Primus Steiermark
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DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN | Oktober 2024
PRIMUS
Ein Auge für die
Parklücke
GARAGENROCK. Wie das Grazer Start-up Arivo mit digitaler
Technologie das etablierte Parkwesen auf den Kopf stellt.
Seite 10/11
STEFAN PAJMAN
LOGISTIK
Gigantische Frachtschiffe nehmen Kurs auf Europa:
Warum China die Welt mit E-Autos fluten muss.
Seite 8/9
TECHNOLOGIE
Andritz AG realisierte Rekord-Zellstofffabrik
in Brasilien. Was dahinter steckt.
Seite 14/15
2|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|3
EDITORIAL
Von Manfred Neuper
manfred.neuper@kleinezeitung.at
Mutmacher trotzen
dem Dauerstress
Logistiker unter Dauerstress“, so titelte
jüngst die Frankfurter Allgemeine
Zeitung. Diesmal sind es keine geopolitischen
Zerreißproben, die die Lieferketten
unter Druck setzen, sondern die enormen
Schäden, die aus den fürchterlichen Überschwemmungen
der vergangenen Wochen
resultierten. Dass die ÖBB die
„neue“ Westbahnstrecke gleich für mehrere
Monate sperren muss, trifft nicht
nur Passagiere hart, sondern auch den
Güterverkehr. Eingleisig fahren dort nun
150 statt 550 Personen- und Güterzüge
pro Tag (Seite 12).
Wir wollen in dieser Ausgabe aber wie
immer auch Innovationen in den Fokus
rücken. Wie etwa die bemerkenswerte
Wachstumsgeschichte von „Arivo“, das
sich vom Start-up zum mittlerweile auch
international viel beachteten Technologie-Player
der Parkraumbewirtschaftung
entwickelt hat (Seite 10/11). Eine Erfolgsgeschichte
haben auch die Ingenieure der
Andritz AG hingelegt, die in Brasilien das
zurzeit spektakulärste Zellstoffwerk der
Welt realisiert haben (Seite 14). Der finnische
Andritz-Manager Tommi Voutilainen
hatte im Gespräch mit uns auch
einen Appell für Österreich parat: Darauf,
dass man hier technologisch an der Weltspitze
agiere, sollte jeder im Land stolz
sein. Zweifellos ein Mutmacher in dieser
wirtschaftlichen Kulisse, die derzeit vielerorts
ebenfalls für „Dauerstress“ sorgt.
Dass es um die globale
Wettbewerbsfähigkeit
Europas derzeit nicht
zum Besten bestellt ist,
zeigt sich in zahlreichen Standortvergleichen.
Insbesondere
Österreich und sein wichtigster
Handelspartner Deutschland
stehen hier unter Druck. Kräftig
gestiegene Standortkosten treffen
auf eine hartnäckige Wachstumsschwäche,
die Konkurrenzfähigkeit
dieser traditionell
stark exportorientierten Länder
schmilzt dahin.
Auf der Suche nach den
Wachstums- und Wertschöpfungspotenzialen
der Zukunft
spielt auch Künstliche Intelligenz
(KI) eine Schlüsselrolle. Das
legen etwa zwei Studien nahe,
die im Frühsommer, innerhalb
von nur wenigen Wochen, vorgestellt
wurden.
So haben die Wirtschaftsforscher
des Economica Instituts –
im Auftrag von Microsoft Österreich
und Accenture – Folgendes
errechnet: In rund zehn Jahren
könnte die Wirtschaftsleistung,
gemessen als Wertschöpfung,
mit voller Nutzung der KI um 18
Prozent höher liegen, als wenn
KI nur auf dem aktuellen Niveau
angewendet wird. Studienautor
Das Ende
der Alleingänge
Die Logistikbranche auf der Suche nach Wachstum und Wertschöpfung.
Warum KI die zentrale Rolle spielt, Zusammenarbeit immer
wichtiger wird und aus der Wertschöpfungskette ein Netzwerk wird.
Von Manfred Neuper und Markus Zottler
Trendforscher Nils Müller: „Inhalts- und Intelligenzexplosion“
Christian Helmenstein sprach,
wie berichtet, von etwa 70 Milliarden
Euro mehr Wohlstand im
Jahr – konservativ geschätzt,
wie er anmerkte. Ein Fazit seiner
Erhebungen: „Eine verstärkte
Nutzung von KI im privaten
und öffentlichen Sektor fördert
das Produktivitätswachstum
der österreichischen Gesamtwirtschaft
und mildert damit
die Belastungen aus dem demografischen
Wandel.”
Auch Google, wie Microsoft ein
einflussreicher Player im Feld
der KI, wartet mit einer Studie
zu (potenziellen) wirtschaftlichen
Effekten von KI-Nutzung
ILS2024
in Österreich auf. Beauftragt
wurde dafür die „Implement
Consulting Group“, die u. a. zu
diesem Ergebnis kommt: „Der
Einsatz von generativer KI kann
Österreichs Bruttoinlandsprodukt
in zehn Jahren um 35
bis 40 Milliarden Euro steigern.
Das entspricht einem Anstieg
von acht Prozent.“ Attestiert
wird aber auch Aufholbedarf,
was wieder zur – perspektivischen
– globalen Wettbewerbsfähigkeit
führt. „Österreich
kann sich im europäischen
Raum mit den anderen Ländern
vergleichen. Auf globaler Ebene
kann das Land jedoch nicht mit
den Top-Playern, wie den USA,
mithalten“, wird Studienautor
Martin H. Thelle zitiert. Eine der
abgeleiteten Empfehlungen
lautet daher, auf die Zusammenarbeit
mit anderen EU-Ländern
zu setzen und sich für Initiativen
auf europäischer Ebene
zu engagieren, „insbesondere bei
F&E-Investitionen, Regulierung
und digitaler Infrastruktur“, wie
Thelle unterstreicht.
Was für Wirtschaftsstandorte
als Gesamtes gilt, lässt sich
auch auf Branchen und Unternehmen
herunterbrechen. Das
zeigt sich beispielsweise in der
Logistikbranche, für die das
Fraunhofer-Institut für Materialfluss
und Logistik attestiert:
KI sei „eines der signifikantesten
digitalen Zukunftsthemen
und für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit
und der technologischen
Souveränität“ von
großer Bedeutung. Sowohl für
Unternehmen als auch für Europa.
„Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit
auf komplexe,
dynamische Umgebungen und
der dortigen umfangreichen Datenlage
ist KI gerade in der Logistik
von entscheidender Relevanz.“
Fortsetzung auf Seite 4
PRÄMIERTE INNOVATIONEN IN DER INTRALOGISTIK
IMPRESSUM
Gesamtverantwortung:
Hubert Patterer, Thomas Spann
Leitung Primusredaktion: Manfred Neuper,
Uwe Sommersguter.
Medieninhaber und Herausgeber: Kleine
Zeitung GmbH & Co KG, Gadollaplatz 1, 8010
Graz. Herstellung: Druck Styria GmbH & Co KG.
Alle Rechte, auch die Übernahme von
Beiträgen nach §44 Abs. 1 und 2
Urheberrechtsgesetz
Die Digitalisierung
der Logistik
schreitet in
rasantem
Tempo voran
ADOBE STOCK (2)
Fahrerlose Roboter, selbstlernende Software
Werden die Themen Logistik
und Innovation verschmolzen,
führt am steirischen
Intralogistiker Knapp AG
kaum ein Weg vorbei. Wenig
verwunderlich holte das Unternehmen
deswegen auch gleich
zwei Preise bei der Wahl zum
„Produkt des Jahres“, die vom
Fachmedium „materialfluss“
durchgeführt wird. Einen ersten
Platz schnappte sich Knapp
mit dem fahrerlosen „Open
Shuttle Fork“. Verwendet wird
der autonome Roboter, inklusive
3D-Hinderniserkennung, für
den innerbetrieblichen Palettentransport.
Im Bereich „Software“
setzte sich der Logistikriese
aus Hart bei Graz mit
„KiSoft Genomix“ durch. Die
selbstlernende Lösung erfasst
alle Informationen von Artikeln,
die für die Automatisierung
relevant sind. Darunter
auch Daten, die ein Mensch nur
schwer bestimmen kann.
