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Chatam Sofer. Von Frankfurt nach Pressburg

Slowakisch-deutsches Gedenken an einen weltberühmten Rabbiner. Broschüre zur Ausstellung

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Slowakisch-deutsches Gedenken

an einen weltberühmten Rabbiner

Schutzgebühr 2,50 €


Inhalt

Editorial 1

Grußwort Boris Rhein

Hessischer Ministerpräsident 2

Grußwort Dr. Felix Klein

Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben

und den Kampf gegen Antisemitismus 3

Grußwort Dr. Josef Schuster

Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland 4

Grußwort Marián Jakubócy

Botschafter der Slowakischen Republik 5

Grußwort Mike Josef

Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main 6

Grußwort Imrich Donath

Honorarkonsul der Slowakischen Republik für Hessen 7

Chatam Sofer – von Frankfurt nach Pressburg

Viera Kamenická, Slowakisches Nationalmuseum –

Museum der jüdischen Kultur, Bratislava 9

Chatam Sofer und seine Gedenkstätte

Dr. Peter Salner, Institut für Ethnologie und Sozialanthropologie

der Slowakischen Akademie der Wissenschaften 25

Chatam Sofer zwischen Frankfurt und Bratislava

Dr. Maroš Borský, Direktor des Jüdischen Gemeindemuseums

und des Jüdischen Kulturinstituts in Bratislava 33

Die Mutter des Chatam Sofer

Gabriela Schlick-Bamberger, Leiterin der Religionsschule

JESCHURUN der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main 41


1

Editorial

Eine Brücke von Frankfurt am Main in die slowakische Hauptstadt Bratislava, das alte

Pressburg, eine geistige Brücke des Judentums, das so viele Städte in Mittel- und Osteuropa

vor dem Holocaust verband: Das symbolisiert für uns der weltberühmte Rabbiner

Chatam Sofer. An ihn in den heutigen Zeiten zu erinnern, ist uns ein besonderes

Anliegen. Mit der Chatam-Sofer-Medaille ehrt das Museum für jüdische Kultur in Bratislava

Menschen, die das Gedenken an die Shoa in der Öffentlichkeit aufrechterhalten.

Mit dem allmählichen Abschiednehmen von der Generation der Überlebenden darf

kein Vergessen einhergehen.

Zugleich möchten wir an die Lebendigkeit der jüdischen Traditionen vor dem von

Deutschland ausgehenden Menschheitsverbrechen erinnern. Sie verband Gläubige über

alle Ländergrenzen hinweg. Mosche Schreiber, genannt Chatam Sofer, wuchs in der zu

seiner Zeit größten jüdischen Gemeinde Deutschlands in Frankfurt am Main auf und er

machte die Pressburger jüdische Gemeinde durch sein Wirken weltbekannt.

Seine Biografie steht exemplarisch für die zahlreichen kulturellen Verbindungen zwischen

den Regionen, die sich heute immer noch für viele in »West« und »Ost« teilen –

eine anscheinend nicht verblassen wollende Grenze in den Köpfen als Nachwirkung

des Kalten Krieges. Wir werden dennoch nicht müde, mit unseren Veranstaltungen und

Ausstellungen an ihrem Verblassen mitzuwirken. Gerade in unseren Zeiten des Krieges

wird klar, dass es nur noch einen Gegensatz zwischen Freiheit und Demokratie auf der

einen, Diktatur und Populismus auf der anderen Seite gibt und die alten geografischpolitischen

Zuordnungen lange überholt sind.

In der Hoffnung, mit unserer Kulturarbeit einen gemeinsamen europäischen Geist

der Menschlichkeit etwas stärken zu können, verbleiben wir

Imrich Donath, Honorarkonsul der

Slowakischen Republik für Hessen

Tanja Krombach, stellv. Direktorin des

Deutschen Kulturforums östliches Europa


2

Grußwort

Jüdisches Leben blickt in Deutschland auf eine über 1 700

Jahre alte Geschichte zurück. Zu den vielen verschiedenen

Perspektiven, aus denen die Vergangenheit betrachtet

werden kann, zählt die Biografie, also die Betrachtung eines

bestimmten Menschen, der in einer bestimmten Zeit gelebt hat.

Ich freue mich, dass dem Rabbiner Chatam Sofer in Frankfurt

eine Ausstellung gewidmet wird. Denn Chatam Sofer, der 1762 in

Frankfurt geboren wurde, hat die Geschichte des jüdischen Lebens in Deutschland und

Europa mitgeprägt.

Zwar hat er als Rabbiner hauptsächlich in der heutigen Hauptstadt der Slowakei, in

Bratislava, früher Pressburg, gewirkt. Über drei Jahrzehnte hat er dort gelebt, dort starb

er 1839, dort ist sein Grab. Aber dem Vernehmen nach hat er sich immer wieder auf

seine Herkunft bezogen. Dem Honorarkonsulat der Slowakischen Republik gilt mein

herzlicher Dank dafür, dass ihm in Frankfurt eine Ausstellung gewidmet wird.

Die jüdische Religion und Kultur war, ist und bleibt ein integraler Teil des geistigen

und sozialen Lebens in Deutschland und in Europa. Millionen Jüdinnen und Juden

wurden im 20. Jahrhundert in Deutschland und in den von Deutschland während des

Zweiten Weltkriegs besetzten Staaten entrechtet, verfolgt und ermordet. Auch in diesem

Zusammenhang erinnern wir an Chatam Sofer. Er hatte Kinder und Enkel. Ein

Enkel, 1850 geboren, wurde 1944, im Alter von 94 Jahren also, in Auschwitz ermordet.

Die Erinnerung an dieses in der Geschichte der Menschheit beispiellose Verbrechen

zu bewahren, bleibt eine Pflicht Deutschlands. Gleichzeitig bleibt es unsere Pflicht,

jüdisches Leben zu schützen und uns engagiert gegen Antisemitismus zu stellen. Die

Betrachtung der Geschichte und die Betrachtung herausragender Persönlichkeiten wie

Chatam Sofer kann dazu einen Beitrag leisten. Man muss die Vergangenheit kennen,

wenn man die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten will. Ich wünsche der

Ausstellung die verdiente Aufmerksamkeit und einen guten Verlauf.

Boris Rhein,

Hessischer Ministerpräsident


3

Grußwort

Der »kleine Moses – Moses ha-Katan – aus Frankfurt am Main«, so

unterschrieb der später berühmt gewordene Rabbiner Chatam

Sofer lebenslang seine Dokumente. Hierin ist nicht nur seine

tiefe Bescheidenheit erkennbar, sondern auch eine große Verbundenheit

mit seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main.

Chatam Sofer war ein Gelehrter, der sich bereits früh einen

Namen machte und sich insbesondere in der heutigen slowakischen

Hauptstadt Bratislava/Pressburg einer großen Bekanntheit erfreute. Sein Wirken

ging weit über die Stadtgrenzen hinaus und prägte das orthodoxe Judentum in der

österreichisch-ungarischen K.-und-k.-Monarchie.

Heute besuchen wieder viele jüdisch-orthodoxe Menschen sein 2002 neu erbautes

Mausoleum. Es ist eine große Errungenschaft, dass sich die Stadt Pressburg nach

dem Fall des Eisernen Vorhangs offen zeigte für städtebauliche Veränderungen und

dies möglich machte.

Die nun konzipierte Ausstellung zeigt uns nicht nur den Lebensweg von Chatam

Sofer auf, sondern auch seinen bedeutenden Einfluss auf das orthodoxe Judentum und

seine Internationalität.

Herrn Imrich Donath, dem Honorarkonsul der Slowakischen Republik, und dem Deutschen

Kulturforum östliches Europa ist für diese wunderbare Ausstellung zu danken. Sie

trägt zu einer lebendigen Erinnerungskultur bei und führt uns einmal mehr die große

Vielfalt des Judentums vor Augen.

Ich wünsche allen Gästen spannende Einblicke und inspirierende Gespräche!

Dr. Felix Klein,

Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben

und den Kampf gegen Antisemitismus


4

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Chatam Sofer, geboren 1762 als Mosche Schreiber, hebräisch:

Sofer, in Frankfurt am Main, gehört sicherlich zu den bedeutendsten

rabbinischen Persönlichkeiten seiner Zeit. Als Siebzehnjähriger

folgte er seinem Lehrer Nathan Adler, als dieser die

Frankfurter Gemeinde verließ, und ließ sich schließlich als Rabbiner

zunächst in Dresnitz in Mähren nieder und wurde 1806 als Rabbiner von Pressburg

(Bratislava) ernannt, wo er bis zu seinem Tod 1839 und darüber hinaus das orthodoxe

Judentum prägte. In seine Heimatstadt Frankfurt kehrte er nie mehr zurück.

Gleichwohl war er stolz auf sie und unterzeichnete seine Schreiben stets als »Moses

ha-Katan aus Frankfurt am Main«.

In Pressburg, der größten und bedeutendsten Gemeinde im damaligen Königreich

Ungarn, gründete er eine Jeschiwa, die weit über die Grenzen Pressburgs bekannt und

geachtet wurde. Diese Jeschiwa übergab er seinem ältesten Sohn, sein zweiter Sohn

wurde Rabbiner in Krakau und sein Schwiegersohn der Rabbiner der orthodoxen Gemeinde

von Wien.

Zum Gedenken wird anlässlich seines 262. Geburtstags in seiner Geburtsstadt Frankfurt

am Main sein Leben und Werk zu besichtigen sein. Dieser große Rabbiner, der sich stets

»ha-Katan«, der Kleine, Unbedeutende, nannte, hat das orthodoxe Judentum nicht nur

seiner Zeit entscheidend geprägt. Bis heute beruft sich eine Jerusalemer Jeschiwa auf ihn.

Der Stadt Frankfurt am Main wünsche ich zahlreiche interessierte Besucher für diese

Ausstellung, die sich Leben und Werk dieses großen Rabbiners nähern wollen.

Dr. Josef Schuster,

Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland


5

Grußwort

Es ist mir eine Ehre, die Bedeutung der Persönlichkeit und der

Botschaft von Chatam Sofer hervorzuheben. Erstens für mein

Land, das durch sein Leben und Schaffen daran erinnert wird,

dass hier eine Gesellschaft existierte, in der akademische und religiöse

Freiheit einen Platz hatte. Zweitens für uns als Europäer:

Chatam Sofer war ein jüdischer Gelehrter, dessen geliebte Geburtsstadt

Frankfurt am Main war. Sein Leben und Werk haben

sich aber insbesondere in Pressburg, der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava,

abgespielt. Er prägte dabei das orthodoxe Judentum in der gesamten österreichisch-ungarischen

Monarchie. Sein Vermächtnis lehrt uns, dass Bildung universell ist und nicht

an Länder gebunden. Wir müssen uns daran nur täglich erinnern, sei es durch eine Ausstellung

oder eben auch eine Straßenbahnhaltestelle, die seinen Namen trägt. Drittens

ist der Rabbiner wichtig für die slowakisch-deutschen Beziehungen. Der alte jüdische

Friedhof wurde in den unseligen Jahren 1942/1943 durch den Bau eines Straßentunnels

fast vollständig zerstört und zu Beginn der 1980er Jahre sogar eine Straßenbahnlinie hindurchgeführt.

Es gab einen versteckten Einstieg zu Chatam Sofers Grab, der sehr symbolhaft

belegte, was in einem Land passiert, das diktatorisch und daher respektlos gegenüber

seinen Minderheiten ist. Ich bin stolz darauf, dass mein Land, kurz nach dem

Fall des Eisernen Vorhangs, 1992 in die lange überfälligen Verhandlungen einstieg, auch

dank der demokratischen Werte, zu denen die Slowakei zurückgekehrt war. 2002 wurde

das Mausoleum eröffnet. Die Zusammenarbeit zwischen dem Jüdischen Museum und

der Stadt Bratislava hat viele vorbildliche Projekte hervorgebracht, sowohl in Deutschland

als auch in der Slowakei. Sie pflegt die Erinnerung und fördert die Zukunft des Judentums

in unserem gemeinsamen europäischen Haus.

Marián Jakubócy,

Botschafter der Slowakischen Republik


6

Grußwort

Kaum eine Stadt im deutschsprachigen Raum wurde so sehr durch

den Einsatz ihrer jüdischen Bürgerinnen und Bürger zum Guten

geprägt wie unser Frankfurt. Seit dem 16. Jahrhundert ist die hiesige

jüdische Gemeinde eines der geistigen Zentren des europäischen

Judentums. Die Ausstellung über Chatam Sofer bringt

uns ein Stück unserer Stadtgeschichte und einen bedeutenden

Sohn dieser Stadt näher. Obwohl Chatam Sofer Frankfurt bereits

im jugendlichen Alter verließ, bekannte er sich zeitlebens mit Stolz zu seiner Heimatstadt

und ihrer jüdischen Tradition. Deshalb würdigen wir ihn auch mit dieser Ausstellung als

einen der großen Repräsentanten der jüdischen Tradition unserer Stadt. Schauen wir

auf das Leben dieses bescheidenen Universalgelehrten, müssen wir zugleich daran erinnern,

dass einer seiner Enkel in Auschwitz ermordet wurde. Die unser Land und unsere

Stadt so bereichernde und die über Jahrhunderte lebendige geistige Tradition wurde

zum Ziel eines umfassenden antisemitischen Mordplans. Die Erforschung der Shoa

für Frankfurt belegt über 2000 Frankfurterinnen und Frankfurter, die allein in Auschwitz

ermordet wurden. Gerade jetzt, angesichts wieder zunehmender gewalttätiger Feindlichkeit

gegen Menschen jüdischen Glaubens und jüdische Einrichtungen, sowie kruder

antisemitischer Verschwörungserzählungen muss die Zivilgesellschaft darauf achten,

dass dieses verbrecherische Kapitel unserer Stadt niemals vergessen wird und wir gemeinsam

zeigen, dass wir die richtigen Lehren aus unserer Geschichte ziehen. Mit einer

Chatam-Sofer-Medaille ehrt das Museum für jüdische Kultur in Bratislava Menschen, die

sich für die Erinnerung und gegen das Vergessen einsetzen. Dies zeigt, welche Bedeutung

dort dem Namensgeber beigemessen wird und welch ein bedeutender Teil unserer

jüdisch-europäischen Kulturgeschichte sich im Leben dieses bis heute von vielen Gläubigen

verehrten Rabbiners spiegelt. Mein Dank gilt Herrn Imrich Donath, Honorarkonsul

der Slowakischen Republik, und allen Kooperationspartnern dafür, dass sie diese interessante

und bedeutende Ausstellung hier bei uns im Frankfurter Römer ermöglichen.

