Schönheit - SIFAT Heft 3/2024-Leseprobe
„Schönheit ist das Wesen Gottes“ lehrt uns Hazrat Inayat Khan. Diese Weisheit lässt sich zurückverfolgen bis zu einem Hadith, der von Abdallah ibn Masud (einem der wichtigsten Gefährten des Propheten Mohammed) überliefert wurde und auf den sich mehrere Texte beziehen: „Gott ist schön, und Er liebt die Schönheit“. Der Mensch bringt diese Schönheit zum Ausdruck und wird damit in gewisser Weise ein Gestalter, der diese Schönheit sichtbar macht. Andererseits empfängt er diese Schönheit in ihrer Fülle und Herrlichkeit, je weiter er das Herz öffnet. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ lautet der allbekannte Rat, den der Fuchs in St. Exupérys „Der kleine Prinz“ dem kleinen Prinzen erteilt. Man könnte ergänzen, dass man die Schönheit nur mit dem Herzen erkennen kann. In diesem Sinn wird das Erkennen der Schönheit in einer Reihe der in diesem Heft vorgestellten Texte als Türöffner für Freude, Quelle des Staunens über die Herrlichkeit und wichtiger Gegenpol zu schmerzlichen Erfahrungen gesehen.
„Schönheit ist das Wesen Gottes“ lehrt uns Hazrat Inayat Khan. Diese Weisheit lässt sich zurückverfolgen bis zu einem Hadith, der von Abdallah ibn Masud (einem der wichtigsten Gefährten des Propheten Mohammed) überliefert wurde und auf den sich mehrere Texte beziehen: „Gott ist schön, und Er liebt die Schönheit“. Der Mensch bringt diese Schönheit zum Ausdruck und wird damit in gewisser Weise ein Gestalter, der diese Schönheit sichtbar macht. Andererseits empfängt er diese Schönheit in ihrer Fülle und Herrlichkeit, je weiter er das Herz öffnet. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ lautet der allbekannte Rat, den der Fuchs in St. Exupérys „Der kleine Prinz“ dem kleinen Prinzen erteilt. Man könnte ergänzen, dass man die Schönheit nur mit dem Herzen erkennen kann. In diesem Sinn wird das Erkennen der Schönheit in einer Reihe der in diesem Heft vorgestellten Texte als Türöffner für Freude, Quelle des Staunens über die Herrlichkeit und wichtiger Gegenpol zu schmerzlichen Erfahrungen gesehen.
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Zeitschrift für Universalen Sufismus
52. Jg.
Heft 3
Dezember 2024
Schönheit
Sufismus
ist eine uralte Weisheit und zugleich eine Methode der geistigen Schulung, die
Menschen befähigt, diese Weisheit in ihrem täglichen Leben zu verwirklichen.
Der Universale Sufismus
nach Hazrat Inayat Khan ist nicht auf bestimmte Dogmen, Rituale oder
spirituelle Techniken festgelegt.
Der Universale Sufismus baut eine Brücke über die Unterschiede und Grenzen,
die Menschen und Religionen voneinander trennen. Er ermöglicht auch, die
eigene Religion besser zu verstehen und zu leben, weshalb jeder diesen Weg
gehen kann, unabhängig von der Religionszugehörigkeit.
Hazrat Inayat Khan
wurde am 5. Juli 1882 in der indischen Stadt
Baroda geboren. Seine hoch angesehene Familie
war durchdrungen vom Geist mystischer Religiosität
und von der Liebe zur klassischen indischen
Musik. Inayat Khan war von Kind auf in Kontakt
mit den geistigen Traditionen des Islam wie des
Hinduismus, in einer Atmosphäre freundlicher
Toleranz über alle konfessionellen Grenzen hinweg.
Im Jahre 1910 bekam er von seinem spirituellen
Lehrer, Abu Hashim Madani, der der Sufi-
Tradition der Chishtis angehörte, den Auftrag,
den Sufismus in den Westen zu bringen. Hier
wurde er der Begründer und das geistige Oberhaupt
(Pir-o-Murshid) der Sufi-Bewegung und ihrer esoterischen Schule, des
Sufi-Ordens (heute Inayatiyya), und er schuf den Universellen Gottesdienst.
Längere Zeit lebte er in Suresnes bei Paris, von wo er oft zu Reisen in die
ganze westliche Welt aufbrach. Seine Vorträge füllen die 13 Bände seiner „Sufi-
Botschaft“. Er starb am 5. Februar 1927 in New Delhi.
Hazrat Inayat Khans Lehre und die seiner Nachfolger ist geprägt von einer
umfassenden Toleranz, einer Verehrung und Liebe zu allen Prophetinnen und
Propheten und Heiligen der Menschheit und einem Verständnis gegenüber der
Vielfalt der religiösen Traditionen und Lebenserscheinungen.
Inhaltsverzeichnis
Schönheit
Vorwort der Redaktion 4
Hazrat Inayat Khan: Schönheit ist das Wesen Gottes 5
Hazrat Inayat Khan: Schönheit 7
Musharaff Moulamia Khan: Die Schönheit spirituellen Strebens 10
Noor Inayat Khan: Das Lied des Ozeans 13
Noor Inayat Khan: Schneebällchen 14
Ruth St. Denis: Frieden durch die Schönheit des Tanzes 17
Wali van der Zwan: Aufrichtigkeit und Schönheit 18
Samuel L. Lewis: Schönheit 20
Nawab Pasnak: Zur Schönheit erwachen 23
Geschichte: Durstig nach Schönheit 24
Armaiti Winkler-Reber und Claudia Nüssen:
Lakshmi, Anahita und Aphrodite – drei Göttinen der Schönheit 26
Navajo-Gebet: Hozho naasha: In Schönheit gehen 29
Geschichte aus Chelm: Die Schönheit des Schöpfers bewahren 31
Avraham Radbil: Schöner als G’tt erlaubt. Ist Lifting halachisch zulässig?
Was das Judentum zur Plastischen Chirurgie sagt 32
Augustinus von Hippo: Von der hinreißenden Wirkung der Schönheit Gottes 38
John O’Donohue: Etwas Schönes im Herzen bewahren 39
Christoph Quarch: Beten in Schönheit 41
Ahmad Milad Karimi: Die geistige Erfahrung der Wirklichkeit
als Spirituelle Lebensform im Islam 44
Anselm Grün und Ahmad Milad Karimi: Die Schöpfung ist schön 46
Peter Wehmann: Schönheit – eine Reise zu Gott 48
Claudia Nüssen: Im Glanz der Schönheit 50
Robert Betz: Verpass nicht die Schönheiten auf deinem Weg! 53
Texte aus den Heiligen Schriften der Weltreligionen 52
Blick aus dem Fenster: Kintsugi – Die Lehre der Schönheit 55
Buchbesprechung: Gabriele von Armin: Der Trost der Schönheit 56
Gedenkveranstaltungen und Buch-Vorstellungen
zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan 59
Noor Inayat Khan: Gesamtwerk in 4 Bänden 65
Impressum 66
Hazrat Inayat Khan: Worte zur Schönheit 67
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 3
Vorwort der Redaktion
Liebe Leserinnen und Leser,
„Schönheit ist das Wesen Gottes“ lehrt uns Hazrat Inayat Khan. Diese Weisheit
lässt sich zurückverfolgen bis zu einem Hadith, der von Abdallah ibn Masud
(einem der wichtigsten Gefährten des Propheten Mohammed) überliefert wurde
und auf den sich mehrere Texte beziehen: „Gott ist schön, und Er liebt die
Schönheit“. Der Mensch bringt diese Schönheit zum Ausdruck und wird damit
in gewisser Weise ein Gestalter, der diese Schönheit sichtbar macht. Andererseits
empfängt er diese Schönheit in ihrer Fülle und Herrlichkeit, je weiter er das
Herz öffnet. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ lautet der allbekannte Rat,
den der Fuchs in St. Exupérys „Der kleine Prinz“ dem kleinen Prinzen erteilt.
