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G+L 3/2025

Schulen

Schulen

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20|03

25

MAGAZIN FÜR LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

UND STADTPLANUNG

SCHULEN


EDITORIAL

Das Jahr 2025 markiert für Deutschlands Schulen einen entscheidenden

Wendepunkt. Der Bildungsnotstand ist kein fernes

Szenario mehr, sondern eine Realität, die den Schultag prägt.

Lehrkräftemangel, überfüllte Klassenzimmer und eine zunehmende

soziale Schere beeinflussen das Bildungsumfeld in einer

Intensität, die das pädagogische System in die Knie zwingt.

Während die politische Debatte oft an strukturellen Reformen

festhält, werfen wir in dieser Ausgabe der G+L den Blick auf

einen Aspekt, der allzu oft als „Nebenkriegsschauplatz“ der

Bildungsdiskussion abgetan wird: den Schulfreiraum.

Dass Schulhöfe nicht nur mit Spiel- und

Sportangeboten für Schüler*innen aufwarten

– wie hier mit leuchtend türkisen

Belägen –, zeigt das Projekt von bgmr in

Leipzig: Für die Freiflächen der Schule

Hauptbahnhof-Westseite konzipierte das

Büro ein detailliertes System für

Regenwassermanagement. Mehr zu dem

Projekt ab Seite 26.

Dessen Potenzial liegt klar auf der Hand: Schulhöfe sind mehr

als asphaltierte Pausenplätze – sie bieten Raum für Erfahrung,

Spiel und Interaktion, ja sogar für Bildung und soziale Integration.

Die Vision von Schulfreiräumen als echten Lernorten ist keine

Utopie. Beispiele aus Europa und weltweit zeigen bereits, wie

Schulen mit mutigen Freiraumkonzepten über sich hinauswachsen

und sogar gesellschaftliche Brennpunkte entschärfen können.

Doch wie schaffen wir es, in Schulen im deutschsprachigen

Raum moderne Lernlandschaften zu gestalten, die dieser

komplexen Aufgabe gerecht werden?

Im Zentrum steht die Frage, wie Freiräume zu integrativen,

inspirierenden und gleichzeitig ökologisch nachhaltigen Bildungsorten

werden können. Modulbauweise und flexible

Gestaltungsansätze bieten einen möglichen Weg. Sie erlauben

es, Schulhöfe in wahre „Außenklassen“ zu verwandeln, die nicht

nur den Bildungsanspruch erweitern, sondern auch Gemeinschaftsgefühl

fördern und Kinder aller sozialen Schichten

einbeziehen. Die Umgestaltung herkömmlicher Schulhöfe zu

„grünen Lernräumen“ geht dabei Hand in Hand mit pädagogischen

Konzepten, die Bewegung, Naturerfahrung und kreatives

Spielen ins Zentrum rücken.

In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen 16 praxiserprobte Ansätze

in Deutschland, Österreich und der Schweiz vor. Darüber

hinaus fragen wir Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes,

im Interview, wie denn eigentlich Lehrer*innen

auf Pausenhöfe blicken – während mit einer Stellungnahme der

Bundesschülerkonferenz auch die Schül er*innen selbst zu

Wort kommen.

Coverfoto: Gunter Binsack; Illustrationen: Georg Media

ANNA MARTIN

REDAKTION

a.martin@georg-media.de

THERESA RAMISCH

CHEFREDAKTION

t.ramisch@georg-media.de

Die Projekte sowie die Interviews und

Kommentare in dieser Ausgabe zeigen,

dass eine nachhaltige und sinnvolle

Gestaltung von Schulfreiräumen keine

Luxusfrage ist, sondern eine Notwendigkeit.

Eine durchdachte Freiraumgestaltung kann

Kinder in ihrer Entwicklung fördern,

Gemeinschaft stiften und vor allem Chancen

schaffen – für alle.

G+L 3


INHALT

AKTUELLES

06 SNAPSHOTS

09 MOMENTAUFNAHME

Bürorundfahrt

SCHULEN

10 VOM LERNEN UND GESTALTEN

Wie Freiraumgestaltung auf Herausforderungen im Bildungssystem reagieren kann

14 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 1

Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium, München, ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner

Grundschule am Tränkegraben, Berlin, Franz Reschke Landschaftsarchitektur

Volksschule Manuel, Bern, bbz landschaftsarchitekten bern

22 „PAUSE UND BEWEGUNG SIND NICHT ZU UNTERSCHÄTZEN“

Ein Interview mit Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes

26 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 2

Schule Hauptbahnhof-Westseite, Leipzig, bgmr Landschaftsarchitekten

Bildungscampus Heidemarie Lex-Nalis, Wien, outside landschaftsarchitektur

Freie Waldorfschule am Prenzlauer Berg, Berlin, GM013 Landschaftsarchitektur

34 NICHT NUR FÜR, SONDERN MIT KINDERN PLANEN

Ein Kommentar von Urbanistin Sina Doukas

36 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 3

Tagesschule Wetzwil, Herrliberg, manoa landschaft

Schulzentrum Hohenhausen, Kalletal, Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten

Volksschule Anif, DnD Landschaftsplanung

42 „MEDIENKOMPETENZ DARF NICHT DEM ZUFALL ÜBERLASSEN WERDEN“

Lewis Erckenbrecht vom Digitalverband Bitkom im Interview

46 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 4

GGS Bernberg, Gummersbach, GREENBOX Landschaftsarchitekten

Montessorischule Kleve, Hoff & Koch Landschaftsarchitektur

Neue Mitte – Murgtalschule, Murg, faktorgruen Landschaftsarchitekten

52 „FÜR PLANEN UND BAUEN BILDEN SICH SCHON FRÜH MASSSTÄBE AUS“

Interview mit Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur

56 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 5

igis, Standort Severinswall, Köln, studio grüngrau

Bildungscampus Riensförde, Stade, Blaurock Landschaftsarchitektur

Volksschule Neuhart, Graz, Green4Cities

62 AUS DER SICHT VON SCHÜLER*INNEN

Eine Stellungnahme der Bundesschülerkonferenz

64 PROJEKTVORSTELLUNGEN – TEIL 6

Kantonsschule Wiedikon, Hohlstrasse, Zürich, Balliana Schubert Landschaftsarchitekten

PRODUKTE

Herausgeber:

Deutsche Gesellschaft

für Gartenkunst und

Landschaftskultur e.V.

(DGGL)

Pariser Platz 6

Allianz Forum

10117 Berlin-Mitte

www.dggl.org

68 LÖSUNGEN

Spielräume

RUBRIKEN

78 Impressum

78 Lieferquellen

79 Stellenmarkt

80 DGGL

82 Sichtachse

82 Vorschau

G+L 5


VOM

LERNEN

UND

GESTALTEN

Die PISA-Studie 2021 attestierte Deutschland im internationalen

Leistungsvergleich die schlechtesten Ergebnisse seit Beginn

der Studie im Jahre 2000. Die Ergebnisse lösten eine Welle

der Besorgnis aus und lenkten den Blick auf die Schwachstellen

im Bildungssystem. Doch wie können Architektur und

Freiraumgestaltung dazu beitragen, diese Herausforderungen

zu bewältigen?

JULIA TREICHEL

10 G+L


SCHULEN

VOM LERNEN UND GESTALTEN

AUTORIN

Julia Treichel

absolvierte an der

TU München den

Bachelor und Master

in Landschaftsarchitektur

und arbeitete

danach in diversen

Büros im Raum

München und in

Mailand. Derzeit ist

sie bei michellerundschalk

in München

tätig. Daneben

engagiert sie sich

auch freiberuflich in

Theorie und Praxis

zu sozialen und

gestalterischen

Fragen der Umwelt.

Nicht nur die PISA-Studie, auch weitere

internationale Schulleistungsstudien im

Primarbereich wie TIMSS und IGLU

sowie verschiedene IQB-Bildungstrends

dokumentierten in den letzten Jahren

einen Kompetenzrückgang im deutschen

Bildungssystem. Das aktuelle deutsche

Schulbarometer, das im Auftrag der

Robert Bosch Stiftung Lehrkräfte an allgemeinbildenden

und beruflichen Schulen

zur aktuellen Situation befragte, nennt

dabei als größte Herausforderungen den

Fachkräftemangel. Laut Modellrechnungen

der Kultusministerkonferenz (KMK)

wird es bis 2035 einen Mangel von

68 000 Lehrkräften geben. Zwar gibt

es Überschüsse in einigen Bereichen,

doch in manchen Bundesländern wird

der Bedarf nur zu 50 Prozent gedeckt

werden können.

Auch die Bildungsungleichheit bleibt ein

drängendes Problem. Der „Chancenmonitor

2023“ des ifo Instituts macht deutlich,

wie stark Bildung und Einkommen der

Eltern die Chancen der Kinder beeinflussen.

„Die entscheidenden Faktoren für die

Bildungschancen von Kindern in Deutschland

sind Bildung und Einkommen der

Eltern“, fasst Ludger Wößmann, Leiter des

ifo Zentrums für Bildungsökonomik, die

Erkenntnisse zusammen. Während nur

28,2 Prozent der Kinder ohne Akademiker-Eltern

ein Gymnasium besuchen, liegt

die Quote bei Akademiker-Kindern bei

75,3 Prozent.

DEMOKRATISCHE SCHULEN FÜR DEMO-

KRATISCHES LERNEN SCHAFFEN

„Das Schulsystem funktioniert nur für diejenigen

mit den besten Voraussetzungen“,

kritisiert der Lehrer und Bildungsinfluencer

Bob Blume im Gespräch mit der Plattform

Jugendstrategie der Bundesregierung. In

seinem Buch „Warum noch lernen“ fordert

er Reformen, die echtes Interesse und

freudvolles Lernen fördern sollen. Noch

weiter geht das RedaktionsNetzwerk

Deutschland in einem Artikel von 2019:

„Die perfekte Schule ist auch ein Zuhause.“

Schulen sollten nicht nur Lernorte

sein, sondern ein Umfeld bieten, in dem

sich Schüler*innen wohlfühlen und aktiv

einbringen können. Doch laut OECD-

Bildungsdirektor Andreas Schleicher bleibt

die Realität hinter diesem Ideal zurück. „In

Deutschland ist der Schulbetrieb wie eine

Fabrikhalle organisiert“, kritisiert er im

RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Ob Schule als „Fabrikhalle“ oder „Zuhause“

wahrgenommen wird, mag eine Frage

der Perspektive sein. Doch die Relevanz

institutioneller Lernorte steht außer Frage.