„Open Shuttle Fork“: Zum
Produkt des Jahres gekürt KNAPP AG
4|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Fortsetzung von Seite 3
„KI wird die Lieferkette revolutionieren“,
sagt auch Stanford-Professor
Andrew Ng, Mitbegründer
von Google Brain und
heute weltweit als einer der Vordenker
im Feld der Künstlichen
Intelligenz gilt. „Menschliche
Entscheidungsprozesse“, so Ng,
werden „durch datengetriebene,
algorithmische Entscheidungen
ersetzt.“ Unternehmen, die
dies frühzeitig nutzen, „werden
entscheidende Wettbewerbsvorteile
erlangen.“
Tauchen wir in die Realwirtschaft
ein und ziehen das Beispiel
des Intralogistikspezialisten
Knapp AG heran, der weltweit
Lagersysteme und ganze
Logistikzentren mit entsprechender
Infrastruktur ausstattet,
finden sich bereits zahlreiche
Anwendungsgebiete
von Künstlicher
Intelligenz. Wenn es
etwa um automatisierte
Kommissionierungen
oder das Umpacken
von Waren
geht, spielen KI-basierte
Systeme zur Objekterkennung
eine
Schlüsselrolle. Zumal
das System, Stichwort
„Machine Learning“,
kontinuierlich dazulernt
– und sich dadurch
mit jedem Einsatz selbst
verbessert.
Eine Umfrage der deutschen
Industrie- und Handelskammer
(IHK) Limburg hat unlängst hervorgebracht,
dass knapp jedes
dritte Unternehmen in den Segmenten
Einkauf und Logistik KI
bereits im Einsatz haben bzw.
konkrete diesbezügliche Pläne
verfolgen. In der Fertigung und
Logistik werde, so die Studie, KI
insbesondere „zur Überwachung
und Optimierung von Produktionsprozessen,
zur vorausschauenden
Wartung von Maschinen
und zur Verbesserung der Lieferketteneffizienz
eingesetzt“.
Fast 80 Prozent der befragten
Unternehmen erachten übrigens
die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
als wichtigen
oder eher wichtigen Vorteil im
Andrew Ng: „KI
wird Lieferketten
revolutionieren“ AP
Zusammenhang mit dem Einsatz
digitaler Technologien in
der Logistik.
In die Zukunft der Logistik
blickte jüngst auch der große
Logistiksommer (ILS2024) in Leoben.
Die bemerkenswerte Einbegleitung
der vielseitigen
Branchenveranstaltung lieferte
der deutsche Trendforscher Nils
Müller. Er sieht im Zuge der aufkommenden
Relevanz von
Künstlicher Intelligenz (KI) eine
„Intelligenzexplosion“ bevorstehen.
Parallel dazu würde es zu
einer „Inhaltsexplosion“ kommen.
Das alles würde aber nicht
nur zu einem „Ende der Wissensgesellschaft“
und einem „Ende
des Vertrauens“ führen, wie
Müller formuliert, sondern auch
zu einer neuen Form von Unternehmen,
die sich öffnen müssen,
um wettbewerbsfähig zu
bleiben. Die Logistik sei diesbezüglich
besonders
betroffen.
Am Leobener Kongress
war dahingehend
häufig von einer
Evolution zu hören:
Von der Wertschöpfungskette
hin zu einem Wertschöpfungsnetzwerk
– „from value
chain to value network“.
Die Ketten
würden also ihren linearen
Charakter
verlieren und sich zu Netzwerken
entwickeln, die Unternehmen
oder gar Branchen überspannen.
„Wir schaffen etwas in
Partnerschaften, was keiner alleine
schaffen könnte“, formuliert
Müller den Trend hin zu
branchenübergreifenden Lösungen.
Gut sichtbar ist dieser bereits
in der Automobilindustrie
und der Entwicklung von Technologien
für autonomes Fahren.
Eine Änderung, die sich in diesem
Zusammenhang übrigens
auch abzeichnet: In einem Wertnetzwerk
stehen nicht nur unternehmensinterne
Prozesse im
Fokus, sondern es wird auch die
Rolle der Kunden stärker betont.
Via Feedback oder Personalisierung
werden diese sogar selbst
Teil des Netzwerks.
DSV KAUFT DB SCHENKER
Milliarden für
das Tafelsilber
Spektakuläre Übernahme sorgt
für Aufsehen in Logistikbranche.
Mit gut 14,3 Milliarden Euro ist es die viertteuerste
Übernahme eines deutschen
Unternehmens in der Wirtschaftshistorie. Die
Logistiktochter der Deutschen Bahn, DB
Schenker, wird nach einem monatelangen
Bieterwettstreit, der die Logistikwelt in
Atem gehalten hat, an die dänische DSV verkauft.
Eine Übernahme, die in Deutschland
für Wehmut und teils auch Ärger sorgt. Die
beiden Konzerne, DSV und Schenker nehmen
am weltweiten Logistikmarkt die Ränge drei
und vier ein
und kommen
jeweils mit
knapp 75.000
weltweiten Beschäftigten
auf einen Jahresumsatz
von
je rund 20 Milliarden
Euro.
DB Schenker ist an sich ein profitabler Teil der
strauchelnden Deutschen Bahn, doch auf der
lastet ein Schuldenberg von gut 30 Milliarden
Euro, der abgetragen werden muss. Daher
wird auch Tafelsilber verkauft.
Käufer DSV (steht für „De Sammensluttede
Vognmænd“ – „Die zusammengeschlossenen
Fuhrmänner“)
dirigiert insgesamt
rund 300
Tochterunternehmen
und
ist – das zeigt
die Vergangenheit
– nicht
zimperlich,
wenn es darum
DB Schenker wird
verkauft
IMAGO/HETTRICH
Dänische DSV wächst weiter
IMAGO/RASMUSSEN
geht, Synergieeffekte nach Übernahmen zu
heben. Die Sorgen vor einem Job-Abbau in
Deutschland sind jedenfalls groß.
Die Transaktion dürfte erst im nächsten
Jahr final abgeschlossen sein, zumal sich
auch der unterlegene Bieter CVC, noch nicht
final damit abgefunden hat, nicht zum Zug
gekommen zu sein.
Die Wurzeln von Schenker reichen 152 Jahre
zurück. Gottfried Schenker (1842-1901), ein
Schweizer, gründete am 1. Juli 1872 in Wien ein
auf Sammeltransporte spezialisiertes Unternehmen.
Er gilt bis heute als Pionier und „Erfinder
des Bahnsammelverkehrs“.
BMW 8er Coupé: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 6,5-10,8; CO 2 -Emissionen kombiniert in g/km: 170-245.
THE 8
BAYERISCHE MOTOREN WERKE
6|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|7
Online-Boom
treibt
Wachstum an
Der weltweit tätige Logistiker Gebrüder
Weiss wächst international. Aktuell werden
2,5 Millionen Euro in die fünfte Erweiterung
in den Kärntner Standort investiert.
Die fünfte
Ausbaustufe
erfolgt derzeit
in Maria Saal.
Rechts im Bild:
Markus Ebner,
Niederlassungsleiter
Gebrüder
Weiss in Maria
Saal THOMAS HUDE
Von Bettina Auer
Waren aller Art finden sich in den Lagerhallen des
Unternehmens Gebrüder Weiss
THOMAS HUDE
Meterhohe, dicht gefüllte
Schwerlastregale
reihen sich in
der großen Halle aneinander.
Dazwischen sausen
Mitarbeiter mit Gabelstaplern
herum, hieven damit schwere
Pakete scheinbar mühelos aus
großer Höhe und bringen sie in
den richtigen Container mit der
markanten, orangen Farbe, die
in den 1930er Jahren entstanden
ist, als ein dringender Kundenauftrag
erforderte, dass ein noch
nicht lackierter Lkw, der nur gegen
Rost orange gestrichen war,
auf die Straße
geschickt wurde.
