaushalt ist häufig deutlich gestört<br />

Hauptursachen für naturschutzfachlich kritische Zustände:<br />

Bee<strong>in</strong>trächtigungen durch<br />

• Entwässerungen (Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft): Grabensysteme<br />

• Oberirdische E<strong>in</strong>zugsgebiete für die Wassere<strong>in</strong>speisung<br />

(30-90 % Anteile!) s<strong>in</strong>d meist von den <strong>Moore</strong>n abgekoppelt<br />

• Torfabbau: Flächenverlust ca. 33 %<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserabsenkungen durch Bergbau, Rohstoffgew<strong>in</strong>nung,<br />

Wasserwerke sowie Wasser zehrende Forsten;<br />

vor allem im sächsischen Tiefland (Dübener Heide, Oberlausitz)<br />

• Stoffe<strong>in</strong>träge (Nähr- <strong>und</strong> Schadstoffe, klimarelevante Gase)<br />

Infolge der Degradierung von Moor-Ökosystemen<br />

Rückgänge bis Verluste moortypischer, d. h. Torf bildender Arten<br />

<strong>und</strong> ihrer Lebensräume


<strong>Moore</strong> <strong>in</strong> Schutzgebieten des Freistaates <strong>Sachsen</strong> (Stand 01.01.2008)<br />

Nachweis von <strong>Moore</strong>n <strong>in</strong> 76 von 211 sächsischen Schutzgebieten (NSG, NLP)<br />

Geschützte Moorflächen Σ ca. 3.500 ha – das s<strong>in</strong>d 7% der NSG-Flächen<br />

Geschützte Moorflächen: 21 % der gesamten sächsischen Moorfläche<br />

NSG <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> mit den größten Moorflächen<br />

Naturregion / Naturraum<br />

Tiefland NW-<strong>Sachsen</strong><br />

Dübener Heide<br />

Tiefland NO-<strong>Sachsen</strong><br />

Nördliche Oberlausitz<br />

Bergland / Mittelgebirge<br />

Mittl. Erzgebirge, Kammlage<br />

Bergland / Mittelgebirge<br />

Westerzgebirge, Kammlage<br />

NSG<br />

Presseler Heidewald- <strong>und</strong><br />

Moorgebiet<br />

Königsbrücker Heide<br />

Dubr<strong>in</strong>ger Moor<br />

Oberlausitzer Heide- <strong>und</strong><br />

Teichlandschaft<br />

Niederspreer Teichgebiet<br />

Mothäuser Heide<br />

Großer Kranichsee<br />

Moorfläche (ha)<br />

530<br />

234<br />

704<br />

93,5<br />

130<br />

204<br />

159


Feuchtgebiete <strong>und</strong> <strong>Moore</strong> <strong>in</strong> NATURA 2000 – Gebieten <strong>Sachsen</strong>s<br />

Anzahl<br />

Gesamt<br />

Anzahl<br />

FFH-Gebiete<br />

270<br />

SPA-Gebiete<br />

Gesamt<br />

77<br />

Anzahl FFH<br />

mit<br />

Feuchtgebieten<br />

u. <strong>Moore</strong>n<br />

85<br />

Anzahl SPA<br />

mit<br />

Feuchtgebieten<br />

u. <strong>Moore</strong>n<br />

34<br />

Σ Flächen<br />

FFH-Gebiete<br />

(ha)<br />

168.661 ha<br />

Σ Flächen<br />

SPA-Gebiete<br />

(ha)<br />

248.965 ha<br />

Σ FFH-Flächen<br />

mit<br />

Feuchtgebieten<br />

u. <strong>Moore</strong>n (ha)<br />

87,866 ha<br />

Σ SPA-Flächen<br />

mit<br />

Feuchtgebieten u.<br />

<strong>Moore</strong>n (ha)<br />

164,467 ha<br />

Recherche nach: SMUL (Hrsg.): Naturschutzgebiete <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> (Dresden 2008)<br />

Σ FFH-Flächen<br />

mit<br />

Feuchtgebieten u.<br />

<strong>Moore</strong>n: %<br />

52,1 %<br />

Σ SPA-Flächen<br />

mit<br />

Feuchtgebieten<br />

u. <strong>Moore</strong>n: %<br />

66,01 %


2) Moor- <strong>und</strong> Torfstandorte im Erzgebirge – im Überblick<br />

Quelle:<br />

UHLMANN, R. (2007): <strong>Moorschutz</strong>projekt des Naturparks Erzgebirge/Vogtland …<br />

Vor ~ 100 Jahren:<br />

Noch 166 Moorobjekte (ab 0,5 ha) – Gesamtfläche ca. 60 km2<br />

(Recherche nach Geologischen Spezialkarten 1 : 25 000)<br />

Neue Erfassungen (Torflagerstättenaufnahme, Forstliche<br />

Standortkartierung, Selektive Biotopkartierung,<br />

Luftbilder sowie Flächenbegehungen):<br />

Torflager > 1 ha, Torfmächtigkeit ≥ 40 cm: Gesamtfläche ca. 14<br />

km2<br />

Nur auf ca. 8,5 km2 noch mit Torflagern > 80 cm mächtig;<br />

meist gehölzbestanden,<br />

davon aber nur 80 – 90 ha mit Bergkieferngehölzen <strong>und</strong><br />

Bergkiefern-Fichtenbeständen


Den statistischen Angaben zu NSG mit <strong>Moore</strong>n stehen die Bef<strong>und</strong>e zum derzeitigen<br />

