Welt der Mobilität Kärnten
Welt der Mobilität Kärnten
Welt der Mobilität Kärnten
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Sondermagazin auf 16 Seiten
11. Oktober 2024
WELT DER
MOBILITÄT
WELCHEN ANTRIEB
BRAUCHT DER MENSCH?
Hybrid, Elektro, Verbrenner?
Experten über die Antriebswahl beim Auto.
S. 4
Exklusiv: Erfinder der
Hybrid-Antriebe
S. 8
Zustell-Roboter und
autonom fahrende LKW
S. 10
Wasserstoff und E-LKW:
Das plant AVL
S. 12
WELT DER
MOBILITÄT 03
Der neue
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Als langer Radstand
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Ganze 250 kW/340 PS beschleunigen den in Kirschrot erhältlichen, extrem agilen Elektro Bulli aus
dem Stand in etwa 6,5 Sekunden auf 100 km/h. Aber nicht nur Kraft – auch Variabilität zeichnen den
GTX aus, denn es gibt ihn - im langen Radstand - wahlweise mit 5, 6 oder 7 Sitzplätzen.
volkswagen.at
INHALT & EDITORIAL
Jürgen Fuchs, Benjamin Brolet, Kleine Zeitung | Nadja Fuchs, Pajman, Nicolas Galani
4
Der Cheftechniker
Experte Killmann:
Hybrid und
bessere Autofahrer.
Der saubere LKW
AVL revolutioniert E- und
Wasserstoffantriebe.
Wie viel Hybrid
braucht der Mensch?
Sie gestalten die Mobilität der
Zukunft: Experten der TU Graz
über Hybrid-Antriebe und Co.
8
10
Autonome
Zukunft
Wie Andrea
Leitner Fahrzeuge
autonom
fahren lässt.
12
Fakten statt
Ideologie
Es wird schon genug gespalten
und polarisiert. Die Frage
des richtigen Antriebs für die
individuelle Mobilität taugt nicht
für Polemiken, sondern braucht
Fakten und Einordnungen. Ein
Experten-Team der TU Graz, vom
Institutsleiter bis zum Bachelor,
das an der Zukunft der Fahrzeug-
Antriebe forscht und diese
Zukunft auch gestaltet, sondiert
für Sie in dieser Ausgabe deshalb
nicht das Bauchgefühl, sondern
die Anforderungen der individuellen
Mobilität im realen Leben. Im
Hier und Jetzt, samt Plädoyer für
Technologieoffenheit und gegen
ideologische Barrieren im Kopf.
Neue Perspektiven eröffnen
auch die hellen Köpfe von AVL
mit ihrer Arbeit: Es ist faszinierend,
wie autonome LKW, neue
Elektro- und Wasserstoffantriebe
die Welt gerade verändern. Ganz
nüchtern wird die Gegenwart
schon zur Zukunft gemacht. Mit
allen Herausforderungen. Es liegt
eine unprätentiöse Denkweise in
dieser Arbeit, zu der auch wir uns
bekennen: Faktische Entschleunigung,
bei aller Lust an der
individuellen Mobilität.
Viel Vergnügen
beim Lesen wünscht
Didi Hubmann,
Mobilitätschef
IMPRESSUM
Gesamtverantwortung: Xenia Daum, Thomas Spann | Chefredaktion: Hubert Patterer | Projektleitung/Mobilitätschef: Didi Hubmann | Kleine Zeitung Werbemarkt: Harald Käfer, Nadja Karner-Waiguny, Thomas Kreuzer |
Gestaltung: Bianca Höller, Tim Kirchner (Art Direktion) für Kleine Zeitung GmbH & Co KG © Design & Medien | Texte: Didi Hubmann | Titelfoto: Titelfoto: Adobe Stock | tinnakorn. Medieninhaber und Herausgeber:
Kleine Zeitung GmbH & Co KG, Gadollaplatz 1, 8010 Graz | Produktion: Styria Media Design GmbH & Co KG | Herstellungsort: Druck Carinthia, Industrieparkstraße 6, A-9300 St. Veit a. d. Glan | ET: 11. Oktober 2024 |
Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach §44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.
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Kleine Zeitung
11. Oktober 2024
WELT DER
MOBILITÄT 05
ZUKUNFT DER INDIVIDUELLEN MOBILITÄT
WELCHEN
ANTRIEB BRAUCHT
DER MENSCH?
TEXT: DIDI HUBMANN
DIE DISKUTANTEN
KEVIN GSCHIEL
Bachelor und Master an
der TU Graz gemacht,
jetzt Dissertant.
DANIEL RADOWSKI
Masterstudent, im Bereich
Brennstoffzelle, war zwei
Jahre Studienassistent.
KAI DEBLOCK
Macht den Master, Bereich
Produktionstechnik,
Fahrzeugtechnik, Sicherheit.
VERONA FÖLZER
Bachelor Maschinenbau,
arbeitet „nebenbei“
im Kompetenzzentrum
für Großmotoren.
HELMUT
EICHLSEDER
Leiter Institut für
Thermodynamik und
nachhaltige Antriebssysteme
der TU Graz.
E-Mobilität oder doch lieber Hybride? Die politischen
Diskussionen um den Antrieb der Zukunft gehen am
Thema vorbei: Wir haben jene gefragt, die an der Zukunft
der Mobilität forschen – mit überraschenden Antworten.
Die Spaltung ist in der Bevölkerung
spürbar, selbst wenn es „nur“ um die
individuelle Mobilität geht. E-Auto
oder doch Hybride? Und wenn Hybrid:
Welchen sollte man nehmen? Mild-, Volloder
doch einen Plug-in-Hybrid? Aber ist
der nicht eine Mogelpackung? Viele Kunden
scheinen verunsicherter denn je. Dabei führt
die aktuelle Diskussion völlig am Thema
vorbei. Es geht um ein Miteinander, nicht
ein Gegeneinander der Antriebssysteme.