Große
Haushaltsgeräte,
Technik,
Lebensmittel,
Möbel, Mopeds
und noch viel
mehr wandern
durch das Logistikterminal
der Gebrüder
Weiss in Maria
Saal. Alles hat
seinen Platz und die Mitarbeiter
sind sichtlich gut eingespielt.
Am Bodensee mit dem Transport
von Waren über die Alpen – so
hat laut firmeneigenen Angaben
die Geschichte des Familienunternehmens
Gebrüder Weiss
vor mehr als 500 Jahren begonnen.
Heute umfasst der Logistik-Konzern
8600 Mitarbeiter
an 180 Standorten weltweit. Der
Startschuss für die Kärntner
”
Der Logistikbedarf
wächst und das
Unternehmen Gebrüder
Weiss daher auch.
Markus Ebner
Standortleiter Gebrüder Weiss in
Maria Saal
Niederlassung erfolgte im Jahr
1992 mit zwei Mitarbeitern in
der Marktgemeinde Maria Saal.
Nach etlichen Expansionsphasen
und Baustufen umfasst diese
120 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Die Fahrer nicht mitgezählt,
denn Gebrüder Weiss
arbeitet mit Frächtern zusammen.
300 bis 350 Lkw sind in
Kärnten pro Tag im Auftrag des
Vollsortiment-Logistikers im
Bundesland unterwegs. „Wir
versorgen ganz Kärnten mit
Waren und liefern von Kärnten
in die ganze Welt“, fasst Standortleiter
Markus
Ebner zusammen.
Das Dienstleistungsangebot
reicht
von Luft- und
Seefracht über
Landtransport,
Paketdienst
bis hin zu La-
vom Paketdienst versendet
werden kann. Darunter fallen
vor allem große Haushaltsgeräte
wie Waschmaschinen, Geschirrspüler
und TV-Geräte, die
je nach Wunsch in die Wohnung
oder in den Keller gebracht werden
Aktuell wird die Maria Saaler
Niederlassung zum fünften
Mal erweitert. 2,5 Millionen Euro
werden in eine neue Logistikhalle
mit 1400 Quadratmetern
und 3000 Quadratmetern Verkehrsfläche
investiert. Das Logistikterminal
wächst damit
auf rund 33.000 Quadratmeter
Gesamtfläche. „Wir schaffen damit
mehr Platz für unsere Kun-
Lkw, zumal die Ladeinfrastruktur
für Antriebsformen wie
Wasserstoff, die Gebrüder Weiss
erprobt, noch nicht flächendeckend
ausgebaut ist.
In Maria Saal handelt es sich
um die letzte Ausbaustufe, denn
das Grundstück, das unmittelbar
an die Spar-Zentrale grenzt,
bietet keinen Platz mehr für
weitere. Ein Ende für das
Wachstum der Gebrüder Weiss
in Kärnten bedeutet das allerdings
nicht. Ebner betont: „Der
Logistikbedarf wächst und wir
auch.“ In Poggersdorf nutzt das
Unternehmen bereits 4000 Quadratmeter
zusätzliche Lagerflächen.
Darüber hinaus hat sich
“
gerung und den und erweitern unsere Lagerund
Kommissionierungstätig-
das Unternehmen vorsorglich
Kommissionierung
von keit für Kärntner Kunden“, erläutert
Ebner.
furt gesichert.
COOLE LUFT-UND
Grundstücksflächen in Klagen-
Waren. Etliche Kärntner Firmen,
die wie zum Beispiel Schneekettenproduzenten
In Österreich hat der Konzern
saisonale Pro-
Darüber hinaus wird die Photo-
36 Standorte. Die steirische Nie-
dukte herstellen, nutzen die Lagerflächen
voltaik-Anlage ausgebaut und derlassung befindet sich in
der Gebrüder Weiss
und haben aus Kosten- und Effizienzgründen
gar keine eigenen
mehr. Entsprechend viel Platz
die Infrastruktur für E-Mobilität
mit rund 20 Ladesäulen geschaffen.
Aktuell ist ein Elektro-Sprinter
im Einsatz, doch
Kalsdorf bei Graz. An dem 2021 in
Betrieb genommenen Standort
sind rund 200 Mitarbeiter beschäftigt.
Aufgrund der hohen
braucht der Logistikstandort. künftig wird der Anteil der E- Auslastung wurde der Standort 160 O 㘠陦 ces. 40 Länder.
Dank boomendem Internet- Mobilität vor allem für die „letzte
2023 um eine Halle mit 10.000 4.000 Mitarbeiter:innen.
Handel wächst unter anderem
Meile“ stark steigen. Auf Quadratmetern Nutzfläche er-
auch die Zwei-Mann-Zustellung Langstrecken überwiegen aktuell
noch die Vorteile von Diesel- ten.
weitert, wo 25 Personen arbei-
von sperriger Ware, die nicht
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Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|9
Warum China die
Welt mit seinen
E-Autos fluten muss
Frachtschiffe so groß wie zwei Fußballfelder: Wie BYD
Logistik und Logik der Autowelt verändert – und welche
Rolle Österreichs Zulieferer spielen.
Von Didi Hubmann
Imposante
Aufnahme: So
warten tausende
BYD-
Fahrzeuge auf
ihre Verschiffung
IMAGO / WANG
FENG
BYD Elektro-Autos in der
Warteposition
AFP / STR
Es wird eng in dieser Autowelt,
Mauern und
Verkaufsbarrieren werden
hochgezogen. Die
USA schlagen 100 Prozent Zoll
auf E-Autos aus China auf, genauso
Kanada. Mitten im Wahlkampf
wurde in den USA ventiliert,
dass man chinesische Autos
verbieten wolle, weil die
Software und die IT die „nationale
Sicherheit“ gefährden würden.
Für China, das seit Jahren
seinen Plan verfolgt, die weltweite
Autoindustrie mit seinen
E-Autos zu überholen, ist das
ein schwerer Schlag – und zugleich
keine gute Nachricht für
den Rest der Welt, auf den China
sich jetzt fokussiert.
Komplexe Prozesse beim B- und Entladen nicht
jeder Hafen ist groß genug
IMAGO/TANG KE / AVALON
Ohne Erfolg am Weltmarkt ist
das (politische) Instrument Autoindustrie
jedoch zum Scheitern
verurteilt. China hat sich
Rohstoffe langfristig gesichert,
nahezu ein Monopol aufgebaut.
Man hat die Entwicklung der
Batterien vorangetrieben wie
keine andere Nation und besitzt
heute einen massiven technischen
Vorsprung, im Software-
Handling der Batterien genauso
wie im Aufbau und der Technik.
Während der europäischen Batterien-Hoffnungsträger
Northvolt strauchelt,
Milliardenaufträge
wie von BMW
verliert und Leute entlassen
muss, kommt
an den chinesischen
Batterien – von Catl bis
BYD – nahezu kein Hersteller
vorbei.
Aber die Chinesen
müssen ihre Autos ins
Danijel Dzihic
lenkt BYD
Österreich
Ausland verkaufen,
sonst stimmt die Endabrechnung
nicht, denn 100 Marken
und fast 40 Großkonzerne liefern
in einer nie dagewesenen
Schnelltaktung neue Modelle.
Der herkömmliche europäische
Vierjahres-Takt von der Neupräsentation
bis zur ersten Modellpflege
wurde von den Chinesen
auf zwei Jahre gedrückt.
Chinas E-Auto-Pläne sind eine
Riesenwette auf die Zukunft, jeder
weiß, dass nur eine Handvoll
der Marken und Konzerne übrig
199,9
Meter lang, 38 Meter breit, neu
Meter Tiefgang und mit einer
maximalen Geschwindigkeit von
18 Knoten (rund 34 km/h) weltweit
unterwegs – die wichtigsten
Eckdaten der neuen Autofrachter-Generation.
Angetrieben
werden die Schiffe mit einem
Erdgas/Schiffsdiesel.
bleiben kann – und dafür
braucht man die Überseemärkte.
Denn China hat gigantische
Überkapazitäten aufgebaut.