Mike Josef,

Oberbürgermeister von Frankfurt am Main


7

Grußwort

Es ist mir eine Freude und Ehre zugleich, erneut eine Ausstellung

über Chatam Sofer in Frankfurt präsentieren zu können. Er

wurde hier als Mosche Schreiber geboren und später in Pressburg,

ungarisch Pozsony, heute die slowakische Hauptstadt

Bratislava, weltberühmt. Seine zahlreichen Schüler haben seine

Gedanken – von Generation zu Generation – breit gestreut und

prägten die jüdische Welt enorm. Die Pressburger Jeschiwa ist

noch heute in zahlreichen Städten aktiv, etwa in Israel und den USA.

Ich muss zugeben, dass Chatam Sofer auch mich entscheidend beeinflusst hat. 1952,

anlässlich seines 190. Geburtstags, war ich mit meinen Eltern und meiner Schwester in

Bratislava und staunte über die zahlreichen Juden aus aller Welt, die dort Chatam Sofer

feierten. Ich war von diesem Ereignis sehr beeindruckt, besonders, weil die damaligen

Machthaber gegen jegliche Religion und besonders gegen das Judentum eingestellt waren

und diese Feier trotzdem tolerierten.

Dabei wusste ich damals noch nicht, dass weder die Nazis noch die Kommunisten

sein Grab und das seiner Angehörigen vernichtet hatten! Erst 2002 gelang es unter der

Führung des damaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Bratislava, Peter Salner,

und dem Architekten Martin Kvasnica, eine würdige Gestaltung seiner Ruhestätte zu

präsentieren. Nach wie vor kommen jedes Jahr zu seiner Jahrzeit, seinem Todestag, zahlreiche

Juden aus aller Welt, um an seinem Grab zu beten. Es würde mich freuen, wenn

viele Menschen, die die gemeinsam mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa

realisierte Ausstellung besuchen, Chatam Sofer auch als Verfechter der Ideen von Freiheit

und Gleichberechtigung erkennen würden.

Ich bin Herrn Mike Josef, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, und seinem Team

unermesslich dankbar für die Möglichkeit, diese Ausstellung in der Geburtsstadt von

Chatam Sofer präsentieren zu können.

»Wort der Freiheit – Freiheit des Wortes«

Imrich Donath,

Honorarkonsul der Slowakischen Republik für Hessen



9

Chatam Sofer – von Frankfurt nach Pressburg

»Erinnerung an den sel. Hochgelehrten Weltberühmten Talmudist und Ober-Rabbiner, Herrn

Moses Schreiber, der 33 Jahre als treuer Wegweiser und Lehrer die isr. Gemeinde zu Pressburg

leitete und belehrte.« (Bildunterschrift im Original auf Deutsch und Hebräisch)

Geboren am 24. September 1762 (7. Tischri 5523), Frankfurt am Main

Gestorben am 3. Oktober 1839 (25. Tischri 5600), Pressburg, ungarisch Pozsony,

slowakisch Prešporok, seit 1919 Bratislava

Die Geschichte ist die eines streng orthodoxen Rabbiners, der mit seinem Lebenswerk

die Angehörigen der Pressburger orthodoxen jüdischen Gemeinde sowie zahlreiche jüdische

Gelehrte in Europa und Übersee für immer beeinflusst hat. Seine Autorität überdauert

bis heute. Seine Ruhestätte wurde zum Pilgerort von jüdischen Gläubigen aus der

ganzen Welt und zur Sehenswürdigkeit für die Besucherinnen und Besucher der Stadt.


10

CHATAM SOFERS GEBURTSORT – FRANKFURT AM MAIN

Im 18. Jahrhundert wurde Frankfurt am Main zu einem kulturellen und geistigen Zentrum.

In dieser Zeit wurde die jüdische Gemeinde in Frankfurt am Main zur größten in

Deutschland und zur Heimat vieler namhafter Rabbiner. Die Gemeinde hatte ihre eigene,

Die bogenförmig verlaufende Judengasse auf Matthäus Merians

Vogelschauplan von Frankfurt am Main, 1628

selbständige Verwaltung.

An der Spitze standen Mitglieder

der reichsten und

angesehensten jüdischen

Familien. Vier Synagogen

gestalteten das geistliche

Zentrum.

1796 jedoch wurde die Stadt

durch die französische Armee

beschossen und zerstört.

Dem hieraus resultierenden

Brand fiel auch die

von der jüdischen Gemeinde

bewohnte Judengasse

zum Opfer. Weil nun viele

Familien in andere Teile der

Stadt umziehen mussten, wurde der Ghettozwang aufgehoben. Ihre Stellung änderte

sich aber erst 1811, als unter dem Einfluss Napoleons nach langwierigen Verhandlungen

eine Verordnung zur Gleichstellung der sogenannten Schutzjuden mit der restlichen

Bevölkerung erlassen wurde. Richtig vollzogen wurde dieser Prozess aber erst in

den Jahren 1869 bis 1871.

Die Haskala, die jüdische Aufklärung, die sich unter den europäischen Juden im 18.

und 19. Jahrhundert verbreitete, stieß in Frankfurt auf große Resonanz. Sie propagierte

Rationalismus, Liberalismus, Freiheit des Denkens und der Forschung. Ihr Ziel waren

ein jüdisches kulturelles und religiöses Leben im Geiste des modernen Denkens,

die Integration in die europäische Gesellschaft und das Wachstum des Anteils an säkularer

Bildung. Die Bemühungen um Veränderung hatte dabei die Unterstützung meinungsstarker

Aufklärer, an der Spitze der jüdische Gelehrte Moses Mendelssohn (1729–

1786) und der protestantische Theologe, Philosoph und Dramatiker Gotthold Ephraim

Lessing (1729–1981).


11

KINDHEIT, JUGEND, AUSBILDUNG

In der Judengasse im Haus Nummer 105, gekennzeichnet mit dem Schild »Beim goldenen

Adler«, lebte die Familie eines Schreibers und gebildeten Lehrers des Talmud,

Samuel Sofer (gest. 1779), und seiner Ehefrau Reisel (1726–1822), Enkelin des Rabbiners Samuel

Schotten HaCohen – ein sagenumwobener Talmudexperte –, die für ihre Frömmigkeit

und Barmherzigkeit bekannt war. Am 7. Tischri 5523 (24. September 1762) gebar sie

einen Sohn. Am achten Tag nach der Geburt und Erfüllung des Gebotes Brit Mila wurde

er gemäß der jüdischen Tradition nach dem bedeutenden Propheten des jüdischen

Volkes Moses (Mosche) benannt.

Der kleine Mosche zeigte sich als ein besonders talentiertes Kind. Sein erster Lehrer war

sein Vater. Seine legendären Fähigkeiten, verbunden mit Fleiß, entwickelten sich im außergewöhnlichen

Ausmaß. Obwohl zu Hause Deutsch gesprochen wurde, kannte er viele

Texte auf Hebräisch auswendig. Als Dreijähriger las er mit Leichtigkeit hebräische Texte

und mit fünf Jahren die Mischna ohne Kennzeichnung der Vokale. Sogar schwere theologische

Themen in hebräisch-aramäischer Sprache meisterte er. Er konnte einige Traktate

aus dem Talmud rezitieren sowie auch vermeintlich unverständliche Absätze erklären.

Bereits mit neun Jahren präsentierte er seine eigenen religiösen Meinungen, was beim

Vater jedoch nicht immer auf Verständnis stieß. Ihm wurde bewusst, dass seine Kenntnisse

nicht mehr ausreichten,

um seinen Sohn weiter

zu unterrichten. Mit

der Zeit überflügelte das

Kind seine Eltern, und

so nahm Mosche privaten

Unterricht beim Rabbiner

Salman HaChassid

und setzte seine Ausbildung

beim charismatischen

Rabbiner Nathan

Adler (1741–1800) fort.

Adler war nicht nur ein

Experte des Talmud, er besaß

auch Kenntnisse über

die weltliche Geschichte.

Die 1711 erbaute Synagoge in Frankfurt auf einem Stich von 1845 nach

Jakob Fürchtegott Dielmann


12

Inneres der 1639 erbauten Synagoge im mährischen

Boskowitz/Boskovice

Die feste Beziehung zwischen Lehrer

und Schüler hielten gegenseitiger

Respekt und Hochachtung aufrecht.

An Stärke gewannen diese nach einer

Auseinandersetzung des jungen

Mosche mit seinem Vater, als er am

Sabbat Thesen aus dem Talmud vortrug

und sich zur Verteidigung seiner

Ansichten – der Meinung seines

Vaters nach – unhöflich gegenüber

der Auffassung seines Urgroßvaters,

des geehrten Rabbiner Schotten,

äußerte. Man spricht über eine väterliche

Ohrfeige.

Fakt ist, dass der junge Mann aus

dem Elternhaus auszog. Sofer war Hörer des berühmten Frankfurter Rabbiners Pinchas

Halevi Horowitz, Autor der Kommentare zum Talmud Sefer Haflaʼah a Sefer HaMikneh

und der Auslegungen der Thora. Nach Studienjahren von 1776 bis 1778 an der von Rabbiner

Mechel Seuer geleiteten Rabbinerschule in Mainz kehrte Mosche in Adlers Haus

zurück, wo er weiter den Talmud studierte. Seine Kenntnisse auf diesem Gebiet waren

umfangreich.

Neben dem Studium des Talmud war er aber auch in den Bereichen Astronomie,

Geometrie und Geschichte versiert. Besondere Bedeutung wird seiner treuen Beziehung

zu Rabbiner Nathan Adler, einem charismatischen Gelehrten, der sich mit

seinen Sympathisanten umgab, zugeschrieben. Des Rabbiners ungewöhnliche

esoterische Praktiken, seine unübliche Art des Studiums und der Auslegung der Kabbala

riefen in der Gemeinde Empörung hervor und ihm drohte ein Verbot seiner

Tätigkeit. Es ist recht merkwürdig, dass der künftig konservative Ideologe Mosche

Sofer die Etappe seiner Persönlichkeitsformung als Schüler eines solch unkonventionellen

Lehrers erlebt hat. 1782 wurde Nathan Adler nach Boskowitz/Boskovice in Mähren

berufen. Mosche Sofer folgte ihm und unterstützte ihn als Hilfsrabbiner. Rabbiner Adler

kehrte nach zwei Jahren nach Frankfurt zurück, der junge Sofer entschied sich aber, in

Mähren zu bleiben. Obwohl er nie wieder in seine Heimatstadt zurückkehrte, bekannte

er sich stets mit Stolz zu ihr und unterzeichnete seine Werke als Moses ha-Katan aus

Frankfurt am Main (katan = klein, unbedeutend).


13

VON MÄHREN NACH MATTERSDORF

Mosche Schreiber hatte Deutschland in einer stürmischen und äußerst bedeutenden

Zeit verlassen. Die Haskala-Anhänger forderten einen Übergang von der Macht der

Rabbiner zur europäischen Kultur sowie die Emanzipation und Trennung vom streng

konservativen Judentum. Jüdische Gemeinden wurden zur Modernisierung der Bildung,

zum Studium säkularer Fächer und der Eröffnung von Schulen für jüdische Kinder

mit Deutsch als Unterrichtssprache aufgefordert. Die Haskala wollte das jüdische

als ein autonomes und einzigartiges Volk aufrechterhalten, forderte aber eine Reaktivierung

der hebräischen Sprache für weltliche Zwecke. Sie bemühte sich um Integration

der Jüdinnen und Juden sowie ihre Eingliederung in die Gesellschaft. Sie sollten

die Muttersprache studieren, aber auch moderne Werte, Kultur und Aussehen annehmen.

Diese Forderungen riefen laute Proteste in den traditionellen Teilen der jüdischen

Gemeinde hervor. Die harte Konfrontation wurde zum Schlüsselmoment, der Chatam

Sofers feindliche Einstellung gegenüber der Haskala beeinflusst hat. Sogar in seinen

letzten Tagen gemahnte er noch an die Warnungen der Propheten vor den Gefahren

einer solchen Bewegung für die Zukunft des traditionellen Judentums.

Mosche Schreiber zog später in die nahe gelegene Stadt Proßnitz/Prostějov. Dort befand

sich die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Mähren. Später wurde sie zum Zentrum

der Haskala und religiöser Reformen. Am 6. Juni 1785 heiratete Mosche Malka, eine etwas

ältere Witwe und Schwester des hiesigen Rabbiners Hirsch Jerwitz. Mosche weigerte

sich, den Posten eines Rabbiners anzunehmen,

um das Studium der Thora

nicht zur Basis für seinen Lebensunterhalt

machen zu müssen. Finanziel le

Schwierigkeiten zwangen ihn jedoch

1794 dazu, den Posten eines Rabbiners

in dem kleinen mährischen Ort Dresnitz

(später Straßnitz/Strážnice) anzunehmen.