Solange Experten nicht von einer Seite vollends
getriggert sind, geben sie durchwegs
zu: Wir brauchen mehrere Technologien,
um die Klimabilanz zu retten und den CO2-
Ausstoß zu verringern. Denn: Selbst, wenn
wir mit 2030 alle auf das E-Auto umsteigen,
werden wir die Klimaziele nämlich nicht
erreichen, wie auch TU-Professor Helmut
Eichlseder hochrechnete.
Aber wie denken jene, die die Zukunft
unserer individuellen Mobilität designen,
formen, daran forschen? Verena Fölzer,
Kai DeBlock, Kevin Gschiel, Daniel Radowski
sind Bachelor, Master, Dissertant an der
TU Graz, sie oszillieren zwischen Brennstoffzelle,
Wasserstoff-Motoren, Verbrennern und
Hybriden. Sie haben ein klares Bild. Kai etwa
sagt: „Man hatte noch nie so viel Antriebstechnik
zur Auswahl, man muss sich genau
anschauen was sich für jeden auszahlt, was
sinnstiftend ist. Es geht nicht darum, ob mir
die E-Mobilität, der Hybrid, oder der Verbrenner
nicht taugt, sondern darum, wie
viel Reichweite brauche ich im Alltag, kann
das ein E-Auto, oder auch ein Plug-in-Hybrid
zum Beispiel erfüllen. Wie komme ich am
Alltag zurecht? Ich wohne zum Beispiel in
einem Haus mit Tiefgarage, ich kann weder
einen Plug-in-Hybriden noch ein E-Auto aufladen.
Für mich würde aktuell nur Vollhybrid
in Frage in Frage kommen.“ Mehr Pragmatismus
statt aufgeregter Ideologie lautet
die Botschaft.
Die Problemzone, auf die wir zusteuern ist
nämlich größer als erwartet: Selbst wenn das
Verbrenner-Verbot im Jahr 2035 kommen
sollte, werden noch Millionen an Verbrenner-Fahrzeugen
auf unseren Straßen unterwegs
sein. Die Kernfrage müsste deshalb
lauten: Wie verbessert man die CO2-Bilanz
unmittelbar und schnell? Verbrennungsmotor,
E-Motor, Generator und Batterie besitzen
gemeinsam in unterschiedlichen Hybridformen
gegenwärtig – im Übergang zur
E-Mobilität – ein großes Potenzial den CO2-
Ausstoß zu verringern.
Entscheidend beim Thema Hybrid bleibt
das Nutzerprofil. „Sowohl E-Auto wie auch
Hybride weisen bei Autobahn- und überwiegend
Volllastfahrten höhere Verbräuche auf.
Ideal ist ein Mix zwischen Stadtverkehr und
Landstraße“, erklärte Helmut Eichlseder. Wer
hauptsächlich auf Autobahnen unterwegs ist,
wird mit einem Diesel bessere Verbrauchswerte
erzielen, auch wenn die neuen Voll-
Hybriden sich heute in dem Bereich wesentlich
besser halten und sich annähern.
Und wer einen Plug-in-Hybrid – dessen
Batterie am Stromnetz aufgeladen werden
kann – nie lädt, betrügt sich selbst und
die Umwelt, das betont auch das Studentenquartett.
Das wäre eine Mogelpackung.
Man muss einfach klar analysieren, welchen
Hybrid man für sein Fahrprofil benötigt.
Verena Fölzer, Kai DeBlock, Helmut Eichlseder, Kevin Gschiel, Daniel Radowski: „Technologieoffenheit auf allen Ebenen“
KLZ | Nadja Fuchs
Selbst, wenn wir mit 2030 alle auf
das E-Auto umsteigen, werden wir die
Klimaziele nämlich nicht erreichen.
Helmut Eichlseder, TU Graz
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Kleine Zeitung
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MOBILITÄT 07
Die Frage bleibt, ob sich der
Mensch daran gewöhnen kann.
Kai DeBlock, über die Diskussion, dass wir kleinere Motoren
und Batterien andenken sollten
Wer einen Plug-in-Hybrid zum Beispiel artgerecht
fährt, kommt auf gute Verbrauchswerte.
Und den Strom für 5000 elektrische
Kilometer eines Plug-in, die man etwa pro
Jahr im Nahverkehr unterwegs ist, könnte
man mit einer Photovoltaikanlage abdecken,
wie es etwa Eichlseder macht.
In der Theorie, die uns einige Politiker vorgaukeln,
schaut alles ja so klar aus. E-Mobilität,
alles wird sauber, alles wird gut, so die
Kernbotschaften. Dass das alles nicht so einfach
ist, erklärt etwa Daniel: „Nach fünf Jahren
ohne Auto in der Stadt habe ich mir
eines gekauft. Ein Hybrid wäre schön gewesen,
aber einen Neuwagen konnte ich mir
nicht leisten. Auf der Langstrecke, auf der
ich unterwegs bin, habe ich den Verbrauch
im Griff, aber in der Stadt, da könnte ich weinen,
wenn ich auf den Verbrauch schaue. Für
mich wäre ein Hybrid optimal.“
Für die ganze Runde gilt: Ein großes
Plädoyer für die Technologieoffenheit.
Auch kann es keiner der exzellent ausgebildeten
Techniker verstehen, warum man zum
Beispiel dem Diesel-Hybrid eine politische
Absage erteilt hat, was zur Folge hat, dass
nur wenige Hersteller darauf bauen – dabei
bietet gerade der Dieselhybrid auf langen
Autobahnstrecken einen Verbrauchsvorteil
für einen Plug-in-Hybriden.