Auf Dauer kann man
vom Heimmarkt und
den von den chinesischen
Herstellern selbst
gestützten und von der
Politik geförderten Preisen
nicht leben. Es ist
heute ein offenes Geheimnis,
dass zum Beispiel
Xiaomi jedes verkaufte
Auto mit Tausenden
Euros selbst
stützt, und dass diese
dauerhafte Dumping-Aktion –
neben allen Rabatt-Aktionen –
keine Firma der Welt finanziell
aushalten kann. Xiaomis CEO
Lei Jun, der sein Smartphone-
Reich als direktes Apple-Gegenstück
positionierte, in China als
der chinesische Steve Jobs (Apple-Gründer)
bezeichnet wird, hat
trotzdem etwas geschafft, was
Apple nach milliardenschweren
Versuchen eingemottet hat –
ein eigenes Auto-Projekt hochzuziehen.
Das Ziel: Einer der
größten E-Autohersteller der
Welt zu werden.
Er ist damit einer von vielen, die
sich auf einen Wettlauf mit der
Zeit eingelassen haben. Aber die
Chinesen haben einen langen
Atem. Und derzeit wohl das
atemberaubendste Logistik-
System der Welt entwickelt, um
mit ihren Autos den Weltmarkt
zu fluten. Strafzölle hin, Strafzölle
her. Auch das wird die chinesischen
Hersteller nicht
Auf dem langen Weg nach Europa: Chinas Fokus
liegt auf der „alten Welt“ IMAGO; APA / ALEXANDER SEGER
bremsen. Denn in der ersten
Tranche hat man noch die höherpreisigen
Modelle nach Europa
gebracht, diejenigen, die ein
neues, gutes, vertrauensvolles
Image der chinesischen Hersteller
aufbauen und festigen sollen.
Mit der zweiten Tranche
warten die Preisbrecher, die
nicht einmal die Strafzölle
bremsen werden – davor hat die
EU so Angst.
In Chinas Werften, etwa in der
Nähe von Shanghai, werden für
7700
Autos kann so ein Autotransporter
fassen. Manche sprechen
sogar von 8000 bis 9000 Fahrzeugen.
BYD hat acht Schiffe um
fast 700 Millionen Euro aus. BYD
will auch andere chinesische
Marken in die Welt bringen – mit
den Ausnahmen USA/Kanada, die
100 Prozent Zoll aufschlagen.
die Flutung der Märkte riesige
Frachtschiffe, so groß wie nie
zuvor geplant und aufgebaut.
Fast 200 Meter, also doppelt so
lang wie ein Fußballfeld, 38 Meter
breit und auf den Etagen ist
Platz für über 7000 Autos. Pro
Frachter. Chinesische Hersteller
haben Dutzende dieser Riesen-
Frachter bestellt, die ersten
Schiffe Europa erreicht.
Alleine BYD, ein Weltmarktführer
bei elektrifizierten Fahrzeugen,
hat acht Frachter geordert,
auch, um andere China-Marken
in die Welt zu bringen. Kostenpunkt:
Fast 700 Millionen Euro.
Es ist dieses Wachstum, zu dem
die Chinesen verdammt sind,
das gleichzeitig überrascht und
schockiert. 2005 baute China
noch knapp über drei Millionen
Fahrzeuge (Quelle statista.de).
2023 waren es 26,1 Millionen Autos
und knapp ein Drittel aller
weltweit hergestellten Fahrzeuge.
Der Anteil der traditionellen
Fein säuberlich geordnet: Die BYD-Strategie und Logistik ordnet das
Autogeschäft neu
Automobilherstellerländer an
der globalen Automobilproduktion,
wie Deutschland, Frankreich,
Italien und Japan ist seit
dem Jahr 2000 deutlich, von fast
60 Prozent auf unter 30 Prozent
zurückgegangen. Zwischenzeitlich
hat BYD sogar Tesla überholt,
und Chinas ehemalige
Nummer eins, Volkswagen.
BYD weiß um die Sensibilität
des Themas und versucht Zulieferer
an Bord zu holen, um die
Angst vor einer chinesischen
Auto-Flutwelle zu entschärfen.
Im nächsten Schritt für das
BYD-Werk in Ungarn. 30 österreichische
Automobil-Zulieferer
wollen an Bord, aktuell sind Voestalpine
und Infineon am weitesten,
Saubermacher wird BYDintern
genannt. In Österreich
zieht Denzel-Mann und Österreich-BYD-Chef
Danijel Dzihic
die Fäden. Für die Europäer sind
die Chinesen Hoffnung und Bedrohung
zugleich: Für Zulieferer
geht es darum die Abwärtsspirale
zu stoppen, durch den Wandel
zur E-Mobilität sind 20 Prozent
der Jobs bis 2040 in Gefahr.
17
Prozent an Strafzöllen will die EU
auf Fahrzeuge von BYD aufschlagen.
Ein Spitzensatz von
35,3 Prozent werde für SAIC und
andere Unternehmen gelten, die
nicht mit der EU kooperierten.
Für den chinesischen Autobauer
Geely liege der neue Satz bei 18,8
Prozent.
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Kleine Zeitung
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Kleine Zeitung
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PRIMUS|11
Kennen sich
aus Schulzeiten:
Arivo-
Gründer Dominik
Wieser und
Philipp Reitter
STEFAN PAJMAN (3)
Die Rennbahn im Besprechungsraum
erfreut
nicht nur den Fotografen,
sie ist auch
das Lieblingsutensil von Dominik
Wieser und Philipp Reitter.
Spielerisch und unmittelbar
nutzen die beiden die Anlage,
um das eigene unternehmerische
Portfolio zu erklären. Auto
fährt in Tiefgarage ein, Kennzeichenerkennung
per Kamera, Auto
fährt aus, Abrechnung via
Smartphone und QR-
Code. Schnell und
schrankenlos – so wie
es Wieser und Reitter
am liebsten haben:
„Unser oberstes Ziel
ist es, das Betreiben
von Parkflächen
möglichst einfach
zu machen. Für
Kunden und Eigentümer.“
2017 gründen die beiden
gebürtigen Tiroler
das Start-up Accessio.
Tüfteln sie schon während
der Innsbrucker
HTL-Zeiten gemeinsam
an ersten Geschäftsideen,
machen Wieser und Reitter
nach einem Telematik-Studium
an der TU Graz und Inkubationen
in Gründungsgarage und
Science Park in der steirischen
Landeshauptstadt Ernst. Mit ihrem
Unternehmen, das später in
Arivo umbenannt wird, wollen
sie den Zutritt zu Garagen digital
lösen. So, dass Tore per
Smartphone oder Tesla-Display
geöffnet werden können und
nicht notwendigerweise per
Funkfernbedienung.
Bald löst sich Arivo von der
Idee und beginnt größer zu denken.
Die selbst entwickelte
Kennzeichenerkennung in Parkgaragen
– mit betont „datenminimiertem
Ansatz“, sprich: Arivo
verpixelt bis aufs Kennzeichen
vollständig und speichert Bilder
so kurz wie möglich – verhilft
zum ersten Durchbruch. Tickets
werden in Parkgaragen obsolet,
Kassenautomaten sukzessive
auch. Bezahlen per Smartphone,
„mobile payment“, treibt Arivo
später hierzulande überhaupt
als Erster in der Branche groß-
Das Arivo-
Portfolio ist
breit. Neben
Software wird
auch Hardware
angeboten
Ein Arivo-Parksystem am Andreas-Hofer-Platz in Graz
flächig voran.
Über die – jungen – Jahre wird
das Start-up zum Komplettanbieter,
das auch Parkautomaten
im Portfolio hat. Aber selbst
dort wird in der Vermarktung
(„sekundenschnelle Transaktionen“)
auf die Software fokussiert.
„Wenn wir die Hardware
nicht bräuchten, würden wir
sie gar nicht verkaufen“, lässt
Dominik Wieser tief in eigene
Geschäftsvisionen blicken.
Mit Arivo Parking OS bietet
das Unternehmen darüber hinaus
ein Betriebssystem für
Parkraummanagement.
Dieses ist für die Kunden-
Verwaltung zuständig,
beinhaltet aber auch eine
automatisierte Übergabe
an Partner, die für
Mahnwesen oder Inkasso
zuständig sind. Also
für den Fall, dass bei
Parkanlagen nicht nur
die Schranken, sondern
auch die Gebühren offen bleiben.
