07.01.2025 Aufrufe

meinpferd_2_20250107

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Mein

2 • Februar 2025 • www.mein-pferd.de

Thema

des Monats

Auf den

Magen geschlagen

- Magenprobleme verhindern

- Im Krankheitsfall richtig

behandeln

Pferde

leiden stumm

Schmerzen erkennen

lernen

Was Oma und

Opa noch wussten

Die besten Hausmittelchen

für die Stallapotheke

Aktive

Hinterhand

Deutschland 7,00 €

Österreich 7,90 €

Schweiz 11,50 sfr

Belgien 8,30 €

Luxemburg 8,30 €

Tuning für den Motor: Mehr Power, weniger

Verschleiß, bessere Performance

IN SZENE GESETZT: So gelingt das perfekte Pferdefoto


ECHTE WERTE

GEMEINSAM AB FRÜHJAHR 2025

SEI DABEI


EDITORIAL

Pferdefütterung. Individualisiert.

Auch die kalte

Jahreszeit hat ihre

schönen Seiten

Plantagines+C ®

Cover: Claudia Rahlmeier, Fotos: slawik.com (1), Privat (1)

Völlige Ruhe

Winter ist für viele Pferde besitzer die Zeit, zu

der man das Reiten gerne aufgeben möchte.

Es ist oft kalt und stürmisch und die zwanghafte

tägliche Stallarbeit wird oft zum Graus.

Gut ausgestattet mit Winterhose, dicken Stiefeln

und Mantel machen wir uns dann täglich

auf zu unserem Pferd und versorgen es,

bevor es wieder ins war me Auto geht und

die Heizung voll aufgedreht wird und das

Gebläse einem wohltuend ins Gesicht pustet.

Im Gegensatz zum Sommer bringt diese

Zeit jedoch auch etwas mit sich, was in der

heutigen stressigen Zeit zu einem wertvollen

Gut geworden ist: Ruhe. Fontane beschrieb

die absolute Ruhe des Winters einst: „Alles

still! Es tanzt den Reigen, Mondenstrahl

in Wald und Flur, Und darüber thront das

Schweigen, Und der Winterhimmel nur: Alles

still! Vergeblich lauschet, Man der Krähe

heisrem Schrei. Keiner Fichte Wipfel rauschet,

Und kein Bächlein summt vorbei.“

Die Ruhe, die man in der Natur wahrnimmt,

kann auch etwas Befreiendes mit

sich bringen. Man findet mehr zu sich und

kann dem Stress besser entfliehen. Das Gefühl

des ersten Schnees im Jahr löst in mir

beispielsweise immer noch eine kindliche

Freude aus; Waldspaziergänge, bei denen

man einzig das knirschende Geräusch unter

den Schuhsohlen vernimmt, während der

Rest um einen herum völlig still ist, wird

wohl für mich immer wunderschön bleiben.

Auch meine Pferde lieben den Schnee –

dann leben sie richtig auf, spielen mit ihrer

Herde und verhalten sich ebenfalls so, als

seien sie wieder „Kinder“. Ich wünsche Ihnen,

dass auch Sie den Winter von seiner

schönen Seite sehen und etwas runterfahren

können.

Und falls nicht, dann bleiben Sie optimistisch,

denn alles hat ein Ende – auch die kalte

Jahreszeit!

Viel Spaß beim Lesen!

Lara Wassermann

CHEFREDAKTEURIN MEIN PFERD

Entwickelt für die

Atemwege

Plantagines+C

• Zur nutritiven Unterstützung der

Atemwege, der Selbstreinigungsfunktion

der Pferdelunge und

des Immunsystems

• Bei Reizungen der Atemwege,

z. B. durch Stäube, Schimmelpilze

oder Schadgase

• Zur Heuaufwertung bei Raufutter

von einseitigen oder

stickstoffüberdüngten Wiesen

Frei und unbelastet

durchatmen!

Wir beraten Sie gerne - rufen Sie uns an:

+49 (0) 8805 / 9202 0

www.iwest.de

E-Mail: info@iwest.de

IWEST-Tierernährung

Dr. Meyer GmbH & Co. KG

Hinterschwaig 46

82383 Hohenpeißenberg

Bild: Christiane Slawik


Inhalt

FEBRUAR

2025

▷ kennzeichnet die Coverthemen

TITELTHEMA

▷ Aktive Hinterhand............................. 12

Mehr Power, weniger Verschleiß,

bessere Performance: So aktivieren

Sie die Hinterhand

HALTUNG &

GESUNDHEIT

Böden ....................................................... 24

Wir erklären, welcher Bodenbelag welche

Besonderheiten hat

▷ Pferde leiden stumm ..................... 30

So erkennen Sie Schmerzen

beim Pferd

54

Quark, Sauerkraut

und Honig: Wie helfen

diese Hausmittel?

12

Schluss mit Schlurfen!

So aktivieren

Sie die Hinterhand

Tief in die Seele eingebrannt .... 36

Traumata erkennen, Psyche verstehen

und traumatisierten Pferden richtig

helfen - So geht's!

▷ Was Oma und Opa

noch wussten ..................................... 54

Die besten Hausmittel

für die Stallapotheke

20 Fakten ... über psychische

Störungen ................................................ 58

EQUIPMENT

Weich gebettet .................................. 60

Optik, Form und Beschaffenheit:

Welche Rolle diese Eigenschaften bei

Sattelunterlagen wirklich spielen

ABENTEUER &

REPORTAGE

▷ In Szene gesetzt ................................ 76

So gelingt das perfekte Pferdefoto

76

Ohren gespitzt, ein wacher

Blick und zack, das gelungene

Foto ist im Kasten

4 www.mein-pferd.de 2/2025


RUBRIKEN

Editorial ................................ 3

Galerie .................................. 6

News ......................................... 8

Sportnews ........................... 10

Was wurde aus.................... 11

Impressum .......................... 21

Frage des Monats .............. 22

Recht .................................... 68

Leserfoto-Voting ................ 72

Marktplatz ........................... 74

Vorschau März .................... 82

DER DIREKTE DRAHT

REDAKTION

Tel.: 040/38906-475

redaktion@mein-pferd.de

ANZEIGENLEITUNG

Janina Jacobsen

Tel.: 040/38906-260, Fax: 040/38908-6260

janina.jacobsen@mein-pferd.de

ABONNEMENT

Tel.: 040/38906-880, Fax: 040/38906-885

abo@mein-pferd.de

EINZELHEFT BESTELLUNGEN

Fax: 040/38906-595

heftnachbestellung@jahr-tsv.de

ONLINE

www.mein-pferd.de

www.facebook.de/

meinpferd

www.instagram.com/

meinpferd.magazin

THEMA DES MONATS

Magen

42 Verborgene Vorgänge

Im Magen finden Verdauungsvorgänge statt,

die ganz genau einem bestimmten Schema

folgen sollten.

44 Magengeschwüre

Neben Fütterungsfehlern gibt es viele Faktoren, die

zu Magengeschwüren führen – vor allem ein

Auslöser wird häufig nicht ernst genug genommen.

48 Wichtige Rohfaser

Heu ist das A und O in der Pferdefütterung.

Unter anderem, weil es viel Rohfaser enthält und

im Magen für eine gute Balance der Verdauungssäfte

sorgt. Aber gibt es noch Alternativen, die das

Gleiche können?

Fotos: Getty Images (1), slawik.com (3)

50 Obst-Salat

Ein paar Tipps, welche Obst- und Gemüsesorten

Pferde fressen dürfen und eine Antwort auf die

Frage: Sollte altes Brot eher im Mülleimer statt im

Futtertrog landen?

52 Wenn es drückt

Magengeschwüre und Gurtzwang gehen oft miteinander

einher. Aber was von beidem war der

Auslöser und was die Folge?

2/2025

www.mein-pferd.de

5


6 www.mein-pferd.de 2/2025

FOTO DES MONATS


Spritziger Wirbelwind

Sobald es draußen kälter wird, werden die Pferde spritziger. Die einen

Reiter freut es, die anderen seufzen beim dritten Buckler innerhalb

eines Trainings genervt auf. Aber woran liegt es, dass Pferde im Winter

manchmal zum Heißsporn unterm Sattel mutieren? Das liegt mitunter

an den kalten Temperaturen – aber nicht etwa, weil Pferde dadurch

mehr Energie bekommen, sondern weil sie einfach weniger rauskommen

und sich dadurch weniger bewegen. Natürlich spielt auch die

Fütterung eine wichtige Rolle. Werden Pferde weniger bewegt – egal

ob es am reduzierten Weidegang oder am mangelnden Training liegt –,

benötigen sie einfach weniger Kraftfutter.

Foto: slawik.com

2/2025

www.mein-pferd.de

7


SZENE NEWS

Soenke Lauterbach hat vorzeitig die FN auf

eigenen Wunsch hin verlassen

Um den Schutz von Weidetieren gewährleisten zu können, muss die Wolfsregulierung angepasst

Umweltminister: Blockaden beenden

WOLFSREGULIERUNG Anlässlich

der Herbst-Umweltministerkonferenz im

rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler

fordern die Deutsche Reiterliche

Vereinigung (FN), Bauernverbände, Landnutzer-

und Weidetierhalterverbände die

Politik in einer gemeinsamen Erklärung auf,

die Blockade gegen eine Regulierung des

Wolfsbestandes in Deutschland endlich

aufzugeben. Aus Sicht der Verbände in

Deutschland und Europa sei der Wolfsbestand

nicht mehr gefährdet. Dies bestätigte

auch die EU-Kommission. Bernhard Feßler,

Leiter des FN-Hauptstadtbüros , erklärt:

„Es muss jetzt endlich was passieren, wir

streiten seit Jahren um das Thema Wolf für

unsere Pferdehalter und fordern mit konkreten

Vorschlägen ein regional differenziertes

Bestandsmanagement, das die Regulierung

von Wölfen rechtsicher macht. Auch die EU

hat kürzlich für das Absenken des Schutzstatus

des Wolfes gestimmt.“ Nur durch

Herdenschutzmaßnahmen seien Weidetiere

nicht mehr ausreichend geschützt, und auch

schnelles Reaktionsmanagment reiche für

einen umfassenden Schutz nicht aus. Es

bedarf daher einen vorbeugenden Herdenschutz,

welcher eine deutliche Reduzierung

des Wolfsbestandes in Deutschland

beinhalten soll. Die Verbände fordern unter

anderem die Herabstufung des Schutzstatus

des Wolfes in der Berner-Konvention und

der FFH-Richtlinie, die Verankerung eines

einfachen, praxistauglichen und rechtssicheren

Verfahrens zum Abschuss von übergriffigen

Wölfen, die vollständige Umsetzung

des europäischen Naturschutzrechts in

Deutschland hinsichtlich der Ausnahmen

vom strengen Artenschutz zur Regulierung

des Wolfsbestandes und die unverzügliche

Meldung des günstigen Erhaltungszustandes

des Wolfes in Deutschland an die

Europäische Kommission.

▶ www.pferd-aktuell.de

Posten bei FN

neu besetzt

DEUTSCHE REITERLICHE VER-

EINIGUNG (FN) Soenke Lauterbach

war lange des Geschäftsführenden Vorstandes

und Generalsekretär der Deutschen

Reiterlichen Vereinigung (FN). Nun verließ er

zum Ende des Jahres 2024 die FN auf eigenen

Wunsch, obwohl sein Vertrag noch bis

September 2025 laufen sollte. Diesen hatte

Soenke Lauterbach im Sommer 2024 bereits

fristgerecht gekündigt. Das Präsidium kam

in einer Sitzung am 11. Dezember seinem

Wunsch nach einer vorzeitigen Beendigung

der Tätigkeit nach. Der neu gewählte FN-

Präsident Martin Richenhagen sagte dazu:

„Wir danken Soenke Lauterbach für seine

langjährige Tätigkeit für die Deutsche Reiterliche

Vereinigung und wünschen ihm für

seine berufliche Zukunft alles Gute.“ Auch

wenn er nun vorzeitig das Amt verlassen hat,

wird Soenke Lauterbach seine Wahlämter in

den Vorständen des Weltverbandes FEI und

des Europaverbandes EEF bis zum Ende

der Wahlperiode weiter ausfüllen. Nun soll

zügig das Verfahren zur Nachbesetzung des

Postens aufgenommen werden. Prof. Martin

Richenhagen, ehemaliger CEO des US-amerikanischen

Agrarunternehmens AGCO,

wurde im Rahmen einer außerordentlichen

Mitgliederversammlung an die Spitze des

Verbandes gewählt. Bei der Wahl erreichte er

96 Prozent. „Mein Job ist nicht die Vergangenheit

aufzuarbeiten, sondern die Zukunft

zu gestalten und das mit einer engagierten

Truppe,“ sagte Prof. Martin Richenhagen

nach der Wahl. Außerdem bedankte er sich

für das Vertrauen der Delegierten. Mit einem

solch deutlichen Ergebnis hat der 72-Jährige

nicht gerechnet. Neuer FN-Finanzkurator ist

der Berliner Rechtsanwalt und Steuerberater

Peter J.P. Krause. Dieser wurde bereits 2006

zum Schatzmeister des Pferdesportverbandes

Berlin Brandenburg gewählt.

▶ www.pferd-aktuell.de

HOCH HINAUS...

Peter Thomson bleibt Bundestrainer

Neben Otto Becker (Springen) und Monica

Theodorescu (Dressur) wird auch Peter

Thomson im Amt, und damit Bundestrainer

Vielseitigkeit, bleiben. Damit führen drei

Olympiasieger als Trainer ihre Disziplinen

8 www.mein-pferd.de 2/2025


weiter an. Im Trainerteam gab es aber

weitere Veränderungen: Ab 2025 sind nun

auch Mannschaftsolympiasieger Andreas

Dibowski, Jérôme Robiné und Lara Weber.

▶ www.pferd-aktuell.de

...TIEFER FALL

Für Kurzpferde & Ponys

EL PRIMERO

Ein krankes Pferd war am Abend des

20. Dezember 2023 auf einer Wiese in einer

Gemeinde am Kamp zusammengebrochen

und konnte nicht mehr aus eigener Kraft

aufstehen. Die Besitzer ließen es dort und-

Auch im nächsten Jahr kooperieren die FN, ARD,

ZDF und die Dritten Programme

Eine Stute wurde von ihren Besitzern hilflos auf

der Weide zurückgelassen

behandelt liegen. Am nächsten Tag musste

das Tier eingeschläfert werden. Nun wurde

das Ehepaar wegen Tierquälerei schuldig gesprochen:

Der Mann muss für zehn Monate

ins Gefängnis, die Ehefrau erhielt acht

Monate auf Bewährung.

▶ www.propferd.at

kenntnis zum Pferdesport in Deutschland.

Wir sind sehr froh, dass unsere erfolgreichen

Spitzensportler damit auch im eigenen Land

die Bühne bekommen, die sie verdienen“,

ergänzt Soenke Lauterbach, ehemaliger

Generalsekretär der FN. Auch ARD-Sportkoordinator

Axel Balkausky und ZDF-Sportchef

Yorck Polus freuen sich über die Verlängerung

des Vertrags und der damit verbundenen

Sportberichterstattung. " Unsere

Zuschauerinnen und Zuschauer schätzen

die Vielfalt unseres Sportangebots. Zu dieser

trägt auch unsere Berichterstattung von

den Highlights im Reitsport kontinuierlich

bei. Und das setzen wir sehr gerne fort und

werden so den Fans des Pferdesports auch

künftig ein Programmangebot machen

können", so Yorck Polus.

▶ www.pferd-aktuell.de

Der ideale

Begleiter für

Gelände, Wandern

und Dressur

Fotos: IMAGO/ imagebroker (1), /Jacques Toffi (1), /Rau (1) / slawik.com (2)

ARD und ZDF verlängern

Vereinbarung

mit FN

REITSPORTVERANSTALTUNGEN

werden auch weiterhin in ARD, ZDF und

den Dritten Programmen zu sehen sein.

Hierzu dient eine Verständigung zwischen

SportA – der Sportrechteagentur von ARD

und ZDF – und der Deutschen Reiterlichen

Vereinigung (FN) als Grundlage, den auslaufenden

Vertrag über audiovisuelle Verwertungsrechte

um einen weiteren Vertragszyklus

zu verlängern. „Wir freuen uns, die

erfolgreiche Zusammenarbeit mit ARD, ZDF

und den Dritten Programmen fortzusetzen.

Diese Partnerschaft ermöglicht es uns, den

Pferdesport einem breiten Publikum näherzubringen

und herausragende Turniere ins

Rampenlicht zu stellen“, sagt Georg Ettwig,

Leiter Marketing und Kommunikation der

FN. „Diese Verlängerung ist ein klares Be-

KALENDER

▷ PM-Webinar: Der Rücken – die

Brücke

Kosten: 10 Euro (PM), 20 Euro (Nicht-PM)

Datum: 14. Januar 2025

Ort: online/virtueller Seminarraum

▷ PM-Seminar: Bodenarbeit mit

dem Pferd – pferdegerecht kommunizieren

Kosten: 20 Euro (PM), 30 Euro (Nicht-PM)

Datum: 28. Januar 2025

Ort: 14624 Dallgow-Döberitz

▷ PM-Webinar: Schreckgespenst

Hufrehe – was steckt dahinter?

Kosten: 10 Euro (PM), 20 Euro (Nicht-PM)

Datum: 11. Februar 2025

Ort: online/virtueller Seminarraum

▶ www.pferd-aktuell.de

2/2025

www.mein-pferd.de

9

www.iberosattel.de

Tel: 09179 964 117


SPORT NEWS

vor dem Weltcupspringen über zwei Siege

freuen: Er gewann mit Vestmalle de Cotis

das Hauptspringen am Freitag und den

Großen Preis am Samstag.

▶ www.st-georg.de

Werth und

Wendy gewinnen

STUTTGART Olympiasiegerin Isabell

Werth ist hervorragend mit Wendy zusammengewachsen:

Das Paar gewann den

Grand Prix in der Stuttgarter Hanns-Martin

Cathrine Laudrup-Dufour gelang eine persönliche Bestleistung in Stockholm

Persönliche

Bestleistung

der in Erinnerung rufen, dass sie erst zehn

Jahre alt ist. Es ist großartig und es ist ein

Vergnügen sie zu reiten.“

▶ www.st-georg.de

Fotos: IMAGO/ Stefan Lafrentz

CATHRINE LAUDRUP-DUFOUR

gewann bei der "Sweden International Horse

Show" in Stockholm. Sie erritt mit auf der

Stute Mount St John Freestyle ihre neue

persönlichen Bestleistung: 90,715 Prozent.

Mit dem Sieg in der Grand Prix Kür sicherte

sie sich damit auch 71.000 Euro Preisgeld.

Nach der Prüfung schwärmte die Reiterin

von ihrem Pferd: „Sie ist einfach wunderbar

und ich habe heute gespürt, dass sie

heute im positiven Sinne ein kleines bisschen

griffiger war. Ich fühle, dass ich jetzt

beginnen kann, mit ihr zur Musik zu tanzen.

Sie erlaubt mir, sehr weich und mit feinen

Hilfen zu reiten, sodass alles noch einfacher

war. Die anspruchsvollen Linien waren heute

sehr gelungen und ich habe es geschafft die

komplexen Lektionsfolgen weich und fein zu

reiten. Es ist immer ein gutes Gefühl, wenn

du aus der Arena kommst und es geschafft

hast mit der Musik zu reiten und alles so

funktioniert, wie du es dir vorgestellt hast.

Aber natürlich hat es mich besonders stolz

gemacht, über 90 Prozent zu reiten und meine

persönliche Bestleistung zu erreichen.“

Zweite wurde Isabell Werth mit Wendy mit

89,065 Prozent vor Dinja van Liere (NED)

und Hermes, deren Kür mit 84,805 Prozent

bewertet wurde. Isabell Werth war ebenfalls

zufrieden mit ihrem Ritt auf Wendy: „Sie

war wirklich gut heute, konzentrierter und

nochmal deutlich besser, obwohl sie gestern

schon gut war. Wir müssen uns immer wie-

Weishaupt siegt

in A Coruña

Drei Sekunden schneller als die Konkurrenz:

Philipp Weishaupt auf Coby

SPRINGREITER PHILIPP WEIS-

HAUPT beweist im spanischen A Coruña,

dass er und Coby ein tolles Team sind: Sie sicherten

sich den Sieg im Weltcup-Springen.

Mit 36,11 Sekunden sicherte sich Philipp

Weishaupt mit seinem 14-jährigen Coby den

Sieg vor Robert Whitaker auf Vermento v.

Argento (36,56 Sekunden) und dem Spanier

Jesus Garmendia Echevarria auf Callas v.

Companiero (37,19 Sekunden). Die zwei weiteren

deutschen Springreiter, Hans-Dieter

Dreher und Marco Kutscher, erreichten Platz

vier und Platz acht. Hans-Dieter Dreher, der

in der Gesamtwertung des Weltcups aktuell

auf dem siebten Platz rangiert, konnte sich

Isabell Werth und Wendy waren

nicht zu schlagen im Grand Prix

Schleyer- Halle. In der Wertung fanden sich

16 mal 9,0 und eine 10,0 für die letzte Piaffe.

„Es war eine sehr fließende, schöne Runde“,

erzählt Isabell Werth nach ihrem Sieg im

Grand Prix in Stuttgart. „Wendy war noch ein

bisschen aufgeregt und hat beim Rückwärtsrichten

leider etwas Angst bekommen.

Aber sonst war ich super zufrieden mit ihr!“

▶ www.st-georg.de

Quick Decision

in Aubenhausen

BENJAMIN WERNDL und Schwester

Jessica von Bredow-Werndl begrüßten Anfang

Dezember ihren Neuzugang: Uta Gräfs

Quick Decision fand ein neues Zuhause

bei den Geschwistern. „Wir heißen Quick

Decision, 8jährig von Quaterhall, bisher vorgestellt

von Uta Graef herzlich willkommen

in Aubenhausen. Wir freuen uns sehr auf

die gemeinsame Zukunft und sind unseren

Partnern sehr dankbar, dieses tolle Pferd

für uns gesichert zu haben.“, so Benjamin

Werndl auf seinem Instagram-Kanal.

▶ www.st-georg.de

10 www.mein-pferd.de 2/2025


WAS WURDE AUS dem Springpferd

Hello Max?

Das ehemalige Schulpferd Hello Max wurde 2013 Derby-Sieger in Hamburg

und sprang sich damit in die Herzen der ganzen Nation. Als ältestes Pferd

überhaupt siegte er dort.

Fotos: imago images/ Jacques Toffi (2)/ Michael Wigglesworth (1)

Zu Tränen gerührt: Gilbert Tillmann

verabschiedete sein Sieger-Pferd nach

dem Hamburger Spring-Derby

Das ehemalige

Schulpferd Hello

Max überwindet den

schwersten Parcours

Seine Geschichte klingt beinahe wie ein

Märchen: vom unrittigen Schulpferd

zum Derby-Sieger. Als Schulpferd kam

der zottelige Wallach mit dem großen

Kopf auf das Gestüt Gut Neuhaus in Grevenbroich.

Doch er war nicht das, was erwartet

wurde. Er war nervös, unrittig und damit absolut

nicht geeignet für den Schulbetrieb. Geschätzt

wurde er damals auf 14 bis 16 Jahre.

Erst viel später kamen die echten Papiere bei

der Familie an und klärten auf: Hello Max war

erst sechs Jahre alt.

Aber was mit dem unrittigen Pferd anfangen?

Für den Schulbetrieb schied er aufgrund

seines nervösen Charakters aus. Kurzzeitig

war er Karnevalspferd und bewies sich hier als

treuer Partner. Als sich Gilbert Tillmann des

Braunen annahm, begann das Märchen: Der

Sohn des Gestütinhabers merkte sofort, dass

in dem Iren ein Kämpferherz steckte, und bildete

ihn weiter aus. Kleine Turniere und die

Zeit an der Sporthochschule in Waren dorf,

während Tillmann bei der Bundeswehr war,

taten dem Wallach gut. Der dortige Trainer,

Manfred Kötter, erkannte das Sprungtalent

und schickte das Paar nach Hamburg zum

Derby. 2007 gelang ihnen Platz elf, 2009 bereits

Rang fünf. 2010 riss der Zügel im Wettkampf,

ein Jahr später wurden sie disqualifiziert,

da sie eine Wendemarke ausließen.

Doch dann kam 2013: Ein Abwurf im Normalparcours

bedeutete für das Paar das Stechen,

denn es blieb niemand fehlerfrei. Im Stechen

trafen der Hufschmied und Hello Max

auf Carsten-Otto Nagel und Lex Lugar, die bis

dahin bereits zweifache Derby-Sieger waren.

Der 19-jährige Max war der schnellste im Parcours

und holte damit den Sieg im „schwersten

Springen der Welt“. Damit gewinnt das

ehemalige Schulpferd als ältestes Pferd überhaupt

das blaue Sieger-Band und springt sich

in die Herzen der Zuschauer. Und natürlich

in das von Gilbert Tillmann! Vom Underdog

zum Derby-Sieger, das schaffen nicht viele!

Nach dem Sieg wurde Hello Max aus dem

großen Sport unter vielen Tränen verabschiedet.

Tillmann beschloss, die Karriere seines

Pferdes auf dem Höhepunkt zu beenden und

den Iren in Rente zu schicken. Diese verbrachte

er auf den Wiesen der Ostseeinsel Usedom,

Sie sprangen

sich in die

Herzen der Nation

Name: Hello Max

Geburtsjahr: *1994 Todesjahr: † 2020

Geschlecht: Wallach

Farbe: Braun Rasse: Hannoveraner

Abstammung: Animo’s Hallo x I’m A Star xx

wo Familie Tillmann eine Pferdezucht betreibt,

gemeinsam mit seinen vierbeinigen

Freunden. Als es dem Derby-Sieger schlechter

ging, holten sie ihn wieder nach Hause,

um in seiner Nähe sein zu können. So wurde

der dunkelbraune Wallach im Juli 2020

mit 26 Jahren eingeschläfert. Nach dem Tod

seines „Once-in-a-lifetime-horse“ Hello Max

schrieb Gilbert Tillmann ein Buch über die

außergewöhnliche Geschichte des ehemaligen

Schulpferdes. Hello Max blieb auch nach

seinem Austritt aus dem großen Sport Gilbert

Tillmanns Highlight des Tages. So entstand

die Idee, das Buch zu schreiben. Mit

diesem Zitat aus seinem Buch verabschiedete

sich Gilbert Tillmann von seinem Sportpartner

und Freund Hello Max: „Danke für

deinen Kampfgeist. Danke für deinen Mut.

Danke für deinen Ehrgeiz. Danke für deine

Leistungsbereitschaft. Danke für deinen Willen,

nie aufzugeben. Danke, dass es dich gab.“

Text: Nora Dickmann

2/2025 www.mein-pferd.de

11


TITELSTORY

Aktive

Hinterhand

TUNING FÜR DEN MOTOR

Mehr Power, weniger Verschleiß,

bessere Performance: Nur wenn

die Hinterhand ihre volle Kraft

entfaltet, kann das Pferd die

vom Reiter erwünschte Leistung

erbringen. Was aber tun, wenn sie

inaktiv ist und es an Schub- und

Tragkraft mangelt? Antworten gibt

Pferdewirtschaftsmeisterin Gesa

von Hatten

Text: Inga Dora Schwarzer

Eben noch waren Sie mit Ihrem Pferd

in einem schönen Vorwärts unterwegs

– und dann ist zu Beginn der

Volte der Schwung dahin. Ihr Pferd

wird triebig. Die Hinterhufe pflügen

jetzt den Boden, anstatt aktiv abzufußen. Die

„Motorleuchte“ blinkt. Der Antriebsmotor,

der in der Hinterhand sitzt, bringt nur noch

eine eingeschränkte Leistung. Nur mit Mühe

schaffen Sie es aus der Volte wieder heraus.

Kennen Sie das? Dann ist es an der Zeit,

Ausbildung, Haltung, Fütterung und Gesundheit

auf den Prüfstand zu stellen. Denn

einen schlurfenden Gang hat ein Pferd nicht

TIPPS TO GO

Unsere Tipps können

Sie gratis auf Ihr Handy

laden: Einfach diesen

QR-Code scannen und

Datei speichern!

12 www.mein-pferd.de 2/2025


Große, kräftige Muskeln sitzen

in der Hinterhand und schieben

das gesamte Pferd vorwärts

2/2025

www.mein-pferd.de

13


TITELSTORY

Die Kraft aus dem

Impuls der Hinterhand

geht in den Rücken über

von Natur aus. Aber beginnen wir von vorn.

Hinterbeine als Sprungfeder

„Als Hinterhand bezeichnet man zunächst allgemein

das hintere Drittel des Pferdes: das Becken

mit Kreuzdarmbein, den Schweif und die

Hinterbeine. Der Beckenring dient als Halterung

für die Hinterbeine und deren Knochen,

Muskulatur und Gelenke und ermöglicht

eine dreidimensionale Bewegung“, erklärt

Gesa von Hatten, Pferdewirtschaftsmeisterin,

OsteoConcept Coach und Huforthopädin

aus dem nordrhein-westfälischen Mechernich.

Die Hinterbeine wiederum sind in Aufbau

und Funktionalität mit einer Sprungfeder

vergleichbar. „Sie können sich in den Gelenken

sowohl beugen als auch vorgreifen.“ Dank

ihnen kann eine aufgebaute Spannung nach

oben oder vorne herausgefedert werden.

Wichtig für eine aktive Hinterhand ist v.a.

der lumbosacrale Übergang. Das ist der Bereich

zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein,

in dem die Kraftübertragung des Impulses

aus der Hinterhand in den Rücken

übergeht, erklärt die Expertin.