Kai sagt: „Für Abgasnachbehandlungen
haben wir heute gute Lösungen, das ist
nicht mehr das Problem. Der Dieselhybrid
ist eine gute Idee, aber durch das schlechte
Image wird nicht mehr geforscht, es geht so
viel Potenzial verloren.“ Eichlseder ergänzt:
„Es kommen inzwischen mehr Partikel vom
Reifenabrieb als aus dem Auspuff, wenn
man die modernen Motoren hernimmt.“
Daniel zieht den Hybrid-Ansatz noch viel weiter
auf: Hybrid sei auf allen Ebenen umsetzbar.
Etwa, wenn man den ganzen Schwerverkehr
auf bestimmten Strecken – wie
beim Brenner – von Deutschland bis Italien
auf Schiene bringen würde. „Auch das wäre
eine Hybridlösung, die der Umwelt helfen
würde. Aber der politische Wille fehlt, es
geht alles viel zu langsam.“
Ja, die Politik. Für Kevin auch ein
Grund für die Verunsicherung in der Bevölkerung.
„Wenn es sich die Politik nicht so
leicht gemacht hätte, alles auf die E-Mobilität
zu setzen und allen anderen Antrieben
den Miesepeter zugeschoben hätte, dann
wären die Leute heute auch offener. Es geht
doch um die energietechnische Gesamtbetrachtung,
von der Produktion bis zur Nutzung
– auch hier geht nichts weiter.“
Für Daniel trifft das den Punkt: „Wenn
ich nur zu einer Technologie ja sage und alle
andere vergesse, dann tut man sich auch keinen
Gefallen. Man muss alles nutzen, was da
ist und nicht alle Brücken verbrennen, sondern
ich forsche weiter. Auf allen Ebenen.“
Für Eichlseder waren die politischen
Entscheidungen „nicht ganz durchgedacht“.
Es gehe darum, Mobilitäts-Modelle zu Ende
zu denken, bis zur notwendigen Infrastruktur,
etwa bei der E-Mobilität. „Grundsätzlich
ist es immer schwierig, wenn man Entscheidungen
ideologiebasiert aber nicht faktenbasiert
trifft und sie nicht zu Ende denkt.“
Hybride seien keine kurze Übergangslösung,
sondern eine langfristige technische
Möglichkeit CO2-Bilanzen zu verbessern.
„Die E-Mobilität wird einen großen Anteil an
KLZ | Nadja Fuchs, Renault Österreich GmbH, Toyota Austria GmbH, Škoda Österreich
unserer Mobilität haben. Aber man sollte es
sich nicht leisten, dass man auf andere technologische
Ansätze verzichtet.“
Verona etwa erzählt, dass aufgrund ihres
Fahrprofils ein E-Auto keine Option sei. „Für
mich wäre aktuell ein Hybrid die Wahl.“ Aber
kein Plug-in: „Zu Hause könnten wir derzeit
nicht einmal eine Photovoltaik aufbauen,
weil wir im Winter einfach zu wenig Sonne
haben. Auch auf solche Dinge muss man
auch achten.“ Ihr Vater fahre mit einem Voll-
Hybriden und guten Verbrauchswerten von
zu Hause zum Bahnhof und pendle dann mit
der Bahn. „Der Hybrid ist für mich ein Zwischenweg
für alle die gegen E-Autos oder
gegen Verbrenner sind. Einfach ein guter
Kompromiss.“
Kai plädiert überhaupt für einen ganz
nüchternen Zugang für die Zukunft des
Hybrids, die Ressourcenfrage könne nur so
gelöst werden: „Der Hybrid der Zukunft ist
die Schnittstelle. Die Batterie sollte für mein
Fahrprofil gerade groß genug sein, damit
meine täglichen Ansprüche erfüllt werden
und der Motor leistet auch nur so viel, dass
man meinen Bedarf abdeckt und nicht darüber
hinaus schießt. Wir werden noch stark
Richtung Downsizing gehen, Batterien und
Motoren sollten kleiner dimensioniert werden.
Die Frage bleibt, ob sich der Mensch daran
gewöhnen kann.“
Renault Rafale
Der Mild-Hybrid ist der Einstieg in
diese Welt. Vorteile: Start-Stopp-
Automatik, weicheres Starten und
Abstellen des Autos. Potenzial für
das verbesserte Anfahrverhalten
(Leistungsunterstützung/leichte
Verbrauchsreduktion) und die Unterstützung
von Aggregaten. Ein 48-Volt-
System hat gegenüber einem 12-Volt-
System mehrere Vorteile, etwa dass
man höhere Leistungen realisieren
kann. Vorteilhaft vor allem bei Fahrprofilen
mit Niedrig- und Teillast, also
Stadtverkehr und Landstraße. Auf der
Autobahn erhöht sich der Verbrauch.
Toyota CH-R
Der Voll-Hybrid kommt mit zusätzlicher
Batterie und E-Motor: mehr
Vorteile, höherer Aufwand. Im Stadtverkehr/auf
der Landstraße für exzellente
Verbräuche gut. Lange Autobahnfahrten
sind laut Experten wie
Eichlseder nicht unbedingt die Stärke
eines Voll-Hybrids, neue Modelle
halten sich aber besser. Das System
profitiert vom permanenten Wechsel
zwischen Verbrenner und E-Betrieb.
Für Menschen, die viel im innerstädtischen
Bereich unterwegs sind, bringt
das etwa Vorteile. Man kann dort den
Motor in einem Betriebszustand mit
DAS UNTERSCHEIDET
DIE HYBRIDARTEN
einem besseren Wirkungsgrad laufen
lassen und so den Verbrauch reduzieren.