Im Jahr 1798 wurde ihm die

Stelle eines Rabbiners in Mattersdorf

– einer der unter der Schutzherrschaft

der Fürsten Esterházy stehenden »Sieben-Gemeinden«

(Schewa Kehilot) im

Burgenland – angeboten.

Synagoge und jüdischer Friedhof in Straßnitz/Strážnice in Mähren


14

Mosches Ruf wuchs stetig. Immer häufiger erhielt er Angebote aus bedeutenden

Gemeinden wie Proßnitz oder Neustadt an der Waag/Nové Mesto nad Váhom in der

heutigen Westslowakei.

PRESSBURG

Nach Angaben in den städtischen Büchern lebten bereits im 13. Jahrhundert jüdische

Menschen auf dem Gebiet der damaligen Stadt Pressburg. Der ungarische König

Andreas III. stellte sie in dem von ihm erteilten Stadtprivileg von 1291 der christlichen Bevölkerung

gleich. In der Geschichte gab es aber dann viele Wendepunkte. Gute Zeiten

Burg und Stadt von Pressburg von der gegenüberliegenden Donauseite aus gesehen, um 1820

wurden von Unruhen und Qualen abgelöst. Eine traurige Periode begann nach der Niederlage

des königlichen Heers von Ludwig II. gegen die Osmanen bei Mohács im Jahr

1526, da seine Witwe Königin Maria auf Anstoß des Stadtrates entschied, die Pressburger

jüdische Bevölkerung zu vertreiben. Diese wurde der Feigheit beschuldigt, da sie

aus Angst vor der osmanischen Bedrohung aus der Stadt geflüchtet war. Einige zogen

an den damals nicht zur Stadt gehörenden Burghang und nach Theben/Devín, andere

in umliegende Dörfer und Städte. Um das Jahr 1599 durfte sich ein Teil der Vertriebenen

im Schlossgrund ansiedeln, auf dem Besitz des Burghauptmanns Pálffy. Auf der Basis


15

von Privilegien wurde im Schlossgrund eine jüdische Gemeinde mit gewähltem Ortsvorsteher

ins Leben gerufen. Ende des 18. Jahrhunderts wirkten hier ruhmreiche Rabbiner.

Auf dem Burggelände und im Viertel Zuckermandel, dessen Name auf bayerische

Zugewanderte des Mittelalters zurückgehen soll, richteten sie die ersten Gebetsräume

ein. Die Gemeinde wuchs durch den Zuzug von Vertriebenen aus Wien. Zu den berühmten

Rabbinern zählten Benjamin Wolf Jokerls, Mosche ben Meir Charif, Akiba Eger, Isak

HaLevi Landau, Meir Barby sowie Meschulam Eger. Die Aufzählung wird gekrönt von

Mosche Schreiber, bekannt unter dem Namen Chatam Sofer. Während seiner Amtszeit

als oberster Rabbiner ab 1806 machte er Pressburg und die hiesige Jeschiwa berühmt.

AMTSEINTRITT

Die Vorstellung, die die Vertreter der Pressburger Gemeinde zu Chatam Sofers Wahl bewogen

hatte, stellte sich als nur teilweise richtig heraus. Gewählt hatten sie einen jungen

und bescheidenen, wenn auch – den vorherigen Auskünften nach – gebildeten

Gelehrten, der allem zustimmen und Meinungen, die den ihren widersprächen, nicht

äußern würde. Der Mann von kleiner Statur beeindruckte mit seiner Entschiedenheit,

Weisheit, Bildung und Zielstrebigkeit. Seine Strenge glich er mit Güte, Gefälligkeit und

Mitgefühl aus. Er hatte bescheidene Anforderungen an Vermögen, war aber großzügig

zu den Armen. Er setzte die Einhaltung der jüdischen religiösen Traditionen durch und

wehrte das Durchdringen moderner Sitten und Gebräuche aus der Umgebung ab. Alle

neuen Gedanken betrachtete er als Bedrohung der Lehre der Thora und des Zusammenhalts

der jüdischen Bevölkerung. Chatam Sofer war ein Verfechter des traditionellen Judentums

und Gegner modernisierender Änderungen. Seine Meinungen beruhten auf

der Überzeugung, dass die Thora alle notwendigen Kenntnisse und Antworten auf die

großen Fragen des Lebens beinhaltet. Nach diesen sollte sich das jüdische

Volk richten und nach ihnen leben. Chatam Sofer hatte auch das Amt

des obersten Richters im Beth Din, dem Rabbinatsgericht, inne. Seine

Meinungen und Gutachten wurden in orthodoxen Kreisen endgültig

und ohne Zweifel an ihrer Gerechtigkeit angenommen.

Das Motto Chatam Sofers lautete »Hechadash asur

min hatorah« – alles, was neu ist, ist gegen die Thora

– oder anders: Jede Neuheit, die aus der Sicht

Siegel der Pressburger Jeschiwa


16

Die von Chatam Sofers Urenkel Akiba Sofer 1950 gegründete Pressburger Jeschiwa in Jerusalem

der Halacha unbedeutend ist, ist schon deshalb verboten, weil sie eine Neuheit ist. Die

Pressburger Gemeinde leitete er 33 Jahre lang und wurde einer der meistrespektierten

Autoritäten auf dem Gebiet des jüdischen Gesetzes Halacha.

DIE PRESSBURGER JESCHIWA

Schriftliche Überlieferungen über die Jeschiwa in Pressburg reichen bis in das 15. Jahrhundert

zurück. Im Wiener Stadtarchiv befindet sich ein Vertrag von 1484, aus dem hervorgeht,

dass der Rabbiner Eljakum Feiwelmann in das leitende Amt der berühmten

Pressburger Jeschiwa bestellt wurde. In Pressburg waren viele jüdische Gelehrte, die sich

nach der Vertreibung aus der Stadt im Jahr 1526 in Devín sowie hinter den städtischen

Mauern niedergelassen hatten, tätig. Unter den 1670 aus Wien vertriebenen Juden waren

auch die vermögenden Familien Oppenheim und Wertheimer. Der Gemeindevorsteher

Simon Michels Pressburger ließ im Jahr 1700 auf eigene Kosten die Beth Hamidrasch,

die Studienstätte Jeschiwas, errichten. In diesem Haus wohnte der oberste Rabbiner,

der seinen privaten Gebetsraum nutzen durfte. Im Jahr 1715 hatte diese Funktion der

bedeutende Rabbiner Benjamin Wolf ben Jakit, auch Wolf Jokerls genannt, inne. Während

seiner Amtszeit existierten bereits Synagogen sowohl im Schlossgrund als auch in

Zuckermandel. Die Jeschiwa in Pressburg gewann an Bedeutung und drang auch ins Bewusstsein

entfernter Länder. Dazu beigetragen hatten berühmte Persönlichkeiten der


17

jüdischen Gelehrtenkreise, zum Beispiel der Rabbiner Mordechaj Mochiach oder sein

Schwiegersohn, der Rabbiner Mosche Lwow Charif.

Im 19. Jahrhundert gehörte das Haus der Familie Steiner, später Leopold Bisenzer,

der Erbe von Steiner und Bette Weiner. Im Gebäude nebenan, in der Schlossgasse/

Zámocká ulica, das der gebürtige – aber in Wien lebende – Pressburger Zebi Berger

in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbauen ließ, befand sich im zweiten

Stockwerk die »Schiur stube«, der Hörer- und Gebetsraum, in dem täglich Unterricht

und Gottesdienst stattfanden. Beide Gebäude waren miteinander verbunden.

Anfang der 1920er Jahre wurde die Beth Hamidrasch in das neue Gebäude verlegt

und dieses zum Saal für die Vereine »Schas chevra«, »Machsike Tora« und »Ahava

Tora«, umgebaut. Dort konnten ganztags der Talmud und die Thora studiert werden. Im

Untergeschoss des Gemeindebüros wurde eine Matzen-Bäckerei eingerichtet.

1865 gründete der Philanthrop Heinrich Bergen für die Jeschiwa eine Stiftung und

errichtete dafür Räumlichkeiten im zweiten Stock. Im Erdgeschoss unterrichtete Chatam

Sofer, im ersten Stock sein Sohn Ketab Sofer. Der Verwalter der Jeschiwa war um

1848 der berühmte Feiwel Plaut und nach ihm der Rabbiner Löb Gross, der neue Studenten

mit den älteren »Chaser-Bocher« (Studenten, die mit Schülern Lehrstoff wiederholen)

mischte. Sie lernten in ihren Zimmern und wechselten in die Schiur stube,

wo der oberste Rabbiner dreimal in der Woche Vorlesungen hielt. Nachmittags lernte

jeder »Chaser-Bocher« mit seinem Schüler ein anderes Kapitel aus dem Talmud.

Jeden Abend öffneten dann beide ihre überdimensionalen Bücher und lernten bis in

die Nacht. Am Ende der Woche wurden sie abgehört.

Am Ende des Winters fand eine Abschlussprüfung

statt. Einer weiteren Abschlussprüfung

unterzogen sie sich Ende des Sommers. Die Jeschiwa

bestand aus drei Klassen in drei Jahrgängen,

später sogar in sieben Jahrgängen. In den

1880er Jahren ordnete die Regierung an, dass

die Jeschiwa-Studenten auch eine Sekundarschule

absolvieren müssen. Im »Schulhof« der

Judengasse/Židovská ulica wurde deshalb die

Jesode HaTora gegründet.

1913 wurden die Häuser im Schlossgrund von

einem großen Brand erfasst. Große Teile der Judengasse

und die Jeschiwa brannten aus. Dank

Die Schiurstube der Pressburger Jeschiwa auf

einer kolorierten Fotografie


18

Briefkopf der Jeschiwa mit Chatam Sofer in der Mitte und seinen Nachfolgern Ketav (re.) und Shevet

vieler Unterstützer konnten sie wiederaufgebaut werden. 1926 wurde Samuel Schreiber

(1901–1961), Sohn von Akiba Daas Schreiber, zum Dozenten der Jeschiwa ernannt.

Die Jeschiwa in Pressburg war eine der weltweit bedeutendsten Institutionen der

traditionellen jüdischen Bildung. Zur höchsten Blüte gelangte sie in der Amtszeit des

obersten Rabbiners Chatam Sofer. Seine Tradition setzten seine Nachkommen in drei

Generationen fort – Sohn Ketav Sofer, Enkel Shevet Sofer und Urenkel Daas Sofer. Die

Jeschiwa wurde 1941 unter Zwang geschlossen. Der Bau wurde in den 1960er Jahren

zerstört. Heute steht an seiner Stelle in der Schlossgasse/Zámocká 36 ein modernes

Gebäude. Die ruhmreiche Tradition der Jeschiwa wird in Israel fortgesetzt, nachdem

Rabbiner Daas Sofer sie in das damalige Palästina mitgebracht hatte.

CHATAM SOFERS EHEFRAUEN

Nachdem seine Frau Sara Malka am 22. Juli 1812 kinderlos verstorben war, heiratete

Chatam Sofer Seril/Sorel, verwitwete Tochter des Rabbiners Akiba Eger aus Posen, der

auch aus Pressburg stammte. Aus erster Ehe brachte sie zwei Töchter mit. Mit dem bei

der Hochzeit fünfzigjährigen Chatam Sofer hatte sie vier Söhne und sieben Töchter.

Nach zwanzig Jahren Ehe verstarb sie im Alter von 42 Jahren am 20. März 1832.

Der 73-jährige Chatam Sofer heiratete 1835 zum dritten Mal. Seine Ehefrau, die

Witwe des Talmud-Gelehrten Zwi Hirsch Heller aus dem Budapester Stadtteil Alt-Ofen/


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Óbuda, pflegte ihn fürsorglich bis zu seinem Tod. In seinen letzten Lebensjahren kämpfte

er standhaft mit einer schmerzhaften Erkrankung und verstarb am 3. Oktober 1839.

NACHFOLGER

Nach dem Tod von Chatam Sofer übernahm sein Sohn, der Rabbiner Abraham Samuel

Benjamin Schreiber (1815–1871), den Posten an der Spitze der Jeschiwa. Bekannt

war er durch sein Hauptwerk auch als Ketav Sofer. Wie sein Vater,

so war auch er ein Mensch mit starkem Charakter und

reicher Kenntnis des Talmud. Er setzte das Werk Chatam

Sofers als standhafte, führende Persönlichkeit der ungarischen

Orthodoxie und Gelehrter fort. Ketav Sofer war

während einer der bedeutendsten und schwierigsten

Phasen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, tätig.

Die Anzahl der Jeschiwa-Schüler stieg in dieser Zeit auf

vierhundert an. Zu seinen Schülern gehörte auch der

Rabbiner Josef Chaim Sonnenfeld (1848–1932) aus dem

in der heutigen Westslowakei gelegenen Vrbau/Vrbové,

der später in Jerusalem tätig war und den tschechoslowakischen

Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk 1927

während seines geheimen Besuchs des damaligen Palästina

begleitete.

Zum Jahreswechsel von 1868 auf 1869 wurde auf Anstoß des ungarischen

Ministers für Schulwesen und Volksaufklärung in Budapest ein jüdischer Kongress

einberufen. Es sollte über die langfristig anhaltenden Diskrepanzen zwischen den

Vertretern der Orthodoxie und der Reformation beraten werden. Die Beteiligten der Gespräche

sollten über die künftigen Wege des ungarischen Judentums, Schulwesens und

Lösungen der sozialen Fragen entscheiden. Ketav Sofer war ein eifriger Verfechter der

jüdischen Orthodoxie. Dem Konflikt folgte eine Spaltung der ungarischen Religionsgemeinden

in orthodoxe, neologische und die, die sich weder der einen noch der anderen

Richtung anschlossen und als »Status quo ante« bezeichnet wurden.