Angetrieben wird die Hinterhand von gro-

14 www.mein-pferd.de 2/2025


Wissen

Übungen für mehr Kraft

Zahlreiche Lektionen und Übungen stärken die Hinterhand. Das Training sollte

der Reiter so gestalten, dass er zwischen Lektionen mit Schub- und Tragkraft

abwechselt. Eine zu einseitige Beanspruchung ist zu vermeiden, um Schäden

im Bewegungsapparat vorzubeugen.

• Ganze Parade: Eine korrekt gerittene

ganze Parade, die immer zum Halten

führt, erhöht die Lastaufnahme mit den

Hinterbeinen.

• Rückwärtsrichten: Im Rückwärts senkt

sich das Becken des Pferdes stark ab.

Es wölbt den Rücken auf und muss vermehrt

die Hanken beugen.

• Tempiwechsel: Bei Tempiwechseln innerhalb

der Gangarten wechselt das

Pferd ständig zwischen Schub- und Tragkraft

ab.

• Bergauf- und Bergabreiten: Nutzen Sie

Hügel im Gelände zum Klettern und trainieren

Sie damit die Hinterhandmuskeln.

• Gymnastiksprünge und Stangen:

Stangenarbeit, kleine Hindernisse und

In-Outs erhöhen die Beweglichkeit der

Gliedmaßen, stärken die Muskulatur und

fördern ein kräftiges Abfußen der Hinterhand.

• Übergänge: Häufige Übergänge zwischen

Trab und Galopp entwickeln verstärkt

die Schubkraft. Häufige Schritt-

Trab-Schritt-Übergänge und einfache

Galoppwechsel führen zu einer vermehrten

Tragkraft.

• Schulterherein: Im Schulterherein und

beim Gangartenwechsel im Schulterherein

wird die Hinterhand aktiviert und

v.a. die Tragkraft trainiert. Hierbei wird

das Pferd zum Schmalerfußen unter die

Körpermitte animiert.

• Gebogene Linien: Das Reiten von

gebogenen Linien mit einem geradegerichteten

Pferd (Vorhand auf die Hinterhand

eingestellt) kräftigt besonders

das jeweils innere Hinterbein.

Stangen und Gymnastiksprünge

fördern ein

kräftiges Abfußen

ßen, kräftigen Muskeln. Die inneren Lendenmuskeln,

die äußeren Hüft- und Kruppenmuskeln,

die langen Sitzbeinmuskeln und die

Kniegelenkstrecker agieren zusammen, um

die Gelenke des hinteren Drittels zu bewegen.

Im Vergleich zur Vorhand des Pferdes hat

die Hinterhand übrigens sehr viel mehr Kraft,

da ihre Gliedmaßen fest mit dem Skelett verbunden

sind. Die Vorhand besteht hin-

2/2025

www.mein-pferd.de

15


TITELSTORY

gegen nur aus Weichteilen, die zwischen den

Vorderbeinen und den Schulterblättern baumeln.

Es sind lediglich Verbindungen aus

Muskeln und Bändern vorhanden. Daher hat

sie im Gegensatz zur Hinterhand, die aktiv

agiert, eher eine passive Funktion.

„Betrachtet man das Exterieur, steht das

Pferd in einer Art Brückenkonstruktion, wobei

Vorhand und Hinterhand als Stützen dienen,

an denen Hals, Kopf, Rücken und Rumpf

hängen. In der Vorwärts bewegung schiebt

die aktive Hinterhand den Körper nach vorne,

die Vorhand stützt die Bewegung ab und

„rollt“ vorwärts. Dies geschieht mit Hilfe des

Halspendels (Nickbewegung)“, erläutert die

Ausbilderin.

Schub für mehr Vorwärts

Diese schiebende Kraft diente dem Fluchttier

Pferd dazu, in der Steppe blitzschnell vor

einem Feind davonlaufen zu können. Daher

gilt: Je schneller die Gangart, desto mehr

Schub kommt von hinten. „Die Hinterhand

greift weit nach vorne durch und winkelt dann

wieder weit nach hinten heraus. So entstehen

große Schritte, Tritte und Sprünge. Der gesamte

Körper wird nach vorne geschoben. Die

großen Tritte und Sprünge vergrößern wiederum

die Schwebephase und bringen den Rücken

zum Schwingen“, so von Hatten. Das ist

unter dem Sattel besonders gut in den Trabund

Galopp-Verstärkungen zu sehen.

Neben der Schubkraft waltet die Tragkraft

in der Hinterhand, die ebenfalls aus einer natürlichen

Veranlagung resultiert. Wenn ein

Hengst beispielsweise beim Kampf um die

Rangordnung steigt, einen Stopp auf der Hinterhand

hinlegt oder Imponiergehabe zeigt,

16 www.mein-pferd.de 2/2025


Das Bergaufreiten ist eine

tolle Übung, um mehr

Kraft aufzubauen

lastet für kurze Zeit sein gesamtes Gewicht

auf den Hinterbeinen.

„Dabei komprimiert sich die Hinterhand,

die Winkelung der großen Gelenke verkleinert

sich (Hankenbeugung), das Becken wird abgesenkt

und der Rücken wölbt sich mehr auf.

Dadurch fußen die Hintergliedmaßen stärker

unter den Körperschwerpunkt. Jetzt trägt

die Hinterhand vermehrt Last und „hebt“ zusammen

mit den Rumpfhebern die Vorhand

und den Rumpf an. Durch das Absenken der

Hinterhand und das Anheben des Rückens

wird der Körper nun mehr angehoben als angeschoben.

Die Schritte, Tritte und Sprünge

werden kleiner und dynamischer. Es kommt

zu einer Bergauf-Tendenz“, erklärt die Ausbilderin.

Tragkraft entsteht v.a. in der Versammlung

der Gangarten, in den Seitengängen,

beim Absprung und Rückwärtsrichten.

Aktivierung der Hinterhand

Obwohl das Pferd von Natur aus eine starke

Hinterhand mitbringt, müssen Schub- und

Tragkraft für die Anforderungen des Reitens

erhöht werden. Unter dem Sattel ist nämlich

deutlich mehr Muskelkondition erforderlich,

die durch das Tragen des Reitergewicht noch

verschärft wird. Spricht man von einer Aktivierung

der Hinterhand bedeutet dies also,

die Schub- und Tragkraft des vierbeinigen

Sportpartners weiter zu entwickeln. Und das

gelingt mithilfe von bestimmten Übungen

(siehe Kasten oben).

Wichtig zu wissen: An allen Lektionen

sind immer beide Kräfte beteiligt, jedoch

kann der Reiter ihr Verhältnis zueinander

beeinflussen. Im Mitteltrab wird z.B. mehr

Schub- als Tragkraft verlangt, in der Ga-

2/2025

www.mein-pferd.de

17


TITELSTORY

loppvolte mehr Trag- als Schubkraft. Im Training

gibt es zwei Grundsätze für die Schulung

der Hinterhand zu beachten: Die Schubkraft

sollte vor der Tragkraft erhöht und versammelnde

Elemente sollten mit schwungvollen

im Wechsel geritten werden.

Die Gründe dafür erklärt die Expertin wie

folgt: „In der natürlichen Vorwärtsbewegung

schiebt das Pferd mehr, als dass es trägt. Dieser

Bewegungsablauf ist grundsätzlich und

ohne Reiter ökonomischer und wenig verschleißend.

Ein Reitpferd sollte aber den Rücken

aufwölben, um das zusätzliche Gewicht

des Reiters in der Bewegung tragen zu können.

Dazu benötigt es einen kräftigen Bewegungsimpuls

aus der Hinterhand, der über

den möglichst schwingenden Rücken und

der Anlehnung in Selbsthaltung erhalten

werden muss. Dieser Bewegungsimpuls ist

zu Beginn der Ausbildung mehr ein Schubals

ein Tragimpuls.“ Um dem Pferd die Ausbildung

zu erleichtern, wird daher zunächst

der Schwerpunkt auf die Erhöhung der

Schubkraft gelegt.

Der reine Schubimpuls würde jedoch auf

Dauer zu Lasten der Vorhand gehen, die diese

Kräfte (ab)stützen muss. Deswegen müsse

durch die Entwicklung der Tragkraft die Vorhand

entlastet werden. Eine biodynamisch

korrekte Tragkraft könne aber nicht losgelöst

von der Schubkraft entstehen. Der Grund?

„Der Schub vergrößert die Schwebephase,

wodurch ein größerer Bewegungsablauf

entsteht. Diesen benötigt der Rücken zum

Schwingen. Werden die Tritte und Sprünge

durch die Erhöhung der Tragkraft in der Versammlung

kürzer und dynamischer, wird der

Rücken noch mehr aufgedehnt und bewegt

sich in kürzeren Schwingungsweiten. Das erfordert

viel Kraftaufwand und muss langsam

antrainiert werden. Sinnvoll ist es daher, im

Training zwischen Schub- und Tragkraft abzuwechseln“,

sagt von Hatten.

Fehlerhafte Ausbildung

Problematisch wird es, wenn aus falschem

Ehrgeiz oder einer falsch verstanden Art der

Ausbildung die Entwicklung von Schub- und

Tragkraft missverstanden wird. „Grundsätzlich

stimme ich dem Grundsatz Schwung vor

Versammlung zu. Leider sehe ich aber häufig

eine für das (junge Dressur-)Pferd fatale Entwicklung.

Je schneller ein bewegungsstarkes

Pferd läuft, desto spektakulärer sieht es aus.

Gesund ist das nicht. Die für die Schubkraft

benötigte Muskulatur entwickelt sich schnell.

Die Sehnen und Bänder aber, die diesen Schub

aushalten müssen, brauchen länger in ihrer

Entwicklung“, kritisiert die Pferdewirtschaftsmeisterin.

Deswegen plädiert sie für ein moderates

Vorwärtsreiten v. a. bei jungen und Reha-Pferden.

Hier bietet sich zur Aktivierung der Hinterhand

ein längeres, moderates Ausdauer-

Trabtraining auf großen gebogenen Linien an,

sodass sich Muskeln, Sehnen und Bänder an

die Belastung anpassen können und es nicht zu

Überlastung und frühem Verschleiß kommt.

Eine zu hohe Geschwindigkeit führt

außer dem dazu, dass der Rücken nicht mehr

schwingt. Dafür braucht er Zeit. „Bei eiligen

Tritten jedoch wird er festgehalten. Ohne

schwingenden Rücken kann das Pferd sich

aber nicht selbst tragen, nicht ausbalancieren

und fällt auf die Vorhand. Das hohe Tempo

verursacht zudem ein weites Herauswinkeln

der Hinterbeine, so dass das Becken vermehrt

nach vorne gekippt wird. Ein Hohlkreuz entsteht.

Der Rücken wird eher weggedrückt

statt aufgewölbt“, warnt die Ausbilderin.

Genauso fatal wirkt sich ein zu starker Fokus

auf die Tragkraft aus. „Wird das Pferd zu

langsam, mit wenig aktiver Hinterhand, geritten,

kann sich kein Schwung entwickeln,

der den Rücken aufwölbt. Häufig fehlt hier

dem Reiter das Gefühl für die richtige Geschwindigkeit

bzw. Aktivität“, merkt von Hatten

an. Das Pferd wird „rückwärts“ geritten,

sodass keine reelle Versammlung stattfinden

kann. Das Bild einer inaktiven Hinterhand

zeigt sich dann oft wie folgt: gestörte Fußfolge,

hohe Kruppe, kurz und eng im Hals, vorne

strampeln die Vorderbeine, und hinten

ziehen die Hinterbeine nicht nach.

Falscher Bewegungsablauf

„Ist die Hinterhand inaktiv, zieht das Pferd

seinen Körper mit der Vorhand nach vorne.

Dieser biodynamisch nicht korrekte Bewegungsablauf

kann zu einer Überlastung

der vorderen Gliedmaßen führen“, gibt die

Ausbilderin zu bedenken. Mehr noch: Es

kann zu unnötigen, körperlichen Belastungen

mit vielschichtigen Folgen kommen:

beispielsweise Taktstörungen, Triebigkeit,

Anlehnungs probleme, Verspannungen, Blockaden,

Verschleiß des Bewegungsapparates

(u. a. Sehnenschäden, Überbeine) und

Kompensationsmuskulatur (Muskeln an den

falschen Körperstellen).

Nicht selten treten aufgrund des hohen

Verspannungsgrads auch Stoffwechselstörungen

auf. Verspannte Muskeln sind immer

auch verkürzte Muskeln, in denen die Durchblutung

und der Nährstofftransport verringert

sind. So kann der Stoffwechsel nicht mehr

seine volle Leistung erbringen, um das Tier gesund

zu erhalten. Eine inaktive Hinterhand

hat also immer Auswirkungen auf das Gesamtsystem

Pferd. „Sie kann deshalb niemals

isoliert gesehen werden“, sagt die Expertin.

Die Ursachen für den falschen Bewegungsablauf

sind vielfältig und äußerst individuell.

„Hat das Pferd Probleme mit der

Hinterhand, sollte immer genauestens nach

den Gründen geforscht und das Pferd entsprechend

betreut werden. Oft sind Gründe

nicht nur beim Reiten zu suchen, sondern in

der Haltung, Fütterung, Gesundheit und im

Management des Tieres“, so die Pferdewirtschaftsmeisterin.

Steht der Vierbeiner in einer für ihn unpassenden

Haltungsform? Hat er, bedingt

durch eine falsche Fütterung, Magenprobleme?

Sind die Hufe schlecht bearbeitet? Liegt

vielleicht eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung

der Muskulatur (z. B. PSSM)

zugrunde? All das beeinträchtigt die muskuläre

Leistung der Hinterhand, sagt sie.

Pferd als Ganzes betrachten

Wie schwierig es sein kann, die Ursache für

eine mangelnde Hinterhandaktivität zu finden,

veranschaulicht von Hatten an einem

Beispiel: „Wenn das Pferd Schmerzen in der

Vorhand hat, wird es seine Hinterhand nicht

so benutzen, wie es dies eigentlich könnte. Da

ihm der Schub aus der Hinterhand vorne wehtut,

wird es die Kraft von sich aus reduzieren.

Bewegungsabläufe beim Pferd müssen daher

immer als Ganzes betrachtet werden.“

Die Expertin rät daher, mit Fachleuten

aus verschiedenen Bereichen zusammenzuarbeiten.

Das würde vor Betriebsblindheit

schützen. Darin lag auch ihre Motivation,

zusätzliche Ausbildungen in Huforthopädie

und Pferdefütterung zu absolvieren. „Letztlich

ist jedes Pferd ein Individuum und sollte

auch so behandelt werden. Dafür braucht

es viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl“,

sagt sie abschließend.

UNSERE EXPERTIN

Gesa von Hatten

ist Pferdewirtschaftsmeisterin,

OsteoConcept

Coach und Huforthopädin

aus Mechernich

(Nordrhein-Westfalen).

Sie bietet Dressurunterricht

auf ihrer eigenen

Reitanlage, mobil und

online sowie Lehrgänge für engagierte

Freizeit- und Turnierreiter an. Hinzu

kommen Hufbearbeitungen für Barhufer

und eine Beratertätigkeit zu verschiedensten

Pferdethemen.

▶ www.von-hatten.com

18 www.mein-pferd.de 2/2025


Wissen

Aktive oder inaktive Hinterhand?

Bewegt sich mein Pferd mit aktiver oder inaktiver Hinterhand? Diese Frage lässt sich leicht beantworten,

wenn Sie auf folgende Anzeichen bei Ihrem Pferd bzw. beim Reiten achten:

Ist die Hinterhand

aktiv, wird der Reiter

in der Bewegung des

Pferdes mitgenommen

Ist die Hinterhand wenig

aktiv, ist das Pferd oft

faul und wirkt triebig

Fotos: Diane Bliessen (1), slawik.com (5), Sportfotografie Lafrentz (1)

Aktive Hinterhand

• Die Hinterhandmuskeln sind rund

und gut ausgeprägt.

• Das Pferd hebt seine Hinterhufe aktiv vom Boden und tritt mit

beiden Beinen gleichmäßig unter

den Schwerpunkt.

• Es bewegt sich fleißig, aber nicht eilig und v.a. taktmäßig. Vorwärts

treibende Hilfen nimmt es gut an.

• Bei Verstärkungen werden die Tritte und Sprünge des Pferdes

länger.

• Es zeigt raumgreifende und schwungvolle Bewegungen.

• Der Rücken des Pferdes fängt an zu schwingen. Dadurch wird der

Reiter in der Bewegung des Pferdes mitgenommen und kann

weich sitzen.

• Das Pferd trägt sich selbst und geht in einer leichten Anlehnung.

Inaktive Hinterhand

• Die Muskeln an der Hinterhand wirken flach und kantig.

• Das Pferd hebt seine Hinterhufe nicht aktiv vom Boden, sondern

schlurft mit den Hufen im Sand und tritt eher nach hinten

heraus.

• Es bewegt sich in einem zu niedrigen Grundtempo, wirkt faul

und ist triebig. Vorwärts-treibende Hilfen nimmt es nicht gut

an.

• Bei Verstärkungen werden die Tritte und Sprünge des Pferdes

eiliger, aber nicht länger.

• Es zeigt eher kurze, stockende Bewegungen.

• Der Rücken des Pferdes bewegt sich kaum. Der Reiter wird in

der Bewegung des Pferdes nicht mitgenommen und kommt

nicht zum Sitzen.

• Das Pferd legt sich auf die Hand und trägt sich nicht selbst.

2/2025

www.mein-pferd.de

19


Helfen Sie

Mädchen, sich

zu entfalten.

Mit einer Patenschaft

eine Chance geben.

Werden Sie Pat:in!

plan.de


Mein Pferd erscheint monatlich in der

JAHR MEDIA GMBH & CO. KG

Jürgen-Töpfer-Straße 48, 22763 Hamburg

IMPRESSUM

Geschäftsführung

Alexandra Jahr

Chefredakteurin

Lara Wassermann

Redaktion

Nora Dickmann, Aline Müller, Inga

Dora Schwarzer, Anna Castronovo,

Alexandra Koch

Autoren und Mitarbeiter

dieser Ausgabe

Andreas Ackenheil

Bildredaktion

Daniel Elke

Director Content

Michael Werner

Art-Director

Dirk Bartos

Grafik

Keith Campbell, Selin Demir-

Reichelt, Matthew Lee Wolter,

Manfred Leithäuser, Sandra

Sodemann

Lithographie

Katja Mucke-Koopmann

Produktionsmanagement:

Ilja Badekow, Sybille Hagen,

Andreas Meyer

Vertrieb

Einzelverkauf

DMV Der Medienvertrieb GmbH &

Co. KG, Meßberg 1, 20086 Hamburg,

www.dermedienvertrieb.de

Abonnement

DPV Deutscher Pressevertrieb

GmbH, Postfach 57 04 02,

22773 Hamburg

www.dpv.de

Abonnentenpreis 12 Hefte,

Inland: 72,00 € inkl. Versandgebühr,

Österreich: 80,40 €, Schweiz: 117,60

SFr, übriges europäisches Ausland:

97,20 €, außereuropäisches Ausland:

164,40 €. Für persönliche Mitglieder

der Deutschen Reiterlichen

Vereinigung (FN) gilt der ermäßigte

Bezugspreis von 54,00 €.

Internet

www.mein-pferd.de

ISSN 1861-4205

Bestellung von Einzelheften:

Aktuelle und ältere Ausgaben sind

versandkostenfrei für den aktuellen

Heftpreis von 7,00 € zu bestellen

unter www.mein-pferd.de/einzelhefte

(Preise für A und CH sind aufgeführt,

weitere auf Anfrage) oder

per E-Mail: abo@mein-pferd.de

Head of Sales Print & Online

Janina Jacobsen,

Tel: 040 38906-260

E-Mail:

janina.jacobsen@mein-pferd.de

Media Sales

Melanie Burchard,

Tel: 040 38906-474

E-Mail:

melanie.burchard@mein-pferd.de

Anzeigenpreisliste

Nr. 20 vom 1. Januar 2025

Marketing

marketing@jahr-media.de

Druck Walstead Central Europe,

ul. Obr. Modlina 11, 30-733 Kraków

Bankverbindungen

Hamburger Sparkasse

BIC HASPDEHHXXX

Konto für Vertrieb

IBAN DE24 2005 0550 1002 1279 40

Konto für Anzeigen

IBAN DE50 2005 0550 1002 1279 57

Rechte

© Mein Pferd, soweit nicht anders

angegeben. Keine Haftung für unverlangt

eingesandte Manuskripte,

Bilder, Dateien und Datenträger.

Kürzung und Bearbeitung von

Beiträgen und Leserbriefen bleiben

vorbehalten. Zuschriften und Bilder

können ohne ausdrücklichen

Vorbehalt veröffentlicht werden.

DIE

SCHÖNSTEN

SEITEN

DES LEBENS.

aktuell

INTERNATIONAL

FliegenFischen

Pferdemarkt Urlaub im Sattel

Landgut/Reiterhof zu verkaufen!

Ehemalige Trakehnerzucht im Dreiländereck

Niederschlesien zu verkaufen.

Ruhig, autark, vielseitig nutzbar.

3 ha Grundstücks- u. 600 m2 Wohnnutzfläche.

Neuw. Pferdestall, 2 Trinkwasserquellen,

Solar- u. Gaszentralheizung.

Hochwertig, ökologisch saniert.

VB 695.000 €

L& L Immobilien Verwaltungs GmbH

Tel.: 08247 9924148

E-Mail: info@mlbg.de / www.mibg.de

Stalltechnik / Pferdehaltung

www.mein-pferd.de

❯ Stallgasse

ab 2495,- €

.

.

.

.

Ladies Reiner

Gewicht: ab ca. 10kg,

Sitz: anatomisch geformt

für Ladies; ab 3995,-€

30 Jahre

GARANTIE

®

OSMO-Sättel

Neue Baum- und Kissenkonstruktion

Maximale Entlastung der Schultergürtel-Muskulatur

Große Auuageeäche auch für kurze

Pferde

Weicher Sitz, sehr dicht am Pferd

Ladies Sitz

Naturpark Steinhuder Meer

Niedersachsen

Ferienwohnungen auf dem Lande in

Golddorf Brokeloh auf Reiterhof.

Hunde u. Pferde willkommen. Super

Ausreitgelände, begleitete Ausritte,

Wandern, Golf und vieles Sehenswertes.

T. 05027/900705 o. 0171/3397979

www.brokelohermoorhof.de

„Wenn dein Pferd

nicht gut geht,

so suche in dir.“

AUTOR / QUELLE: Rudolf G. Binding

Bahnschwellen-Ersatz:

20 J. Garantie! Dura² Imprägnierung

14 x 10 cm x 2,50 m

Weidepfähle: 20 J. Garantie! Dura² Imprägnierung

2–2,25 m lang; 10 od. 12 cm Durchm.

Halbrundriegel: 25 J. Garantie! Dura² Imprägnierung

3, 4 od. 6 m lang; 10 od. 12 cm Durchm.

Tel: 02041/41888 • www.baka-holz.de

Unsere Rubrik

„Stallgasse“

Festformat:

58x110 mm

Preis:

249,00 €

zzgl. MwSt.

Anzeigenschluss:

Ausgabe 3/25 ist

am 15.01.2025

Ausgabe 4/25 ist

am 12.02.2025

25.01

Leserservice: 040 - 389 06-880

Abo/Heftbestellung

Abo-Service, 20080 Hamburg,

GERMANY, Tel: 040 38906-880

E-Mail: abo@mein-pferd.de

Fragen zur Digital-Ausgabe

E-Mail: epaper@mein-pferd.de

Fragen an die Redaktion

Redaktion Mein Pferd

Jürgen-Töpfer-Straße 48

22763 Hamburg

Tel: 040 38906-475

E-Mail:

redaktion@mein-pferd.de

www.jahr-media.de

Ausbildung

Osteopathisch geschulter

Sattelanpasser

www.sattelanpasser.de

Security Chip

Sattelanprobe bundesweit

.

0202 / 94 68 99-0 www.wayoutwest.de

Ihr Anzeigenkontakt:

Melanie Burchard

Tel. 040-389 06-283

melanie.burchard@

mein-pferd.de

mein-pferd.de

2/2025 www.mein-pferd.de 21


FRAGE DES MONATS

Otitis

Pferde haben empfindliche Ohren, die allerlei aushalten müssen. Ist das Pferdeohr – oder

Teilbereiche davon – entzündet, spricht man von einer Otitis. Diese tritt meist einseitig auf

Text: Nora Dickmann

22 www.mein-pferd.de 2/2025


4/24

Schlaf

TIPPS TO GO

Unsere Tipps können

Sie gratis auf Ihr Handy

laden: Einfach diesen

QR-Code scannen und

Datei speichern!

Wie definiert man Otitis?

Otitis beim Pferd bezeichnet eine Entzündung des äußeren Gehörgangs

(Otitis externa), des Mittelohrs (Otitis media) oder

des Innenohrs (Otitis interna). Sie kann akut oder chronisch

verlaufen und tritt bei Pferden seltener auf als bei anderen Tierarten,

ist aber dennoch eine ernstzunehmende Erkrankung.

Die Symptome reichen von Ohrenschmerzen und Kopfschütteln

bis hin zu neurologischen Ausfällen bei fortgeschrittener

Innenohrentzündung.

tiösen Ursachen zählt man Bakterien wie Staphylococcus oder

Streptococcus-Arten, die häufige Erreger einer Otitis externa

und media sind; Pilzinfektionen oder Parasiten. Nicht-infektiöse

Ursachen sind Fremdkörper, wie Grannen oder kleine Holzsplitter,

die den Gehörgang reizen und eine sekundäre Infektion

auslösen können, Traumata wie Stöße am Ohr, oder allergische

Reaktionen, beispielsweise auf Medikamente, Umweltallergene

oder Futter. Feuchtigkeit im Gehörgang, beispielsweise durch

Regen oder intensives Schwitzen oder unzureichende Belüftung

des Ohrs bei Pferden mit hängenden Ohren oder langen

Schopfharen können ebenfalls eine Otitis begünstigen.

Welche Symptome zeigt das Pferd

bei einer Ohrenentzündung?

Kopfschütteln, starker Juckreiz, eine Schiefhaltung des Kopfes

oder Empfindlichkeit der Berührung der Ohren können Anzeichen

für eine Otitis bei Pferden sein. Durch den Juckreiz kann

es zu sekundären Haar- und Hautschäden am Ohr kommen.

Das Fell am vorderen Rand der Ohrmuschel oder unter dem

Ohr kann verkleben. Es kann zu Rittigkeitsproblemen kommen.

Wie sieht die Behandlung aus?

Wird eine Otitis nicht behandelt, kann es zu Entzündungen des

äußeren Gehörgangs kommen, Abszesse können sich bilden

und über das Nervengewebe eitrige Hirnhautentzündungen

bei Pferden auslösen. Auch sind Lähmungen des Gesichtsnervs

möglich, daher gilt es, Ohrenentzündungen schnellstmöglich

zu behandeln. Die Therapie hängt von der Ursache und dem

Schweregrad der Otitis ab. Eine gründliche Diagnostik ist essenziell,

um die passende Behandlung einzuleiten. Antibiotika bei

bakteriellen Infektionen, oft lokal in Form von Ohrentropfen,

Antimykotika bei Pilzinfektionen, Antiparasitika bei Ohrmilbenbefall

und Entzündungshemmer werden für die Behandlung

der Otitis verwendet. Befindet sich ein Fremdkörper oder

Abszess im Ohr, kann ein chirurgischer Eingriff vonnöten sein.

Haben auch Sie eine Frage, die Ihnen unter den Nägeln brennt?

Dann schicken Sie uns einen Brief oder eine E-Mail mit

Ihrer Frage an: Redaktion Mein Pferd, Jürgen-Töpfer-Straße 48,

22763 Hamburg, E-Mail: redaktion@mein-pferd.de.

Mehr Infos: www.mein-pferd.de

Alle bisherigen und künftigen Fragen finden Sie in der

Leiste auf der rechten Seite.

Außerdem können Sie die bisherigen Artikel auf unserer

Homepage (www.mein-pferd.de) nachlesen.

5/24

Gewichtsträger

6/24

Ödeme

7/24

Flehmen

8/24

Warzen

9/24

Magengeschwüre

10/24

Narkolepsie

11/24

Amyloidose

12/24

Equine Influenza

1/25

Darmentzündung

2/25

Otitis

Foto: slawik.com

Welche Ursachen haben Ohrenentzündungen

beim Pferd?

Die Ursachen für eine Otitis beim Pferd sind vielfältig und können

infektiöser oder nicht-infektiöser Natur sein. Unter infek-

2/2025

www.mein-pferd.de

23

3/25

Mundgeruch


HALTUNG & GESUNDHEIT

Lauf Pferdchen,

lauf

REITBODENWir reiten jeden Tag auf ihm, und trotzdem wissen

die meisten Reiter so wenig darüber: Der Reitboden in der Halle

und auf dem Platz ist von großer Bedeutung für die Gesundheit

des Pferdes und sollte mehr Beachtung finden. Wir erklären,

welcher Bodenbelag welche Besonderheiten hat

Text: Lara Wassermann

24 www.mein-pferd.de 2/2025


Neben Sandboden

ist vor allem der

synthetische

Reitboden sehr

beliebt

UNSERE EXPERTEN

Manfred Stremmer

ist einer der Geschäftsführer der

Stremmer Sand + Kies GmbH.

Vor über 30 Jahren

hat sich das Unternehmen –

initiiert durch die Pferde- und

Reitleidenschaft seiner Töchter – auf die

Herstellung von Reitsand spezialisiert. Der

im eigenen Abbau gewonnene stresan-

Kirchhellener Sand ist europaweit in der

Reitsportbranche bekannt und kommt

nicht nur auf vielen privaten Reitanlagen,

sondern auch auf namhaften Turnieren und

Messen zum Einsatz.