Man könnte ergänzen, dass man die Schönheit nur mit dem Herzen erkennen
kann. In diesem Sinn wird das Erkennen der Schönheit in einer Reihe der in
diesem Heft vorgestellten Texte als Türöffner für Freude, Quelle des Staunens
über die Herrlichkeit und wichtiger Gegenpol zu schmerzlichen Erfahrungen
gesehen.
Die Motivation, eine Textsammlung zu „Schönheit“ anzubieten, ergab sich
für uns aus dem Blick auf den vermeintlichen Zustand unserer gegenwärtigen
Welt und auf die Herausforderungen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Berichte von Zerstörung, Nachrichten von Unmenschlichkeit in Kriegen,
terroristische Angriffe, aber auch Misstrauen und Egoismus im alltäglichen
Zusammenleben verstellen einerseits den Blick auf das Schöne und fordern uns
andererseits heraus, gerade dafür unser Herz zu öffnen. Pir Vilayat Inayat Khan
hat seine Schüler immer wieder aufgefordert, die Vision einer „schönen Welt
mit schönen Menschen“ hochzuhalten und unsere Herzen dies ausstrahlen zu
lassen.
Wir wünschen daher allen Leserinnen und Lesern, dass die Texte sie an eine
umfassende Wahrheit erinnern, die sie in ihren Herzen tragen, und sie so im
Alltag die nährende Quelle der Schönheit für sich erschließen und integrieren
können.
Viel Inspiration beim Lesen!
Wir wünschen unserer Leserschaft viel Inspiration bei der Lektüre und auch
Ermutigung, dem EINEN weiterhin entgegenzugehen.
Die Redaktion:
Hans-Peter Baum, Claudia Nüssen, Armaiti Winkler-Reber
4 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Hazrat Inayat Khan: Schönheit ist das Wesen Gottes
Hazrat Inayat Khan
Schönheit ist das Wesen Gottes
Schönheit ist das Wesen Gottes. Wir können weder Gott noch die Schönheit
erklären, obwohl wir es immer wieder versuchen. Die Sure im Koran „Gott
ist schön und liebt die Schönheit“ 1 greift dieses Thema auf. Wir können eine
Form, eine Farbe bewundern, die Schönheit in jeder sichtbaren oder unsichtbaren
Form, aber wir können nicht erklären, was genau das Schöne daran ist. Das
besagt, dass alles, was eine schöne Gestalt ausmacht, auf Schönheit hindeutet,
aber in Wahrheit ist die Schönheit der fehlende Teil darin, der sich gleichzeitig
zeigt und nicht zeigt. Wir versuchen vielleicht, in schöner Musik eine bestimmte
Phrase hervorzuheben, in einem schönen Gedicht auf eine besondere Formulierung
oder in einer schönen Persönlichkeit auf ein spezifisches Verhalten hinzuweisen,
doch den zentralen Punkt der Schönheit können wir damit nicht
erfassen. Wenn wir trotz allem erklären wollen, was Schönheit ist, dann ist es
nur möglich zu sagen, dass das Zusammenspiel der Ursache für jegliche Form
und ihrer Wirkung Schönheit hervorbringt.
Etwas kürzer ausgedrückt lässt sich sagen, Schönheit ist Harmonie, sie ist das
Resultat von Harmonie. Wenn eine Linienführung harmonisch ist und Farben
miteinander harmonieren, wenn Worte harmonisch aufeinander abgestimmt
sind, Töne harmonisch zusammenklingen und sich Harmonie in Bewegungen
ausdrückt, dann offenbart sich die Schönheit.
Je enger unser Blickwinkel ist, desto mehr fehlt es an Schönheit. Je weiter
unser Blickwinkel, desto mehr Schönheit entdecken wir. Der Grund dafür
ist, dass Schönheit erst im Gesamtbild aufscheint, das aus vielen verschiedenen
Details zusammengesetzt ist.
Jeder Mensch hat eine andere Vorstellung von Schönheit. Sie ist abhängig
vom Entwicklungsstand einer Person. Für jedes Individuum ist die Welt der
Schönheit etwas ganz Unterschiedliches. Bei einer Person tut sich in einem
bestimmten Objekt ein Universum der Schönheit auf, während eine andere
darin nichts als Dunkelheit sieht. Deshalb ist es absurd, wenn zwei streitbare
Menschen über die Schönheit diskutieren. Es ist ebenso absurd, wie es Diskussionen
über unterschiedliche Gottesvorstellungen sind. Schönheit ist ein Bereich,
in den wir nur vordringen können, wenn wir auf eine bestimmte Entwicklungshöhe
hinaufwachsen. Schönheit wird von Heiligen mit ihren feinen Sin-
1 Hadith Sahih Muslim
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 5
Hazrat Inayat Khan: Schönheit ist das Wesen Gottes
nen wahrgenommen. Je mehr unser Sinn, mit dem wir differenziert Schönheit
erfassen können, entwickelt ist, umso tiefer wird unsere Freude an der Schönheit.
Sobald wir die Tore des Schönheitssinnes öffnen, bewegen wir uns auf die
Schönheit zu; verschließen wir die Tore, entfernen wir uns von ihr.
Die äußeren fünf Sinne – Sehen, Riechen, Hören, Berühren, Schmecken
– sind lediglich die Instrumente des inneren Sinnes, der Schönheit empfinden
und die verschiedenen Welten der Schönheit erfahren kann. Ist dieser Sinn
daran gewöhnt, Schönheit mit den Augen wahrzunehmen, erfahren wir die
sichtbare Welt der Schönheit, indem wir die Schönheit der Form, Linien und
Farben bewundern. Ist unser Schönheitssinn vor allem auf das Hören ausgerichtet,
genießen wir die Harmonie von Ton und Rhythmus. Konzentriert sich
dieser Sinn hauptsächlich auf den Kopf, schätzen wir die intellektuelle Schönheit.
Und wenn dieser Sinn unser Herz als sein wichtigstes Instrument benutzt,
haben wir Freude an Empfindungen und der Schönheit von Gefühlen. Der
große indische Dichter Amir 2 sagt: „Oh suchende Seele, könntest du nur erkennen,
dass der oder die Geliebte sich in so vielen verschiedenen Formen von
Schönheit manifestiert, würdest du Ihn oder Sie sehen, wohin auch immer du
deine Augen richtest.“
Warum suchen wir die Schönheit? Weil die Quelle unseres Seins das Zentrum
der Schönheit ist. Alles Leid im Leben stammt aus der mangelhaften
Wahrnehmung der Schönheit, und alles, was uns glücklich macht, ist Schönheit
in ihren mannigfaltigen Formen. Jede Seele sehnt sich nach Schönheit, wenn
auch die Suche bei jedem Menschen in eine ganz eigene Richtung führt, weil
es unterschiedliche Welten von Schönheit gibt. Je mehr wir auf Schönheit achten,
desto stärker strahlen wir Schönheit aus. Eine Seele wird schön durch die
Kontemplation von Schönheit – ebenso wie ein Insekt im Frühling eine grüne
Farbe annimmt, wenn die Bäume grün werden. Schönheit ist der Schlüssel zum
Glück. Wer die Schönheit sucht, öffnet ohne Zweifel die Tür zur Schönheit
im Herzen. Wer ständig die Schönheit im Sinn hat, erreicht eines Tages einen
Zustand, in dem die ganze Manifestation zu einer einzigen Schau der göttlichen
Schönheit wird.