Zustand <strong>und</strong> den Bee<strong>in</strong>trächtigungen gegenüber<br />

Die Abgrenzung älterer Moor-NSG erfolgte oft noch ohne Berücksichtigung<br />

hydrologischer <strong>und</strong> klimatischer Schutzzonen<br />

Nur noch wenige Moor-NSG gelten als naturnah bis ger<strong>in</strong>g gestört (Σ 4 %):<br />

• Mothäuser Heide<br />

• Kle<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Großer Kranichsee,<br />

• Kriegswiese<br />

• Hochmoor Weiters Glashütte<br />

• Friedrichshaider Hochmoor<br />

Foto: D. Wendel<br />

NSG Kle<strong>in</strong>er Kranichsee NSG Großer Kranichsee<br />

Foto: W. Böhnert


<strong>Moore</strong> mäßig gestört - oder mit guter Regeneration (Σ 20 %)<br />

• Grünhaider Hochmoor<br />

• Jägersgrüner Hochmoor<br />

• Hormersdorfer Hochmoor<br />

• Moor am Pfahlberg<br />

• sowie <strong>Moore</strong> im Raum Kühnhaide – Reitzenha<strong>in</strong><br />

Foto: M. Schneider<br />

NSG Grünhaider Hochmoor NSG Hormersdorfer Hochmoor<br />

Foto: J+P Pönisch


Bei <strong>Moore</strong>ntwässerung oder -austrocknung<br />

s<strong>in</strong>kt die Obergrenze des Katotelms auf die Entwässerungstiefe ab.<br />

<strong>Moore</strong> wurden zerschnitten<br />

<strong>in</strong> h<strong>und</strong>erte „M<strong>in</strong>i-<strong>Moore</strong>“<br />

Beispiel:<br />

NSG Schwarze Heide-Kriegswiese<br />

Im sächsischen Erzgebirge<br />

ist mit 4000 bis 6000 km<br />

Gräben zu rechnen !<br />

In der entwässerten Zone<br />

entsteht e<strong>in</strong> degradierter<br />

Moorboden,<br />

<strong>in</strong> dem die Struktur der<br />

ehemals Torf bildenden<br />

Pflanzen zunehmend<br />

zerstört wird.<br />

Quelle: Vortrag D. Wendel 2008<br />

(Moorrevitalisierung im<br />

Klimawandel)


Stark gestört (Hochmoorreste; Σ 30 %):<br />

• Moosheide b. Marienberg<br />

• Siebensäure b. Neudorf<br />

• Achterheide u. Schwarze Heide b. Rübenau<br />

• Schwarze Heide b. Rübenau<br />

Foto: www.panoramio.com<br />

Siebensäure bei Neudorf<br />

(Trockenes Moor mit Torfstichkante)<br />

Völlig verändert<br />

(vollständig entwässert<br />

<strong>und</strong> aufgeforstet<br />

oder abgebaut):<br />

46 % !


Vorstudie<br />

3) <strong>Moore</strong> im Klimawandel - FuE-Projekte des LfULG<br />

FuE-Vorhaben „Folgewirkungen der Klimaänderungen für den Naturschutz<br />

– ausgewählte Ökosysteme <strong>und</strong> Arten“ (2004-2005)<br />

Forschungsnehmer: Büro für ökologische Studien / BfÖS Bayreuth/Chemnitz<br />

Büro Consult<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g GmbH / C&E Chemnitz<br />

Ziele<br />

Auswertung <strong>und</strong> räumliche Interpolation der vorliegenden regionalen<br />

Klimaprojektionen für <strong>Sachsen</strong><br />

Ableitung von Indizien <strong>und</strong> Trends über die möglichen Auswirkungen auf<br />

die Biologische Vielfalt<br />

Mögliche Folgen für ausgewählte, vor allem geschützte, seltene <strong>und</strong><br />

gefährdete Ökosysteme, Lebensräume <strong>und</strong> Arten <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Ableitung von geeigneten Maßnahmen <strong>und</strong> Strategien für den Naturschutz<br />

<strong>und</strong> die Landschaftspflege <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> im H<strong>in</strong>blick auf den<br />

prognostizierten Klimawandel


Vorarbeiten: Erstellung regionaler Klimaprojektionen<br />

Ausgehend von der im LfULG vorliegenden regionalen Klimaprojektion<br />

für <strong>Sachsen</strong> (WEREX III, ENKE 2003) wurden von 21 Klimastationen<br />

(davon 12 <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>) Messdaten <strong>und</strong> Modellergebnisse für 19<br />

meteorologische Größen ausgewertet <strong>und</strong> räumlich <strong>in</strong>terpoliert (auf die<br />