▶ www.stresan.de

Dipl.-Ing. Bodo Klopsch

ist Pferden seit seiner Jugend

verbunden. Jahrzehntelang

betrieb er eine erfolgreiche Trakehner-Zucht.

Schwerpunkt war

die Dressur mit besonderem

Augenmerk auf optimale Schwungentfaltung.

Selbst ritt Bodo Klopsch Military. Seine

Tochter hat er bis in die schweren Klassen

ausgebildet. Das war einst der Startschuss,

einen Reitboden zur entwickeln, der auch

im Winter bereitbar ist – so entstand

ASground.

▶ www.asground.de

2/2025

www.mein-pferd.de

25


HALTUNG & GESUNDHEIT

Nur gut für die

Knochen? Nein,

auch gut für die

Pferdeseele!

Mit einem Reitboden ist es wie

mit vielen anderen Dingen,

die einem alltäglich begegnen,

und worüber man sich keine

großen Gedanken macht. Er ist

täglich in Benutzung, und solange er nicht

sonderlich staubt oder nass ist, fällt keinem

etwas Besonderes auf. Doch wie ist es für das

Pferd? Schließlich läuft es tagtäglich auf ihm,

und das nicht nur im Schritt, sondern auch

im Trab oder Galopp, bei Seitengängen und

beim Springen. Wir haben mit zwei Reitboden-Experten

gesprochen, die darüber aufklären,

wie wichtig der richtige Boden ist.

Manfred Stremmer ist einer der Geschäftsführer

der Stremmer Sand + Kies GmbH. Seit

über 30 Jahren beschäftigt er sich mit dem

Thema Reitsand. Der Kirchhellener Sand ist

in der Reitsportbranche europaweit beliebt.

Diplom-Ingenieur Bodo Klopsch ist seit seiner

Jugend den Pferden verbunden. Schwerpunktmäßig

beschäftigte er sich mit der

Dressur und der optimalen Schwungentfaltung

des Pferdes. Das brachte ihn auf die

Idee, einen optimalen Boden zu entwickeln

und ein Augenmerk auf die Bereitbarkeit in

den Wintermonaten zu setzen.

Unterschiede der Reitböden

Es gibt Unterschiede in der Bauweise der

verschiedenen Böden, Unterschiede in der

Tretschicht, wasserdurchlässige Böden oder

Reitböden mit einer Oberflächen-Entwässerung.

Grundsätzlich kann man für jede

Disziplin einen passenden Boden bekommen.

„Westernreiter, die Sliding Stops und Spins

trainieren wollen, benötigen einen festen

Untergrund mit nachgiebiger Slidingschicht,

Springreiter dagegen einen Boden, der

Stabilität bietet, aber gleichzeitig elastisch

ist. Und Dressurreiter freuen sich über einen

Boden mit federnden Eigenschaften“, so

Manfred Stremmer. Die Tretschicht kann daher

individuell an die eigenen Anforderungen

angepasst werden. Bodo Klopsch schwört

auf eine andere Art des Bodens. Er entwickelte

einen sortenreinen und synthetischen

Reitboden: „Ein synthetischer Reitboden

wird durch starkes Bereiten nicht schlechter,

sondern sogar besser. Das Material setzt sich,

die einzelnen Fasern greifen immer mehr

ineinander und bilden eine feste, aber federnde

Matte. Die Pferde entwickeln mehr

Schwung, egal für welche Disziplin er genutzt

wird. Der Boden ist auch schonend für

Sehnen und Gelenke.“

Gesundheitliche Schäden

Dass ein schlechter Boden mit minderwertigem

Sand, der nicht zum Reiten geeignet ist,

sogar zu gesundheitlichen Problemen des

Pferdes führen kann, scheint vielen Reitern

nicht klar zu sein. „Sand wird auf Dauer durch

die Reibung des Hufes zu Staub. Der wiederum

setzt sich nicht nur in die empfindlichen

Lungen von Reiter und Pferd, sondern

wird in Verbindung mit Wasser zu Schlamm.

26 www.mein-pferd.de 2/2025


Dieser verstopft die freien Poren in Sand

und Unterbau, und es bilden sich die ungeliebten

Pfützen“, erklärt Bodo Klopsch. „Zudem

legen sich unter dem Einfluss von Regen

die einzelnen Sandkörnchen in eine

raumsparende Struktur“, ergänzt der Experte.

Die Folge daraus sei, dass sich die Sandkörnchen

nicht mehr bewegen können

und der Boden bretthart würde. Das Reiten

auf solch einem Boden gefährdet Sehnen

und Gelenke des Pferdes. Als ebenfalls sehr

schädlich für das Pferd sieht der Diplom-Ingenieur

die Verwendung von nicht zertifizierten

Zusatzstoffen im Sand. Diese werden

über kurz oder lang zerrieben, sodass

die Vliesfasern zu mikros kopisch kleinem

Staub zerfallen, der durchaus lungengängig

ist. Auf diese Weise können Kunststoffe eingeatmet

werden. Bei einem speziellen Reitsand,

(wie dem der Firma Stremmer), der

aus widerstandsfähigen, kornabgerundeten

Quarzkörnen besteht ist dies nicht der

Fall. Stremmer weist zusätzlich auf die Problematik

bei zu tiefen Böden hin. Diese

belasten extrem den Sehnen- und Muskelapparat

des Pferdes. Der feine Quarzsand

hingegen verdichtet sich in Kombination mit

Wasser nur so stark, dass eine optimale Eindringtiefe

für den Huf gewährleistet wird.

Trotzdem ist der Boden rutsch- und trittfest

und bietet eine gute Scherfestigkeit ohne an

Elastizität zu verlieren.

Dieser Boden ist

auch bei Schnee

und Eis bereitbar

Der synthetische Boden

von ASground eignet sich

für jede Disziplin

2/2025

www.mein-pferd.de

27


HALTUNG & GESUNDHEIT

Manfred Stremmer:

„Eine Ursache von staubigem

Boden kann die Verwendung

eines ungeeigneten Sandes mit

kantiger Kornform oder zu viel

Organik im Boden sein.“

sehr niedrig sind und das Pferd keiner Staubbelastung

ausgesetzt ist. Eine Wässerung ist

bei dieser Art des Bodenbelags nicht nötig.

Erneuerung des Bodens

Grundsätzlich gilt, dass die Haltbarkeit eines

Reitbodens von der Pflege abhängt. Stremmer

gibt den Tipp, dass ein Sandboden regelmäßig

abgeäppelt, bewässert und auch abgezogenwerden

sollte um dauerhaft gute Bodenverhältnisse

zu haben. Alle paar Jahre sollte

Boden aufgefüllt werden: „Es ist hin und wieder

eine Lkw-Ladung Sand nötig, um die Tretschicht

aufzufüllen, da mit der Zeit durch Pferdehufe

oder Witterungsbedingungen etwas

Sand abgetragen wird, aber wir haben Plätze,

die bereits seit über 30 Jahren bestehen, top bereitbar

sind und noch nie die Tretschicht ausgetauscht

werden musste. Soll der Platz aber

aus irgendeinem Grund zurückgebaut werden,

ist dies bei einem Boden mit reinem stresan

kein Problem: Der Sand ist ein Naturprodukt

und kann einfach untergepflügt oder auf einen

Acker ausgebracht werden.“ Ein Teppichschnitzelboden

kann gut 20 Jahre und länger genutzt

werden, wenn nach circa sechs bis acht Jahren

25 Prozent des Basismaterials nachgeschüttet

werden: „Es wird auf den vorhandenen Belag

aufgebracht, verteilt und schon ist es fertig“, erklärt

Bodo Klopsch.

Was tun bei Pfützen?

Ein häufiges Problem scheint ein sehr

staubiger Boden zu sein. Vor allem im Sommer

braucht der Boden entsprechende Pflege.

Manfred Stremmer weist darauf hin, dass ein

Reitboden generell immer feucht gehalten

werden sollte, nicht um den Staub zu binden,

sondern vor allem, um eine gute Stabilität

und Eindringtiefe der Hufe zu gewährleisten.

„Generell ist der richtige Reitsand nicht

staubig. Was Staub verursacht, ist Organik im

Boden – also Verunreinigung wie zum Beispiel

verrottete Pferdeäpfel oder Laub.“ Eine

weitere Ursache von staubigem Boden kann

die Verwendung eines Sandes mit kantiger

Kornform sein. Dieser Sand bricht unter den

Hufen schneller, dadurch entstehen Feinstanteile,

und der Boden kann stauben. „Darüber

hinaus sind scharfkantige Kornformen

auch nicht zu empfehlen, da sie einen erhöhten

Hufabrieb verursachen“, erklärt Manfred

Stremmer weiter. Die Problematik der Staubentwicklung

ist bei dem richtigen Reitsand

mit guter Pflege kein Thema und auch bei

einem synthetischen Boden nicht vorhanden.

Staubmessungen zeigen, dass die Werte

bei Teppichschnitzelboden von ASground

Pfützen deuten darauf hin, dass das Wasser

nicht richtig ablaufen kann. Stremmer:

„Handelt es sich um einen Außenplatz

mit Oberflächen-Entwässerung, haben sich

im Boden vermutlich Unebenheiten gebildet,

sodass das Wasser nicht ablaufen kann.“

Ein Reitboden mit Oberflächen-Entwässerung

muss mit einem Gefälle von circa ein

bis zwei Prozent angelegt und regelmäßig

mit einem Bahnplaner glatt gezogen werden.

Falls sich der Boden einseitig verzogen hat

(zum Beispiel durch häufiges Longieren),

sollte man die Tretschicht mit einem Laser-

Grader neu ausrichten lassen. Auch ein nicht

intakter Unterbau kann Grund für Pfützen

sein: „Wenn der Reitboden aus einer wasserdurchlässigen

Tretschicht mit einem Drainage-Unterbau

besteht und das Wasser in

Pfützen steht, liegt es häufig am Unterbau“,

so Stremmer. Gründe dafür können sein,

dass sich die verschiedenen Schichten vermischt

haben, sodass das Wasser nicht mehr

richtig ablaufen kann oder aber die Drainage-

Rohre sind verstopft. Bei synthetischen Reitböden

liegt es daran, dass die Tragschicht das

Wasser nicht oder nicht schnell genug aufnimmt.

28 www.mein-pferd.de 2/2025


Wissen

Wissen

Aufbau eines Reitbodens

Manfred Stremmer: „Am häufigsten ist ein 3-Schicht-Aufbau, bestehend aus einer

Trag-, Trenn- und Tretschicht. Welches Material genutzt werden kann, wie dick die

einzelnen Schichten sein müssen oder ob der Sand direkt auf eine vorhandene

Wiese aufgebracht werden kann, hängt ganz von den individuellen Gegebenheiten

ab. Außerdem kommt es auch darauf an, ob ein Reitboden für die Halle oder

den Außen reitplatz angelegt wird und welche Tretschicht verwendet wird. Zur Veranschaulichung

sieht man auf der Grafik die direkte Gegenüberstellung von zwei

möglichen Aufbau varianten für den Außenreitplatz. Links für einen reinen stresan-

Sandboden mit Oberflächenentwässerung und rechts für eine wasserdurchlässige

Reitsandmischung mit Vlies.“

Wissen

Fotos: Friederike Scheytt (1), slawik.com (3), Stefan Lafrentz (1), Christian Beeck (1), Stremmer Sand + Kies GmbH (2), AS Ground (2)

Überall der gleiche Boden?

Den glei chen Boden in Halle und Platz zu

legen gestaltet sich häufig schwierig, da die

Anforderungen an den Boden andere sind:

Der Hallenboden soll das Wasser gut speichern.

Der Platzboden soll ebenfalls Feuchtigkeit

speichern, aber überschüssiges Wasser

schnell ableiten, damit keine zu feuchten

Stellen entstehen. Die beiden Experten sind

der Meinung, dass es trotzdem geht. Bodo

Klopsch: „Ein synthetischer Reitboden ist für

außen und innen geschaffen. Bei einer geschlossenen

Halle ist unsere Empfehlung, ab

und zu kräftig durchzuwässern. Im Außenbereich

ist das nicht nötig. Außerdem ist

unser synthetischer Boden sogar bei Schnee

und Eis bereitbar, da er nicht einfriert.“ Aber

auch Stremmer ist sich sicher, dass ein Reitsand

den Ansprüchen in der Halle und auf

dem Platz gerecht werden kann: „Es kann

durchaus die gleiche Tretschicht für die Reithalle

und den Reitplatz verwendet werden,

allerdings muss der Unterbau, also die

Trag- und Trennschicht, entsprechend

Ein Reitboden

sollte besonders

gut federn

angelegt werden. Bei einem Hallenboden

muss der Untergrund genau wie auf

dem Außenplatz fest und ausreichend

tragfähig sein. Allerdings ist beispielsweise

auch für wasserdurchlässige Reitsandmischungen

kein Drainage-Unterbau nötig,

da die Wasserzufuhr in der Halle natürlich

gesteuert werden kann.“ Für welchen Boden

man sich nun entscheiden sollte, kommt immer

auch auf die Gegebenheiten vor Ort und

die Anforderungen an den eigenen Reitboden

an. Die Kosten sind ohne konkretes Beispiel

schwer zu bestimmen, da der Transport

des ausgewählten Bodens einen Großteil davon

ausmacht. Auch wenn es möglich ist,

einen Reit boden in Eigenregie zu bauen, so

empfiehlt es sich immer, einen professionellen

Rat beim Experten einzuholen. Dieser

verfügt über Fachwissen, die entsprechenden

Geräte und verschiedene benötigte Materialien.

Bedenken Sie, dass ein gekaufter

Boden, der auf den falschen Untergrund gelegt

wird, verschenktes Geld ist, weil er sich

nach kurzer Zeit nicht mehr so verhält, wie

Sie ihn gerne hätten.

Aufbau eines

synthetischen

Reitbodens

Dipl.-Ing. Bodo Klopsch: „Unser synthetischer

Reitboden benötigt lediglich

einen sehr einfachen Unterbau mit vier

wesent-lichen Eigenschaften: Er muss

tragfähig sein, also dem Gewicht des

Pferdes standhalten, Wasser aufnehmen

und es an den Untergrund oder zur Seite

ableiten, also die ,Drainage‘ des Platzes

gewährleisten, rau sein, damit sich die

ASground-Matte daran festhalten kann,

und eine geschlossene Oberfläche aufweisen,

damit sich auch nach Jahren kein

Stein löst und in die Matte hineinvagabundiert.

Alle genannten Anforderungen

erfüllt in idealerweise ein Mineralgemisch/Schotter

ohne Lehmanteile mit

einer Körnung 0 bis 45 Millimeter bei einer

Schichthöhe von 15 Zentimetern. Auf

die Tragschicht kommen dann 10 Zentimeter

Teppichflocken.“

2/2025

www.mein-pferd.de

29


30 www.mein-pferd.de 2/2025Pferde

Pferde äußern Schmerzen –

im Gegensatz zu vielen anderen

Tieren – nicht durch einen

Schmerzenslaut

lei


HALTUNG & GESUNDHEIT

SCHMERZEN ERKENNEN

Pferde sind nicht besonders

gesprächig, wenn es darum geht,

mitzuteilen, ob und wo ihnen etwas

wehtut. Aus diesem Grund liegt

es in der Verantwortung des

Menschen, seinen Vierbeiner genau

zu beobachten, um herauszufinden,

ob er Schmerzen hat

den Stumm

Text: Nicole buchholz

31

2/2025

www.mein-pferd.de


HALTUNG & GESUNDHEIT

Bei einer Kolik leidet das Pferd

unter akuten Schmerzen und

zeigt diese in den meisten

Fällen durch bestimmte

Verhaltensweisen wie Wälzen

und in Richtung des Bauches

treten

Schmerzen sind sowohl beim Menschen

als auch beim Tier eine sehr

individuell zu betrachtende Sache,

für die zahlreiche Definitionen auftauchen.

Eine weit verbreitete und

anerkannte Definition ist die der „Internationalen

Gesellschaft zum Studium des Schmerzes“

(International Association for the Study

of Pain, IASP): „Schmerz ist ein unangenehmes

Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit

einer aktuellen oder potenziellen Gewebeschädigung

einhergeht oder mit Begriffen

einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

Durch diese Definition wird deutlich, dass

akuter Schmerz ein Warnmechanismus des

Körpers ist – sozusagen die Alarmanlage für

den Organismus, um gravierendere Störungen

zu vermeiden.

Schmerz kann beim Pferd viele verschiedene

Ursachen haben, von einer Verletzung

oder Erkrankung über unpassendes Equipment

bis zu altersbedingten Verschleißerscheinungen.

Bei der Nutzung als Reitpferd

spielen das passende Equipment und

pferdegerechtes Training eine große Rolle

in der Gesunderhaltung des Pferdes. Ein unpassender

Sattel verursacht zunächst Druckschmerz

im Bereich des Rückens, der mit der

Zeit schmerzhafte Fehlhaltung bedingt. Generell

muss zunächst zwischen akutem und

chronischem Schmerz unterschieden werden.

„Akute Schmerzen entstehen beispielsweise

bei einer Kolik und werden vom Pferd

meist deutlich geäußert – beispielsweise

durch Unruhe, Schwitzen und Treten in Richtung

des Bauchs“, erklärt Pferdeverhaltenstherapeutin

Alexandra Edinge. „Im Gegensatz

dazu kommen chronische Schmerzen

schleichend und entwickeln sich über einen

längeren Zeitraum. Die Anzeichen sind weniger

offensichtlich und werden daher oft erst

spät – oder gar nicht – erkannt.“ Chronische

Schmerzen entstehen unter anderem bei

Magengeschwüren, Arthrosen oder anderen

lang anhaltenden Schmerzzuständen.

Generell ist Schmerz sowohl bei Menschen

als auch bei Tieren eine sehr subjektive,

individuelle Empfindung: Manche Pferde

lahmen bereits bei einer kleinen Abschürfung

am Bein, während andere Pferde auch

mit einem Hufgeschwür noch klar laufen.

Instinktiv den Schmerz vertuschen

Wenn ein Kind sich den Kopf stößt, äußert

es in den meisten Fällen Sekunden später

seinen Schmerz durch Schreien und Weinen.

Verletzt ein Hund sich an der Pfote, so

quittiert er jede Berührung der schmerzhaften

Stelle durch Jaulen. Verbal ausgedrückter

Schmerz lässt sich nicht überhören und

wird daher schnell wahrgenommen. Allerdings

haben Pferde keinen Laut, mit dem sie

32 www.mein-pferd.de 2/2025


1

3

2

1 & 2 | Verhaltensweisen wie Flehmen und Gähnen können

viele Ursachen haben, erklärt Alexandra Edinge: „Pferde

flehmen beispielsweise zur Geruchsaufnahme. Gleichzeitig

kann sehr häufiges Flehmen aber auch ein Zeichen für

Schmerzen sein – beispielsweise im Bereich des Magen-

Darm-Trakts. Gähnt ein Pferd, so kann dies aus Langeweile,

Überforderung oder Müdigkeit sein – oder wegen Schmerzen.

Insbesondere wenn ein Pferd immer beim Satteln

gähnt, sollte untersucht werden, ob es weitere Anzeichen

für Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt gibt.“

3 | Verhaltensauffälligkeiten wie Steigen, Bocken oder

Durchgehen im Training werden häufig als Unart abgetan

– zu Unrecht. „Insbesondere wenn solche Verhaltensweise

plötzlich oder regelmäßig auftauchen, sollte geschaut werden,

ob das Pferd Schmerzen hat. Ein erster Schritt kann

eine Kontrolle des Equipments und eine Untersuchung

durch den Tierarzt sein“, empfiehlt Alexandra Edinge.

Schmerzen ausdrücken, weshalb die Gefahr

besonders groß ist, dass Schmerzen nicht

ausreichend wahrgenommen oder falsch

eingeschätzt werden. Dies ist unter anderem

in ihrer Charakteristik als Flucht- und Beutetier

verankert: „In freier Wildbahn würde

ein Schmerzlaut des Pferdes einem potenziellen

Fressfeind Schwäche signalisieren

und das Pferd somit in Gefahr bringen. Der

Überlebensinstinkt der Pferde ist daher darauf

ausgelegt, Schmerzen bis zu einem gewissen

Grad zu verbergen und Schmerzensäußerungen

zu unterdrücken“, erläutert

die Pferdeverhaltenstherapeutin Alexandra

Edinge. Zudem können Schmerzen auch

durch verschiedene Einflussfaktoren – beispielsweise

Stress – unterdrückt werden. Daher

zeigen Pferde häufig in Stress situationen

oder ungewohnter Umgebung weniger

Schmerzen – beispielsweise verschwindet

die Lahmheit beim Vortraben in der Klinik

plötzlich.

Aus diesem Grund liegt es in der Verantwortung

des Menschen, sein Tier genau zu

beobachten, um Schmerzen möglichst frühzeitig

zu erkennen. Für die Beobachtung

spielen unter anderem die Mimik und die

Körperhaltung sowie das Verhalten des Pferdes

eine wichtige Rolle. Generell sollten Änderungen

in allen Bereichen genau beobachtet

werden: Schon feine Nuancen in der

Ausdrucksweise – insbesondere im Bereich

des Kopfes – oder dem Verhalten des Pferdes

können auf Schmerzen hindeuten.

Genau beobachten,

richtig interpretieren

Häufig wird das Verhalten von Pferden vom

Menschen missverstanden. So werden Verhaltensauffälligkeiten

wie Steigen, Buckeln,

Durchgehen oder Stehenbleiben beim Reiten

häufig als Unart abgetan und das Pferd gestraft.

Alexandra Edinge erklärt, warum solche

Verhaltensweisen auch ein Anzeichen

für Schmerzen sein können: „Ein Pferd zeigt

die genannten Verhaltens auffälligkeiten in

Situationen, in denen der Schmerz das auszuhaltende

Maß überschreitet und das Pferd

diesem entkommen möchte. Solche Reaktionen

werden häufig missinterpretiert und bestraft,

dabei sollte man die Reaktion des Pferdes

hinterfragen und nicht als Ungehorsam

verurteilen. Insbesondere das Durchgehen

ist häufig ein Anzeichen für Schmerzen, da

die Flucht die stärkste Waffe des Pferdes ist.“

Generell sind Abweichungen vom normalen

Verhalten des Pferdes – sowohl innerhalb

der Herde, bei der Futteraufnahme als auch

im Training – Anzeichen dafür, dass etwas

nicht stimmt. Hält sich Ihr Pferd beispielsweise

eigentlich immer inmitten der Herde

auf und interagiert mit seinen Artgenos-

2/2025

www.mein-pferd.de

33


AUGEN

Ist die Muskulatur oberhalb der Augen deutlich

angespannt, so kann dies ein Zeichen für

Schmerzen sein. Durch die aus geprägte Anspannung

treten die darunter liegenden Knochenstrukturen

deutlicher hervor.

OHREN

Ein gesundes Pferd zeigt ein

aktives Ohrenspiel. Bei Schmerzen

sind die Ohren hingegen

steif nach hinten gerichtet, und

das Pferd reagiert mit deutlich

weniger Ohrenspiel auf Außenreize.

LIDSPALT

Ein verengter Lidspalt –

und somit ein teilweise

geschlossenes Auge –

kann auf Schmerzen hindeuten.

Dies darf allerdings

nicht mit entspannt

fallengelassenen Augenlidern

beim Dösen verwechselt

werden.

Kaumuskulatur

In unangenhmen Situationen

soll man die „Zähne zusammenbeißen“.

Bei Pferden kann

eine angespannte, deutlich

hervortretende Kaumuskulatur

schmerzhafte Empfindungen

signalisieren.

Nüstern

Angespannte Nüstern können

ein Zeichen für Schmerzen

oder Unwohlsein sein.

MAUL

Menschen mit negativen Emotionen – von Wut bis

Schmerzen – kneifen häufig die Lippen zusammen.

Beim Pferd ist eine zusammen gepresste Maulspalte

mit zurückgezogener Unterlippe und dadurch hervortretendem

„Kinn“ ein Alarmzeichen.

34 www.mein-pferd.de 2/2025


HALTUNG & GESUNDHEIT

Fotos: slawik.com (12), Privat (1)

sen, so sollten Sie hellhörig werden, wenn

Ihr Pferd sich plötzlich abschottet und teilnahmslos

abseits steht. Ebenso sollte man es

hinterfragen, wenn ein Pferd mit einem ehemals

ruhigen Gemüt, das eher triebig war,

plötzlich im Training – ob an der Longe oder

unterm Reiter – häufiger durchgeht. Solche

und ähnliche Verhaltensänderungen sollten

keinesfalls als Temperamentsausbruch oder

Ungehorsam abgetan werden – allzu häufig

können sie ein Zeichen für Schmerzen sein.

Dabei müssen sich Verhaltensänderungen

nicht zwangsläufig negativ – beispielsweise

in Form von Bocken, Steigen oder Treten

– äußern, sondern können sich auch in vermeintlich

positiven Eigenschaften – wie größerem

Fleiß unter dem Reiter – äußern.

Arttypische Verhaltensweisen wie Gähnen

und Flehmen werden ebenso häufig

falsch interpretiert (siehe unten). Auch

Scharren wird oft als Unart abgetan: „Ein

scharrendes Pferd muss immer im Kontext

betrachtet werden. Steht man mit einem

Futtereimer vor dem Pferd, und dieses beginnt

zu scharren, so drückt dies Ungeduld

aus, das Futter zu bekommen“, so Alexandra

Edinge. „Scharrt ein Pferd allerdings häufig

unabhängig von der Fütterungssituation,

so könnte dies auch ein Zeichen für Schmerzen

sein. Insbesondere wenn das Pferd beim

Scharren zudem noch die Ohren angelegt

hat und gegebenenfalls muskuläre Anspannungen

im Bereich des Unterkiefers und

oberhalb der Augen offensichtlich werden.“

Schlägt ein Pferd beim Training oft mit

dem Schweif, so kann dies unterschiedliche

Ursachen haben: Zum einen kann es ein

weiteres Anzeichen für Schmerz sein, und

zum anderen kann es auch Unwohlsein ausdrücken.

„Pferde drücken auch Unlust, Unverständnis

oder Unwohlsein im Training

durch Schweifschlagen aus, beispielsweise

wenn sie eine Lektion nicht ausführen

möchten oder diese nicht verstehen“, erklärt

die Expertin. „In solchen Zusammenhängen

muss das gesamte Pferd betrachtet werden

– insbesondere die Mimik und die generelle

Körperanspannung –, um zwischen Unwohlsein

und Schmerzen zu unterscheiden.“

Insgesamt müssen alle Verhaltensweisen

immer im Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung

der Gegebenheiten und auf

das individuelle Pferd bezogen betrachtet

werden. Reißt man eine Verhaltensweise aus

dem Zusammenhang, so ist diese noch kein

Anzeichen für Schmerzen – beispielsweise

das Scharren kurz vor der Fütterung. Viele

der genannten Verhaltensweisen sind relativ

unspezifisch, dies bedeutet, dass sie auf

Schmerzen hindeuten können, aber nicht

unbedingt müssen.

Ein Blick ins Gesicht lohnt sich

Insbesondere für den Laien – also den Pferdebesitzer

ohne wissenschaftlichen Hintergrund

im Bereich Veterinärmedizin oder

Pferdeverhalten – ist es oftmals gar nicht so

einfach zu erkennen, ob das Pferd Schmerzen

hat. Neben Änderungen im Verhalten kann

auch die Mimik des Pferdes Aufschluss über

den Zustand des Tieres geben.

Zu diesem Zweck entwickelte ein internationales

Forscherteam im Jahr 2014 die

„Horse Grimace Scale“ (HGS). Diese Skala ermöglicht

die Schmerzbeurteilung – inklusive

des Schweregrads – bei Pferden anhand des

Gesichtsausdrucks. Dabei werden die Ohren,

die Augen- und Maulpartie, die Nüs tern sowie

die Kaumuskulatur betrachtet (siehe Grafik

auf der Seite 26). Jeder dieser Bereiche wird

entsprechend der Ausprägung der Merkmale

auf einer Drei-Punkte-Skala bewertet: null

Punkte für keinen Schmerzausdruck, ein

Punkt für moderaten Schmerzausdruck und

zwei Punkte für starken Schmerzausdruck.

Die Einzelbewertungen ergeben ein Gesamtergebnis

zwischen null und zwölf Punkten:

Null Punkte bedeuten keine Schmerzen, und

zwölf Punkte bedeuten starke Schmerzen.

Die „Horse Grimace Scale“ richtet sich sowohl

an Fachleute zur Therapiekontrolle als

auch an geschulte Laien. Allerdings birgt sie

auch ein Potenzial für Fehlinterpretationen,

so Alexandra Edinge: „Die Horse Grimace

Scale ist sicherlich ein gutes Instrument zur

Schmerzerkennung. Allerdings ist die Umsetzung

durch den Pferdebesitzer nicht immer

akkurat. Daher sollte beim Verdacht auf

Schmerzen meiner Meinung nach unbedingt

eine Fachperson hinzugezogen werden.“ Generell

muss immer der Kontext der Beobachtung

beachtet werden: So werden beispielsweise

viele Pferde am Tag nach Silvester noch

angespannt sein. Beobachtet man an einem

solchen Tag sein Pferd, so kann es sein, dass

das Ergebnis Schmerzen vermuten lässt.

Aufgrund der Gegebenheiten ist dies allerdings

vermutlich ein Fall von Angst und sollte

nicht mit Schmerzen verwechselt werden.

Angst und Schmerzen haben teilweise ähnliche

Ausprägungen in der Mimik des Pferdes.

Für eine genaue Analyse sollte das Pferd in

seiner gewohnten und ruhigen Umgebung

beobachtet werden, damit die Beurteilung

nicht verfälscht wird.