Heute zählt Arivo knapp 60
Beschäftigte, darunter 25 Software-Entwickler.
Je 45 Prozent
der Anteile halten die beiden
Gründer, zehn Prozent gehören
Franz Salomon, Gründer der Salomon
Automation und langjähriges
Vorstandsmitglied der
SSI-Schäfer-Gruppe. 265.000
Parkplätze werden von Arivo
mittlerweile verwaltet, 900 Projekte
wurden abgewickelt, 3400
Kameras sind im Einsatz. Dementsprechend
groß ist die Zahl
der Referenzkunden. Park&Ride-Anlagen
der ÖBB setzen
ebenso auf die steirische Lösung,
wie das Uni-Klinikum in
Bonn – mit 4000 Stellplätzen –,
die Flughäfen in Graz und
Frankfurt oder zahlreiche Garagen
der Branchengrößen AP-
COA, BOE und WINPARK.
„Drei der fünf größten europäischen
Garagenbetreiber zählen
zu unseren Kunden“, sagt
Domink Wieser – schon bald
könnte die Quote auf 80 Prozent
anwachsen. Wie man sich just
in einem Segment durchsetzen
konnte, das von schier unantastbaren
Platzhirschen be-
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Entgeltliche Einschaltung
herrscht wird? Nun, einerseits
profitieren die Grazer von der
Tatsache, dass sich viele der
großen und wirtschaftlich stark
aufgestellten Parkflächenbetreiber
primär als Immobilienkonzerne
sehen. Bei den Techniklieferanten,
den Systemanbietern,
wiederum gab es wenig
Wettbewerb.
Binnen kürzester Zeit brachte
Arivo frischen Wind auf den
Markt. Ein Wettbewerbsvorteil:
„Wir haben unser Produkt von
Grund auf digital gebaut und
haben deswegen eine homogene
Systemlandschaft“, erzählen
Reitter und Wieser. Richteten
die beiden ihren Fokus am Beginn
auf unbezahltes Parken,
stellten sie bald fest, dass just
„das professionelle Parken den
meisten Aufholbedarf in Sachen
Digitalisierung hat“. Saturiertheit
hatte Innovationsdrang
zugedeckt. Eine ideale Ausgangslage
für das Start-up.
Dauerparker
in Sachen
Disruption
In sieben Jahren von 0 auf 265.000
verwaltete Parkplätze. In den größten
Garagen, bei Kliniken oder auf Flughäfen.
Wie das Grazer Start-up Arivo mit einem
gnadenlosen Fokus auf Digitalisierung das
Parkwesen umwälzt.
Von Markus Zottler
6 GRÜNDE,
WARUM KÄRNTEN
EINFACH TOP IST!
Grund 3 – Green Economy.
Mit einem beeindruckenden Anteil von 58,8 % erneuerbarer Energie
am gesamten Energieverbrauch, liegt Kärnten weit über dem Österreichschnitt
von 36,4 % (2021)*. Als ‚Batterie Österreichs‘ bekannt, konzentriert
sich Kärnten auch bei der Energiegewinnung seit Jahren auf den Ausbau
alternativer, grüner und nachhaltiger Technologien. 100 % der Kärntner
Energieproduktion stammt aus regenerativen Quellen.
*Quelle: Statistik Austria
Alle Gründe unter carinthia.com
© Gert Steinthaler
12|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Schwere Schäden auf der
Weststrecke behindern
auch den Güterverkehr
massiv APA/FOHRINGER (3)
Die Weststrecke zwischen
Wien und Salzburg
ist die Hauptschlagader
des heimischen
Bahnverkehrs. Von den
vier Gleisen der alten und der
neuen Weststrecke kann seit
zwei Wochen nur noch eines genutzt
werden. Die Sperre der beiden
„neuen“ Gleise zwischen
Wien und St. Pölten nach dem
verheerenden Hochwasser Mitte
September trifft nicht nur den
Personenverkehr hart, vor allem
der Güterverkehr wird stark behindert.
Etwas Entspannung ist
aber in Sicht: Seit heute, Samstag,
stehen laut ÖBB auf der Donau-Achse
(zwischen Tulln und
Herzogenburg) wieder Kapazitäten
für den Güterverkehr zur
Verfügung – statt bisher 25 Prozent
sind es laut ÖBB nun wieder
bis zu 75 Prozent. Auch
nachts werden nun verstärkt
Güterwaggons rollen.
Über die „alte“ Weststrecke
durch den Wienerwald, auch sie
wurde vom Hochwasser getroffen,
fahren derzeit statt wie bisher
bis zu 550 Personen- und Güterzügen
nur noch 150 auf einem
Gleis. Der zweigleisige Betrieb
soll ab 10. Oktober möglich sein,
sobald alle Vermurungen geräumt
und Gleisschäden repariert
sind. „Den Schaden zu beziffern
ist aktuell noch nicht mög-
Verstopfte
Aorta des
Güterverkehrs
Gütertransport auf der Weststrecke der Bahn
ist noch für Monate massiv behindert. Pyhrn
und Semmering sollen Entlastung bringen.
Von Uwe Sommersguter
lich, aber eines
ist sicher: Er ist
immens“, erklärt
ÖBB-
Sprecherin Maria
Magdalena
Pavitsich. Vorstandsvorsitzender
Andreas ÖBB-Chef
Matthä spricht Andreas
von einem Matthä APA 2
„mittleren dreistelligen
Millionenbetrag“, versichert
ist der Bahnkonzern gegen
diese Schäden nicht.
Das Jahrhunderthochwasser
habe „Jahrhundertschäden“ an
der Schieneninfrastruktur hinterlassen,
sagt Judith Engel, zuständige
Vorständin der ÖBB In-
Infrastruktur-
Vorständin
Judith Engel
frastruktur
AG. Monatelange
Sperren
zwingen die
ÖBB österreichweit
zu
einem neuen
Fahrtplan.
Die Einschränkungen
haben massive
Auswirkungen
auch auf Bahnstrecken in anderen
Bundesländern, die ÖBB-Logistiktochter
Rail Cargo versucht,
Güterverkehr teilweise
über Semmering und Pyhrn umzuleiten.
Auf Österreich kommt ein
neuer ÖBB-Fahrtplan zu, kündigt
Matthä an. Das sei notwendig,
da die Züge in einem Umlauf
geplant sind und durch die Unwetter
notwendig gewordenen
Reparaturen nicht nur auf die
Weststrecke Einfluss hätten.
Der Bahnverkehr ist wegen
Überschwemmungen und Muren
aber nicht nur in Österreich
eingeschränkt, sondern auch international
„massiv betroffen“:
in Polen, Tschechien, Rumänien,
Ungarn und der italienischen
Region Emilia Romagna sind
ganze Korridore nicht mehr befahrbar.
„Hunderte Züge stehen
still, vor allem an den Grenzen
gibt es kein Weiterkommen“, so
Pavitsich. Der Rückstau und die
Abfertigung des Güterverkehrs
werde „deshalb noch einige Zeit
in Anspruch nehmen“.
Beim zweitgrößten Gütertransporteur
auf der Weststrecke,
der Raaberbahn Cargo, lässt
die Sperre den Umsatz um 60
Prozent pro Woche einbrechen.
ÖBB-Chef Matthä sieht die Versorgung
größerer Industriebetriebe
trotz der Einschränkungen
als gesichert an. Die Nord–
Süd-Route über den Pyhrn funktioniere,
damit sei die Versorgung
des Stahlkonzerns
Voestalpine gesichert. Matthä:
„Vom Norden herein über Polen
brauchen wir auch noch Lösungen,
aber das wird uns gelingen.“
Traditionsprodukt
trifft Medienexpertise.
Die Partnerschaft zwischen der Gemeinschaft Steirisches
Kürbiskernöl g.g.A. und der Kleinen Zeitung symbolisiert
das Beste aus der Steiermark. Gemeinsam setzen wir uns
für Transparenz, Qualität und das kulturelle Erbe unserer
Region ein.
REINHOLD ZÖTSCH
Geschäftsführer Gemeinschaft
Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.
