immobilia 2025/02 - SVIT
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lassen. Mit anderen Worten ist der Wohnungsbau
in diesen Zonen grundsätzlich
zonenfremd. Die Wohnhygiene verbietet
das Leben in Industrie- und Gewerbezonen
weitgehend. Schliesslich sollen Industrie-
und Gewerbezonen Wohngebiete vor
Immissionen wie Lärm, Gerüche oder Erschütterungen
schützen. Gleichzeitig sollen
sich Industrie- und Gewerbebetriebe
möglichst ungehindert entfalten können.
Der Bau von Wohnungen in Industrieund
Gewerbezonen ist folglich ein heisses
Eisen: Diese sind ausschliesslich für standortgebundene
Betriebsangehörige erlaubt.
Nur vorübergehend angestellte Personen
dürfen in provisorischen Gemeinschaftsunterkünften
wohnen. Offen bleibt also:
Darf A als Eigentümer seines modernen,
rund um die Uhr tätigen Lagerhaltungsund
Transportbetriebs auf seinem Grundstück
standortgebundenen Wohnraum für
Mitarbeitende schaffen?
KNACKPUNKT «STANDORT
GEBUNDENHEIT»
Bereits 1975 wurde darüber gerichtlich
gestritten. Damals hielt das Zürcher Verwaltungsgericht
fest, die Vorschriften seien
einschränkend auszulegen; es gelte ein
strenger Massstab. 1 Welche Personen im
Interesse eines Betriebs in unmittelbarer
Nähe wohnen müssen, bestimme der
Einzelfall, so die Richterschaft damals. Ist
2023 die Zeit gekommen für eine modernere
Interpretation von Wohnhygiene und
Standortgebundenheit, wie A hoffte?
Zulässig seien Wohnungen für Betriebspersonal,
dessen Anwesenheit aus
betriebstechnischen Gründen unbedingt
erforderlich ist, so das Baurekursgericht.
Blosse Bequemlichkeit oder Zweckmässigkeit
einer Wohnung auf einem Betriebsgelände
reiche nicht. Die Anwesenheit von
Personen am Betriebsort über die normalen
Arbeitszeiten hinaus müsse vielmehr
aus betriebstechnischen Gründen unabdingbar
sein: «Dies ist namentlich dann
der Fall, wenn Maschinen oder Anlagen,
deren Betrieb keine Unterbrechung duldet,
zu bedienen oder zu beaufsichtigen
sind, oder wenn die Wahrung der betrieblichen
Sicherheit die mehr oder weniger
dauernde Überwachung des Betriebes erheischt.»
Dass A auf seinem Grundstück
in der Gewerbezone mit seinem Unternehmen
rund um die Uhr Dienstleistungen
wie Lagern, Bereitstellen, Verpacken und
Transportieren von Ersatzteilen, Maschinen
oder Ersatzgeräte anbiete, sei legitim.
Nachvollziehbar war für das Baurekursgericht
auch, dass bei Störungen oder Defekten
an Maschinen Ersatzteile bzw. -geräte
sofort geliefert oder bereitgestellt werden
müssen. Auch sei es ökonomisch und betrieblich
grundsätzlich durchaus sinnvoll,
wenn Mitarbeitende am Betriebsort eine
Wohnung beziehen würden.
BETRIEBSTECHNISCHE NOT
WENDIGKEIT FEHLT
Einziges Problem: Wohnungen für Betriebsangehörige
in Industrie- und Gewerbezonen
sind nur zulässig, wenn ein Konnex
besteht zwischen der Ursache, welche die
Anwesenheit von Personen am Betriebsort
«betriebstechnisch bedingt» notwendig
macht, und dem Standort der Wohnung
in der Industrie- oder Gewerbezone. Diese
Ursachen – ob Motordefekt, Geräteausfall
oder Maschinen-Stillstand – entstehen
vorliegend aber bei Dritten und nicht bei
A. Von diesen sei folglich abhängig, ob betriebstechnische
Gründe die Anwesenheit
von Personen am Betriebsort zwingend erfordern.
Der notwendige Zusammenhang
sei demnach nicht gegeben. Die Standortgebundenheit
einer Betriebswohnung
begründe A mit betriebstechnischen Ursachen
Dritter, so das Baurekursgericht.
Eine direkte Betriebsnotwendigkeit fehle.
Was für die Richterschaft eine juristisch
präzise Analyse ist, war für A eine bittere
Pille. Dieser dürfte das Verdikt wohl als wenig
unternehmerfreundlich und praxisfern
empfunden haben, zumal das Gericht ihm
mitunter riet, das Wohnen in der Nachbargemeinde
zu prüfen.
KEINE GLEICHBEHANDLUNG IM
UNRECHT
Als letzte Hoffnung versuchte A seinen
Rekurs damit zu begründen, dass auf der
Nachbarsparzelle in derselben Gewerbezone
eine Betriebsleiterwohnung bewilligt
worden sei. So verlange er doch wenigstens
die Gleichbehandlung unter Gewerbetreibenden.
Auch damit war für A kein Durchdringen.
Die Fälle seien nicht vergleichbar
– es komme auf den Einzelfall an, so das Gericht.
Zudem könne A aus dem Grundsatz
der Gleichbehandlung im Unrecht nichts zu
seinen Gunsten ableiten. Zwar gibt dieser in
Ausnahmefällen einen Anspruch auf Gleichbehandlung,
etwa dann, wenn eine ständige
rechtswidrige Praxis einer Behörde vorliegt
und diese zu erkennen gibt, dass sie auch in
Zukunft nicht von dieser Praxis abzuweichen
gedenke. 2 Eine solche Konstellation sei
aber nicht ersichtlich, meinte die Richterschaft.
Damit bleibt für Unternehmer A
nichts anderes übrig, als das Urteil entweder
anzufechten oder aber zähneknirschend auf
seinem Grundstück auf Mitarbeiterwohnungen
zu verzichten.
URTEIL 0164/2024 DES ZÜRCHER BAUREKURSGERICHTS
VOM 14. NOVEMBER 2024
1
SIEHE DAS HISTORISCHE URTEIL VB 54/1974 VOM 29. APRIL 1975, E. 2.
2
BGE 134 V 34 E. 9; BGR 2C_49/2008 VOM 25. SEPTEMBER 2009, E. 5.6.
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*SIMON SCHÄDLER
Der Autor, Dr. iur., ist Rechtsanwalt
und in Basel tätig.
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IMMOBILIA / Februar 2025 33