Empfehlung: Zeit nehmen

Wie bereits festgestellt, fehlt Pferden die

Möglichkeit zur verbalen Schmerzäußerung.

Daher ist genaue Beobachtung seitens des

Besitzers gefragt, um anhand der Mimik, der

Körpersprache und des Verhaltens Schmerzen

erkennen und bewerten zu können. Pferdeverhaltenstherapeutin

Alexandra Edinge

empfiehlt jedem Pferdebesitzer, sich einmal

die Woche etwa 15 Minuten Zeit zu nehmen,

um sein Pferd zu beobachten – im Offenstall,

auf der Koppel oder auch im Training:

„Schreiben Sie auf, was Ihnen an Ihrem Pferd

auffällt. Zu Beginn wird den meisten nicht

allzu viel auffallen. Aber je mehr man sich

für die Körpersprache seines Pferdes interessiert,

desto mehr Details im Verhalten werden

offensichtlich. Nehmen Sie sich einfach

die Zeit und beobachten Sie Ihr Pferd – ohne

dabei etwas von ihm zu verlangen. Beobachten

Sie, wie sich Ihr Pferd in der Interaktion

mit Artgenossen, beim Fressen und vielen

anderen Situationen verhält. Durch diese Beobachtung

schulen Sie Ihren Blick und bekommen

genaue Kenntnisse über die Verhaltensweisen

des eigenen Pferdes.“

Und nur durch genaue und regelmäßige

Beobachtung kann der Mensch feine Nuancen

in der Ausdrucksweise und dem Verhalten

sowie Änderungen ebendieser erkennen

und einschätzen – und frühzeitig Schmerzen

zu bemerken. Pferde sind auch in der

Schmerzäußerung sehr individuell: Bei manchen

Pferden lassen sich Schmerzen eher im

Bereich der Augen erkennen, während bei

anderen Pferden die Maul- und Nüsternpartie

ein stärkerer Indikator ist. Nur wer sein

Pferd und dessen individuellen Verhaltensweisen

genau kennt, ist in der Lage, Schmerzen

früh zeitig zu erkennen.

UNSERE EXPERTIN

Alexandra Edinge

ist seit 2016 studierte Pferdeverhaltenstherapeutin.

Seitdem gibt sie ihr Wissen und

ihre Erfahrungen – sowohl in der Theorie

als auch der Praxis – an Pferdehalter und

Reiter weiter. Zu diesem Zweck hält sie Vorträge

auf Messen und gibt deutschlandweit

Seminare – u. a. zu den Themen Schmerzen

und Angst beim Pferd.

▶ www.edinge-pvt.de

2/2025

www.mein-pferd.de

35


HALTUNG & GESUNDHEIT

Tief in die Seele

eingebrannt

TRAUMATA BEI PFERDEN Unfälle, Misshandlungen oder schlechte Haltungsbedingungen

können bei Pferden schwere Traumata hinterlassen. Wie sie

diese erkennen, was in der Psyche passiert und wie traumatisierten Pferden geholfen

werden kann, erklärt unsere Expertin, Traumatherapeutin Irina Eisenhardt-Junges

Schlechte Haltungsbedingungen

können ein

Pferd trauma tisieren

36 www.mein-pferd.de 2/2025


Was löst bei einem Pferd ein Trauma

oder eine PTBS aus?

Auslöser eines Traumas oder einer PTBS sind

meist emotional eingefärbte Erlebnisse. Es

können ganz unterschiedliche Vorfälle sein,

die nicht immer einer Katastrophe ähneln

müssen. Fehler in der Ausbildung, Schmerzen,

Unfälle, schlechte Haltungsbedingungen,

ein Transport, ein unglücklicher Zufall.

Eigentlich immer da, wo in einer bedrohlichen

Situation Kampf oder Flucht nicht möglich

sind.

Welche Rolle spielt der Charakter

des Pferdes?

Nicht jedes Pferd erlebt nach einem schlimmen

Erlebnis direkt ein Trauma oder entwickelt

eine PTBS. Ein sensibles, vorsichtiges

oder vorbelastetes Pferd neigt aber vielleicht

eher dazu als ein solches Pferd, das

gefes tigter ist. Es ist tatsächlich sehr oft eine

Typfrage.

Der Hänger wirkt schnell be drohlich, besonders mit Druck von hinten

Mein Pferd: Was ist ein Trauma?

Irina Eisenhardt-Junges: Ein Trauma wird

durch ein Ereignis ausgelöst, welches als

lebens bedrohlich empfunden wird. Etwas

wirkt auf den Betroffenen zu schnell, zu

heftig und zu plötzlich ein. Instinktive Reaktionen

wie Kampf oder Flucht sind nicht

möglich. Das Pferd, oder auch jedes andere

Lebewesen, verfällt in eine Art Schockstarre.

Äußerlich wirkt ein Tier wie eingefroren oder

tot, innerlich aber wird es von einer gewaltigen

Überlebensenergie überflutet, die das

Tier ursprünglich bei drohendem Tod vor

Schmerzen schützen oder aber bei einer

späteren möglichen Flucht wieder voll mobilisieren

soll. Man unterscheidet zwischen

einer Mono- und einer komplexen Traumatisierung.

Ein Trauma selber kann gut überwunden

werden, schwierig wird es erst, wenn

das Pferd eine Posttraumatische Belastungsstörung

entwickelt, die sogenannte PTBS.

Wie äußert sich eine PTBS?

Die Symptome einer posttraumatischen

Belastungsstörung (PTBS) sind absolut vielfältig.

Zum Beispiel kann das Pferd sehr

lethargisch wirken, oder es ist extrem aufgedreht.

Die Reaktionen, die durch Trigger

ausgelöst werden, sind der jeweiligen Situation

nicht entsprechend und völlig übertrieben.

Recht verlässlich kann man sagen,

„Das Pferd wirkt

wie tot. Innerlich

wird es aber von

einer gewal tigen

Überlebens energie

über flutet.“

Pferde leiden still. Doch in ihren Augen

spiegelt sich ihr Seelenleben wider

kommuniziert das Pferd vorab recht wenig,

bis es dann von 0 auf 100 loslegt. Halter sind

über die heftige Reaktion dann oft sehr überrascht.

Auch Süchte, Ticks, Zwänge, generalisierte

Ängste und anderes können eine Folge sein.

Tiere in freier Wildbahn leiden selten unter

einer PTBS, da diese die nötige Zeit und Ruhe

haben, die enorme Überlebensenergie abzubauen.

Sie stehen auf, schütteln sich und machen

weiter. Tiere, die eng mit uns Menschen

zusammen leben, entwickeln dagegen leider

sehr schnell eine solche, bedingt durch die

Lebensumstände.

Warum ist Desensibilisierung der

falsche Weg, ein Trauma zu heilen?

Bei einer Desensibilisierung ist die Wahrscheinlichkeit

sehr hoch, dass eine Retraumatisierung

stattfindet, da die frühere

Information der „Lebensbedrohung“ bei

einer stetigen Konfrontation nicht aufgelöst,

sondern nur wiederholt werden.

Wie behandelt man ein Trauma

stattdessen?

Es gibt viele verschiedene Therapieansätze.

In meiner Arbeit orientiere ich mich an einer

von Francine Shapiro entwickelten Therapieform

und an der Arbeit des berühmten Traumatherapeuten

Peter Levine.

Bei EMDR nach Francine Shapiro handelt

es sich um eine bilaterale Stimulation, die die

Emotion von der Erinnerung entkoppelt.

2/2025

www.mein-pferd.de

37


HALTUNG & GESUNDHEIT

EInfach rennen –

dadurch bauen Pferde

negative Energie ab

Die alte Informa tion wird im Prinzip

verarbeitet, so dass die Erinnerung

nicht mehr die emotionale Belastung

hervorruft.

Die Körpertherapie orientiert sich an der

Arbeit von Peter Levine. Hier wird dem Pferd

geholfen, den alten zuvor verhinderten Bewegungsablauf

kontrolliert auszuführen.

Zum Beispiel die Flucht nach vorne. Beide

Vorgehensweisen sind entsprechend abgewandelt

und für Tiere konzipiert.

Wichtig ist ein behutsames Vorgehen,

das Pferd darf nicht überflutet werden. Die

Grundvoraussetzung für das Gelingen der

Therapie ist eine vertrauensvolle und gefestigte

Beziehung zwischen Pferd und Halter.

Wussten

Sie schon?

Ein Trauma wird bei

Pferden dann ausgelöst,

wenn sie sich in einer

lebensbedrohlichen

Situation

befanden

Wie reagieren Pferde

auf eine solche Behandlung?

Da gibt es ganz viele unterschiedliche Reaktionen.

Beobachten kann man aber immer,

wie sich das Verhalten löst. Es kommen alte

Reaktionen durch, die in der Situation nicht

ausgeführt werden konnten.

Zum Beispiel kann ein Pferd, dass stetig

gebuckelt hat, weil die Flucht nach vorne

nicht möglich war, auf einmal einen Satz

nach vorne machen oder aber auch nach vorne

weglaufen.

Da das Nervensystem ganz unterschiedlich

auf Traumata und PTBS reagiert, kann

es sein, dass ein Pferd sehr lethargisch ist,

depressiv wirkt, langsam in allem ist, oder

aber genau das Gegenteil: Es ist extrem aufgedreht,

nervös und zappelig. Das Nervensystem

normalisiert sich. Da ich versuche, in

dem Rahmen zu arbeiten, den das Pferd tragen

kann, nehmen sie es allgemein sehr gut

an und arbeiten bereitwillig mit. Ich denke

sie spüren, dass sich in ihnen etwas verändert.

Auch Pferde können

sich bei einem Reitunfall

verletzen –

meist seelisch

38 www.mein-pferd.de 2/2025


Fotos: slawik.com (2), Imago/Frank Sorge (2), Imago Images (2), Privat (1)

„Beziehungs arbeit ist wichtig, denn

eine belastbare Beziehung, auch

in Konflikten, ist das A und O, um

eventuelle zukünftige Traumata

abzuwenden oder zu mildern, und

ist die Basis für den Erfolg einer

Trauma therapie.“

Was zeichnet einen besonders

komplizierten Fall aus?

Kompliziert ist es grundsätzlich, wenn eine

komplexe Traumatisierung vorliegt, da es

unterschiedliche Auslöser gibt und viel belastendes

Material vorhanden ist.

Robin zum Beispiel, ein Schulpferd in Rente,

koppte, sobald ein Fünkchen Stress aufkam.

Trigger waren Berührungen oder Stimmen,

Kinderstimmen insbesondere. Der

Sattel sowieso und generell alles, was bei ihm

Stress auslöste. Zudem kam noch eine unschöne

Begegnung mit dem Stromzaun hinzu.

Robin hat das nicht so gut weggesteckt

wie ein Pferd, welches im Ganzen etwas gefestigter

ist.

Aber heute koppt Robin kaum mehr, er

sucht den Kontakt, und es geht ihm gut.

Kompliziert war es hier, da Robin sehr leise

kommuniziert hat. Bevor er anfing zu koppen,

kam ein Ansatz einer Fluchtreaktion, es

war nur ein kleines Wippen nach vorne, danach

setzte regelmäßig das Koppen ein. Das

war Robins Strategie, mit der belastenden Situation

fertig zu werden. Ein Anzeichen einer

alten unterbrochenen Fluchtreaktion.

Wie lange dauert eine Behandlung?

Das ist ganz unterschiedlich und hängt auch

stark von der Art des Traumas ab. Manche

Behandlungen dauern nur ein bis anderthalb

Stunden. Manche brauchen länger. Ich lasse

zwischen den Terminen auch entsprechend

Abstand, damit sich alles beruhigen und festigen

kann.

Ist ein Pferd danach

wieder normal reitbar?

Wenn eine PTBS vollständig aufgelöst wurde,

ist ein Pferd auch wieder reitbar.

Beziehungsarbeit ist das A und O ,

damit Traumata abgewendet werden

können

Was muss der Trainer/

der Pferde besitzer beachten?

Man sollte anfangs etwas behutsamer mit

dem Pferd umgehen, es nicht überfordern.

Hier ist erst einmal ganz klar: Weniger ist

mehr. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem

sich alle in der neuen Situation zurecht gefunden

haben und sicher fühlen. Oft hat der

Reiter auch Angst entwickelt und braucht

ebenfalls seine Zeit. Wichtig ist, nach wie vor

entsprechende Beziehungsarbeit, denn eine

belastbare Beziehung, auch in Konflikten, ist

das A und O, um eventuelle zukünftige Traumata

abzuwenden oder zu mildern, und die

Basis für den Erfolg einer Traumatherapie.

UNSERE EXPERTEN

Irina Eisenhardt-Junges

kam ursprünglich vom Mensch

aufs Tier. Sie hat Psychologie

studiert und erkannte schnell,

dass es in puncto Traumatherapie

bei Hunden und

Pferden auch großen Bedarf gibt. Sie

bildete sich bei verschiedenen Traumatherapeuten

weiter, die ihre Arbeit aus dem

Instinktverhalten der Tiere ableiteten. Heute

betreibt sie eine Hundeschule mit

Schwerpunkt verhaltensauffälliger Hunde

und behandelt traumatisierte Pferde in

ihrer mobilen Therapie.

▶ www.traumazentrum-huf-und-pfote.de

2/2025

www.mein-pferd.de

39


THEMA DES MONATS MAGEN

Magenfre

Weide mit ausreichend

Gras ist die natürlichste

Ernährung für Pferde

und magenfreundlich

40 www.mein-pferd.de 2/2025


undlich?

MAGENPROBLEME Der Magen ist ein sensibles

Organ, in dem eingespielte Abläufe schnell

ins Wanken geraten. Warum selbst Kraftfutter

negativ auf die Verdauungsvorgänge im Magen

wirkt, weshalb Rohfaser so wichtig ist und was

man gegen Magengeschwüre tun kann, lesen

Sie im folgenden Special. Außerdem: Melone,

Salat oder Brot – was darf aus der heimischen

Küche auch im Futtertrog landen?

TIPPS TO GO

Unsere Tipps können

Sie gratis auf Ihr Handy

laden: Einfach diesen

QR-Code scannen und

Datei speichern!

2/2025

www.mein-pferd.de

41


THEMA DES MONATS MAGEN

Kraftfutter ist in

geringen Mengen

in Ordnung, zu viel

davon bringt die

Verdauung durcheinander

Verborgene Vorgänge

Im Magen finden

Verdauungsvorgänge

statt, die ganz genau

einem bestimmten

Schema folgen sollten.

Wird Heu gefüttert,

läuft alles nach Plan.

Bei Kraftfutter hingegen

gibt es schon die ersten

kleineren Abweichungen

42 www.mein-pferd.de 2/2025

Säure – das klingt erstmal aggressiv.

Und auch wenn Magensäure unabdingbar

für eine gute Verdauung ist,

verbindet man mit ihr doch eher

negative Auswirkungen wie etwa

Magengeschwüre. Wie bei so vielem kommt

es auf die richtige Balance an. Und darauf, dass

die Säure dort bleibt, wo sie hingehört.

Erst keine, dann viel Magensäure

Mit 15 bis 20 Litern Fassungsvermö gen ist

der Magen eines Pferdes relativ klein und darauf

ausgelegt, Futter in kleinen Portionen

aufzunehmen. Dieses gelangt – durch Zähne

zerkleinert – zunächst in den vorderen Teil

des Magens. In diesem vorderen, dem sogenannten

drüsenlosen Teil, gibt es noch keinen

sauren Magensaft. Leicht verdauliche

Kohlenhydrate wie Stärke oder Zucker werden

hier durch Mikroorganismen abgebaut.

Da das Milieu in diesem Teil des Magens

sehr basisch ist, finden die Mikroorganismen

hier gute Bedingungen vor. Wird zu viel Zucker

gefüttert, kommt es zu einer sprunghaf-

UNSER EXPERTE

Otfried Lengwenat

Der Fütterungsfachmann

hält Vorträge zu Fütterung

und Haltung, bildet aus

und weiß bis ins Detail,

welche Folgen bestimmte

Futtermittel in den einzelnen Abschnitten

der Verdauung haben.


Optimale pH-Werte

nach Heugabe

pH-Werte

nach Kraftfuttergabe

Heu und Kraftfutter wirken sich unterschiedlich auf

den pH-Wert im Magen aus. Bei Kraftfutter bleibt

der pH-Wert im hinteren, drüsenhaltigen Magenabschnitt

zu hoch, was sich nachteilig auf die weitere

Verdauung im Darm auswirkt

Übergangszone

Magenausgang

Wissen

ten Fermentation. Die Folge: Es wird sauer

im ersten Teil des Magens, dies ist nicht erwünscht.

Über Transportbewegungen gelangt

der Futterbrei als Nächstes in den drüsenhaltigen

Teil des Magens. „Hier werden

Salzsäure und Pepsinogen, die Vorstufe von

Pepsin gebildet. Die Salzsäure senkt den pH-

Wert, dies ist wichtig um den Nahrungsbrei

zu „desinfizieren“ und mit Hilfe des Pepsins

beginnt die Eiweißverdauung. Dies erfolgt

nur bei einem niedrigen pH-Wert. Die Enzyme

arbeiten immer nur bei einem bestimmten

pH-Wert richtig“, erklärt Fütterungsexperte

Otfried Lengwenat.

Da Raufutter etwas lockerer ist und nicht so

eng zusammenklebt, kann es im hinteren

Teil des Magens von der Magensäure sehr

gut durchtränkt werden. Der pH-Wert sinkt

ab (siehe oben rechts).

Kraftfutterbrei wird

schlechter verarbeitet

Kraftfutter hingegen klebt meistens als

Brei dicht zusammen und kann nicht so

gut durchtränkt werden. Bei diesem Futter

sinkt der pH-Wert nicht so weit ab. Das hat

zur Folge, dass die Mikroorganismen nicht

so zahlreich abgetötet werden und das Futter

keimhaltiger ist, wenn es im Dünndarm

ankommt. Dort steigt das Risiko für Fehlgärungen

mit Aufgasungen, die sich als Kolik

äußern. Ein weiteres Problem: Da die Magensäure

nicht ausreichend gebunden werden

kann, kann sie in den vorderen, drüsenlosen

Teil des Magens laufen. Es kann zu

Veränderungen sogar zu Magengeschwüren

kommen.

Müde, schlapp, antriebslos? Einige

von uns nehmen bei solchen Anzeichen

gerne die eigene Ernährung

unter die Lupe. Gerade das Thema

Übersäuerung ist in den letzten Jahren

in den Fokus gerückt. Gemeint ist damit,

dass der pH-Wert des Blutes nicht mehr

im optimalen Bereich liegt, sondern eben

zu sauer ist. Gibt es eine solche Übersäuerung

auch bei Pferden? In der neuesten

Auflage seines Standardwerks „Pferdehaltung

und Fütterung“ hat Ingolf Bender

extra ein Kapitel zur Übersäuerung aufgenommen.

Darin schreibt er, dass es beim

Pferd im Wesentlichen drei Disbalancen

hinsichtlich des pH-Werts gibt – die zum

Teil ineinander übergehen:

▷ Übersäuerung des Magens

Magensäure ist wichtig, aber in zu großen

Mengen bzw. wenn sie unzureichend

vom Futter aufgesaugt wird oder das Futter

viel Stärke enthält (übermäßig starke

Milchsäurebildung) kann der Magen übersäuern.

Auch Medikamente können eine

Ursache sein. Magen geschwüre und Koliken

drohen.

Zu sauer?

▷ Übersäuerung im Blut

Durch Krankheiten, veränderten Stoffwechsel,

Fehlernährung oder Haltungsstress

sinkt der pH-Wert des Blutes.

Die Pferde wirken müde, manche haben

vermehrt Angst, stolpern häufiger

oder haben auch Hautveränderungen. In

schweren Fällen steigen Herz- und Atemfrequenz.

Der Tierarzt kann die Übersäuerung

durch eine Blutgasanalyse diagnostizieren.

Haltung und Fütterung müssen

meist verändert werden, das Pferd benötigt

zudem eine Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr.

▷ Übersäuerung der Muskulatur

Bei starker Anstrengung fällt in den MuskelnMilchsäure

an: Die Zellen übersäuern.

Bis zu einem gewissen Grad ist das nicht

weiter schlimm, der Organismus kann es

kompensieren. Aber wenn die Leistung abfällt

und sich das Pferd widersetzlich sowie

kurzatmig zeigt, kann das ein Hinweis

darauf sein, dass das Pferd überfordert

wurde und die Muskulatur übersäuert ist.

▷ Buchtipp

Pferdehaltung und Fütterung

von Ingolf Bender

(Kosmos Verlag,

ISBN 978-3-440-17322-0,

54 Euro) das Standardwerk

über die optimale

Haltung und Fütterung

jetzt ganz neu mit Säure-

Check-Up zur Vorbeugung

von Übersäuerung des

Pferdestoffwechsels.

2/2025

www.mein-pferd.de

43


THEMA DES MONATS MAGEN

Wenn der Magen

schmerzt, zeigen

manche Pferde

Koliksymptome

Magengeschwüre –

ein großes Problem

Neben Fütterungsfehlern gibt es viele Faktoren, die zu

Magengeschwüren führen – vor allem ein Auslöser wird

häufig nicht ernst genug genommen

44 www.mein-pferd.de 2/2025


Studien zufolge leiden 80 Prozent

der Rennpferde im Training

an einem Magengeschwür.

Von den Turnierpferden sollen

es bis zu 70 Prozent sein, bei Absetzern

60 und bei Freizeitpferden immer

noch 30 Prozent. Erschreckende Zahlen, die

deutlich machen, wie groß das Pro blem

ist. Kein Wunder, schließlich schlagen

dem Pferd verschiedenste Faktoren im

wahrsten Sinne auf den Magen. Fütterungsfehler

fallen den meisten Pferdebesitzern

sicherlich als erstes als Ursache ein. Gefolgt

von Stress – Stress beim Absetzen, auf Turnieren,

Transport oder etwa einem Umzug.

Was vielen vielleicht nicht so bewusst ist:

Auch Stress im Training oder im Umgang

mit dem Pferd, den wir als Reiter oder Pferdebesitzer

nicht so wahrnehmen, kann eine

Ursache sein. „Pferde sind uns zugewandte

Tiere, und wie wir sie arbeiten, beeinflusst ihr

Wohlbefinden und ihre Gesundheit“, erklärt

Fachtierarzt Dr. Michael Paar aus der Pferdeklinik

Sottrum West in Niedersachsen. „Man

sollte sich immer wieder fragen, ob man es

dem Pferd leicht macht.“ Seiner Erfahrung

nach zeigen Patienten mit Magengeschwüren

oftmals ein sehr gestresstes Verhalten.

Sie laufen in der Box umher oder koppen

zum Beispiel.

Therapie durch die Hintertür

Bevor man an die Therapie denkt, ist es wichtig

zu wissen, wo das Geschwür sitzt – dafür

ist eine Magenspiegelung nötig. Liegt das Geschwür

im vorderen, nicht drüsenhaltigen

Teil des Magens, spricht man von einer ESGD

(Equine Squamous Gastric Disease). Gibt es

Veränderungen im hinteren, drüsenhaltigen

teil, nennen Mediziner es EGGD (Equine

Glandular Gastric Disease). „Bei einer ESGD

sind Omeprazol-Präparate das Mittel der

Wahl“, so Dr. Michael Paar. Therapie durch

die Hintertür, nennt der Tierarzt die Wirkung

von Omeprazol. Dieser Protonensäurehemmer

muss zunächst den Magen unbeschadet

passieren, bevor er im Dünndarm

ins Blut aufgenommen wird. Übers Blut gelangt

er in die Schleimhäute des Magens und

bewirkt dann dort, dass weniger Magensäure

produziert wird.

Neben der Lage des Geschwürs ist für eine

gezielte Therapie sehr wichtig, in welcher

Formulierung das Medikament vorliegt und

wie es laut Beipackzettel verabreicht werden

muss. „Entscheidend ist, welche Formulierung

man verwendet, also ob Paste oder

Granulat, und da raus resultiert, wann das

Medikament bei welcher Magenfüllung verabreicht

wird. Daraus ergibt sich die Bioverfügbarkeit

des Medikaments, also wie gut der

„Man sollte sich

immer wieder

fragen, ob man

es dem Pferd

leicht macht.“

Körper den Wirkstoff aufnimmt.“ Die Fütterung

kann in einem solchen Fall zur Herausforderung

werden, wenn all die Ruhe- und

Fresspausen eingehalten werden sollen: Medikament

auf möglichst nüchternem Magen

geben, danach wegen des Medikaments

Fresspause einhalten, dann Fütterung, dann

wieder Ruhepause bevor das Pferd geritten

wird – das ist manchmal gar nicht so einfach

in die Praxis umzusetzen. „Aktuell wird noch

daran geforscht, Omeprazol direkt in Muskeln

zu injizieren“, weiß Dr. Paar. Damit wäre

das Fütterungsmanagement wesentlich einfacher.

„Noch ist es aber nicht soweit, das Medikament

wird wohl erst in einigen Jahren

auf den Markt kommen.“ Liegt das Geschwür

Wissen

im hinteren Teil des Magens (EGGD), kommt

zusätzlich der Wirkstoff Sucralfat zum Einsatz.

„Er stammt aus der Humanmedizin

und muss umgewidmet werden, damit er

bei Pferden zur Verfügung steht“, erklärt Dr.

Paar. Der Wirkstoff funktioniert als Schleimhautschutz

und fördert durch die Verstärkung

eines bestimmten körpereigenen Hormons

(Prostaglandin E) die Durchblutung

der Schleimhaut.

Therapie-Dilemma

„Lange Zeit hat man eine Dual-Therapie durchgeführt,

also sowohl Omeprazol als auch Sucralfat

verabreicht, und das über eine längere

Zeit, also zwei bis drei Monate“, erklärt Dr.

Paar. „Das ist aber teuer und nicht immer erfolgreich.

Das Dilemma aktuell ist, dass es

einen Wirkstoff gibt, der ähnlich wie Prostaglandin

E wirkt und gut hilft, der aber sehr

problematisch ist, da er bei unsachgemäßer

Anwendung dem Menschen schaden kann.

Es handelt sich um den Wirkstoff Misoprostol.

Entsprechend dem Arzneimittelgesetz

darf dieser Wirkstoff, der für die Humanmedizin

zugelassen ist, zum aktuellen Zeitpunkt

nur im Rahmen der Umwidmungskaskade

Anwendung finden und muss mit einem hohen

administrativen Aufwand aus dem Ausland

importiert werden. Er hat mehr Neben-

Symptome bei einem Magen geschwür

Bei Magengeschwüren gibt es keine spezifischen Symptome, die ganz eindeutig auf diese

Erkrankung hinweisen. Betroffene Pferde zeigen eine Fülle von Symptomen, die auch

eine ganz andere Ursache haben können. Nur mithilfe einer Magenspiegelung lässt sich

ein Magengeschwür ein deutig diagnostizieren.

▷ Mögliche Symptome Fohlen/Absetzer

● Appetitlosigkeit/schlechtes Saugen

● stumpfes Fell

● Liegen in Rückenlage (um Magensäure in andere Magenteile zu spülen und geschädigte

Magenschleimhaut zu beruhigen)

● ausgeprägtes Zähneknirschen und Speicheln

▷ Mögliche Symptome erwachsenes Pferd

● wiederkehrende Koliken (oft Verstopfungen oder Aufgasungen)

● häufig Bauchschmerzen nach

dem Fressen

● reduzierter Appetit

● sehr unspezifisch: Abmagerung, schlechtes Allgemeinbefinden, Abgeschlagenheit,

chronischer Durchfall, verminderte Leistungsbereitschaft, Verhaltensstörungen wie

Gurtzwang, Aggressivität, Flanken beißen

2/2025

www.mein-pferd.de

45


THEMA DES MONATS MAGEN

24/7 auf die Weide, mit ausreichend

Gras und in einem stabilen

Herdenverband – das ist optimal

für Pferde mit Magengeschwüren.

Beim Verabreichen der Medikamente

sollte man so gut wie

möglich beachten, wann diese

gefüttert werden sollten

wirkungen fürs Pferd und eignet sich nicht

für tragende Stuten. Das Gefahrenpotenzial

für den Menschen ist hoch, da er bei Schwangeren

zu Wehen führt.“

Der Tierarzt aus Sottrum setzt den Wirkstoff

bisher nicht ein, stellt aber die Frage in

den Raum, ob Misoprostol eine Chance für

Therapieversager sein kann – also für Pferde

bei denen die üblichen, zugelassenen Medikamente

nicht angeschlagen haben.

46 www.mein-pferd.de 2/2025

Ab auf die Weide!

Die Fütterung eines Pferdes mit Magengeschwür

muss möglichst an die Vorgaben der

Medikamenten- Verabreichung angepasst

werden. 100-prozentig ist dies aus Sicht des

Tierarztes nicht immer möglich. Er spricht

mit seinen Kunden genau durch, wie sie Medikamente

und Fütterung am besten unter

einen Hut bekommen und auf was sie achten

sollen. „Die Hausaufgabe bei Magengeschwüren

ist für meine Kunden, dass sie ihren Pferden

möglichst viel Weidegang bieten.“ Wenn

die Weiden sehr trocken oder stark abgeweidet

sind, sollte man Heu zufüttern. „Wichtig

auf der Weide ist, dass das Pferd dort keinen

Stress hat! Es also mit einem Kumpel in

einem gefestigten Sozialverband steht, wo es

UNSER EXPERTE

Dr. Michael Paar

Fachtierarzt für Pferde,

Inhaber der Pferdeklinik

Sottrum West, stellv.