„Schulen sind für die Entwicklung der

Gesellschaft und ihrer Grundwerte von

zentraler Bedeutung, da jedes Kind in

Deutschland viele Jahre seines Lebens in

ihnen verbringt“, heißt es auf dem Portal

Landschaftsarchitektur heute des Bundes

Deutscher Landschaftsarchitekt:innen.

Nicht zuletzt während der Covid-19-

Pandemie wurde deutlich, welche Folgen

die erzwungene Aussetzung des Präsenzunterrichts

hatte. So urteilte auch das

Bundesverfassungsgericht 2021 in seinem

„Bundesnotbremsebeschluss II“, in dem

es um die Verfassungsmäßigkeit der

Aussetzung ging, die Persönlichkeitsentwicklung

von Kindern finde nicht im luftleeren

Raum statt. Jedes Kind habe deshalb

ein Recht auf einen Mindeststandard

an Bildungsangeboten, der die eigene

Entwicklung fördert.

Doch wie dieser Mindeststandard und

die Lernorte gestaltet werden, bleibt eine

offene Debatte. Für die Schulbauarchitektur

gilt dabei wie für das Bildungssystem

selbst: Wie lernen geht, muss neu gelernt

werden. Die Montag Stiftung Jugend und

Gesellschaft aus Bonn setzt an diesem

Punkt an. Sie versucht sich gemeinsam

mit Expert*innen aus Pädagogik, Architektur,

Planung und Verwaltung daran,

ein neues Denken und Handeln im

Schulbau zu etablieren. „Niemand

würde Büros heute ohne Bedarfsanalyse

nach einem 100 Jahre alten Schema

bauen – warum Schulen?“, argumentiert

sie auf ihrer Onlinepräsenz. Als Antwort

auf die Defizite des Status quo stellt die

Stiftung auf unterschiedliche Weisen

Grundlagen, Richtlinien und Prozesse für

moderne Schulbauten bereit. Auf der

Plattform Schulbau Open Source stehen

beispielsweise Planungsunterlagen aller

Fachplanungen und Leistungsphasen aus

fünf konkreten Schulbauprojekten zur

freien Verfügung. Interessierte haben

hier zum Beispiel freien Zugriff auf isometrische

Zeichnungen oder Kostenschätzungen

und können von den Pilotprojekten

lernen.

Als wesentliche Herausforderungen

zukunftsfähiger Schulen benennt die

Montag Stiftung den Ausbau von Ganztagsschulen,

die Umsetzung von Inklusion,

die Anforderungen der Digitalisierung

und der grundlegende Wandel im pädagogischen

Verständnis von Schule. Unter

anderem setzt sich die Stiftung in ihrem

2012 erstmals veröffentlichten Handbuch

„Schulen planen und bauen 2.0“ deshalb

G+L 11


SCHULHÖFE

Klettergerüste für die Kleinen, Rückzugsorte für ältere

Schüler*innen, Systeme für Regenwassermanagement, standortgerechte

Pflanzen und Bäume, die die Biodiversität fördern

und das Mikroklima verbessern: Wie breit gefächert die Nutzungsangebote

und Konzepte von Schulhöfen sind, verdeutlichen

die 16 Projekte aus den vergangenen Jahren, die wir in

dieser Ausgabe vorstellen.

08

ANNA BREITFUSS, JULIANE VON HAGEN, TOBIAS HAGER, HELKE KÖLSCHBACH, LAURA LOEWEL, ANNA MARTIN

11

13

10

Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium,

München

01 12

Grundschule am Tränkegraben,

Berlin

02 13

03

04

05

Volksschule Manuel,

Bern

Schule Hauptbahnhof-Westseite,

Leipzig

Bildungscampus

Heidemarie Lex-Nalis,

Wien

14

15

16

Murgtalschule,

Murg

Integrierte Gesamtschule

Innenstadt, Standort Severinswall,

Köln

Bildungscampus Riensförde,

Stade

Volksschule Neuhart,

Graz

Kantonsschule Wiedikon,

Zürich

06

07

Freie Waldorfschule

am Prenzlauer Berg,

Berlin

Tagesschule Wetzwil,

Herrliberg

SCHWEIZ

12

08

Schulzentrum Hohenhausen,

Kalletal

16

09

Volksschule

Anif

03

07

10

Gemeinschaftsgrundschule

Bernberg,

Gummersbach

11

Montessorischule,

Kleve

14 G+L


SCHULEN

PROJEKTÜBERSICHT

14

02

06

Die Rückmeldung auf

unseren Projektaufruf,

in dem wir nach

aktuellen Schulhofprojekten

fragten, war

sehr groß, was uns in

der Redaktion sehr

gefreut hat. Neben den

16 Projektvorstellungen

hier im Heft finden Sie

daher weitere

spannende Schulhofprojekte

auf der Webseite

der G+L.