Chatam Sofers Sohn,

Rabbi Ketav Sofer

Zur Spaltung der Pressburger Gemeinde kam es im Jahr 1872. Die Anhänger der

sogenannten Kongressgemeinde ließen 1893 bis 1895 eine Synagoge nach den Plänen

von Dionys Milch auf dem Fischplatz/Rybné námestie erbauen. Als »Hindernis«


20

beim Bau einer Brücke wurde sie 1967 abgerissen.

Nach dem Tod des Rabbiners Ketav Sofer am

31. Dezember 1871 übernahm sein Sohn, Rabbiner

Bernhard Simcha Bunim Schreiber, bekannt

als Shevet Sofer (1842–1906), den höchsten Posten

in der Jeschiwa. Trotz seines jungen Alters – er war

erst dreißig Jahre alt – war er ein anerkannter, bedeutender

Geistlicher mit reichem Wissen. Nach

dem Tod des Rabbiners Bernard Simcha Bunim

1907 nahm sein einziger Sohn, Rabbiner Akiba

Schreiber (1877–1959), bekannt auch als Daas Sofer,

die Tätigkeit an der Spitze der religiösen Gemeinde

und Jeschiwa auf. Der Erste Weltkrieg und der folgende

Zerfall der Habsburgermonarchie brachten

auch in der Jeschiwa turbulente Veränderungen

Chatam Sofers Enkel, Rabbi Shevet Sofer mit sich. Aus Pressburg wurde Bratislava und eine

neue tschechoslowakische Regierung kam an die

Macht. Die umliegenden Länder hatten Zugang zur Jeschiwa, jedoch erschwert durch

verschiedene administrative Hindernisse. Dennoch verzeichnete die Jeschiwa weiterhin

Erfolge. Ein Internat wurde erbaut und eine Mensa gewährleistete die gemeinsame

Verpflegung. Eine beachtliche Anzahl von Studenten absolvierten die Jeschiwa und

viele setzten ihr Studium an Fachhochschulen in Bratislava, Prag und in Übersee fort.

Rabbi Akiba Schreiber, Urenkel Chatam Sofers, beim Besuch Kaiser Franz Josephs I. in Pressburg 1909


21

Schwere Zeiten begannen im Jahr 1938 nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht

in Böhmen und Mähren. Auf Rat seines Onkels, Rabbiner Simon Sofer aus Erlau

(ungarisch Eger), floh Rabbiner Akiba 1940 durch Ungarn in die Schweiz und von da aus

in das damalige Palästina. In Jerusalem gründete Akiba Schreiber die Pressburger Jeschiwa,

die bis heute erfolgreich existiert, neu.

DER JÜDISCHE FRIEDHOF IN BRATISLAVA

Im 17. Jahrhundert hatte die Beerdigungsbruderschaft

Chevra Kadischa ein Grundstück am Ufer der

Donau gepachtet und später gekauft. Hier wurden

die verstorbenen Angehörigen der Gemeinde beerdigt.

Im Jahr 1839 wurde dieser Ort auch die letzte

Ruhestätte für Chatam Sofer.

Die letzte Beerdigung auf diesem Friedhof fand

1847 statt. Er diente weiterhin als Gedenkstätte für die

Verwandten der Verstorbenen und war ein Ort des

Andenkens an bedeutende Persönlichkeiten der jüdischen

Gemeinde und an ihren berühmtesten Rabbiner

Chatam Sofer. Aus Platzgründen erwarb die Chevra

Kadischa bereits 1845 ein neues Grundstück an

der Zuckermandler Hauptstraße, heute Žižkova ulica.

Der alte jüdische Friedhof in

Pressburg/Bratislava

Exhumierung 1942, die Gebeine liegen heute auf dem neuen Friedhof in einem gemeinsamen Grab (rechts).


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Im Jahr 1937 hatte die slowakische Regierung Pläne für die Regulierung der Donau

und Gestaltung des Ufers ausgearbeitet und einen Tunnel, dessen Mündung durch das

Grundstück des alten jüdischen Friedhofs führen sollte, genehmigt. Getroffen wurde

diese Entscheidung nach dem 9. September 1941, als in der Slowakei die antisemitischen

Verordnungen des Judenkodex in Kraft traten. Ab 1942 wurden Juden in Konzentrationslager

deportiert, die meisten von ihnen kehrten nicht zurück.

Trotz großer Mühe seitens der Jüdischen Gemeinde und beträchtlicher finanzieller

Kosten konnten lediglich die 23 Gräber von Chatam Sofer und anderer bedeutender

Geistlicher an ihren ursprünglichen Plätzen bleiben. Die anderen Verstorbenen wurden

exhumiert und in ein gemeinsames Grab auf dem neuen orthodoxen Friedhof verlegt.

DIE CHATAM-SOFER-GEDENKSTÄTTE

Um die auf dem alten Friedhof verbliebenen Gräber wurde ein Betonmantel mit einer

Überdachung aus gleichem Material erbaut. So entstand ein unterirdischer Raum, den

orthodoxe Pilger und viele jüdische Gläubige, denen die Bedeutung dieses Ortes bekannt

ist, besuchen. Lange wurde er vernachlässigt. Zwischen 2000 und 2002 wurde

das gesamte Areal renoviert, die Grabsteine wurden restauriert und nach den Plänen

des Architekten Martin Kvasnica wurde unter Einhaltung der strengen Vorschriften der

Das alle anderen überragende Grabmal von Chatam Sofer im unterirdisch eingebetteten jüdischen Friedhof.

Rechts der Eingang zu den Gräbern, die unterhalb der Außen und Innen verbindenden Glasscheiben liegen.


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Halacha eine einzigartige, ehrwürdige Gedenkstätte in moderner Sepulkralarchitektur

errichtet. Heute ist die Chatam-Sofer-Gedenkstätte für die orthodoxen jüdischen Gläubigen

insbesondere am Todestag Chatam Sofers eine wichtige Gedenk-, Gebets- und

Ehrenstätte für diese Persönlichkeit, die nicht nur für die Geschichte der Pressburger jüdischen

Bevölkerung von herausragender Bedeutung ist.

DAS GRAB VON CHATAM SOFERS MUTTER IN FRANKFURT

Der Großteil der jüdischen gläubigen Pilger richtet seine Schritte zu den Gräbern von

Männern, die mit ihrer Weisheit und Frömmigkeit bereits zu ihren Lebzeiten zum Vorbild

wurden. Eine Ausnahme ist das Grab der biblischen Rachel in Betlehem.

Aber auch in Frankfurt am Main befindet sich ein Grab, zu dem viele Gläubige pilgern:

die letzte Ruhestätte von Marat Reisel. Die Mutter des Rabbiners Chatam Sofer

verstarb im Jahr 1822 und wurde auf dem Alten jüdischen Friedhof in der Battonstraße

beerdigt. Nach Worms beherbergt Frankfurt den zweitältesten jüdischen Friedhof

in Deutschland. Da die genaue Lage des Grabes nicht bekannt ist, ließen die Verehrer

von Chatam Sofers Mutter mit bedeutender finanzieller Unterstützung von Sponsoren

einen Gedenkgrabstein in der Mitte des Friedhofs errichten. Dort beten sie und bitten

Marat Reisel um ihre Fürsprache an Gottes Thron.

2013 wurde für Marat Reisel Sofer ein Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Frankfurt errichtet. Der genaue

Ort ihrer letzten Ruhestätte ist jedoch unbekannt.


24

CHATAM SOFER IM GEDÄCHTNIS DER GEGENWART

Die Slowakische Post gab am 12. Dezember 1994 eine

Briefmarke mit dem Portrait von Chatam Sofer heraus.

Gestaltet haben sie der Graveur Martin Činovský

und Dušan Kállay. Die Briefmarke erschien in einer

Auflage von 10 000 Exemplaren.

Das slowakische Museum für jüdische Kultur in

Bratislava verleiht eine Chatam-Sofer-Medaille an

Personen und Institutionen für die Aufrechterhaltung

des Gedenkens und die Entwicklung der jüdischen

Tradition und Kultur. Mit der Medaille

ausgezeichnet wurden bereits

Persönlichkeiten wie die Schriftsteller Ladislav Grosman und Arnošt

Lustig, der Regisseur Jozef Bednárik, führende Politiker aus Israel oder

der ehemalige slowakische Staatspräsident Rudolf Schuster. Die Medaille

wurde 1995 vom akademischen Bildhauer und führenden europäischen

Medaillendesigner Viliam Schiffer entworfen.

Anlässlich des 250. Geburtstags

von Chatam Sofer hat die Slowakische Nationalbank

im Juni 2012 eine Silbermünze herausgegeben.

Sie hat einen Wert von zehn Euro und zeigt

auf der Vorderseite Pressburg in der Zeit des Wirkens

von Chatam Sofer. Auf der Rückseite ist das

Portrait des Gelehrten mit einer Thorarolle und einem

siebenarmigen Kerzenständer, der Menora,

abgebildet. Der Name Chatam Sofers ist sowohl

in lateinischer Schrift als auch auf Hebräisch angegeben.

Die Münze wurde in Kremnitz/Kremnica

in einer Auflage von 13 700 Exemplaren geprägt.

Viera Kamenická

Slowakisches Nationalmuseum –

Museum der jüdischen Kultur, Bratislava


25

Chatam Sofer und seine Gedenkstätte

Im Jahr 2022 gedachten wir bereits zum 260. Mal des Geburtsjubiläums von Mosche

Schreiber, bekannt auch unter dem Namen Chatam Sofer (also »Schreiber« auf Hebräisch).

Geboren wurde er 1762 in Frankfurt am Main und von 1806 bis zu seinem Tod im

Jahr 1839 wirkte er als Oberrabbiner in Pressburg, was der ältere und oft bis heute verwendete

Name von Bratislava ist. Der Name Chatam ist ein Akronym des Werks Chiduschej

Torat Mosche (»Mosches Innovationen der Thora«). Sein Leben und Werk reichen

weit über die Grenzen seiner Gemeinschaft wie auch über seine Epoche hinaus. Der

»Vater des orthodoxen Judaismus« (Michael Silber) oder der »schillerndste Stern in der

Geschichte der Pressburger Gemeinde« (Heinrich Flesch) bleibt für orthodoxe Juden

eine dauerhaft respektierte Autorität. Seine rabbinischen Entscheidungen beeinflussen

ihre Lebensweise bis heute.

DAS LEBEN UND WERK VON CHATAM SOFER

Chatam Sofer war viel in Mitteleuropa unterwegs. Am Anfang wirkte er im heutigen

Deutschland, danach in verschiedenen Städten der gegenwärtigen Tschechischen Republik,

später in Österreich. Seinen Lebensweg beendete er schließlich in der Slowakei.

Seinen beruflich wichtigsten Abschnitt verbrachte er in Pressburg, seit 1919 Bratislava.

Von ganz besonderer Bedeutung war Sofers pädagogische und organisatorische Tätigkeit

an der bekannten Pressburger Jeschiwa. Hier wirkte er als Lehrer, aber auch als deren

Vorsitzender. Es ist vor allem ihm zu verdanken, dass die Schülerzahl bis auf sage

und schreibe vierhundert anstieg, was sie zur »größten Jeschiwa seit Babylons Zeiten«

(Silber) machte. Seine Vorlesungen besuchten neben Studenten auch Rabbiner von nah

und fern sowie zahlreiche Laien.

Interessant war auch Sofers Privatleben. Seine erste Ehe blieb kinderlos. Einige Monate

nach dem Tod seiner Frau Sara heiratete er zum zweiten Mal. Aus dieser Beziehung

gingen elf Kinder hervor. Bei der Geburt des ältesten war der stolze Vater bereits über

fünfzig. Ich habe mir nicht nur über die fachlichen Aspekte seines Lebens und Werks,

sondern oft auch darüber Gedanken gemacht, wie ein nicht mehr ganz so junger Mann,

der sich vor allem aufs Studium der Thora und des Talmuds, auf Meditationen und das

Gebet konzentrierte, darauf reagierte, dass um ihn herum auf einmal immer mehr Kinder

tobten. Seine zweite Ehefrau Seril verstarb im Jahr 1832 mit 42 Jahren. Drei Jahre

später heiratete der bereits 73-jährige Chatam Sofer zum dritten Mal. Mit der Witwe des

Talmud-Gelehrten Zvi Hirsch Heller lebte er dann schließlich bis an sein Lebensende.


26

Chatam Sofer schuf ein umfangreiches, doch der heutigen slowakischen Öffentlichkeit

praktisch unbekanntes Werk. Anders verhält es sich jedoch im traditionellen jüdischen

Umfeld. Hoch geschätzt sind seine Responsen, also schriftlich verfasste Rabbinerantworten,

die im Rahmen der Halacha als autoritative Entscheidungen fungierten.

Die fünf Bände der Sche’elot u-tschuvot Ha-Chatam Sofer (»Responsen des Chatam

Sofer«), wie auch die bereits erwähnten Kommentare zur Thora und zum Talmud (Chiduschej

Chatam Sofer Al Ha Schas) sind bis heute eine Pflichtlektüre für Studierende an orthodoxen

Jeschiwas. Drei Bände seiner Predigten erschienen unter dem Titel Deraschot

ha Chatam Sofer. Der Gelehrte schrieb auch Poesie, die insbesondere von jüdischen

Feiertagen inspiriert war. Seine Gedichtsammlung erblickte das Licht der Welt unter

dem Namen Schirat Mosche (»Mosches Lied«). Sofers einziges autobiografisches Werk,

das Sefer Hazikaron (»Gedenkbuch«) enthält Erinnerungen an die napoleonische Belagerung

von Pressburg. Er verfasste es gleich im Jahr 1809, wobei es, wie auch seine anderen

Arbeiten, von seinen Bewunderern und Nachfolgern erst nach dem Ableben des

Rabbiners veröffentlicht wurde. Der Grund war, dass er zwar ermöglichte, seine Texte

im Manuskript zu lesen, doch nicht deren Veröffentlichung noch zu seinen Lebzeiten

gestattete.