Vorsitzender des Prüfungsausschusses

für

die Zuerkennung der

Bezeichnung „Fachtierarzt für Pferde“

(Niedersachsen).

kein Mobbing gibt, kaum Wechsel in der Herdenstruktur

stattfindet und das Pferd keine

Angst haben muss. Individuelle Fressplätze,

die ausreichend Abstand zueinander haben,

tragen dazu bei, Stress zu reduzieren“,

rät Dr. Paar. Natürlich müssen auf der Weide

auch saubere Wassertränken vorhanden sein,

ebenfalls so angebracht, dass jedes Pferd in

Ruhe saufen kann.

Fütterung im Stall

Ist das Pferd in der Box untergebracht, rät Dr.

Paar dazu, täglich etwa 1,7 Kilogramm Heu

pro 100 Kilogramm Lebendmasse zu füttern,

aufgeteilt auf drei Mahlzeiten. „Das Heu sollte

qualitativ gut und vom ersten Schnitt sein“,

so der Tierarzt. Alternativ ist aus seiner Sicht

auch Silage möglich. Diese sollte selbstverständlich

hygienisch einwandfrei sein wie

auch die Einstreu in der Box. Die Kraftfutter-

Ration hängt vom Aussehen des Pferdes ab:


Ist es gut genährt, kann man zunächst Kraftfutter

zurückfahren oder auf stärke- und zuckerreduziertes

Futter zurückgreifen. Fehlt in

der Ration dann Energie, werden Pflanzenöle

eingesetzt.„Magere Pferde darf man energetisch

nicht zu weit herunterfahren. Hier

sollte man eine exakte Fütterungsberatung

durchführen. Ein guter Zusatz ist Luzerne in

Cob- oder Pellet-Form. Nicht als Häcksel, diese

können die Magenschleimhaut mechanisch

reizen.“

Von heu ad libitum hält der Tierarzt

nichts, da Pferde teilweise mehr aufnehmen,

als sie benötigen und es die Verabreichung

der Medikamente erschwert – die Bioverfügbarkeit

der Magenmittel ist bei recht leerem

Magen am besten. Um den Heilungsverlauf

zu überprüfen, führt Dr. Paar bei all seinen

Magengeschwür-Patienten Kontroll-Gastroskopien

durch.

Wer Magengeschwüren vorbeugen möchte,

kann überschaubare Kraftfutterrationen

geben, ausreichend Heu füttern und auf Ruhephasen

nach dem Füttern achten. Vorbeugend

das Pferd mit Omeprazol oder Sucralfat

schützen, funktioniert nicht: Bei dauerhafter

Nutzung haben sie zu viele Nebenwirkungen.

Futter mit Lecithin oder Pektinen soll Studien

zufolge unterstützend gegen Magengeschwüre

helfen.

Wissen

Ursachen für

Magengeschwüre

Der Magen ist hochsensibel und lässt

sich durch viele Faktoren durcheinanderbringen,

wie zum Beispiel:

● Stress: Die Magenschleimhaut wird

schlechter durchblutet, ihre schützende

Schleimschicht nimmt ab. Zudem

wird bei Stress mehr Magensäure gebildet.

● Hohe Trainingsintensität: Strengt

sich das Pferd im Trab und Galopp lange

stark an, entsteht Druck auf den

Bauch. Die Magensäure kann dadurch

in den vorderen Magenteil gedrückt

werden, wo die Magenwand nicht gegen

die Säure geschützt ist. Das ist vor

allem ungünstig, wenn die Pause zwischen

Fütterung von Kraftfutter und

Training zu kurz war. Eine leichte Füllung

des Magens mit Raufutter bei der

Arbeit schützt die Magenschleimhaut.

Nur mit einer Gastroskopie lässt sich die genaue Lage des Geschwürs diagnostizieren

– das ist wichtig für die Medikamentenwahl. Nicht immer nehmen Reiter

den Stress wahr, den ihre Pferde erleben und der ihnen manchmal ganz schön

auf den Magen schlagen kann.

● Medikamente: Bestimmte Medikamente

wie die Entzündungshemmer

und Schmerzmittel NSAID („nonsteroidal

anti-inflammatory drug“) stehen

als Ursache im Verdacht.

● Falsche Fütterung: zu lange Fresspausen

von mehr als sechs Stunden

(die Magensäure kann vom Futter nicht

aufgesaugt werden, es fehlt zudem

Speichel, der die Magensäure neutralisiert),

zu viel Kraftfutter (dabei wird

weniger neutralisierender Speichel

gebildet und es kann Milchsäure entstehen,

die die Magenwand angreift),

falsche Fütterungsreihen folge (zuerst

Kraft- dann Raufutter), verunreinigtes

Futter.

Fotos: xxx

2/2025

www.mein-pferd.de

47


THEMA DES MONATS MAGEN

Wichtige Rohfaser

Heu ist das A und O in der Pferdefütterung. Unter anderem, weil es viel

Rohfaser enthält und im Magen für eine gute Balance der Verdauungssäfte

sorgt. Aber gibt es noch Alternativen, die das Gleiche können?

FAUSTREGEL

Pro Tag mindestens

1,5 bis 2 Kilogramm

Heu pro 100 Kilogramm

Körpergewicht

des Pferdes

Um die Verdauung in

Schwung zu halten, ist Heu

enorm wichtig. Zusätzlich

steigert es die Zufriedenheit

des Pferdes, da es

lange etwas zu kauen hat

Heu macht glücklich und hält gesund

Wenn Pferde auf den trockenen, grünen

Heustängeln herumkauen, sind sie glücklich

und tun gleichzeitig etwas für ihre Gesundheit.

Denn: „Heu hat einen sehr positiven

Effekt auf das Wohlbefinden des Pferdes. Es

befriedigt das Kaubedürfnis, da bei der Futteraufnahme

viel mehr Zeit benötigt wird als

beim Kraftfutter“, erklärt Fütterungsexperte

Otfried Lengwenat. „Mit der langen Kautätigkeit

wird auch viel Speichel gebildet. Der

Speichel ist alkalisch und puffert somit im

Verdauungskanal gut ab.“ Ein weiterer Vorteil

des langen Kauens: Das Pferd fühlt sich

durch müde Kaumuskeln allmählich satt. Es

hat nämlich kein Sättigungsgefühl im Sinne

eines Völlegefühls wie wir Menschen, weil

es keinerlei Dehnungsrezeptoren im Magen

hat, die signalisieren: Stopp, ich kann nichts

mehr aufnehmen. Aus diesem Grund kann

es bei Kraftfutter auch zu einer Magenüberladung

kommen.

48 www.mein-pferd.de 2/2025


Rohfaser- und Energiegehalt

Links : früh geschnittenes

Heu, rechts: spät

geschnittenes Heu

Der Schnittzeitpunkt des Grases

bestimmt, wie hoch der

Anteil der Rohfaser im Heu

ist. Früh geschnittenes Heu

enthält wenig Rohfaser, dafür

viel Eiweiß, Aminosäuren und

Energie. Spät geschnittenes

Heu ist reicher an Rohfaser,

hat dafür weniger Energie,

weniger Eiweiß und weniger

Nährstoffe. Für die Fütterung

bedeutet das: Je weniger

Leistung ein Pferd erbringen

muss, desto rohfaserreicher

sollte es gefüttert werden.

Da ältere Pferde mehr

Energie benötigen und

manchmal schlechter kauen

können, eignet sich für sie

eher früher geschnittenes

Heu. Auch dünne Pferde sowie

Zuchtstuten profitieren von

dem hohen Energie- wie auch

Eiweißgehalt in früh geschnittenem

Gras. Dickere Pferde

hingegen sollten eher energieärmeres,

also später geschnittenes

Heu erhalten.

Was ist Rohfaser?

Als Rohfaser bezeichnet man die unlöslichen Zellwandbestandteile von Heu, Stroh oder

Gras. Diese pflanzlichen „Gerüstkohlenhydrate“ setzen sich zusammen aus Zellulose, Hemizellulose

und unverdaulichem Lignin. Pro Tag sollte ein Pferd etwa zwei bis drei Kilogramm

Rohfaser aufnehmen. In einem Kilogramm Heu stecken je nach Schnittzeitpunkt etwa 200

Gramm (z. B. junges Heu vom zweiten Schnitt) bis 300 Gramm (erster Schnitt nach Blüte

gemäht) Rohfaser. Ein 600 kg schweres Pferd müsste 12 kg Heu fressen, um seinen Rohfaserbedarf

zu decken.

Luzerne statt viel Kraftfutter

Kraftfutter ist nur in gewissen Mengen gut

verdaulich, wird aber gerne als Energielieferant

für Sportpferde genutzt. Französische

Wissen schaftler aus Dijon haben herausgefunden,

dass mit Luzerne der Kraftfutteranteil

gesenkt werden kann, ohne dass die

Pferde weniger Energie erhalten. Sie hatten

Gut für den Darm

fünf Pferden Hafer und Heu gefüttert, den

fünf anderen Tieren gaben sie weniger

Hafer, dafür Luzerne und die gleiche Menge

Heu. Beide Rationen deckten den Energiebedarf

zu 100 Prozent ab, die „Luzerne-

Gruppe“ erhielt mit ihrer Ration aber sogar

noch 30 Prozent mehr Proteine.

Nicht nur das lange Kauen und intensive Einspeicheln machen Heu so wichtig für die

Verdauung. Die im Heu enthaltenen Ballaststoffe, die Rohfaser, unterstützen die Darmmotorik

und sorgen dafür, dass wichtige Mikroorganismen gut arbeiten können. Die

Zellwandbestandteile des Heus können nämlich von den körpereigenen Verdauungssäften

nicht aufgespalten werden. Zellulose wird aber von den Mikroorganismen im

Darm verarbeitet. Dabei entstehen flüchtige Fettsäuren, die über die Darmschleimhaut

ins Blut gelangen und das Pferd mit Energie versorgen. Die Mikroorganismenim Darm,

umgangssprachlich auch Darmflora genannt, sind auf diese Rohfaser angewiesen und

darauf eingestellt. Gelangen etwa zu viele leicht vergär bare Kohlenhydrate aus Kraftfutter

in den Darm, ändert sich der pH-Wert. Die Mikro organismen können sich nicht

mehr so gut vermehren und arbeiten schlechter. Aus diesem Grund sind Heu und Co. so

wichtig für eine gut funktionierende Darmflora.

Alternativen zu Heu

Die Vorteile von Heu liegen auf der

Hand. Doch nicht immer steht hygienisch

einwandfreies Heu zur Verfügung

(Heu-Qualität siehe St.GEORG 1/2022,

Seite 66-67). „Alternativen zu Heu wären

Gras und seine Konservierungs-Produkte

wie z. B. hygienisch einwandfreie

Heulage oder Grassilage“, empfiehlt

Lengwenat. Durch Stroh lässt sich Heu

nur zu einem gewissen Teil ersetzen.

Zwar deckt es das Kaubedürfnis ab,

allerdings wird weniger Speichel produziert.

Es kann zu Anschoppungs koliken

kommen. Daher gilt: Maximal ein Drittel

Heu durch Stroh ersetzen. Gras- oder

Heucobs haben ebenfalls einen hohen

Rohfasergehalt, sind aber kein hundertprozentiger

Heuersatz, da das Pferd

dabei weniger Speichel bildet. Die puffernde

Eigenschaft des Speichels fehlen,

das Risiko für Magengeschwüre und

Koliken ist höher als bei Heufütterung.

Gleiche Inhaltsstoffe wie Heu,

aber weniger zu kauen: Heucobs.

2/2025

www.mein-pferd.de

49


Äpfel, Birnen und Co.

Obst-Salat

Ein Stall, in dem keine Möhren und Äpfel gefüttert werden?

Unvorstellbar. Und wie sieht es mit Melonen, Bananen oder

gar Salat aus? Ein paar Tipps, welche Obst- und Gemüsesorten

Pferde fressen dürfen und eine Antwort auf die Frage: Sollte

altes Brot eher im Mülleimer statt im Futtertrog landen?

„Generell kann Obst an Pferde verfüttert

werden, der Nährstoffgehalt von Obst ist aber

relativ gering. So enthalten z. B. Äpfel 85 %

Wasser, der Rest sind Zucker und Pektine, der

Mineralstoffanteil ist nur gering. Der Gehalt

an wasserlöslichen Vitaminen ist ähnlich

wie bei Wurzeln und Knollen. Da Obst sehr

zuckerhaltig ist, sollte man es bei Pferden mit

Stoffwechselstörungen nur als Leckerli einsetzen“,

rät Futterexperte Otfried Lengwenat

und weiß auch, warum Äpfel am häufigsten

im Pferdetrog landen. „Äpfel machen die

geringsten Probleme, bei Birnen kommt es

häufiger zu Blähungen, Bananen sind OK.“

Ein bis zwei Kilogramm Äpfel dürften keine

Probleme machen, bei größeren Mengen

sollte man langsam anfüttern und das Pferd

beobachten, empfiehlt Lengwenat. In kleinen

Mengen und eher selten verfüttert sind auch

Mandarinen und Orangen erlaubt, auch ein

paar Stücke Wassermelone (ohne Schale)

dürfen als Leckerli gegeben werden. Ganz

wichtig: Nur reifes, nicht fauliges oder von

Würmern oder anderen Insekten befallenes

Obst verfüttern! Und im Hochsommer auf

Wespen achten!

Nicht füttern sollte man Steinobst wie

Pflaumen, Pfirsichen oder Kirschen. Nicht

nur der Kern ist gefährlich, da er zu einer

Schlundverstopfung führen kann, diese Obstsorten

gären stark und können Verdauungsprobleme

bis hin zu einer Kolik verursachen.

Ebenfalls sollte man auf das Füttern von

süßen Weintrauben, Beeren und Ananas verzichten,

da sie einen so hohen Zuckergehalt

haben, das sich dies negativ auf die Verdauung

auswirken kann (Bildung von Hefepilzen

im Darm).

Kartoffeln für Pferde?

Früher war es durchaus üblich, Arbeitspferde auch mit stärkereichen

Kartoffeln zu füttern. Bis zu 20 Kilogramm am Tag landeten damals

im Trog. Rohe Kartoffeln enthalten viel Stärke – zu viel Stärke kann zu

Verdauungsproblemen führen – und sollten nicht verfüttert werden.

Gekochte Kartoffeln hingegen sind besser verdaulich und eiweißarm.

Dennoch haben sie sehr viel Energie und eignen sich eher nicht für

Pferde, außer man hat beispielsweise ein altes Pferd, das einen Energieschub

dringend nötig hat. Dann aber bitte vorher mit dem Tierarzt

sprechen, welche Futtermittel erlaubt und hilfreich sind!

50 www.mein-pferd.de 2/2025


THEMA DES MONATS MAGEN

Gemüseplatte

Möhren haben einen hohen Zuckergehalt,

wirken appetit anregend und

sind reich an ß-Carotin – gut für

Pferde mit wenig Weidegang! Als

Wunder knolle wird die Rote Beete

gerne bezeichnet – und das zu Recht.

Sie hat einen hohen Eisen gehalt

(blutbildend), enthält Kalzium (gut

für Knochen und Zähne), Magnesium

und Kalium (Nerven und Muskeln),

Kupfer (Knochenentwicklung,

Immunabwehr), Mangan (Knochen,

Knorpel, Bindegewebe, Fettstoffwechsel),

Selen und Zink (Muskeln,

Haut, Fell, Immunsystem). Zudem

enthalten sie Vitamine, die das

Immunsystem unterstützen und

die Verdauung fördern. Darf auch

normaler Salat in den Trog? Ja, diesen

vertragen Pferde recht gut und viele

fressen ihn auch gerne. Auf Kohl (blähende

Wirkung), Zwiebeln, Tomaten,

Gurken etc. sollte man besser verzichten,

sie können zu Verdauungsstörungen

führen.

Brot

„Frisches Brot sollte nicht verfüttert werden, da es zu Blähungen kommen kann. Aber getrocknetes,

schimmelfreies Brot ist als Leckerli besser als zuckerhaltige Produkte“, weiß Otfried

Lengwenat. 100 Gramm pro 100 Kilogramm Lebendmasse des Pferdes können an einem Tag

problemlos gefüttert werden – vorausgesetzt, dass Pferd kann das Brot gut kauen und hat

keine Zahnprobleme bzw. frisst so hastig, dass es ganze Brocken hinterschlingt. Wer größere

Mengen verfüttert, sollte dann allerdings die Ration anpassen. „Bei über einem Kilogramm

sollte man es in die Berechnung der Ration mit aufnehmen: Es kann energetisch ca. ein Kilogramm

Hafer ersetzen“, erklärt der Fütterungsexperte.

Mundgerecht geschnitten?

„Sehr klein geschnittene Möhren oder ganze Möhren

machen am wenigsten Probleme. Anders sieht

es aus, wenn man Möhren in mittelgroße Stückchen

(ca. 5 Zentimeter lang) schneidet. Dies kann

zu Schlundverstopfungen führen“, warnt Otfried

Lengwenat. Dasselbe Problem kann auch bei

grünen, kleinen Äpfeln auftreten, die von Pferden

oft nicht gekaut und im Ganzen heruntergeschluckt

werden. Entweder sehr klein schneiden oder besser

die Früchte ganz lassen. Besteht bei Pferden auf

dem Paddock die Gefahr, dass sie zum Beispiel den

ganzen Apfel aus der Krippe holen und auf dem Boden

klein beißen, könnten sie Sand und Erde beim

Fressen aufnehmen – das sollte man beim Füttern

bedenken.

Bei Fohlen und Pferden im Zahnwechsel sollte

man Obst bzw. Gemüse niemals zusammen mit

Kraftfutter füttern. Die sperrigeren Obst- und Gemüsestücke

könnten mit dem leichter zu schluckenden

Kraftfutter einfach he run ter -

geschluckt werden – Schlundverstopfungen können

auch hier die Folge sein.

Brottrunk – was

ist das eigentlich?

Steckt im Brottrunk, der so gesund

sein soll, tatsächlich Brot? Ja, und

zwar ein Vollkornbrot. Zusammen

mit Quellwasser kommt das Brot für

einige Monate in große Gärtanks.

Dabei entsteht Vitamin B12, welches

u.a. das Immunsystem unterstützt,

und „Brotsäurebakterien“, die sich

aus verschiedenen Milchsäurebakterienstämmen

zusammensetzen.

Diese können im Körper zum Beispiel

Gewebemilchsäure abbauen,

unerwünschte Hefepilze im Darm

normalisieren oder Krankheitskeime

abtöten. Der Darm kann Nährstoffe

besser aufnehmen.

2/2025

www.mein-pferd.de

51


THEMA DES MONATS MAGEN

Wenn es

drückt

Magengeschwüre und Gurtzwang gehen oft miteinander einher.

Aber was von beidem war der Aus löser und was die Folge?

Eine spannende, viel diskutierte Frage über das Thema, wie

Gurte, Sättel oder Training den Magen beeinflussen

Pferde mit Magenproblemen zeigen

oft auch Gurtzwang. Kann es

sein, dass Sattelgurte so stark drücken,

dass Magenprobleme die

Folge sind? „Der Sattelgurt drückt

auf den Magen-Meridian“, erklärt Physiotherapeutin

Helle Kleven. „Ich glaube alles, was

das Pferd stresst – auch Druckpunkte – löst

irgendwann ein Magenproblem aus. Wenn

man ein Pferd hat, das bisher keine Probleme

beim Gurten gezeigt hat, und auf einmal

tritt Gurtzwang auf, dann sollte man den

Magen im Hinterkopf haben – und zusätzlich

auch den Sattelgurt checken. Ich glaube

nicht, dass der Sattelgurt direkt ein Magengeschwür

auslöst.“ Dennoch ist sie der Meinung,

dass durch den Stress, den eine unpassende

Ausrüstung auslöst, durchaus auch

Magengeschwüre entstehen können.

Auch Tierarzt Dr. Michael Paar glaubt, dass

man den Stress, den Pferde mit der Ausrüstung

oder beim Reiten erleben, bezüglich

der Entstehung von Magengeschwüren nicht

Pferde mit Magenproblemen haben

auffallend oft auch Gurtzwang

52 www.mein-pferd.de 2/2025

unterschätzen darf. „Es gibt verschiedene

Theorien darüber, warum Verhaltensstörungen

wie Gurtzwang, Aggressivität oder Flanken

beißen mit Magenproblemen in einem

Zusammenhang stehen können.“ Eine Theorie

beschäftigt sich mit Reflexketten und Segmentzonen,

eine andere geht davon aus, dass

Nervenbahnen im Körper von verschiedenen

Organen und Körperregionen geteilt werden.

Kommt es an der einen Stelle zu Problemen,

werden entsprechend dieser Theorien auch

andere Körperregionen in Mitleidenschaft gezogen.

„Und dann sollten wir auch darüber

nachdenken, wann Pferde in der Regel einen

Gurtzwang entwickeln“, rät der Tierarzt. „Oft

geschieht das während der Ausbildung, wenn

die Pferde von der ganzen Situation her sowieso

schon überfordert sind. Der Gurtzwang

zeigt den Stress nur an, wir müssen die Ursache

finden und lösen. Wir sollten uns immer

hinterfragen, warum Pferde gestresst sind!“

Sattel und Gurt vom

Fachmann prüfen lassen

Stress lindern und es dem Pferd so angenehm

wie möglich machen, ist nun das oberste Ziel.

Natürlich muss nicht nur der Gurt, sondern

auch der Sattel passen. Drückt dieser, kommt

es zu Verspannungen, die schmerzhaft sein

können. Schmerz wirkt sich negativ auf

den Magen und die Verdauung aus. „Wenn

das Pferd ein Magengeschwür hat, muss

man auf jeden Fall die Sattel-Gurt-Kombination

anschauen. Es braucht einen Sattelgurt,

der den Druck auf den Magen vermindert.“

Besonders magenfreundlich sind dann

Gurte, die bei dem jeweiligen Pferd die wenigsten

Druckspitzen erzeugen (siehe auch

St.GEORG 3/21 Ratgeber Sattelgurte: „Mach

mir keinen Druck“). Wichtig beim Gurten:

Den Gurt langsam und nicht zu fest schließen

und darauf Acht geben, dass sich keine

Hautfalten unter dem Gurt bilden.

Intensives Training

Manchmal ist es gar nicht der Sattel oder der

Gurt, der dem Pferd beim Reiten auf den Magen

drückt. Denn auch intensive Trainingseinheiten

oder zu kurze Verdauungspausen

vor dem Training können problematisch

sein. Bei großer Anstrengung im Trab oder

Galopp kann Magensäure vom hinteren Magenteil

in den vorderen, säureempfindlichen

Abschnitt gedrückt werden und dort die Magenschleimhaut

reizen. Unangenehm werden

kann es fürs Pferd auch, wenn es nicht

genügend Zeit zum Verdauen hatte. „Es sollten

die Hauptmahlzeiten auf keinen Fall direkt

vor dem Reiten gefüttert werden, eine

Wartezeit von mindestens 1,5 Std. ist immer

anzuraten. Durch das Reiten mit vollem Ma-


Immer ganz wichtig: Das Pferd nicht

mit vollem Magen trainieren! Sonst

könnten sich „saure“ Magen inhalte in

den ungeschützten Magenteil drücken –

was allerdings auch bei großer Anstrengung

im Galopp passieren kann

Fotos: slawik.com (11), Kosmos (1), Lengwenat (3), Privat (2), St. Georg (3),

Lafrentz (1), Adobe Stock (2)

gen und drückenden Gurten wird der Nahrungsbrei

nach vorne geschoben, was zu Irritationen

führen kann und das Wohlbefinden

des Pferdes stark negativ beeinflusst, was

dann ,auf den Magen schlägt‘“, erklärt Fütterungsexperte

Otfried Lengwenat.

Hat das Pferd viel Krippenfutter bekommen,

kann das bei zu kurzer Verdauungspause

nicht nur zu Unwohlsein, sondern sogar

zu Magengeschwüren führen. „Das ist so,

als ob wir Menschen mit einem hohen Magensäurespiegel

Sport treiben würden“, erklärt

Dr. Michael Paar. „Das Hauptproblem

ist aber, dass sich die Ruhezeiten nach dem

Fressen nicht immer so in die Praxis umsetzen

lassen. Geht man davon aus, dass morgens,

mittags und abends gefüttert wird und

ein Bereiter zehn Pferde am Tag trainieren

soll, wird es schwierig, nach dem Füttern

mehrere Stunden Ruhe einzuhalten, wie die

Fütterungsexperten es empfehlen.“

Schlund

Speiseröhre

Der Magen liegt

auf Höhe des Sattels

und Gurtes.

Leber Magen Dünndarm

Kolon/Dickdarm

2/2025

www.mein-pferd.de

53


HALTUNG & GESUNDHEIT

Was Oma und Opa

noch wussten…

HAUSMITTELCHEN Bei einer Erkältung ist die gute alte Hühnersuppe von Mama die

beste Medizin. Diese ist fürs Pferd zwar nicht geeignet, jedoch gibt es auch für den

Vierbeiner altbewährte Hausmittel, die häufig im Winter Anwendung finden. Der ein

oder andere hat eventuell schon mal etwas von Sauerkrautumschlägen bei Hufgeschwüren

oder Zahnpasta bei Strahlfäule gehört. Wir klären, was sich fürs Pferd eignet

Text: Nicole Buchholz

Manche Hausmittelchen

können dem Pferd bei einer

Krankheit gut helfen

54 www.mein-pferd.de 2/2025


Was haben Quark, Apfelessig

und Sauerkraut im

Stall zu suchen? Eigentlich

gehören diese Dinge

eher in die Küche, können

jedoch richtig eingesetzt einen gesundheitlichen

Nutzen fürs Pferd haben. Die Rezepte

der altbewährten Hausmittel wurden

größtenteils über Generationen von Reitern,

Stallbesitzern, Tierärzten und Hufschmieden

weitergegeben. Durch den medizinischen

Fortschritt wird ihnen immer weniger

Beachtung geschenkt – zu Unrecht. Hausmittel

haben einige Vorteile: Einfach in der

Anwendung, nahezu keine Nebenwirkungen

und eine hohe Effektivität. Zudem kosten sie

nur einen Bruchteil dessen, was teure Medikamente

kosten. Teilweise gibt es für die Wirkung

der nützlichen Hausmittelchen keine

wissenschaftliche Erklärung, jedoch haben

sich Sauerkrautumschläge bei Hufgeschwüren

oder Honig zur Wundversorgung in der

Vergangenheit häufig bewährt.

Kürzlich diagnostizierte mein Tierarzt

ein Hufgeschwür bei meinem Pferd, und ein

älterer Herr an meinem Reitstall riet mir zu

einem Sauerkrautumschlag: „Ich persönlich

gebe auf diesen neumodischen Kram nicht

viel. Schon mein früherer Reitlehrer empfahl

mir einen Sauerkrautwickel bei einem

Hufgeschwür, das noch nicht reif ist. Nach

einigen Tagen kann das Hufgeschwür geöffnet

werden, und die Kosten für diese Behandlung

liegen gerade einmal bei einem

Topf Sauerkraut, auf den ich beim Abendessen

verzichten muss. Die Medikamente vom

Tierarzt wären um ein Vielfaches teurer gewesen.“

Grundsätzlich gilt, dass zunächst ein

Fachmann – Tierarzt und/oder Hufschmied –

zur Diagnostik hinzugezogen werden muss.

Stellt dieser beispielsweise ein Hufgeschwür

fest, kann nach Absprache ein Hufverband

mit Sauerkraut anstelle eines Medikaments

angewendet werden. Allerdings können und

sollen Hausmittel keinen Tierarzt ersetzen,

sie können lediglich teilweise statt einer Chemiekeule

ausprobiert werden. Das Verschleppen

einer Krankheit durch eigenständige Behandlungsversuche

kann schnell auf Kosten

der Gesundheit des Pferdes gehen. Alle in

diesem Artikel angeführten Methoden sind

daher nicht als ärztliche Handlungsempfehlung

zu deuten und entbinden den Pferdehalter

nicht von der Eigenverantwortung für

sein Tier.

„Für medizinische Zwecke sollte

auf jeden Fall spezieller Honig aus

der Apotheke verwendet werden.“

Das süße Wundermittel – Honig

Auf dem Frühstücksbrot oder in einer heißen Milch vor dem

Schlafengehen schmeckt Honig sehr gut. Seine heilende Wirkung

wurde bereits im Jahr 1882 entdeckt, da der klebrige Sirup

neben seiner süßenden noch viele weitere positive Eigenschaften

besitzt. Honig wirkt antibakteriell, entzündungshemmend

und durchblutungsfördernd und wird daher gerne in der Wundheilung

eingesetzt.

Anwendung: Honig kann sowohl innerlich als auch äußerlich

angewendet werden. Äußerlich kann er als Wundheilmittel auf

kleine, große oder schlecht heilende Wunden gestrichen werden.

Für diesen Zweck sollte unbedingt medizinischer Honig

verwendet werden, dieser ist in Apotheken erhältlich. Bei der

Herstellung dieses speziellen Honigs werden die enthaltenen

Bakterien abgetötet, die „heilenden“ Stoffe wie Kohlenhydrate

und Enzyme bleiben jedoch erhalten. Die Kohlenhydrate entziehen

den Wunden Wasser und hemmen somit die Vermehrung

der Bakterien – dies erklärt seine antibakterielle Wirkung.

Selbst gegen antibiotikaresistente Keime ist medizinischer Honig

wirksam und fördert somit auch bei hartnäckigen Verletzungen

eine schnelle Heilung. Honig auf einer Wunde sorgt für

ein ideales, feuchtes Wundmilieu und verhindert das Eindringen

neuer Keime. Ein praktischer Vorteil: Die Wunde trocknet

nicht aus, wodurch Verklebungen mit dem Verbandsmaterial

vermieden und ein schmerzfreier Verbandswechsel ermöglicht

wird. Vorsicht ist jedoch in der Fliegen- und Wespenzeit

geboten, da ansonsten Stechtiere durch

den Honig angelockt werden und dem Pferd schaden

könnten. Aus diesem Grund sollte Honig in den

Sommermonaten immer mit einem Verband abgedeckt

werden, oder es sollte auf die Verwendung verzichtet

werden. Zudem kann Fenchel- oder Wildblütenhonig

– möglichst unpasteurisierter Honig vom Imker aus der

Region – einfach übers Futter gegeben werden. Diese innerliche

Anwendung kann positiv aufs Immunsystem und beruhigend

bei Husten wirken. Neben seiner eigenen Wirkung

kann Honig auch genutzt werden, um dem Pferd bittere

Kräuter schmackhafter zu machen.