Landesfläche bezogen).<br />

Modellsimulationen für meteorologische Größen sowie hydrologische<br />

Klimaparameter <strong>in</strong> ihrer regionalen Ausprägung:<br />

Ausgangszustand Zeitfenster „Endzustand“<br />

(aus gemessenen Tagesreihen 1981-2000) Projektionen für 2050<br />

Beispiel für e<strong>in</strong>e Projektion:<br />

Regionale Veränderungen des<br />

Jahresniederschlags <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

bis 2050


Klimatische Wasserbilanz<br />

• Differenz von Niederschlag m<strong>in</strong>us Verdunstung <strong>und</strong> Transpiration (mm/a)<br />

• Verdunstung <strong>und</strong> Transpiration werden v. a. durch die Lufttemperatur bestimmt.<br />

• Die klimatische Wasserbilanz ist für die Veränderungen des Naturhaushalts von<br />

entscheidender Bedeutung,<br />

Quelle: Büro für ökol. Studien GdbR Chemnitz / Fa. CuE GmbH Chemnitz<br />

2005 (unveröff., erstellt im Auftrag des LfUG)


Flächenhafte Betroffenheit von <strong>Moore</strong>n durch Änderungen der klimatischen Wasserbilanz<br />

Die Abnahme der klimatischen Wasserbilanz nimmt generell von West nach Ost stark zu.<br />

Nordwestsachsen: Rückgänge der Wasserbilanz von 40-60 mm/Jahr.<br />

Osterzgebirge, Königsbrück-Ruhlander Heiden <strong>und</strong> Westlausitzer Hügel- <strong>und</strong> Bergland:<br />

Rückgänge von 60-80 mm/a.<br />

Die Lausitzer Naturräume (Bergland, Gefilde, Heide- <strong>und</strong> Teichlandschaft) liegen im Bereich der<br />

zweithöchsten <strong>und</strong> höchsten Veränderungsklasse (Rückgänge >80 mm/a).<br />

Die <strong>Moore</strong> <strong>in</strong> Nordostsachsen dürften erheblichen Bee<strong>in</strong>trächtigungen ausgesetzt se<strong>in</strong>.


Folgen des Klimawandels:<br />

Voraussichtlich sehr stark gefährdete FFH-Lebensraumtypen<br />

Gebirgsregenmoor <strong>in</strong> Regeneration<br />

(Mittl. Erzgebirge)<br />

Sauer-Zwischenmoor (Oberlausitz)<br />

Fotos: W. Böhnert<br />

Regenerierbare Hochmoore LRT 7120<br />

Anteile<br />

Feuchte- u.<br />

Nässezeiger<br />

76 %<br />

Anteile<br />

Kühle- <strong>und</strong><br />

Kältezeiger<br />

> 72 %<br />

Übergangs- <strong>und</strong> Schw<strong>in</strong>grasenmoore<br />

LRT 7140<br />

Anteile<br />

Feuchte- u.<br />

Nässezeiger<br />

> 82 %<br />

Anteile<br />

Kühle- <strong>und</strong><br />

Kältezeiger<br />

44 %


1. FuE-Folgeprojekt<br />

„Auswirkungen des Klimawandels<br />

auf wasserabhängige Ökosysteme“<br />

Teilvorhaben 1<br />

Fallstudie im Presseler Heidewald- <strong>und</strong> Moorgebiet (2005/2006)<br />

Auftragnehmer:<br />

Büro für ökologische<br />

Studien GdbR Chemnitz Fa. CuE<br />

GmbH<br />

Chemnitz<br />

Aufgabenstellung:<br />

Im Naturschutz-Großprojekt-Gebiet „Presseler Heidewald- <strong>und</strong><br />

Moorgebiet“ waren Zusammenhänge zwischen Klimawandel,<br />

Veränderungen des Wasserhaushaltes <strong>und</strong> der Moor-Lebensräume<br />

abzuleiten.


Untersuchungsraum Wildenha<strong>in</strong>er Bruch<br />

Wildenha<strong>in</strong>er Bruch: mesotroph-saures bis eutrophes Senken-Versumpfungsmoor<br />

mit hydrologisch gut abgrenzbarem E<strong>in</strong>zugsgebiet<br />

langsam strömendes Gr<strong>und</strong>wasser von N nach S<br />

Lage: Nordwestsachsen: Naturraum Düben-Dahlener Heide<br />

Geologie: Altmoränengebiet mit Stauch-Endmoränen (Saale-Eiszeit),<br />

Entstehung im Bereich e<strong>in</strong>er Schmelzwasserr<strong>in</strong>ne über Kies / Sand<br />

Relief: flach e<strong>in</strong>gesenkte, fast ebene Position<br />

© presseler-heide.de © J. Stegner<br />

Nach Austorfung (< 1790 – 1854) <strong>in</strong> Regeneration – aber lang andauernde,<br />

starke Gr<strong>und</strong>wasserabsenkung durch Gräben, im E<strong>in</strong>zugsgebiet durch Melioration,<br />

Kiefernaufforstung sowie Wasserentnahme (Tiefbrunnen Kossa)


Presseler Heidewald- <strong>und</strong> Moorgebiet mit Gr<strong>und</strong>wassermessstellen des LfUG<br />

