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RA 02/2025 - Entscheidung des Monats

Im Mittelpunkt des Urteils steht die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob eine Partei den Austritt einer Gemeinde aus einer privatrechtlichen Vereinigung verlangen kann, wenn diese sich wiederholt kritisch über die Partei äußert.

Im Mittelpunkt des Urteils steht die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob eine Partei den Austritt einer Gemeinde aus einer privatrechtlichen Vereinigung verlangen kann, wenn diese sich wiederholt kritisch über die Partei äußert.

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02/2025

ENTSCHEIDUNGDESMONATS

ÖFFENTLICHESRECHT

MitgliedschafteinerStadtineiner„Alianz

gegenRechtsextremismus“


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Stand: Januar 2025


90 Öffentliches Recht

RA 02/2025

Problem: Mitgliedschaft einer Stadt in einer „Allianz

gegen Rechtsextremismus“

Einordnung: Kommunalrecht / Staatsorganisationsrecht

VGH München, Urteil vom 14.11.2024

4 B 23.2005

LEITSATZ

Ist eine Kommune Mitglied einer

mehrheitlich von Privaten gebildeten

Vereinigung, deren Vertreter

sich in der Öffentlichkeit kritisch

über eine bestimmte Partei äußern,

so kann der betroffene Kreisverband

dieser Partei den

Austritt der Kommune aus

der Vereinigung verlangen.

Anspruch aus Art. 21 I GG

Zum Aufbau: Die Darstellung folgt

dem Prüfungsaufbau des VGH.

Alternativ wäre der übliche Prüfungsaufbau

(Anspruchsgrundlage

und -voraussetzungen) möglich.

Recht auf Chancengleichheit der Parteien

• staatliche Neutralitätspflicht

Neutralitätspflicht gilt auch für Kommunen

(vgl. BVerwG, Urteil vom

13.09.2017, 10 C 6.16, RA 1/2018,

29, 31)

EINLEITUNG

Im Mittelpunkt des Urteils steht die höchstrichterlich noch nicht geklärte

Frage, ob eine Partei den Austritt einer Gemeinde aus einer privatrechtlichen

Vereinigung verlangen kann, wenn diese sich wiederholt kritisch über die

Partei äußert.

SACHVERHALT

Die Stadt Nürnberg ist Gründungsmitglied der „Allianz gegen Rechtsextremismus

in der Metropolregion Nürnberg“, einem nicht eingetragenen gemeinnützigen

Verein. Diesem gehören 165 Städte, Gemeinden und Landkreise und 322 zivilgesellschaftliche

Organisationen an. In den vergangenen Jahren äußerte sich

die Allianz gegen Rechtsextremismus vielfach in der Öffentlichkeit kritisch zur

AfD. Einen aus diesem Grund von der AfD-Fraktion gestellten Antrag auf Austritt

lehnte der Nürnberger Stadtrat mehrheitlich ab. Mit der daraufhin erhobenen

Klage macht der zuständige AfD-Kreisverband geltend, die Allianz beziehe beispielsweise

auf ihrer Homepage oder in Pressemitteilungen öffentlich Stellung

gegen die AfD. Diese Äußerungen müsse sich die Stadt Nürnberg als Mitglied

der Allianz zurechnen lassen. Die Stadt verstoße daher durch die Mitgliedschaft

gegen ihre Pflicht zur parteipolitischen Neutralität und sei deshalb verpflichtet,

aus der Allianz auszutreten.

Kann der AfD-Kreisverband von der Stadt Nürnberg verlangen, aus der Allianz

gegen Rechtsextremismus auszutreten?

LÖSUNG

Der AfD-Kreisverband kann von der Stadt Nürnberg verlangen, aus der Allianz

auszutreten, wenn ihm ein entsprechender Anspruch zusteht. Ein solcher

Anspruch könnte sich aus Art. 21 I GG ergeben.

I. Neutralitätspflicht staatlicher Organe

„[31] Der von Art. 21 Abs. 1 GG geschützte verfassungsrechtliche Status der

Parteien gewährleistet […] das Recht, gleichberechtigt am politischen

Wettbewerb teilzunehmen. […] Ihre chancengleiche Beteiligung an der

politischen Willensbildung des Volkes macht es erforderlich, dass Staatsorgane

im politischen Wettbewerb der Parteien Neutralität wahren.