aus: Hazrat Inayat Khan, Die Kunst der Persönlichkeit, Centennial Edition Bd. 3,
Verlag Heilbronn, 2020, S.171ff
2 Amir Khusrau (1253-1325), persisch-sprachiger Dichter und Musikwissenschaftler
aus Indien
6 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Hazrat Inayat Khan: Schönheit
Hazrat Inayat Khan
Schönheit
D
ie Schönheit, die von Wissenden geschätzt und von Liebenden bewundert
wird, wird von Mystikern verehrt. Der Versuch, in Worte zu fassen, was
Schönheit ist, wäre zwecklos, doch wenn etwas sie erklären kann, dann ist es das
andere Wort für Schönheit, nämlich Harmonie. Die harmonische Kombination
von Farben, die harmonische Gruppierung von Linien und die harmonische
Verschmelzung von Objekten in der Natur legen uns die Idee der Schönheit
nahe. Um schön zu sein, muss ein Objekt harmonisch sein, denn in der Tat ist
Harmonie Schönheit. Wenn es etwas in der Welt gibt, das die Menschen ihre
Selbstbezogenheit verlieren lässt, wenn es etwas gibt, das sie demütig macht und
sie dazu bringt, sich bereitwillig zu ergeben, dann ist es Schönheit. Schönheit
ist etwas, das ohne Schwert erobert, das ohne Hände hält, das zarter ist als
die Blütenblätter einer Blume und stärker als alles auf der Welt. Der Prophet
Mohammed hat gesagt: „Gott ist Schönheit, und Er liebt das Schöne“.
Schönheit kann in drei Aspekte unterteilt werden. Der erste ist die Schönheit
der Objektwelt, der Gegenstände. Dieser Aspekt der Schönheit ist in der
Natur zu sehen. Was den Menschen unbewusst an der Schönheit der Natur
anzieht, ist die Harmonie, die sie zum Ausdruck bringt. Das Meer, die Berge,
die Flüsse und der blaue Himmel, die aufgehende und die untergehende Sonne,
die Mondsichel und der Vollmond, sie alle scheinen miteinander zu verschmelzen,
sodass eine göttliche Vision entsteht, die zu den Menschen zu sprechen
beginnt. Deshalb ist die Schönheit der Natur so erbaulich. Für die Mystiker, die
Propheten und die Weisen war dies ein Mittel, um zu dem Punkt aufzusteigen,
an dem sie Gott spüren konnten. Dann war es keine Frage mehr, ob sie an Gott
glaubten, denn sie spürten Gott in der Schönheit der Natur.
Es gibt noch eine andere gegenständliche Schönheit: die Kunst, die Schöpfung
von Menschen. Diese Schönheit spricht die Menschen an, weil sie etwas
anfertigt und nachahmt, was die Seele bewundert. Oft werden Details, die wir
in der Natur nicht deutlich sehen können, in der Kunst wahrnehmbar gemacht.
So ist die Kunst manchmal die Vollendung der Schönheit, die in der Natur
zum Ausdruck kommt. Ein von einem Künstler gezeichnetes Bild kann deshalb
schöner sein, weil der Künstler das vollendet hat, was die Natur unvollendet
gelassen hatte. Aber wer wirkt im Künstler? Der Schöpfer selbst; was der Schöpfer
unvollendet gelassen hatte, hat er durch den Künstler vollendet. Deshalb
sind Kunstwerke auch erbaulich. Es ist höchst inspirierend, wenn man dem
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 7
Hazrat Inayat Khan: Schönheit
Gesang der Vögel lauscht, doch ein von einem Menschen gesungenes oder komponiertes
Lied kann noch erhebender sein, denn der Mensch hat diese Schönheit
vollendet, es war seine Aufgabe, sie zu vollenden. Zu diesem Zweck wurde
die Welt geschaffen, damit der Mensch auf seine Weise das vollendet, was in der
Natur noch nicht vollendet war, um die Schönheit zu vervollständigen.
Der zweite Aspekt der Schönheit ist die Schönheit der Person, die Schönheit
des lebendigen Wesens, sei es in der Form und Eigenschaft, im Denken und
in der Vorstellungskraft, in der Leistung und in der Qualifikation oder in der
Tugend und in höheren Eigenschaften. Was ist Güte? Schönheit. Was ist richtig
und was falsch? Was schön ist, ist richtig, und was keine Schönheit hat, ist
falsch. Gibt es also nicht das, was die religiösen Menschen Sünde und Tugend
nennen? Was schön ist, ist Tugend, und was nicht schön ist, ist Sünde. Sind
das nicht zwei entgegengesetzte Pole? Sie sind es, wenn man sie als Gegenpole
ansieht. Wenn wir auf die beiden Enden einer Linie schauen, sehen wir, dass
es zwei Enden sind, aber wenn wir auf die Mitte der Linie schauen, sehen wir,
dass es eine Linie ist. Diese entgegengesetzten Pole erscheinen uns nur dann
als zwei, wenn wir auf die beiden Enden schauen. Wenn der Teppich auf dem
Boden nicht so liegt, wie er liegen sollte, dann sagen wir, dass er falsch liegt,
aber es gibt keine Regel, wie er liegen soll, es ist nur ein Gefühl, das wir haben,
um Schönheit zu erkennen. Dieser Sinn wird gestört, wenn wir sehen, dass der
Teppich nicht geradegelegt ist, und somit ist das, was falsch ist, der Mangel an
Schönheit.
Der dritte Aspekt der Schönheit ist die Schönheit Gottes, das heißt die
Schönheit in ihrer Vollkommenheit. Um diese Schönheit zu sehen, muss man
Spiritualität entwickeln, damit sich diese Schönheit vor unseren Augen manifestieren
kann. Alles, was uns gut und schön erscheint, können wir uns in Vollkommenheit
vorstellen, soweit die eigene Vorstellungskraft reicht, und es die
Schönheit Gottes nennen. Denn Schönheit ist für uns nur in ihrer Begrenztheit
sichtbar und nur in Gott sehen wir die Schönheit in ihrer Vollkommenheit. Es
gibt keinen Gegenstand, von dem wir sagen können, dass er vollkommen schön
ist, und es gibt auch niemanden außer unserem Ideal, dem wir alle Schönheit
zuschreiben können. Wir können etwas so schön wie möglich machen, aber in
Wirklichkeit gehört alle Schönheit dem Einen und Einzigen, und das ist Gott.
Es gibt zwei Wege, Schönheit zu entdecken. Der eine Weg ist, sie in der
Verteilung aller Dinge und Wesen zu finden. Was dem einen Menschen fehlt,
hat ein anderer, was dem einen Baum fehlt, hat der andere Baum, was dem
Fluss fehlt, hat das Meer, was der Wüste fehlt, findet sich im Wald, was der Erde
fehlt, findet sich im Himmel. Wenn wir also die Schönheit als Ganzes betrach-
8 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Hazrat Inayat Khan: Schönheit
ten, bekommen wir einen Eindruck davon, was sie ist. Schönheit ist niemals
abwesend, aber wenn wir einen Teil von ihr nehmen und nur diesen betrachten,
werden wir mit Sicherheit einen Mangel an Schönheit feststellen. Diejenigen,
die die Schönheit in Teilen, in Abschnitten sehen, fangen an Kritik zu üben. Sie
sind auf der Suche nach Schönheit, aber sie finden sie nicht, sie finden ein wenig
davon in einer Person und einen Mangel daran in einer anderen. Selbst wenn
sie bei einer Person ein wenig Schönheit finden, finden sie immer noch etwas,
das ihr fehlt. Wenn wir dies mit der Vollkommenheit der Schönheit vergleichen,
dann ist für uns der Mangel an Schönheit viel offenbarer als die Schönheit
selbst. Deshalb fängt der Mensch normalerweise an, Kritik zu üben, und diese
Neigung macht ihn blind für sich selbst.