E<strong>in</strong>zugsgebiet des Wildenha<strong>in</strong>er Bruchs


Berechnung der Wasserhaushaltsdaten:<br />

Hydrologisches E<strong>in</strong>zugsgebietsmodell<br />

WaSIM-ETH.<br />

Berechnung des aktuellen<br />

Wasserhaushaltes (Ist-Zustand):<br />

Niederschlag, Verdunstung,<br />

Gr<strong>und</strong>wasserneubildung,<br />

Zufluss/Speisung, Durch- <strong>und</strong> Abfluss mit<br />

gebiets<strong>in</strong>terner Segmentierung<br />

Simulation/Projektion der Veränderungen<br />

der für die Ökosysteme essentiellen<br />

hydrologischen Bed<strong>in</strong>gungen im<br />

Referenzgebiet für den Zeitraum 2040-2060<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit klimarelevanten<br />

Veränderungen von Bodeneigenschaften


Ableitung von Folgewirkungen der veränderten hydrologischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen für ausgewählte wasserabhängige Ökosysteme, ihre<br />

Biotoptypen <strong>und</strong> Arten<br />

Gegenüberstellung von<br />

- Klima- <strong>und</strong> Wasserhaushaltsprognosen –<br />

- Standortbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Lebensansprüchen ausgewählter Ökosysteme<br />

<strong>und</strong> Lebensraumtypen im H<strong>in</strong>blick auf Fortbestand <strong>und</strong> Entwicklung<br />

Nutzung von<br />

� Kenntnissen aus der Klimawirkungsforschung über die ökologischen<br />

Ansprüche von Lebensgeme<strong>in</strong>schaften im Referenzgebiet<br />

� geeigneten Kenngrößen/Indikatoren, wie z. B. ökologische Zeigerwerte<br />

(Faktorenzahlen) nach Ellenberg et al. 1992 –<br />

guter Abgleich F-Zahlen - gemessene mittlere Gr<strong>und</strong>wasserstände<br />

für ausgewählte FFH-LRT bzw. Pflanzengesellschaften


Mit dem Wasserhaushaltsmodell WaSIM-ETH wurden deutliche<br />

Gr<strong>und</strong>wasserabsenkungen aufgr<strong>und</strong> des Klimawandels prognostiziert, die<br />

ernsthafte <strong>und</strong> irreversible Veränderungen der Ökosysteme erwarten lassen:<br />

Im Gesamtgebiet wird sich der mittlere Gr<strong>und</strong>wasserstand im W<strong>in</strong>terhalbjahr<br />

um 29 cm absenken.<br />

Im direkten Bereich des <strong>Moore</strong>s geht der mittlere Wasserstand um ca. 10 bis<br />

40 cm zurück.<br />

Der Rückgang ist im südlichen Zentralbereich des <strong>Moore</strong>s am größten <strong>und</strong><br />

an den nordöstlichen Randbereichen am ger<strong>in</strong>gsten.<br />

Der Rückgang des Gr<strong>und</strong>wasserstandes ist im Sommer stärker als im<br />

W<strong>in</strong>ter.


Erlenwald,,<br />

frisch-feucht<br />

Staudenfluren<br />

Bi-Moorwald<br />

Pfeifengras-<br />

Bi-StEi-Wald<br />

Erlenbruch,<br />

nass<br />

StEi-Mischwälder,<br />

Quelle: Pflege- <strong>und</strong> Entwicklungsplan<br />

Presseler Heidewald- <strong>und</strong> Moorgebiet)<br />

(OEKOKART GmbH 1994)<br />

Untersuchungsgebiet Wildenha<strong>in</strong>er Bruch<br />

Aktuelle Vegetation (Kartenausschnitt von 1994)<br />

Zwischenmoor-Ges.<br />

Bu-Mischwälder,<br />

arm<br />

Bi-Kie-<br />

Wälder<br />

Schilfröhrichte<br />

Off. Gewässer<br />

Ohrweidengebüsche<br />

Schilfröhrichte,<br />

Moorgebüsche<br />

TrEi-<br />

Mischwälder,<br />

reich<br />

Kiefernforsten<br />

TrEi-Mischwälder,<br />

arm-feucht<br />

TrEi-Wälder,<br />

arm


Prognose: Ø Schwankungen des GW-Flurabstandes (W-Halbjahr)<br />

im Wildenha<strong>in</strong>er Bruch


Vegetationse<strong>in</strong>heiten im Untersuchungsgebiet Wildenha<strong>in</strong>er Bruch:<br />

Mittelwerte <strong>und</strong> 95%-Konfidenz<strong>in</strong>tervalle der Gr<strong>und</strong>wasserstände<br />

Gr<strong>und</strong>wasserstand [m]<br />

0,0<br />

-0,2<br />

-0,4<br />

-0,6<br />

-0,8<br />

-1,0<br />

-1,2<br />

Birken-Kiefern-<br />

Wälder<br />

Himbeer-Erlenwald<br />

Bruchwälder<br />

Moorwald-<br />

Entwicklungsstadien<br />

Birkenwälder<br />

Moorröhricht &<br />

Stillgewässer<br />

Ist<br />

Prognose<br />

Zwischenmoor-<br />

gesellschaften


Die Prognosen zeigen, dass aus dem Presseler Heide- <strong>und</strong> Moorgebiet die<br />

moortypische Vegetation weitgehend verloren gehen wird, falls ke<strong>in</strong>e<br />