[…] Staatliche Organe dürfen keine negativen oder positiven Werturteile

über bestimmte Parteien abgeben; sie müssen sich der offenen

oder versteckten Werbung für oder gegen einzelne miteinander konkurrierende

Parteien enthalten. […]

[32] Da das verfassungsrechtliche Gebot parteipolitischer Neutralität für die

kommunale Ebene in gleicher Weise gilt, ist auch die Beklagte als örtlicher

Träger der kommunalen Selbstverwaltung bei allen an die Öffentlichkeit gerichteten

Verlautbarungen daran gebunden. Es macht dabei keinen Unterschied,

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RA 02/2025

Öffentliches Recht

91

ob sich ein einzelner Amtsträger bzw. der Stadtrat als Vertretungsorgan in

seiner jeweiligen Funktion zu Wort meldet oder ob eine Äußerung allgemein

namens der Beklagten als Gebietskörperschaft abgegeben wird.“

II. Verstoß gegen Neutralitätspflicht

Gegen die so umrissene Neutralitätspflicht könnte die Stadt Nürnberg verstoßen

haben.

1. Öffentliche Äußerungen über die AfD

„[34] Zwar bezeichnet die Satzung der 2009 gegründeten Allianz gegen

Rechtsextremismus es nicht ausdrücklich als Ziel der Vereinigung, in

der Öffentlichkeit vor als rechtsextrem eingeschätzten Parteien in der

Metropolregion Nürnberg zu warnen oder ihre politischen Programme

inhaltlich zu bewerten. Die Auseinandersetzung mit der AfD bildet aber

seit längerem einen Schwerpunkt der publizistischen Tätigkeit der

Allianz. Dies zeigen die auf ihrer Homepage […] abrufbaren Berichte über die

Mitgliederversammlungen der Jahre 2017 […], 2018 […], 2019 […] und 2020

[…] ebenso wie die auf ihrem Instagram-Account (Stand 13.11.2024) abrufbaren

Wortmeldungen ihres Vorsitzenden, in denen er u.a. die Erfolge der AfD

bei den jüngsten Wahlen zum Europaparlament sowie zu den Landtagen in

Sachsen und Thüringen anprangert und die politische Ausrichtung dieser

Partei kritisiert […]. Auch in zahlreichen von der Klägerseite vorgelegten oder

im Internet abrufbaren Pressemitteilungen und Interviewäußerungen aus

neuerer Zeit haben Vertreter der Allianz gegen Rechtsextremismus explizit

gegen die AfD und deren Politik Stellung genommen […].“

2. Zurechnung der Äußerungen

Da es sich hier um Äußerungen eines gemeinnützigen Vereins handelt, ist

allerdings fraglich, ob sich die Stadt Nürnberg diese Äußerungen zurechnen

lassen muss.

„[36] Eine kommunale Gebietskörperschaft kann sich ihrer verfassungsrechtlich

begründeten Neutralitätspflicht nicht durch den organisatorischen

Zusammenschluss mit anderen selbständigen Rechtsträgern entziehen.

Sie ist an das für alle Inhaber von Staatsgewalt geltende Verbot der

offenen oder versteckten Werbung für oder gegen einzelne Parteien

auch gebunden, wenn sie sich in einem Verbund mit gleichgesinnten

Akteuren an die Öffentlichkeit wendet und dabei andere für sich sprechen

lässt. Bei solchen Kooperationen muss die Gebietskörperschaft parteipolitische

Neutralität nicht nur dann wahren, wenn dem Zusammenschluss

ausschließlich Gebietskörperschaften oder sonstige Hoheitsträger angehören,

sondern ebenso bei einer Beteiligung Privater. Sie bleibt zur

Neutralität auch verpflichtet, wenn ihr und den weiteren Trägern

öffentlicher Gewalt keine beherrschende Stellung innerhalb der

Vereinigung zukommt, wie es bei der Allianz gegen Rechtsextremismus

wegen der überwiegenden Zahl gleichberechtigter zivilgesellschaftlicher

Vereinsmitglieder anzunehmen ist.

[37] Zwar spricht alles dafür, dass eine aus privaten und öffentlich-rechtlichen

Mitgliedern bestehende „gemischte“ Vereinigung selbst nicht dem

Gebot parteipolitischer Neutralität unterliegt, sofern dort die privaten

Mitglieder wegen ihres mehrheitlichen Anteils oder aufgrund interner

Regelungen den maßgebenden Einfluss ausüben; die Vereinigung kann

sich daher in einem solchen Fall auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit

Öffentliche Äußerungen der Allianz

gegen Rechtsextremismus über die

AfD

Problem: Äußerungen erfolgten

durch privatrechtlichen Verein

Staatliche Neutralitätspflicht gilt unabhängig

von Organisationsstruktur

„Gemischte“ Vereinigung mit beherrschendem

Einfluss Privater ist zwar

selbst nicht an Neutralitätspflicht

gebunden.