Die andere Art, göttliche Schönheit zu sehen, besteht darin, die Augen für
einen Moment vor der verdichteten Seite der Schönheit zu schließen, um die
innere Schönheit zu sehen. Wer sich zum Beispiel über die Schönheit der Form
erhebt, beginnt die Schönheit des Gedankens zu sehen, wer sich über die Schönheit
des Gedankens erhebt, beginnt die Schönheit des Gefühls, der Empfindung
zu spüren, die noch größer ist; und wer sich sogar über die Empfindung erhebt
und die spirituelle Seite der Schönheit sieht, sieht eine Schönheit, die noch
größer ist. Die Erkenntnis der inneren Schönheit ist ohne Ende. Die innere
Schönheit ist viel größer als die äußere Schönheit, aber sie führt nicht dazu, dass
sich der Mensch von der äußeren Schönheit abwendet. Sie bringt ihn nur dazu,
sie mehr zu schätzen, als andere es tun.
Einmal wurde ein asketischer Denker zu einer Varieté-Show in New York
mitgenommen, wo es alle Arten von Tänzen und Darbietungen und verschiedene
Vergnügungen gab, und derjenige, der ihn dorthin brachte, war begierig,
seine Meinung darüber zu erfahren, und sagte zu ihm: „Das muss Sie, einen
kontemplativen Menschen, doch abstoßen, hierher zu kommen und diesen
Unsinn auf der Bühne zu sehen.“ Er antwortete: „Nein, gar nicht. Warum soll es
abstoßend sein? Ist es nicht mein Krishna, der dort spielt?“ Jene, die mit innerer
Schönheit in Berührung gekommen sind, sind fähig, Schönheit in allen Formen
zu schätzen. Sie schätzen sie nicht nur, sie bewundern und verehren sie. Wenn
etwas oder jemandem Verehrung entgegengebracht wird, dann Gott, der in der
Form der Schönheit verborgen ist.
Die Gedichte der Sufis in Persien und anderswo, wie Hafis und Jami, Rumi
und Fariduddin Attar, sind nicht nur philosophische Aussagen, sondern sie sind
von Anfang bis Ende in Bewunderung der Schönheit geschrieben. Wer in jeden
ihrer Verse tief eintauchen würde, würde feststellen, dass jeder einzelne hundert
Bücher voller Philosophie enthält. Und warum? Weil ihre Seelen beim Anblick
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 9
Musharaff Moulamia Khan: Die Schönheit spirituellen Strebens
der Schönheit zum Tanzen angeregt wurden. Was sie in ihren Worten ausgedrückt
haben, ist lebendig, brennend, voller Schönheit. Es durchdringt jene, die
es fühlen und bewundern können. Ihre Poesie ist ihr Gebet. Es mag so scheinen,
dass sie für die Schönheit singen; aber für wen singen sie wirklich? Ihr Lied ist
für Gott.
aus: Hazrat Inayat Khan: Philosophy, Psychology, Mysticism,
in The Sufi Message Bd. XI, S. 192-195
Übersetzung: H.-P. Baum
Hazrat Inayat Khan (1882-1927) kam auf seinen Reisen
zur Verbreitung der Botschaft von „Liebe, Harmonie und
Schönheit“ mehrmals nach Kalifornien.
Musharaff Moulamia Khan
Die Schönheit spirituellen Strebens
W
o gibt es Schönheit ohne Geheimnis? Die Hindu-Religion verhüllt ihre
Anbetung und Hingabe in Gedichten und Liedern, die alle Aspekte des
Lebens loben. Es gibt Frühlings- und Schlaflieder, Hymnen, die die Menschen
lieben, und die die gleiche zarte menschliche Note anklingen lassen wie viele
alte christliche Schlaflieder für das Jesuskind. Sie bringen eine feine und lyrische
Süße, sanft und spielerisch, glücklich und exquisit in ihren Tanzrhythmen; sie
sind völlig frei vom Moralisieren.
Erwache, mein Kind, erwache, mein Liebling,
es ist Tag, der Frühling ist da.
Erwache Krishna, erwache mein Herr!
Der ganze Wald ist voller Erwartung,
die ersten Zeichen der Sonne zu sehen.
Die Vögel sind bereit,
Schmetterlinge warten im Schatten von Blüten und Blättern,
die neuen Knospen sprießen hervor,
und die Kamal-Blume öffnet ihre Augen.
10 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Musharaff Moulamia Khan: Die Schönheit spirituellen Strebens
Erwache, mein Herr.
Es gibt so viel zu sehen für dich.
Auf diese Weise singt der gläubige Hindu sein Morgengebet, um in seinem Herzen
die göttliche Dankbarkeit zu erwecken. Er ruft sich selber auf, teilzuhaben
an all der Schönheit um ihn herum, sodass die göttliche Liebe sich in seinem
Inneren bewege.
Surdas singt in seinem Lied der Morgendämmerung, einer Morgen-Raga,
zu seiner Seele und betet darum, dass er den kommenden Tag in Reinheit und
Schönheit leben möge:
Der Tag bricht an, die Morgendämmerung ist hier!
Hör hin, die Schöne hat sich erhoben!
Sundra, die Schöne, geht mit ihrem Krug zum Brunnen.
Hör hin meine, Seele, wie ihre Fußkettchen leise klingen.
Ihr Klang ist wie das Nahen des Frühlings,
wie sanft rufen sie die schlafende Welt zum Erwachen!
Ihr zarter Rhythmus verändert die Luft, die ich atme,
sie beginnt neu zu pochen, mit reiner Hoffnung.
Erhebe Dich, meine Seele, der Tag ist da.
Der Charme im Gang des Mädchens trägt den Charme des Frühlings, und im
süßen Klang der feinen Glöckchen an ihrem Fußgelenk widerhallt die Erwartung
des Frühlings. Sundra ist ein Sanskritwort und bedeutet „Schöne“. Surdas
ruft in seiner Seele jenes reine innere Wesen an, das die Quelle aller Schönheit
im Leben ist. Es möge sich mit der Morgenfrische des Frühlings erheben und
sich in der ganzen Schönheit einer reinen Jungfrau zeigen.
Die Seele ist immer jung, die Seele ist immer rein. Die Schönheit des spirituellen
Strebens ist weit und unbegrenzt, und auf jedem Schritt zur Verwirklichung
hin bekommen tägliche Begebenheiten eine tiefere Bedeutung. Die
einfachsten Worte werden bedeutungs-voll und wir erkennen Wunder im Überfluss.
Ganz am Anfang, als ich in meinem ‚Royal Reader’ (der königliche Leser),
meinem ersten Englischbuch, als Junge Englisch lernte, nahmen diese ersten
Worte meine Aufmerksamkeit so gefangen, dass ich sie nie mehr vergessen habe.
The bird has a nest
A nest in the tree
A little red bird,
As safe as can be.
Der Vogel hat ein Nest
Ein Nest im Baum
Ein kleiner roter Vogel,
geborgen wie er nur sein kann.
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 11
Musharaff Moulamia Khan: Die Schönheit spirituellen Strebens
Als ich Englisch zu lernen begann, erinnere ich mich, dass ich mir diese Worte
immer und immer wieder vorsprach. Nun, nach so vielen Jahren, erkenne ich,
dass ich sie noch mit der gleichen Befriedigung wiederhole, wie ich sie als Kind
empfand. Die gleichen Sätze haben vielleicht ganz unterschiedliche Bedeutungen
im Verlaufe unseres Lebens, wie sie auch für verschiedene Menschen einen
anderen Wert haben mögen, kindisch für die einen, und voller Bedeutung für
einen anderen. Was dem einen wie ein Kindermärchen vorkommt, ist vielleicht
für einen anderen eine Parabel für das Leben. Dies macht die Kunst unbegrenzt,
weil jeder Mensch frei ist, das Leben und seinen Ausdruck so aufzunehmen, wie
er will.