Anpassungs- <strong>und</strong> Gegenmaßnahmen getroffen werden.<br />

1) Verm<strong>in</strong>derung des Abflusses bzw. wasserbauliche Erhöhung des<br />

Gr<strong>und</strong>wasserstandes:<br />

- E<strong>in</strong>stellen der Flächendränage<br />

auf ertragsarmen landwirtschaftlich genutzten Flächen der Umgebung<br />

mit Tendenz zur Vernässung.<br />

Die Absenkung des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels durch<br />

flächenhafte Dränage <strong>in</strong> den umgebenden Flächen wirkt sich als Randbed<strong>in</strong>gung<br />

auch auf die Moorflächen aus. E<strong>in</strong> Wiederanstieg des Gr<strong>und</strong>wassers auf den<br />

Moorflächen wird hierdurch weitgehend verh<strong>in</strong>dert.<br />

- E<strong>in</strong>stellen der Unterhaltung von Entwässerungsgräben <strong>in</strong> Waldbeständen.


2) Wasserbauliche Maßnahmen an den bestehenden Entwässerungsgräben:<br />

- aktive <strong>und</strong> kurzfristige Regulierung (Erhöhung) des Wasserstandes<br />

durch Wehre <strong>und</strong> Stauanlagen<br />

- gezielte Grabenverfüllungen <strong>und</strong> Sohlaufhöhungen<br />

- Unterlassen von Unterhaltungsmaßnahmen an den Gräben<br />

- Bereits bekannte Maßnahmen zur Wasserrückhaltung <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>wasseraufhöhung im Wildenha<strong>in</strong>er<br />

Bruch s<strong>in</strong>d für die Umsetzung von oberster Prioriät!<br />

Wenn das Presseler Heide- <strong>und</strong> Moorgebiet <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er naturschutzfachlichen Bedeutung<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft weitgehend erhalten werden soll,<br />

müssen die Maßnahmen umgehend <strong>und</strong> prioritär durchgeführt <strong>und</strong> ausgeweitet werden,<br />

um das Moorgebiet rechtzeitig auf den ablaufenden Klimawandel vorzubereiten.


2. FuE-Folgeprojekt<br />

„Auswirkungen des Klimawandels auf wasserabhängige Ökosysteme“<br />

Teilvorhaben 2:<br />

Fallstudie Gebirgs-Hangregenmoor Mothäuser Heide (2006-2008)<br />

NSG C 13 Fläche 414,10 ha<br />

FFH-Gebiet DE 5345-302 Gesamtfläche: 663 ha<br />

Auftragnehmer:<br />

• Büro Dr. Dittrich & Partner<br />

Hydro-Consult GmbH<br />

• Hydrotelm (F. Edom)<br />

• D. Wendel<br />

(TU Tharandt)<br />

• DUENE e. V. Greifswald<br />

(M. Theuerkauf)<br />

Naturräumliche E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung:<br />

Mittleres Erzgebirge, Kammhochflächen bei Kühnhaide<br />

Höhenlage: 729 m (NO: Wellnerbach) bis 793 m NN (N: Wildsberg)<br />

Foto: D. Wendel (2009)


Mothäuser Heide<br />

größtes Plateau-Hochmoor Ostdeutschlands<br />

E<strong>in</strong>griffe <strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungen<br />

• Görkauer Straße durch das Moor (ab 16. Jh.) mit Barrierewirkung –<br />

seitdem Wassere<strong>in</strong>speisung zunehmend unterbrochen<br />

• Torfstich (Ende 18. Jh.)<br />

• dichte Grabenentwässerung 1824-1854, Grabenberäumung bis 1875<br />

• Massive Bee<strong>in</strong>trächtigung durch SO2-Immissionen (Höhepunkt um 1980)<br />

• Auflichtungen <strong>und</strong> Kahlschlag <strong>in</strong> umgebenden Fichtenwäldern /-forsten<br />

Foto: D. Wendel<br />

Moor <strong>in</strong> guter Regeneration<br />

• offene Kernbereiche, Bergkiefern<strong>und</strong><br />

Fichtenmoorwälder - mit<br />

e<strong>in</strong>malig großem Vorkommen von<br />

Spirken-Moorwäldern<br />

• flächenhafte Grabenverlandung<br />

• partielle Wiedervernässung<br />

• sehr bedeutsame Flora sowie<br />

• Brutvogel- <strong>und</strong> Entomofauna


Fallstudie Mothäuser Heide: Arbeitsschritte (1)<br />

• Spezifiziertes Moormodul des Wasserhaushaltsmodells AKWA-M ®<br />

• Detaillierte paläoökologische Analysen (Pollen- <strong>und</strong> Großrestuntersuchungen) –<br />

unter Berücksichtigung von Häufigkeit/Verteilung der nachgewiesenen<br />

Taxa nach ihren standörtlichen Parametern - zur paläoklimatischpaläoökologischen<br />