Mittlere und niedrige Lastbereiche
bringen das beste Sparpotenzial
(Stadtverkehr/Landstraße) und gute
Verbrauchswerte. Rein elektrisch ist
man immer nur kurz unterwegs, es
wechselt permanent.
Skoda Octavia 4
Der Plug-in-Hybrid wiederum feiert ein
Comeback nach schlechten Schlagzeilen.
Seit die EU über die Autodaten
herausrechnen konnte, dass Plug-in-
Hybride viel zu selten geladen und
damit nur vorwiegend wegen steuerlicher
Vorteile genutzt wurden, kam
der Plug-in in Verruf. Auch die elektrischen
Reichweiten, die bisweilen nicht
das hielten, was von den Herstellern
versprochen wurde, ramponierten die
Reputation. Das schwerere Systemgewicht
(Batterie, E-Motor etc.) bedingt
nämlich einen höheren Verbrauch des
Verbrenners. Die Dieseltechnologie
wäre prädestiniert dafür gewesen,
schwerere Fahrzeugkonzepte (aufgrund
der Batterie) mit weniger Verbrauch
zu bewegen, aber die Dieselkonzepte
wurden nicht gefördert. Erst
jetzt kam es zur Kehrtwende bei den
Benzin-Plug-in-Hybriden: Die Hersteller
liefern längere elektrische Reichweiten
im 100-Kilometer-Bereich, damit wird
der Plug-in-Hybrid im Stadt-Land-
Bereich – und wenn man laden kann
– zur interessanten Alternative mit
extrem niedrigen Spritverbräuchen
an der Nulllinie. Und, wenn man bei
längeren Fahrten keine Ladestationen
im Ausland findet, dann hat man den
Verbrenner im Talon, sozusagen.
Verena Fölzer, Kai DeBlock, Helmut Eichlseder, Kevin Gschiel, Daniel Radowski:
„Wie verbessert man die CO 2 -Bilanz unmittelbar und schnell?“
Kevin Gschiel, Helmut Eichlsder:
Fakten statt Vermutungen
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MOBILITÄT 09
Wer hat‘s erfunden? Nein, es ist keine Scherzfrage. Denn
die Antwort, die die meisten geben würden, ist nur
halbrichtig. Erst Japan, respektive Toyota, hat den Hybridantrieb
in die Massentauglichkeit gelenkt, seit den
70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte man an der Technologie
geforscht, 1997 war sie mit dem ersten Prius serienreif. Noch ein
bissl langweilig, nicht vergleichbar mit den heutigen, ausgereiften
Konzepten eines neuen CH-R oder neuen Prius. So weit, so richtig
ist die Antwort Toyota.
HYBRIDANTRIEB-ERFINDER TOYOTA
SO WIRD MAN
EIN BESSERER
AUTOFAHRER
Der Österreicher Gerald Killmann arbeitet als Technik-Chef bei Toyota an
neuen Hybrid-Antrieben: Ein Gespräch über Technologiegrenzen,
steuerliche Anreize für Plug-in-Hybride, wie Hybride uns zu besseren
Autofahrern machen und was er dem belgischen König erklärte.
TEXT: DIDI HUBMANN
Einer, der an dieser Technik heute arbeitet, gehört zu den bekanntesten
Technikern im Land. Gerald Killmann, sein Vater war Rektor
der TU Graz, schaffte eine Weltkarriere und ist heute Europa-Technik-Chef
von Toyota. Der Hybrid, Wasserstoff-Antriebe, alles technische
Ideen, die er mit seinem Team und in Zusammenarbeit mit seinen
japanischen Kollegen erforscht und gestaltet. Zuletzt war sogar
der belgische König Philippe in Toyotas Technik-Zentrum Zaventem,
wo Killmann ihm die technische Entwicklung näher brachte.
„Wissen Sie“, sagt er in unserem Gespräch, „Länder wie Brasilien
Benjamin Brolet, IMAGO | Dirk Waem
fahren mit ihren Bio-Kraftstoffen schon heute CO2-neutral, man ist
heute viel weiter, weil man technologisch keine Grenze zieht. Man
nimmt jene Technologie, die bei der Reduktion von CO2-Emissionen
hilft. Es ist eine politische Diskussion, inwieweit man Technologien einschränkt.
Wir bei Toyota ziehen keine Technologiegrenzen ein“, spielt
er auf den Kulturkampf innerhalb der EU um das E-Auto an. Alles, was
hilft, müsse eingesetzt werden, so lautet Killmanns Prämisse.
Flink rechnet er vor, wie viel man bei optimaler Ausnützung
der Vollhybriden etwa in der Stadt an CO2 einsparen könne. Eine
60-kWh-Batterie eines E-Autos könne zum Beispiel auf 80 Hybridautos
aufgeteilt werden. Die Hybride schaffen, weil in höherer Zahl,
dann auch eine höhere emissionsfreie Kilometerzahl (Stadtverkehr)
als ein E-Auto.
Die Spaltung in der Gesellschaft, was die Zukunft der Auto-Antriebe
vom Hybrid bis zum E-Auto, betrifft, macht auch ihm Sorgen: „Wir
haben schon in den 90er-Jahren erkannt, dass wir CO2 reduzieren
müssen. Aber dass gleichzeitig die individuelle Mobilität für jedermann
erschwinglich bleiben muss. Vom ersten Hybrid an haben wir
das auch versucht mit unserer Technik zu unterstützen und uns nur
auf die wesentlichen Komponenten zu konzentrieren und alles, was
nicht notwendig ist, wegzulassen.“
Beispiel? Kein mechanisches Schalten mehr, Automatik, weniger
Abrieb, weniger Service- und Wartungskosten insgesamt. „Man
kann nur etwas für die Gesellschaft und ihre Umwelt tun, wenn sich
die Technik viele leisten können, wenn man sie also für die Masse
erschwinglich macht. Nur dann hat es einen Effekt auf die CO2-
Emissionen. Das ist unsere Denkweise“, erläutert Killmann.