Sichtbar.
Wertvoll.
Regional.
werbung.kleine.at
14|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|15
Die Andritz AG
Bis zu 15.000 Beschäftigte waren auf der Baustelle tätig: Die Andritz AG hat für
Suzano in Brasilien diese Rekord-Zellstofffabrik in Betrieb genommen ANDRITZ; SUZANO (3)
Im Geschäftsjahr 2023 hat
der Technologiekonzern mit
weltweit 29.717 Beschäftigten
8,7 Milliarden Euro umgesetzt
(plus 17 Prozent zu 2022).
Das Konzernergebnis kletterte
um 25 Prozent auf 504,3
Millionen Euro. Der größte
Geschäftsbereich ist mit
einem Umsatz von 4,1 Milliarden
Euro die Sparte „Pulp &
Paper“ (Zellstoff und Papier),
die mehr als 13.100 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter
zählt.
Im ersten Halbjahr 2024 ging
der Umsatz in der Sparte im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum
um neun Prozent
zurück.
„Das ist der Ferrari
unter den
Zellstofffabriken“
Andritz hat in Brasilien ein in dieser Form einzigartiges
Zellstoffwerk realisiert. Welche logistischen und technologischen
Herausforderungen damit einhergingen.
Von Manfred Neuper
Tommi Voutilainen, Executive
Vice President „Pulp & Power“
Tommi Voutilainen sprach
in einem Posting vom
„Ferrari unter den Zellstofffabriken“.
Wenn der
Executive Vice President des
Andritz-Geschäftsfelds „Pulp &
Power“ die Daten und Fakten
rund um das Megaprojekt in
Brasilien aufzählt, scheint der
Ferrari-Vergleich alles andere
als abwegig. Wie berichtet, hat
die Andritz AG im August eine
neue Fabrik für den brasilianischen
Zellstoffhersteller Suzano
in Ribas do Rio Pardo (Bundesstaat
Mato Grosso do Sul) erfolgreich
in Betrieb genommen.
Auch wenn die Auftragshöhe
nicht genannt wird, gibt das gesamte
Projektvolumen für die
Anlage – 4,3 Milliarden US-Dollar
– einen klaren Hinweis auf
die Dimensionen.
Von der Projektierung bis zur
Umsetzung sind rund 36 Monate
vergangen, so Voutilainen.
Andritz hat neben dem Engineering
auch zahlreiche Schlüsselkomponenten
gefertigt und für
die Montage gesorgt. „Es war ein
langer Prozess, bis wir schlussendlich
den sprichwörtlichen
Knopf drücken und die Anlage
in Betrieb nehmen konnten.“ In
der Hauptmontagezeit seien allein
von Andritz – inklusive
Fremdpersonal von Sublieferanten
– bis zu 10.000 Leute auf der
Baustelle tätig gewesen. Rechne
man auch noch das Personal des
Kunden hinzu, seien in der Spitze
rund 15.000 Menschen dort tätig
gewesen. „Das alles zu organisieren,
das ist schon eine riesige
logistische Herausforderung
– von der Kantine bis zur Infrastruktur.“
Was hat das Projekt so einzigartig
gemacht? Im Vollbetrieb
liegt die jährliche Produktionskapazität
der Fabrik bei 2,55 Millionen
Tonnen Zellstoff, „das hat
es so noch nie gegeben, das bedeutet
8000 Tonnen pro Tag,
das war auch technologisch eine
enorme Challenge“, sagt Voutilainen.
Es handelt sich also um
die weltgrößte Eukalyptuszellstoff-Anlage
mit nur einer Faserlinie.
Diese Einlinien-Technologie,
die die Betriebskosten
deutlich reduziere, könne in dieser
Größenordnung weltweit
derzeit nur Andritz umsetzen,
wie Voutilainen nicht ohne
Stolz anmerkt.
Zudem sei es auch global eine
der wenigen Zellstofffabriken,
„die ohne fossile Brennstoffe betrieben
wird und deren Rohstoff
zu 100 Prozent aus gepflanzten
Bäumen stammt“. Die Anlage
laufe energieautark – der Überschuss,
der produziert wird, werde
an lokale Zulieferer und das
brasilianische Stromnetz geliefert.
„Rechnerisch könnte damit
eine Stadt mit zwei Millionen
Einwohnern versorgt werden,
rund 1,5 Terawattstunden Elektrizität
können von dieser Fabrik
als grüne Energie geliefert
werden.“ Die Laugenlinie samt
entsprechender Kessel erlaube
es auch, die Chemikalien, vor allem
Natriumlauge, wieder zurückzugewinnen.
Nicht nur die Baustellen-Logistik
als solche, auch die Transporte
der teils 300 Tonnen
schweren Einzelkomponenten
in das rund 1000 Kilometer
westlich von São Paulo – im Landesinneren
– gelegene Gebiet
sorgte für hohen Planungsaufwand.
„Dafür sind ein großes
Team und gute Zusammenarbeit
mit den Behörden sowie Unterstützung
des Kunden nötig“,
unterstreicht Voutilainen.
Stichwort Teamwork. Das war
auch im gesamten Andritz-Konzern
gefragt – weltumspannend.
In die Abwicklung des Großauftrags
waren Standorte in Finnland,
Österreich, Indien, in Brasilien
selbst, aber auch Fertigungen
in mehreren europäischen
sowie chinesischen Werken eingebunden.
Der Lieferumfang umfasste
neben den Faserlinien, Laugenlinien
und dazugehörigen Rückgewinnungskesseln
u. a. auch
einen kompletten Holzplatz mit
fünf Hackschnitzellinien, ein
Zellstofftrocknungssystem, eine
Eindampfanlage für
Schwarzlauge, eine Weißlaugenanlage,
einen Biomassekessel
mit einer Dampfproduktionskapazität
von 120 Tonnen
pro Stunde sowie eine Schwefelsäurenanlage,
die geruchsbelästigende
Gase in Schwefelsäure
umwandelt.
Neben der Hardware verweist
Voutilainen aber auch auf die
gelieferte Software, das sogenannte
Metris-System, das
ebenfalls im Andritz-Konzern
entwickelt wurde. Damit lasse
sich der gesamte Produktionsprozess
besser kontrollieren und
optimieren. Die Plattform vernetze
sämtliche Anlagen und
Daten miteinander, „auch dadurch
können niedrigere Produktionskosten
im laufenden
Betrieb für den Kunden erreicht
werden“.
Der Plafond sei mit dieser Rekordanlage
aber noch nicht unbedingt
erreicht, so Voutilainen.
Eine Referenzanlage wie diese,
sei „natürlich das beste Marketing
überhaupt“. Die Branche sehe
sich das ganz genau an, wenn
sich zeige, dass das auch in dieser
Größenordnung gut funktioniere
und sich die Investitionen
je Tonne entsprechend verringern,
stoße das auf Interesse.
Grundsätzlich könnten noch
größere Anlagen in Südamerika,
vor allem in Brasilien, von Andritz
umgesetzt werden.
„Andritz ist gegenwärtig die
Nummer Eins im Zellstoffbereich“,
betont Voutilainen. Das
führt er auf die jahrelange und
intensive Entwicklungsarbeit
sowie die hohen Investitionen
im Konzern zurück. In seinem
Büro in Helsinki betont er: „Der
Umstand, dass die Andritz AG in
diesem Markt weltweit die
Nummer eins ist und international
einen so guten Ruf genießt,
sollte in Österreich jeden stolz
machen.“
16|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|17
BBT-SE; APA/EXPA/GRODER;
ÖBB/ZENZ 2; ÖBB/EBNER 2
Euro werden in die gesamte,
130 Kilometer lange Koralm-
heutiger Sicht die Kosten für
Euro betragen aus
bahn von Graz nach Klagenfurt
Bau des Semmeringbasistunnels.
Die Inflation ließ die
5,9Milliarden
4,1Milliarden
investiert, davon in die Tunnel rund
2,5 Milliarden Euro. Projektkosten stark steigen.
Euro dürften die
Gesamtprojektkosten für den
Brennerbasistunnel betragen.