Validierung des Modellkonzeptes;<br />

• überregionaler Pollenprofil-Vergleich für das Erzgebirge<br />

• Zeitvergleiche (retrospektiv, aktuell <strong>und</strong> prognostisch)<br />

zwischen Wasserhaushaltsgrößen <strong>und</strong> Klimaschwankungen<br />

• Ermittlung von flächendifferenzierten Vegetationsparametern,<br />

die für nachfolgende hydrologische Modellierungen GIS-kompatibel s<strong>in</strong>d<br />

• Ermittlung <strong>und</strong> Herausstellung der räumlich-funktionalen Beziehungen zwischen<br />

Moorwasserströmung <strong>und</strong> stroml<strong>in</strong>ienbezogenen Vegetationszonierungen<br />

• Ableiten der Ökotopzonierungen <strong>in</strong> Vergangenheit, Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft<br />

als Folge von Klima-, Wasserhaushalts- <strong>und</strong> Vegetationsänderungen


Fallstudie Mothäuser Heide: Arbeitsschritte (2)<br />

Projektspezifische Modellbildung (AKWA-M ®)<br />

Das hydrolomorphologische Gr<strong>und</strong>modell beruht auf der<br />

Erfassung des mooreigenen Reliefs <strong>und</strong> davon ausgehend den<br />

Stroml<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> –sektoren.<br />

Für die Berechnungen der Moorwasserdurchflüsse wurden die<br />

Sektoren <strong>in</strong> Segmente unterteilt.<br />

Für die Moorökologie bedeutsam s<strong>in</strong>d die hydrochemischen<br />

Eigenschaften der trophisch wirksamen Hang- <strong>und</strong><br />

Quellwasseranteile<br />

Zu berücksichtigen waren die wasserstandsabhängige<br />

Moorverdunstung auf offenen Sphagnumflächen <strong>und</strong> gesondert<br />

die Moorwaldverdunstung<br />

H<strong>in</strong>zu kommt der Nebelniederschlag, dessen Ermittlung <strong>und</strong><br />

Modellierung für die Verhältnisse des Erzgebirgskammes<br />

zugeschnitten wurden.


Mothhäuser Haide: Differenzierte Veränderungen des Wasserhaushaltes 1<br />

Zu erwarten:<br />

Weniger Niederschlag verr<strong>in</strong>gerte Abflüsse erhöhte Verdunstung<br />

• Die meisten Moorflächen s<strong>in</strong>d von klimabed<strong>in</strong>gter Austrocknung<br />

betroffen:<br />

Verr<strong>in</strong>gerte Wasserdurchflüsse -<br />

gilt v. a. für Standorte mit bislang großer Transmissivität<br />

(stark konvergierendes Relief <strong>und</strong>/oder große Teile<strong>in</strong>zugsgebiete)<br />

• Fortgesetzte Grabenverlandungen verbessern örtlich die Situation:<br />

Verr<strong>in</strong>gerte Profildurchflüsse e<strong>in</strong>iger Moorbäche<br />

können die Grabenverlandung <strong>und</strong> damit die Wasserhaltung fördern.<br />

• Parallele Entwicklungen zu erwarten:<br />

Zeitlich / räumliches Nebene<strong>in</strong>ander (Mosaik)<br />

aus Teilabschnitten mit Regeneration / Wiedervernässung<br />

<strong>und</strong> Teilabschnitten mit witterungsbed<strong>in</strong>gter Austrocknung


Moortopographie mit Standortsbezeichnungen:<br />

Mothhäuser Haide<br />

Moorabschnitte (mit hydrologischen Segmenten), Gewässer (Bäche u. Gräben) <strong>und</strong> Wegenetz<br />

© Dr. Dittrich & Partner Hydro-Consult GmbH / Hydrotelm F. EDOM 2008


Mothäuser Heide: Differenzierte Veränderungen des Wasserhaushaltes<br />

Geförderte <strong>und</strong> benachteiligte Moorteile<br />

weniger Wasser<br />

Grabenverlandung<br />

<strong>in</strong>itiiert/beschleunigt<br />

- Stabilisierung ?<br />

Mehr Wasser -<br />

nach Öffnung der<br />

Görkauer Straße


Prognose für künftige Ökotopzonierungen / Lebensraumtypen<br />

bei Moorregeneration<br />

Ablösung <strong>und</strong> Ersatz nasser durch wechselnasse bis trockenere Ökotope / Moor-<br />

LRT:<br />

• Torfmoor-Schlenken (7150), dystrophe Gewässer (3160)<br />

<strong>und</strong> offenes Hochmoor (7110*) – ger<strong>in</strong>ge Chancen !<br />