04

DEUTSCHLAND

01

05

09

15

ÖSTERREICH

G+L 15


oben: Mit Biodiversitätsgründächern

und

Fassadenbegrünung

möchte das neue

Wilhelm-Hausenstein-

Gymnasium ökologische

Maßstäbe setzen.

unten links: Die

Freianlagen des neuen

Gymnasiums in

München-Bogenhausen,

entworfen von ver.de,

gehen flüssig und ohne

begrenzende Zäune in

den an grenz -

enden Klima park über.

Mitte: Der zweigeschossige

Schulhof bietet

Bereiche mit unterschiedlichen

Nutzungsmöglichkeiten.

unten rechts: Eine groß

angelegte Freitreppe

führt zu den Sportaußenanlagen

auf

einem der Dächer der

Schulgebäude.

Plan: ver.de landschaftsarchitektur; Fotos: Copyright: ver.de landschaftsarchitektur, Foto: Thore Schiller

16 G+L


SCHULEN

WILHELM-HAUSENSTEIN-GYMNASIUM, MÜNCHEN

01

WILHELM-HAUSENSTEIN-

GYMNASIUM

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner,

Freising, Entwurfsverfasser und Projektleitung:

Jochen Rümpelein, Bauleitung:

Ronny Prosenz

MÜNCHEN

ARCHITEKT*INNEN: LPH 1 bis 5:

Hascher Jehle Architektur, Berlin; LPH 6

bis 9: Köhler Architekten + beratende

Ingenieure GmbH, München

WEITERE BETEILIGTE PLANUNGS-

ODER INGENIEURBÜROS: Ingenieurbüro

Wolfgang Hirdina, Betzigau

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Landschafts- und Sportplatzbau: Hallertauer

Landschaft, Mainburg-Aufhausen

Zaunbau: Schreier Zäune, Traunreut

Dachbegrünung: Garten-Moser, Reutlingen,

als NU der Fa. Rudolf Schweiger

Abdichtung und Isolierbau

BAUHERR*INNEN: Landeshauptstadt

München, Referat für Bildung und Sport,

vertreten durch Baureferat Gartenbau

HERSTELLER*INNEN:

Asphaltbelag EP-Grip: Fa. Possehl;

Betonsteinpflaster: Fa. Rinn; Kunststoffbeläge:

Fa. Polytan; Entwässerung: Fa. ETV;

Sportausstattung: Fa. Schäper; Spielgeräte:

Verkaufsbüro Roth und Sport Thieme;

Tisch-Bank-Kombinationen: Westeifel Werke;

Betonfertigteile: Fa. Stangl; Bepflanzung:

städtische Baumschule LHM

FLÄCHE: Schulcampus ebenerdig, circa

15 050 Quadratmeter; Dachflächen, nutzbar

oder begrünt, circa 6 900 Quadratmeter;

Geländeanpassungen Klimapark,

circa 7 250 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT:

Mai 2017 bis Dezember 2024

BAUZEIT:

September 2021 bis Dezember 2024

KOSTEN: Baukosten Freianlagen,

inkl. Zaunbau und Dachbegrünung:

circa 6,85 Millionen Euro netto

Im Herzen des Münchner Stadtteils

Bogenhausen befindet sich seit 2024 das

Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium,

eingebettet im Klimapark des Stadtviertels.

Die Gestaltung der Grünflächen vom

Landschaftsarchitekturbüro ver.de aus

Freising setzt mit extensiven Biodiversitätsgründächern

und Fassadenbegrünung

neue ökologische Maßstäbe. Dieses

Projekt vereint moderne Bildungsarchitektur

mit nachhaltigen Umweltkonzepten

und schafft so einen zukunftsweisenden

Lernort für kommende Generationen

sowie einen flüssigen Übergang in den

angrenzenden Klimapark.

Die Planungen für dieses ambitionierte

Projekt begannen 2017 mit einer Machbarkeitsstudie,

die unter aktiver Beteiligung

der Anwohner*innen durchgeführt

wurde. Daraus entstand der Entwurf der

aerodynamischen Gebäudeform des

Architekturbüros Hascher Jehle. Die vier

Baukörper wurden so positioniert, dass sie

die lokale Kaltluftschneise berücksichtigen.

Von 2018 bis 2024 dauerte die

Bauphase, bei der köhler architekten +

beratende ingenieure für die Ausführung

verantwortlich waren.

Das architektonische Konzept sieht vor,

dass sich der Schulhof mit seinen Grünflächen

nahtlos in den umgebenden

Klimapark einfügt, weshalb auf Zäune

verzichtet wurde. Eine markante Freitreppe

führt vom Schulhof zu den

Sportaußenanlagen auf dem Dach des

eingeschossigen Gebäudes und steht

der gesamten Nachbarschaft zur Verfügung.