Top-Tipp

Zur Steigerung der Gesund heit für Mensch und Pferd empfiehlt

sich die mehrwöchige tägliche Einnahme einer Honig-

Apfelessig-Mischung – je zwei Esslöffel Honig und Apfelessig

in ca. 200 Milli liter Wasser auflösen.

2/2025

www.mein-pferd.de

55


HALTUNG & GESUNDHEIT

Das süße Wundermittel – Honig

Die günstigste Flasche Apfelessig kostet im Supermarkt etwa einen Euro, ihr Inhalt kann dem Pferdebesitzer teure

Tierarztrechnungen ersparen. Dieses uralte Hausmittel soll sich positiv auf das Immunsystem und den Stoffwechsel

des Pferdes auswirken und das Tier generell widerstandsfähiger gegen Infekte machen. Eine Kur während des Fellwechsels

ist somit empfehlenswert. Die über 30 im Apfelessig enthaltenen Nährstoffe – unter anderem Mineralien,

Spurenelemente und Vitamine – können sich bei einer innerlichen Anwendung positiv auf den gesamten Organismus

des Pferdes auswirken. Apfelessig überzeugt durch seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten, und ein

Fläschchen im Reitstall zu haben schadet sicherlich nicht.

Anwendung: Äußerlich angewendet, entpuppt sich Apfelessig als wahrer Bakterien- und Pilzsporenkiller,

dafür sollte er immer mit Wasser verdünnt werden. Durch das Abwaschen der betroffenen Stellen wird ein

Milieu geschaffen, in dem sich weder Bakterien noch Pilzsporen oder Milben wohl fühlen. Bei einer Pilzinfektion

werden so die Sporen abgetötet und die Verbreitung gestoppt. Gerade im Winter ist ein Pilz sehr lästig,

da sich die Sporen unter der Decke schnell vermehren. Aber auch im Kampf gegen die stechenden Plagegeister

zeigt sich der Apfelessig als Alleskönner: Sowohl zur Abwehr als auch zum Lindern des Juckreizes

bei einem Stich zeigt er seine Wirkung. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da Apfelessig

Wespen anlockt und in Gebieten mit hohem Aufkommen nicht verwendet werden sollte.

Eine innerliche Anwendung über die Fütterung unterstützt besonders das Immunsystem

– ein Schnapsglas täglich reicht völlig aus. Zudem kann Apfelessig verwendet werden, um

Pferden unliebsame Medizin unterzuschieben, da dieser in der Regel problemlos gefressen

wird.

Entzündungshemmende

Kühlpackung – Quark

Im Falle eines Sonnenbrands beim Menschen wirkt eine

Schicht Quark angenehm kühlend auf der Haut. Beim Pferd

kann eine Quarkpackung als kostengünstige Kühlbandage

verwendet werden. Dieses Hausmittel eignet sich besonders

gut für angelaufene Beine, verursacht durch größere

Anstrengungen oder längere Stehzeit. Ein Quarkumschlag

wirkt abschwellend, entzündungshemmend, schmerzlindernd

und angenehm kühlend. Generell kann dieses Hausmittel

immer dann eingesetzt werden, wenn deutliche Wärme ertastbar

ist – ausgenommen sind dabei offene Wunden. Seine

entzündungshemmende Wirkung entsteht durch die enthaltenen

Milchsäurebakterien und phosphorhaltiges Kasein, die

ähnlich wie eine Zugsalbe anziehend auf die Entzündungsstoffe

wirken. Ein Nachteil ist, dass die kühlende Wirkung des

Quarks nicht von allzu langer Dauer ist.

Anwendung: Gekühlter Quark wird etwa fingerdick auf die

betroffene Stelle aufgetragen. Am besten verwendet man

dafür puren Quark, den man aber gegebenenfalls mit etwas

Milch oder Wasser vermischen kann, um eine bessere Streichfähigkeit

zu erhalten. Sobald der Quark anfängt zu trocken

und hart zu werden, wird er wieder abgewaschen, da die kühlende

Wirkung dann vorbei ist.

Fotos: Getty Images (6), slawik.com (1)

56 www.mein-pferd.de 2/2025


Vielschichtige Knolle – Zwiebel

Der eine liebt sie, dem anderen vergeht bei ihrem Geruch der

Appetit – die Rede ist von der Zwiebel. Seit mehreren Jahrtausenden

wird sie nicht nur als Nahrungs-, sondern auch als Heilmittel

verwendet. Zur Verfütterung gibt es jedoch zweigeteilte

Meinungen, da die Zwiebel für viele Tiere – auch Pferde – in

größeren Mengen giftig ist. Die gefährliche Dosis bei Pferden ist

unbekannt, wird jedoch auf etwa fünf Gramm pro Kilo Lebendgewicht

geschätzt. Dies würde bedeuten, dass ein Pferd mit 500

Kilo über 2,5 Kilo Zwiebeln fressen müsste.

Anwendung: Der Geruch einer aufgeschnittenen Zwiebel

kann die Stechmücken im Stall vertreiben – eventuell jedoch

auch den ein oder anderen Mitmenschen. Zur Linderung des

Juckreizes im Fall eines Stiches kann Zwiebelsaft auf die Stelle

geträufelt werden, dies gilt sowohl für Mensch als auch Pferd.

Aber auch im Beautybereich hat die Zwiebel einiges auf Lager:

Wenn man die gesäuberten Hufe mit der frischen Schnittfläche

einreibt, erstrahlen die Hufe nach kurzer Trocknungszeit

in schönstem Glanz, ohne eine klebrige Haftfläche für Sand zu

bieten. Bei Bronchialerkrankungen, beispielsweise Husten, kann

die Zwiebel aufgrund ihrer antibakteriellen Wirkung einiges bewirken.

Vorweg: Husten ist eine sehr ernstzunehmende Erkrankung,

die verschiedenste Ursachen und Schweregrade haben

kann und somit immer in die Hände eines Tierarztes gehört.

Zur Herstellung eines Zwiebelsirups wird eine halbe Zwiebel in

Scheiben geschnitten und für etwa 24 Stunden in einem halben

Glas Honig eingelegt. Von diesem Sirup sollte das Pferd zwei

Mal täglich drei Esslöffel übers Futter bekommen, für den Menschen

reicht jeweils ein Esslöffel. Beim Pferd sollte auf die Verfütterung

der Zwiebelscheiben verzichtet werden.

Adé Huf geschwür – Sauerkraut

Eine starke, plötzlich auftretende Lahmheit deutet häufig auf ein Hufgeschwür hin. Dieses sollte auf jeden Fall von einem Veterinärmediziner

in Augenschein genommen und diagnostiziert werden. Sitzt die Entzündung sehr tief im Huf oder sehr weit in Richtung des Kronrands,

kann es häufig noch nicht geöffnet werden. Das Hufgeschwür ist sozusagen noch nicht „reif“. Zur Abszessreifung empfiehlt sich ein

Sauerkraut-Verband.

Anwendung:Möglichst frisches Sauerkraut wird in einen Windel-Panzertape-Verband am Huf befestigt. Damit das Sauerkraut schön

feucht bleibt, kann zwischen die Windel und das Sauerkraut noch ein Gefrierbeutel gezogen werden. Der Verband sollte täglich gewechselt

werden. Das Sauerkraut verschlimmert dabei die Entzündung und zieht sie nach unten raus, sodass das Hufgeschwür nach wenigen

Tagen geöffnet und der Druckschmerz vom Huf genommen werden kann. Alternativ kann auch einen Verband mit warmen, gekochten

und zerstampften Kartoffeln oder gekochten Leinsamen verwendet werden. Beide Anwendungen sollten so warm wie möglich um den

Huf befestigt werden: Dabei unbedingt die Temperatur am Handrücken testen, um Verbrennungen des empfindlichen Kronrands zu vermeiden.

Die feuchte Wärme sorgt ebenfalls für eine schnellere Abszessreifung.

Top-Tipp

Für einen schnellen Hufverband wird

eine Windel über den Huf gestülpt und

das Ganze mit Panzertape fixiert. Aufgrund

der stark absorbierenden Wirkung

der Windel ist dieser Verband

jedoch nicht für Aufguss verbände geeignet.

2/2025

www.mein-pferd.de

57


Pferden sieht man psychisches Leid

lange nicht an. Nur gute Beobachter

können dies feststellen

20 Fakten über

Psychische Störungen

Nicht nur Menschen

können unter Burnout

oder Depressionen leiden,

auch Pferde können davon

betroffen sein. Werden

diese zu spät oder gar

nicht diagnostiziert, kann

dies fatale Folgen haben

Text: Nora Dickmann

58 www.mein-pferd.de 2/2025

1. Je weiter die Verhaltensforschung voranschreitet

und je enger sie mit anderen

Disziplinen wie der Humanpsychologie

zusammenarbeitet, desto mehr

reifen auch die Erkenntnisse rund um

das Gefühlsleben und die seelische Gesundheit

der Pferde heran.

2. Bei der Depression handelt es sich um

eine psychische Störung. Der betroffene

Organismus wird immer mehr in einen

Zustand der Hilflosigkeit versetzt.

3. Ursache der Depression sind vor allem

die Neurotransmitter Serotonin und

Noradrenalin beteiligt. So konnte bei

betroffenen Pferden festgestellt werden,

dass der Spiegel dieser Neurotransmitter

stark von dem Normalwert

abweicht.

4. Die Symptome einer Depression beim

Pferd ähneln denen der Menschen: Sie

bauen sich über einen längeren Zeitraum

auf und können sogar bis zum

Tod des Pferdes führen.

5. Studien zeigen, dass Stuten häufiger zu

Depressionen neigen.

6. Gründe sind vor allem anhaltender

Stress, hohe Trainingsanforderungen,

Zwangsmethoden beim Training oder

zu kurze Regenerationsphasen.

7. Die Haltungsform spielt ebenfalls eine

Rolle. Manche Pferde fühlen sich in der

Offenstallhaltung wohl, andere bevorzugen

ihre nächtliche Ruhe in der Box.

Dies sollte individuell entschieden werden


HALTUNG & GESUNDHEIT

der Weide mit Artgenossen zu bieten.

Trotzdem sollte dem Tier zusätzliche

Aufmerksamkeit, beispielsweise in

Form von Putzen, geschenkt werden.

16. Genau wie bei Menschen braucht es

auch bei Pferden je nach Schwere der

Erkrankung einige Zeit, um sie aus der

Depression zu holen.

Fotos: imago images/ Frank Sorge (1), slawik.com (3)

Eine artgerechte, altersentsprechende

Ausbildung ist wichtig für die seelische Gesundheit

Manche Pferde brauchen ihre Box als

Rückzugsort, um sich entspannen zu können

8. Die körperlichen und psychischen

Anzeichen sind vielfältig:

Von Durchfall und Kotwasser

bis hin zu Immunschwäche,

Stoffwechselstörungen, Nervosität,

Apathie oder Magengeschwüren.

9. Wenn das Pferd immer abgewendet

von Artgenossen steht, auf einmal aggressiver

wird oder aber unterwürfiger,

kaum auf noch auf den Menschen oder

Außenreize reagiert und es Kraulen

oder Putzen nicht mehr wie früher genießt,

sollte schnell gehandelt werden.

Dies ist ein typisches Anzeichen für

eine psychische Störung.

10. Gerade die als charakteristisch dargestellte

Kopfhaltung der betroffenen

Pferde unterscheidet sich deutlich von

der der gesunden Tiere.

11. Ein eintöniges oder ein überforderndes

Training, häufige Schmerzen durch

einen falschen Sattel oder ein schlechter

Reitersitz gehören ebenfalls zu den

Auslösern.

12. Pferde haben ein starkes Bedürfnis,

Freundschaften einzugehen. Werden

diese auseinandergerissen, leiden sie

sehr darunter. Auch dies kann zu psychischen

Störungen führen.

13. Hat der Mensch Stress, überträgt sich

das auch auf das Pferd. Daher ist es

wichtig, dass Reiter sich immer wieder

in Achtsamkeit und Selbstreflexion

üben.

14. Trainer, Verhaltenstherapeuten oder

der Tierarzt sind Ansprechpartner,

wenn eine Depression beim Pferd vermutet

wird.

15. Bei schwer erkrankten Pferden kann

es sinnvoll sein, ihnen eine Auszeit auf

17. Das Pferd hat – ebenso wie der Mensch

auch – seine eigenen Grenzen. Diese

sollten genaustens beobachtet und anschließend

respektiert werden.

18. Burnout wird in verschiedenen Phasen

diagnostiziert. Hier unterscheidet

man folgende Phasen: In der Alarmphase

ist die Kommunikation zwischen

Mensch und Pferd meist schon gestört.

In der Alarmphase ist ein erhöhter Cortisolwert

im Blut feststellbar. Nicht

selten zeigt das Pferd zur Kompensation

Verhaltensauffälligkeiten wie

starke Unruhe, Koppen, Weben oder

auch Aggressionen. Kaum ein Pferd

kann diese Phase auf Dauer durchhalten.

Irgendwann ist es erschöpft.

Daher wird die dritte Phase auch als

Erschöpfungsphase bezeichnet. Eine

kurze Auszeit reicht hier schon nicht

mehr als Therapie aus.

19. Pferde können an Depressionen leiden,

sie können Menschen aber auch

daraus hinaus helfen. Eine kanadische

Studie bestätigt, dass Ersthelfer

mit einer posttraumatischen

Belastungsstörung (PTBS) mehrfach

von einer pferdegestützten Therapie

profitieren.

20. Das Ergebnis der kanadischen Studie:

Die Angst der Probanden nahm

durch die pferdegestützte Therapie ab.

Gleichzeitig wuchs ihr Vertrauen in sich

selbst und in andere Menschen.

Passt das Equipment nicht, kann sich

das auf das Gemüt des Tieres auswirken

2/2025

www.mein-pferd.de

59


EQUIPMENT

Mit wenig Druck im Rücken kann

das Pferd deutlich freier laufen

60 www.mein-pferd.de 2/2025


13

SCHABRACKEN

& PADS IM

Weich

gebettet

THEMA HIER VORN Rot, blau oder schwarz – welche Schabracke

nehme ich denn heute? Diese Frage stellt man sich häufig vor dem

Reiten und macht sich oft von der Laune oder dem neuesten Trend

abhängig. Doch achten Sie auch auf die Eigenschaften der jeweiligen

Sattelunterlage? Wie wichtig sind diese? Und welche Modelle sind

besonders überzeugend? Wir haben für Sie getestet

Text: Lara Wassermann

2/2025

www.mein-pferd.de

61


Nichts kleidet ein Pferd so gut wie

eine schöne Schabracke mit passenden

Fliegenohren bei den

Westernreitern: das passende

Pad, welches perfekt zum Sattel

passt. In der Englisch-Szene ist ein wahrer

Hype um einige Schabracken-Modelle ausgebrochen,

und was für Mädchen früher das

Sammeln von Pferde-Stickern war, ist heute

der unend lichen Gier nach neuen Kollektionen

gewichen. Doch dieses Mal schauen wir

nicht nur auf das Äußere, denn die inneren

Werte sind auch von großer Bedeutung. 28

Schabracken und Pads wurden auf ihre Funktionalität

hin getestet.

Schabracke und

Sattel werden

auf dem Messpad

platziert

EQUIPMENT

13

SCHABRACKEN

& PADS IM

Anforderungen an

Schabracken und Pads

An Schabracken werden im Allgemeinen

nicht so hohe Ansprüche gestellt, was die

Funktionalität und den Druckausgleich angeht,

wie an Westernpads. Der Grund dafür

ist, dass Englisch-Sättel schon durch ihre spezielle

Polsterung den Druck verteilen und minimieren.

Die Schabracke soll normalerweise

nur den Schweiß vom Sattel abhalten und

zusätzlich eine leichte Pols terung verschaffen.

Manche Pferde sind trotz passenden

Sattels sehr empfindlich im Rücken, sodass

ihnen eine spezielle Schabracke/Sattelunterlage

guttut. Westernpads müssen wegen der

fehlenden Polsterung des Westernsattels alle

Erschütterungen und den Druck ausgleichen

und müssen daher besonders gut polstern.

Hartmut Schenck, Osteopath für Pferde und

Betreiber von „Way Out West“ (www.wayoutwest.info)

bietet bundesweit Sattelanproben

an und fährt dafür tagtäglich raus zu Kunden.

Er hat eine Satteldruck-Messanlage (die

regelmäßig kalibriert wird), die über ein spezielles

Sattelpad die genaue Druckverteilung

auf dem Pferderücken misst. Das Pad wird

unter die Schabracke/das Westernpad gelegt

und überträgt in Echtzeit genaue Druckwerte

an den Computer. „Diese Satteldruck-

Messanlage gibt als einzige eine verlässliche

Auskunft darüber, wie gut die Satteldecke

den Druck verteilt“, so Hartmut Schenck. Wir

stellten verschiedene Schabracken und Westernpads

zur Verfügung, um der Sache auf

den Grund zu gehen.

Wie läuft der Test ab?

Hartmut Schenck schaut sich beide Pferde,

die für die Tests bereitstehen, genau an und

kann dadurch sagen, wo Schiefstände oder

eventuelle Probleme in der Anatomie des

Pferdes liegen. Diese werden dann auch bei

jeder Messung ersichtlich und können dann

hinsichtlich der Funktion der Decken nicht

gewertet werden. Bei dem Englisch-Sattel

wurde so festgestellt, dass im vorderen

Bereich der Polsterung ein kleiner Knoten

Wissen

Das sagt die Grafik

Nachdem sechs Minuten lang der gleiche Parcours in Schritt und Trab mit dem Sensorenpad

geritten wurde, zieht der Computer einen Mittelwert aus den erhaltenen Druckwerten,

sodass man nun die komplette Druckverteilung auf dem Pferderücken in einer

Grafik sehen kann.

Rote Bereiche sind die sogenannten Druckspitzen. In diesem Bereich spürt das Pferd

also die höchste Druckansammlung, die auf längere Strecken sehr unangenehm oder

sogar schmerzhaft werden und gesundheitliche Schäden hervorrufen kann. An diesen

Druckspitzen ist der Wert am höchsten; je niedriger der Wert, desto weniger Druck spürt

das Pferd. Auf der Grafik kann man gut die Umrisse des Sattels erkennen. Die blauen Bereiche

haben gar keinen Kontakt, die grünen Bereiche einen leichten. Die Skala unter dem

Messfenster zeigt die Farbverläufe von niedrigem Druck zu hohem Druck (0–4).

Hartmut Schenck erklärt: „Bei jeder Gruppe – Schabracken auf der einen, Westernpads

auf der anderen Seite – wurden die Farben der Sensoren deutlich im Kontrast

hervorgehoben, um den Unterschied sichtbar zu machen. Man kann beide Gruppen

unter einander nicht direkt miteinander vergleichen, da es zwei unterschiedliche Pferde,

unterschiedliche Sättel und jeweils ein anderer Reiter waren. Anhand des Durchschnittswertes

kann die druckabsorbierende Qualität der einzelnen Sattelunterlagen jeweils

verglichen werden.“

62 www.mein-pferd.de 2/2025


aus Füllwatte vorhanden ist. Welche Auswirkungen

dies auf den Druck auf den Rücken

hat, sieht man auf den nachfolgenden Messungen.

Nachdem das Pferd auf beiden Händen

gelockert wurde, wird ihm eine spezielle

Matte auf den Rücken gelegt. Diese misst mit

Hilfe von 500 Sensoren den Druck, der durch

den Reiter auf den Rücken einwirkt. Nachdem

die Matte perfekt posi tio niert worden ist,

werden die Schabracke (beim Wes ternpferd

das Pad) und der Sattel aufgelegt. Die Gurtung

ist bei jeder Test phase gleich. Das Pferd

läuft jetzt in Schritt und Trab jeweils sechs

Minuten die gleichen Runden in der Halle

(ganze Bahn, Zirkel, Volte, Handwechsel). Auf

dem Computerbildschirm kann währenddessen

in Echtzeit verfolgt werden, wie sich der

Druck verteilt und wie stark er ist. Auf diese

Weise werden alle Schabracken unter gleichen

Bedin gungen an einem Pferd und alle

Wes ternpads an einem anderen Pferd gemessen,

sodass keine Messunterschiede entstehen

können. Nach den einzelnen Messungen

können die verschiedenen Ergeb nisse dann

verglichen und ausgewertet werden.

In Echtzeit kann man auf dem

Bildschirm die Druckverteilung sehen

Das Pad muss optimal

liegen, damit

die Messung nicht

verfälscht ist

Schabracken und Pads: das Fazit

Bei der Auswertung ist zu beachten, dass eine

Schabracke normalerweise andere Zwecke erfüllt

als ein Westernpad. Sie ist dünner, mit

weniger Füllung, aus einem anderen Material,

dient vorerst der ausreichenden Belüftung

des Rückens und nimmt den Schweiß

auf. Die Ergebnisse der Schabracken ohne

eine bestimmte Extra-Füllung sind deshalb

druckwerttechnisch fast identisch. Einen

deutlichen Unterschied zu den „normalen“

Schabracken erhält man mit Lammfell-Schabracken

der verschiedenen Firmen. Der Druck

auf den Pferderücken ist damit deutlich geringer.

Pads mit Gel einlage oder Schaumstoff

brachten dagegen keine beson dere Druckentlastung.

Neben jeder Betrachtung des Druckausgleichs

sollte jedoch immer beachtet werden,

dass kein Pad einen unpassenden Sattel

korrigiert. Die Schlussfolgerung, dass durch

das Pad der Sattel passender gemacht wird,

darf nicht gezo gen werden. Teilweise kann

ein dickes Pad einen zu engen Sattel noch enger

machen, und damit wird dann genau das

Gegenteil von dem erzielt, was eigentlich beabsichtigt

war. Ein passender Sattel und eine

gute Schabracke sind aber bei einem rückenempfindlichen

Pferd eine gute Kombination.

Ob ein Lammfell-Pad für den eige nen Sattel

geeignet ist, sollte immer noch einmal mit

dem Sattler besprochen werden.

Bei Westernsätteln sind die Pads von besonderer

Bedeutung. Aufgrund des Aufbaus

des Westernsattels, der keine Polsterung bietet,

ist das Westernpad das einzige stoßabsorbierende

Element in der Konstruktion.

Ein dickes Pad bietet dem Pferd einen geringeren

punktuellen Druck auf den Rücken,

jedoch ist bei zunehmender Dicke die Verbindung

zum Pferd gering. Die Test reiterin

merkte bei jedem getesteten Pad einen deutlichen

Unterschied. So fühlte sie sich oft

„zu weit weg vom Pferd“, obwohl die Druck-

Ergebnisse gut waren. Hartmut Schenck:

„Auch hier gilt, dass kein Pad einen unpassenden

Sattel korrigiert, jedoch können spezielle

Pads kleine Passformkorrekturen bei

Sätteln als Übergangslösung korrigieren, indem

man die Einlagen par tiell dicker oder

dünner macht.“

Einen guten Mittelweg zwischen zu dick

und dadurch zu weit weg vom Pferd und zu

dünn, um eine gute Polsterung zu gewährleisten,

stellen die Lammfell-Pads dar, die sowohl

Nähe und Kontakt zum Pferderücken bieten

als auch sehr gute Ergeb nisse in der Druckmessung

erzielten. Lammfell hat besondere

Eigenschaften, wodurch es als Sattelunterlagen

gut geeignet ist: Die natürliche Standfestigkeit

des Lammfells sorgt für eine optimale

Druckverteilung und Stoßabsorption, sodass

punktuelle Druck- und Scheuerstellen vermieden

werden. Außerdem begünstigt die

Beschaffenheit der Schafwolle die Luftzirkulation

und sorgt so auf natürliche Weise für

einen hervorragenden Temperaturausgleich.

Aufgrund der guten Saugfähigkeit wird der

Pferdeschweiß sofort aufgenommen. Nutzt

man die Lammfellschabracken und -pads regelmäßig,

so wird sich das Fell mit der Zeit etwas

verändern und eventuell nicht mehr so

viel Druck ausgleichen. Eine gute Pflege (regelmäßig

mit spezieller Bürste auskämmen

und gelegentlich mit Lammfell-Waschmittel

waschen) ist daher unerlässlich.

Wichtig ist, dass das Lammfell direkten

Kontakt zum Pferderücken hat und nicht etwa

auf der Sattelunterlage liegt: „Die Schabracke

und das Lammfellpad reiben aneinander,

und es entsteht dauerhaft Bewe gung. Das ist

nicht Sinn der Sache.“ Eine weitere Erkenntnis

war, dass die anatomische Form der Sattelunterlage

sehr wichtig ist. „Auf lange Sicht

kommt es bei einer nicht anatomisch geformten

Schabracke oder Westernpad zu Druckstellen

und Fell abrieb, vor allem, wenn das Pferd

einen ungeraden Rücken hat“, so Schenck.

„Bei anatomisch geformten Schabracken

und Pads sind die Herstellungskosten höher,

da man mehr Schnitt hat. Die Preise dieser

Sattelunter lagen sind deshalb höher, aber es

lohnt sich“, erklärt der Sattelexperte.

UNSERE EXPERTE

Hartmut Schenck,

Eigen tümer der Firma Way Out

West, ist zertifizierter Osteopath

für Pferde und Sattelexperte.

Seit über 20 Jahren verkauft er

Sättel. Seine Firma ist mit drei

sehr umfangreich bestückten Trucks in

Deutschland unterwegs. Alle geschulten

Sattelanpasser und Osteopathen sind mit

den Computer messgeräten ausgestattet.

▶ www.wayoutwest.info

2/2025

www.mein-pferd.de

63


EQUIPMENT

13

SCHABRACKEN

& PADS IM

Die Holuhorse-Schabracke glich den Druck leider nicht so stark

aus wie die anderen Lammfell-Schabracken und hat eine deutlich

größere Auflagefläche.

Holuhorse Schabracke Vollfell

Händlerbeschreibung: Alle Sattelkissen, Satteldecken und Schabracken mit

Lammfell haben im Wirbelbereich ein auf 10 mm Wollhöhe geschorenes Fell.

Dadurch ist die therapeutische Wirkung des Fells auch in dieser sensiblen

Zone voll vorhanden. Das Einkammern ist dadurch auch wesentlich erleichtert

und verbessert. Die langjährige Erfahrung in der Fellverarbeitung garantiert

beste Passform und Qualität der Satteldecken.

Preis: 315,00 Euro

Website: www.holuhorse.com

Druckspitze: 4,4 N/cm 2 Druckspitze: 4,0 N/cm 2

Mattes Eurofit

Händlerbeschreibung: Stilvolle,

hochwertige Lammfellschabracke

im modernen Eurofit-Design. Mit

attraktivem Fellrand vorne und

hinten sowie zwei edlen Zierkordeln,

farblich perfekt abgestimmt. In

bewährter Qualität. Alle Sattelunterlagen

haben eine Fellaussparung im

Wirbelsäulenbereich.

Preis: 184,00 Euro

Website: www.kraemer.de

TIPP DER

REDAKTION

PREIS-

LEISTUNG

Christ

Scha bracke champ

Händlerbeschreibung: Die Unter seite

besteht aus echtem Lammfell mit ca.

30 mm Wollhöhe. Der Blattbereich

bleibt frei. Die Satteldecken werden

mit einem Spezial-Steppstoff hergestellt.

Die Befestigung erfolgt mit

Klettstrupfen an den Gurtriemen des

Sattels und durch eine Gurtführung

am Blatt ende. Der eingearbeitete Nylonschutz

verhindert das Aufscheuern

im Bereich der Sattelgurtung.

Preis: 149,00 Euro

Website: www.lammfelle.de

Die Lammfell-Schabracken von Christ und Mattes

gleichen den Druck sehr gut aus, und das Pferd lief

merklich z ufrieden mit ihnen.

64 www.mein-pferd.de 2/2025


Busse Supreme-Fell

Händlerbeschreibung: Rückenformgerechte

Schabracke mit medizinisch

gegerbtem Lammfell-Besatz

in der gesamten Sattelauflage. Große

Rautensteppung eingefasst mit farblich

abgestimmter Zierkordel. Obermaterial

aus hochwertiger Baumwolle

mit einer Einlage aus dickem Polyfill.

Gurtstrupfen- und Sattelgurtbefestigung

mit Klettverschluss. Waschmaschinengeeignet

bis 30 °C (Schonwaschgang mit

Lammfellwaschmittel).

Preis: 99,00 Euro

Website: www.reitsportbedarf-shop.de

Busse und Waldhausen schlossen gleich ab. Sie haben

beide eine sehr druckausgleichende Wirkung auf den

Pferderücken und sind mit sehr gut zu bewerten.

Waldhausen

Mailand

Händlerbeschreibung: Anatomisch geformte

Schabracke mit Lammfellpolster

in der Sattellage und am Widerrist.

Ausgesparte Wirbelsäulenpartie. Das

Lammfell sorgt für eine optimale Druckverteilung,

schnelle Schweiß aufnahme

und einen guten Temperaturausgleich

am Pferderücken. Alle Lammfellprodukte

bestehen aus hochwertiger Merinoschafwolle

und zeichnen sich durch eine

sorgfäl tige Verarbeitung aus.