Von der Bedeutung seines Werks zeugt folgendes Fragment vom Epitaph auf Sofers

Grabmal: »Nach seinem Ableben wurden ihm große Ehren erwiesen und die Klagen

der Stadt reichten bis in himmlische Gefilde, das gesamte Volk aus allen Himmelsrichtungen,

von den Jünglingen bis hin zu den Greisen – folgte klagend seinem Sarg. Von

diesen dreihundert ausgewählten Jünglingen, die Tag für Tag seinen Lehren horchten,

trugen fünfzig Bücher seiner Kommentare, die dieser aufgeschrieben hinterließ. Neben

diesen kamen seine Schüler, die auf Rabbinerstühlen in der ganzen Stadt sitzen,

um ihren Lehrer zu betrauern und zu beweinen. Es gab noch nie einen solchen Tag, an

dem so viele bittere Klagen vom Herrn dazukommen würden.« Auch wenn einige dieser

Zahlen und Vergleiche vielleicht etwas hoch gegriffen sind, mindert dies keinesfalls

die Bedeutung seines Vermächtnisses.

UNTERGANG DES ALTEN FRIEDHOFS

Chatam Sofer verstarb am 25. Tischri 5600 (3. Oktober 1839) und wurde in Pressburg

auf dem alten jüdischen Friedhof am Donauufer beigesetzt. Auch mit diesem Ort waren

im Jahr 2022 mehrere Jubiläen verbunden. Seine Anfänge werden mit dem frühen

17. Jahrhundert datiert und die letzte Bestattung liegt bereits über 175 Jahre zurück. Im


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sogenannten Rabbinerbezirk sind die bedeutendsten Rabbiner der Pressburger jüdischen

Gemeinschaft seit Mitte des 17. Jahrhunderts bestattet. Hier finden wir solche

Namen wie Mosche Meir, Akiba Eger, Isak Ha Levi Landau, Meir Barby, Meschulam Eger

Tysmenicer und eben den bekanntesten vor – Chatam Sofer. Vor allem zur Jahrzeit, dem

jährlichen Todestag nach jüdischem Kalender, wird sein Grab von Tausenden gläubigen

Jüdinnen und Juden besucht, die mit ihrer Gegenwart und ihren Gebeten der geistlichen

Autoritäten des traditionellen Judaismus gedenken.

Der Friedhof überstand unbeschadet auch die Gewaltsamkeiten des Revolutionsjahrs

1848, den Ersten Weltkrieg, den Zerfall der k. u. k. Monarchie wie auch die Pogrome gegen

Jüdinnen und Juden in der Anfangsphase der 1918 gegründeten Ersten Tschechoslowakischen

Republik. Den nächsten politischen Wechsel, die Slowakische Republik

der Kriegsjahre 1939 bis 1945, die unter Druck des nationalsozialistischen Deutschland

gegründet worden war, überstand der Friedhof jedoch nicht mehr. Seine Gefährdung

hatte sich aber bereits Anfang der 1930er Jahre ergeben. Damals wurden Pläne für die

Boden verbesserung der Donauufer und Erweiterung der Uferpromenade erstellt. Wahres

Unheil brachte jedoch die Entscheidung der Pressburger Behörden, die 1942 den Bau

des Straßenbahntunnels genehmigten. Die optimale Lösung dieses Vorhabens erforderte

nämlich die Liquidierung des alten Friedhofs. Trotz der bereits laufenden Deportationen

vermochte es die jüdische Gemeinschaft, zumindest den Rabbinerbezirk, der

his torisch und religiös betrachtet den bedeutendsten Teil des Friedhofs ausmachte, zu

retten. Im »Tagebuch eines jungen Rabbiners« von Armin Frieder, das im Slowakischen

Nationalmuseum aufbewahrt wird, finden wir 1942 auch folgende Worte: »Immer noch

offen blieb da die Hauptfrage: Werden die Behörden unsere größten Thora-Gelehrten

friedlich in ihren Gräbern ruhen lassen, oder werden sie uns zwingen, die Gebeine der

Toten Geonim aus dem Boden zu reißen, so, wie sie es auch mit unseren lebenden Brüdern

machten, die sie aus ihren Häusern vertrieben haben?«

Fromme Juden im In- und Ausland erreichten schließlich, dass die Behörden gestatteten,

die Gräber des Rabbinerbezirks an ihrer ursprünglichen Stelle zu belassen.

Die anderen Überreste betteten die Mitglieder der Bestattungsbrüderschaft Chevra

Kadischa unter Aufsicht von Rabbinern in ein gemeinsames Grab auf den unweit gelegenen

orthodoxen Friedhof um. Den Erinnerungen nach »… wurde jedes Grab vorsichtig

geöffnet und die Knochen wurden in kleine Holzsärge gelegt, die dann in einem

gemeinsamen Grab mit einer Erdschicht zwischen den Särgen auf der Fläche des

neuen Friedhofs beigesetzt wurden«. Die vom menschlichen wie auch vom religiösen

Standpunkt akzeptierbare Umbettung der sterblichen Überreste und vor allem die


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Verhinderung der Zerstörung des Rabbinerbezirks wird manchmal dem politischen

Druck aus dem Ausland zugeschrieben. Die jüdische Tradition erwähnt in diesem Zusammenhang

vor allem den geheimnisvollen Fluch des Chatam Sofer. Andere, einschließlich

meiner Person, suchen nach einer Erklärung in der Korruption der Behörden. Diese

Ansicht bestätigt auch Rabbiner Frieder. Im Dezember 1943 wandte er sich an die ganze

jüdische Kultusgemeinde, »… mit einem freiwilligen Betrag in Form einer Sondersteuer

oder einer direkten Spende zur Deckung der enormen Ausgaben für dieses Projekt

beizutragen«.

Die Überreste des alten Friedhofs »überlebten« den Holocaust, doch die Gefährdungen

verschwanden auch nach der Befreiung nicht. Am 25. Februar 1948 kam die Kommunistische

Partei der Tschechoslowakei an die Macht und bereits im März 1949 entschied

der Slowakische Abgeordnetenrat, dass der Tunnelbau schleunigst fertiggestellt

werden müsse. Er verlangte deshalb, dass »… sämtliche Gräber ausnahmslos und mit

der gebührenden Pietät so umgebettet werden, dass der Fertigstellungstermin des Tunnels

unter der Pressburger Burg und des errichteten Verkehrswegs nicht aufgeschoben

werden« müsse. Die jüdische Gemeinschaft gab nicht auf und legte gegen diese Entscheidung

Berufung ein. Sie schlug vor, das Grab des Rabbiners Chatam Sofer und weiterer

jüdischer Gelehrter unberührt zu lassen, wobei die obigen Gräber durch den Bau

eines unterirdischen Mausoleums unterhalb des umliegenden, durch die Regulierung

reparierten Geländes liegen würden. Diese Lösung wurde von den Behörden auch dank

der Unterstützung durch den Architekten Ernest Hron akzeptiert. Seitdem werden die

Gräber vor der umliegenden Welt durch eine bis zu 75 Zentimeter starke Betondecke

geschützt.

Auch die unterirdisch gelegenen Gräber wurden von den Gläubigen weiter besucht.

Von der Straße aus ging es über eine quadratische Stahlklappe, die jeweils von einem

betrauten Mitarbeiter der Jüdischen Kultusgemeinde aufgesperrt wurde, hinunter. Mehrere

Bekannte erzählten mir von ihrem Erstaunen, ja sogar Schreck, wenn sich auf einmal

eine Stahlklappe öffnete und aus dem Untergrund exotisch aussehende Männer

mit Vollbärten, schwarzer Kleidung und großen Hüten hinausstiegen.

Im Jahr 1982 verschlechterte sich der Zustand der Grabstätte in kritischer Weise. Damals

verlegte die Stadt durch den Tunnel Straßenbahngleise, welche über den Friedhof

führten. Direkt über den Gräbern entstand eine Haltestelle. Die zuvor erwähnte

quadratische Stahlklappe wurde durch eine Bude aus Plexiglas ersetzt, die wie ein Teil

der eigentlichen Haltestelle aussah. Zu den Gräbern ging es auch weiterhin über die

ursprüngliche Treppe. Was die Besucher beim Herabsteigen als erstes zu sehen beka-


29

men, war die niedrige Decke, eine schwache Beleuchtung, der ständig verschlammte

Boden, aber auch die spezifische und unvergessliche Atmosphäre. Der heftige Bremsund

Anfahrvorgang der Straßenbahnen führte nicht nur zu einer starken Geräuschkulisse,

sondern beschleunigte zunehmend auch den Zerfall der Grabsteine aus Sandstein.

In einer scheinbar ausweglosen Situation gab es nach der Wende im November

1989 Bemühungen aus dem Ausland, diesen historisch und vor allem religiös wertvollen

Ort zu retten und ich hatte das Glück, hier persönlich involviert zu sein. 1996 wurde

ich nämlich zum Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde gewählt. Die Sanierung

des Friedhofs konnte ich somit aufgrund meiner Funktion, aber auch als Ethnologe und

schließlich als neugieriger und oftmals überraschter Beobachter im wahrsten Sinne des

Wortes »live« verfolgen.

DIE ANFÄNGE: ENTFERNEN DER GLEISE

Der Beginn der neuen Geschichte dieser Grabstätte war für mich jener Tag, als sich im

Büro der Jüdischen Kultusgemeinde ein Vertreter des Internationalen Komitees zur Rettung

der Weisengräber aus Pressburg einfand. Ich versprach, ein Treffen mit dem damaligen

Oberbürgermeister von Bratislava Peter Kresánek anzubahnen. Er empfing

die Delegation, hörte sich alles mit Interesse an und sicherte seine Unterstützung zu.

Es folgte ein Briefwechsel zwischen der Kultusgemeinde, dem Internationalen Komitee

und dem Magistrat. Eine wichtige Rolle spielte hier auch Martin Bútora, der slowakische

Botschafter in Washington. Nach längeren Verhandlungen unterzeichneten der

Vorsitzende des Internationalen Komitees Romi Cohn, der neu gewählte Bürgermeister

und ehemalige Premierminister Jozef Moravčík und ich im Namen der Jüdischen

Kultus gemeinde Bratislava am 5. Juli 1999 eine entsprechende Absichtserklärung. Der

umfangreiche Text versprach, dass die Stadt finanziell und organisatorisch für das Umbetten

der Gleise von der Fläche des alten Friedhofs weg sorgen und das Internationale

Komitee schließlich eine würdige Gedenkstätte errichten werde. In der Euphorie

über die erreichte Vereinbarung war wirklich nur den wenigsten bewusst, was Punkt 7

eigentlich bedeutet: »Sämtliche Angelegenheiten, die sich aus diesem Memorandum

ergeben und die Halacha betreffen, werden zur Entscheidung ans Rabbinerkomitee des

Internationalen Komitees geleitet, wobei die Entscheidungen des Rabbinerkomitees

dann auch endgültig sein werden. Sollten Zweifel aufkommen, ob eine Angelegenheit

die Halacha betrifft, so wird diese als Halacha-Angelegenheit behandelt und entsprechend

dieser Bestimmung behandelt.«


30

Im Rahmen des Budgets für das Jahr 2000 verabschiedeten die Stadtabgeordneten

Mittel, die für das Umbetten der Straßenbahngleise bestimmt waren. Normalerweise

bedeutete diese Vorgabe und Auflage in der realen Baupraxis Graben, Bohren, das Herausreißen

von Schienen, Abtragen von Asphalt und Beton, das Entfernen nicht mehr

funktionsfähiger Versorgungsnetze, das Abdecken des alten Wasserleitungsschachts

usw. Die Arbeiten wie auch die mit diesen verbundenen Komplikationen begannen am

13. Oktober 2000. Das Internationale Komitee entsandte Maschgiach Gerschon Turm aus

Israel. Seine Aufgabe bestand darin, sicherzustellen, dass während der Arbeiten im Bereich

des Friedhofs die Auflagen der Halacha eingehalten würden. Zum Entsetzen des

Bauteams achtete Turm wirklich penibel darauf, dass die Totenruhe durch nichts gestört

würde. Er schränkte die Erdarbeiten wie auch die Nutzung schwerer Gerätschaften

ein und untersagte Arbeiten am Sabbat und an anderen jüdischen Feiertagen. Er

kontrollierte penibel auch sämtliche verdächtigen Gegenstände, um wirklich sicherzugehen,

dass sich unter diesen keine menschlichen Knochenfragmente befanden. Trotz

unerwarteter Probleme gelang es schließlich, dieses komplizierte Unterfangen erfolgreich

abzuschließen. Am 27. November 2000 passierte die erste Straßenbahn, welche

die Friedhofsfläche bereits gänzlich mied, den Tunnel. Dann kam die Errichtung der

Gedenkstätte an die Reihe.

BAU DER GEDENKSTÄTTE

Für viele war es durchaus eine Überraschung, dass für ein solch bedeutendes Projekt das

Internationale Komitee weder einen ausländischen Architekten noch jemanden aus der

jüdischen Gemeinschaft betraute, sondern Martin Kvasnica aus Bratislava. Romi Cohn

erläuterte den Journalisten diplomatisch, dass es in der Slowakei genug fähige Experten

gebe, doch allen Eingeweihten war klar, dass das Komitee auf diese Weise sehr geschickt

Protektionismusvorwürfen, die unumgänglich bei jedem erfolgreichen jüdischen

Bewerber aufgekommen wären, vorbeugte. Martin Kvasnica bekam nach eigenen Worten

die Vorgabe, inmitten des Friedhofs die Gedenkstätte so zu errichten, dass sie nicht

auf dem Friedhof stehe und sämtliche Bauarbeiten die Totenruhe respektieren würden.