Aber: Kommune darf nicht

„gemischte“ Vereinigung bei Eingriffen

in den parteipolitischen

Wettbewerb unterstützen.

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92 Öffentliches Recht

RA 02/2025

berufen. An grundrechtsgeschützten Betätigungen eines privatrechtlich

organisierten Vereins darf sich aber eine Kommune nicht durch ihre

Mitgliedschaft oder sonstige Unterstützungshandlungen beteiligen,

wenn durch die Äußerungen der Vereinsvertreter wiederholt und gezielt

in den politischen Wettbewerb der Parteien eingegriffen wird. […]“

Folglich muss sich die Stadt Nürnberg die Äußerungen der Allianz gegen

Rechtsextremismus zurechnen lassen, sodass sie mittelbar in das Recht des

AfD-Kreisverbands aus Art. 21 I GG eingreift.

3. Rechtfertigung des mittelbaren Eingriffs

Der mittelbare Eingriff in Art. 21 I GG könnte durch die Befugnis zur kommunalen

Öffentlichkeitsarbeit gerechtfertigt sein.

Befugnis des Staates zur Öffentlichkeitsarbeit

Gilt auch für Kommunen im Rahmen

ihres Aufgabenbereichs (vgl. BVerwG,

Urteil vom 13.09.2017, 10 C 6.16,

RA 1/2018, 29, 29 f.)

Aber: Recht zur Öffentlichkeitsarbeit

rechtfertigt nicht parteipolitische

Äußerungen.

Zudem keine Angelegenheit der örtlichen

Gemeinschaft

„[39] Die Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Stellen umfasst die Darlegung

und Erläuterung der Politik hinsichtlich getroffener Maßnahmen

und künftiger Vorhaben sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene

Information über die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betreffende

Fragen und wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der

eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit. Daraus ergibt sich für die

Organe und die gewählten Amtsträger einer Kommune im Rahmen ihrer

Aufgabenzuweisung eine prinzipielle Befugnis zu kommunalpolitischen

Stellungnahmen zu allen Themen, welche die Angelegenheiten

der örtlichen Gemeinschaft betreffen.

[40] Auf diese allgemeine Äußerungsbefugnis kann die Beklagte zur Rechtfertigung

ihrer Mitgliedschaft in der Allianz gegen Rechtsextremismus

aber jedenfalls solange nicht verweisen, wie deren Vertreter sich in öffentlichen

Stellungnahmen ausdrücklich und in kritischer Form mit der AfD

auseinandersetzen. Denn auch im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit

gilt […] das aus Art. 21 GG folgende Neutralitätsgebot im

Verhältnis zu den politischen Parteien.

[41] Es erscheint ohnehin bereits fraglich, ob das von der Allianz verfolgte

Ziel, durch gemeinsame Aktionen und Projekte die Prävention

gegen rechtsextremes Gedankengut zu optimieren (§ 2 Abs. 1 Satz 2

der Satzung), in dieser allgemeinen Form eine Aufgabe des eigenen

Wirkungskreises der Beklagten […] darstellt und daher Gegenstand kommunaler

Öffentlichkeitsarbeit sein kann. […] Durch die Beschränkung [des]

Zugriffsrechts auf Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft

wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, bleibt es ihnen

[…] verwehrt, unter Berufung auf ihre Allzuständigkeit allgemeinpolitische

Fragen zum Gegenstand ihrer Tätigkeit zu machen. Um eine

solche Aufgabe ohne spezifischen Ortsbezug dürfte es sich aber bei

der von der Allianz gegen Rechtsextremismus erklärtermaßen in

den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gestellten Bekämpfung rechtsextremen

Gedankenguts handeln. Das Ziel, die Bevölkerung in der

Metropolregion Nürnberg über eine bestimmte Erscheinungsform verfassungsfeindlicher

Einstellungen aufzuklären, wurzelt nicht in der örtlichen

Gemeinschaft, sondern liegt im gesamtstaatlichen Interesse; die

Gemeinden sind nicht zur selbständigen Wahrnehmung solcher originären

Verfassungsschutzaufgaben berufen.“

Somit ist der mittelbare Eingriff nicht durch die Befugnis zur kommunalen

Öffentlichkeitsarbeit gerechtfertigt, sodass der AfD-Kreisverband in seinem

Recht aus Art. 21 I GG verletzt ist.