Gleichzeitig habe man den Hybrid durch spektakuläre Sport-
Projekte – freilich liegt der Schwerpunkt hier auch auf anderen Effekten
– salonfähig gemacht.
Freilich sind die politischen Diskussionen rund um den Plug-in-
Hybrid nicht spurlos an der gesamten Autobranche vorbei gegangen.
Denn die EU kann längst auslesen – wenn die Autos beim Service
stehen müssen die Lade-Daten gemeldet werden – ob die
Fahrerinnen und Fahrer das Auto auch laden. Oder, ob sie es nur
aufgrund der steuerlichen Vorteile gekauft haben.
Killmann plädiert für einen Ansatz, wie man das Laden fördern
könnte: „Wichtig wäre es nicht zu strafen, sondern Anreize zu
setzen. Etwa, dass diejenigen, die laden, weniger Kraftfahrzeugsteuer
zahlen, oder finanzielle Erleichterungen bei den Ladekarten.
Es ist schade, dass eine gute, zielführende Technologie so in Verruf
gebracht wurde.“
Hybrid sei die Lösung,
solange man nicht genug Batterien
für E-Autos habe und die
Produktion der Batterien immer
noch hohe CO2-Emissionen verursache.
„Das ist der Grundgedanke,
warum Hybride sinn
stiftend sind. Und mit der Hybridtechnologie
beeinflusst man
auch Fahrweise, damit man den
Verbrauchsvorteil einfährt. Man
rekuperiert außerdem, weist
damit weniger Bremsbelagsabtrieb
aus. Das muss man alles
miteinbeziehen“, resümiert Killmann
abschließend.
Toyotas österreichischer Europa-
Entwicklungschef Gerald Killmann
und der belgische König Philippe:
Zukunft der Hybriden, der Software
und des Wasserstoff-Antriebs
liegen in seiner Hand
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Jedem das
passende Auto
Hubert Aichlseder, Obmann des Landesgremiums
des Fahrzeughandels
Guenter Jost
Die Technologie- und
Wahlfreiheit bei Kfz-Antrieben
muss auch in Zukunft
gewährleistet werden,
fordern die Vertreter der
Kärntner Autohäuser.
Heutzutage gibt es schon sehr
gute und reichweitenstarke
E-Fahrzeuge. Aber auch
moderne Benzin-, Diesel- oder
Hybrid-PKWs, die exzellente
Verbrauchs- und sehr niedrige
Emissionswerte aufweisen.
Für die Vertreter des Fahrzeughandels
in Kärnten ist es
deshalb nicht nachvollziehbar,
dass die Zukunft der Mobilität
vielfach auf den E-Antrieb
reduziert wird. „Alle modernen
Antriebskonzepte haben
ihre Stärken: Fährt jemand
zum großen Teil kürzere Strecken,
könnte ein Elektro- oder
Hybridauto die erste Wahl
sein. Wer häufig Langstrecken
fährt, ist mit den modernen,
verbrauchsarmen Dieseloder
Benzinmotoren bestens
aufgehoben“, erklärt Hubert
Aichlseder, Obmann des
Landesgremiums des Fahrzeughandels
in Kärnten.
Landesgremium des Kärntner
Fahrzeughandels
Europaplatz 1, 9021 Klagenfurt
am Wörthersee | Tel.: +43 5 90 904 320
In vielen Familien wird mittlerweile
auch Carsharing“
praktiziert. Etwa mit einem
Diesel-Kombi, -Van oder -SUV
für Urlaube, Transporte oder
Langstreckenfahrten. Und
dazu einem – meist kleineren-
E-oder Hybrid-PKW bzw. Benziner
für den Einkauf und das
Pendeln im Nahbereich einer
Stadt. „Bevor Sie sich für ein
neues Fahrzeug entscheiden,
sollten Sie Ihre persönlichen
Mobilitätsbedürfnisse analysieren.
So können Sie Geld
sparen und dazu die Umwelt
schonen“, rät Aichlseder.
AUTOVOLKSBEGEHREN
UNTERSTÜTZEN
Um die Autofahrerinnen und
Autofahrer zu entlasten, hat
sich die Initiative „Autovolksbegehren“
gegründet. Diese
fordert u.a. eine Senkung der
Steuer- und Abgabenbelastung
sowie einen Reparaturbonus
für Kfz.
Unterstützen
auch Sie diese
Initiative unter:
autovolksbegehren.at
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Kleine Zeitung
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MOBILITÄT 11
AUTONOM FAHRENDE LKW,
REVOLUTIONÄRE AVL-FORSCHUNG
SIE
DENKT,
DER LKW
LENKT
TEXT: DIDI HUBMANN
Auf der ganzen Welt wird an
autonom fahrenden Robotaxis,
Nutzfahrzeugen und LKW gearbeitet.
Eine Schlüsselrolle nehmen
dabei AVL und Andrea Leitner ein –
so weit ist die Forschung.
Andrea Leitner: Autonom fahrenden Lastkraftwagen das Denken und Verstehen beibringen
AUTONOME E-AUTOS:
Die Robotaxi-Firma Waymo (Google)
setzte bisher auf den in Graz gebauten
Jaguar I-Pace für ihren Robotaxi-Service
in den USA. Jetzt baut man Hyundais
Ioniq 5 zum Robotaxi um.