Bei der Suche nach einer Lösung war er sich bewusst, dass in strittigen Fällen religiöse

Aspekte ausschlaggebend, technische Probleme aber für den Bauherrn nur von sekundärer

Bedeutung wären. Auch die Mitarbeiter der Baufirma mussten die Auflagen

und Anforderungen der Halacha respektieren. Das erste komplexe Problem war das Abtragen

der Betondecke. Dazu verwendeten sie Sonderanfertigungen großformatiger


31

diamantbestückter Trennscheiben. Unter Anwendung einer Vielzahl von Sicherheitsmaßnahmen

verlief die ganze Operation erfolgreich und die Gräber kamen nach sechs

Jahrzehnten wieder ans Tageslicht.

Der vierzig Meter lange Gehsteig ermöglicht auch den Cohanim Zugang zu den Gräbern.

Die Angehörigen dieses Priestergeschlechts durften als einzige im Tempel von

Jerusalem als Priester dienen. Ihnen ist es nämlich strengstens untersagt, einen Leichnam

oder den Friedhofsboden zu berühren, weil sie dadurch ihr Priestercharisma verlieren

würden. Dieser Gehsteig kopiert den Verlauf des ursprünglichen Straßenbahngleises,

da eine neue Fundamentierung im Friedhofsterrain keine Option war. Damit die

Cohanim sich nicht mit den Gräbern unter einem Dach wiederfinden, sind diese von

der Grabstätte durch einen gläsernen Vorhang getrennt. Martin Kvasnica dachte sich

dafür eine weitere Maßnahme aus: »Für den Fall, dass die Tür auf dieser verglasten Seite

offen sein sollte, schlug ich direkt über dieser eine Unterbrechung des Daches durch

eine unverdeckte Öffnung vor, der ich den Namen ›Cohanim-Separator‹ gab. Nach

Zu seinem Todestag nach dem jüdischen Kalender besuchen Gläubige aus aller Welt das Grab Chatam Sofers.


32

Ansicht angesehener Rabbiner-Autoritäten ist diese Lösung weltweit einzigartig.« Besucherinnen

und Besucher können nicht nur die durchdachten Lösungen bewundern,

sondern auch das originelle Eingangsgitter, die Tür und ein steinernes Waschbecken –

Werke des bekannten slowakischen Künstlers Fero Guldan.

DAS NEUE LEBEN DES ALTEN FRIEDHOFS

Trotz zahlreicher Komplikationen gelang es, das Projekt zu einem erfolgreichen Ende

zu bringen – in Zusammenarbeit orthodoxer Gläubiger, des Pressburger Magistrats, der

örtlichen jüdischen Gemeinschaft und der Baufirma Raft. Das Ergebnis ist ein einzigartiges

Objekt von enormem religiösen, architektonischen, historischen, kulturellen und gesellschaftlichen

Wert. Bis heute betrachte ich es als große Ehre, dass ich am 8. Juli 2002

zur festlichen Eröffnung der Chatam-Sofer-Gedenkstätte mehrere Rabbinerautoritäten

wie auch bedeutende Persönlichkeiten der slowakischen Politik und Kultur, einschließlich

des damaligen Präsidenten Rudolf Schuster und seines Amtsvorgängers Michal

Kováč, aber auch zahlreiche Interessierte aus der jüdischen Gemeinschaft und der slowakischen

Öffentlichkeit begrüßen konnte. Die Gedenkstätte wurde schließlich zu einer

neuen modernen »Dominante« der Stadt, deren jährliche Besuchszahlen in die Zehntausende

gehen. Unter ihnen überwiegen gläubige Jüdinnen und Juden, doch es kommen

auch Regierungsdelegationen, Touristinnen und Touristen aus der ganzen Welt sowie

Einheimische.

Das Ergebnis der Sanierung der Chatam-Sofer-Gedenkstätte ist eigentlich die Fortsetzung

dessen, was ein Teilnehmer der Umbettung der Überreste im Jahr 1955 beschrieb:

»Das große Wunder geschah also doch, der Verkehrsweg wurde plangemäß angepasst

und die Rabbinergräber konnten dennoch an ihrer ursprünglichen Stelle bleiben.«

Dr. Peter Salner

Institut für Ethnologie und Sozialanthropologie der

Slowakischen Akademie der Wissenschaften

Literatur

Heinrich Flesch, Das Geistige Leben in Pressburg. In Gold, Hugo: Die Juden und die Judengemeinde

Bratislava in Vergangenheit und Gegenwart. Brünn 1932

Michael Silber, Sofer, Mosheh, www.yivoencyclopedia.org


33

Chatam Sofer zwischen Frankfurt und Bratislava

Der Rabbiner Chatam Sofer stellt heute einen Bestandteil des multikulturellen Pantheons

von Persönlichkeiten unserer Hauptstadt Bratislava (Pressburg). Nach Jahrzehnten

der Vergessenheit seiner unterirdischen Grabstätte am Tunnel wurde er mit einer

Briefmarke, einer Silbermünze und als Namensgeber der Straße »Sofers Treppe« sowie

einer Haltestelle geehrt. Ein braunes Verkehrsschild, das Besucherinnen und Besucher

an verschiedenen Einfahrten in die Stadt willkommen heißt, wirbt für eine einzigartige

Gedenkstätte, in der er zusammen mit anderen bedeutenden Rabbinern und Gelehrten

beerdigt wurde. Die Eigentümerin der Anlage, die Jüdische Gemeinde Bratislava,

strebt seit langem eine Eintragung des Bauwerks in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes

an. Des zwanzigjährigen Bestehens der modernen Anlage wurde mit einer Ausstellung

im Jüdischen Gemeindemuseum gedacht. Anlässlich des Eröffnungsjubiläums

wurde am 8. Juli 2022 in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte Chatam Sofers ein Postschalter

eingerichtet. Interessierte konnten sich über einen Sonderstempel anlässlich

des Jubiläums freuen. Das Thema hat gebührendes Interesse bei den Medien geweckt.

Wir können behaupten, dass die Persönlichkeit des Rabbiners nun tief im Bewusstsein

der Öffentlichkeit Bratislavas verankert ist, so unterschiedlich sie auch betrachtet wird.

Zu beantworten bleibt eine etwas kompliziertere Frage: Wer war Chatam Sofer? Bürgerlich

Mosche Schreiber genannt, gehörte er zu den größten geistigen Autoritäten

des traditionellen Judentums. Zu Lebzeiten wurde er als gaon (Genius) betitelt. Dies

basiert auf seinen brillanten intellektuellen Fähigkeiten, den reichen Kenntnissen der

Thora und jüdischer Gesetze. Auf seinem Grabstein steht der Name Mosche Sofer aus

Frankfurt am Main. Zu seinem Geburtsort pflegte er stets eine tiefe Verbundenheit. Verlassen

hat er die Stadt spontan als junger Mann von 17 Jahren. Er hat sich nicht einmal

von seiner Mutter verabschiedet und zurückgekehrt ist er nur einmal, um sich ihren

Segen zur anstehenden Trauung einzuholen. Zum Zeitpunkt seiner Ankunft in Pressburg,

unter welchem historischen Namen unsere Hauptstadt in der jüdischen Welt dank

Chatam Sofer berühmt wurde, war er vierundvierzig Jahre alt. Er war ein erfahrener Rabbiner

auf dem Höhepunkt seiner Vitalität.

Europa erfuhr zu seiner Zeit grundlegende Änderungen, die sich auch auf die jüdische

Welt auswirkten. Und gerade Chatam Sofer wurde zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten,

die auf diese Änderungen reagiert und die grundsätzliche ideologische

Stellung der bis heute aktuellen Doktrin des orthodoxen Judaismus formuliert haben.

Diese Änderungen initiierte der Staat mittels Reformen mit der Absicht einer politischen


34

und wirtschaftlichen Modernisierung des Landes. Es war ein langwieriger, Jahrzehnte

andauernder Prozess, der vom Kampf zwischen der konservativen und der progressiven

politischen Elite begleitet wurde. In Ungarn wird dieser Zeitraum auch als Reformära

bezeichnet. Sie verlief zwischen 1825 und der Revolution im Jahr 1848. Im Frühling

1848 wurden die sogenannten Märzgesetze zur Abschaffung der Leibeigenschaft verabschiedet.

Im Reformprozess wurde sich auch um die bürgerliche Emanzipation der jüdischen

Bevölkerung bemüht. Ein Jahr nach dem Tod Chatam Sofers wurde ein Gesetz

verabschiedet, das den Juden die Ansiedelung in den königlichen Städten gestattete.

Dieser Meilenstein bedeutete, dass sie ab diesem Zeitpunkt Immobilien erwerben und

auch in Pressburg frei leben durften. Der Schlossgrund, slowakisch Podhradie, unter der

Burg, in dem die jüdische Gemeinde bis dahin gelebt hatte, war kein Stadtgebiet, sondern

gehörte zum Herrschaftsbesitz der Burg. Die Juden waren jahrhundertelang dem

Grafen Pálffy untertan und keine Stadtbürger. Sie konnten nur in einem Ghetto, dessen

Tore die Stadtwächter für die Nacht schlossen, leben. Die Mauern des Ghettos sonderten

die jüdische Gemeinde nicht nur von der christlichen Mehrheit ab, sondern garantierten

auch eine bessere soziale Kontrolle über die Einhaltung religiöser Normen

in einer isolierten Gemeinschaft. Der Fall der Ghetto-Mauern brachte eine bis dahin unbekannte

Situation mit sich.

Der Prozess entfaltete sich auf dem ganzen Kontinent, wenn auch unterschiedlich

schnell. In Frankreich (1791), in den Niederlanden (1796), in deutschen Ländern und später

auch in weiteren (Österreich und Ungarn im Jahr 1867) erhielten Juden Bürgerrechte.

Der Kaiser der Aufklärung, Joseph II., hatte bereits 1782 ein Toleranzpatent für die jüdische

Bevölkerung erlassen. Neben den zugesprochenen Freiheiten wurde dadurch

die Autonomie der jüdischen Gemeinden auf dem Gebiet der rabbinischen Rechtsprechung

sowie dem Steuer- und Schulwesen deutlich eingeschränkt. Die soziale Interaktion

mit der Mehrheitsgesellschaft bedeutete die Annahme kultureller Reformen und

Lebensweisen der Umgebung. Am Ende dieses Prozesses drohte die Unterbrechung der

Bindung zu jüdischen Traditionen und Werten oder eine vollständige Assimilierung in

unterschiedlichen Formen, angefangen mit religiöser Laxheit über gemischte Ehen bis

zur Konvertierung zum Christentum.

Andererseits beobachteten Juden und Jüdinnen diese Prozesse in der Gesellschaft

und der Gemeinde nicht lediglich passiv, sondern sie formulierten neue ideologische

Standpunkte. In der jüdischen Welt breitete sich die Bewegung Haskala, die jüdische

Aufklärung, aus. Ihre Repräsentanten und Repräsentantinnen, als Maskilim bezeichnet,

waren Intellektuelle, die Bildungs- und Kulturreformen initiierten und Werke auf den Ge-


35

bieten der Sprachwissenschaften, Geschichte, Literatur und Philosophie herausgaben.

Neue gesellschaftliche Verhältnisse brachten ebenfalls das Bedürfnis der Suche nach

Veränderungen in der jüdischen Religiosität mit sich. Die Reformen wurden als Eingriffe

in liturgische Texte, neue Formen des Gottesdienstes, in der Gestaltung der Gebetsräume

und als neue architektonische Lösungen beim Synagogenbau deutlich. Es kamen

Rabbiner, die neben der traditionellen jüdischen Ausbildung auch Abschlüsse profaner

Universitäten hatten. Zentrum dieser Reformen war Deutschland, die Tendenzen verbreiteten

sich aber schrittweise auch in Nachbarländern, Ungarn inbegriffen.

Vor seiner Fahrt nach Pressburg hatte Chatam Sofer einen Brief von den Eliten der

hiesigen jüdischen Gemeinde erhalten. Sie wiesen darauf hin, dass sich viele den neuen

Umständen anpassten. Diese zögen nichtjüdische Kleidung an, rasierten sich, ließen

sich auch während der Halbfeiertage und der Omer-Zählung die Haare schneiden.

Ihre Ehefrauen und Töchter schminkten ihre Augen und trügen Perücken. Auch wenn

es dem Rabbiner nicht recht sein werde, könne dies in einer großen Stadt nicht beeinflusst

werden.

Die Gemeinde in Pressburg bildete keine ideologisch homogene Gemeinschaft.

Die unterschiedlichen Auffassungen arteten später in einen Konflikt zwischen Chatam

Sofer und den Repräsentanten der jüdischen Gemeinde mit dem Vorsitzenden Wolf

Die Pressburger Judengasse neben der Schlossstiege auf einer Grafik aus dem 19. Jahrhundert


36

Breisach an der Spitze aus. 1820 gründete die Gemeinde eine jüdische Grundschule. Unterrichtet

wurden auch säkulare Fächer und das Programm stand im Widerspruch zum

traditionellen Bildungsprozess. Für die Traditionalisten und das Rabbinat von Chatam

Sofer war die Schuleröffnung ein Schock. Einige Jahre später versuchte der Vorsitzende

der Gemeinde sogar, die Schließung der Pressburger Jeschiwa durchzusetzen, was

ihm allerdings nicht gelang. Er erlitt einen Schlaganfall und starb. Die Traditionalisten

deuteten dies als Strafe Gottes.