Die flächenschonende Planung

resultiert in 14 500 Quadratmetern

Nutzfläche bei einer Bruttogrund fläche

von 23 900 Quadratmetern, wobei

der Allwetterplatz und Teile des Pausenhofs

auf dem Dach des Sockels untergebracht

wurden.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der

Fassadenbegrünung, die das Sockelgeschoss

vollständig mit Rankseilen umschließt

und insgesamt 30 Prozent der

Fassadenfläche bedeckt. Die Dachbegrünung

in Form von Biodiversitätsgründächern

schafft vielfältige Lebensräume

für Tiere und trägt zum Wasserrückhalt

bei. Alle begrünten Dächer weisen eine

mittlere Substratstärke von 15 Zentimetern

auf und sind mit punktuellen Anhügelungen

bis zu 25 Zentimetern sowie Kies-,

Sand- und Schotterlinsen ausgestaltet.

Eine Mischung aus Stauden, Kräutern und

Gehölzen sowie Totholzhaufen bietet

zusätzlichen Lebensraum. Photovoltaikanlagen

auf einem Dach und dem Ballfangzaun

der Dreifachsporthalle runden das

nachhal tige Energiekonzept ab.

Der zweigeschossige Schulhof bietet

vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für

Bewegung und Ruhe, mit Bereichen für

kleine und große Gruppen, alle natürlich

beschattet durch Bäume. Ein Schulgarten

mit Bienenstöcken und artenreichen

Wiesenflächen am Rande des

Areals dient als lebendiger Lernort. Mit

781 Fahrradstellplätzen, 45 Prozent mehr

als baurechtlich erforderlich, fördert das

Gymnasium aktiv umweltfreundliche

Mobilität. Im Norden des Geländes

verläuft eine 100-Meter-Laufbahn in

einem dezenten Beigeton, der den

Übergang zum Park markiert und sich

harmonisch in die Umgebung einfügt.

Der Allwetterplatz und das Beachvolleyballfeld

schließen an der Ostseite die

Pausenfläche ab und gewähren mit dem

Einsatz von Mesh-Gewebe als Ballfangzäune

Ein- und Ausblicke in den

Park sowie andersherum. Das macht

den neuen Pausenhof des Gymnasiums

zugänglicher und sozialer.

HELKE KÖLSCHBACH

G+L 17


KOMMENTAR

NICHT NUR FÜR,

SONDERN MIT

KINDERN PLANEN

SINA DOUKAS

AUTORIN

Sina Doukas ist

Urbanistin und berät

Kommunen und

Planungsbüros

dabei, die Rechte

und Interessen von

Kindern in der

Stadtplanung

umzusetzen. Als

freie Dozentin macht

sie die Kinderperspektive

in Architektur

und Stadtplanung

sichtbar.

Weitere Infos auf

der eigenen

Webseite unter

sinadoukas.de.

Kinder werden in unserer Gesellschaft

ambivalent wahrgenommen: Einerseits

gelten sie als Hoffnungsträger*innen

unserer Zukunft, andererseits werden sie

als schutzbedürftig und unmündig betrachtet

und strukturell benachteiligt. Sie

haben keine politische Stimme, keine

Lobby und werden in Entscheidungsprozesse

kaum einbezogen.

Besonders deutlich wird diese Diskrepanz

in der Stadtplanung. Hier gelten Kinder

und Jugendliche einerseits als Indikator für

qualitätsvolle Stadtgestaltung und hohe

urbane Lebensqualität. Andererseits werden

Kinderrechte in Planungsprozessen

häufig hinter wirtschaftlichen und politischen

Prioritäten zurückgestellt.

Obwohl Kinder und Jugendliche von

Planungen auf allen Maßstabsebenen

betroffen sind, werden Städte primär von

Erwachsenen für Erwachsene entworfen

und gebaut. So entstehen Orte, die den

Bedürfnissen von jungen Menschen

wenig entsprechen. Dabei beeinflusst die

gebaute Umwelt maßgeblich, wie frei,

sicher und selbstwirksam Kinder aufwachsen.

Im ersten Schritt sollte deshalb die

Kinderperspektive in Planungen Berücksichtigung

finden.

Es ist an der Zeit, Kinder

und Jugendliche nicht

nur als passive Empfänger*innen

von Planungsentscheidungen

zu sehen,

sondern sie aktiv in die

Gestaltung ihrer Lebenswelt

einzubeziehen.

Doch es reicht nicht aus, junge Menschen

lediglich mitzudenken und für sie zu

planen. Denn der erwachsene Blick auf

Kindheit ist häufig geprägt von verzerrten

Erinnerungen und weicht stark von den

tatsächlichen Lebensrealitäten heutiger

Kinder und Jugendlicher ab.

Deshalb muss das Recht auf Mitbestimmung,

wie es Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention

fordert, ernst genommen

werden. Kinder- und Jugendbeteiligung

führt nicht selten zu unkonventionellen

Lösungen. Die Kindheitsforschung zeigt,

dass Kinder eine einzigartige Sicht auf

ihre Umgebung haben. Sie erleben den

34 G+L


SCHULEN

KOMMENTAR SINA DOUKAS

Foto: © Bianca Roth

Stadtraum aus einer anderen Perspektive

– sensorisch, intuitiv, direkt und ohne vorgeprägte

Denkmuster. Sie sehen Dinge,

die Erwachsene und Planer*innen übersehen.

Ihre Sichtweise ist nicht nur wertvoll,

sondern unverzichtbar, wenn es darum

geht, Stadträume lebenswert für deren

Bewohner*innen zu gestalten.