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RA 02/2025

Öffentliches Recht

93

III. Rechtsfolge

Fraglich ist, ob der AfD-Kreisverband als Rechtsfolge des aufgezeigten

Verstoßes gegen Art. 21 I GG verlangen kann, dass die Stadt Nürnberg aus der

Allianz gegen Rechtsextremismus austreten muss.

„[44] Anders als bei hoheitlichen Äußerungen, gegen die sich ein Betroffener

mittels eines gegen den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger

gerichteten Unterlassungsanspruchs gezielt zur Wehr setzen kann, kann der

Kläger hier von der Beklagten nicht unmittelbar verlangen, dass die ihn

verletzenden Äußerungen künftig unterbleiben. Die Beklagte hat, da sie

nur eines unter mehreren hundert gleichberechtigten Mitgliedern der Allianz

gegen Rechtsextremismus ist, innerhalb dieses nicht rechtsfähigen Vereins

keine beherrschende Stellung und kann daher dessen Öffentlichkeitsarbeit

nicht maßgebend bestimmen. Sie hat auch nicht vorgetragen, über einen so

großen faktischen Einfluss zu verfügen, dass sich der gewählte Vorstand

und die übrigen Organe der Allianz bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit

zwingend an ihre inhaltlichen Vorgaben halten würden. Vergleichbar

dem höchstrichterlich entschiedenen Fall, in dem einem Pflichtmitglied

einer Industrie- und Handelskammer ein Anspruch auf Austritt der

Kammer aus einem privatrechtlich organisierten Dachverband zuerkannt

wurde, weil der Verband sich zu allgemeinpolitischen Fragen

geäußert hatte, kann auch der Kläger den Austritt der Beklagten aus der

Allianz gegen Rechtsextremismus verlangen.

[45] Besondere Gründe, die gegen einen solchen Anspruch auf Beendigung

der Mitgliedschaft sprechen, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten

geltend gemacht worden. Die gegen die AfD gerichteten Appelle und

Stellungnahmen der Allianz gegen Rechtsextremismus bilden seit

Jahren einen Schwerpunkt ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und

sind demnach keine atypischen Ausnahmefälle („Ausreißer“), aus denen

sich noch keine konkrete Wiederholungsgefahr ableiten ließe. Wie die

Presseerklärungen aus jüngerer Zeit erkennen lassen, hat der Umstand, dass

sich die AfD-Stadtratsfraktion und der Kläger im vorliegenden Verfahren auf

die Unzulässigkeit der gegen ihre Partei gerichteten Äußerungen berufen,

bislang keine Änderungen im öffentlichen Auftreten der Allianz bewirkt.

Deren Satzung enthält auch keine geeigneten Vorkehrungen, durch die

eine Beachtung der parteipolitischen Neutralitätspflicht, der die ihr angehörenden

Gebietskörperschaften unterliegen, für die Zukunft sichergestellt

wäre. Nach den Gesamtumständen ist daher davon auszugehen, dass

sich die Allianz gegen Rechtsextremismus auch in Zukunft mit AfD-kritischen

Äußerungen an die Öffentlichkeit wenden wird.“

Rechtsfolge des Verstoßes gegen

Art. 21 I GG?

Unterlassungsanspruch gegen

Stadt Nürnberg (-), da Äußerung

nicht direkt von ihr stammt und sie

keine beherrschende Stellung in der

Allianz gegen Rechtsextremismus

hat • Anspruch auf Austritt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.03.2016,

10 C 4.15, juris Rn 18 ff.

Ausnahmegründe (-)

Somit kann der AfD-Kreisverband von der Stadt Nürnberg verlangen, aus der

Allianz gegen Rechtsextremismus auszutreten.

FAZIT

Examensrelevant sind die Ausführungen des VGH zur Zurechnung der

Äußerungen des privaten Vereins, zu den Grenzen des Selbstverwaltungsrechts

bzgl. des Schutzes der Verfassung und insbesondere zur Rechtsfolgenseite,

bei der das Gericht vom öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch

abgrenzt. Da die Frage, welche Folgen sich aus Art. 21 I GG ergeben, wenn

eine Gemeinde einer privatrechtlichen Vereinigung angehört, die sich

anhaltend kritisch über eine bestimmte Partei äußert, bisher höchstrichterlich

nicht geklärt ist, hat der VGH die Revision zugelassen.

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