SO WEIT IST EUROPA:
In Deutschland ist mehr erlaubt als in
Österreich: Mercedes-Benz setzt dort auf
den „Drive Pilot“/Level 3, bis Tempo 60
kann die Software übernehmen. Auch
BMW fährt Level 3.
NEUES LKW-
GESCHÄFTSMODELL:
LKW-Hersteller erhoffen durch autonome
LKW bis zu 15 Prozent weniger an
Gesamtbetriebskosten, außerdem fallen
Ruhezeiten und Pausen für die (fehlenden)
Fahrer aus.
Der Roboter schleppt sich im langsamen
Schritttempo bergauf. In Los
Angeles wird es langsam dunkel.
Leise macht der Roboter, den Segway
entwickelt hat, Meter. Es ist nicht mehr
als eine Box auf vier Rädern, eine kleine
Fahne hängt an seiner Antenne. Langsam
fährt er am Gehsteig entlang, weicht Passanten
und Hindernissen aus, gesteuert werden
die kleinen fahrenden Lieferanten, die Pizza
und Co zu den Menschen, die ihr Essen online
bestellt haben, auch von Menschen, die zu
Hause sitzen. Andere Anbieter fahren schon
autonom. So langsam sie fahren, so schnell
ist der Wettlauf mit der Zeit – wer bringt das
beste, autonome System einer ganzen Logistikkette
auf die Straße? Also vom autonomen
LKW bis zu kleinen, selbstständigen Robotern,
die die Ware dann in der letzten Meile
an die Frau und an den Mann bringen. LKW-
Hersteller MAN hat zuletzt ein Projekt zum
autonomen Fahren mit elf Partnern aufgestellt.
Das Ziel: Mehr Effizienz, weniger Staus,
und das Dilemma der fehlenden Lastkraftwagenfahrer
soll so gelöst werden. Mit an Bord
sind etwa Leoni, Bosch, TU München. Man
sieht, diese Projekte sind nur in der Vernetzung
zu lösen. Weltweit werden solche Tests
auf die Straße gebracht.
Eine Schlüsselrolle in der Entwicklung spielt
AVL List. Andrea Leitner leitet bei AVL die
Entwicklung von Prüfständen für autonome
Fahrzeuge. Sie will mit ihrem Team zeigen,
dass es möglich ist, dass autonome Fahrzeuge
mit unterschiedlichsten Sensoren und
ohne menschliches Zutun ihren Weg finden.
Fahrassistenzsysteme, die uns bisweilen lästig
erscheinen und wie sie heute in Fahrzeugen
zu finden sind, stellen dafür die Basis
dar. Kein Teil des Autos ist heute mehr blöd,
um es vereinfacht zu sagen. Sogar eine Tür
ist heute in einem modernen Fahrzeug vollgestopft
mit Elektronik. Öffnet man sie, verbindet
sie sich mit den Kameras am Fahrzeug,
kann Gefahren und sich nähernde
Radfahrer zum Beispiel erkennen und den
Fahrer akustisch alarmieren.
Leitners Team, das zwischen Istanbul, Karlsruhe
und Graz vernetzt arbeitet, entwickelt
Lösungen dafür, wie man mit Hightech-Prüfständen
autonome Fahrsysteme so sicher
macht, damit sie den Straßenverkehr revolutionieren.
Die Anforderungen sind unterschiedlich:
Was in Europa funktioniert, ist im
indischen Verkehrschaos der großen Städte
de facto ein hilfloses Tool.
Leitner studierte Softwareentwicklung
und Wirtschaft an der TU Graz, machte
Kleine Zeitung | Pajman
ihren Doktor. Ihr Job als Leiterin eines international
erfolgreichen Forschungsprojekts
zum Thema Testen von autonomen Fahrzeugen
mit fast 70 Partnern und einem Budget
von 60 Millionen Euro war die Eintrittskarte
für die Leitung der Abteilung bei AVL.
„Wir überlegen uns, wie man autonome
Systeme testen kann. Ein autonomes Fahrzeug
kann selbst bremsen, lenken, es muss
sich selbstständig im Verkehr zurechtfinden,
selbstständig entscheiden, was falsch
und was richtig ist. Egal, welches Wetter
herrscht, egal, ob die Sonne tief steht und
ein Passant die Straße quert. Das autonome
System muss verstehen, was vor sich geht
und funktionieren“, erklärte sie bereits einmal
in einem Interview mit der Kleinen Zeitung.
Dem LKW wird das Denken, das Verstehen
von Situationen beigebracht. AVL setzt
auf Simulationen und Prüfstände, auf denen
Fahrzeuge samt ihrer unterschiedlichsten
Sensoren (Radar, Lidar etc.) aufgesetzt
werden. „Dafür haben wir sogenannte Stimulatoren
– zum Beispiel Leinwände – mit
denen wir die Sensoren gewissermaßen
bespaßen können, um zu sehen, wie das
Auto darauf reagiert.“
Längst hat man Tests auf dem AVL-
Testgelände in Ungarn institutionalisiert.
Genauso wie der mit Sensoren gespickte
AVL-Lkw im Straßenverkehr Kilometer um
Kilometer macht, um Daten zu sammeln,
die in ihrer Relevanz dann gewichtet werden
müssen. Um zu lernen, wie sich ein Fahrzeug
in den unterschiedlichsten Stresssituationen
verhält. Terabyte an Daten müssen ausgewertet
werden, Algorithmen und Künstliche
Intelligenz arbeiten wie Detektive, um
die relevanten Informationen herauszulesen.