Preis: 109,95 Euro

Website: www.waldhausen.com

Druckspitze: 3,8 N/cm 2 Druckspitze: 3,8 N/cm 2

Equi Pad mit

Memory-Schaum

Händlerbeschreibung: Oberseite aus hochwertig

gewebtem Blanket 100 % New Zealand Wool von

Mayatex, Unterseite flauschiges Synthetic Fleece.

Innenmaterial aus schlagabsorbierendem Memory-Foam

zur Optimierung der Gewichtsverteilung.

Das Innenmaterial hat eine „verminderte Rückstellfähigkeit“.

Unebenheiten zwischen Sattellage

und Sattel werden dadurch besser ausgeglichen.

Der Beinkanal im unteren Bereich des Pads

ermöglicht einen besseren Kontakt zum Pferd.

Preis: 205,00 Euro

Website: shop.berndhackl.de

Das „Equi Pad“ verteilt den Druck gut auf dem Pferde rücken

und sieht sehr ansprechend aus. Trotzdem ist es im Bereich des

Widerrists etwas weniger polsternd als an anderen Stellen und

ist nicht konturiert.

2/2025

www.mein-pferd.de

65


EQUIPMENT

TIPP DER

REDAKTION

STYLISH

Alle Standard-Schabracken waren von den Druckwerten

her extrem ähnlich, weshalb wir hier nur

eine Grafik abbilden. Auffällig war, dass die Druckergebnisse

trotz fehlender besonderer Füllung

nicht schlechter waren als Modelle mit diversen

Füllungen. Bei den Eskadron- und Felix-Bühler-

Schabracken waren die Werte 0,1 bis 0,2 niedriger

als bei den anderen Modellen, was auf die dickere

Qualität zurückzuführen ist.

Druckspitze: 3,7 N/cm 2

Ikonic Strass

Händlerbeschreibung: Dressurschabracke

„Ikonic“, großzügig

geschnitten, um auch Dressursättel

mit langem Sattelblatt gut

abzudecken. Die Schabracke ist

anato misch geformt und hat eine

Polsterung am Widerrist. Der Rand

der Schabracke ist mit Strasssteinen

besetzt und verleiht ihr ein

extravagantes Aussehen.

Preis: 34,95 Euro

Website: www.ikonicsaddlery.com

Eskadron

Bicross Mattgloss

Händlerbeschreibung: Das elegante

Mattgloss-Obermaterial verleiht der

Schabracke einen luxuriösen Look,

während die Cool-Dry-Unterseite für eine

schnelle Feuchtigkeitsregulierung sorgt.

Die schlichte Steppung mit mitteldicker

Füllung bietet deinem Pferd optimalen

Komfort.

Preis: 84,95 Euro

Website: www.pikeur.de

Equestrian

Stockholm

Dressur-Schabracke

Händlerbeschreibung: Hergestellt

aus einem glänzenden, schmutzabweisenden

Material, das gut atmet und

dein Pferd während einer schweißtreibenden

Sitzung trocken hält. Mit dem

Equestrian Stockholm-Logo gesteppt,

wird das Design der Schabracke abgerundet.

Preis: 69,95 Euro

Website: www.equestrianstockholm.com

Equiline Outline

Händlerbeschreibung: Sie ist aus

einem antiallergischen Baumwollmischgewebe

gefertigt und verfügt

über das ACS2 System. Das ACS2

System gewährleistet ein Maximum an

Atmungsaktivität und eine gute stoßdämpfende

Wirkung. Die Schabracke

hat eine Füllung mit 900 g Watte und

verfügt über eine ergonomische Form,

welche eine maximale Schulterfreiheit

gewährleistet.

Preis: 114,00 Euro

Website: www.equiline.it

Back on Track

Schabracke

Händlerbeschreibung: Die Schabracke eignet

sich ideal, um den optimalen Back-on-Track-

Effekt während des Reitens auszunutzen. Das

atmungsaktive Material mit einer Innenseite

aus Welltex-Material und einer Außenseite aus

feuchtigkeitsabsorbierender Baumwolle kann

auch während eines intensiven Trainings einem

eventuellen Hitzestau unter der Schabracke

vorbeugen.

Preis: 79,00 Euro

Website: www.backontrack.com

66 www.mein-pferd.de 2/2025


13

SCHABRACKEN

& PADS IM

TIPP DER

REDAKTION

ALL-

ROUNDER

Geringe Werte für die Druckspitze und eine

gute Druckvertei lung auf dem Pferderücken

zeichnen die Grandeur „Airco“ aus.

Grandeur Airco

Händlerbeschreibung: Die wichtigsten Eigenschaften der Grandeur

„Airco“ sind eine gute Wirbelsäulenfreiheit, angemessene

Polsterung und absolute Rutschfestigkeit. Die Grandeur-Unterlage

bleibt auch beim aktivem Reiten sicher positioniert liegen.

Sie kann sich nicht über der Wirbelsäule „festspannen“, wie es bei

herkömm lichen Sattelunterlagen häufig vorkommt oder sogar,

wie z. B. beim Gelkissen, zwangsläufig der Fall ist. Bei richtiger Anwendung

werden mit der Grandeur-Unterlage die empfindlichen

Dornfortsätze der Wirbelsäule des Pferdes komplett freigehalten.

Preis: 101,00 Euro

Website: www.wayoutwest.info

Druckspitze: 3,6 N/cm 2

Fotos: slawik.com (1), Daniel Elke (4), Hersteller (13)

Auch das einfachere Filzpad kann

durch seine Eigenschaften überzeugen.

Druckspitze: 3,5 N/cm 2

Reinsman Felt Pad

Händlerbeschreibung: Das „Reinsman Felt Pad“ besteht aus

bestem Wollfilz, deutlich konturiert mit Lederbesatz. Die Wolle

des Filzpads passt sich sehr gut dem Körper des Pferdes an,

was in einem deutlich reduziertem Rutschen resultiert. Die

deutliche Konturiertheit, hier betont durch den dünneren

hochwertigen Ledereinsatz im Rücken, lässt diesen noch

besser frei, ist für Pferde mit weit in den Rücken reichenden

Widerrist gut und verbessert ebenfalls die Passform. Das Leder

ist bestes geöltes schweres Leder, welches so vor Bruch und

Austrocknung möglichst lange auch bei viel Gebrauch bewahrt

bleibt.

Preis: 179,90 Euro

Website: www.wayoutwest.info

2/2025

www.mein-pferd.de

67


Was ist, wenn ...

…das Pferd kurz nach der

tierärztlichen Behandlung

verstirbt - muss der

Pferdehalter dennoch die

Tierarztrechnung zahlen?

Eine Kolik-Operation kann um die

10.000 Euro kosten. Die Zahlung muss

im Normalfall auch erfolgen, wenn

das Pferd verstirbt

DER SPEZIALIST FÜR

PFERDERECHT,

Rechtsanwalt Andreas Ackenheil,

gibt auch in dieser Ausgabe

die besten recht lichen Tipps rund

ums Thema Pferd

Wenn ein Pferd kurz nach

einer tierärztlichen Behandlung

verstirbt, stellt sich für

den Pferdehalter die Frage,

ob die Rechnung des Tierarztes

dennoch bezahlt werden muss. Verläuft

die Operation gut, so ist der Tierhalter

natürlich bereit, die Kosten hierfür zu tragen.

Bei einem Behandlungsfehler ergeben

sich oft Streitigkeiten, ob die Tierarztkosten

beglichen werden müssen. Es gilt jedoch der

Grundsatz: Die Erbringung einer tierärztlichen

Leistung ist eine Dienstleistung, die

unabhängig vom Behandlungserfolg vergütet

werden muss. Ein Behandlungserfolg ist

dabei nicht garantiert, da die Therapie von

vielen Faktoren abhängt, die außerhalb der

Kontrolle des Tierarztes liegt, wie etwa dem

68 www.mein-pferd.de 2/2025


RECHT

allgemeinen Gesundheitszustand des Pferdes

oder dessen Reaktion auf die Behandlung.

Dies bedeutet, dass der Pferdehalter

in erster Linie Kosten der Behandlung tragen

muss, selbst wenn das gewünschte Ziel,

wie etwa die Heilung oder Besserung des

Zustands, nicht erreicht wird und das Pferd

kurz darauf verstirbt. Eine Ausnahme könnte

bestehen, wenn dem Tierarzt nachweislich

ein Behandlungsfehler unterläuft, der

zum Tod des Tieres führt, was im Einzelfall

geprüft werden muss. Ebenso ist streitig, wie

es aussieht, wenn das Tier kurze Zeit nach

der Operation verstirbt. Umfasst der letztere

Fall die Tierarzthaftung, oder ist sein Verantwortungsbereich

nach der Operation ausgeschlossen?

Um diese Fragen beantworten zu können,

muss zunächst ein Blick auf die tierärztlichen

Gebühren und die Tierarzthaftung im Allgemeinen

geworfen werden, um zu verstehen,

wie weit der Haftungsumfang und die Kausalität

reichen.

Die Tierarztrechnung

Tierärzte legen ihre Behandlungskosten anhand

der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte)

fest. Hierbei müssen sie mindestens

nach dem einfachen GOT-Satz abrechnen

und dürfen in Ausnahmefällen, wie etwa medizinischen

Notfällen nach dem vierfachen

Satz abrechnen.

Die Gebührensätze für Tierarztbehandlungen

richten sich nach Art und Umfang

der erbrachten Leistung und Intensität. So

werden Allgemeinuntersuchungen und Impfungen

regelmäßig nach einfacher Gebühr

abgerechnet, wohingegen eine aufwendige

Operation in einer Klinik den dreifachen Gebührensatz

kostet. Bei Notfällen, beispielsweise

bei einer Kolik-Notoperation in einer

Klinik darf nach dem vierfachen Satz abgerechnet

werden.

Zusätzliche Kosten resultieren außerdem

aus den Material- und Medikamentenkosten,

der Unterbringung auf Station, der Anfahrt

oder aus Zuschlägen für Nacht- und Notdienste

an Wochenenden und Feiertagen.

Die Tierarztkosten können schnell in die

Höhe schießen, besonders bei unerwarteten

Krankheiten oder Notfällen. Viele Tierhalter

stehen vor der Herausforderung, diese

Kosten zu bewältigen, da nicht jeder über

eine Kranken- oder OP-Versicherung für sein

Haustier verfügt. Ohne eine solche Versicherung

kann selbst eine einfache Behandlung

oder ein Routineeingriff zu einer erheblichen

finanziellen Belastung werden. Die Sorge

um das Wohl des geliebten Pferdes wird

oft von der Frage überschattet, wie die anfallenden

Kosten gedeckt werden können. Eine

Kolikoperation bei einem Pferd ist ein gutes

Beispiel dafür, wie schnell Tierarztkosten in

die Höhe schnellen können. Abhängig von

der Schwere des Falles, der Dauer des Krankenhausaufenthaltes

und den notwendigen

Nachbehandlungen können die Kosten

für eine Kolikoperation zwischen 3.000 und

10.000 Euro liegen.

Eine Arthroskopie, die bei Gelenkproblemen

durchgeführt wird, liegt in der Regel

zwischen 2.500 und 5.000 Euro. Der Eingriff

zur Entfernung einer Kieferzyste kann etwa

1.500 bis 3.000 Euro kosten. Eine Kastration,

die ein routinemäßiger Eingriff ist, kostet

in der Regel zwischen 300 und 800 Euro,

abhängig davon, ob sie stehend oder unter

Vollnarkose durchgeführt wird. Bei schweren

Verletzungen oder Sehnenrissen kann

eine Sehnenoperation anfallen, die zwischen

2.000 und 5.000 Euro liegt. Auch die Entfernung

von Tumoren, wie Sarkoiden, kann je

nach Lage und Größe des Tumors zwischen

500 und 3.000 Euro kosten. Diese Beispiele

verdeutlichen, wie wichtig eine finanzielle

Absicherung für den Ernstfall ist, da die

Kosten für notwendige Operationen schnell

hohe Summen erreichen können.

In welchen Fällen muss

der Pferdebesitzer die Behandlungskosten

nicht bezahlen?

In bestimmten Fällen kann es sein, dass der

Pferdebesitzer die Behandlungskosten nicht

tragen muss. In Fällen, wenn der Tierarzt seine

Pflichten zur Aufklärung verletzt hat –

etwa indem er den Pferdebesitzer nicht ausreichend

über die Risiken und Kosten einer

Behandlung informiert hat – könnte dies

dazu führen, dass der Pferdehalter die Rechnung

nicht begleichen muss. Zudem können

Verträge oder Vereinbarungen zwischen Tierarzt

und Pferdehalter eine Rolle spielen; etwa

Der Behandlungserfolg

ist von vielen Faktoren

abhängig

wenn explizit vereinbart wurde, dass nur bei

einem Behandlungserfolg Kosten entstehen.

Vor allem in Fällen, wenn dem Tierarzt

ein nachweisbarer Behandlungsfehler unterläuft,

der zum Tod oder zur Verschlechterung

des Gesundheitszustandes des Pferdes führt,

kann der Pferdebesitzer die Bezahlung verweigern.

Ein solcher Fehler könnte beispielsweise

eine fehlerhafte Diagnose, eine falsche

Dosierung von Medikamenten oder eine unsachgemäße

Durchführung einer Operation,

ein sogenannter Behandlungsfehler, sein.

Wann liegt ein

Behandlungsfehler vor?

Ein Behandlungsfehler liegt grundsätzlich

dann vor, wenn sich der Tierarzt nicht an

die allgemein geltenden medizinischen Regeln

und Standards gehalten hat. Der Tierarzt

muss eine korrekte Befunderhebung

durchführen und eine korrekte Behandlung

des Tieres. Genannt wird dieser Grundsatz

„lege artis“ d.h. nach den Regeln der Kunst. Es

kann immer wieder vorkommen, dass dem

Tierarzt während seiner Behandlung Fehler

unterlaufen, wie beispielsweise das Verschreiben

von falschen Medikamenten, das

Verletzen von Organen bei einer Operation,

das Übersehen von Befunden oder eine falsche

Interpretation eines Röntgenbildes.

Das Spektrum denkbarer Behandlungsfehler

und Fallkonstellationen ist breit und

sorgt dennoch in der Praxis für so manchen

großen und kostspieligen Rechtsstreit. Zunächst

muss nämlich geklärt werden, ob der

Fehler tatsächlich auf der Leistung des Tierarztes

beruht. Hierbei ist wichtig zu wissen,

dass Behandlungsfehler nicht nur während

der Behandlung entstehen können, sondern

auch während der Aufklärung medizinischer

Risiken. Daher unterscheidet man zwischen

der falschen Behandlung oder Versorgung

2/2025

www.mein-pferd.de

69


RECHT

und den Aufklärungs-, Diagnose-, und Dokumentationsfehlern.

Aufklärungs-, Diagnose-,

und Dokumentationsfehler

Die tierärztliche Behandlung beginnt mit der

Befunderhebung (Diagnostik), an die sich

eine Bewertung der erhobenen Informationen

(Diagnose) anschließt.

Bei der Diagnose müssen die erhobenen

Befunde sorgfältig gesichert werden, denn

sie bieten die Grundlage für den späteren Behandlungsverlauf

(Dokumentationspflicht).

Wird ein Befund falsch erhoben, kann dies

bereits zu Beweiserleichterungen führen, sofern

die Befunderhebung mit an Sicherheit

grenzender Wahrscheinlichkeit ein positives

Ergebnis ergeben hätte und das pflichtwidrige

Unterbleiben der entsprechenden

Behandlung aufgrund des Befundes einen

groben Behandlungsfehler darstellen würde.

Der Tierarzt darf daher keine Verdachtsdiagnosen

stellen, ohne alle denkbaren Krankheitsursachen

zu berücksichtigen.

Beim Diagnosefehler wurde ein Befund

zwar erhoben, allerdings falsch interpretiert.

Die Abgrenzung von Behandlungs- und Diagnosefehlern

kann mitunter schwierig sein.

Eine nicht erkannte Zwillingsträchtigkeit

bei einer Stute kann zum einen auf eine Fehlinterpretation

des Ultraschalls zurückzuführen

sein, andererseits kann sie auch auf eine

unzureichende sonographische Untersuchung

zurückzuführen sein, was einem Befunderhebungsfehler

entsprechen würde.

Der Bundesgerichtshof erkennt in diesen Fällen

immer einen Diagnosefehler an, weshalb

es nur darauf ankommt, ob der erhobene Befund

fehlerfrei und ausreichend war, jedoch

bei richtiger Bewertung eine andere Diagnose

hätte ergeben müssen. Andernfalls geht

man von einem Befunderhebungsfehler aus,

wenn die erhobenen Befunde für eine Diagnosestellung

noch nicht ausreichten.

Ein weiteres Problem vor dem Sachverständige

stehen ist, dass aufgrund der Komplexität

von Krankheitsvorgängen eine eindeutige

Diagnose mitunter schwierig ist und nicht

sofort zu einer Pflichtverletzung des Tierarztes

führen muss. Dennoch muss jeder Tierarzt

eine gründliche Befunderhebung durchführen

und diese kritisch überprüfen, sodass anfängliche

Verdachtsdiagnosen sichergestellt

werden. Eine Behandlung, die nicht zum gewünschten

Erfolg des Pferdehalters führt, wird

hingegen nicht als Behandlungsfehler angesehen.

Auch das Narkoserisiko und gewöhnliche

Komplikationen fallen nicht unter den

Behandlungsfehler. Andernfalls würde das

Haftungsrisiko des Tierarztes derart ausufern.

Der Tierarzt setzt sich mit jeder Behandlung

70 www.mein-pferd.de 2/2025

bzw. tierärztlichen Leistung einem Haftungsrisiko

durch seine Tätigkeit aus. Sobald der

Tierarzt das Pferd begutachtet und behandelt

kommt zwischen ihm und dem Tierhalter ein

Behandlungsvertrag zustande. Dieser Vertrag

verpflichtet den Tierarzt dazu, mit all seinem

Wissen und Können das Pferd bestmöglich zu

behandeln, um seinen Gesundheitszustand

zu verbessern und Beschwerden zu mindern.

Da auch der Tierarzt keine Wunder vollbringen

kann, kann er sich nicht zu einer vollständigen

Genesung verpflichten, sondern muss

nur das ihm Mögliche tun, um den Gesundheitszustand

des Pferdes zu verbessern oder

zu stabilisieren.

Im Gegenzug muss der Pferdehalter, als

andere Vertragspartei, die Behandlungskosten

bezahlen. Ist dem Tierarzt hingegen ein

Fehler unterlaufen, sodass das Pferd falsche

Medikamente erhalten hat, ein offensichtlicher

bzw. leicht erkennbarer Befund unterblieben

ist, wodurch nun das Pferd verstirbt

oder Behandlungsunterlagen unterschlagen

wurden, muss der Tierarzt Schadensersatz

leisten. Der Tierarzt muss dem Pferdehalter

dann die Kosten für die Behandlung oder den

Wertverlust des Tieres erstatten. In der Praxis

ist allerdings nicht immer ganz einfach nachzuweisen,

dass tatsächlich ein Behandlungsfehler

vorliegt.

Zum einen muss feststehen, dass der Tod

des Pferdes oder die unerwünschten Nebenwirkungen

und Komplikationen tatsächlich

auf dem Handeln des Veterinärs beruhen.

Hierbei spricht man von der sogenannten

Kausalität.

Hier muss grundsätzlich der Tierhalter

beweisen, dass der Tierarzt einen Fehler begangen

hat. In Fällen aus der Humanmedizin

führt ein grober Behandlungsfehler gemäß

§ 630 h V BGB zur Umkehr der Beweislast,

dann muss der Arzt beweisen, dass der grobe

Behandlungsfehler nicht zum eingetretenen

Schaden geführt hat. Dieser Grundsatz

wurde auch von anderen Gerichten auf veterinärrechtliche

Fälle angewendet, jedoch

immer nur nach Einzelfallabwägungen. Der

Bundesgerichtshof hat hier jedoch entschieden,

dass den Gerichten kein Ermessen mehr

zusteht, sodass wenn ein grober Behandlungsfehler

vorliegt, die Regel der Beweislastumkehr

greift. Der Tierarzt muss nun beweisen,

dass sein schwerer Behandlungsfehler

nicht ursächlich für den Schaden war.

Muss ich die Tierarztkosten

bezahlen, wenn die Operation

gut geht, mein Tier kurze Zeit

später aber doch stirbt?

Tragisch sind Fallkonstellationen, in denen

Häufig sind die Fälle sehr

komplex, sodass es ratsam

ist, einen Anwalt als Unterstützung

einzuschalten

das Pferd eine Operation vermeintlich gut

übersteht, jedoch trotzdem kurze Zeit später

verstirbt. Hierbei könnte bereits ein Fehler

bei der Indikationsstellung angenommen

werden.

Nach der Diagnose ist der Tierarzt zur Indikationsstellung

verpflichtet. Hierbei muss

die Erforderlichkeit einer Behandlung der

diagnostizierten Krankheit kritisch überprüft

werden, unter Abwägung der Risiken

und Heilungschancen unter Berücksichtigung

der wirtschaftlichen Interessen des

Auftraggebers, sowie des Tierschutzrechts.

Demnach kann bspw. eine operative Entfernung

eines eitrigen Zahnes beim Pferd erforderlich

sein, da die Entzündung sonst fortschreiten

kann und sich auf den gesamten

Zahnbestand des Pferdes und des Knochens

auswirken könnte. Dabei handelt es sich um

eine Operation mit geringen Eingriffsrisiken

und guten Behandlungserfolgen. Die Notwendigkeit

der Operation ist gegeben. Eine

Behandlung hat jedoch aus tierschutzrechtlicher

Sicht zu unterbleiben, wenn die Weiterbehandlung

keinen Erfolg verspricht oder

nur aus rein ästhetischen Gründen vorgenommen

werden soll. Leidet das Pferd zum

Beispiel schon unter anderen schweren Erkrankungen

und ist äußerst geschwächt, ist

eine Operation wenig erfolgversprechend

und würde das Pferd nur zusätzlich leiden

lassen.

Fehlt es einem tiermedizinischen Eingriff

an der Indikation, so entspricht er nicht dem

tiermedizinischen Standard und ist fehler-


das Pferd nunmehr nicht lebt. Beruht die Boxenruhe

auf der Operation, so haftet der Tierarzt

dennoch nicht für sämtliche todesverursachenden

Unfälle.

Fotos: Imago Images (1), Imago Images/Frank Sorge (1), Adobe Stock (1), Privat (1)

haft. Bei daraus resultieren Schäden macht

sich der Tierarzt schadensersatzpflichtig.

Eine denkbare Situation bei Pferden wäre

der Fall eines sehr alten und gesundheitlich

geschwächten Pferdes, bei dem eine Zahnbehandlung

unter Vollnarkose geplant ist,

um beispielsweise scharfkantige Zähne abzuschleifen

oder Zahnhaken zu entfernen.

In diesem Fall überwiegt das Narkoserisiko

deutlich den Nutzen der Behandlung, da

die Gefahr eines Herzstillstands oder anderer

schwerwiegender Komplikationen durch

die Narkose sehr hoch ist. Hier fehlt es an

der Notwendigkeit des Eingriffs, da das Risiko

für das Pferd unverhältnismäßig groß ist

im Vergleich zu den Vorteilen, die durch die

Zahnbehandlung erzielt werden könnten.

In solchen Fällen sollte sorgfältig abgewogen

werden, ob der Eingriff tatsächlich erforderlich

ist, insbesondere wenn das Wohl des

Pferdes und seine verbleibende Lebensqualität

im Vordergrund stehen.

In Fällen von fehlerhafter Indikation, sind

die Tierarztkosten nicht erstattungsfähig

und der Tierarzt macht sich zusätzlich schadensersatzpflichtig.

Lässt nun beispielsweise ein Pferdehalter

bei seinem Pferd einen Tumor operativ entfernen

und nur kurze Zeit nach der Operation

verschlechtert sich der Gesundheitszustand

des Pferdes jedoch erheblich, und es

muss aufgrund schwerer Koliken oder anderer

unerwarteter Komplikationen eingeschläfert

werden und infolge dessen weigert

sich der Pferdehalter, die Kosten zu zahlen

und stellt sogar infrage, ob der Eingriff überhaupt

notwendig war. In solchen Fällen steht

oft Aussage gegen Aussage. Einige Tierhalter

bestehen auf Operationen, obwohl diese für

das Pferd zu gefährlich sind. Das ist der Fall,

wenn das Pferd schon sehr alt ist und ein erhöhtes

Risiko besteht, dass das Pferd nicht

überleben wird.

In solchen Fällen muss regelmäßig der

Tierhalter beweisen, dass er nicht ausreichend

aufgeklärt wurde und sich deshalb auf die

Operation eingelassen hat und mit den späteren

Folgen nicht rechnen musste.

Gelingt der Bewies nicht, so muss der Tierhalter

auch die Kosten hierfür tragen. Auch

der Tierarzt muss sich an das Tierschutzgesetz

halten. Grundsätzlich kann er auf die Anliegen

eines Tierhalters eingehen. Sieht er allerdings

die absolute Erfolgslosigkeit der Operation,

sowie ein unzumutbares Risiko für das

Tier, so darf er die Behandlung ablehnen. Jedoch

der Verantwortungsbereich des Tierarztes

reicht nicht uneingeschränkt bis nach der

Operation. Für Nebenwirkungen und Nachwirkungen

wie etwa eine eitrige Operationsnaht

und der Tod des Pferdes durch eine Sepsis,

die im Zusammenhang mit der Operation

und fallen somit auch in den Verantwortungsbereich

des Tierarztes. Anders kann es jedoch

bewertet werden, wenn das Pferd nach einer

erfolgten Kolikoperation Boxenruhe hat, sich

beim Füttern aufregt und gegen die Wände

tritt und sich ein Bein bricht. Muss das Pferd

nun erlöst werden, so muss der Tierhalter dennoch

die Kolikoperation bezahlen, auch wenn

Pferderecht Experte

Anwalt Ackenheil:

Grundsätzlich gilt, dass die tierärztliche Leistung

auch dann bezahlt werden muss, wenn

das Pferd kurz nach dem Eingriff verstirbt,

es sei denn, es liegt ein nachweislicher Behandlungsfehler

vor. Auch wenn der Tierarzt

seine Pflichten zur Aufklärung verletzt hat –

etwa indem er den Pferdebesitzer nicht ausreichend

über die Risiken und Kosten einer

Behandlung informiert hat – könnte dies

dazu führen, dass der Pferdehalter die Rechnung

nicht begleichen muss. Zudem können

Verträge oder Vereinbarungen zwischen

Tierarzt und Pferdehalter eine Rolle spielen;

etwa wenn explizit vereinbart wurde, dass

nur bei einem Behandlungserfolg Kosten

entstehen. Es wird deutlich, dass die Fragen,

wann ein Tierarzt haftet und wann Tierarztrechnungen

nicht bezahlt werden müssen,

stark von den konkreten Umständen des

jeweiligen Einzelfalls abhängen und daher

nicht immer einfach zu bewerten sind. Um

sicherzustellen, dass Ihre Rechte nicht an

„Formalitäten“ scheitern, ist es ratsam, frühzeitig

einen erfahrenen Rechtsanwalt zu

konsultieren, der auf Pferderecht und Tierarzthaftung

spezialisiert ist.

UNSER EXPERTE

Andreas Ackenheil

verö fentlicht als Spezialist

für Pferderecht regelmäßig

in zahlreichen Fachzeitschriften

und Online-Portalen

juristische Fachbeiträge

sowie Kommentare zu

neuen Rechtsentscheidungen

und hält Vorträge und Seminare. Zudem

veröfentlichte der Rechtsanwalt einen

großen Ratgeber für Tierrecht mit einem

umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

▶ www.tierrecht-anwalt.de

Haben Sie Fragen zum Pferderecht?

Rechtsanwalt Ackenheil hilft Ihnen weiter:

Tel.: 06136/762833

Autor, Anwalt für Pferderecht

Ackenheil Anwaltskanzlei

Tierrecht & Pferderecht – bundesweit

▶ www.tierrecht-anwalt.de

Über 400 Urteile im Pferderecht-Blog:

▶ www.pferdeanwalt-pferderecht.de

2/2025

www.mein-pferd.de

71


Ihre besten Fotos

So haben Sie gewählt!

Weiß glitzernder Schnee und der Atem wird sichtbar in der Luft:

Der Traum vom perfekten Winterwetter. In manchen Teilen von

Deutschland sieht man ihn schon ganz deutlich, in anderen eher

weniger. Dank der tollen Fotos unserer Leser können wir alle daran

teilhaben.

1

LESERFOTO

DES

MONATS

2

Bianca Wittmanns

Sterni hat sichtlich Spaß

im Schneegestöber

Herzlichen Glückwunsch an unsere Siegerin

Sonja Jorzig mit dem Bild: „Trio phänomenale“

4

Jacqueline Arzten: „Die

süße Maus genießt im

gehobenen Alter die

Herbstwiese mit schönem

Sonnenaufgang.“

3

Sibylle Reiß-Schneiders Monti und Tambour

spielen auf dem Reitplatz miteinander

72 www.mein-pferd.de 2/2025


6

5

Franziska Müllers Isländer genießen die Herbstsonne auf der Koppel

7

8

Sebastian Hoffmann: „Kleiner Zazu

und große Whizky – ein herbstliches

Duo, das sich in den letzten Sonnenstrahlen

des Herbstes wärmt.“

Margit Günsters frecher Charly sliebt die

eisigen Temperaturen

10

9

Laura Berini stimmt sich mit

einem weihnachtlichen Foto auf

die Festtage ein

Fotos: privat

Elina Ratzinger fängt mit

diesem Foto ihren Loki beim

Grasen ein

Katrin Sulzer teilt mit uns den schönen

Moment mit ihrem Herzenspferd

2/2025

www.mein-pferd.de

73


EQUIPMENT

Marktplatz

Die Festtage sind überstanden, nun heißt es: Mit voller Kraft voraus! Mit diesen neuen

Produkten starten Sie und Ihr Pferd gesund und gut ausgestattet in das Jahr 2025.