10,5Milliarden
Italien, Österreich und die EU
finanzieren das Mammutprojekt.
Die nächsten
Meilensteine
tief unter Tage
Koralm, Semmering, Brenner: In den drei
Tunnel-Großprojekten der Bahn geht es
Schlag auf Schlag. Die nächsten Stationen.
Von Hannes Gaisch-Faustmann
Eisenbahnfans können
sich die Jahre 2025,
2030 und 2032 schon
einmal dick im Kalender
anstreichen. In jenen Jahren
werden Österreich, Italien und
ganz Mitteleuropa in ein neues
Bahnzeitalter aufbrechen. Denn
erst nimmt der Koralmtunnel
zwischen Kärnten und der Steiermark
den Betrieb auf, dann
der Semmeringbasistunnel und
schließlich der Brennerbasistunnel
(BBT), der mit dann 64
Kilometern die Schweizer Gotthardröhre
als längste unterirdische
Schienenverbindung ablösen
wird. Drei Zäsuren also innerhalb
der nächsten acht Jahre
– und wenn man bedenkt, wie
langwierig Schienenprojekte
sind, unter Tage noch dazu, darf
man im Bahn-Maßstab von einem
Stakkato sprechen.
Meilensteine auf dem Weg
zum Ziel trugen sich erst jüngst
zu. Im Tunnelbau zählen Durchschläge
zu den Jubel-Momenten
und davon gab es im September
gleich zwei. Beim BBT kam es
am 17. September in der Sillschlucht
nahe Innsbruck zum
ersten Durchbruch eines Haupttunnels
auf österreichischer Seite.
Gleiches gelang wenige Tage
davor auch den Mineuren im
Semmering zwischen Mürzzuschlag
und Gloggnitz. Welche
Schritte folgen nun? Gehen wir
chronologisch vor.
Koralm. Am 14. Dezember 2025
heißt es „Bahn frei“ für die Hochleistungsstrecke
zwischen Graz
und Klagenfurt. Die Schienen in
den beiden 33 Kilometer langen
Röhren sind verlegt, in der aktuellen
finalen Bauphase werden
die Tunnels und Querschläge, 70
gibt es davon, mit Sicherheits-,
Elektro- und Telekomtechnik
sowie Oberleitungen ausgestattet.
Speziell die Montage der
Oberleitung klinge einfacher als
sie sei, betonen die ÖBB. „Selbst
im Bahnbauland Österreich gibt
es nur wenige Betriebe mit entsprechendem
Know-how.“ Doch
95 Prozent der mehr als 650
beim Bau des Koralmtunnels beteiligten
Firmen kommen aus
Österreich. Die Arbeiten werden
bis Jahresende abgeschlossen,
danach geht es in die sogenannte
Inbetriebnahmephase, in der
getestet, geprobt und geschult
wird.
Semmering. Die spezielle Geologie
des Semmering verlangt
den Tunnelbauern alles ab, doch
seit 12. September ist die erste
Röhre fertig gegraben. Im Frühjahr
2025 soll der Durchschlag
auch im zweiten Tunnel gelingen,
weniger als 200 Meter fehlen
noch. Von der Beton-Innenschale
sind bereits über 40 Kilometer
errichtet (von insgesamt
rund 55 Kilometern in beiden
Röhren). In den nächsten zweieinhalb
Jahren wird die Elektrotechnik
samt Telekommunikation
verbaut. Ab März 2027 soll
es an die Verbauung der festen
Fahrbahn gehen, ab 2028 an die
Verlegung der Stromschienen.
2029 sind nur mehr die Testfahrten
ausständig.
Brenner. Im BBT haben Mitte
September die letzten beiden der
insgesamt neun Tunnelbohrmaschinen
– „Wilma“ und „Olga“
– im größten Baulos auf österreichischer
Seite ihre Arbeit aufgenommen.
Die beiden Maschinen
sollen eine Strecke von 7,5
Kilometern in Richtung Innsbruck
vorantreiben. Alle Grabungen
im insgesamt 230 Kilometer
langen Tunnelsystem sollen
2028 abgeschlossen sein.
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18|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
PRIMUS|19
Kontrollbank-
Vorstand Helmut
Bernkopf OEKB/DAVID
SAILER IMAGES
Die aktuelle wirtschaftliche
Lage in Österreich
ist sehr schwierig, das
Wifo spricht von der
längsten rezessiven Phase der
Nachkriegszeit. Wie nehmen Sie
diese aktuelle Entwicklung
wahr?
HELMUT BERNKOPF: Wir haben
innovative Unternehmen im
Land. Aber insbesondere der Industriestandort
ist durch hohe
Kosten – insbesondere bei Personal
und Energie – belastet.
Wenn solche Entwicklungen
auf eine Marktschwäche treffen,
eine globale Konjunkturdelle,
dann ist das doppelt bitter.
Die Preise, die notwendig
sind, können dann nicht erzielt
werden, so geht Wettbewerbsfähigkeit
verloren.
Wo sehen Sie die Ursachen?
Neben der Kostenstruktur und
den hohen Abgabenquoten in
Österreich, liegt eine der Ursachen
jedenfalls auch darin, dass
unsere Exportwirtschaft eine
sehr starke Abhängigkeit vom
europäischen Markt hat. Es gibt
eine gewisse Schwäche in der
Diversifikation der Märkte.
Wie stark ist diese Abhängigkeit
ausgeprägt?
2023 gingen fast 80 Prozent unserer
Exporte nach Europa, davon
68 Prozent in EU-Länder. In
Europa ist die Nachfrageschwäche
am stärksten ausgeprägt,
beim wichtigsten Handelspartner
Deutschland steckt zum
Beispiel die Autoindustrie in
der Krise, dementsprechend
stark trifft das auch österreichische
Zulieferer.
Gibt‘s Chancen auf Besserung?
Diese Marktentwicklung wird
sich nicht so schnell drehen, daher
wird auch 2025 ein schwieriges
Jahr für die Industrie.
Auch die Exporte schwächeln,
im ersten Halbjahr sind sie um 5,5
Prozent zurückgegangen . . .
Diese Exportbilanz fällt schon
relativ dramatisch aus. Mit
Ausnahme des Covid-Jahrs
„Exportbilanz
fällt schon
relativ
dramatisch aus“
INTERVIEW. Die Kontrollbank versteht sich
als Dienstleister für Österreichs
Exportwirtschaft Vorstand Helmut Bernkopf
über die Rezession, nachlassende
Wettbewerbsfähigkeit und chancenreiche
Märkte.
2020 kann ich mich in den letzten
Jahren an keine negative
Exportentwicklung erinnern. Es
zeigt schon, wie stark die Exportwirtschaft
diesmal von dieser
Rezession betroffen ist. Die
Statistik untermauert, wie sehr
Europa und damit unsere klassischen
Exportmärkte schwächeln,
unsere Exporte nach
Deutschland sind um 7,7 Prozent
eingebrochen, die nach Italien
um 6,9 Prozent. Das sind erhebliche
Rückgänge. Der gesamte
EU-Export ist um acht Prozent
zurückgegangen, die Ausfuhren
in Drittstaaten außerhalb der
EU hingegen leicht um 0,8 Prozent
gestiegen.
Wo gab es diese Zuwächse?
Die Wachstumsmärkte waren
mit plus zwölf Prozent die USA,
China mit einem Plus von 9,7
Prozent und dann auch die
Schweiz. Das Land ist nicht so
preissensitiv wie andere Länder
und steckt auch nicht in einer
Rezession.
Für welche Produkte und Technologien
sehen Sie derzeit
Wachstumspotenziale, welche
Märkte bieten Chancen?
In Bereichen wie Umwelttechnik,
in der Wasserkraft, der Medizintechnik
und dem Anlagen-
Von Manfred Neuper
bau, in denen Österreich ja sehr
stark ist, herrscht in vielen Regionen
Aufholbedarf. Abseits
von China, gibt es in Asien
Märkte mit viel Dynamik, Vietnam,
Malaysia, Thailand, Indonesien,
aber auch Indien. Hier
versuchen wir regelmäßig
Chancen auszuloten, Marktaufbereitungen
vorzunehmen und
das Interesse an österreichischen
Produkten in Kombination
mit österreichischen Absicherungs-
und Finanzierungsmöglichkeiten
aufzuzeigen.