Chatam Sofer war ein überlegter Stratege und schlug nicht den Weg der direkten

Konfrontation mit seinen ideologischen Gegnern in der Gemeinde ein. Damals schon

war er eine anerkannte halachische Autorität und erhielt von seinen Rabbinerkollegen

Fragen zu diversen Lebensaspekten. Auf Hebräisch bezeichnet man den gesamten

Komplex in der rabbinischer Literatur She‘elot u-teshuvot (kurz Shut, übersetzt »Fragen

und Antworten«) oder Responsen (vom lateinischen responsum). Chatam Sofer verfasste

beispielsweise rabbinische Beschlüsse darüber, ob der Fisch Stör koscher sei, ob die

Bima in der Synagoge strikt in der Mitte des Gebetsraumes zu platzieren sei oder ob ein

jüdischer Bildhauer menschliche Statuen gestalten dürfe. Insgesamt sind rund 1 500

Responsen von Chatam Sofer erhalten geblieben.

Der Rabbiner nahm auch an internationalen Diskussionen teil, zum Beispiel an Gesprächen

über den Genuss von Hülsenfrüchten im Zeitraum des Pessach oder an der

Kontroverse über den Tempel von Hamburg, wo die Gemeinde ein Gebetsbuch im Widerspruch

zur traditionellen jüdischen Liturgie herausgegeben und weitere Reformen

eingeführt hatte. Chatam Sofer vertrat die traditionalistische Front, die in der Streitschrift

Eleh divre ha-berit von 1819 die ideologischen Standpunkte der Hamburger Reformisten

infrage stellte.

Die zweite, nicht weniger bedeutende Tätigkeit des obersten Pressburger Rabbiners

war die Leitung der Pressburger Jeschiwa, die er auf ein Spitzenniveau hob. Zu seiner

Zeit gehörte sie zu den prominentesten Bildungsstätten in der jüdischen Welt. Angenommen

wurden Studenten im Alter von 18 bis 19 Jahren nach einem erfolgten Studium

an einer der von ihm anerkannten Jeschiwas. Sofer führte ein innovatives Modell

des Studiums ein und erweiterte dieses schrittweise um weitere Rabbinerschulen im

damaligen Ungarn. Zusammen mit seinen Schülern setzte er sich mit jedem Traktat der

Thora ausführlich in den zwei Vorlesungszyklen Shiur Pashut und Shiur Ijun auseinander.

Der erste Zyklus wurde einer äußeren Betrachtung gewidmet, während der zweite

eine tiefe Analyse einzelner Passagen einschließlich Problembehandlung und praktischer

Anwendung in der gegenwärtigen Welt bot.


37

Seinerzeit studierten in der Jeschiwa etwa 250, in der Ära seines Sohnes Ketav Sofer

sogar 400 Studenten und sie war die größte in Europa. In den drei Jahrzehnten seiner

Tätigkeit erzog der charismatische Chatam Sofer eine neue Generation von Rabbinern.

Sie trugen seine Lehre in die ganze Welt. Allein in Ungarn wurden etwa einhundert Rabbinerposten

durch seine Schüler besetzt.

Sofer hat die Veränderungen der jüdischen Welt vorhergesehen. Er verfolgte die

Entwicklungen in Deutschland, beobachtete die Situation im eigenen Land: die Bemühungen

um die Beseitigung legislativer Hindernisse für die jüdische Bevölkerung und

den Kampf um bürgerliche Emanzipation. In seinem ethischen Testament aus dem Jahr

1837, das bei seiner Beerdigung 1839 verlesen wurde, steht: »Wendet euren Geist nicht

dem Bösen zu und geht nie eine korrumpierende Partnerschaft mit Innovatoren, die

als Strafe für unsere zahlreichen Fehler unseren Allmächtigen und Sein Gesetz meiden,

ein! [… Ihre] Töchter können sich mit Büchern auf Deutsch befassen, erfasst in unserer

Schrift, nach Auslegung unserer Lehrer (mögen sie im Frieden ruhen), und keine anderen!

Und dein Fuß betritt kein Theater. […] Hüte dich davor, deinen jüdischen Namen,

Synagoge in St. Georgen/Svätý Jur in den 1990er Jahren, die einzige noch erhaltene Wirkungsstätte von

Chatam Sofer. Hier fand er Zuflucht, als napoleonische Truppen 1809 Pressburg belagerten.


38

deine Sprache und Kleidung zu verändern – Bewahre Gott. […] Sage nie »die Zeiten haben

sich geändert«! Wir haben einen alten Vater – gepriesen sei sein Name – der sich

nie geändert hat und nie ändern wird …«

Änderungen und Reformen in der jüdischen Tradition lehnte Chatam Sofer kategorisch

ab, weil er sie als Bedrohung für das Judentum betrachtete. Manche sehen in ihm

einen Fundamentalisten, manche einen Heiligen, Zaddik. Wie dem auch sei, er gehörte

zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der jüdischen Welt des 19. Jahrhunderts, der Geschichte

der Pressburger und der ungarischen bzw. slowakischen jüdischen Gemeinden.

Der Rabbiner unterstützte die jüdische Besiedelung des Heiligen Landes, das Studium

des Hebräischen und war auch als Kritiker sozialer Verhältnisse in der Gemeinde bekannt.

Zwei der Söhne Chatam Sofers waren als Rabbiner tätig. Abraham Samuel Benjamin

Sofer wurde zu seinem Nachfolger in Pressburg und Simon Sofer (1821–1883, Miktav

Sofer) zum obersten Rabbiner in Krakau. Der mittlere Sohn Joseph Jozpa Sofer (1819–

1883) lebte als Händler in Šúrovce bei Tyrnau/Trnava, wo er als Opfer eines räuberischen

Diebstahls verstarb und auf dem jüdischen Friedhof beerdigt wurde. Sofers Töchter haben

bedeutende Rabbiner geheiratet, von denen manche Sofers Schüler waren.

Die unglückbringenden Ideologien des 20. Jahrhunderts, der Nationalsozialismus

und der Kommunismus, haben die jüdische Gemeinde in Bratislava zerstört. Holocaust,

Emigration und kommunistische Verfolgung verursachten den Untergang der Stadt als

wichtiges geistiges Zentrum der jüdischen Welt. Geblieben sind nur Grabstätten bedeutender

Rabbiner der Vergangenheit und Erinnerungen an den ehemaligen Ruhm. In den

Jahren 1999 bis 2002 wurde über dem Fragment des erhaltenen Friedhofs ein architektonisch

ergreifendes Bauwerk, das die unterirdischen Räume des ursprünglichen Friedhofs

schützt und als moderne Pilgerstätte dient, errichtet.

Chatam Sofers Denkmal ist heute eine der bedeutendsten Gedenkstätten des jüdischen

kulturellen Erbes in Europa. Es kommen viele Menschen unterschiedlicher Kulturen

und Religionen hierher. Das Gelände ist kein Museum, sondern ein heiliger Ort der

jüdischen Tradition. Orthodoxe Pilger aus der ganzen Welt besuchen ihn, um am Grab

Chatam Sofers und anderer hier beigesetzter Zaddiken (Gelehrten der Thora) zu beten.

Sie kommen nicht, um die Überreste der beigesetzten Rabbiner zu verehren, sondern

weil das Gebet am Grab eines Gelehrten der Thora eine spezielle geistige Dimension

annimmt. Nach einer jüdischen Tradition überdauert nach der Zerstörung des Tempels

in Jerusalem die Schechina (Einwohnung Gottes) auf den Gräbern der Zaddiken.

Die Pilger beten oft für die Genesung von Kranken und legen kvitlach – kleine Zettel

mit einer Fürbitte – in die Grabstätte.


39

Regelmäßig kommt auch Rabbiner Samuel Wiess aus der israelischen Stadt Bnei Brak.

Sein Großvater hatte sich 1943/44 an der Rettung dieser Gräber beteiligt. Rabbiner Weiss

erklärt: »Das Denkmal Chatam Sofers ist ein einzigartiges Monument der Einwohnung

Gottes, wo wir beten und unsere innersten Gefühle zum Schöpfer äußern. Es gedenkt

der berühmten Vergangenheit unserer geistigen Führer über Generationen, deren Doktrin

und Lehre bis heute mit uns sind. Außerdem fühlen wir, dass dieses Denkmal ein Ort

des physischen und geistigen Beisammenseins mit den größten Persönlichkeiten ist.«

Rabbinische Entscheidungen Chatam Sofers zusammen mit seiner halachischen

Argumentation bleiben ein Standard im Lehrstoff von Jeschiwas (Rabbinerakademien)

und seine ideologischen Formulierungen werden in der orthodoxen Welt bis heute respektiert.

Deshalb ist ein Besuch seines Grabes in Bratislava ein Bestandteil der Itinerarien

orthodoxer Pilger. Ganze Familien reisen an, manchmal verbringen sie den Schabbat

in Bratislava, aber auch Busse voller Jeschiwa-Studenten. Oft besuchen sie auch andere

Ruhestätten bedeutender jüdischer Persönlichkeiten in Nikolsburg/Mikulov in Mähren,

Neu Sandez/Nowy Sącz in Polen, Bodrogkeresztúr in Ungarn sowie Dunajská Streda,

Neutra/Nitra, Pistyan/Piešťany, Vrbau/Vrbové, Neustadt an der Waag/Nové Mesto nad

Váhom oder Kaschau/Košice in der Slowakei. Sie bereisen Mitteleuropa nicht, um leere –

wenn auch oft restaurierte – Synagogen, Konzentrationslager oder Holocaust-Denkmäler

zu besichtigen. Sie gedenken großartiger Persönlichkeiten jüdischer Tradition in ihrer

orthodoxen Auslegung, die einen untrennbaren Bestandteil ihres Alltags darstellt.

Eine weitere besondere Gruppe bilden jüdische Touristinnen und Touristen, die aufgrund

ihres kulturellen Interesses hierherkommen. Beim sogenannten Jewish heritage

travel handelt es sich um spezialisierte Studienreisen mit der Thematik des jüdischen

Kulturerbes. Außerdem kommen Reisende, deren Ziele in Mitteleuropa um jüdische

Denkmäler erweitert werden.

Das Denkmal ist Teil der Bildungsprogramme für jüdische Organisationen, aber

auch für kirchliche Gruppen im Rahmen des wachsenden jüdisch-christlichen Dialogs

und Interesses am jüdischen Kulturerbe. Deutsche Gäste revidieren oft ihre Stereotype

über einen typischen Frankfurter, nachdem ihnen bewusst wird, dass Chatam

Sofer ihr Landsmann ist.

Das wertvolle Gelände am Tunnel ist oft Teil des offiziellen Programms für zahlreiche

Besuche von Staatsoberhäuptern und Delegationen. Repräsentanten der Jüdischen

Gemeinde haben hier bereits oft israelische Präsidenten, Minister und Regierungsmitglieder

sowie Repräsentanten anderer ausländischer Regierungen und Botschaften begrüßt.

Unter den Gästen waren außerdem Repräsentanten internationaler Institutio nen,


40

Nobelpreisträger und andere Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Wissenschaften und

Kultur. Nicht zu vergessen sind die Repräsentantinnen und Repräsentanten der slowakischen

Politik- und Kulturszene.

Für die Slowakei leistet das Denkmal Chatam Sofers noch einen anderen bedeutenden

Beitrag. Es ist Bestandteil der »Slowakischen Route des jüdischen Kulturerbes«, auf

der sich die bedeutendsten jüdischen Denkmäler im Land befinden. Die Route bereisen

Gäste aus der ganzen Welt. Die hiesigen Kulturorganisationen und Vereine organisieren

verschiedene Veranstaltungen, zum Beispiel den Europäischen Tag der jüdischen

Kultur, an dem den Besuchenden Zutritt zum Denkmal gewährt wird. Auch anlässlich

der Schulveranstaltung »Jüdisches Kulturerbe in Bratislava« für die Oberstufe wird das

Denkmal präsentiert. Dieses Programm wurde 2013 gestartet und sein Ziel ist es, Jugendlichen

die zahlreichen Gedächtnisorte der jüdischen Kultur im Kontext der lokalen

Geschichte zugänglich zu machen und damit Vorurteilen zu begegnen sowie zur Toleranz

und kulturellen Offenheit zu erziehen. Bis heute haben Hunderte junge Menschen

unter der Leitung erfahrener Fachleute auf den Gebieten der Geschichte, der Religion

und der jüdischen Kultur diesen faszinierenden Ort und die damit zusammenhängende

Vergangenheit ihrer Hauptstadt kennengelernt.

Auf diese Weise bemühen wir uns um eine Korrektur eines monokulturellen Narrativs,

das während der jahrzehntelangen kommunistischen Diktatur gezielt die jüdische

Geschichte von Bratislava marginalisiert hat. Für die Einwohnerinnen und Einwohner

Bratislavas wurde das Denkmal zum Symbol für Toleranz und gegenseitigen Respekt –

in der Ruhestätte eines bedeutenden Frankfurters, der dreiunddreißig Jahre seines intellektuell

produktiven Lebens hier gelebt und aus unserer Hauptstadt ein führendes

Zentrum der jüdischen Welt gemacht hat.

Dr. Maroš Borský

Direktor des Jüdischen Gemeindemuseums

und des Jüdischen Kulturinstituts in Bratislava


41

Die Mutter des Chatam Sofer

Zu den meistbesuchten Grabstätten auf dem Alten jüdischen Friedhof in Frankfurt zählt

noch heute die von Marat Reisel Sofer. Sie hatte einst ihre Nachkommen und auch alle

anderen, die des Beistands bedurften, aufgefordert, nach ihrem Tod an ihr Grab zu kommen

und ihre Nöte und Sorgen vorzutragen. Sie werde, so hatte sie versprochen, für sie

am Thron des Ewigen für sie sprechen. Schon wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg

kamen wieder erste Besucherinnen und Besucher zu ihrer Grabstätte. Die Nationalsozialisten

aber hatten den Friedhof weitgehend zerstört. Der letzte Friedhofsverwalter, vor

dem NS-Regime nach Israel geflohen, kannte den alten Friedhof in der Batton straße gut.