• → Bergkiefern-Moorgehölze (91D3*) – räuml. Verschiebung!<br />

• → Fichten-Moorwald (91D4*) - Ausbreitung!<br />

Die meisten Verluste betreffen voraussichtlich den LRT<br />

• offenes Hochmoor (7110*)<br />

bereits hohe Seltenheit <strong>und</strong> starke Gefährdung<br />

In gehölzbestandenen Moorteilen<br />

werden Gehölzbedeckung <strong>und</strong> Baumhöhen zunehmen<br />

Ablösung: Latschen → Spirken → Fichten


Klimawandel - Fazit für die Mothäuser Heide<br />

Trotz der Rückgänge an nässegeb<strong>und</strong>enen Ökotopen /LRT<br />

bleibt bei angenommener Klimaprojektion der Moorcharakter<br />

erhalten.<br />

E<strong>in</strong> großflächiges ombrotrophes Moor,<br />

v. a. mit den LRT 7110*, 7150<br />

kann sich <strong>in</strong> absehbarer Zeit aber nicht mehr entwickeln.<br />

Allenfalls entstehen e<strong>in</strong>zelne wasserreiche ombrotrophe<br />

Moorflächen.<br />

Die Vorbelastungen<br />

durch nutzungsbed<strong>in</strong>gte E<strong>in</strong>griffe der jüngeren <strong>Moore</strong>ntwicklung<br />

wirken sich auch künftig stärker aus<br />

als mögliche Folgen des Klimawandels !


Schutzstrategien für <strong>Moore</strong> des Erzgebirges<br />

unter Berücksichtigung des Klimawandels (nach EDOM & WENDEL 2008)<br />

• Fachübergreifender Schutz<br />

fachlich f<strong>und</strong>ierte Entwicklungskonzepte, die <strong>Moore</strong> <strong>in</strong> ihrer Entwicklung<br />

<strong>und</strong> als Ganzes, e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> ihre Umwelt, betrachten.<br />

• Ganzheitliche Ableitung von Pflege- <strong>und</strong> Entwicklungsmaßnahmen:<br />

- Revitalisierung: Dr<strong>in</strong>gender Bedarf nach Wiedervernässungsmaßnahmen für alle <strong>Moore</strong> -<br />

v. a. durch weiträumigen Grabenrückbau zur Erhaltung moortypischer nässeangepasster<br />

Arten <strong>und</strong> Biozönosen<br />

Grabenverbau / Wiederanb<strong>in</strong>dung der hydrologischen E<strong>in</strong>zugsgebiete<br />

Mothäuser Heide: Öffnung der Alten Görkauer Straße<br />

→ Kompensation des prognostizierten Wassermangels;<br />

z. T. Wiedervernässung von Moorteilen<br />

- Abpufferung ungünstiger chemischer sowie klimatischer E<strong>in</strong>flüsse<br />

(z.B. E<strong>in</strong>träge von Kalk, Dünger, NOx, W<strong>in</strong>doffenheit)<br />

- Ressourcenschutz (Energie- <strong>und</strong> Stoffausträge <strong>in</strong> Gewässer <strong>und</strong> Atmosphäre).


Schutzstrategien für <strong>Moore</strong> des Erzgebirges<br />

unter Berücksichtigung des Klimawandels (nach EDOM & WENDEL 2008)<br />

• Schutzzonierung<br />

- Kernbereich „Zone des zu schützenden Moorkörpers“)<br />

Je nach hydromorphologisch möglichem Zielzustand:<br />

Ungelenkte Sukzession (zu revitalisierende <strong>Moore</strong>),<br />

dauerhafte Pflege (Moorwiesen) - oder<br />

extensive Nutzung (natürlich trockene Moorwaldstandorte)<br />

- Hydrologische Schutzzone um den Kernbereich<br />

Rückbau / Vermeidung von Entwässerungsanlagen <strong>und</strong> Wasserbarrieren<br />

Unterlassung bzw. verträgliche E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung von Düngung / Kalkung)<br />

raumbezogene Gr<strong>und</strong>lage zur Prüfung von E<strong>in</strong>griffen<br />

Planungssicherheit für die Landnutzer durch konkrete Festlegungen<br />

- Klimaschutzzone für klimatisch stark exponierte <strong>Moore</strong><br />

M<strong>in</strong>derung der W<strong>in</strong>dgeschw<strong>in</strong>digkeit (Belassung oder Etablierung stabiler<br />

Dauerwaldbestände)<br />

erhöhte Verdunstung <strong>in</strong> der Umgebung durch Wiedervernässung umliegender<br />

Feuchtgebiete<br />

- Faunistische Schutzzone<br />

Sicherung der Anforderungen an Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung <strong>und</strong> Migration.<br />

Abschirmung von Störwirkungen


4) Fachkonzept für e<strong>in</strong> <strong>Sächsische</strong>s Informationssystem<br />

zur Lage <strong>und</strong> Verbreitung von <strong>Moore</strong>n<br />

<strong>und</strong> anderen organischen Nassstandorten (SIMON)<br />

Laufendes FuE-Vorhaben des LfULG ab 2007<br />

Aufgaben:<br />

• Bündelung boden- <strong>und</strong> naturschutzfachlicher, hydrologischer,<br />

geologischer, klimatischer <strong>und</strong> weiterer zweckdienlicher Informationen<br />

• Interdiszipl<strong>in</strong>äre Auswertung <strong>und</strong> nutzungsorientierte Darstellung<br />

der gesammelten Daten<br />

• Erster Teilschritt: Erarbeiten fachlich-<strong>in</strong>haltlicher <strong>und</strong> methodisch-<br />

funktionaler Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Zielsetzung<br />