Text: Nora Dickmann

Pflegeleicht

und wunderschön

Die exklusive Leder Putztasche „Le Baquet“

von L‘Evoine passt perfekt in jede

Stallgasse und ist besonders robust

und einfach zu pflegen. Das hochwertige,

deutsche Rindsleder wird in aufwendiger

Handarbeit verarbeitet. Für

die samtige, velourähnliche Haptik wird

die Oberfläche schonend geschliffen

und anschließend mit einem speziellen

Öl behandelt. Gebrauchsspuren auf der

Oberfläche lassen sich leicht mit einem

angefeuchteten Tuch entfernen. Die Tasche

ist sehr robust, wasserabweisend

und ein hervorragender Begleiter für

den Stall und Turniere.

UVP: 695,00 Euro, www.levoine.com

Individuelle

Lieblingsteile

Die oftmals ausgefallenen handgestrickten

Unikate von Violas Wollwerk aus dem

Ruhrgebiet gibt es in vielen verschiedenen

Farben und Materialien. „Das Material muss

mit dem Design eine gute Einheit bilden,

dann stimmt auch das Ergebnis“, so die

Gründerin Viola Kucklinski Hagewiesche.

Die verwendete Wolle bezieht sie meistens

aus Ab- und Lagerverkäufen oder aus zweiter

Hand, sodass sich daraus ein gewisser

Materialmangel ergibt, der viel Kreativität

zu neuen und außergewöhnlichen Teilen

mit sich bringt. Diese Art der Materialverwertung

macht die Teile neben der ganz

besonderen Optik sehr nachhaltig und zum

Lieblingsteil für viele Jahre.

Instagram: Violaswollwerk,

Etsy: ViolasWollWerk

Neues,

frisches Design

Der „Equinatura Hufbalsam“

schützt und pflegt die Hufe mit

natürlichem Lorbeeröl und Eukalyptusöl.

Loorbeeröl und Eukalyptusöl

stärken nachhaltig die Widerstandsfähigkeit

des Hufhorns. Die

Rezeptur wird durch die Eigenwärme

des Hufes flüssiger, sodass die

Wirkstoffe tief in die Kapillaren des

Hufes einziehen. Regeneriert sprödes

und brüchiges Horn und stärkt

die Widerstandskraft des Hufes.

Der Huf erhält einen langanhaltenden

Glanz. „Equinatura Hufbalsam“

pflegt, nährt und stärkt den Huf.

Darüber hinaus ist das Equinatura

Hufbalsam mineralölfrei, mikroplastikfrei,

silikonfrei und vegan

und somit ein nachhaltiges und

umweltfreundliches Produkt aus

natürlichen Inhaltsstoffen.

UVP: 8,35 Euro

www.equinatura-online.de

74 www.mein-pferd.de 2/2025


Kuschelig warm in

der kalten Jahreszeit

Wer auch erst richtig aufblüht, wenn draußen die Blätter

von den Bäumen fallen, wird diesen schicken Rollkragen

Pullover „Heritage“ von Eskadron garantiert lieben.

Die feine Strickoptik mit Allover-Motiv machen den Pullover

zum perfekten Begleiter für Stall

und Alltag. Der Schnitt ist modern

„oversized“ gehalten und nur

an Kragen, Ärmel und Saum

schmiegt sich die hochwertige

Woll-Ware mit gerippten

Abschlüssen weich an den

Körper an. Der Knit Jumper

„Heritage“ ist in der Farbe

black-almond in den Größen

XS-XXL erhältlich.

UVP: 99,95 Euro

www.eskadron.de

Kräuterküche fürs Pferd

Das „Bronchial-Elixier“ von leovet ist eine sinnvolle

Futterergänzung mit Kräutern, die früher Nahrungsbestandteil

auf guten Kräuterwiesen waren.

Es enthält die ganze Kraft natürlicher Kräuterextrakte.

Das Beste in der kalten Jahreszeit, um Atemwegserkrankungen

vorzubeugen. Echinacea, Anis,

Fenchel, Spitzwegerich, Kastanie, Primel und Thymian

werden schonend als Fluid-Extrakte aufbereitet.

Diese konzentriert gelöste Form wird vom

Organismus schneller aufgenommen. Dadurch

gleicht „Bronchial-Elixier“ von leovet Ernährungsmängel

oder Umweltbelastungen, die zu einer

Störung der Atemwege und zusätzlich zu einer

Schwächung des Immunsystems führen, wirkungsvoll

aus. Das Produkt hilft Ihnen dabei, Ihr Pferd

gesund über den Winter zu bringen. Jetzt in der

neuen weißen Flasche. Die weiße Flasche lässt kein

Sonnenlicht durch und schützt so die Wirkstoffe im

Bronchial-Elixier und hält sie länger wirksam.

UVP: 30,85 Euro, www.leovet.de

Fotos: Hersteller (6), Anja Dunker (2)

Neuer Reitsportpodcast

„Von Kraftpaketen und Gipfelstürmern: Der

Reitsport Podcast“ - So lautet der Titel des

neuen Podcasts von AGROBS®, der ab dem

16.12.2024 auf allen gängigen Plattformen

anzuhören ist. Es geht um ein ganzheitliches

Management von Sportpferden, deren

Gesunderhaltung und Wohlbefinden,

sowie Leistungsfähigkeit. Dazu unterhält

sich Harriet Charlotte Jensen, Online-Marketingexpertin

und Content Creator in der

Pferdeszene, mit namhaften Experten aus Sport, Tiermedizin und Fütterungsberatung.

Die Gespräche erscheinen im Zwei-Wochen-Takt.

www.agrobs.de/podcast/

Echte Strickkunst

Paschwork ist eine Kollektion handbestickter

Unikate, bestehend aus

Pullovern, Cardigans und Mützen

aus Babyalpacagarn. Jeder Style ist

einzigartig, da die Motive aus dem

Herzen direkt auf die Styles gestickt

werden. Wertschätzung an Materialien

und Leidenschaft zum Handwerk

in der Modebranche sind das Credo.

Stich für Stich wird jeder Artikel

bewusst und mit Hingabe

entworfen. Die handbestickten

Strick-Unikate haben eine lange

Lebensdauer und erfreuen den

Käufer über Jahre hinweg.

www.paschwork.com

Kompetenzzentrum für Alle

Die Landeslehrstätte Weser-Ems ist mehr als nur eine Reitschule.

Sie ist ein Kompetenzzentrum für den Pferdesport,

das ein breites Spektrum an Leistungen anbietet. Als FN anerkannte

Fachschule Reiten (Trainerausbildung) bietet die

Landeslehrstätte eine umfassende Ausbildung für Amateurund

Berufsreiter (Trainer A/B/C oder Pferdewirt- und Pferdewirtschaftsmeister)

können hier ihr Wissen vertiefen und

sich weiterqualifizieren. Darüber hinaus werden regelmäßig

Lehrgänge für Turnierfachleute wie Richter, Parcourschefs

und Prüfer Breitensport angeboten.

Neben der Ausbildung ist die Landeslehrstätte auch ein

beliebter Standort für Reiter jeden Niveaus. Reitstunden,

Kurse und Boxen für Pensionspferde stehen zur Verfügung,

um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Nicole Grimm und Ina Tapken, die beiden Pferdewirtschaftsmeisterinnen

und Lehrgangsbeauftragten des PSVWE, legen

großen Wert auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung der

Aus- und Fortbildung der Trainer, die als Multiplikatoren das

in Vechta erlernte Wissen in den Reit- und Fahrvereinen im

Verbandsgebiet verbreiten sollen.

www.psvwe.de

2/2025

www.mein-pferd.de

75


ABENTEUER & REPORTAGE

In Szene

gesetzt

PFERDEFOTOGRAFIE Sie möchten wunderschöne

Fotos von Ihrem Pferd machen, doch

irgendwie gelingt es nicht so richtig? Mit den Tipps

von Christiane Slawik, eine der weltweit besten

Pferdefotografinnen, sehen Ihre Bilder direkt viel

harmonischer aus

Text: Nicole Buchholz

Fotos: slawik.com

Pferde sind von Natur aus

neugierig. Lassen Sie es

ruhig mal vorsichtig an

der Kamera schnuppern

Besondere Momente behält man

ein Leben lang im Herzen. Mit

etwas Können gelingt es Ihnen

diese wundervollen Augenblicke

auch in Form eines Bildes auf

ewig festzuhalten. Bei der Fotografie kommt

es unabhängig vom Motiv – seien es Landschaften,

Menschen oder Tiere – auf viele

unterschiedliche Dinge an: die richtige Loca-

tion, das ideale Licht und natürlich die Fertigkeiten

des Fotografen.

Anders als bei der Fotografie von Menschen

kann man Pferde allerdings nur begrenzt

in eine bestimmte Pose bringen.

Erfahrene Pferdekenner können in einem gewissen

Rahmen anhand der Körpersprache

des Pferdes das Verhalten voraussagen, beispielsweise

in welche Richtung das Pferd im

Freilauf über die Koppel galoppieren wird.

Da Pferde bewegungsfreudige Tiere sind, ist

es allerdings gar nicht so einfach, das perfekte

Bild hinzubekommen – mit etwas Übung

aber absolut im Bereich der Möglichkeit.

Christiane Slawik ist eine der weltweit erfolgreichsten

Pferdefotografinnen. Ihre Bilder

zieren viele Wandkalender, sowie Titelseiten

von Magazinen und Büchern. Ihr erster Tipp:

76 www.mein-pferd.de 2/2025


„Hören Sie auf zu knipsen und fangen Sie an

zu fotografieren.“

Ähnlich wie ein Pferd auf vier Beinen

steht, gibt es vier Säulen bei der Pferdefotografie,

erklärt Christiane Slawik: „Die erste

Säule ist die Technik: Es ist wichtig, sich mit

der eigenen Ausrüstung auszukennen und

die verschiedenen Einstellungen und Funktionen

bedienen zu können.“ Zusätzlich werden

Kenntnisse im Umgang mit Pferden benötigt,

um die Sicherheit aller beteiligter

Personen und Tiere während eines Shootings

zu gewährleisten. „Kein Bild der Welt ist

es Wert, dass dafür Verletzungen von Mensch

oder Tier in Kauf genommen werden“, mahnt

Christiane Slawik.

Als dritten Punkt wird ein gutes Auge

benötigt: Das bedeutet, für ein gutes Foto

braucht man ein gewisses Gefühl für die richtige

Perspektive, das richtige Licht und das

Gesamtkonzept des Bildes. Als letztes gehört

zum perfekten Foto natürlich auch noch ein

Quäntchen Glück. Für ein tieferes Verständnis

der Technik empfiehlt sich ein Blick in die

Gebrauchsanweisung der Kamera, für bessere

Pferdekenntnisse ist sowohl praktischer

Umgang als auch die Lektüre von Fachliteratur

empfehlenswert und um den fotografischen

Blick zu schulen, eignen sich Bildbände

von professionellen Fotografen.

Viele werden sich fragen: Braucht man

überhaupt noch eine richtige Kamera oder

reicht nicht auch die Kamera des Smartphones?

Viele moderne Handykameras machen

zwar tolle, hochauflösende Fotos, trotzdem

sind ihnen die Kameras überlegen.

Schon allein durch die Variationsmöglichkeiten

des Objektivs lässt sich eine deutlich

größere Bandbreite an Motiven abdecken.

Außerdem kann es aufgrund der geringen

Brennweite einer Handykamera schnell zu

Verzerrungen kommen, sodass das Pferd unproportional

aussieht.

Technische Raffinessen

Ist man auf der Suche nach einer Kamera, sollte

man viel Wert auf einen schnellen Autofokus

legen. Für den Anfang ist ein Zoom-Obkjektiv

zwischen 80-200 mm Brennweite

ideal. Die modernen Kameras haben einen

sehr guten Automatikmodus, daher kann

dieser zu Beginn auf jeden Fall genutzt werden.

Nach und nach sollte man jedoch dazu

übergehen, eine der Halbautomatiken oder

den manuellen Modus zu wählen. Für diese

ist ein Grundverständnis der drei wichtigsten,

technischen Faktoren der Kamera unumgänglich:

dem ISO-Wert, der Blende und

der Verschlusszeit.

Der ISO-Wert bestimmt die Lichtempfindlichkeit:

Je höher dieser Wert, desto hel-

ler ist das Bild. Allerdings sinkt mit steigendem

ISO-Wert die Qualität des Bildes: Bei

einem hohen ISO-Wert lässt das sogenannte

Bildrauschen ein Foto verpixelt aussehen.

Aus diesem Grund gilt bei dem ISO-

Wert die Grundregel: So niedrig wie möglich,

so hoch wie nötig. Bei schönem Wetter und

Sonnenschein reicht meist ein ISO-Wert zwischen

100-400; bei Dämmerung und in einer

schwach beleuchteten Reithalle ist ein deutlich

höherer ISO-Wert nötig und die Gefahr

von grobkörnigen Bildern besteht.

Die Blende ist für die Menge des einfallenden

Lichtes auf den Sensor verantwortlich.

Zusätzlich spielt sie eine wichtige Rolle

für die Schärfentiefe: Darunter versteht

man den Unterschied der Schärfe zwischen

dem Hauptmotiv und dem Hintergrund, beispielsweise

in Form eines unscharfen Hintergrunds

und eines scharfen Pferdekopfes. Eine

hohe Blendenzahl von 16 verursacht eine geringe

Linsenöffnung und somit wenig Lichteinfall.

Gleichzeitig ist bei einer solchen Blendengröße

ein sehr großer Bereich scharf, und

es bestehen nur wenige Unschärfen – dies ist

beispielsweise bei der Aufnahme einer Herde

praktisch. Eine kleine Blendenzahl und somit

eine große Linsenöffnung, beispielsweise bei

2,8, bedeutet, dass nur noch ein kleiner Bereich

des Bildes scharf ist. Dies eignet sich besonders

für Portraits, da durch den geringen

Schärfebereich automatisch der Blick auf das

Pferd gerichtet wird.

Der letzte Faktor ist die Verschlusszeit,

die eng mit der Blende zusammenhängt.

Durch sie wird geregelt, wie lange die Blende

geöffnet ist, und wie viel Licht auf den Sensor

fällt. Je mehr Bewegung im Spiel ist, desto

niedriger sollte die Verschlusszeit sein – ansonsten

entsteht eine Bewegungsunschärfe.

Wird diese gezielt eingesetzt, kann dadurch

viel Dynamik im Bild entstehen. Bei diesem

Stilmittel ist jedoch Vorsicht geboten, da die

Bilder schnell einfach nur unscharf aussehen

können. Bei einem galoppierende Pferd sollte

die Verschlusszeit 1/1.000 Sekunden oder

kürzer sein. Grundsätzlich gilt: Je schneller

UNSERE EXPERTIN

Christiane Slawik

gehört zu den besten Pferdefotografen

der Welt. Viel Freude

am Fotografieren und Liebe

zum Pferd in Kombination mit

langjähriger Erfahrungen

machen die Motive der Würzburgerin zu

etwas ganz Besonderem.

▶ www.slawik.com

Checkliste

● Ist mein Kamera-Akku geladen

und eine leere Speicherkarte

vorhanden?

● Habe ich mindestens einen

Helfer organisiert?

● Sind das Pferd und die Ausrüstung

auf Hochglanz poliert?

die Bewegung, desto kürzer die Verschlusszeit.

Der ISO-Wert, die Blende und Verschlusszeit

sind in Kombination dafür verantwortlich,

wie hell oder dunkel ein Bild ist.

Ohne Planung geht es nicht

Jedes Bild hat eine individuelle Bildsprache:

Diese setzt sich sowohl aus dem Motiv

selbst, dem Hintergrund, der Farbgestaltung

sowie der Perspektive zusammen. Daher ist

für ein besonderes Foto auch ein gewisses

Maß an Planung vonnöten. Zuallererst sollte

man sich darüber Gedanken machen, was

für ein Bild man sich eigentlich von seinem

Pferd wünscht: Ein dynamisches Galoppbild

im Freilauf, ein träumerisches Bild inmitten

einer Frühlingswiese oder ein klassisches,

ausdrucksstarkes Portrait? Hat man

sich für ein Konzept entschieden, geht es an

die Vorbereitung: An welchem Tag möchte

man die Fotos machen? Ist gutes Wetter

vorhergesagt? Außerdem ist es empfehlenswert,

sich mindestens einen Helfer zu organisieren

– gleichzeitig die Kamera zu bedienen,

das Pferd in Position zu stellen und die

Aufmerksamkeit des Pferdes zu erhalten ist

nicht möglich.

Die Bildbearbeitung mit verschiedenen

Programmen wie beispielsweise Photoshop

oder Lightroom gehört mittlerweile für viele

untrennbar zum Fotografieren dazu. Christiane

Slawik versucht jedoch, bereits ein

perfektes Bild in der Kamera und nicht erst

später am Computer entstehen zu lassen:

„Umso besser das Bild technisch und planerisch

gemacht wird, umso mehr Zeit spare

ich mir bei der anschließenden Bearbeitung.

Habe ich beispielsweise einen unschönen

Zaun im Hintergrund, macht es meiner Meinung

nach wenig Sinn diesen anschließend

zu retuschieren. Sinnvoller ist es, aus einer

anderen Perspektive zu fotografieren, sodass

der Zaun verdeckt ist.“

Lassen Sie sich von folgenden Vorschlägen

inspirieren und schießen Sie tolle Fotos

von Ihrem geliebten Vierbeiner.

2/2025

www.mein-pferd.de

77


ABENTEUER & REPORTAGE

Das Portrait

Der Klassiker in der Fotografie! Ob vom

Menschen, Hund oder Pferd, bei der Portraitfotografie

gibt es einige grundlegende

Regeln zu beachten: Da das Hauptmotiv

– in diesem Fall das Pferd – auch den

Blick des Betrachters direkt auf sich ziehen

soll, ist häufig ein schönes Bokeh, also ein

verschwommener, unscharfer Hintergrund

gewünscht. Durch ein Bokeh lässt sich

praktischerweise auch ein weniger schöner

Hintergrund, beispielsweise ein Scheunentor,

gut kaschieren. Für ein Bokeh wird eine

sehr offene Blende gewählt. Außerdem ist

es wichtig, dass sich das Tier in einem gewissen

Abstand zum Hintergrund befindet:

Wenn es direkt vor dem eben erwähnten

Scheunentor steht, lässt sich kein gleichmäßiges

Bokeh erzeugen und die Strukturen

des Tores sind unschön erkennbar. Je

größer der Abstand vom Pferd zum Hintergrund,

desto gleichmäßiger wird das Bokeh

– und wird so zum idealen Hintergrund

für ein ausdrucksstarkes Portrait.

„Für ein gelungenes Portraitfoto

sollte der Fotograf leicht diagonal zum

Pferd stehen, und dieses nicht frontal von

vorne fotografieren. Außerdem sollte man

darauf achten, dass ein Teil der Brust

und viel Hals zu sehen ist“, erklärt

Christiane Slawik. Eine sichtbare Brustpartie

lasse das Pferd imposanter

wirken, während eine höhere Kopfund

Halshaltung Energie vermittle.

Selbstverständlich sollte auch der gesamte

Kopf auf dem Bild zu sehen sein – abgeschnittene

Ohren wirken einfach nicht

gut. Wählen Sie daher zunächst lieber

einen etwas größeren Bildausschnitt. Verkleinern

können Sie diesen anschließend

immer noch.

Gewünscht sind bei einem Portrait gespitzte,

nach vorne gerichtete Ohren. Um

die Aufmerksamkeit des Pferdes auf die

Kamera zu richten, gibt es verschiedene

Tricks: Unter anderem Folienknistern und

Pferdegeräusche. Probieren Sie aus, worauf

Ihr Pferd reagiert. Dann heißt es, schnell

sein, da die meisten Dinge nur kurzzeitig

das Interesse des Pferdes auf sich ziehen.

78 www.mein-pferd.de 2/2025


Die Gestaltung

Je besser Sie das Bild bereits vor dem

Fotografieren planen, desto weniger

Arbeit haben Sie später mit der Bildbearbeitung

und desto bessere Ergebnisse

erzielen Sie. Aus diesem Grund ist es

wichtig, sich bereits vor dem Fotografieren

mit der Suche nach der richtigen

Location zu beschäftigen. Manchmal verstecken

sich die schönsten Ecken genau

da, wo man sie am wenigsten erwartet.

„Manchmal versteckt sich ein wunderschöner

Hintergrund direkt neben einem

Misthaufen. Dann ist es die Aufgabe des

Fotografen, sich und das Pferd in die

richtige Position zu bringen, um lediglich

den schönen Hintergrund auf dem Foto

zu haben“, so Christiane Slawik. Laufen

Sie aufmerksam am Stall und in der

Umgebung umher, dann finden Sie garantiert

passende Hintergründe für die

nächsten Bilder: Blumenfelder, saftige

Wiesen oder ein Waldrand sind tolle Hintergründe

– sowohl für Freilaufbilder als

auch tolle Portraitaufnahmen.

Die Tageszeit und somit das Licht

haben einen großen Anteil an der Stimmung

des Bildes: Ein Sonnenuntergang

erzeugt ein warmes, sanftes Licht, wohingegen

ein dämmriger Wintermorgen

mit Nebel eine mystische Atmosphäre

schafft. Generell kann mit dem Licht viel

gespielt und ausprobiert werden: Standardmäßig

möchte der Fotograf immer

die Sonne hinter sich haben, aber auch

mit Gegenlicht lassen sich tolle Bilder

kreieren. Wolken wirken wie ein natürlicher

Lichtdiffusor, der das Licht weicher

erscheinen lässt. Vermeiden sollte man

generell das Licht um die Mittagszeit –

insbesondere an Sommertagen. Durch

die direkte Sonneneinstrahlung entstehen

harte Schatten und die Konturen

verschwinden.

Für das gewisse Extra eines Bildes

eignet sich neben dem Hintergrund und

dem Hauptmotiv eine dritte Ebene: der

Vordergrund. Für diesen setzt man einen

Ast, einen Grashalm oder einen Stein unscharf

in den Vordergrund. Dadurch wird

Tiefe und eine besondere Dreidimensionalität

erreicht. „Indem man beispielsweise

eine Farbe des Hintergrunds durch

eine Blume im Vordergrund nochmal

aufgreift, wirkt das Bild insgesamt harmonischer

und interessanter“, so Christiane

Slawik.

Die Farben

Ein gutes Bild hat viel mit der Farbgestaltung

zu tun: Aufeinander abgestimmte

Farben erzeugen Harmonie.

Aus diesem Grund sollten sich nicht

nur Maler, sondern auch Künstler hinter

der Kamera – also Fotografen – mit

der Farbenlehre und der unterschiedlichen

Wirkung von Farben auskennen.

Christiane Slawik erklärt, worauf

es ankommt: „Durch ihre Fellfarbe

bringen Pferde bereits die wichtigste

Farbe mit. Auf diese sollte der Hintergrund

und die Ausrüstung abgestimmt

werden. Komplementärfarben steigern

beispielsweise den Kontrast – Komplementärfarben

sind Lila und Gelb, Rot

und Grün, Blau und Orange. Relativ

ähnliche Farben, wie beispielsweise Rot

und Orange, haben einen geringeren

Kontrast und wirken daher harmonisch

nebeneinander. Ebenso kann man sich

an der Farbtemperatur orientieren:

Farben wirken am besten, wenn man

sie mit Farben derselben Temperatur

kombiniert. Also kalte Farben wie Blau,

Grün und Cyan oder warme Farbe wie

Rot, Gelb und Orange miteinander. Außerdem

haben Farben eine bestimmte

Wirkung und vermitteln bestimmte

Emotionen, so Christiane Slawik: „Rot

und Orange vermitteln beispielsweise

Dynamik, während Gelb sehr frisch

wirkt, und Blau mit Leistung oder Vertrauen

in Verbindung gebracht wird.“

2/2025

www.mein-pferd.de

79


ABENTEUER & REPORTAGE

Die Ideale Phase

In der Bewegung erreichen Pferde oft hohe Geschwindigkeiten.

Das bedeutet für den Fotografen: Schnell sein. Allerdings

ist das längst nicht alles, da der perfekte Moment

ausschlaggebend ist. Dieser beträgt nur wenige Millisekunden,

daher empfiehlt sich die Serienaufnahme bei Bildern

in Bewegung: Dabei werden viele Bilder schnell hintereinander

gemacht, sodass Sie garantiert die richtige

Phase erwischen.

Beim Springen sieht der Moment über dem Sprung,

also wenn das Pferd in perfekter Bascule über das Hindernis

schwebt, am besten aus. „Beim Springen sehen generell

die Bilder gut aus, bei denen es nach oben geht: Vom

kraftvollen Absprung bis zu dem perfekten Moment über

dem Sprung. Wohingegen die Landung auf nahezu keinem

Foto wirklich gut aussieht“, erklärt Christiane Slawik. Das

klassische Sprungbild wird von vorne, schräg von der Seite

aufgenommen. Ein Tipp aus Christiane Slawiks Trickkiste:

„Damit ein Sprung höher aussieht, wählt man eine möglichst

tiefe Perspektive. Dafür legt man sich außerhalb der

Linienführung des Reiters auf den Boden und wählt einen

Ausschnitt, bei dem die Sprungständer weggelassen werden.

Dann sieht ein Sprung viel höher und imposanter aus,

als er eigentlich war.“

Auch bei der Dressurarbeit ist die richtige Phase entscheidend,

da das Pferd ansonsten schnell vorhandlastig

aussieht. Im Schritt eignet sich am besten der Moment, in

dem lediglich ein Vorderbein – möglichst gestreckt – nach

vorne geht und die anderen Hufe am Boden sind. Im Trab

ist der perfekte Moment entweder die Schwebephase oder

die Phase in der zwei Beine am Boden und zwei in der Luft

sind –wobei das Vorderbein möglichst gestreckt sein sollte.

Im Galopp sieht beispielsweise die Schwebephase sehr

dynamisch und kraftvoll aus. Ärgern Sie sich nicht, wenn

Sie einige Versuche brauchen, um die richtige Phase zu erwischen

– Übung macht den Meister.

80 www.mein-pferd.de 2/2025


Die Perspektive

Grundsätzlich sollte man Pferde etwa auf Brusthöhe fotografieren:

Dadurch wirken die Proportionen stimmig und das Bild

sieht harmonisch aus. Wählt man dagegen eine tiefere Perspektive,

wirkt das Pferd erhaben und kraftvoll. Von oben fotografiert,

wirkt das Pferd hingegen gestaucht und unproportioniert.

Eine Ausnahme sind dabei Fotos aus der Vogelperspektive etwa

mit einer Drohne.

Für ein außergewöhnliches Bild sollten Sie sich auch nicht davor

scheuen, sich mal etwas dreckig zu machen und beispielsweise

auf den Boden zu legen. Für das unten stehende Bild wurde die

Perspektive grundlegend verändert: Die Fotografin Christiane

Slawik fotografierte von schräg unten, aus der Froschperspektive.

Kreative Blickwinkel können zu herausragenden Bildern führen.

Probieren Sie es einfach mal aus: Begeben Sie sich an einem

Sonntagnachmittag auf die Wiese zu den Pferden und testen

Sie unterschiedliche Blickwinkel aus. Dafür brauchen Sie lediglich

ein paar glücklich grasende Pferd.

Illustrationen: Designed by Freepik (1)/ vectorpocket (1)/ Kstudio (1)

Wissen

Learning by Doing

Zum Thema Fotografie gibt eine Vielzahl toller Fachbücher und Tutorials im Internet. Am besten lernt

man Fotografieren jedoch durch die Praxis: Christiane Slawik bietet verschiedene Fotokurse und

-reisen an. Dabei zeichnet sich jede Veranstaltung durch besondere Motive und Pferde aus und vermittelt

außergewöhnliche Lerninhalte. Die aktuellen Termine finden Sie immer auf der Homepage:

www.slawik.com

2/2025

www.mein-pferd.de

81


VORSCHAU MÄRZ 2025

THEMA DES

MONATS

Die Angst

besiegen

Angst kann einem das

Leben schwermachen – im

Sattel, im Umgang mit

dem Pferd oder in der Prüfung.

Die gute Nachricht:

Hypnose kann helfen.

TITELSTORY

Burn-out beim Pferd

Die nächste

Ausgabe erscheint am

11.02.2025

Die Krankheit wird als Mode- und Managerkrankheit oft auf die

leichte Schulter genommen. Doch was ist, wenn sie nicht mehr nur

uns Reiter, sondern auch unsere Pferde betrifft? Wie erkennt man,

ob das Pferd außer Balance gerät?

HALTUNG & GESUNDHEIT

Tief durchatmen

Inhalation hat sich als effektive Therapie

bei chronischen Atemwegserkrankungen

bewährt. Wann ist sie sinnvoll? Wie funktioniert

sie? Und worauf muss man achten?

Wir sprechen mit Experten über neueste

Erkenntnisse.

Aus aktuellem Anlass können angekündigte Themen verschoben werden.

Ausserdem…

▷ Rawdogging

Was verbirgt sich hinter diesem

Trendbegriff, und wieso hat er positive

Effekte auf die Psyche?

▷ Hautscreening

So geht man quälenden Hautproblemen

auf den Grund

▷ Anleitung für

ein unglückliches Pferd

Sie möchten lieber ein glückliches

Pferd? Dann sollten Sie diese Dinge

unbedingt vermeiden

Fotos: slawik.com (3)

82 www.mein-pferd.de 2/2025


Angeln - Reiten - Jagen

https://shop.jahr-media.de/

Entdecken,

30% sparen,

Gutschein sichern.

ANGELSEE

aktuell

FliegenFischen


www.barefoot-saddle.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!