Der ehemalige Volkswagen-Chef Herbert
Diess sagte an einem launigen Abend in privater
Runde offen: Ab 2030 werde man autonom
unterwegs sein, weil es einfach sicherer
sei, Unfälle vermeide und Leben rette. Noch
sind viele Menschen skeptisch, in San Francisco
gab es sogar Proteste wenn die Robotaxis
der Google-Firma Waymo den komplexen
städtischen Verkehr lahmlegten. Da lagen auch
die Nerven der anderen Autofahrer blank. Aber
die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Bei
PKW genauso wenig wie bei LKW.
Leitner glaubt, dass autonomes Fahren
für LKW im Stadtgebiet vorerst ein schwieriges
Thema bleibt. Alleine wenn man vortäuscht,
auf die Straße zu treten, könnte man
ein autonomes Fahrzeug immer und immer
wieder zum Stehen bringen, weil es so programmiert
ist. Der Lkw-Verkehr auf Autobahnen
eigne sich besser.
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Kleine Zeitung
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WELT DER
MOBILITÄT 13
30 – 45%
AVL UND DIE ZUKUNFT DER LKW-ANTRIEBE
DAS SETZT
EINE GANZE
BRANCHE
UNTER STROM
TEXT: DIDI HUBMANN
Gustav Tuschen
(AVL): „Einsatzgebiete
und Gesamtkostenabrechnung
entscheiden, welche
LKW-Technologie
eingesetzt wird.“
weniger CO2-Ausstoß bis 2030,
65 % weniger CO2 bis 2035 und 90 %
weniger CO2 bis 2040: So sollen die
CO2-Emissionen bei den LKW sinken.
6,1 Milliarden Euro
Der Investitionsbedarf für die öffentliche
Lade-Elektro-Infrastruktur innerhalb
der EU. Die Firmen selbst müssen fast
30 Milliarden für ihre Elektro-Infrastruktur
in der EU investieren (Quelle: PwC/
Wirtschaftsprüfer/Berater)
1000 kW
High-Power-Charging: Mit diesem
Wert sollen Elektro-LKW und ihre
600-/700-kWh-Batterien geladen
werden. Eine riesige Herausforderung
an die Stromnetze.
AVL List gestaltet die Zukunft der sauberen LKW-Antriebe,
um die CO2-Emissionen zu reduzieren: Woran es beim
Elektro-LKW hapert, warum der Diesel weiter entwickelt
wird und wo Wasserstoff aufholt.
Ich lerne immer noch ein bisschen“,
sagt Gustav Tuschen bescheiden.
Immerhin umfasst sein Job Unternehmensentwicklung
und die globale
Ausrichtung von AVL im
Bereich der Nutzfahrzeuge. Er soll nicht
mehr und nicht weniger als die Zukunft
lesen und vorhersagen, um AVL im Bereich
der Antriebe für LKW auf die richtige Spur
zu bringen.
Und das gestaltet sich schwieriger
als erwartet. Zuletzt auf der Nutzfahrzeugmesse
IAA Transportation sah man nur vordergründig
den nächsten Schritt: Der klassische
Diesel habe ausgedient, hieß es,
Elektro-Laster und -Transporter glänzten in
den Scheinwerfern. „Wir sind jetzt bereit zu
liefern“, wurde Scania-Chef Christian Levin
von Medien zitiert. Der scheidende Daimler-Truck-Lenker
Martin Daum sagte sogar:
„2024 steht für uns nun ganz klar im Zeichen
der Umsetzung.“ Und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
PwC ließ eine Studie
ventilieren, in der prophezeit wurde, dass
„bereits 2030 jeder fünfte neue LKW weltweit
rein elektrisch fahren könnte, 2040
könnten es 90 Prozent sein“.
Freilich schwebt über all dem Optimismus
eine dunkle Wolke. Auch bei den
Elektro-Autos lieferte sich die Branche dem
Zweck-Optimismus aus. Um im Jahr 2024
durchwegs alle Pläne zum Verbrenner-Aus
nach hinten zu verlegen. Selbst die Politik
bekommt kalte Füße.
Die Branche kämpft mit den gleichen Problemen
wie bei den E-Autos. Das schwach
ausgebaute Ladenetz wird von Daimler-
Mann Daum als der „große Flaschenhals“
bezeichnet. Laut PwC liege der öffentliche
Investitionsbedarf in Europa bis 2035 bei
6,1 Milliarden Euro. Hinzu kämen noch einmal
28,6 Milliarden Euro, die die Unternehmen
selbst für eigene Ladepunkte ausgeben
müssten.
Die präsentierten Modelle der elektrischen
Schwerkraftlastwagen besitzen eine
Reichweite um die 500 Kilometer. Im europäischen
Einsatzbereich müssten sie eine
Tagesreichweite von über 1000 Kilometern
schaffen, analysiert Tuschen.
Und damit wird die Sache komplex:
Kleine Zeitung | Nicolas Galani, IMAGO | Bernhard Herrmann
High-Power-Charging bis zu 1000 kW, Batterien,
die 600, 700 Kilowattstunden an
Kapazität haben, so könnte man in 20 bis 30
Minuten von 20 auf 80 Prozent laden. Soweit
ist man heute technisch.
Die Frage, wie man sich über die
Gesamtbetriebskosten dem Geschäftsmodell
eines Diesel-LKW annähert, bleibt
schwierig zu beantworten, zu viele Variablen
sind im Spiel. Grundsätzlich nähert
man sich an. Die Fahrzeuge sind heute
jedoch noch teurer, fast um 40, 50 Prozent
im Vergleich zu einem Diesel. Um das wieder
einzufahren braucht es günstigen, grünen
Strom und Ladepunkte, die minutengenau
angefahren werden können, denn
die Logistikpläne für die Anlieferungen
sind minutengenau getaktet. Jede Verzögerung
kostet.