Auch Lateinamerika und die
USA bieten Chancen, vereinzelt
auch Afrika. Mit Exportgarantien
des Bundes können jedenfalls
auch höhere wirtschaftliche
und politische Risiken im
Auslandsgeschäft abgesichert
werden.
Schlägt sich die schwierige
Wirtschaftslage auch auf die
Nachfrage nach Instrumenten
der OeKB nieder?
Unsere Trends sind etwas entkoppelt
von der generellen Exportentwicklung,
für traditionelle
Ausfuhren nach Deutschland
werden in der Regel beispielsweise
keine
Absicherungsinstrumente von
uns benötigt. Wir sichern eher
die risikoreicheren und teils
exotischeren Märkte
ab. Bei den Absicherungsinstrumenten
merken wir keinen Einbruch.
Wir haben aber auch
viele Inlandsfinanzierungen für
sogenannte exportinduzierende
Investitionen am Standort.
Wenn also ein Unternehmen in
Österreich investiert, etwa Kapazitäten
erweitert, um dann
seine Tätigkeiten im Außenhandel
zu forcieren, kann das
mit OeKB-Instrumenten unterstützt
werden.
Hier sinkt das Neugeschäft?
Im ersten Halbjahr waren wir
volumenmäßig nicht weit hinter
dem Vorjahr, aber im Gesamtjahr
wird es schwieriger.
Die Projektpipeline für das Neugeschäft
ist um ein Drittel weniger
gefüllt als im Vorjahr. Es
wird zurückhaltender geplant,
es gibt weniger Kapazitätserweiterungen
und in einem getrübten
Umfeld auch weniger
Verbesserungsinvestitionen,
um neue Märkte zu erschließen.
Wo wirkt sich diese Investitionszurückhaltung
noch aus?
Wir haben in den letzten Jahren
auch sehr viele Produkte geschaffen,
die den Firmen bei der
Transformation helfen, Investitionen
zur Dekarbonisierung
oder zur Diversifizierung bei der
Energiebeschaffung. Aber wenn
man wenig Wachstumsperspektive
hat, wie derzeit in der
Industrie, dann werden auch
solche Investitionen, die enorm
wichtig sind, zurückgestellt.
Bei welchen Instrumenten der
Kontrollbank registrieren Sie
trotz aller Widrigkeiten gesteigertes
Interesse?
Im Bereich von Lieferketten
und der Rohstoffsicherung, das
läuft bei uns unter dem Überbegriff
‚Vorratsinvest‘ sind Liquiditätsprodukte
sehr gefragt. Sie
stellen sicher, dass man sich
auch zukünftig gute Preise absichern
kann. Bei solchen Produkten
sehen wir weiterhin
großes Interesse.
Zur Person
Helmut Bernkopf, geboren 1967
in Wien. Studium der Handelswissenschaften.
Er war u. a. als Global Head of Private
Banking bei UniCredit in Mailand
und Vorstand der UniCredit
Bank Austria für das Privat- und Firmenkundengeschäft.
Seit 2016 ist er Vorstand der
Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB).
HAFTUNGEN UND ABSICHERUNG VON RISIKEN
Der Instrumentenkasten
für Exporteure
Diese Services bietet die Kontrollbank für den
österreichischen Außenhandel.
Die
Oesterreichische
Kontrollbank AG
(OeKB) versteht sich als
„zentrale Finanz- und
Informationsdienstleisterin
für die Exportwirtschaft
und den Kapitalmarkt
in Österreich“, wie
es in der Selbstdefinition
heißt. Das Angebotsspektrum
reicht von Export-,
Kapitalmarktund
Energiemarkt Services
bis hin zu Entwicklungsfinanzierung
und Tourismus
Services.
Im Export kann die OeKB „als
Bevollmächtigte der Republik
Österreich Haftungen zum
Schutz österreichischer Exporte
und Direktinvestitionen im
Ausland ausstellen“. Sie übernimmt
so „anteilig inländisches
Unternehmensrisiko, um günstige
Kredite zu ermöglichen“,
wie betont wird. Darüber hinaus
werden Exporte und Beteiligun-
OeKB-Zentrale in Wien
CHRISTINA HAEUSLER; ADOBE STOCK
gen im Ausland finanziert. Das
erfolgt nicht direkt, sondern in
Form einer Refinanzierung für
in- und ausländische Kreditinstitute.
Bei Entwicklungsfinanzierungen
stehen Investitionen
privater Firmen in Entwicklungs-
und Schwellenländern im
Fokus, also dort, wo häufig der
Zugang zu Finanzprodukten
fehlt.
Die Produktpalette ist breit, so
werden beispielsweise mit „Ex-
portinvest Green Energy“
auch Finanzierungsmöglichkeiten
für inländische
Investitionen in
Erneuerbare Energien
und umweltschonende
Energieversorgung zur
Verfügung gestellt. Relativ
neu im Portfolio
sind sogenannte „Shopping
Lines“. Österreichischen
und ausländischen
Kreditinstituten
können so flexible Finanzierungslinien
für mittelbis
langfristige Kredite an ausländische
Vertragspartner geboten
werden. Damit ist es etwa
für ausländische Geschäftspartner
möglich, Lieferungen mehrerer
österreichischer Hersteller
in einem Kredit zu bündeln. Die
OeKB blickt auf eine mehr als
75-jährige Geschichte zurück,
zählt 520 Beschäftigte und wies
2023 eine Bilanzsumme von 35
Milliarden Euro aus.
20|PRIMUS
Kleine Zeitung
Samstag, 28. September 2024
Es ist das größte Schaufenster,
das es weltweit
rund um Bahninnovationen
gibt: Die Innotrans,
die gerade in Berlin über
die Bühne gegangen ist. Im Fokus
standen dabei – einmal
mehr – auch spektakuläre Hochgeschwindigkeitszüge.
So haben
die italienischen Staatsbahnen
(FS) den neuen Hochgeschwindigkeitszug
„Frecciarossa 1000“
vorgestellt. Der von Hitachi gebaute
Zug wird ab Ende 2025 geliefert
und kann eine Höchstgeschwindigkeit
von 360 Stundenkilometern
erreichen. Der Zug,
„Frecciarossa“ steht übersetzt
für „roter Pfeil“, so konzipiert
und gebaut, dass er über Italien
hinaus auf sieben europäischen
Zügige
Züge
Mehr Tempo auf Schiene: Hochgeschwindigkeitszüge
„Frecciarossa 1000“ und „Velaro
Egypt“ auf Innotrans in Berlin vorgestellt.
Schienennetzen verkehren
kann, darunter auf jenem in Österreich.
Die FS-Tochter Trenitalia hat
Hitachi mit der Lieferung von
36 Frecciarossa-Zügen beauftragt,
mit einer Option auf weitere
zehn Züge. Das Auftragsvolumen
beträgt mehr als 1,3 Milliarden
Euro. Die Lieferungen der
Züge sollen im nächsten Jahr beginnen
und bis 2028 dauern. Pro
Jahr sollen etwa acht Züge geliefert
werden.
Siemens Mobility hat wiederum
mit dem „Velaro Egypt“ ein besonders
prestigeträchtiges Modell
präsentiert. Ägypten realisiert
derzeit das sechstgrößte
Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz
der Welt. Dafür liefert Siemens
insgesamt 41 Velaro-
Hochgeschwindigkeitszüge, 94
Desiro-Regionalzüge sowie 41
Vectron-Loks.
Dieser Velaro-Zug ist nun der
erste für das milliardenschwere,
schlüsselfertige Projekt, das von
einem Konsortium aus Siemens
Mobility, Orascom Construction
und The Arab Contractors durchgeführt
wird. Der Auftragswert
für Siemens Mobility summiert
sich auf 8,1 Milliarden Euro. Dieses
neue ägyptische Bahnsystem
wird 60 Städte auf einer
Länge von rund 2000 Kilometern
miteinander verbinden.
ADOBE STOCK; IMAGO/ZUMA;
SIEMENS MOBILITY 2