Auf Anfrage fertigte er eine Zeichnung von ihm an, mit der ungefähren Lage der Grabstätte

von Marat Reisel. Dort wurde schließlich eine Stelle mit einem metallenen Schild

markiert, auf dem in hebräischen Lettern zu lesen stand, dass an dieser Stelle das Grab

von Marat Reisel angenommen wird. Jahrzehnte blieb es so, bis 2012 das alte Schild

zu Gunsten eines neuen aus Kunststoff in Form eines Grabsteins entfernt wurde. Darauf

stand nun zu lesen, dass dies hier die Grabstätte von Marat Reisel sei. Im Mai 2013

war auch das Kunststoffschild Vergangenheit. An seiner Stelle stand nun ein opulenter

Grabstein aus rotem Sandstein, dessen Inschrift besagt, dass es sich um die Grabstätte

der Marat Reisel handle. Dem Ensemble wurde bald ein weiterer Stein beigegeben, auf

dem berichtigend steht, dass es sich hier nur um den angenommenen Ort der letzten

Ruhestätte von Marat Reisel Sofer handle. Gleichwohl kommen bis heute fast täglich

Menschen, um ihr Herz bei Marat Reisel zu erleichtern und um ihren Segen zu bitten.

Doch wer war Marat Reisel Schreiber? Über das Leben ihres Sohnes, des großen Thora-Gelehrten

Raw Mosche Sofer ist weit mehr überliefert als über das ihre. Alles, was heute

über ihr Leben bekannt ist, stammt entweder aus den Erinnerungen ihres berühmten

Sohnes oder seiner Nachkommen. Besser bekannt als »Chatam Sofer«, nach dem

Titel eines seiner wenigen zu Lebzeiten veröffentlichten Bücher, war er eine der einflussreichsten

und führenden Autoritäten des orthodoxen Judentums seiner Zeit. Seine

persönliche Hingabe zum Thora-Studium führte der Chatam Sofer auf seine Mutter

Marat Reisel zurück. Sie sei es gewesen, die ihn in jungen Jahren, als er fast noch ein

Kind war, zum Thora-Studium ermuntert habe sowie seinem jeweiligen Lehrer zu folgen,

wohin dieser auch immer gehen werde. Die Anweisungen seiner Mutter habe er

stets sehr ernst genommen und befolgt.

Bis heute sprechen Marat Reisels Nachfahren mit allerhöchstem Respekt und allerhöchster

Verehrung von ihr. Dies nicht nur weil sie die Mutter ihres berühmten Vorfah-


42

Der Alte Jüdische Friedhof in Frankfurt am Main auf einem Plan von 1811

ren ist, sondern um ihrer selbst willen. In seinen Abhandlungen über das Leben des

Chatam Sofer schrieb ihr Urenkel über Marat Reisel, dass sie schon in jungen Jahren

allseits als eine fromme Frau bekannt gewesen sei. Sie sei jeden Tag mit Wohltätigkeit

beschäftigt gewesen, mit dem Sammeln von Geld und dessen Verteilen an bedürftige

Thora-Gelehrte und sonstige Arme. Man habe ihr deshalb den Ehrennamen »die fromme

Reisel« gegeben. Weiter berichtet er, dass der Chatam Sofer über seine Mutter gesagt

habe, dass der Ewige niemals ein großes Ereignis in die Welt gebracht habe, ohne

es seiner Mutter vorher in ihren Träumen eröffnet zu haben. Wäre sie zu einer anderen

Zeit geboren, wäre sie eine Newia, eine Prophetin, gewesen.

Die Tochter des Gelehrten und Kabbalisten Raw Elchanan Chasan und seiner Frau

war im Jahr 1726 in der Judengasse der Reichs- und Messestadt Frankfurt zur Welt ge-


43

kommen. Sie wuchs in einer Familie auf, in der Thora-Gelehrsamkeit herrschte und die

Mitzwot praktiziert wurden. In ihrer Jugend hatte sie vermutlich viel Armut um sich herum

erlebt. Als junge Frau heiratete sie Samuel Schreiber, der aus einer schon mehrere

Generationen in Frankfurt ansässigen jüdischen Familie stammte. Sein Vater Moses und

auch sein Großvater Simon waren Gelehrte. Zumindest der Großvater übte das Amt des

Gemeindeschreibers der Frankfurter Juden aus. Während Großvater Simon noch den

Beinamen »zum goldenen Adler« führte, benannt nach dem Haus, das er mit seiner Familie

um 1700 in der Judengasse bewohnte und das wohl auch sein Eigentum war, trug

sein Sohn Moses bereits den Beinamen Schreiber.

Samuel, Reisels Ehemann, war vermutlich im Stammhaus der Familie in der Judengasse,

dem Haus »Zum goldenen Adler«, geboren und aufgewachsen. Auch er, so darf

angenommen werden, hatte eine solide reli giöse Ausbildung erhalten. Darüber hinaus

erlernte er den Beruf des Kaufmanns, mit dem er sich und seine Familie ernährte. Das

seit mehreren Generationen im Besitz der Schreibers befindliche Haus war nach ihrer

Hochzeit auch Wohnsitz von Reisel und Samuel. Es befand sich auf der Westseite am

südlichen Ende der Judengasse gegenüber dem Heckdesch, dem Armenspital. Es darf

angenommen werden, dass Reisel auch als verheiratete Frau weiterhin für die Armen

sorgte, die sie täglich von ihrem Fenster aus sah und die ihr auf der Gasse begegneten,

da sie ja ihrem Haus direkt gegenüber wohnten.

Das eigene Auskommen erwirtschafteten Reisel und ihr Ehemann mit einem Ladengeschäft,

das sie in der Judengasse führten. Drei Kinder des Paares sind heute noch namentlich

bekannt. Simon (1768–1819) und Joseph (1769–1821) lebten später beide als

Kaufleute in Frankfurt. In fortgeschrittenem Alter, Reisel stand im 34. Lebensjahr, schenkte

sie in Zeiten des Krieges 1762 ihrem ältesten Sohn Mosche, dem Chatam Sofer, das

Leben. Ihre Niederkunft kündigte sich am Erev Schabbat an. In Frankfurt war es üblich,

den Schabbat etwas früher zu beginnen. Reisel, so wird erzählt, ließ den Frankfurter

Oberrabbiner bitten, er möge anordnen, noch nicht mit dem Kabbalat Schabbat Gebet

zu beginnen, sondern damit bis zur letzten zulässigen Minute zu warten, damit die

Geburt noch vor Schabbat beendet werden könne. Es war ihr wichtig, dass der Schabbat

nicht entweiht würde und niemand, der bei der Geburt half, sollte ihretwegen die

Schabbat-Gebote übertreten müssen. Schon ahnend, dass sie sicher einen großen Gelehrten

in die Welt bringen werde, habe der Rabbiner ihrem Wunsch entsprochen. Ihren

Sohn habe sie dann auch von Geburt an von allem Schlechten der Welt abgeschirmt,

was dazu beitrug, dass er tatsächlich ein großer Gelehrter geworden sei. So erzählen es

zumindest die Nachkommen.


44

Nachdem er schon im Kindesalter durch große Gelehrsamkeit aufgefallen war, tat

seine Mutter alles dafür, dass er seine Fähigkeiten mit den großen Frankfurter Gelehrten,

Oberrabbiner Raw Pinchas Horowitz (1731–1805) und dem Kabbalisten Raw Nathan

Adler, weiter ausbilden und sein Wissen vertiefen konnte. Vermutlich war es seine Mutter,

die den erst dreizehnjährigen Mosche bestärkt hatte, nach Mainz zu gehen, um dort

als Schüler des großen Gelehrten Raw Tewle Scheuer zu lernen. Zwei Jahre später, zurückgekehrt

nach Frankfurt, nahm Mosche sein Studium sowohl bei Pinchas Horowitz

als auch bei Nathan Adler wieder auf. Letzterer musste 1779 Frankfurt verlassen. Nach

seinem eigenen Bericht verließ auch der siebzehnjährige Mosche, dem Wort seiner Mutter

Folge leistend, mit seinem Lehrer die Stadt in Richtung der böhmischen Länder. In

diesem Jahr hatte Marat Reisel nicht nur von ihrem Mann für immer Abschied nehmen

müssen, sondern letztlich auch von ihrem Sohn.

Seine Karriere verfolgte Marat Reisel also nur von ferne. Mosche Schreiber achtete

jedoch Zeit seines Lebens seine Mutter, ihre Lehren und Entscheidungen aufs Höchste.

Es wird von ihm berichtet, dass er seine hochbetagte Mutter, als diese erkrankte, besuchen

wollte. Er hatte seinen Besuch bei ihr per Brief angekündigt und war direkt losgereist.

Nach einer Woche unterwegs und den größten Teil des Weges bereits hinter sich,

erhielt er an der Poststation in Fürth ihren Antwortbrief. Darin bedankte sie sich für seine

gute Absicht, sie besuchen zu wollen, bat ihn aber, nicht zu ihr zu reisen, denn das würde

ihn sicher vom Thora-Lernen abhalten. Weil er, so wird erzählt, die Entscheidung seiner

Mutter als maßgebend betrachtete, kehrte er um und reiste umgehend nach Pressburg

zurück. Kurz darauf verstarb Marat Reisel im Alter von 96 Jahren.

Über ihr Lebensende hinaus ist sie bis heute hochverehrt. Dies nicht zuletzt, weil sie

sich immer um andere gekümmert, sich deren Sorgen und Nöte angehört und zugeraten

hat. So wie sie es heute noch tut.

Gabriela Schlick-Bamberger

Leiterin der Religionsschule JESCHURUN

der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main


Wir bedanken uns bei unseren Förderern

SLOVAK NATIONAL MUSEUM

MUSEUM OF JEWISH CULTURE

Abbildungsnachweis: Umschlag, 9: Galéria mesta Bratislavy (Portrait), Adobe Stock; 10, 42: Wikimedia;

11: Alamy; 12: Wikimedia/Lasy; 13: Adobe Stock/Mirekdeml; 16: ‏;יעקב/‏Wikimedia 22 re., 37, Innenseite

Rückumschlag: Ľubo Stacho; 23: Rafael Herlich. Alle weiteren Abbildungen außer den Portraitfotos

der Grußworte: Slowakisches Nationalmuseum – Museum der jüdischen Kultur Bratislava


Das Deutsche Kulturforum östliches Europa engagiert sich für die zukunftsorientierte

Vermittlung deutscher Kultur und Geschichte des östlichen Europa und will damit

einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung europäischer Identität leisten. Dabei sind alle

Regionen im Blick, in denen Deutsche gelebt haben oder bis heute leben. Das als gemeinsame

Grundlage verstandene kulturelle Erbe ist für das Kulturforum ein Element

des Brückenbaus zwischen Deutschland und diesen Regionen. Eine lebendige Erinnerungskultur

im Dialog mit Partnern aus den Ländern des mittleren und östlichen Europa

dient der Versöhnung und Völkerverständigung.

Zum Programmangebot des Kulturforums gehören Podiumsgespräche, Lesungen,

Vorträge, Themenabende, Wanderausstellungen, Preisverleihungen, Filmvorführungen,

Konzerte und Workshops. In seiner Potsdamer Bibliothek östliches Europa erscheinen

Sachbücher und Kulturreiseführer. Eine reich bebilderte Zeitschrift vermittelt Interessierten

den Facettenreichtum der deutschsprachigen Kulturgeschichte Mittel- und

Osteuropas: die vierteljährlich erscheinende Kulturkorrespondenz östliches Europa.

Die Internetpräsenzen des Kulturforums informieren über Publikationen, Projekte und

Entwicklungen innerhalb des Themenbereichs. Unter www.kulturforum.info und auf

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des Kulturforums können Filme, Video- und Audiomitschnitte oder Hinweise auf analoge

und digitale Angebote zum Themenbereich abgerufen werden.

Das Kulturforum versteht sich als Vermittler zwischen Ost und West, zwischen Wissenschaft

und Öffentlichkeit, zwischen Institutionen und Einzelinitiativen. Mit seiner Arbeit

leistet es einen aktiven Beitrag zu internationaler Verständigung und Versöhnung.


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AKIM sorgt für Israels geistig Behinderte. In Israel gibt es ungefähr 35000 Kleinkinder,

Kinder, Erwachsene und Senioren, die geistig behindert sind. Die meisten von ihnen

können nicht alleine wohnen; alle benötigen professionelle Pflege und Beobachtung.

Ihr Schicksal hat Einfluss auf mindestens 120000 Familienmitglieder!

Ihre Unterstützung ist lebenswichtig. AKIM sorgt für Israels geistig behinderte Bevölkerung

und ihre Familien. Finanzielle Hilfe ist dringend erforderlich, um die Bedürfnisse

der direkt von dieser tragischen und schmerzhaften Situation Betroffenen zu erfüllen.

AKIMs Erfahrung und die bemerkenswerte Hingabe seines Personals und der freiwilligen

Helfer stellen sicher, dass die Spenden in effektivster Weise genutzt werden.

Bitte helfen SIE uns zu helfen.

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Steuernummer 003 250 61100


Foto: Marco Limberg

Ein anderer Blick

auf die Welt

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur

Jüdische Allgemeine

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Lage der Chatam-Sofer-Gedenkstätte in Bratislava mit Eingang zu den nach dem Straßenbahnbau verbliebenen

jüdischen Gräbern an der Donauuferstraße unterhalb der Burg


Gefördert von:

© 2025 Deutsches Kulturforum östliches

Europa e. V.

Herausgegeben von:

Imrich Donath, Honorarkonsul der

Slowakischen Republik für Hessen,

Bad Homburg, slowakische-kulturtage.de

Tanja Krombach, Deutsches Kulturforum

östliches Europa e. V., Potsdam,

www.kulturforum.info

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Deutsches Kulturforum östliches Europa

Satz und Layout: Saskia Aberle, Deutsches

Kulturforum östliches Europa, und

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