Um zum kleinen Vers des ‚Royal Reader‘ zurückzukommen: Nach einigen
Jahren der Erfahrung finden wir vielleicht das Zentrum unseres Wesens als
einen ruhigen Ort, einen Punkt der Stille und des heilenden Friedens, worin
wir ruhen können, wie an einem Ort, der weit entfernt liegt von der Unruhe
dieser geschäftigen Welt. Für mich erscheint dieser zentrale Punkt der Ruhe und
Sicherheit wie ein Nest, ein Nest in einem Baum. Der Baum ist mein Streben,
das in die Höhe wächst. Und der Vogel, der rote Vogel, ist der Augenblick, der
Lichtstrahl des Erkennens, der wahrnimmt und die Wahrheit meines geistigen
Wesens erkennt.
Diese innere Sicherheit, diese Ruhe, wie können wir sie genau beschreiben?
Einigen, wie Surdas, erschien es, dass in unserem Gemüt ein heiliges Wesen
wohnt, die reine Quelle aller Schönheit, die Jungfrau von vollständiger und
vollkommener Güte. Andere haben davon als Brunnen frischen Wassers gesprochen,
der immer neu sprudelt. Wieder andere haben es einen Berg genannt,
einen Gipfel, von dem aus das Gemüt das Leben betrachten kann, das um und
in uns ist. Dieser innere Ort der Ruhe wird auch ein verschlossener Garten
oder ein geheimer Tempel genannt. Für mich ist er ein Nest, ein Nest in einem
Baum. Der Vogel kennt sein Nest, er fühlt sich so geborgen, wie er es nur sein
kann.
aus: Musharaff Moulamia Khan: Der Zauber Indiens – Aus dem Leben eines Sufi.
Übersetzung: Karima Sen Gupta
mit historischen Ergänzungen von
Mashaikh Mahmood Khan.
Verlag Heilbronn, 2014, S. 171-173
Musharaff Moulamia Khan wurde am 6. September 1895
in Baroda (Indien) geboren und starb am 30. November
1967 in Den Haag. Er war der jüngste Bruder von Inayat
Khan.
12 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Noor Inayat Khan: Das Lied des Ozeans
Noor Inayat Khan
Das Lied des Ozeans
Wer hat meine ewige Traumstimme gehört?
Wer hat mein Lied verstanden?
Und seht! Ich mache, dass mein ganzes Sein jubelt!
Singend in Ewigkeit.
Aus reinstem, feinstem Smaragd bin ich,
Mit Rändern von funkelndem Silber,
Abglanz vom schweigenden Himmel,
Fließend und strömend für immer.
Der Morgen besprüht mich mit goldenen Tautropfen,
Glitzernd in der Freude des Morgens,
Wie Topase in meiner riesigen Schatzkammer
Bei der Morgensinfonie.
Mittags erhebt glänzendes Lächeln mein Sein
Und macht mich zum goldenen Schimmer.
Möwen werden in Ekstase versetzt beim Anblick
Dieses weiten, herrlichen Strömens.
Die faszinierenden Feuer des Abends
Entflammen mein Herz wie Feen.
Meine Seele erhebt sich und mit erblühender Schönheit
Fällt sie in unzählige Rubine hinein.
Wenn die sanften blauen Schleier der Nacht herabsinken,
werde ich verzaubert.
In meinen unermesslichen Schoß fallen Sterne vom Himmel
Und Glitzern mit bezauberndem Duft.
In meiner friedvollen Tiefe sind Schätze zu finden
In seliger Heiterkeit.
Edelsteine, glänzende Perlen und benetzte Juwelen
An geheimnisvollem Ort.
Wenn ich aus der Ferne den Weckruf vernehme,
Mit überwältigender Leidenschaft,
Erzittern noch stärker Kraft und Wildheit
durch meine Seele.
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 13
Noor Inayat Khan: Schneebällchen
Wenn ein linder Wind mich in den Schlaf lullt,
Ach! So sanft fließe ich dahin,
Singend und träumend in tiefem Schlummer,
Und lieblich ertönt meine Flöte.
Die Felsen sind herzlos und blind gegenüber meinem Ziel,
Wenn ich sage, wonach ich verlange,
Senden sie, um in meiner Seelentiefe zu erbeben,
Mein tiefes und reizvolles Lied.
Meine Schönheit, meine Pracht, mein Leuchten
Schimmern allezeit geheimnisvoll.
Göttlich ist mein erhebender Duft
Und mystisch ist mein Traum.
Wer hat meine ewige Traumstimme gehört?
Wer hat mein Lied verstanden?
Und seht! Ich mache, dass mein ganzes Sein jubelt!
Singend in Ewigkeit.
aus: Noor Inayat Khan, „Song of the Ocean“, typescript, private Collection
Noor Inayat Khan
Schneebällchen
KRICK-Krack krächzten die Äste, als der eisige Wind durch sie blies. Brr...
was war das kalt! Doch der Abend leuchtete golden, denn es war Heiligabend.
Vater und Mutter gingen langsam durch den Schnee, die Köpfe gesenkt.
Wie viele kleine Lichter leuchteten in den Fenstern des Dorfes und spiegelten
sich funkelnd in allen Butzenscheiben. Auf den Tannenzweigen waren lauter
Kerzen und Fäden aus Gold und Silber zu sehen. Das ganze Dorf bestand nur
noch aus Tannen, aus Hühnern und aus kleinen Kindern.
Vater und Mutter aber wanderten traurig durch den Schnee und ließen die
Köpfe hängen.
Morgen schon war Weihnachten!
„Der Kreisel ist für mich! Und für mich die Puppe!“, riefen kleine Stimmen
in den Holzhütten.
Aber Vater und Mutter sahen einander nicht an, denn sie fürchteten, zu
weinen.
14 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Noor Inayat Khan: Schneebällchen
Es wäre ja sinnlos gewesen, in ihrer Hütte
eine Tanne nur für sie beide zu schmücken,
weder der liebe Gott noch der Weihnachtsmann
hatten ihnen jemals Kinder gebracht.
Alle Mütter und alle Väter im Dorf hatten
kleine Kinder. Warum nicht auch sie?
Wenigstens ein einziges, ein kleines, rundliches,
das mal weinte und mal lachte; eines,
das Süßigkeiten liebte und Weihnachtsbäume?
Darüber dachten Vater und Mutter nach,
während sie langsam durch den Schnee stapften.
„Lass uns nicht Trübsal blasen“, unterbrach
Vater das Schweigen, „wir können uns
ja zur Feier der Weihnacht selbst einen kleinen
Gefährten schaffen, ganz weiß und rund.
Hier, nimm ein wenig Schnee ...“. Und wie die kleinen Jungen und Mädchen
auf der Straße spielen, so formten sie fröhlich ein Schneekind.
„Er soll große schwarze Augen haben wie sein Vater“, sagte Mutter, „und wird
es ein kleines Mädchen, dann soll es so wunderschöne blaue Augen bekommen
wie die Tochter unserer Nachbarin.“
Während sie noch sprachen, blickten Vater und Mutter voller Staunen auf
das Schneekind.
Oh, was für ein Wunder! Das Schneekind lächelte zu ihnen auf, und plötzlich
bedeckten blonde Löckchen seinen Kopf. Es war ein bezauberndes kleines
Mädchen mit schönen blauen Augen, so wie die von Mutter!
Sie wagten nicht, es zu berühren. Die Kleine war zu zart, zu weich, ganz wie
die winzigen neugeborenen Babys, die der liebe Gott bringt.
Sogleich machten sich Vater und Mutter wieder Gedanken.
War dies die Tochter der Schneefee? Oder gehörte die Kleine wirklich zu
ihnen? Schliefen sie etwa, und alles war nur ein Traum? Was sollten sie tun? Bei
wem sich bedanken? Warum ein so hübsches kleines Mädchen? Hatten sie das
denn verdient? Und durften sie die Kleine wirklich mit nach Hause nehmen, in
ihr armseliges Holzhäuschen.
