Schlesischer Gottesfreund
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BEITRÄGE 84<br />
Am 2. Oktober 1964 übertrug die Finanzabteilung beim<br />
Rat des Kreises Waldenburg den sich noch in der Kirche<br />
befindlichen Gasofen in die Verfügung der evangelischaugsburgischen<br />
Gemeinde in Alt Bielitz. Das Übergabeprotokoll<br />
wurde am 4. Dezember 1964 von dem Bevollmächtigten<br />
der Alt Bielitzer Gemeinde, Jan Czudek, unterschrieben.<br />
Am 18. Mai 1965 wurde die Kirche mit ihrer Ausstattung<br />
dem Sportverein ´Baryt` zur Nutzung übergeben; das<br />
geschah mit der Zustimmung der Breslauer obersten Finanzbehörde<br />
vom 7. April 1965, und ebenso auf der Grundlage<br />
der Entscheidung des Rates für Religionsangelegenheiten<br />
vom 26. März 1965.<br />
In dieser Akte findet sich auch eine damalige<br />
Zustandsbeschreibung der Kirche: das Bauwerk gemauert,<br />
das Dach undicht; der Turm etwa 25 m hoch; sie besitzt 35<br />
Fensteröffnungen und drei Türen. Die Konstruktion der<br />
Fenster war Holz, hölzern die Decke, der Fußboden mit<br />
Zementplatten ausgelegt. Im Zustand der Fäulnis war die<br />
Zimmerdecke, das Dach undicht, die Kirche zu etwa 55 %<br />
ruiniert. Die Innenausstattung hatte sechs Bilder, einen<br />
Tisch, fünf alte Schränke und fünf Heizkörper. Die Stadt<br />
übergab der Religionsbehörde in Breslau die Kanzel, den<br />
Altar, die Orgel (die verwüstet war), und die Bänke der<br />
mittleren Reihe. Der Glockenturm hatte keine Glocken<br />
mehr. Das Pfarrhaus befand sich im Besitz der Stadt. Das<br />
Sekretariat der Stadt bekam den Auftrag der Sicherstellung<br />
von zwei Bildern, drei Deckengemälden sowie der Kirchenchronik<br />
aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Soweit aus den Akten der Jahre 1964/1965. Meines<br />
Wissens, so merkt P. Retecki hier noch an, ist der Verbleib<br />
der Bilder unbekannt; die Kirchenchronik befindet sich<br />
jetzt in der Stadtbibliothek in Gottesberg-Rothenbach.<br />
Zweitens:<br />
Ein neuer Anfang als Gotteshaus?<br />
Am 19. Dezember 1965 hatte Pastor Jószef Poœpiech in<br />
Gottesberg den letzten deutschen evangelischen Gottesdienst<br />
gefeiert, schon längst nicht mehr in der Kirche, die<br />
von der kleinen Gemeinde nicht unterhalten, nicht erhalten<br />
werden konnte. Auch jener Sportverein konnte oder wollte<br />
das Gebäude nicht halten. Und nun übermittelte mir kürzlich<br />
Manfred Richter, Mitglied unserer Gemeinschaft, folgende<br />
der Gottesberger Presse entnommene Mitteilung:<br />
„Die Kirche (in Gottesberg) verfiel in den letzten Jahren<br />
ungenutzt immer mehr und mehr zur Ruine, wurde aber vor<br />
etwa zehn Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Dies ermutigte<br />
Bürgermeister Marian Nogaœ, der leider im Frühjahr<br />
2009 plötzlich verstarb, die Kirche für den Tourismus<br />
anzubieten. Der Turm könnte als Aussichtsplattform dienen,<br />
und im unteren Teil sollte ein Büro für Tourismus entstehen.<br />
Pläne für Ausstellungen zur reichen Geschichte der<br />
Stadt und vielleicht einer kleinen Kaffeestube waren vorhanden.<br />
Es fehlten jedoch Interessenten und Geldmittel.<br />
Auch dem neuen Bürgermeister Waldemar Kujawa gelang<br />
trotz jahrelanger Versuche keine Veräußerung.<br />
Ende 2011 zeigte sich die Pfingstkirche in Landeshut<br />
an dem Objekt interessiert. Man schätzte den Wert auf<br />
210.000 Z³oty (ca. 50.000 Euro) und einigte sich auf einen<br />
symbolischen Kaufpreis von 2.000 Z³oty. Jacek Zatyka,<br />
Pastor der Pfingstgemeinde in Landeshut, glaubt, man<br />
könne innerhalb von zehn Jahren den alten Glanz der Kirche<br />
wieder erreichen. Dafür sollten die Arbeiten einer fachlichen<br />
Führung und der Vormundschaft der Caritas übergeben<br />
werden.”<br />
Manfred Richter hat weiteres in Erfahrung bringen können:<br />
daß ein Teil der Bänke in die katholische Kirche in<br />
Gottesberg gekommen ist, das Taufbecken in die katholische<br />
Kirche in das nahe Alt Lässig, der Altar nach Przemyœl<br />
in den Karpaten.<br />
Orgelprospekt, Vorkriegszustand Archiv GES<br />
Drittens:<br />
Die Wiederherstellung eines barocken Orgelprospektes<br />
Wiederum war es die genannte Zeitschrift „Sudety”, die in<br />
ihrer Ausgabe Nr. 125/2011 in einem ausführlichen Bericht<br />
eines Orgelfachmannes, Wolfgang J. Brylla, darüber<br />
berichtete, daß der wunderbare barocke Orgelprospekt in<br />
eine katholischen Kirche in Dubiecko gekommen ist, ebenfalls<br />
in den Karpaten. Restauriert mit aller Sorgfalt und<br />
Detailtreue, für die ja die polnische Denkmalspflege ohnehin<br />
bestens bekannt ist. Brylla geht zunächst auf die Geschichte<br />
dieser Orgel ein. Sie war in die im Jahre 1781 an<br />
Stelle des baufällig gewordenen Bethauses aus dem Jahre<br />
1742 errichtete neue Kirche eingebaut worden, vom Orgelbauer<br />
Johann Gottlob Meinert aus Lähn. Eine grundlegende<br />
Reparatur erfolgte 1841 zum hundertsten Kirchenjubiläum,<br />
der Orgelbauer Müssig hat sie um zwei Register<br />
erweitert, die Klangdisposition geändert, eine ´Windmaschine`<br />
eingebaut. Weitere Renovierungen durch die Firma<br />
Schlag & Söhne erfolgten 1888 und 1904.<br />
Dann heißt es weiter in dem Bericht von W.J. Brylla:<br />
„Die Orgel schien (um 1965) unwiderruflich vernichtet."<br />
Aber dann fand sich eine Spur, die schließlich zu dem<br />
sicheren Ergebnis führte, daß der Orgelbaumeister Theodor<br />
Böhme aus Lauban eben diese Gottesberger Orgel in der<br />
Pfarrkirche von Dubiecko rekonstruiert hat, fertiggestellt<br />
im November 1971. -ß �