Auch auf persönlicher Ebene profitieren

junge Menschen von ihrer Teilnahme an

Planungsprozessen. Kinder, die ihre Umgebung

mitgestalten und erfahren, dass

ihre Meinung zählt, entwickeln Selbstbewusstsein,

Verantwortungsbewusstsein

und lernen, wie Demokratie funktioniert.

Diese Erfahrung der Selbstwirksamkeit

prägt sie für ihr gesamtes Leben und legt

den Grundstein für eine engagierte,

zukunftsfähige Gesellschaft.

Ein zentraler Ansatz, um das Recht auf

Beteiligung in Planungsprozessen wirksam

umzusetzen, ist die frühzeitige Einbindung

in „Phase Null“ – also vor Beginn konkreter

Planungsmaßnahmen. Hier kann

es jungen Menschen durch passende

Beteiligungsformate ermöglicht werden,

ihre Perspektiven aktiv einzubringen. Um

die ernsthafte Einbindung junger Menschen

zu ermöglichen, dürfen diese

Beteiligungsformate nicht nur auf artikulationsstarke,

wortgewandte Erwachsene

mit Kenntnissen über das Planungssystem

ausgerichtet sein. Ansonsten bleiben die

Stimmen junger Menschen ungehört. Sie

treffen auf Strukturen, die ihnen keinen

Raum geben, ihr Wissen und ihre Erfahrungen

einzubringen. Deshalb müssen

bestehende Planungsroutinen und

Entscheidungsstrukturen überdacht und

angepasst werden.

Das Recht auf Mitbestimmung darf nicht

länger ein bloßer Anspruch bleiben. Es ist

an der Zeit, Kinder und Jugendliche nicht

nur als passive Empfänger*innen von

Planungsentscheidungen zu sehen,

sondern sie aktiv in die Gestaltung ihrer

Lebenswelt einzubeziehen. Dafür müssen

wir uns fragen: Durch welche Methoden

und Formate kann Partizipation wirklich

gelingen und die Selbstwirksamkeit der

nächsten Generation nachhaltig gestärkt

werden? Um diese Frage zu beantworten,

dürfen wir Kinder nicht länger als Schutzobjekte

oder als Symbol einer abstrakten

Zukunft betrachten. Vielmehr besteht die

dringende Notwendigkeit, Kinder ins

Zentrum des gesellschaftlichen und politischen

Denkens zu rücken.

Urbanistin Sina Doukas

plädiert für eine

sogenannte Planungsphase

Null: In

passenden Beteiligungsformaten

könnten Kinder und

Jugendliche ihre

Perspektive so früh in

Planungsmaßnahmen

einbringen.

G+L 35


oben: Die Kirche und

die drei Gebäude der

Tagesschule Wetzwil

umstehen einen

zentralen Pausenhof.

unten links: Bei der

Erweiterung der

Schulanlage in Wetzwil

nach Plänen von Neon

Deiss Architektinnen

und manoa landschaft

entstand ein Ensemble

aus drei Schulgebäuden

mit mehreren

Freiraumbereichen.

Mitte: Zwischen

Bestands- und Neubau

überbrückt eine

Freitreppe mit Sitzstufen

den Höhenunterschied

im Gelände.

unten rechts: Den

Schulgarten nordöstlich

des Gebäudeensembles

ergänzt ein

kleiner Teich.

Plan und Fotos: manoa landschaft ag

36 G+L


SCHULEN

TAGESSCHULE WETZWIL, HERRLIBERG

07

TAGESSCHULE

WETZWIL

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

manoa landschaft ag

HERRLIBERG

ARCHITEKT*INNEN:

Neon Deiss Architektinnen

WEITERE BETEILIGTE PLANUNGS-

ODER INGENIEURBÜROS:

Bauingenieur: Schnetzer Puskas Ingenieure

AG

Elektroingenieur: Mettler + Partner AG

Sanitäringenieur: BLM Haustechnik AG

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Gärtner: Zweifel Gartenbau AG

Baumeisterarbeiten: Ponato AG

BAUHERR*INNEN:

Gemeinde Herrliberg, Schweiz

HERSTELLER*INNEN:

Mobiliar / Ausstattung: Glatz (Sonnenschirme),

silisport (Sportgeräte)

Betonfertigelemente (Sitzstufen und Sitzbank):

Creabeton

Spielgeräte: motorsänger gmbh (Planung

und Ausführung)

Belag: WALO (EPDM-Belag)

Beleuchtung: BEGA

FLÄCHE: Gesamtperimeter 5 350 Quadratmeter,

Gebäude 854 Quadratmeter,

Umgebung 4 500 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT: Studienauftrag 2017,

Planung 2018 bis 2021

BAUZEIT: 2021 bis 2024 (im laufenden

Betrieb, in Etappen)

KOSTEN:

795 000 Schweizer Franken (Umgebung)

Inmitten von Feldern und Wiesen ragt

ein Kirchturm empor. Schon im 8. Jahrhundert

stand hier, im Weiler Wetzwil in

der Gemeinde Herrliberg am Zürichsee,

eine Kapelle. Es folgte ein romanischer

Bau, im 18. Jahrhundert dann die Umgestaltung

zur barocken Predigt kirche.