„Nein, sie ist zu gut und zu fein für uns!“, rief Mutter, die Augen voller
Tränen.
Doch das Schneekind streckte seine Ärmchen aus und weinte, so wie alle
Kinder weinen, wenn sie neu auf die Welt kommen. Mutter schloss die Kleine
Illustration aus dem Gesamtwerk
von Natsuyo Koizumi
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 15
Noor Inayat Khan: Schneebällchen
zärtlich in die Arme und lächelte sie so glücklich an, dass die blauen Augen des
Schneekindes leuchteten wie die Kerzen auf den Zweigen der Tannen.
Sie eilten nach Hause und hielten das Mädchen glücklich in ihren Armen.
„Wie soll sie denn heißen“, fragte Vater, als sie zuhause neben dem Feuer
saßen und sich aufwärmten.
„Schneebällchen“, antwortete Mutter.
„Schnee!“, schrie Vater entsetzt auf. „Unsere kleine Tochter ist ganz aus
Schnee! Sie wird hier in dieser Wärme schmelzen!“
Doch Schneebällchen schmolz nicht. Der warme Schein des Feuers hatte ihr
Herz erwärmt und Blut floss nun durch ihre Adern. Schneebällchen war nicht
mehr aus Schnee, sondern hatte sich in ein Wesen aus Fleisch und Blut verwandelt,
es war wie alle anderen kleinen Kinder.
Vater und Mutter schmückten eine wunderschöne Tanne mit tausend Lichtern,
die sich in ihren Augen und in den schönen blauen Augen von Schneebällchen
widerspiegelten. Der Weihnachtsmann kam und brachte dem kleinen
Mädchen Geschenke und sie lebten alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
aus: Noor Inayat Khan, Gesamtwerk in 4 Bänden
in „König Akbar und seine Tochter“, Verlag Heilbronn, 2024, S. 25-27
Noor Inayat Khan wurde am 1. Januar 1914 als ältestes
Kind Hazrat Inayat Khans in Moskau geboren.
Vermutlich am 13. September 1944 wurde sie im KZ
Dachau qualvoll umgebracht. Als Noor 13 war, starb
ihr Vater und Noor kümmerte sich um ihre jüngeren
Geschwister. Sie studierte an der Sorbonne Kinderpsychologie
sowie Musik am Pariser Konservatorium.
Darüber hinaus arbeitete sie als Schriftstellerin und
veröffentlichte Gedichte und Kindergeschichten,
darunter das Buch „Twenty Jataka Tales“.
Während des Zweiten Weltkriegs engagierte sie sich
als Agentin der britischen nachrichtendienstlichen
Spezialeinheit Special Operations Executive (SOE).
Für ihren mutigen Einsatz, den sie mit dem Leben
bezahlte, wurde sie posthum in Großbritannien mit dem Georgskreuz sowie in
Frankreich mit dem Croix de Guerre geehrt 80 Jahre nach ihrem Tod erschien im
September 2024 die Übersetzung ihres literarischen Gesamtwerks, davon weite Teile
erstmals in deutscher Sprache.
Siehe auch Seite 59 (Gedenkveranstaltungen) und Seite 65 (Gesamtwerk in 4 Bänden)
Weitere Fotos, Informationen und Videoaufzeichnung finden Sie unter:
www.verlag-heilbronn.de und www.inayatiyya.de
16 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
ker, den vom Krieg bedrohten Menschen zu helfen, ihrem
Leben für Momente Leichtigkeit zu geben, dem Schrecken
Schönes entgegenzusetzen.“ (S.117ff)
„Die Schönheit der Welt ist ein Ruf im konkretesten
Sinn des Wortes, und der Mensch, das Sprachwesen,
antwortet darauf mit ganzer Seele.
Es ist, als ob das Universum, wenn es sich denkt,
auf den Menschen wartet, um ausgedrückt zu werden.“
Francois Cheng (geb.1929, Poet und Kalligraph)“ (S. 66)
Gabriele von Arnim, Der Trost der Schönheit – Eine Suche,
Rowohlt Verlag, 222 Seiten, 5. Auflage 2024
Gabriele von Armin wurde 1946 in Hamburg geboren. Sie
hat studiert, promoviert und zehn Jahre als freie Journalistin
in New York gelebt. Danach schrieb sie u. a. für DIE
ZEIT und SÜDDEUTSCHE, BR und WDR und arbeitete
als Moderatorin für ARTE, SDR/SWR und SF. Sie schreibt
Rezensionen für Zeitungen und Hörfunk, moderiert
Lesungen, hat mehrere Bücher veröffentlicht und lebt in
Berlin.
Angelika Eisenmann, Karla Montasser, Regina Armaiti Winkler-Reber
Gedenkveranstaltungen und Buch-Vorstellungen
zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
in Dachau, München und Berlin im September 2024
Viele engagierte Menschen in Deutschland
haben diese Veranstaltungen ermöglicht
und sie gestaltet – getragen von dem großen
Wunsch, Noor Inayat Khan sowie jener drei
weiteren Agentinnen der SOE (Special Operations
Executive) zu gedenken, die ihr Leben
für ihr Ideal von Frieden, Menschenwürde und
Freiheit mutig eingesetzt haben und die auf
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 59
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
grausame Weise von den Nationalsozialisten in Dachau umgebracht wurden.
„Vor allem aber verkörperte sie Schönheit in der Selbstlosigkeit, die sie ausstrahlte“
schreibt Pir Zia über Noor in der anlässlich ihres 80. Todestages im
Verlag Heilbronn erschienenen, wunderbaren Übersetzung der Gesamtausgabe
ihres literarischen Schaffens. Um sie angemessen zu ehren, rankte sich um ihren
80. Todestag ein vielseitiges deutschlandweites Veranstaltungsprogramm: Ein
Universeller Gottesdienst in der Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-
Gedenkstätte Dachau, eine Gedenkveranstaltung für die vier in Dachau ermordeten
SOE-Agentinnen, Lesungen aus Noor Inayat Khans Werk in München
und Berlin sowie eine Vernissage der Künstlerin Natsuyo Koizumi mit in Berlin
mit wunderschön gestalteten Illustrationen zur deutschen Gesamtausgabe.
Der Universelle Gottesdienst in der Versöhnungskirche – einem sakralen
Ort mitten im Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers war eine würdige,
sehr besondere und tief berührende Einstimmung zu Beginn der Veranstaltungen.
Der dortige Pfarrer
– Kirchenrat Dr. Björn
Mensing – machte in seiner
warmen und von Freundschaft
geprägten Ansprache
deutlich, wie sehr er sich der
Erinnerungsarbeit der Inayatiyya
verbunden fühlt, wie
sehr er diese Arbeit schätzt
und nach Kräften unterstützt.
Ophiel van Leer, Joseph Achatz und die Gruppe Tümata öffneten mit
ihren musikalischen Beiträgen die Herzen der Anwesenden und bereiteten
damit den Boden vor, um Pir Zias Worte in der Tiefe aufnehmen zu können.
Der gesamte Gottesdienst war so eine gelungene Verwirklichung von Ehrfurcht,
Schönheit und Dankbarkeit, nicht zuletzt auch durch den wunderschönen Blumenschmuck.
Da Noor Inayat Khan Blumen ganz besonders liebte, hätte ihr
das bestimmt gefallen.
Und um die Würdigung mit Blumen ging es auch im Anschluss an den
Gottesdienst. Größer konnte der Gegensatz nicht sein. Noor Inayat Khans
Gedenktafel sowie die der weiteren drei SOE-Agentinnen befindet sich im ehemaligen
Krematorium, gleich neben dem Verbrennungsofen – einem schrecklichen
Symbol für all die Grausamkeit, die ihr und anderen widerfuhr. Als Pir
Zia in konzentrierter Stille im Gedenken an Noor Inayat Khans unvorstellbares
60 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
Leiden und in Ehrfurcht vor ihrem Mut,
dem Ideal der Freiheit bis zum Schluss
treu geblieben zu sein, einen großen Blumenkranz
vor der Gedenktafel aufstellte,
hatte ich das Gefühl, dass die Anwesenden
kaum zu atmen wagten.