Außerdem müssten Stromnetz und die
Netzstabilität gesichert sein. Und es müsste
eben grüner Strom sein, um die Umweltbilanz
richtig zu stellen. „Wenn eine Reihe von
LKW mit 700 kW lädt, und das Stromnetz
nicht stabil genug ist, dann gehen die Lichter
aus“, so Tuschen. Es brauche Planungssicherheit,
es muss eigene, weitläufige Flächen
für die LKW zum Laden geben. Aber
davon ist man heute genauso weit entfernt.
Die Politik und die Betreiber der Straßennetze
hinken hinterher.
Deshalb geht keiner der Hersteller
davon aus, dass E-Trucks die einzige Lösung
„AVL bleibt bei der
Technologieoffenheit.
Es gibt nicht die eine
Antwort. Sonst wären
auch die Diskussionen
um das Thema Antrieb
nicht so diffizil.“
Gustav Tuschen
verantwortlich bei AVL für Nutzfahrzeuge,
Marine, Aviation & Energie
14
Kleine Zeitung
11. Oktober 2024
WELT DER
MOBILITÄT 15
sind, Wasserstoff-Brennstoffzelle und Wasserstoff-Verbrennungsmotor
sind Alternativen.
Oder Biogas-LKW (siehe Substory).
Aber auch hier braucht es noch Zeit. Deshalb
arbeiten westliche Hersteller noch
intensiv an der Weiterentwicklung des Diesel,
weil der Verbrenner vorerst das Rückgrat
der Industrie bleibt – und jeder Fortschritt
bei der CO2-Reduktion hilft.
Bei der Elektro-Technik kennt man
weitere Fragezeichen: Feststoffbatterien
20 %
der LKW sollen bereits im Jahr 2030
weltweit rein elektrisch fahren, 2040
könnten es sogar 90 Prozent sein.
Laut einer neuen Studie der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC.
würden das Einsatzspektrum von Batterie
elektrischen schweren Nutzfahrzeugen
deutlich erweitern. Induktives Laden (geladen
wird beim Überfahren der Straße, wo
der Ladestrom bereitgestellt wird) würde
genauso alles verändern. Aber kein Durchbruch
ist in Sicht.
Daraus resultiert: Wasserstoff wird zum
Thema. Im Spiel sind Wasserstoff-Brennstoffzelle
und Wasserstoff-Verbrennermotor.
Die Infrastruktur gilt hier jedoch genauso
wenig ausreichend. Laut Tuschen verbrauche
die Welt schon heute an die 100 Millionen
Tonnen Wasserstoff. Der größte Teil wird
in der Chemie und im Bereich Stahlerzeugung
verwendet.
Nur ein verschwindend kleiner Anteil
ist für die Mobilitäts-Zukunft reserviert,
und der Bedarf steigt – aber die Herstellung
von grünem Wasserstoff (mithilfe
erneuerbarer Energiequellen) stockt.
1,9 %
der neu zugelassenen LKW fuhren im
ersten Halbjahr in Europa elektrisch,
erklärt der europäische Herstellerverband
ACEA. Obwohl es emissionsfreie
LKW und Busse gebe.
Klar ist aktuell nur so viel: Wenn es um die
Gesamtbetriebskosten geht, dann schlägt
die Wasserstoff-Brennstoffzelle den Wasserstoffmotor,
weil sie auch einen besseren
Wirkungsgrad besitzt. Aber der Wasserstoff-Verbrenner-Motor
ist beim Basispreis
näher am Diesel.
Klarstellen müsse man freilich die Wirkungsgrade:
Der Wasserstoff-Verbrennermotor
liege bei rund 52 Prozent, die Brennstoffzelle
bei 56 Prozent, der Elektro-Truck
bei 90 Prozent. AVL arbeitet in allen Bereichen
an weiteren Verbesserungen. Tuschen:
„Einsatzgebiete und Gesamtkostenabrechnung
entscheiden, welche Technologie
eingesetzt wird. Wenn ich keine 1000
Kilometer Reichweite schaffe, sondern nur
700 Kilometer, dann ist der Wirkungsgrad
nicht mehr so ausschlaggebend, weil dann
braucht man mehr Trucks, um die Waren zu
transportieren.“
Es geht letztlich um die Frage in der
Gesamtkostenabrechnung: Was kostet mir
Tonne Transport pro Kilometer?
DER WUNDERTANK
AUS GRAZ
Matthias Rebernik arbeitet an revolutionären
Flüssiggastanks für Schwerlaster,
die mit Bio-LNG (flüssiges Biomethan,
produziert etwa aus Biogas von
Abfallströmen) oder Wasserstoff betrieben
werden. Die Firma ist gut vernetzt,
und seit dem Einstieg des norwegischen
Industriepartners Hexagon Composites
auf Expansionskurs. Je besser die Tanks,
desto besser fällt die Abrechnung für
die Transportunternehmen aus. Heute
hat Cryoshelter ein Baukastensystem
für die Tanks entwickelt. Eine Technologieplattform,
die in alle Dimensionen
skalierbar ist. Die Isolationsgüte, also
wie flüssige Gase ohne Verluste gehalten
werden können, ist so hoch, dass die
Matthias Rebernik:
„Revolutionäre Flüssiggastanks“
Speicherung de facto verlustfrei bleibt.
Man arbeitet an internationalen Projekten,
das System sei günstiger als Batterien
für E-Lkw. „2027 bis 2028 geht es
bei Wasserstoff-Schwerlastkraftwägen
in die Serienproduktion, ab 2030 in den
Hochlauf. Bio-LNG-Anwendungen kommen
je nach Kontinent und Politik früher.“
Für die Wasserstofftanks – nur im
Prinzip ähnlich – wurde die Technik aufgrund
der höheren Materialanforderungen
überarbeitet.
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