Auf eine ebenfalls jahrhundertelange

Geschichte kann die Schule neben der

Kirche zurückblicken, denn bereits im

17. Jahrhundert gab es hier erstmals eine

Schule. Heute besteht die Tagesschule

Wetzwil aus drei Gebäuden, die sich um

die Kirche herum gruppieren. Zwischen

den drei Bauten und der Kirche spannt

sich dadurch ein geschützter Hof auf.

Ergänzt wird die Anordnung durch das

neben der Kirche liegende Bentzelheim,

ehemals Schulhaus, dann Waisenhaus,

inzwischen das Zuhause einer sozialpädagogischen

Pflegefamilie. Die drei

Gebäude des Schulensembles stammen

aus drei unterschiedlichen Jahrhunderten

– die neuste Ergänzung wurde erst

im vergangenen Jahr fertiggestellt.

Auch die Außenanlagen erfuhren dabei

eine Neugestaltung.

Die Planer*innen von Neon Deiss

Architektinnen und manoa landschaft

erweiterten und sanierten bis 2024 das

Schulhaus Wetzwil und dessen Freiraum.

2017 war ihr Entwurf als Siegerprojekt

aus dem Studienauftrag für das Projekt

hervorgegangen, zu dem drei Planer*innenteams

eingeladen waren.

Die Primarschule Wetzwil ist eine freiwillige

Tagesschule. Sie nimmt aktuell

drei Doppelklassen – also eine 1./2.,

eine 3./4. sowie eine 5./6. Klasse

– und einen Hort auf. Aufgrund gestiegener

Nachfrage war die Erweiterung

der ländlich gelegenen Schule notwendig

geworden.

Im Zuge der Realisierung entstand ein

Ergänzungsbau nördlich der Kirche.

Dafür wurde der Sportplatz verlegt, der

nun etwas nördlicher, zwischen Neuund

Bestandsbau liegt. Zwei provisorische

Pavillons aus den 2000er-Jahren

wurden wiederum rückgebaut. Die zwei

Bestands- sowie das neu ergänzte

Schulgebäude verbindet nun ein U-förmiges

Vordach, ein zentrales Erschließungs

element des Ensembles. So können

die Schüler*innen auch bei Regen

trockenen Fußes vom einen ins andere

Gebäude wechseln.

Durch die Ergänzung des Gebäudeensembles

mit dem Neubau und die damit

einhergehende Neuordnung des Areals

entstanden zwei Pausenbereiche auf

unterschiedlichen Höhenniveaus. Höher

und zwischen Kirche und Schulgebäuden

gelegen, findet sich ein baumbestandener,

chaussierter Platz mit Sitzelementen.

Er bildet nicht nur von der Lage her das

zentrale Element der Anlage: Von hier

sind auch alle Räume erschlossen. Auf

diesem oberen Pausenhof können die

Schüler*innen an einem Wasserspiel

sowie einer Tischtennisplatte spielen. Das

Vordach der Gebäude rahmt den Platz.

Den Höhenunterschied im Gelände zwischen

oberem Hof und Sportplatz fängt

einerseits der Neubau auf. Zwischen den

Schulgebäuden bildeten die Planer*innen

zudem eine großzügige Treppenanlage

mit Sitzstufen aus.

Ein befestigtes Wegenetz aus hell

gehaltenen Platten legt sich um die

Gebäude des Ensembles und führt über

das Gelände. Dieses soll den Außenraum

auch barrierefrei erschließen. Die

Wege führen zu den Spielmöglichkeiten,

beispielsweise zum hölzernen Klettergerüst

auf der Rückseite des Neubaus

und der Spielanlage hinter dem Sportplatz.

In der nordöstlichen Ecke des

Grundstücks ist der Schulgarten verortet,

ebenso ein kleiner Teich. Der Schulgarten

ist ebenfalls über das Wegenetz zu

erreichen. Mit der Gestaltung der

Freianlagen möchten die Planer*innen

Schul- und Naturräume verzahnen.

Naturerleben soll so zum pädagogischen

Thema werden.

ANNA MARTIN

G+L 37


oben: Der zentrale

Bereich des neu

gestalteten Schulhofs

der Gemeinschaftsgrundschule

Bernberg

ist multifunktional

nutzbar.

unten links: Der

Schulhof der GGS

Bernberg in Gummersbach

ist Bestandteil der

neuen Landschaftskaskade,

die sich durch

den Stadtteil zieht.

Beides gestaltete das

Büro GREENBOX

Landschaftsarchitekten.

unten rechts: Zentrales

Element des neu

gestalteten Schulhofareals

sind die

Sitzstufen mit bunten

Auflagen.