Erwähnt werden soll noch, dass die
Ausstellung „Frauen im Widerstand
gegen den Nationalsozialismus“ des evangelischen
Sonntagsblatts ebenso dazu beitrug,
an die Gräuel zu erinnern und den Mut von 14 Frauen zu würdigen.
Die Veranstaltungen wurden dann am Abend im Mathildensaal in München
mit einer Buch-Präsentation und Lesung aus Noor Inayat Khans Werk
fortgeführt. Damit stand nicht mehr ihr grausamer Tod im Mittelpunkt, sondern
das, was sie in ihrem kurzem Leben zum Erblühen brachte: eine wunderbar
poetische und feinsinnige Literatur. Es ist ein großer Verdienst des Verlags
Heilbronn, dass das Gesamtwerk Noor Inayat Khans uns in einer so prächtigen
Ausgabe vorliegt. Zum 80. Todestag veröffentlichte der Verlag Heilbronn die
vierbändige Werksausgabe in der Übersetzung von Karla Reimert Montasser
(Lektorat: Fatiha Kerstin Streuff) mit Illustrationen der japanisch-deutschen
Künstlerin Natsuyo Koizumi.
Im Mittelpunkt des Abends stand der lebendige Vortrag zweier Jataka-
Erzählungen – gelesen von der Großnichte Noor Inayat Khans, Tara Dundas-
Harper und deren Vater David Harper.
Von all den Ansprachen und Reden, die anlässlich dieser Lesung gehalten wurden,
möchte ich eine besonders
erwähnen. Dass der amerikanische
Wissenschaftler und Präsident der
Inayatiyya, Dr. Zia Inayat Khan
in sehr sensibler Weise über Leben
und Werk, die große Kreativität
seiner Tante gesprochen hat und
ebenso Noor Inayat Khans Neffe,
David Harper, oder Shaikh-al-Mashaik
Mahmood Khan Youskine,
Cousin der Autorin, vertreten von
seiner Tochter (Foto), kann man
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 61
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
sich gut vorstellen. Nicht erwartet hatte ich eine so begeisterte
Ansprache seitens Frau Ministerialrätin Dr. Elisabeth
Donoughue als Vertreterin des Bayer. Staatsministeriums
für Wissenschaft und Kunst. Sie hob hervor, dass Noors
Vermächtnis weiter wirkt im Werk und Vorbild ihres
Lebens und stellte insbesondere die kulturelle Leistung
des Verlags Heilbronn heraus, der knappe 70 km vom Ort
ihrer Ermordung entfernt liegt. Wie gut, dass dieses Werk
auch durch die Verlagsprämie des Freistaats Bayern einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und auf Regierungsebene
wertgeschätzt wird.
Musikalisch umrahmt wurde die Lesung zum einen wiederum von Querflötist
Ophiel van Leer, zutiefst inspiriert
von Noors Bruder Vilayat und dessen
Passion für Johann Sebastian Bach
und zum anderen von der Harfenistin
Florence Sitruk. Beide musizierten
zusammen und waren auch solistisch zu
hören. Die Harfenistin Florence Sitruk
zu erleben, war neben ihrem herausragenden
Können deshalb etwas Besonderes,
weil sie bei Susan McDonald in
Paris studiert hat, der großen Schülerin
und Nachfolgerin von Henriette Renié,
der Harfenlehrerin von Noor Inayat Khan. Henriette
Renié war dafür bekannt, dass sie nur Schülerinnen
und Schüler annahm, die bereits auf einem
sehr hohen Niveau musizieren konnten. Man konnte
sich also durch das Spiel von Florence Sitruk vorstellen,
wie wunderbar Noor Inayat Khan auf der Harfe
gespielt haben muss. Was für ein intensiver Abend!
Fotos: Halim Bruno Knobel
Regina Armaiti Winkler-Reber, Mitglied der SIFAT-Redaktion
Begleitend gab es die Ausstellung über Noor Inayat Khan (Foto)
Weitere Fotos, Informationen und Videoaufzeichnung
finden Sie unter: ww.verlag-heilbronn.de
und www.inayatiyya.de
62 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
Zur Gedenkveranstaltung für die vier SOE-Agentinnen am 14.9.24 in Dachau
Die Gedenkveranstaltung am 14. September war vor allem für die Angehörigen
ein zutiefst emotionales Erlebnis. Da die vier Frauen der SOE in
Dachau ihren letzten Weg gemeinsam gingen, war es mein Wunsch, ihre Familien
an diesem Ort zusammenzubringen. Viele der Angehörigen begegneten
sich in Dachau tatsächlich zum ersten Mal und hörten zum ersten Mal die
Geschichten der jeweils anderen drei Frauen. Besonders wichtig war es mir,
nach dem offiziellen Teil, bei dem kleinen Empfang, Raum für persönliche
Begegnungen zu schaffen, sodass Familien und Gäste miteinander ins Gespräch
kommen konnten. Diese Zusammenkünfte, die durch die Feier ermöglicht
wurden, empfand ich als ein außergewöhnliches Geschenk.
Beindruckend war an diesem Nachmittag auch, dass eine Urenkelin von
Elise Johe anwesend war, die einst mit Yolande Beekman im Frauengefängnis
Karlsruhe eine Zelle teilte. Sie ließ uns an den Erinnerungen ihrer Urgroßmutter
teilhaben, was einen sehr besonderen Moment darstellte. Yolande Beekmans
Neffe, Andrew Farmiloe, hatte nach dem Gespräch Tränen in den Augen ...
Auch heute – Wochen
nach der Veranstaltung
erfüllt mich eine tiefe
Dankbarkeit, nach all
den lieben Rückmeldungen
der Familienangehörigen
und der First
Aid Nursing Yeomanry
(FANY) aus England.
Maddy Brooke, die eine
Gedenkbotschaft für die
Organisation sprach, schrieb mir, dass sie ein Leben lang so etwas wie eine Verpflichtung
fühlte, nach Dachau zu reisen und sie hatte große Angst davor! Doch
nun fühlt sie einen inneren Frieden, was sie gar nicht erwartet hatte. …
Angelika Eisenmann, Rundgangsreferentin in der KZ-Gedenkstätte Dachau.
Seit 2008 widmet sie sich der Erforschung der Lebensgeschichten
der vier SOE-Agentinnnen, was den Grundstein zu einer Freundschaft
mit Noors Bruder Hidayat legte.
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 63
Veranstaltungen zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan
Zur Buch-Präsentation am 18.9.24 in Berlin
Am 18.09.2024 fand im Haus für Poesie die Gedenkveranstaltung mit Buchpremiere
zum 80. Todestag von Noor Inayat Khan statt. Der Abend war
Teil der deutschlandweiten Veranstaltungsreihe für die Autorin, Musikerin,
Sufi-Lehrerin und pazifistische Widerstandskämpferin Noor Inayat Khan, die
als britische Spionin in Frankreich gegen das Nazi-Regime kämpfte und am
13. September 1944 im Konzentrationslager Dachau ermordet wurde. Noor
Inayat Khan ist heute Teil der Gedenkkultur Frankreichs und Großbritanniens.