- Recherche vorhandener <strong>und</strong> beschaffbarer Unterlagen<br />

- Sondierung <strong>und</strong> Prüfung der Ausgangsdaten<br />

- Ableitung e<strong>in</strong>es methodisch-fachlichen Konzeptes<br />

für die Ermittlung der Datenbasis für SIMON<br />

- Fachliche Entwicklung von ersten Auswertungsmodulen<br />

(z.B. Modellierungen, Trendaussagen)<br />

- Entwicklung von Anforderungen an e<strong>in</strong>e DV-Lösung


Inhaltliches <strong>und</strong> funktionales Gesamtkonzept –<br />

Anforderungen an SIMON<br />

1. Lage- <strong>und</strong> flächenmäßige Erfassung von <strong>Moore</strong>n <strong>und</strong><br />

organischen Nassstandorten sowie deren natürlichen E<strong>in</strong>zugsgebieten<br />

2. Dokumentation des Ist-Zustandes<br />

(z. B. Ausstattung, Vorkommen geschützter <strong>und</strong> gefährdeter Arten,<br />

Schutzstatus, vorhandene geowissenschaftliche Daten)<br />

3. Bewertung (Natürlichkeit, Seltenheit, Nutzungs<strong>in</strong>tensität, Gefährdung,<br />

Stoffaustragspotenzial, C-Pool, Regenerationspotenzial etc.)<br />

4. Monitor<strong>in</strong>g (Veränderungen von Nutzung <strong>und</strong> Ausstattung)<br />

5. Flächenauswahl zur Maßnahmenplanung<br />

6. Maßnahmenüberwachung<br />

7. Erfolgskontrolle (vgl. Punkt 4)


Gr<strong>und</strong>satz für den Aufbau von SIMON:<br />

Aufnahme <strong>und</strong> Dokumentation objektiver geowissenschaftlicher<br />

<strong>und</strong> biowissenschaftlicher Daten <strong>in</strong> die Datenbank<br />

darauf aufbauend<br />

Ableitung von Theorien <strong>und</strong> Typisierungen, wie z. B. zur Genese<br />

von <strong>Moore</strong>n <strong>und</strong> Substraten, Natürlichkeitsgrad <strong>und</strong> Nutzungs<strong>in</strong>tensität<br />

anhand von e<strong>in</strong>heitlichen Methoden<br />

Neben den Basisdaten werden wesentliche adm<strong>in</strong>istrative <strong>und</strong><br />

geographische Daten wie der Name des <strong>Moore</strong>s, Moorkomplex-ID,<br />

Flächengröße, Nummer der TK10 bzw. TK25, Schutzgebiete <strong>und</strong><br />

Geme<strong>in</strong>de- bzw. Landkreiszugehörigkeit <strong>in</strong> der Datenbank gespeichert.<br />

Anhand dieser Daten können für jede Moorfläche Zuständigkeiten<br />

schnell ermittelt oder Übersichtsstatistiken erstellt werden.<br />

Datenbank zur Maßnahmenplanung, –umsetzung <strong>und</strong><br />

Erfolgskontrolle (Monitor<strong>in</strong>g)


Beispiel für Konzeptionskarten zur Datenaufnahme<br />

Vergleich der nach verschiedenen Datengr<strong>und</strong>lagen für SIMON relevanten Flächen<br />

für den Bereich Große Säure / Großer Kranichsee bei Carlsfeld<br />

Darstellung der CIR-BTLNK (1. Durchgang) für die Moorkomplexe


Entwicklung von Moorkomplex-Steckbriefen<br />

Beispiel Steckbrief (Schritt 1)<br />

Geographische <strong>und</strong> Basisdaten:<br />

adm<strong>in</strong>istrative Angaben:<br />

- ID<br />

- Landkreis(e)<br />

- Geme<strong>in</strong>de(n)<br />

- TK<br />

- Naturraum<br />

(Makrochoren)<br />

- Gesamtfläche<br />

- Flächenanteil Torf<br />

> 30 cm<br />

- Anzahl Teilgebiete<br />

- Anzahl Torfkerne<br />

- Flächenanteil Wald,<br />

Grünland, Acker,<br />

Siedlung, sonstiges<br />

- Schutzgebiete:<br />

- Art <strong>und</strong> Name<br />

- Fläche<br />

- Flächenanteil<br />

Abgeleitete Sek<strong>und</strong>ärdaten:<br />

- Schutzwürdigkeit (Grobe E<strong>in</strong>schätzung)<br />

- Schutzgrad (ger<strong>in</strong>g, mittel, hoch)<br />

- Mooranteil im Naturraum (ger<strong>in</strong>g, mittel, hoch)<br />

- geschützte Biotope<br />

- Anzahl<br />

- Fläche<br />

- Flächenanteil<br />

- FFH-LRT<br />

- Art<br />

- Erhaltungszustand<br />

- Fläche<br />

- Flächenanteil<br />

- unterlagerndes Geste<strong>in</strong><br />

Locker-, Festgeste<strong>in</strong>)


V ielen D ank für die A ufm erksam keit !<br />

Foto: D. Wendel

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