Plan: GREENBOX Landschaftsarchitekten; Fotos: Nikolai Benner

46 G+L


SCHULEN

GGS BERNBERG, GUMMERSBACH

10

GEMEINSCHAFTSGRUNDSCHULE

BERNBERG

LANDSCHAFTSARCHITEKT*INNEN:

GREENBOX Landschaftsarchitekten

GUMMERSBACH

AUSFÜHRUNG FREIANLAGEN:

Niederstraßer Garten-, Landschafts- und

Zaunbau GmbH

BAUHERR*INNEN:

Stadt Gummersbach

HERSTELLER*INNEN:

Mobiliar / Ausstattung: Vestre GmbH;

Thieme GmbH

Spielgeräte: spielart GmbH, ESF Emsland

Spiel- und Freizeitgeräte GmbH & Co. KG

Belag: Betonwerk Lintel GmbH & Co. KG

Bepflanzung: Sennekamp Baumschulen,

Rieger-Hofmann GmbH

Beleuchtung: AggerEnergie GmbH

Betonfertigteile: Stangl AG

FLÄCHE:

circa 6 500 Quadratmeter

PLANUNGSZEIT:

2017 bis 2019

BAUZEIT:

März 2020 bis Dezember 2020

Die Umgestaltung des Schulhofs der

Gemeinschaftsgrundschule (GGS)

Bernberg ist Bestandteil des Projekts zur

städtebaulichen Erneuerung des Gummersbacher

Stadtteils Bernberg. Das Büro

GREENBOX Landschaftsarchitekten entwickelte

für Bernberg die sogenannte

Landschaftskaskade – eine Wegeachse,

die sich als Promenade im Zickzack von

Nord nach Süd durch Bernberg zieht.

Entlang der grün gefassten Wege für

Fußgänger*innen und Radfahrer*innen

finden sich Sitzangebote und Spielmöglichkeiten.

Von Norden führt die Landschaftskaskade

zum Stadtteilzentrum

Bernbergs. Von dort verläuft die Landschaftskaskade

weiter zum Schulhof der

GGS Bernberg, den GREENBOX Landschaftsarchitekten

ebenfalls neu gestalteten

und der das südliche Ende der Kaskade

markiert. Der ursprünglich im Konzept

enthaltene, vierte Abschnitt Landschaftskaskade

Süd wurde nicht umgesetzt.

Die Planer*innen definierten den Schulhof

nicht nur als Spielfläche, sondern als

vielseitigen Bildungs-, Bewegungs- und

Begegnungsraum neu. Dabei wurde ein

gestalterischer Bogen zwischen urbanen

und naturnahen Elementen gespannt,

der das Schulareal mit dem Stadtteilzentrum

und der Landschaftskaskade-

Süd ver bindet. In die Umgestaltung des

Schulhofs wurden sowohl die Schüler*innen

durch Beteiligungsverfahren als

auch Anregungen von Lehrer*innen und

Eltern einbezogen.

Der Entwurf hebt sich von klassischen

Schulhöfen ab, indem er zwei unterschiedliche

Freiraumbereiche vereint.

Einerseits ein urbaner, linearer Schulhof

nördlich des Schulgebäudes mit großzügigen

Flächen für freies Spiel, Märkte

und Schulveranstaltungen. Zum anderen

bleiben ein grün gestalteter Bereich östlich

der Landschaftskaskade sowie ein

Wäldchen im Norden des Schulhofs als

naturnahe Spielorte erhalten.

Ein zentrales Element des über mehrere

Ebenen gestaffelten Schulhofs sind

die Sitzstufen aus Sichtbeton mit bunten

Aufl agen, die eine Tribüne ausbilden.

Die Sitzstufen eröffnen eine Vielzahl an

Nutzungsmöglichkeiten. So steht eine

Bühnenfläche zur Verfügung, und die

Sitzstufen dienen zugleich als Aufenthaltsund

Treffpunkt für Schüler*innen und bei

Bedarf als informelle Lernorte.

Die Materialwahl wurde so getroffen,

dass sie sowohl funktional als auch optisch

überzeugt. Betonsteinpflaster in verschiedenen

Grautönen schafft ein harmonisches

Bild und dient durch unterschiedliche

Verlegerichtungen als Leitsystem.

Der Asphaltbelag im zentralen Bereich

des Schulhofs soll eine multifunk tionale

Nutzung ermöglichen. Er ist zudem mit

farbigen Markierungen für die Verkehrserziehung

versehen.

Für die Regenwasserbewirtschaftung

kombinierten die Planer*innen mehrere

Konzepte. Ein Teil des anfallenden

Niederschlagswasser wird in angrenzende

Grünflächen entwässert. In anderen

Bereichen kommen Linien- und Punktentwässerung,

die an das Kanalsystem angeschlossen

sind, zum Einsatz. Mit violetten

und weißen Blütengehölzen, die auf dem

Gelände der GGS gepflanzt wurden,

fügt sich der Schulhof in das Farb- und

Gesamtkonzept der Landschaftskaskade

ein. Mehrstämmige Bäume setzen

Akzente und dienen als Schattenspender

und Kletterelemente.

Die Neugestaltung des Schulhofs der

GGS Bernberg geht über herkömmliche

Schulfreiräume hinaus. Die Kombination

aus urbanen und naturnahen Zonen

schafft einen Raum, der Lernen, Spielen

und Gemeinschaft verbindet. Nicht zuletzt

durch die Wahl der Bepflanzung und

farb liche Akzente fügt sich der Schulhof

der GGS in das Gesamtkonzept der

Landschaftskaskade, Bernbergs neuer

grünen Achse, ein.

TOBIAS HAGER

G+L 47

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