Ihre Geschichte wird zudem in der Ausstellung „Frauen im Widerstand gegen
den Nationalsozialismus“ in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin
aufgearbeitet. Noor Inayat Khans Neffe, Dr. Zia Inayat Khan, führte aus literaturwissenschaftlicher
und ethischer Sicht in Werk und Vermächtnis seiner Tante
ein und diskutierte mit der Übersetzerin, der Lektorin und der Professorin für
Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Erziehung und Bildung im Kindesalter
der humanistischen Hochschule Berlin, Dr. Sandra Niebuhr zu Aspekten
des Werks und der Märchenforschung. Es wurden Märchen im Original
und in neuer Übersetzung gelesen, unter anderem von der Übersetzerin, dem
indischen Rapper Ayon Mukherji und der jungen Hörbuchsprecherin Magdalena
Magida Montasser. Zuvor wurde eine Ausstellung zu Leben und Werk
von Noor Inayat Khan sowie eine Ausstellung der Illustrationen von Natsuyo
Koizumi gezeigt. Umrahmt wurde das Programm mit Ilahis des Musikers Ali
Ungan.
Karla Montasser, Übersetzerin des literarischen Gesamtwerks von Noor Inayat Khan,
Referentin im Haus für Poesie, Berlin
64 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Noor Inayat Khan: Gesamtwerk in 4 Bänden
Noor Inayat Khan
Gesamtwerk in 4 Bänden im Schuber
Noor Inayat Khans Texte zeugen von Weisheit, Anmut
und geistiger Strahlkraft und bieten einen eigenständigen
Zugang zur Lehre von spiritueller Freiheit im
Geiste ihres Vaters, des Musikers und Mystikers Hazrat
Inayat Khan.
Pir Zia Inayat Khan
Noor Inayat Khan – Leben und Werk
In Band 1 gibt Dr. Zia Inayat Khan eine fundierte Einführung in
Noor Inayat Khans Leben und Werk: Eine anschauliche Kontextualisierung
aller Märchen, bisher unveröffentlichter Essays etc.,
verbunden mit wertvollen biografischen Hintergrundinformationen
zum Leben der Autorin. Auch für sich allein genommen eine
fesselnde und lohnende Lektüre.
Noor Inayat Khan: Zwanzig Jataka-Erzählungen
Die Jatakas, oder auch Geburtsgeschichten sind berühmte
Legenden aus dem Leben Buddhas, basierend auf der Lehre von der
Reinkarnation. Die Neuerzählungen der Autorin geben wirkungsvolle
Impulse für ein harmonisches Miteinander, soziale Gerechtigkeit
und Frieden.
Noor Inayat Khan: Aède – von Ozean und Land
Die Autorin gestaltet eine eigene und zugleich tiefer gehende Form
dieser abenteuerlichen Heldenreise. In der darin verborgenen Seelengeschichte
werden sich viele von uns wiederfinden. Unter den
Händen Noor Inayat Khans erhält Homers Epos Odyssee ein neues,
leuchtendes Gewand.
Noor Inayat Khan: König Akbar und seine Tochter
Die meisten der Geschichten spielen in Europa, einige stammen
aus Indien, und eine ist dem Masnavi von Rumi entnommen. Alle
wollen sie erfreuen und inspirieren und enden überwiegend glücklich.
Die Autorin gibt den Ängsten und Sehnsüchten der kindlichen
Seele in uns eine Stimme.
Verlag Heilbronn 2024 | 588 Seiten | ISBN 978-3-936246-54-4 | € 49,00
45 Illustrationen von Natsuyo Koizumi und Henriëtte Willebeek Le Mair
Die Bücher sind auch als PDF-Books über unsere Homepage erhältlich
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 65
Impressum | Mitteilungen vom Verlag Heilbronn
Impressum
SIFAT – Zeitschrift für Universalen Sufismus
ISSN 1420-1712
Gegründet 1972 von Karima Sen Gupta, von 1997 - 2016 von Marita Ischtar Dvořák und
Wolfgang Huraksh Meuthen herausgegeben
Herausgeber und Redaktion:
Hans-Peter Baum hpbaum@nord-com.net 0049-(0)421 353528
Claudia Nüssen claudianuessen@t-online.de 0049-(0)40 215439 (V. i. S. d. P.)
Regina Armaiti Winkler-Reber rwinklerreber@posteo.de 0049(0)731-7187642
SIFAT
erscheint in der Regel dreimal jährlich zum Selbstkostenpreis
Preise ab 2020: € 18,00 pro Jahr für 3 Hefte inkl. Versand – Abonnement
Geschenk-Abonnement – € 18,00 für 3 Hefte (1 Jahr)
€ 23,70 pro Jahr für 3 Hefte als Printausgabe und als eBook
€ 3,80 als PDF-Book Einzelkauf über unseren Shop | ABO € 11,00
€ 6,00 zzgl. Versandkosten für Einzelhefte, soweit lieferbar
Zahlbar in Euro: Konto Verlag Heilbronn, Josef Ries, Postbank
IBAN: DE54 7001 0080 0714 0168 02 BIC: PBNKDEFF
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Email oder per Brief – bitte vollständige und deutliche Absenderangaben
Abbestellungen zum Ende des bezahlten ABOs sind jederzeit möglich
Folgende SIFAT-Hefte sind noch lieferbar:
Heft 3 / 2024 - Schönheit • Heft 2 / 2024 – Dankbarkeit • Heft 1 / 2024 – Einheit
Heft 3 / 2023 – Freude • Heft 2 / 2023 – Abschied • Heft 1 / 2023 – Freiheit
Heft 3 / 2022 – Frieden
Heft 2 / 2022 – Angst ausatmen – Mut einatmen
Heft 1 / 2022 – Hoffnung
Heft 3 / 2021 – Nächstenliebe
Heft 2 / 2021 – Heilung
Heft 1 / 2021 – Klangbrücken
Heft 3 / 2020 – Kraftquellen
Heft 2 / 2020 – AUFeinander achten
Heft 1 / 2020 – Die Erde lieben
Heft 3 / 2019 – Religion und Wissenschaft II
Heft 2 / 2019 – Religion und Wissenschaft
Heft 1 / 2019 – Glaube und Zweifel
Heft 3 / 2018 – Mutige Frauen – Gelebte Spiritualität
Heft 2 / 2018 – Sonderheft: Noor-un-Nisa Inayat Khan
Heft 1 / 2018 – Sehnsucht der Seele
Heft 3 / 2017 – Geschwisterlichkeit • Heft 2 / 2017 – Gerechtigkeit • Heft 1 / 2017 – Opfer u. Opfern
Heft 2 / 2016 – Religion und Liebe • Heft 1 / 2016 – Ein menschenfreundlicher Islam
66 SIFAT 3 | 2024 – Schönheit
Hazrat Inayat Khan : Worte zur Schönheit
Hazrat Inayat Khan
Worte zur Schönheit
Gehobener Geistesstimmung entspringt alles Schöne. (218)
Liebe entwickelt sich zu Harmonie, und aus Harmonie entsteht Schönheit.
(235)
Jede Tugend ist nichts anderes als eine Äußerung von Schönheit. (259)
In der Schönheit liegt das Geheimnis der Göttlichkeit. (276)
Alle ergeben sich willig der Schönheit, widerwillig hingegen der Gewalt. (322)
Schönheit ist das Ziel, dem jede Seele zustrebt. (332)
Schönheit ist das Leben des Künstlers, das Thema des Dichters und
die Seele des Musikers. (333)
Ohne Bescheidenheit ist Schönheit tot, denn Bescheidenheit ist der Geist der
Schönheit. (347)
Alles Schöne ist von Natur aus verhüllt, und je größer die Schönheit,
desto dichter ist sie verhüllt. (348)
In allen Farben und Formen sehe ich die Schönheit des Geliebten. (786)
Schlichtheit ist lebendige Schönheit. (977)
Schönheit wird in der Einfachheit vollendet. (1048)
Schönheit ist nicht Macht, aber sie besitzt Macht. (1052)
Liebe schafft mit eigener Hand Schönheit, um sie anbeten zu können. (1125)
aus: Gayan, Vadan, Nirtan – Verlag Heilbronn, 1996
SIFAT 3 | 2024 – Schönheit 67
Lakshmi – Göttin der Schönheit und Fülle in dir